Gebrauchsanweisung für Peru - Ulrike Fokken - E-Book

Gebrauchsanweisung für Peru E-Book

Ulrike Fokken

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Beschreibung

Von der Burg der Nebelkrieger im Norden bis zum Heiligen Tal der Inkas im Süden – Ulrike Fokken, die monatelang in Peru gelebt hat und regelmäßig dorthin zurückkehrt, führt uns quer durch ein Land, in dem die Cola quietschgelb aussieht, Lamas bunte Wollzöpfe tragen und der Traum vom Gepäckträger zum Millionär keine Worthülse ist. Leidenschaftlich erklärt sie uns, wie man auf die Anrede "meine Königin" reagiert, warum in der Megacity Lima ein Bus dem Taxi vorzuziehen ist und weshalb man hier die besten Fischrestaurants der Welt findet. Und sie weiß, wieso Bäuerinnen in den Anden teure Smartphones besitzen, wo Schamanen mit Rauch und Rasseln heilen und wie der Spagat zwischen südamerikanischer Moderne und jahrtausendealten Traditionen gelingt.

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Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.piper.de

ISBN 978-3-492-96946-8

Februar 2016

© Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2015

Dieses Werk wurde vermittelt durch Aenne Glienke | Agentur für Autoren und Verlage, www.AenneGlienkeAgentur.de

Redaktion: Ulrike Gallwitz, Freiburg

Karte: cartomedia, Karlsruhe

Coverkonzeption: Büro Hamburg

Covergestaltung: Birgit Kohlhaas, kohlhaas-buchgestaltung.de

Covermotiv: Machu Picchu, die verlorene Stadt der Inka (age fotostock/Look-foto)

Litho: Lorenz & Zeller, Inning a. A.

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Redaktion: Ulrike Gallwitz, Freiburg

Vorwort

Peru wählt einen aus, bevor man dort gewesen ist. Heimlich und leise nistet sich die Idee einer Reise nach Peru im Kopf ein, schlummert dort und erwacht wie eine dieser amerikanischen Zikaden, die 17 Jahre als Larve im Boden leben, sich dann verpuppen und plötzlich als singendes Insekt an die Oberfläche krabbeln. Bei mir hat die Verwandlung vom Traum zur Wirklichkeit zwischen 17 und 27 Jahren gedauert, doch als die Zeit reif war, habe ich innerhalb von vier Wochen meine Sachen gepackt und bin nach Peru gefahren.

Natürlich kann ein Land nicht wählen, wer kommt. Das wäre gerade im Fall von Peru auch eine merkwürdige Sache – denn sicher hat das Land Francisco Pizarro und die Konquistadoren nicht gebeten, mal vorbeizuschauen und das Land zu plündern. Aber Peru hat Charisma, ein Attribut, das wir normalerweise mit menschlichen Charakteren und nicht mit Ländern verbinden. Doch vermutlich ist es genau das: Peru hat Charakter. Und dem erliegen fast alle, die jemals nach Peru gereist sind und dort gelebt haben. Die Leidenschaft der Fremden für Peru hat die peruanische Tourismusagentur aufgegriffen und hat einen Videoclip gedreht, der diese einzigartige Verbundenheit mit dem Land erstaunlich gut auf den Punkt bringt. In dem Video, das auf YouTube zu sehen ist, bekommt ein erfolgreicher Businessmann im Jahr 2032 ein Päckchen mit einem USB-Stick, das er 20 Jahre zuvor aus Peru an sich selbst geschickt hat. Zeitlich wäre so etwas in Peru sogar denkbar, nicht weil die Post zwei Jahrzehnte für die Zustellung braucht, sondern weil die Zeit in Peru zirkulär und nicht geradlinig verläuft. Alles gelangt in Peru wieder an seinen Ausgangspunkt zurück, jeder Faden kann wieder aufgenommen, immer kann dem Leben im Kreislauf der Zeit eine Wendung gegeben werden. Jedenfalls ist auf dem USB-Stick ein Video, das der Geschäftsmann damals von all seinen Erlebnissen im Amazonasgebiet und in den Dörfern der Anden gedreht hat und das mit dem Satz endet: »Was immer du brauchst, ist heute schon in Peru.«

