3,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 3,99 €
Sie hat alles auf einen Schlag verloren …
Autumn Perez war erst zweiundzwanzig, als sie Zeugin eines brutalen Mordes wurde und ihr gesamtes Leben aufgab, um den Mörder hinter Gitter zu bringen. Ein Jahrzehnt später ist sie durch das Zeugenschutzprogramm im malerischen Verona Bay gelandet, wo sie an der örtlichen Highschool Kunst unterrichtet. Es ist ein ruhiges Leben … bis sie in einen weiteren schrecklichen Vorfall verwickelt wird, der die US-Marshals dazu verleitet, sie erneut umsiedeln zu wollen. Aber Autumn ist es leid, wegzurennen – sie hat sich hier ein Leben aufgebaut, hat Freunde. Und jetzt ist sie nach einem wahnsinnig heißen One-Night-Stand mit ihrem sexy Nachbarn auch noch schwanger.
Diesmal wird sie nicht wegrennen …
Lincoln Jordan steht schon eine ganze Weile auf seine talentierte und umwerfend schöne Nachbarin Autumn. Die Anziehung zwischen ihnen ist unbestreitbar und nach ihrer unglaublichen gemeinsamen Nacht will er mehr – aber sie scheint entschlossen, ihn auf Abstand zu halten. Doch als herauskommt, dass jemand sie umbringen will, ist er da, um sie zu beschützen. Denn der Feind ist weitaus näher als sie gedacht hätten.
Alle Teile der Verona Bay Reihe:
Tödliche Andenken
Gefährliche Vergangenheit
Stiller Beschützer
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
EIN VERONA BAY ROMAN
Gefährliche Vergangenheit
Ein Verona Bay Roman
Copyright © 2020 Katie Reus
* * *
Coverdesign von: Sweet ‘N Spicy Designs
Übersetzer und Herausgeber: Michael Drecker
Die Geschichte in diesem Buch ist frei erfunden. Die Namen, Charaktere, Orte und Begebenheiten entstammen der Fantasie der Autorin und existieren nicht wirklich. Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen, geschilderten Ereignissen, Örtlichkeiten oder Einrichtungen sind rein zufällig. Alle Rechte vorbehalten. Mit Ausnahme von Zitaten, die in Rezensionen verwendet werden, darf dieses Buch ohne schriftliche Genehmigung der Autorin weder reproduziert noch in jeglicher Art und Form verwendet werden.
Bitte geben Sie auch keine Kopie dieses Buches weiter. Mit dem Kauf sind Sie berechtigt, eine legale Kopie für Ihr eigenes, persönliches Lesevergnügen auf Ihrem persönlichen Computer oder Lesegerät anzufertigen. Sie sind nicht berechtigt, dieses Buch in jeglicher Art und Form mit derzeit bekannten oder noch nicht erfundenen Methoden an irgendjemanden weiterzuverkaufen, zu vertreiben, zu drucken, weiterzugeben oder dieses Buch in einem Datenaustauschprogramm hochzuladen. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, so kaufen Sie bitte ein weiteres Exemplar für jede Person, mit der sie es teilen wollen. Bitte respektieren Sie das Werk und die Arbeit der Autorin.
Sie hat alles auf einen Schlag verloren …
Autumn Perez war erst zweiundzwanzig, als sie Zeugin eines brutalen Mordes wurde und ihr gesamtes Leben aufgab, um den Mörder hinter Gitter zu bringen. Ein Jahrzehnt später ist sie durch das Zeugenschutzprogramm im malerischen Verona Bay gelandet, wo sie an der örtlichen Highschool Kunst unterrichtet. Es ist ein ruhiges Leben … bis sie in einen weiteren schrecklichen Vorfall verwickelt wird, der die US-Marshals dazu verleitet, sie erneut umsiedeln zu wollen. Aber Autumn ist es leid, wegzurennen – sie hat sich hier ein Leben aufgebaut, hat Freunde. Und jetzt ist sie nach einem wahnsinnig heißen One-Night-Stand mit ihrem sexy Nachbarn auch noch schwanger.
