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Ehemaliger Eis-Hockey-Spieler, Manager eines NHL-Teams und sexy Dad: Wer könnte Jake Masterson da widerstehen? Hanna jedenfalls nicht ...
Jake Masterson hat immer alles für seine Tochter Queenie getan: Als sie geboren wurde beendete er seine Profi Eishockey Karriere, um sie aufzuziehen und nun ist er der erfolgreiche Manager des NHL-Teams von Seattle. Doch als Queenie ihre große Liebe heiratet, wird Jake klar, dass er nun selbst die Chance hat, neu anzufangen - selbst wenn Hanna, die Frau, die Jakes Gefühle und Gedanken vom ersten Moment ihrer Begegnung an beherrscht nur eins bedeutet: Komplikation und Chaos. Aber die Anziehung der beiden ist einfach zu groß, um ihr lange widerstehen zu können. Und als sie dem Knistern schließlich nachgeben, gewinnen plötzlich ganz andere Dinge an Wichtigkeit ...
Vierter Band der Game-Changer-Reihe
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Seitenzahl: 412
Titel
Zu diesem Buch
Widmung
Hinweis an meine Leser:innen
Prolog
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Epilog
Danksagung
Die Autorin
Die Romane von Helena Hunting bei LYX
Impressum
HELENA HUNTING
Game Changer
EIN KUSS UND EIN FÜR IMMER
Roman
Ins Deutsche übertragen von Michaela Link
Ehemaliger Eis-Hockey-Spieler, Manager eines NHL-Teams und sexy Dad: Wer könnte Jake Masterson da widerstehen? Hanna jedenfalls nicht …
Jake Masterson hat immer alles für seine Tochter Queenie getan: Als sie geboren wurde beendete er seine Profi Eishockey Karriere, um sie aufzuziehen und nun ist er der erfolgreiche Manager des NHL-Teams von Seattle. Doch als Queenie ihre große Liebe heiratet, wird Jake klar, dass er nun selbst die Chance hat, neu anzufangen – selbst wenn Hanna, die Frau, die Jakes Gefühle und Gedanken vom ersten Moment ihrer Begegnung an beherrscht, nur eins bedeutet: Komplikation und Chaos. Aber die Anziehung der beiden ist einfach zu groß, um ihr lange widerstehen zu können. Und als sie dem Knistern schließlich nachgeben, gewinnen plötzlich ganz andere Dinge an Wichtigkeit …
Für die Mütter, die schon verloren haben, bevor sie überhaupt die Chance bekommen zu lieben
Als ich beschloss, die Geschichte von Jake und Hanna zu schreiben, hatte ich eine lustige, leichte Romanze im Sinn. Aber während ich Schicht für Schicht dieser beiden komplexen Charaktere mit ihrer – bei allen Unterschieden – ähnlichen Vergangenheit aufdeckte, wurde mir klar, dass ich viel tiefer gehen würde als ursprünglich gedacht.
A Kiss for a Kiss handelt von einer späten Schwangerschaft und der damit einhergehenden Diskussion über mögliche Herausforderungen und Komplikationen, die sich ergeben können, wenn man mit über vierzig ein Kind erwartet, noch dazu vor dem Hintergrund von Hannas Schwangerschaftsgeschichte und einer früheren Fehlgeburt.
Bevor ihr, meine lieben Leser:innen, Hanna und Jake auf ihrer Reise begleiten, wollte ich euch diesen ersten Einblick in die Geschichte geben – nicht nur als Mutter, sondern auch als Frau, die einen solchen Verlust versteht und bereits Freundinnen begleitet hat, die etwas Ähnliches durchmachen mussten.
Hanna und Jake haben einen besonderen Platz in meinem Herzen und ein Happy End mehr als verdient.
Xo
Helena
Uns steht alles offen
»Schick mir eine Nachricht, wenn du da bist, damit ich weiß, dass ihr beide gut angekommen seid, okay?«
»Klar, Dad.« Queenie stellt sich auf Zehenspitzen und gibt mir einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich Ryan Kingston widmet, ihrem Verlobten. »Okay, Pfadfinder, dann bringen wir dich mal nach Hause.«
King stößt sich von der Wand ab, an der er gelehnt hat, und schwankt. Sein Blick ist etwas starr, aber als er schließlich auf meiner Tochter landet, verziehen sich seine Lippen zu einem Lächeln. »Ich werde für den Rest meines Lebens dein Pfadfinder sein. Und du meine Queen. Nur noch ein paar Monate, und du bist für immer mein.«
Queenie lacht. »Das bin ich schon seit unserer ersten Begegnung. Komm, bevor du noch vor meinem Vater und Hanna peinliche Sachen sagst.« Sie hakt sich bei ihm unter und hilft ihm über die Treppe bis zu dem Taxi, das am Ende der Einfahrt wartet.
Hanna, Kings ältere »Schwester« – zumindest ist sie den meisten als solche bekannt – tritt neben mich und streift mit ihrer Schulter meinen Arm. »Ich hoffe, er ist heute Abend nicht allzu durcheinander.«
»Ich schätze, angesichts der ganzen Cocktails, die Queenie ihm gemixt hat, wird er morgen einen schönen Kater haben.« Als das Taxi außer Sicht ist, mache ich die Tür zu und schließe ab.
Heute Abend haben wir die Verlobung meiner Tochter gefeiert. Sie heiratet den Torwart des NHL-Teams, das ich manage. Wenn ein Haufen Eishockeyspieler samt besserer Hälfte zu einem entspannten Grillfest inklusive Freigetränken zusammenkommt, torkeln am Ende meist eine Menge fröhlicher Leute über die Einfahrt zu ihrem Taxi.
»Ich habe das Gefühl, dass Ryan morgen früh so einiges bereuen wird.« Sie tätschelt mir die Schulter und lässt ihre Finger an meinem Bizeps entlanggleiten. »Müde? Oder willst du vielleicht noch ein bisschen im Whirlpool entspannen?«
Hanna ist definitiv beschwipst, was ich an ihren glasigen Augen und den rosigen Wangen erkenne. Dass sie so locker ist, kommt nicht oft vor. Zumindest habe ich sie so noch nicht erlebt, und dabei gab es in den letzten Monaten jede Menge Familienfeiern und Veranstaltungen. Und das war erst der Anfang, denn die Hochzeit steht ja noch vor der Tür. Wenn ich ehrlich bin, spüre ich auch den Scotch, den ich heute Abend getrunken habe.
»Whirlpool klingt gut.« Unsere Blicke treffen sich, und für ein paar Sekunden fixieren wir einander, lang genug, um mich zu fragen, wie gut diese Idee wirklich ist.
Wir schleichen bereits seit Monaten umeinander herum. Eigentlich schon, seit wir uns das erste Mal getroffen haben. Die Anziehungskraft war von Beginn an spürbar, und je mehr Zeit wir miteinander verbringen, desto schwieriger wird es, sie zu ignorieren.
Als wir die Verlobungsfeier für Queenie und King planten, haben wir uns nicht nur jede Menge Textnachrichten und E-Mails geschrieben, sondern auch viel telefoniert und uns neuerdings sogar im Zoom-Chat getroffen, was oft wenig mit dem heutigen Abend zu tun hatte.