Das ist Kitsch, und Peru bedeutet natürlich viel mehr, als in einen Marketingspruch passt. Aber der Werbespot greift das Gefühl von unzähligen Peru-Reisenden auf. Peru vermittelt das Gefühl von unendlicher Freiheit und Anarchie, von einer Herzlichkeit inmitten des Chaos, von Zeitlosigkeit während einer Reise durch jahrhundertealte Kulturen. Peru zeigt uns das Mögliche im unendlich Fremden. Wir erfahren die Wildnis inmitten der ältesten Zivilisation Südamerikas, staunen über die Weite der ewigen Anden und verneigen uns in Ehrfurcht vor der Fülle des Lebens im Amazonas. Peru gewährt uns einen Blick in die Zivilisationsgeschichte der Menschheit von den Jägern und Sammlern im Amazonaswald und den Lamahaltern und Ackerbauern der Anden zum computerisierten Menschen der Moderne in Lima. Im Zeitraffer betrachten wir in Peru die Menschheitsgeschichte der vergangenen 12000 Jahre, wir erleben auf engstem Raum, was in dieser Zeitspanne in Europa, auf einem ganzen Kontinent, vor sich gegangen ist. Nun ja, Peru ist eben auch riesig, viermal so groß wie Deutschland, hat aber gerade mal rund 30 Millionen Einwohner. Ein Drittel der Peruaner lebt in Lima, ein weiteres Drittel entlang der Küste und in Arequipa. In riesigen Gebieten leben also sehr wenige Menschen, weshalb das Land diesen wilden, unentdeckten Eindruck vermittelt.

Die Gesellschaft ist jung, die Menschen wollen was aus sich machen und sich entwickeln. Sie haben einen großen Hunger auf Moderne und einen Nachholbedarf an all den Errungenschaften, die in Europa oder den USA zum Alltag gehören. Die Menschen wollen raus aus der Armut, die noch immer viele Peruaner am Weiterkommen hindert. Ein Drittel der Bevölkerung gilt als arm, hat also nicht ausreichend Kleidung und Nahrung, hat kaum einen Zugang zu Bildung und keine ausreichende Möglichkeit, an dem Wirtschaftsboom teilzuhaben, den Peru seit 2001 erlebt. In manchen Gegenden sind mehr als die Hälfte der Kinder unterernährt, und rund elf Prozent der Peruaner hungern. Sie leben von nicht einmal einem Dollar am Tag. Dabei sind die Peruaner geschäftig und umtriebig, sie warten nicht darauf, dass ihnen jemand etwas schenkt. Sie verkaufen die unmöglichsten Dinge an den merkwürdigsten Stellen, bieten rot-gelb gestreifte Götterspeise aus Plastikbechern auf der Straße an, aus Draht gebogene Ohrringe im Stadtbus, Brötchen an der Straßenkreuzung, im Dutzend billiger. Peruaner betteln nicht, außer den ganz Alten, die sich nicht mehr selbst versorgen können und von ihrem Gehöft in die Städte des Hochlands kommen und dort von den Almosen leben.

Dennoch ist Peru ein unglaublich reiches Land, mit riesigen Gold- und Kupferschätzen, enormen Erdgasvorkommen und einer blühenden Agrarwirtschaft mit drei Ernten im Jahr. »Das reichste arme Land Südamerikas« nennen die Peruaner ihr Land und sind oft zerknirscht, ja beschämt, dass sie es nicht besser hinbekommen, den Reichtum auf mehr Menschen zu verteilen und das Geld für bessere Schulen, Gesundheitsversorgung, Straßen, Stromleitungen, Wasserversorgung, Internetverbindungen – kurzum für den Anschluss des Landes an das 21. Jahrhundert zu nutzen. Peru ist ein Land im Aufbruch, was unglaubliche Kräfte freisetzt und dem Land durchschnittliche Wachstumsraten von acht Prozent in den vergangenen Jahren bescherte. Aber typisch für Peru ist eben auch, dass niemand einen Plan hat, wohin der Aufbruch das Land führen soll. Jeder und jede macht das, was er oder sie für richtig hält. Die Politiker aller Parteien bereichern sich während ihrer Amtszeit, was jeder Peruaner weiß und deswegen auch kein Vertrauen in die Regierungen hat. Die Menschen erwarten nichts vom Staat, sie helfen sich selbst, so wie sie das seit jeher gemacht haben. Peru ist deswegen auch ein schwieriges Land, mit unregierbaren Regionen und anarchischen Zuständen, die wie ein nicht aufgearbeiteter Rest der Kolonialgeschichte wirken. Das Land ist noch dabei, sich zu finden, und es scheint, als würde diese große Kulturnation merkwürdig geschichtslos vor sich hin wursteln.