Diesmal wird sie nicht wegrennen …
Lincoln Jordan steht schon eine ganze Weile auf seine talentierte und umwerfend schöne Nachbarin Autumn. Die Anziehung zwischen ihnen ist unbestreitbar und nach ihrer unglaublichen gemeinsamen Nacht will er mehr – aber sie scheint entschlossen, ihn auf Abstand zu halten. Doch als herauskommt, dass jemand sie umbringen will, ist er da, um sie zu beschützen. Denn der Feind ist weitaus näher als sie gedacht hätten.
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Liebe LeserInnen
Danksagungen
Über die Autorin
Entdeckt weitere Bücher von Katie auf Deutsch:
Für all die Träumer, Kreativen und Künstler da draußen! Egal, welches Medium ihr nutzt, macht weiter damit, denn ihr alle verändert mit eurer Kunst die Welt. Und Kunst und Unterhaltung brauchen wir gerade mehr denn je.
Ana schob den Objektivdeckel von ihrer Kamera und näherte sich der nächsten Gasse. Gerade arbeitete sie für ihren Chef und Mentor an einem Projekt, bei dem die Armut in der Gegend hervorgehoben werden sollte. Das hier war ihr letzter Abend und sie hatte bereits einige unglaubliche Aufnahmen eingefangen. Es ging auf Mitternacht zu und sie war fast so weit, ins Fotostudio zurückzukehren.
Sie war hier im Laufe der Jahre schon oft gewesen – hatte sogar mehr Zeit in diesen Straßen verbracht, als ihr lieb war, denn als sie in die neunte und zehnte Klasse gegangen war, waren sie und ihre Mutter obdachlos gewesen. Es war keine einfache Kindheit gewesen, doch sie fühlte sich hier eine ganze Ecke wohler als bei ihren Freunden aus der Uni.
Am Anfang der Gasse konnte sie zwei Männer streiten sehen, von denen der eine den anderen gerade gegen die bröckelige Ziegelsteinwand schubste. Anstatt die Gasse also als Abkürzung zu benutzen, kehrte sie um und ging weiter den Bürgersteig entlang. Sie mochte sich hier zwar wohl fühlen, aber sie hatte keinen Todeswunsch. Die Gewalt in dieser Gegend war nicht allzu schlimm, aber sie kam vor. Und wenn das zwei Drogensüchtige waren, die sich wegen etwas stritten, wollte sie nicht zwingend in deren Nähe sein.
Die Bürgersteige in dieser speziellen Straße waren in ordentlichem Zustand. Eine kleine Geldwechselstube und das Pfandleihgeschäft hatten beide Gitter vor den Fenstern, doch der Barbershop und der Minimarkt hatten das nicht. Sie winkte Mr. Sanz zu, dem Besitzer des Minimarktes – ein Mann, den sie ins Herz geschlossen hatte. Als sie und ihre Mutter hier auf der Straße gelebt hatten, hatte er ihnen gegeben, was er konnte, und war einer von vielen Leuten gewesen, die ihnen geholfen hatten, wieder auf die Beine zu kommen.
„Ana!“ Er unterbrach sein Fegen und lehnte seinen Besen gegen die geschlossene Ladentür. „Was machst du so spät noch hier?“, fragte er und beantwortete direkt seine eigene Frage. „Ah, du machst immer noch deine Fotos, wie ich sehe.“
Sie lachte leicht und nickte. „Natürlich.“ Auf eine Eingebung hin hob sie ihre Kamera, und schoss ein Bild von seiner Ladenfront. Und dann von ihm.
Er lachte auf diese aufrichtige Art, die ihr schon immer ein Lächeln entlockt hatte. Der Mann war seit vierzig Jahren verheiratet, hatte fünf erwachsene Töchter und war eine feste Institution hier.
„Wie läuft das Geschäft?“, fragte sie.
Er zuckte mit einer Schulter. „Gut genug, um die Rechnungen zu bezahlen.“
Sie grinste über seine typische Antwort. „Gut. Hey, ich hab gehört, dass Ale“, seine älteste Tochter, Alejandra, „befördert worden ist.“ Ana wusste nichts Genaueres, nur dass es etwas mit dem Büro der Bezirksanwaltschaft zu tun hatte.