Ihr Grinsen wird breiter und ihre schokoladenbraunen Augen funkeln schalkhaft. »Dann werde ich mich mal umziehen.«
»Hast du den roten Bikini dabei?«
»Hast du dir etwa gemerkt, wie meine Badesachen aussehen?«
Ich hebe meine Schulter zu einem hoffentlich lässigen Achselzucken. »Rot steht dir eben gut.« Ich streiche ihr mit einem Fingerknöchel über die Wange. »Und diese Röte hier ist besonders sexy.«
»Du willst es heute Abend aber wissen, wie?« Sie lässt ihre Fingerspitzen über meinen Nacken tanzen, während sie an mir vorbeigleitet. »Und ja, um deine Frage zu beantworten, ich hab tatsächlich den roten Bikini dabei.«
Sie verschwindet durch den Flur ins Gästezimmer, wo sie heute übernachtet. Ich habe sie nämlich eingeladen, dieses Wochenende bei mir zu verbringen, statt bei King. Nicht, weil sie dort nicht willkommen wäre, sondern weil sie selbst den beiden mehr Privatsphäre gönnen möchte. Sodass ich wiederum mehr Zeit mit Hanna verbringen kann. Also eine Win-win-Situation für alle. Und ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich nicht viel darüber nachgedacht habe, wie es wäre, dieses Wochenende mit ihr allein zu sein.
Ich schlüpfe in meine Badehose und gieße mir noch einen Scotch mit viel Eis und ihr ein Glas Wein ein, bevor ich nach draußen gehe. Ich stelle die Drinks auf dem Terrassentisch ab, nehme die Abdeckung vom Whirlpool und prüfe die Temperatur, um sicherzugehen, dass das Wasser nicht zu heiß ist.
Dann hole ich die Drinks, platziere sie in den Becherhaltern und lasse mich in das warme sprudelnde Wasser gleiten. Ich strecke die Arme aus, lege den Kopf zurück und schließe die Augen. Dass ich so viel Zeit mit Hanna verbracht habe, zeigt langsam seine Wirkung.
Es führt mir wieder vor Augen, dass ich bereits in den Vierzigern bin und immer noch Junggeselle. Und dass es viele Gründe gibt, warum es keine gute Idee wäre, sich mit Hanna auf eine Romanze einzulassen. Der erste davon ist die Beziehung von Queenie und King.
Aber Hanna ist lustig. Und sexy. Und wir verstehen uns.
Eine Minute später höre ich das Öffnen und Schließen der Schiebetür und das Klatschen von Flip-Flops auf der Terrasse und ich öffne ein Auge.
»Wehe, du schläfst schon!«, ruft sie.
»Ich schlafe nicht, ich warte nur auf dich.«
Ich beobachte, wie sie den Gürtel ihres Bademantels öffnet und der Frotteestoff über ihre Schultern rutscht und ihren roten Bikini zum Vorschein bringt, der mich so begeistert. Hanna hat Kurven. Wunderbare Kurven. So verlockend, dass ich mir in den letzten Monaten schon oft vorgestellt habe, wie es wäre, diese Kurven zu berühren. Und nachdem wir immer mehr Zeit miteinander verbringen, wird es immer schwerer, dem ständigen Verlangen zu widerstehen.
Ich stehe auf und halte ihr die Hand hin, als sie die Stufen hinuntersteigt. Ihre Finger gleiten in meine Handfläche, was mir einen Schauer über den Rücken jagt und zu einer gewissen Regung in meiner Badehose führt. »Könntest du vielleicht versuchen, etwas weniger schön zu sein?«, necke ich sie, während ich ihr in den Pool helfe.
»Könntest du vielleicht versuchen, mehr wie ein Daddy auszusehen?« Sie fährt mit ihren Fingern über meine Bauchmuskeln und hebt die Augenbrauen, ein Lächeln auf ihrem umwerfenden Gesicht. »Du tust meinem Ego definitiv gut, Jake.« Sie gibt mir einen Klaps auf die Brust und lässt sich auf der gegenüberliegenden Seite des Pools ins Wasser sinken.
Was wahrscheinlich auch gut so ist, denn ich habe das Gefühl, dass wir heute Abend mit dem Feuer spielen. Ein Feuer, auf das ich liebend gern noch etwas Öl gießen würde, um es weiter zu entfachen.
»Es war eine tolle Verlobungsfeier. Ich glaube, die beiden hatten jede Menge Spaß, meinst du nicht?« Sie streckt ihre Beine aus. Ihre Zehen streifen außen an meinem Oberschenkel entlang, und ich kann dem Drang, meine Hand an ihrer Wade hinaufgleiten zu lassen, kaum widerstehen …
Ich weiß nicht genau, was da heute in der Luft liegt, aber irgendwas ist anders. Aufgeladen.
»Ja. Mir hat es auch gefallen«, stimme ich zu.
Sie stößt mich mit ihrem Zeh an. »Warum runzelst du dann die Stirn? Du bist schon den ganzen Abend über so abwesend. Was ist los?« Bei all den Planungsgesprächen und Unterhaltungen, die wir geführt haben, haben Hanna und ich uns besser kennengelernt. Und sie kann mich inzwischen ziemlich gut einschätzen.
»Ich habe keine Ahnung. Einerseits freue ich mich für King und Queenie, und ich weiß, dass er meiner Tochter ein großartiger Ehemann sein wird, aber andererseits war ich derjenige, der all die Jahre über für sie da war und sie großgezogen hat. Die beiden leben zwar schon seit Monaten zusammen, doch aus irgendeinem Grund setzt mir das Ganze nun zu. Jetzt ist es wirklich ernst.« Ich nehme einen Schluck von meinem Scotch. »Anders als damals, als sie aufs College ging, und sogar als sie aus dem Gästehaus auszog, um bei King einzuziehen. Da ist plötzlich dieses Loch, mit dem ich nicht gerechnet habe.«
»Klingt ganz nach einem Leeres-Nest-Syndrom.« Sie lässt sich auf den Platz neben mir gleiten, wo das Glas Wein steht, das ich ihr eingeschenkt habe.
»Und das äußert sich so? Dass man griesgrämig wird und scheiße drauf ist?«
Sie kichert und stützt sich mit dem Ellbogen auf dem Rand des Pools ab. »Du musst versuchen, die Sache mit anderen Augen zu sehen, das ist alles. Bei Mädchen läuft das anders als bei Jungs – du verlierst deine Tochter nicht. Sicher, sie hat ihren Partner fürs Leben gefunden, aber sie wird immer dein kleines Mädchen bleiben. Noch dazu steht ihr beide euch so nahe.«
»Ich weiß gar nicht, was ich mit dieser neuen Freiheit anfangen soll«, gebe ich zu. »Bis jetzt hat sich mein komplettes Leben um Queenies Erziehung und meine Karriere gedreht.«
»Das heißt nichts anderes, als dass du ganze Arbeit geleistet hast. Und das ist doch gut! Denk darüber nach, Jake, denn das ist das Tolle daran, wenn man in jungen Jahren ein Kind bekommt. Sicher, die Freiheit deiner Zwanziger ist weg, aber was du jetzt hast, ist in mancherlei Hinsicht sogar noch besser. Du bist in den Vierzigern. Du hast einen tollen Job, du bist unglaublich gut in Form.« Sie dreht sich ganz zu mir um und zieht ihr Knie hoch, sodass es an meinem Oberschenkel lehnt, während sie den Arm über den Rand des Pools hinweg ausstreckt und ihre Fingerspitzen meine Schulter streifen. »Und du hast noch volles Haar.«
»Für Letzteres bin ich auf jeden Fall sehr dankbar«, scherze ich.
»Deine Haare sind großartig.« Sie fährt mit den Fingern hindurch. »Sexy.« Sie beißt sich auf die Lippe und schüttelt dann den Kopf. »Wie auch immer, was ich sagen will, ist, dass du in der Blüte deines Lebens stehst. Die meisten Leute in den Vierzigern haben Teenager zu Hause oder ihre Kinder bereiten sich aufs College vor. Du hast das alles hinter dir. Jetzt kannst du einfach leben. Dates haben. Spaß. Tun, was immer du willst.«
»Spaß wäre nicht schlecht.« Mein Blick fällt auf ihre Lippen. »Und ich würde nur zu gerne tun, was immer ich will.«
»Ich auch.« Sie lässt ihre Zähne über ihre Unterlippe gleiten. »Jetzt zum Beispiel könnte ich dich küssen.«
»Das könntest du definitiv.« Unter Wasser streichen meine Fingerspitzen über ihren Oberschenkel.
