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Seitenzahl: 135
Veröffentlichungsjahr: 2016
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»Ich versuchte, die Situation zu verharmlosen, doch der Eifersüchtige stieß mich brutal zur Seite und schrie wie von Sinnen: ›Ich bringe sie um!‹ Er versetzte Guinn einen Faustschlag ins Gesicht, der diesem minutenlang die Besinnung raubte. Miß Villington gelang es zu fliehen und sich aus dem Haus zu retten. Ich kümmerte mich zunächst um meinen Sohn und hielt mich bereit, einen zweiten Angriff von ihm fernzuhalten. Meine schwachen Kräfte hätten allerdings niemals dazu ausgereicht. Zum Glück für uns beide hetzte der Rasende hinter seiner Freundin her. Kurze Zeit später hörte ich sie schreien. Namenlose Angst ergriff mich. Ich wagte mich erst aus dem Haus, als Guinn wieder bei Bewußtsein war. Wir schlichen hinaus und fanden Miß Gilbert. Sie lebte nicht mehr. Der Unselige hatte sie erwürgt.«
Der Scheibenwischer des Autos jaulte und zog einen breiten Schmierfilm über das Glas. Boone Villington kniff die Augen zusammen. »Elendes Sauwetter«, schimpfte er lautstark. »Dabei war der Himmel noch strahlend blau, als wir in Oxford losgefahren sind.«
Neben ihm in dem alten altersschwachen Austin saß Debra Gilbert, eine heitere Dreiundzwanzigjährige, die Fremdsprachen studierte und sich durch nichts die gute Laune verderben ließ. Sie trug ihr rotblondes Haar an diesem Tag offen. Wie ein Schleier fiel es ihr bis zu den Schultern.
»Ich finde es romantisch«, widersprach sie ihrem Freund, den sie an der Universität kennengelernt hatte. »Regen reinigt die Luft und ist der Ursprung neuen Lebens.«
Boone Villington verzog sein Gesicht. »Ich höre wohl nicht recht. Du spinnst ja schon genauso wie Sarah. Überlaß ihr das Philosophieren. Schließlich studiert sie diesen Quatsch.«
Sarah Seawood kauerte hinter den beiden auf der Rückbank. Sie hielt ihre dunklen Augen geschlossen und setzte Boone Villington einen leichten Klaps gegen den Hinterkopf.
»Dir würde das Denken auch nicht schaden, mein Lieber. Ich möchte wirklich wissen, was Debra an dir findet. Du bist doch so phantasielos wie ein Stück Blech. Debra hat recht. Regen ist etwas Wunderbares. Am liebsten würde ich ein Stock zu Fuß gehen«, entgegnete Sarah Seawood.
»Ich habe nichts dagegen«, willigte der Fahrer des Wagens brummig ein. »Glaube aber nur nicht, daß dich Carson auf Händen durch den Matsch trägt. Wie ich ihn kenne, scheut er jegliche Arbeit.«
Carson Fisher war der vierte im Bunde. Er saß neben Sarah Seawood und tauschte Blicke mit ihr. Wie die anderen drei studierte auch er in Oxford. Er hatte sich für die Kunstwissenschaften entschieden und hoffte, sein Brot später selbst einmal als Maler oder wenigstens Grafiker zu verdienen.
»Ich habe Durst«, stellte er fest. »Gibt es hier denn nirgends ein Gasthaus?«
Boone Villington deutete nach links. »Die ganze Themse steht zu deiner Verfügung«, erklärte er. »Brauchst du ein Glas, oder trinkst du wie ein Rindvieh?«
»Das könnte dir so passen«, lehnte der Gefragte ab. »Ich schlucke massenweise Darmbakterien, damit du Gelegenheit findest, an mir herumzupfuschen. Suche dir ein anderes Opfer, an dem du deine spärlichen medizinischen Kenntnisse erproben kannst. Ich hoffe, daß du deine Praxis später einmal nicht in der Nähe meiner Wohnung eröffnest. Sonst wäre ich glatt gezwungen, wegen unserer alten Freundschaft dein Patient zu werden. Wie ist es? Hast du dann auch einen eigenen Friedhof?«
Dieser Scherz war Sarah Seawood zu makaber. »Also weißt du«, tadelte sie. »Damit scherzt man nicht. Außerdem bin ich sicher, daß Boone einmal ein hervorragender Arzt wird.«
»Tierarzt vielleicht«, trumpfte ihr Freund auf. »Sage mal, Debra, benutzt er dich eigenMich als Versuchsobjekt für seine medizinischen Forschungen?«
Sarah Seawood hielt ihm den Mund zu, aber Debra Gilbert lachte nur. »Jedenfalls fühle ich mich bei ihm in den besten Händen«, konterte sie. »Was ist los? Warum hältst du an?« Diese Frage war an Boone Villington gerichtet.