Das Lächeln, mit dem er sie daraufhin ansah, hätte die ganze Straße erleuchten können. „In ein paar Jahren wird mein Mädchen den ganzen Laden da leiten. Wir sind so stolz.“
„Das solltet ihr auch sein.“
„Und auf dich sind wir auch stolz. Hector meinte zu mir, dass du eines Tages noch berühmt werden wirst.“
Sie schnaubte leicht und schüttelte den Kopf über dieses Lob. Hector, ihr Chef und Mentor, erzählte das den Leuten ständig. Doch sie war einfach nur froh, dass er überhaupt an sie glaubte. „Ich hoffe nur, dass ich weiter das machen kann, was ich liebe.“ Für sie war ihre Kunst immer eine Konstante gewesen. Kunst und Bücher, was im Prinzip dasselbe war, nur in verschiedenen Medien. Bücher und ihre Fotografie hatten ihr während dieser harten Jahre geholfen, geistig gesund zu bleiben, und hatten ihr beigebracht, die Welt durch eine andere Linse zu sehen. Um ein kleines Wortspiel zu bemühen.
Er gab einen brüsken Laut von sich. „Quatsch, wenn er das sagt, wird das auch stimmen. Ich habe gehört, dass du dein Studium mit Auszeichnung abgeschlossen hast. Wir sind wirklich stolz auf dich. Die ganze Nachbarschaft.“
Sie schluckte schwer, als ihr unerwartete Tränen in die Augen treten wollten, doch sie blinzelte sie rasch weg. „Danke dir. Ich glaube nicht, dass ich ohne deine Güte, und die der anderen, hier wäre. Ich werde euch auf ewig dankbar sein.“
Jetzt war er derjenige, der ihren Dank abwinkte und wirkte, als wäre es ihm unangenehm. Dann trat er einen Schritt beiseite und öffnete die Tür für eine Kundin, die Ana als Krankenschwester wiedererkannte. Wahrscheinlich kam sie gerade von der Spätschicht.
„Ich lass dich mal weitermachen“, murmelte sie. „Bis bald.“
Er nahm wieder seinen Besen zur Hand, nickte und folgte der Frau in seinen Laden. Fünf Minuten später öffnete Ana die Tür zu Hectors Fotostudio und schloss direkt hinter sich wieder ab. Sie wollte die Bilder von heute Abend schnell entwickeln und dann nach Hause gehen und sich ein langes Bad gönnen.
Sie eilte durch das Fotostudio, auch im Dämmerlicht in der Lage, durch die Ausstellungsstücke zu navigieren. Im Flur ging sie in Richtung Dunkelkammer, hielt aber inne, als sie an Hectors Büro vorbeikam und auf einem der Monitore für die Überwachungskameras eine Bewegung sah. Hector war schon vor Stunden nach Hause gegangen, aber seine Kameras liefen rund um die Uhr.
Sie betrat sein Büro, beugte sich über den Schreibtisch und sah angestrengt auf die Monitore. Es war schwer auszumachen, was darauf vor sich ging, aber es sah so aus, als würde irgendwer etwas in ihren Müllcontainer schmeißen.
Sie stieß ein genervtes Knurren aus. Das musste der Besitzer des neuen italienischen Restaurants zwei Straßenblöcke weiter sein. Im Laufe des letzten Monats hatte er ständig jemanden losgeschickt, um hier und an anderen Stellen des Blocks altes Essen wegzuschmeißen, anstatt seinen eigenen verdammten Müllcontainer zu benutzen. Aber nicht heute Nacht.
Mit wachsender Verärgerung eilte sie aus dem Büro und schritt zur Hintertür. Rasch schob sie den Türriegel beiseite und schaltete die Außenbeleuchtung ein – sie hatte Hector schon mehrfach gesagt, dass er diese über einen Bewegungsmelder steuern sollte. Wer auch immer dieser Penner war, er würde eine große Überraschung erleben.
Als sie in die Gasse hinaustrat, hievte ein Mann, der in etwa ihr Alter hatte und vermutlich auch noch zur Uni ging, etwas – jemanden! – in den Container.
Oh Gott. Das waren nackte Beine. Ein Fetzen von etwas Pinkem. Rot, das die reglosen Beine der Frau herablief.
Ana erstarrte und ihr Atem ging rasselnd ein und aus. Dann traf ihr Blick auf seinen.
Er ließ los und der Körper fiel polternd in den Müllcontainer. Er starrte sie an und die dunklen Tiefen seiner Augen füllten sich umgehend mit Wut, während er auf sie zu kam.