Sie nickt. »Da ist nichts, was uns aufhalten könnte.«
»Und warum sind deine Lippen dann noch nicht auf meinen?«, frage ich.
Hanna dreht sich noch einmal und diesmal so, dass sie mit ihren feuchten Handflächen meine Wangen umfassen kann, und dann spüre ich ihre weichen Lippen auf meinen.
Ich lasse meine Hand unter ihr Haar bis zu ihrem Nacken gleiten. Einen Moment lang frage ich mich, ob das wirklich eine gute Idee ist. Aber als sich unsere Lippen öffnen und die Zungen sich berühren, geraten alle Gründe, die dagegensprechen könnten, in Vergessenheit.
Mit einem Stöhnen gebe ich mich ganz diesem Kuss hin. Sie schmeckt fruchtig, wie der Wein, den sie getrunken hat. Sie setzt sich rittlings auf meinen Schoß, ihre Brüste gegen meinen Oberkörper gedrückt.
Plötzlich hält sie für einen Moment inne und unsere Blicke treffen sich. »Das hier habe ich mir schon seit Monaten vorgestellt.«
»Seit ich dich zum ersten Mal getroffen habe, wollte ich wissen, wie deine Lippen schmecken«, gestehe ich.
Sie fährt mir wieder mit den Fingern durchs Haar und ich packe ihre Hüfte und ziehe sie noch näher zu mir heran. Unsere Münder finden einander, und der Kuss ist so stürmisch, dass unsere Zähne gegeneinanderprallen.
»Ich wusste, dass es so sein würde«, murmelt sie und kreist die Hüften.
»Wie denn?« Ich ziehe das Band ihres Bikinioberteils auf.
»Heftig. Intensiv.« Sie knabbert an meinem Kinn und ihre Hände streichen über meinen Nacken. »Ich will das restliche Wochenende in deinem Bett verbringen.«
»Ich wünschte, du hättest jedes Wochenende, an dem du in der Stadt warst, in meinem Bett verbracht.«
»Ich auch.« Ihre Lippen gleiten über meine Wange. »Aber das bleibt unter uns.«
»Es geht niemanden etwas an, was wir hinter verschlossenen Türen tun«, stimme ich zu.
»Oder in Whirlpools.«
Den Rest des Wochenendes verbringen wir mit Orgasmen, überall in meinem Haus.
Auch in den Monaten darauf lässt mein Hunger nach Hanna nicht nach.
Im Gegenteil, er wird nur noch größer. Und verändert sich.
Und beginnt, etwas zu werden, von dem ich mehr will, obwohl ich weiß, dass es irgendwann enden muss.
Ein schöner Haken
Queenies Hochzeitstag
Reiß dich zusammen, Mann. Reiß dich einfach zusammen.
Um mich zu beruhigen, mache ich ein paar der Atemübungen, von denen meine Tochter so begeistert ist. Sie wendet sie oft bei den Kindern an, mit denen sie arbeitet. Ich greife nach dem Glas Scotch, das auf meiner Kommode steht, und nehme einen Schluck. Das tiefe Atmen und der Scotch helfen mir hoffentlich, ein wenig in den »Chill-Modus« zu gelangen, wie Queenie es ausdrückt.
Es klopft leise an der nur angelehnten Tür meines Schlafzimmers.
»Komm rein«, rufe ich.
Hanna schiebt den Kopf durch den Türspalt, und meine gerade erst gewonnene Ruhe ist schon wieder dahin. Mit ihren schokoladenbraunen Augen scannt sie den Raum, ehe sie mich fixiert.
»Hey.« Sie tritt ein und schließt mit einem leisen Klicken die Tür hinter sich.
Ich lasse meinen Blick über sie wandern. Hanna trägt ein bodenlanges lavendelfarbenes Kleid mit einem langen Schlitz auf der rechten Seite, sodass ihr Oberschenkel zur Hälfte hervorblitzt. Es umschmeichelt ihre Kurven an genau den richtigen Stellen. Kurven, die ich in den letzten Monaten unzählige Male berührt habe. »Du siehst umwerfend aus in diesem Kleid.«
Eine vereinzelte Korkenzieherlocke ihres langen dunklen Haars streift ihre Wange, die rechte Seite der Frisur ist mit einer winzigen lila glitzernden Blume hochgesteckt. Am liebsten würde ich die Locke zurückstreichen, nur um einen Grund zu haben, ihren anmutig geschwungenen Hals zu liebkosen.
»Danke. Und du siehst in diesem Anzug verdammt gut aus.« Sie kommt zu mir und lächelt neckisch, während sie eine Augenbraue hochzieht. »Aber noch besser ohne.«
Ich grinse. »Habe ich dir eigentlich schon gesagt, wie gut du mir tust?« Sobald sie nah genug ist, lege ich ihr einen Arm um die Taille und ziehe sie an mich. »Und dieses Kleid wird noch viel besser aussehen, wenn es am Ende der Feier dekorativ auf dem Boden meines Schlafzimmers liegt.«
Sie hebt den Kopf etwas und ich senke meinen, unsere Lippen treffen sich und wir verschmelzen miteinander. Obwohl ich weiß, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist, lasse ich mich von diesem Kuss mitreißen, wenn auch nur für eine Minute. So wie immer seit der Verlobungsfeier.
Anfangs habe ich versucht zu ignorieren, wie sehr ich ihr Lachen mochte oder ihr strahlendes Lächeln. Aber was mit verstohlenen Blicken und harmlosem Flirten begann, entwickelte sich, je mehr Zeit wir miteinander verbrachten, schnell zu etwas weniger Unschuldigem.
Jedes Mal, wenn sie aus Tennessee zu Besuch kam – und das hieß seit der Verlobungsfeier mindestens einmal pro Monat – landeten wir zusammen im Bett.
Und jetzt machen wir hier schon wieder rum.
Hanna hält inne und legt mir eine Hand auf den Mund. »Für die nächsten zwölf Stunden müssen wir uns das alles verkneifen.«
»Klar.« Ich küsse ihre Finger, bevor ich sie von meinen Lippen wegziehe. »Aber du hast mit deiner Anzug-Bemerkung angefangen.«
»Ich weiß. Tut mir leid. Ich wollte eigentlich nur schauen, wie es dir geht, und nicht mit dir rummachen wie ein liebestoller Teenager.« Sie stößt den Atem aus und tritt einen Schritt zurück. »Also, wie geht’s dir?«
»Ich bin höllisch nervös, um ehrlich zu sein.«
Sie schenkt mir ein verständnisvolles Lächeln. »Nervosität ist normal. Es ist ein großer Tag für uns alle, und deine Tochter in die Hände eines anderen zu geben, ist keine Kleinigkeit.«
»Es kommt mir so vor, als wäre es erst gestern gewesen, dass ich ihr die Windeln gewechselt habe. Die Jahre seither sind wie im Flug vergangen.« Ich schnippe mit den Fingern. »Und jetzt stehen wir hier.«
»Jetzt stehen wir hier«, nickt sie.
»Passt das so?« Ich deute auf meine Krawatte. Als Manager des NHL-Teams von Seattle bin ich es gewohnt, Anzug und Krawatte zu tragen. Ich bin auch große Menschenmengen und öffentliche Veranstaltungen gewohnt. Aber meine einzige Tochter zum Traualtar zu führen, das bin ich nicht gewohnt.