»Falsch«, widersprach dieser »Nicht ich halte, sondern der Wagen Ihm gefällt das Wetter auch nicht. Er mag nicht mehr.
»Was heißt das: Er mag nicht mehr?« nörgelte Carson Fisher. »Soll ich dich ablösen?«
»Das wird wenig Zweck haben«, befürchtete der andere. »Ich habe es schon seit einiger Zeit kommen sehen. Da gab es plötzlich so merkwürdige Aussetzer, und der Motor zog auch nicht mehr richtig. Die Steigung vorhin hat der Wagen kaum noch geschafft.«
»Deine Mühle ist ja auch schon achtzehn Jahre alt«, erinnerte Debra Gilbert. »Gönnen wir ihr eine kleine Verschnaufpause. Danach schnurrt sie bestimmt wieder wie eine Biene.«
Der Fahrer hob die Schultern, wandte sich aber zu Carson Fisher um und sagte: »Wir müssen den Wagen wenigstens an den Straßenrand schieben. Mitten auf der Straße bilden wir ein gefährliches Hindernis. Der Regen wird immer stärker und die Sicht wird mit jeder Minute schlechter.«
»Straße nennst du diesen Ackerweg?« spottete der Angesprochene. »Hier fährt doch außer uns kein Mensch. Jedenfalls ist uns seit Burford niemand mehr begegnet.«
Boone Villington bestand auf seinem Willen. Er schlug seinen Kragen hoch, verließ den Wagen und ließ auch den Freund aussteigen.
»Brrr!« machte er, als er im Handumdrehen bis auf die Haut durchnäßt war. »Ein wenig anders habe ich mir unseren Wochenendausflug schon vorgestellt.«
Er ging nach hinten und stemmte sich gegen das laubfroschgrüne Blech.
Als Boone Villington mit dem Standort des Fahrzeuges zufrieden war, krochen sie wieder ins Trockene.
»Wir sollten umkehren«, schlug Debra Gilbert vor. »Ich glaube nicht, daß sich das Wetter in absehbarer Zeit bessert.«
Ein entfernter Blitz bestätigte ihre Befürchtung. Verhaltener Donner folgte. Der Regen entwickelte sich zu einem Wolkenbruch.
»Das hängt nicht mehr von mir ab sondern von Professor Rost«, erinnerte Boone Villington. So hatte er seinen Wagen getauft. Er drehte den Zündschlüssel, aber alarmierende Motorgeräusche ließen ihn diesen Versuch aufgeben. »Mist«, war sein deutlicher Kommentar.
»Hast du überhaupt noch Benzin im Tank?« fragte Carson Fisher von hinten und lächelte.
Boone Villington holte tief Luft, bevor er zu einer Belehrung ansetzte. »Du magst ja einiges von Terpentin verstehen, mein Bester, aber in Treibstofffragen bin ich dir überlegen. Darf ich deine Aufmerksamkeit auf diesen Zeiger richten? Was zeigt er an? Noch mehr als halbvoll, du Neunmalkluger. Also verschone mich mit deinen Geistesblitzen. Die da draußen genügen mir völlig.«
Wieder zerschnitt ein Blitz das fahle Dunkel. Diesmal folgte der Donner schon erheblich rascher. Das Gewitter näherte sich in Windeseile.
»Ich habe gelesen, daß der Blitz nie in ein geschlossenes Auto einschlägt«, meldete sich Sarah Seawood von hinten.
Ihr Nachbar hüstelte ironisch. »Das stimmt. Nur fürchte ich, daß kein Blitz Professor Rost als Auto erkennt. Ich überlege schon die ganze Zeit, wie man das Ding in ein aussagekräftiges Kunstwerk verwandeln könnte. Einen passenden Namen wüßte ich bereits dafür: Versager mit Vergaser.«
Boone Villington war nicht beleidigt. Seine Freundschaft mit Carson lebte von ihren gegenseitigen Sticheleien, in die auch ihre Freundinnen mit einbezogen wurden.