Instinktiv hob sie ihre Kamera hoch und begann, Fotos mit Blitzlicht zu schießen. Sie musste ihn blenden, um fliehen zu können. Und Hilfe zu rufen.
Blitz. Blitz. Blitz.
Er stieß ein wütendes, bestialisch klingendes Knurren aus, und stürmte auf sie zu.
Sie wirbelte herum und rannte wieder ins Innere – und rammte den Türriegel gerade noch rechtzeitig zu, bevor sich jemand mit voller Wucht gegen die Tür warf.
Bumm! Bumm! Bumm!
Obwohl sie wusste, dass er nicht durch die Stahltür kommen würde, rannte sie trotzdem davon weg und zurück in das Büro, wo sie ihr Handy liegengelassen hatte. Mit klammen Händen und rasendem Herzen wählte sie den Notruf. Normalerweise rief sie nicht gerne die Polizei, aber jetzt hatte sie keine andere Wahl.
„Polizeilicher Notruf, wie kann ich Ihnen helfen?“
„Ich habe gerade gesehen, wie jemand eine Leiche entsorgt hat! Ich brauche Hilfe. Ich bin im Las Olas Kunststudio auf der Berger Street.“
Das Geräusch von zersplitterndem Glas ließ sie erstarren. Hatte der Typ die Vordertür aufgebrochen? Sie hatte keine Zeit gehabt, die Alarmanlage wieder scharfzustellen oder sonst irgendwas zu tun. Oh mein Gott, oh mein Gott, oh mein Gott!
„Ich glaube, er ist jetzt im Studio“, flüsterte sie entsetzt.
„Ma‘am, ich habe einen Streifenwagen zu Ihnen geschickt. Sie sind in sieben Minuten da.“ Die ruhige Stimme der Telefonistin brachte Ana dazu, auch ruhig werden zu wollen. „Sie müssen etwas finden, wo Sie sich verstecken können.“
So leise sie konnte, spähte Ana zur Bürotür hinaus. Die Tür war zu instabil, um sie abzuschließen und dahinter sicher zu sein. Sie musste es zur Dunkelkammer schaffen – dort gab es eine verstärkte Tür und eine Türverriegelung. Sie hörte ein Poltern und dann ein Klappern von etwas, das über den Boden schlitterte. Wer auch immer das war, musste gegen eines der Ausstellungsstücke gestoßen sein.
Mit einem Herzschlag wie ein unkontrollierbarer Trommelwirbel in ihrer Brust, schlich sie durch den Flur und dorthin, wo das Bedienfeld für die Alarmanlage war. Die Polizei mochte unterwegs sein, aber irgendetwas sagte ihr, dass sie diese Person nur davonjagen konnte, wenn sie einen tatsächlichen Alarm auslöste. Als sie das Bedienpanel in der Wand erreichte, drückte sie auf den einzigen roten Knopf dort.
Augenblicklich zerriss das Plärren einer Sirene die Luft und Ana rannte geduckt in die Dunkelkammer und verriegelte die Tür hinter sich. Diese war zwar nicht aus Stahl, aber sie konnte wenigstens versuchen, sich hier zu verstecken. Sie schaltete das matte Rotlicht aus und durchquerte den stockdunklen Raum allein aus dem Gedächtnis.
„Ma’am?“
„Ich kann jetzt nicht reden“, flüsterte sie zur Telefonistin. Sie hörte, dass die Frau etwas erwiderte, antwortete aber nicht darauf. Die Angst hatte ihre Kehle zu sehr zugeschnürt, als dass sie ihre Stimme noch hätte benutzen können.
Sie huschte zu einem Schrank, kauerte sich hinein und zog die Tür zu. Dann schob sie ihr Handy in die Hosentasche ihrer Jeans und betete still. Sie hatte seit sie vierzehn war nicht mehr gebetet, aber gerade hatte sie das Gefühl, dass es helfen könnte.
Sie wusste nicht, wie viel Zeit verging, während sie in diesem kleinen Schrank hockte, doch es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Der vertraute Geruch von Entwicklerlösung überdeckte die meisten anderen Gerüche und brachte ihr ein seltsames Gefühl von Geborgenheit.