Sie streicht mit ihren Händen mein Revers glatt, bevor sie zu meiner Krawatte übergeht und den Sitz des Knotens überprüft. Dann lässt sie ihre Hand über die lila Seide gleiten. »So. Jetzt ist es perfekt.«
»Von Perfektion bin ich weit entfernt, aber solange ich nicht total wüst aussehe, soll es mir recht sein.«
»Du siehst niemals wüst aus, Jake.« Sie hebt ihren Blick, und ein Grinsen umspielt ihre Mundwinkel. »Tröste dich mit der Tatsache, dass du zwar für alle über vierzig der Hingucker bist, aber Queenie ist diejenige, die allen den Atem rauben wird.« Sie zwinkert mir zu und ich spüre ihre Fingerspitzen an meinem Hals, während sie den Kragen meines Hemdes zurechtrückt.
»Wie geht es Queenie denn?« Sie schien heute Morgen etwas aufgeregt, als sie und ihre Brautjungfern ins Gästehaus einzogen, um sich frisieren und schminken zu lassen.
»Ganz großartig. Keinerlei Lampenfieber, nur begeisterte Vorfreude«, versichert mir Hanna.
»Sehr gut. Ich bin froh, das zu hören. Ich möchte, dass heute alles perfekt für sie wird.« Zumindest so perfekt wie möglich.
Mit zwanzig wurde ich alleinerziehender Vater, nachdem Queenies Mutter entschieden hatte, der Aufgabe, ein Kind großzuziehen, nicht gewachsen zu sein, und uns im Stich ließ, als Queenie ein paar Monate alt war. Mit der Unterstützung meiner Eltern habe ich Queenie allein aufgezogen. Ich hängte meine Karriere als Profi-Eishockeyspieler an den Nagel, um für sie da sein zu können. Ich wollte in erster Linie Vater sein und habe meine berufliche Laufbahn dementsprechend angepasst. Alles in allem habe ich das, denke ich, recht gut hinbekommen.
Und heute heiratet Queenie den nettesten und zuverlässigsten Mann des ganzen Universums, also genau den, den meine Prinzessin verdient.
»Heute wird alles perfekt. Ryan liebt Queenie mehr als Eishockey und Milch, und das will was heißen.«
Wir kichern beide. King hat schon viele gutmütige Sticheleien über sich ergehen lassen, weil er an der Bar eher ein Glas Milch als ein Bier bestellt.
»Er wird sich ganz wunderbar um sie kümmern«, sage ich.
»Und sie wird ihm eine fantastische Partnerin sein.« Ihre Augen werden für einen Moment glasig.
Ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie schwer das für sie ist. Ihre Beziehung zu Kingston ist alles andere als konventionell, und diese Hochzeit hat sich manchmal durchaus als Herausforderung erwiesen. Ich lege meine Hand auf ihre, die immer noch auf meiner Brust ruht. »Er ist ein unglaublicher Mann. Und der Einzige, der es in meinen Augen wert ist, mein kleines Mädchen zu bekommen.«
Sie lächelt warmherzig. »Sie werden ein wunderbares Paar abgeben.«
»Das werden sie.« Ich drücke ihre Hand. »Und wie geht es dir?«
»Oh, mir geht’s gut.« Sie fummelt wieder an meinem Kragen herum, als wüsste sie nicht, was sie mit ihrer freien Hand anstellen soll. »Ich muss jetzt nach den Mädels sehen. Wir treffen uns dann gleich, ja?«
Sie will ihre Hand wegnehmen, aber ich halte sie fest und ziehe Hanna an mich. »Danke, dass du so viel für diesen Tag tust und dass du so gut zu Queenie bist.«
»Man muss sie einfach lieben. Du hast eine wunderbare, liebenswürdige Frau großgezogen.«
Sie nimmt das Glas Scotch, das auf meiner Kommode steht, und legt meine Hände darum. »Atme tief durch und trink einen Schluck. Wir sehen uns in der Küche.« Sie zwinkert mir noch einmal zu und schlüpft hinaus, damit ich mich fertig machen kann.
Wenig später treffe ich auf die Hochzeitsgesellschaft, die sich in der Küche versammelt hat – mit Ausnahme des Bräutigams, der bereits seine Eltern zu ihren Plätzen vor dem Altar führt.
Hanna gibt in ruhigem Ton Anweisungen, kontrolliert die Anzüge der Jungs genauso wie meinen und achtet darauf, dass die Krawatten gerade sitzen, bevor sie sich den Brautjungfern zuwendet, Haarnadeln zurechtschiebt und die Träger der Kleider glättet.
Noch hat mich niemand bemerkt, also nehme ich mir einen Moment Zeit, um die Freundinnen meiner Tochter zu beobachten. Allesamt großartige Kids – Erwachsene eigentlich – und einige von ihnen nur ein Jahrzehnt jünger als ich.
Stevie, eine der Brautjungfern, deren Haare fast den gleichen Ton haben wie ihr lavendelfarbenes Kleid, tritt neben mich. »Wie geht’s, Jake? Bereit, die Party steigen zu lassen?«
»Und wie. Wo ist denn Queenie?« Ich schaue mich in der Küche um. Sie müsste eigentlich leicht auszumachen sein, aber ich sehe nur ihre Freundinnen und einige meiner Spieler. Da Kingston der Torwart des NHL-Teams ist, das ich manage, sind die meisten Trauzeugen auch seine Teamkollegen, und ich bin – genau genommen – ihr Chef.
»Ich hab sie eben noch gesehen. Hanna, weißt du, wo Queenie ist?«, ruft Stevie.
Hanna, die gerade dabei ist, dem Trauzeugen Bishop ein Anstecksträußchen ans Revers zu heften, hält inne. »Vor einer Sekunde war sie noch hier.« Hanna blickt sich im Raum um. »Wo um alles in der Welt ist sie bloß hin?«
»Ich glaube, sie ist bei Lavender und Kody. Soll ich mal nachsehen?«, fragt Lainey, eine weitere Brautjungfer und Frau meines Teamkapitäns Rook Bowman.
»Schon okay. Stevie, kannst du dafür sorgen, dass das hier bei deinem Mann gerade sitzt?« Hanna tätschelt Bishops Brust, dann kommt sie zu mir und hakt sich bei mir unter. »Lass uns die Braut suchen, um sicherzugehen, dass sie nicht mit irgendeinem Kunstprojekt begonnen hat.«
»Das würde mich nicht wundern.« Stevie grinst und richtet dann ihren Zeigefinger auf die Jungs. »Hey, ihr beide, macht mal langsam, sonst seid ihr schon betrunken, noch bevor die Zeremonie zu Ende ist.«
Ich folge ihrem Finger und entdecke Gerald, Kingstons und Hannas Bruder, und Bishop, die ihre Flachmänner bereits halb zum Mund geführt haben.
»Meiner ist voller Traubensaft«, beteuert Bishop. Eine glatte Lüge.
Stevie schreitet durch den Raum und hebt drohend ihre Hand. »Wenn du lügst, schläfst du auf der Couch.«
Hanna schüttelt den Kopf. »Ich hoffe nur, dass Gerald das Abendessen übersteht, ohne besinnungslos zu werden.« Sie führt mich um die Ecke und legt ihren Finger an die Lippen, bevor sie aufs Wohnzimmer deutet. »Da«, flüstert sie.
Und da ist mein kleines Mädchen. Erwachsen und schöner, als Worte es beschreiben können. Es ist typisch für Queenie, dass sie nicht an sich selbst denkt oder daran, dass sie gleich den Mann ihrer Träume heiraten wird. Stattdessen hockt sie vor dem Blumenmädchen und dem Ringträger – Lavender und Kody – und schenkt ihnen ihre ganze Aufmerksamkeit.