Sie kannten sich nun schon über ein Jahr und hatten gemeinsam die ganze Umgebung von Oxford erkundet. An diesem Wochenende stand Cheltenham auf dem Programm, aber daraus würde nun wohl nichts werden. Das Wetter machte ihnen einen gewaltigen Strich durch die Rechnung.
Auch ein erneuter Startversuch des Motors scheiterte.
»Es ist ein Ventil«, vermutete der Besitzer des Wagens.
»Hast du wenigstens ein Ersatzventil dabei?« wollte Debra Gilbert wissen.
Ihr Freund raufte sich die Haare. »Hältst du diese Luxuslimousine etwa für ein Fahrrad? Ich spreche von einem Teil des Motors. Es kann nur durch eine Werkstatt ausgetauscht werden, die die erforderlichen Einstellungen vornehmen kann.«
»Aber es gibt doch hier keine Werkstatt«, meinte die rotblonde junge Frau.
»Aber wahrscheinlich in Northleach. Das liegt ungefähr fünf Meilen von hier entfernt«, erwiderte Boone Villington.
»Fünf Meilen?« entrüstete sich Debra Gilbert. »Das nützt uns doch nichts. Schließlich können wir nicht…«
»Doch, wir können, mein Schatz«, unterbrach Boone Villington sie. »Wir müssen sogar. Es bleibt uns gar nichts anderes übrig. In eineinhalb Stunden können wir dort sein. Wir lassen den Wagen abschleppen und instandsetzen. Oder hat einer einen besseren Vorschlag?«
Die drei sahen sich an und schüttelten die Köpfe.
»Laß uns wenigstens abwarten, bis das Gewitter ein wenig nachläßt«, meinte Carson Fisher.
»Ja, bitte«, schloß sich Sarah Seawood an. »Das hört sich ja schrecklich an.«
Boone Villington grinste hinterhältig. »Wieso?« fragte er erstaunt. »Ich dachte, es macht dir riesigen Spaß, ein wenig im Regen spazierenzugehen.«
Ein gewaltiger Donnerschlag verschluckte die Antwort. Die Frauen drängten sich gegen die Männer, von denen sie Schutz erhofften. Carson Fisher und Boone Villington schmunzelten zufrieden. So übel fanden sie das Gewitter gar nicht.
»Müssen wir eigentlich alle gehen?« meinte Debra Gilbert nach einer Weile des Schweigens. »Ich finde, es genügt, wenn sich zwei von uns auf den Weg machen. Wir sollten losen.«
Carson Fisher winkte ab. »Dabei käme etwas Schönes heraus. Stelle dir nur vor, wenn Boone das Los träfe. Ein Mediziner kennt keine Ehrfurcht. Diese Leute schlachten sogar ihre Leichen aus. Für die Pathologie ist Professor Rost aber wohl noch zu schade.«
»Das werde ich wohl am besten wissen«, verteidigte sich der Beschuldigte energisch. »Schließlich gehört er mir. Bildest du dir ein, ich schicke einen Künstler, wenn es um das Leben des Professors geht? Du würdest den Mechanikern allenfalls etwas von Lackschäden erzählen. Nein, das ist einzig und allein meine Sache.«
»Okay, dann begleite ich dich«, entschied sein Freund.
»Und wir sollen ohne Schutz alleine in dieser einsamen Gegend bleiben?« entrüsteten sich die jungen Frauen gleichzeitig. »Wenn uns nun jemand überfällt?«
»Dann brauchst du nur aus dem Wagen zu schauen, und er nimmt schreiend Reißaus, weil er dich für ein Monster hält«, machte sich Carson Fisher über Debra Gilbert lustig.