Der Alarm brach abrupt ab und der Schock für ihre Sinne ließ sie gegen die Tür prallen.
Sie blinzelte in die Dunkelheit und die plötzliche Stille, und fuhr zusammen, als es auf einmal gegen die Tür der Dunkelkammer hämmerte.
Mit zitternden Fingern zog sie ihr Handy wieder aus der Hosentasche. Ohne das Plärren des Alarms konnte sie wieder hören und es sah so aus, als wäre die Telefonisten immer noch in der Leitung.
„Polizei!“, rief ihr eine fordernde Stimme von irgendwo draußen zu.
„Jemand, der sagt, er wäre von der Polizei, ist hier“, flüsterte sie in ihr Handy. „Ich verstecke mich in der Dunkelkammer.“
„Meine Kollegen haben das Fotostudio gesichert“, sagte die Telefonistin. „Sie sind jetzt in Sicherheit. Ich werde die beiden wissen lassen, dass Sie jetzt rauskommen. Okay?“
Erleichtert stieß sie den Atem aus. „Okay.“
Unfähig, ihr Zittern zu unterdrücken, öffnete sie die Schranktür und wappnete sich für einen Angriff, obwohl sie wusste, wie unwahrscheinlich das war. Sie tastete sich die Wand entlang und hielt inne, als sie den Lichtschalter fand und ihn dann umlegte. Ein sanftes, bernsteinfarbenes Licht erhellte den Raum und gab ihren Augen Zeit, sich daran zu gewöhnen. Es war niemand da. „Ich komme jetzt raus“, sagte sie der Telefonistin.
Die Zeit schien sich zu verlangsamen, während sie durch den kleinen, dunklen Raum ging. Alles an dem heutigen Abend war völlig surreal. Sie öffnete die Tür und stand einem Mann und einer Frau gegenüber, beide in Uniform.
„Ana Diaz?“, fragte die Frau.
Sie starrte sie an und fragte sich, woher die Frau ihren Namen kannte. Hatte sie den der Telefonistin genannt? Sie glaubte nicht.
„Sie haben uns über Ihr Handy angerufen?“, fuhr die Frau fort. „Das ist der Name, der uns über die Anruferkennung angezeigt wurde.“
Oh, natürlich. Sie nickte und ihre Kehle klebte noch einen Moment zusammen, bevor sie sprechen konnte. „Das habe ich. Und ja, ich bin Ana.“ Sie räusperte sich und zwang sich, weiterzureden. „Ich habe jemanden über unsere Überwachungskamera gesehen. Einen Mann. Er war … er hatte eine Leiche auf den Armen. Haben Sie ihn gefunden? Er ist hier eingebrochen.“
„Nein.“ Die beiden tauschten einen Blick aus, dann sahen sie wieder zu ihr. Die Frau redete weiter, offenbar die Wortführerin des Duos. „Aber wir haben eine Leiche in dem Müllcontainer hinterm Haus gefunden. Wir werden mit Ihnen über alles reden müssen, was Sie gesehen haben. Und Sie werden eine offizielle Aussage machen müssen.“
Sie nickte und ein Beben erfasste ihre Schultern. Das letzte Mal, als sie mit der Polizei gesprochen hatte, hatte sie die Leiche ihrer Mutter gefunden. „Natürlich. Ich habe mit meiner Kamera Fotos von dem Mann gemacht“, sagte sie und deutete auf die Canon, die um ihren Hals hing. „Ich kann sie für Sie entwickeln, falls Sie die brauchen.“ Sie wollte nicht, dass ihre Kamera als Beweismittel konfisziert wurde, aber die Polizei konnte den Film haben. Und ein tatsächliches Foto von dem Typen, wie er eine Leiche entsorgte, würde weitaus besser sein als eine Beschreibung von ihr – obwohl sie sein Gesicht problemlos aus dem Gedächtnis nachzeichnen könnte. Das hatte sich in ihrem Gehirn festgesetzt.
Die Augen der beiden Polizisten weiteten sich leicht, während sie simultan nickten, als wäre es eine Choreographie. Ihre Überraschung war ihnen deutlich anzusehen, aber ihnen schien zu gefallen, was sie da gerade gehört hatten.