Die beiden gehören nicht zur Familie, aber Queenie steht ihnen mittlerweile so nahe, dass sie durchaus ein Teil davon sein könnten. Lavender ist die Tochter des Trainers und Kody der Sohn von Rook und Lainey. Queenie hat mit beiden Kindern bereits kunsttherapeutisch gearbeitet.
»Was macht sie denn da?«, murmle ich und versuche, etwas von ihrem Gespräch zu erhaschen.
»Sie ist einfach sie selbst, großartig und großherzig.« Hanna umklammert meinen Arm. »Gott, sieh sie dir nur an. Sie ist wirklich etwas Besonderes.«
Ich nicke und kann den Blick nicht von meiner Tochter wenden. Ihr Kleid schmiegt sich um ihre schlanke Gestalt, der Rock eine Wolke aus hauchdünnen Gaze-Lagen, die mit feinster Perlenstickerei in Form von winzigen lila Blumen glänzen. Ich spüre, wie mir die Tränen kommen. Wir haben so viel Zeit miteinander verbracht, sie und ich, gute und schlechte Phasen, wir haben alles überstanden – und hier ist sie und sorgt selbst an ihrem größten Tag dafür, dass sich alle, auch diese beiden, einbezogen fühlen.
Lavender hat ihre leuchtend blauen Augen weit aufgerissen und zwei Finger im Mund.
»Bist du nervös?«, fragt Queenie.
Lavender senkt den Kopf.
»Soll ich dir ein Geheimnis verraten?«
Lavender blickt unter ihren Wimpern empor und nickt.
»Ich bin auch nervös. Aber weißt du, was toll ist?«
Sie schüttelt den Kopf.
»Deine Mutter und dein Vater werden vorn auf dich warten, und Kody wird direkt neben dir sein, den ganzen Weg zum Altar entlang. Und wenn es dir hilft, kannst du dich auf Kingston konzentrieren, denn er wird auch am Altar warten.«
»Ich kann deine Hand halten, wenn du Angst hast, Lavender.« Kody streckt seine Finger aus, und Lavender wischt ihre an ihrem Kleid ab, bevor sie sie nimmt.
»Ihr zwei seid die weltbesten Blumenmädchen und Ringträger.« Queenie klatscht in die Hände. »Und ich hab etwas ganz Besonderes für euch beide als Dankeschön dafür, dass ihr an meinem und Kings großen Tag dabei seid. Es liegt bereits auf eurem Tisch, und ihr könnt es euch gleich nach der Zeremonie holen. Hört sich das gut an?«
Die Kinder lächeln und murmeln etwas, das ich nicht verstehe, und Queenie umarmt sie beide. »Wir sollten uns bereit machen. Bald schreiten wir zum Traualtar.«
»Ihr beide solltet noch einen Augenblick für euch allein haben.« Hanna löst sich von mir und geht mit den Kindern zurück in die Küche.
»Mein kleines Mädchen.« Ich nehme Queenies Hände. »Lass dich ansehen.« Ich schüttle den Kopf. »Wann ist das bloß passiert?«
»Wann ist was passiert?« Sie lächelt mich strahlend an.
»Wann bist du erwachsen und zu dieser schönen jungen Frau geworden? Ich könnte schwören, es war erst letzte Woche, dass du deine Schlafzimmerwände mit Filzstift bemalt hast.«
Sie wirft den Kopf zurück und lacht. »Ich hoffe, die Leute, die das Haus gekauft haben, haben die Tapeten nie entfernt.«
»Das hoffe ich auch. Es war dein erstes von vielen Meisterwerken.« Ich drücke ihr die Hände. »Wie geht es dir? Bist du bereit?«
Sie erwidert meinen Händedruck. »Ich bin etwas nervös. Aufgeregt. Aber absolut bereit. Es ist ein wirklich gutes Gefühl, sich so sicher zu sein.«
»Ihr beide seid füreinander bestimmt. Das konnte man von Beginn an sehen.« Ich beuge mich vor und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. »Du siehst umwerfend aus, genau wie die Königin, die du bist. Du weißt ja, dass ich dich Queenie genannt habe, weil ich von dem ersten Moment an, als du auf der Welt warst, wusste, dass du für immer die Herrscherin meines Herzens sein würdest.« Und in gewisser Weise frage ich mich, ob diese Liebe, die ich für sie empfinde – und die mir über alles geht –, einer der Gründe ist, warum ihre Mom nicht in der Lage war, mit dem Muttersein umzugehen. Weil für mich alle anderen immer an zweiter Stelle stehen würden.
»Du weißt, dass ich nie müde werde, diese Geschichte zu hören.« Ihr Blick wird weich.
»Gut, denn ich werde auch nie müde, sie zu erzählen.« Ich zwinkere. »Und nun darfst du über Kingstons Herz herrschen.«
»Okay, jetzt wirst du aber kitschig.«
Wir lachen beide, dann atmet sie hörbar aus. »Ich liebe dich so sehr, Dad. Danke, dass wir dein ganzes Haus nutzen dürfen. Ich weiß, dass das alles ziemlich viel war.«
»Ich freue mich, dass ich daran teilhaben kann. Deine Freunde sind einfach großartig. Und ehrlich gesagt, ist Hanna diejenige, die alles organisiert hat. Ich habe nur E-Mails, Anrufe und Nachrichten bekommen, in denen sie mir mitteilte, was wann passiert.«
»Sie ist ein Geschenk des Himmels, nicht wahr?« Queenie wirft einen Blick über meine Schulter, während aus der Küche Gelächter ertönt. »Ich kann ihr gar nicht genug für all das danken, was sie getan hat, vor allem für die vielen Reisen von Tennessee hierher, um sicherzustellen, dass alles reibungslos läuft. Ich werde sie hier vermissen.«
Ich verdränge den kurzen Anflug von Schuldgefühlen. Hanna hat darauf bestanden, dass das, was zwischen uns ist, ein Geheimnis bleibt. Und ich kann sie verstehen. Ihre Familiensituation ist ohnehin schon kompliziert. »Sie ist wirklich unglaublich.«
Und das ist sie. Queenies Mutter hat diese Bezeichnung nie verdient. So sehr, dass Queenie nach einer langen Unterredung beschloss, sie nicht zur Hochzeit einzuladen. Sie wollte keine erneute Enttäuschung und offen gesagt, hat sie auch ein Recht darauf, dass ihr großer Tag nicht von der Frau überschattet wird, die zu keinem einzigen bedeutenden Ereignis in ihrem Leben erschienen ist.
Als Queenie Hanna bat, Teil ihrer Brautgesellschaft zu werden, nahm Hanna dankend an. Und seitdem hat Hanna, ohne es zu beabsichtigen, mehr und mehr die Rolle der Mutter übernommen, die in Queenies Leben fehlte. Es war ein natürlicher Prozess, eine langsame Entwicklung, bei der Queenie mit allem zu ihr kam, wobei ich nicht helfen konnte. Und das hat beiden gutgetan.
Ich habe Hanna als Dankeschön ein Geschenk gekauft, aber natürlich war ich heute Morgen so beschäftigt, dass ich vergessen habe, es ihr zu geben. Ich hätte es tun sollen, als sie kurz in meinem Zimmer war, doch daran habe ich nicht gedacht.
Die Standuhr schlägt die volle Stunde. Queenies Augen weiten sich. »Es ist Zeit.«
»Wir sollten jetzt anfangen, nicht wahr?«
»Das sollten wir.« Sie umarmt mich fest. »Ich liebe dich, Daddy.«
Ich weiß nicht, ob es möglich ist, dass ein Herz sich vor Liebe weitet und gleichzeitig bricht, aber genauso fühlt es sich an. »Ich liebe dich auch. Mehr als alles andere.«
Wir gehen zurück in die Küche, wo die Mädels Queenie bewundern und vor Aufregung ein schrilles Quietschen von sich geben.