»Nein wirklich«, fand auch Sarah Seawood, »damit sollte man nicht spaßen. Hast du nicht den Bericht über das verschwundene französische Touristenpärchen gelesen? Sein Wohnwagen soll noch immer auf dem Campingplatz von Cirencester stehen. Aber die Besitzer sind seit ihrer beabsichtigten Bootsfahrt auf der Themse nicht wieder aufgetaucht. Das ist erst zwei Wochen her.«
»Was hat das mit uns zu tun?« erkundigte sich der Fahrer des Wagens. »Wahrscheinlich sind die beiden ertrunken. Oder sie haben sich vor ihren Gläubigern in Frankreich aus dem Staube gemacht. Also gut, Carson muß bei euch bleiben. Schon wegen des Wagens, den du gefälligst vor Dieben mit deinem Herzblut zu verteidigen hast. Verstanden?«
»Mir soll’s recht sein. Dann bleibt aber Sara auch da. Oder dachtest du, ich vertraue sie dir an? Du bist zwar mein Freund, aber einem hungrigen Wolf gibt man nicht sein Lieblingsschaf mit auf den Weg«, antwortete Carson Fisher.
»Danke für das Schaf«, sagte Sarah.
»Das gleiche gilt für Debra und dich«, gab Boone ungerührt zurück. »Ich weiß doch genau, daß du schon lange darauf wartest, einmal mit ihr alleinzusein. Aber daraus wird nichts, du Lustlümmel. Debra kommt mit mir mit.«
Debra war sofort einverstanden und bat nur darum, das ärgste Gewitter vorüberziehen zu lassen.
»Tut mir einen Gefallen und geht sparsam mit der Batterie um«, verlangte Boone.
»Warum?« wunderte sich Carson. »Der Wagen muß doch sowieso abgeschleppt werden. Ihr kommt frühestens in zwei Stunden zurück. In der Zwischenzeit wäre etwas Musik ganz nett.«
»Die müßt ihr selber singen«, blieb Boone unerbittlich.
Nach einer halben Stunde hatte das Gewitter seine ärgste Kraft verloren. Nur von Zeit zu Zeit irrlichterte ein Blitz über das aufgewühlte Wasser der Themse. Der Donner verlor sich in der Ferne.
Es regnete auch nur noch mäßig. Debra Gilbert und Boone Villington nickten sich zu, stiegen aus und machten sich auf den Weg. Hand in Hand gingen sie davon, während Sarah Seawood und Carson Fisher noch enger zusammenrückten und ihre Lippen einander suchten.
»Hoffentlich beeilen sie sich nicht zu sehr«, flüsterte der Kunststudent. »Ich kann es mit dir hier schon eine Weile aushalten.«
Sarah Seawood schmiegte sich an ihn und schwieg. Manchmal sprach Carson schon vom Heiraten, aber dafür fühlte sie sich noch zu jung. Sie war auch nicht sicher, ob Carson wirklich der Mann war, an dessen Seite sie durchs Leben gehen wollte. Mit seinen fünfundzwanzig Jahren erschien er ihr gelegentlich erschreckend unerwachsen.
Aber diese Entscheidung hatte ja Zeit. Einstweilen sah sie keinen Grund, seine Zärtlichkeiten nicht zu genießen.
*
Nach drei Stunden waren die beiden jungen Leute immer noch allein. In der ganzen Zeit war kein einziges Fahrzeug vorbeigekommen. Die alte Straße oberhalb der Themse wurde kaum noch benutzt. Sie befand sich auch in einem entsprechend miserablen Zustand.
»Müßten sie nicht längst zurück sein?« fragte Sarah beunruhigt.
Carson nickte, nachdem er auf seine Armbanduhr geschaut hatte. »Selbst wenn wir zwei Stunden für die fünf Meilen nach Northleach rechnen, so braucht der Abschleppwagen allenfalls zehn Minuten. Wahrscheinlich ist es schwierig, am Wochenende eine Werkstatt ausfindig zu machen.«
»Sie brauchen doch nur im Telefonbuch nachzusehen und anzurufen«, fand Sarah. »Ich mache mir Sorgen.«
Carson sah sie erstaunt an. »Sorgen? Wieso denn das? Wie ich Boone kenne, wird er mit Debra das nächste Wirtshaus aufgesucht haben, um sich den Magen vollzuschlagen.«
»Während sein geliebtes Auto Hilfe braucht? Das glaube ich nicht. Irgend etwas ist passiert«, erwiderte die junge Frau nachdenklich.