Peru ist das Land der vielen Realitäten. Und dabei ist es magisch, denn in diesem großen Chaos verschmelzen die Kulturen und Zeiten zu einer rational nicht erklärbaren Wirklichkeit. Magischer Realismus heißt diese Melange aus Traum und Wirklichkeit in der Literatur Südamerikas. Die großen Schriftsteller des Kontinents wie Alejo Carpentier, José Lezama Lima, Gabriel García Márquez und natürlich der Peruaner Mario Vargas Llosa haben den magischen Realismus geprägt und unser Bild von Südamerika beeinflusst. Sie haben das Leben in ihren Ländern so beschrieben, wie sie es erlebt haben. Doch selbstverständlich sind diese Zeiten vorbei. Peru ist nicht mehr das diktatorisch regierte Land, über das Zavala und Ambrosio sich im »Gespräch in der ›Kathedrale‹«, dem grandiosen Roman von Mario Vargas Llosa, unterhalten. Dörfer wie Macondo aus der Phantasie des Kolumbianers Márquez haben heute einen Internetanschluss. Auch Schamanen telefonieren mit dem Smartphone, Indígena-Frauen posten auf Facebook, vor den Holzhütten im Amazonas stehen die Geländewagen der Goldsucher und Kokainboten. Der magische Realismus wurde mit der Technisierung jedoch nicht entzaubert, sondern genau diese Vermischung belebt die surreal erscheinende Wirklichkeit des peruanischen Alltags. Die jungen peruanischen Schriftsteller wie Daniel Alarcón und Diego Trelles Paz sehen das anders und wollen mit dem magischen Realismus ihrer Vorgänger und Vorbilder nichts mehr zu tun haben. Das ist verständlich, denn sie möchten mit ihren Geschichten nach eigenen Kriterien beurteilt werden und nicht im Schatten von Vargas Llosa und García Márquez verschwinden.

Doch Magie hin, Phantasie her – in Machu Picchu leben keine Lamas und Alpakas. Natürlich stehen sie heutzutage mit bunten Wollfäden in den Ohrhaaren vor dem Eingang nach Machu Picchu, doch das machen sie nur, um den Touristen zu gefallen. Im Nebelwald rund um die Tempelstadt ist es ihnen viel zu warm, außerdem wächst ihre Lieblingsspeise, das Ichu-Gras, nicht dort, sondern erst in ihrem natürlichen Habitat, der Puna, ab 4000 Meter Höhe. Aber was soll’s, auch Lamas und Alpakas müssen in Peru ihren Lebensunterhalt verdienen, und sie bringen Geld ein, wenn die Touristen sie fotografieren – und da solche Geschäftstüchtigkeit so typisch für Peru ist, erzählt das Titelfoto eine wahre Geschichte.

Die vielen Realitäten in Peru ermöglichen jedem Reisenden, seine eigenen Erfahrungen in diesem großen Land zu machen, zu staunen und sich begeistern zu lassen. »Macht Fotos, Fotos sind wichtig«, sagt Epifanio, mit dem ich in den Bergen der Cordillera Blanca gewandert bin. »Wenn ihr wieder zu Hause seid, schaut ihr die Fotos an und durchlebt noch einmal, was ihr gemacht habt.« Vielleicht haben die Berge Epifanio diese Einsicht vermittelt, denn er hat die Anden noch nie verlassen. Aber er hat recht. Und dann, wenn alle Fotos zum x-ten Mal angeschaut worden sind und man wieder daran erinnert wurde, dass sich Peru längst für einen entschieden hat, ist es an der Zeit, aufzubrechen.

Peru bereichert die Welt

»Warum sind Sie nach Peru gekommen?«, fragen mich öfter Peruaner und sind wirklich an einer Antwort interessiert. Sie können sich nicht vorstellen, warum ich so viel Geld ausgebe, um von Europa nach Peru zu fliegen, wo doch alle Peruaner mit einem Hauch von Aufstiegswillen alles dafür geben würden, nach Europa zu kommen. Sie gucken dann nachdenklich, fast skeptisch, wenn ich sage, dass Peru ein einzigartiges Land mit einer faszinierenden Natur, überragenden Kultur und liebenswerten Menschen ist. So haben sie ihr Land, geschweige denn ihre Mitbürger noch nicht betrachtet. Selbstverständlich sehe ich Peru auch nicht so holzschnittartig, aber ich finde Peru wirklich sagenhaft spannend. Die Peruaner hingegen sind sich nicht einmal dessen bewusst, dass Peru der Welt mehr gegeben hat als manch anderes Land in Südamerika, mit dem die Peruaner sich voller Selbstzweifel immer wieder vergleichen. Aber was wäre die Welt ohne Kartoffeln? Wie wäre die Industrialisierung Europas ohne die Baumwolle aus dem Norden Perus verlaufen? Was würden die Italiener ohne Tomaten kochen? Kartoffeln, Erdbeeren, Tomaten, Kakao und jede Menge anderer Früchte und Gemüse, aber auch Naturfasern wie Baumwolle kommen ursprünglich aus Peru und sind in gewisser Weise kleine Dinge, haben jedoch das Weltgeschehen auf eine subtile und zurückhaltende Art beeinflusst.

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