Stevie umfasst Queenies Schultern. »In weniger als einer halben Stunde wirst du Queenie Kingston sein. Was für ein echt krasser Name! Und du hättest dir gar keinen besseren milchtrinkenden, gewissenhaften und zugleich schmutzigen Pfadfinder zum Heiraten aussuchen können.«
Lainey stößt sie mit dem Ellbogen an. »Psst, Stevie, es sind Kinder in der Nähe.«
»Und ich«, melde ich mich.
»Oh, richtig.« Stevie zuckt zusammen. »Tut mir leid, Jake.«
Hanna hebt eine Hand, um die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Wir sollten alle unsere Plätze einnehmen.«
»Ja. Genau. Auf die Plätze.« Stevie geht nach vorn und Queenie stellt sich neben mich ans Ende der Schlange.
Stevie und Bishop kommen als Erste durch die Tür in den Garten, gefolgt von allen anderen Paaren, die den Gang hinunter zu ihren Plätzen schreiten. Lavender und Kodiak gehen vor uns weg. Sie halten sich an den Händen und Lavender versucht, sich hinter ihm zu verstecken, während sie den Korb schüttelt und dabei eine Spur aus Blütenblättern hinterlässt.
Von meiner Position aus kann ich den ganzen Weg bis zum Altar überblicken. King in schwarzem Smoking steht mit gefalteten Händen da. Sein Blick wandert von Lavender und Kody zur Tür, wo ich stehe und auf die ersten Takte des Hochzeitsmarsches warte.
Lavender und Kody haben die Hälfte des Weges zurückgelegt, als Lavender sichtlich damit zu kämpfen hat, dass aller Augen auf sie gerichtet sind. Da verlässt King seinen Platz am Altar und läuft auf Lavender und Kody zu. Er hockt sich hin und sagt etwas zu den beiden.
Ein Raunen geht durch die Menge und Kameras klicken, als King Lavender auf den Arm nimmt und mit Kody einen Faustcheck austauscht.
»Was ist denn da los?«, fragt Queenie.
Ich mache einen Schritt nach rechts. »Bleib hinter mir, damit King dich nicht sehen kann«, flüstere ich.
Sie folgt meiner Bitte und gibt einen kleinen Laut von sich, irgendwas zwischen Kreischen, Kichern und Seufzen, als sie hinter mir hervorspäht und sieht, wie King Lavender unter Jubel und Klatschen den Gang hinunterträgt.
»Er ist wirklich großartig, oder? Er wird so ein guter Vater sein.«
»Ihr werdet beide großartige Eltern sein, aber vielleicht sollten wir erst die Zeremonie hinter uns bringen, bevor ihr mit der Familienplanung beginnt?«
Sie lacht wieder und dann ändert sich die Musik. »Oh, jetzt ist es wirklich so weit, Dad.« Ihre Augen werden verdächtig glasig und sie hebt ihr Kinn, um gegen die Tränen anzukämpfen.
Ich ziehe ein Taschentuch hervor und tupfe ihr damit unter die Augen. »Du schaffst das. Noch einmal tief durchatmen und dann schreiten wir zum Traualtar.«
Ich lege ihre Hand auf meinen Unterarm und bedecke sie mit meiner, während die Klänge des Hochzeitsmarsches durch den Garten schallen. Wir treten hinaus in die Sonne, und das Licht bricht sich in der Perlenstickerei ihres Kleides, das daraufhin wie Millionen kleiner Regenbögen glitzert. Ihr Lächeln wird noch breiter, als King in Sicht kommt, und ich muss ihren Schritt zügeln, damit sie nicht plötzlich auf ihn zustürmt, was sie – wie ich spüre – am liebsten tun würde.
Bei ihrem Anblick erstrahlt sein Gesicht. Dann lässt er seinen Blick über sie gleiten, und Lust tritt in seine Augen. Für einen kurzen, irrationalen Moment möchte ich ihm eine verpassen. Aber er ist ihr Verlobter und wird bald ihr Ehemann sein. Und mir ist natürlich klar, dass die beiden wahnsinnig ineinander verliebt sind. Also dämpfe ich meinen väterlichen Beschützerinstinkt und rufe mir ins Gedächtnis, dass sie nicht mehr das kleine Mädchen ist, dessen Wehwehchen ich früher weggeküsst habe.
Ich gebe ihr einen Kuss und umarme sie, bevor sie ihren Platz vor dem Altar einnimmt. Ich schniefe einmal und räuspere mich in dem Versuch, meine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Eigentlich bin ich nicht sonderlich rührselig. Aber sie ist und bleibt meine kleine Tochter, und da spielt es keine Rolle, dass sie jetzt erwachsen ist. Ich werde mich immer daran erinnern, wie ich sie das erste Mal in meinen Armen hielt, so winzig und neu, und sie mir wie ein unglaubliches Wunder vorkam.
Ich blinzle ein paarmal und fische vorsichtshalber ein frisches Taschentuch hervor. Mein Blick bleibt an Hanna hängen, die mit ihrem Blumenstrauß vor ihr steht und ab und zu den Kopf senkt, um sich die Augen abzutupfen.
Sie begegnet meinem Blick, und ich hebe eine Augenbraue mit der stillen Frage: »Alles okay?«
Sie neigt ihr Kinn und zwinkert mir kurz zu, um zu signalisieren, dass wirklich alles okay ist, bevor sie sich wieder auf King und Queenie konzentriert. Und ich das Gleiche tue.
Wir sehen zu, wie meine Tochter und ihr Sohn ihr gemeinsames Leben beginnen.
Die Realität des Lebens
Ich kann mich nur zur Hälfte auf das Gespräch zu meiner Rechten konzentrieren. Bald werde ich aufstehen und eine Rede halten müssen. Ich fühle mich ein bisschen wie eine Schwindlerin. Nicht, weil ich glauben würde, ich wäre als eine von Queenies Brautjungfern fehl am Platz. Sie und ich stehen uns inzwischen sehr nahe. Als sie mich fragte, ob ich eine ihrer Brautjungfern sein wolle, dachte ich zuerst, sie wollte nur nett sein und mich einbeziehen, um mir eine Rolle bei der Hochzeit zu geben, da diejenige, die ich eigentlich gern gespielt hätte, schon vergeben war. Aber ich habe schnell gemerkt, dass das nicht ihre Beweggründe waren. Ihre Frage war absolut aufrichtig gewesen.
Unabhängig davon habe ich zugestimmt und in den Monaten vor der Hochzeit wahrgenommen, wie ich langsam eine neue Rolle in ihrem Leben einnehme. Nicht nur als Freundin, sondern auch als eine Art Mutterfigur. Queenie hat mich immer wieder um Rat bezüglich der Hochzeit gefragt, und meine ungewöhnliche Beziehung zu Ryan bescherte mir eine besondere Art von Einblick.
Ryan und ich sind wie Geschwister aufgewachsen, aber in Wahrheit ist er gar nicht mein Bruder. Eine ungewollte Teenagerschwangerschaft hat mein Leben völlig durcheinandergebracht. Als meine Eltern davon erfuhren, waren sie zunächst verärgert, aber sie wollten mich nicht sich selbst überlassen. Ein Schwangerschaftsabbruch kam für mich nicht infrage, also hatte ich die Wahl, ihn entweder allein aufzuziehen – der Vater war auf dem College und hatte kein Interesse daran, in Ryans Leben einbezogen zu werden – oder ihn zur Adoption freizugeben. Oder ich wählte die dritte Möglichkeit, die mir meine Eltern vorschlugen: Sie würden ihn adoptieren und wie ihr eigenes Kind großziehen. Ich war jung und ängstlich, und meinen Eltern die Adoption zu erlauben, erschien mir die beste Alternative zu sein.