»Unsinn«, versuchte Carson, sie zu beruhigen. »Was soll denn passiert sein? Das Gewitter war nicht mehr heftig. Die Straße birgt keinerlei Gefahren. Debra könnte höchstens mit ihren Stöckelschuhen in ein mit Regenwasser gefülltes Schlagloch geraten sein.«
»Debra trägt Sandaletten«, widersprach Sarah. »Außerdem hat sie Augen im Kopf. Nein, es muß etwas anderes sein. Wahrscheinlich liegen sie irgendwo und brauchen Hilfe. Wir müssen etwas unternehmen.«
Der junge Mann schüttelte den Kopf. »Ich verstehe dich nicht, Sarah. Die beiden haben sich ein trockenes Plätzchen gesucht und genießen das Alleinsein. Es wäre ihnen zweifellos peinlich, würden wir sie stören. Außerdem dürfen wir den Wagen nicht unbeaufsichtigt lassen.«
»Ist Debras und Boones Leben nicht wichtiger als diese Rostlaube?« empörte sich Sarah.
Carson lachte gequält. »Jetzt wirst du aber dramatisch, Schatz. Wodurch sollte denn ihr Leben in Gefahr geraten sein? In dieser Gegend gibt es keine wilden Tiere, und Wegelagerer legen bei diesem Sauwetter bestimmt ebenfalls eine Ruhepause ein. Nein, nein, für ihr langes Ausbleiben gibt es zweifellos eine völlig harmlose Erklärung. Du wirst sehen, in spätestens einer halben Stunde sind sie hier.«
»Und wenn nicht? Willst du dann noch eine halbe Stunde warten? Und danach wieder eine?« Sarahs dunkle Augen blitzten ärgerlich auf.
Wie hübsch sie ist, dachte Carson schmunzelnd. Besonders, wenn sie wütend ist. Mein Gott, ich liebe dieses Mädchen. Aber wird es leicht sein, ein ganzes Leben an ihrer Seite zu führen? Sie gehört nicht gerade zu den Emanzen, aber die Butter läßt sie sich nicht vom Brot nehmen.
Er schlug vor, noch eine halbe Stunde zu warten. Danach wollte er sich auf die Suche begeben.
»Aber nicht allein«, protestierte Sarah Seawood sofort.
»Jemand muß beim Wagen bleiben«, erinnerte Carson. »Nicht nur wegen eventueller Diebe. Auch wegen des Abschleppwagens.«
»Die Leute brauchen uns nicht dazu. Sie nehmen den kleinen Floh an den Haken und ziehen ihn weg. Ich bleibe jedenfalls nicht alleine hier, und wenn du dich auf den Kopf stellst«, entrüstete sich die junge Frau.
Carson hoffte, daß Debra und Boone zur Schlichtung des Streites beitragen würden. Doch als die dreißig Minuten verstrichen waren, war immer noch nichts zu sehen oder zu hören von ihnen.
Nun machte auch er sich Sorgen. In ungefähr einer Stunde würde es dunkel werden. Er konnte sich keinen Grund denken, warum Boone ihnen nicht wenigstens Bescheid gesagt hatte, falls etwas Unerwartetes eingetreten war.
»Also los«, meinte er seufzend und stieg aus dem Fahrzeug. »Aber das eine sage ich dir. Boone bekommt etwas von mir zu hören, daß ihm die Ohren wackeln werden.«
Sie versperrten den Austin sorgfältig und machten sich auf den Weg.
Es hatte längst aufgehört zu regnen, aber das Wasser stand knöcheltief auf der Straße.
An mehreren Stellen lagen starke Äste auf der Fahrbahn, und nach einer Meile bildete sogar ein Baumstamm ein Hindernis.
»Wahrscheinlich sieht es weiter hinten noch schlimmer aus«, mutmaßte Carson und sah darin eine Erklärung für das Ausbleiben der Freunde.
Die junge Studentin war wieder einmal anderer Ansicht. »Sie sind bestimmt nicht über Stock und Stein geklettert, sondern haben den Fußweg dort unten benutzt.« Sie zeigte auf einen schmalen Pfad, der zwischen den Bäumen entlangführte. »Das sollten wir auch tun. Dort unten ist es sicher auch nicht so kalt. Hier oben pfeift der Wind ganz ordentlich.«
Wenige Minuten später frohlockte sie. »Dort drüben steht ein Haus. Wahrscheinlich haben sie von dort telefoniert und warten nun auf den Abschleppwagen.«
»Und du machst die Pferde scheu«, tadelte Carson Fisher. Insgeheim atmete er erleichtert auf. Ein Stein fiel ihm förmlich vom Herzen. Es hätte ja wirklich etwas passiert sein können.