Aber der heutige Tag hat mich so an meine emotionalen Grenzen geführt, wie ich es nie erwartet hätte. Was ich vielleicht hätte tun sollen. Es ist eine seltsame Situation, hier als eine der Brautjungfern zu sitzen und Teil der Hochzeitsgesellschaft von Queenie und Ryan zu sein, von dem die meisten Leute hier glauben, dass er mein um einiges jüngerer Bruder ist. Obwohl er in Wirklichkeit mein Sohn ist.
Das ist überhaupt das Schwerste am heutigen Tag: Die Erkenntnis, dass ich alle wichtigen Ereignisse in Ryans Leben stets aus der Sicht seiner Schwester erleben werde, obwohl ich in meinem Herzen mehr bin als das. Ich werde mich für immer auf diesem seltsamen Mittelweg zwischen Schwester und Mutter bewegen. Ich dachte, ich hätte mich schon vor langer Zeit damit abgefunden. Größtenteils trifft das auch zu, aber heute ist es nicht so einfach. In jüngeren Jahren war meine Perspektive auch noch eine andere. Mir war nicht so klar wie heute, wie viele Situationen es geben würde, bei denen ich nur die zweite Geige spiele.
Ich nippe an meinem Wein und versuche mein Bestes, um ein Lächeln aufzusetzen und mich auf das Gespräch einzulassen. Beim Abendessen habe ich nicht viel hinunterbekommen, was schade ist, denn das wenige, was ich probiert habe, war köstlich.
Meine Mutter nähert sich dem Brauttisch. Sie hält inne, um mit Queenie und Ryan zu reden, bevor sie weitergeht und sich zu mir herüberbeugt. »Schatz, kann ich dich einen Moment sprechen?«
»Natürlich, Mom.« Ich lege meine Serviette auf den Tisch, schiebe meinen Stuhl zurück und gehe auf die gegenüberliegende Seite des Tisches zu meiner Mutter.
Sie hakt sich bei mir unter und führt mich vom Rest der Gäste weg. Als wir weit genug entfernt sind, legt sie mir ihre Hände auf die Arme und schenkt mir ein warmes Lächeln. »Du warst heute fabelhaft. Ich freue mich so, dass du und Queenie so gut miteinander auskommt. Sie scheint wirklich gut zu Ryan zu passen, nicht wahr?« Was sich so anhört, als würde sie vor allem nach Bestätigung fragen.
»Sie sind wie füreinander geschaffen«, versichere ich ihr. Und das sind sie tatsächlich. Queenie ist lebensfroh, temperamentvoll, außerdem bereit, auch mal ein Risiko einzugehen und über den Tellerrand hinauszuschauen, und genau das braucht Ryan bei seiner Partnerin.
»Gut, sehr gut. Das ist fantastisch. Du siehst so schön aus in diesem Kleid. Es passt perfekt zu den anderen Brautjungfern.«
»Danke, Mom. Brauchst du etwas oder …« Ich vollende den Satz nicht.
»Oh. Richtig. Ja.« Sie rückt mein Haar und den Träger meines Kleides zurecht. »Ich wollte dir nur sagen, dass du nicht verpflichtet bist, heute Abend eine Rede zu halten, falls dir dabei nicht ganz wohl sein sollte. Ich weiß, wie unangenehm das ist, wenn du also das Gefühl hast, damit nicht klarzukommen, setz dich bitte nicht unter Druck, Liebes. Ich bin mir bewusst, dass der heutige Tag sehr emotional für dich ist.«
Das ist die Art meiner Mutter, mir zu sagen: »Blamier dich bitte nicht.« Und dann fährt sie fort, über meine Beziehung zu Ryan zu sprechen und die Tatsache, dass er ja eigentlich nicht ihr Sohn ist. Eine echte Herausforderung. Und eine, die ich heute wirklich nicht gebrauchen kann. »Danke, Mom. Ich behalte das im Hinterkopf.«
Der Moderator des Abends tritt ans Mikrofon und tippt es an, sodass ein lautes Knacken und Wummern erschallt.
»Wir sollten uns lieber wieder setzen, denn jetzt werden die Reden gehalten«, sage ich ihr.
»Oh ja, natürlich.« Sie küsst mich auf die Wange, geht zurück zu ihrem Platz und ich zu meinem.
Wenn ich nicht schon vorher mein Bestes gegeben habe, um mich zusammenzureißen, dann definitiv jetzt.
Zum Glück ist der Moderator Ryans Trauzeuge, Bishop Winslow, der sicher für die nötige Erheiterung sorgen wird. Eine interessante Wahl, zum einen, weil er sich offensichtlich nicht wohl dabei fühlt, vor Leuten zu sprechen, auch wenn die Hälfte davon seine Teamkollegen sind. Und zum anderen, weil er die Umgangsformen eines verstörten Eisbären hat.
»Warum muss er es jedes Mal antippen?« Stevie schiebt ihren Stuhl zurück und zieht ihr Kleid hoch, damit sie nicht über den Saum stolpert, während sie zum Podium eilt. Barfuß, denn ihre High Heels stehen noch unter dem Tisch.
Kaum hat sie Bishop erreicht, schlägt sie seine Hände weg.
Er verzieht das Gesicht. »Warum schlägst du mich, Babe? Was hab ich denn falsch gemacht?«
»Lass mich einfach helfen«, schnaubt Stevie nur.
Er tritt vom Mikro zurück, verschränkt die Hände hinter dem Rücken und überlässt es ihr, es für ihn einzustellen, während er gegenüber dem Publikum mit den Schultern zuckt. Alle kichern, insbesondere, als er sich auf den Fersen zurücklehnt und die Jeopardy-Titelmelodie zu pfeifen beginnt.
Stevie schüttelt den Kopf und wendet sich den wartenden Gästen zu. »Das tut mir leid. Shippy hält normalerweise keine Reden in der Öffentlichkeit.«
Ihm bleibt der Mund offen stehen und er hebt abwehrend die Hände. »Whoa, whoa. Was zum He… äh, herrlichen Hockeystick soll das?« Immerhin hat er es geschafft, seine Lästerzunge im Zaum zu halten.
Sie zuckt mit den Schultern. »Was denn? Ich habe nichts Falsches gesagt. Du hältst nie Reden.«
»Du hast mich vor hundert Leuten Shippy genannt, Babe.« Er gestikuliert zu den Gästen an den Tischen. »Das ist alles andere als cool. Das wirst du später bereuen.«
Sie verdreht die Augen und dreht sich um, doch sie lächelt, als sie weggeht. »Von mir aus.«
»Jetzt sagst du noch Von mir aus, aber nachher wirst du sagen …«
»Wenn du nicht willst, dass ich deinen Arsch in den Pool verfrachte, Winslow, dann beendest du den Satz besser nicht!«, ruft Rook, ihr Bruder, ihm von ein paar Plätzen weiter hinten zu.
Bishop zuckt zusammen. »Oh Scheiße. Ich meine, Scheibenhonig. Okay. Sorry, liebe Großeltern und alle mit kleinen Kindern. Ich bin nicht gerade der Beste darin, mich jugendfrei auszudrücken. Daran muss ich noch dringend arbeiten, nachdem Stevie mir eröffnet hat, dass sie sich einen ganzen Haufen kleiner Bishops wünscht. Hoffentlich erben sie ihren Charakter und nicht meinen.« Er zwinkert Stevie zu.
»Und ihre Sprachgewandtheit«, fügt Ryan hinzu.
Was für weiteres allgemeines Gelächter sorgt.
Bishop zuckt mit den Schultern und weist mit dem Daumen auf Ryan. »Ich hab ihm gleich gesagt, dass es in Sachen Reden bei mir schwierig werden könnte. Ich bin damals in der Mittelschule wahrscheinlich deshalb durchgefallen, weil ich Kraftausdrücke improvisiert habe. Aber wie auch immer, wie ihr inzwischen alle wisst, bin ich Ryans Trauzeuge und bester Freund. Wir kennen uns schon seit vielen Jahren. Als wir Teenager waren, haben wir für dasselbe Team in der unteren Liga gespielt. Und Ryan ist der Hauptgrund, warum ich immer anständig geblieben bin – nicht, weil ich besonders gut darin wäre, Regeln zu befolgen, sondern weil es nicht viele Leute mit einem aushalten, wenn man so ist wie ich und die Persönlichkeit eines tollwütigen Stachelschweins hat.«
»Du bist eher ein krallenamputierter Panther!«, ruft Stevie dazwischen.
Er wirft ihr einen Blick zu und schüttelt den Kopf. »Zu dir komme ich später noch, Babe.« Er lenkt seine Aufmerksamkeit wieder auf die Gäste. »Sie ist eine so wunderschöne Ablenkung, was?« Er streicht sich nervös mit der Hand über die Krawatte. »Wie auch immer, wo war ich?«
»Du sprachst von deiner einnehmenden Persönlichkeit und deiner Männerfreundschaft«, erinnert ihn Rook.
»Richtig. Ja, genau. Also, Ryan, der ein echt verlässlicher Typ ist, kam zu dem Schluss, dass ich all die Kopfschmerzen wert bin. Das war der Beginn einer ungleichen Freundschaft. Wie ein Häschen, das sich mit einem Grizzlybären anfreundet.« Bishop zieht ein Stück Papier aus der Tasche. Ein liniertes Blatt wie in der Schule. Er faltet es auseinander und legt es auf dem Podium ab. »Jedenfalls habe ich einen Haufen Mist – ich meine Sachen – aufgeschrieben, hauptsächlich Stichworte über Dinge, die ich noch ansprechen wollte.« Er räuspert sich und streicht sich erneut mit der Hand über die Krawatte, dann nimmt er einen Schluck von seinem Drink.
»All denjenigen, die King nicht sehr gut kennen, kann ich sagen, dass er der verantwortungsvollste Mensch ist, den ich je getroffen habe. Er fährt wie ein Neunzigjähriger am Sonntagnachmittag. Sorry, falls unter uns Neunzigjährige sein sollten, aber Leute, wenn ihr mit King unterwegs seid, solltet ihr es besser nicht eilig haben. Doch mal abgesehen von seiner übertriebenen Vorsicht beim Fahren ist er ein ziemlich toller Typ. Und loyal. Du hast mich noch nie im Stich gelassen, Kumpel, bis auf das eine Mal, als du zugelassen hast, dass Rook auf mich losgeht.«
Der Brauttisch kichert, während ein paar Leute sich fragend anschauen, weil sie die Anspielung nicht verstehen. »Wisst ihr, dieser Typ hier ist der Grund, warum ich mit Stevie verheiratet bin. Ohne seinen Rat und seine Geduld hätte ich meinen Arsch sicher nicht hochgekriegt, um sie zu einem Date einzuladen. Mann, ich schweife ab, oder?« Er zupft wieder an seiner Krawatte und sein Gesicht rötet sich, wahrscheinlich aus Verlegenheit.
»Zurück zu King. Er hält sich an die Regeln, absolut strikt, aber als er Queenie traf, nun ja …« Er wackelt mit den Augenbrauen und grinst. »Sagen wir einfach, es war das erste Mal in all den Jahren, die ich ihn kenne, dass es ihm wirklich schwerfiel, seine heißgeliebten Regeln zu befolgen.«
Er nimmt einen weiteren Schluck von seinem Drink. »Was ich eigentlich erzählen wollte, ist, wie sich die beiden kennengelernt haben, denn alle glauben, dass es damals war, als Queenie angefangen hat, für das Team zu arbeiten. Aber in Wirklichkeit haben sie sich bereits sechs Wochen vor Saisonbeginn getroffen.«
Ich werfe einen Blick auf Ryan, dessen Wangen feuerrot angelaufen sind. Queenies Wangen sind ebenfalls gerötet, aber sie grinst hinter vorgehaltener Hand. Dann flüstert sie Ryan etwas zu, der daraufhin eine Augenbraue hochzieht und ruft: »Falls du nicht vorhast, deinen Status als bester Freund aufzugeben, solltest du das vielleicht besser nicht weiter ausführen.«
Was für erneutes Kichern sorgt.
Bishop grinst. »Keine Bange, King, ich werd schon nicht all deine bestgehüteten Geheimnisse verraten. Jedenfalls kann ich euch sagen, dass Queenie einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben muss, denn normalerweise ist King der ausgeglichenste Mensch im ganzen Universum. Es gibt nicht viel, was ihn aus der Fassung bringt, aber Queenie hat ihm Feuer unterm Ar- … Hintern gemacht.« Er lächelt, doch es ist kein Grinsen mehr, sondern viel weicher. »Queenie, du bist genau zum richtigen Zeitpunkt in Kings Leben getreten. Ihm hat jemand gefehlt, der ein wenig Schwung in die Bude bringt, und das hast du auf exakt die Art getan, die ihm guttat. Du hast aus einem großartigen Mann einen noch besseren gemacht. Und wenn es jemals zwei Menschen gab, die füreinander bestimmt waren, abgesehen von meinem Babe und mir, dann seid ihr es.«
Queenie umschlingt Ryans Arm und formt mit ihren Lippen ein lautloses Danke in Bishops Richtung.
»Du hast meinen Milch trinkenden, Chinos tragenden, geradlinigen besten Freund aus der Reserve gelockt. Und dafür danke ich dir.« Bishop hebt sein Glas, das schon fast leer ist, und stößt auf das Paar an.
Es folgen weitere Reden, aber als ich an der Reihe bin, bin ich wie erstarrt und schaffe es gerade noch zu sagen, wie sehr ich mich für Ryan und Queenie freue und wie sehr sie füreinander gemacht sind. Es fühlt sich ein wenig unaufrichtig an, über Ryan als meinen Bruder zu sprechen, auch wenn wir die meiste Zeit unseres Lebens als Geschwister verbracht haben. Jake und meine Eltern sind die Letzten, die vor Queenie und Ryan eine Rede halten.
Jake tritt vor das Mikrofon und stellt sein Glas Wasser auf dem Podium ab. Er atmet tief ein und schüttelt dann den Kopf. »Ich glaube kaum, dass ich das hier überstehen werde, ohne dass meine Stimme ein paarmal bricht.« Er räuspert sich. »King, du kannst dich glücklich schätzen, meine Tochter lieben zu dürfen.«
Ryan lächelt und küsst Queenie auf die Schläfe.
»Queenie, aus dir ist eine phänomenale Frau geworden. Ich bin immer wieder beeindruckt von deiner Kraft, deinem Mitgefühl und deiner Begeisterung für das Leben. Von deinem ersten Lebensmoment an wusste ich, dass du für etwas Großartiges bestimmt bist. Du hast dieses Strahlen, diese gewisse Art, die Menschen dazu bringt, dich zu lieben.« Er holt ein Taschentuch hervor und räuspert sich. »Es gab Zeiten, in denen ich mir nicht sicher war, ob ich diese Erziehungsgeschichte richtig hinkriege, Queenie, aber ich glaube, wir haben viel durch Ausprobieren gelernt, vor allem, als es um so was ging, wie sämtliche Filzstifte zu verstecken und nur noch die Buntstifte herumliegen zu lassen. Das war eine harte Lektion.«
»Für dich, nicht für mich«, scherzt Queenie.
Alle lachen.