„Könnten Sie das jetzt sofort machen?“, fragte die Frau, deren schwarzes Haar zu einem festen Dutt hochgebunden war und auf deren Namensschild „Officer Ramos“ stand.
„Ja. Das dürfte ungefähr vierzig Minuten dauern.“
Die Frau sprach rasch in ihr Funkgerät und wandte sich dann wieder Ana zu und nickte. „Dann fangen Sie gerne direkt an. Danach können Sie Ihre Aussage machen. Mit einem Foto dürften wir diesen Typen eine ganze Ecke schneller finden.“
„Erst muss ich meinen Chef Hector anrufen. Ihm gehört das hier.“
„Der ist bereits draußen vor der Tür. Er wurde informiert, als der Alarm losging.“
Zu wissen, dass Hector hier war, durchflutete sie mit Erleichterung. Er musste derjenige gewesen sein, der die Alarmanlage abgeschaltet hatte. „Ich werde die Dunkelkammer abschließen, damit niemand versehentlich reinkommt, während ich den Film entwickle. Okay?“
Officer Ramos nickte. „Ich werde trotzdem Wache stehen. Niemand wird rein oder raus kommen.“
Ana ging in den Raum zurück und machte sich mit zitternden Fingern ans Werk. Da hatte wirklich eine Leiche im Müllcontainer gelegen. Sie hatte gesehen, wie ein Mann die Leiche eine Frau verschwinden lassen wollte – und hatte sein Gesicht mit ihrer Kamera eingefangen.
Zehn Jahre später
Autumn eilte durch die Eingangstür der Bank von Verona Bay, etwa fünf Minuten bevor diese schließen würde. Normalerweise betrat sie das Gebäude nur selten, aber der Geldautomat draußen davor funktionierte nicht und sie wollte ein paar Schecks einzahlen. Sie brauchte eine neue Terrasse und sparte, um sich nächsten Sommer einen Pool bauen lassen zu können. Sich irgendwas davon mit einem Lehrergehalt leisten zu können war immer schwierig, also legte sie alles zusätzliche Geld, das sie mit ihren Kunstkursen und Auftragsarbeiten verdiente, beiseite.
„Hey Autumn, wie geht’s?“, fragte Melissa Weprin, die Bankmanagerin, die mit einem Lächeln aus ihrem Glasbüro kam.
„Hey Melissa. Ich wollte nur noch kurz ein paar Schecks vor dem Wochenende einzahlen. Was ist mit dem Geldautomaten los?“
„Oh, der muss gewartet werden. Sehen wir uns eigentlich bei Biancas Poolparty morgen?“
„Klar, das lass ich mir auf keinen Fall entgehen.“ Nächste Woche fing die Schule wieder an und sie hatte vor, bis dahin jeden letzten Moment ihres Sommers zu genießen. Dabei freute sie sich aber auch schon aufs neue Schuljahr, denn sie liebte ihren Beruf, liebte es, Kindern Kunstunterricht zu geben und die wunderbaren Dinge zu sehen, die sie kreierten.
Vor zehn Jahren hätte sie der Gedanke ans Unterrichten nur die Augen verdrehen lassen, doch das Leben hatte so eine Art, Dinge drastisch zu verändern. Das wusste sie aus erster Hand.
Obwohl sie also nicht das tat, wovon sie früher geträumt hatte, hatte sie trotzdem ein wunderbares Leben. Und sie hatte sich vor langer Zeit entschieden, sich nicht leidzutun – obwohl es einige Träume gab, die sie hatte begraben müssen.
„Ich hoffe, du bringst deinen Sangria mit“, sagte Melissa lachend, während sie zur Eingangstür ging, angesichts der Uhrzeit vermutlich, um sie abzuschließen.
„Ohne den wäre es ja keine Party“, erwiderte sie heiter und ging weiter, um sich in die kurze Warteschlange zu stellen.
Als sie einen plötzlichen Tumult hörte, sah sie über die Schulter – und erstarrte, als zwei Männer mit Masken und riesigen Schusswaffen die Tür auftraten und Melissa zu Boden stießen.
Mit entsetztem Starren verfolgte Autumn, wie einer von ihnen die Tür abschloss und sich dann mit erhobenem Gewehr zu ihnen umdrehte.
„Alle auf den Boden“, brüllte der größere der beiden Männer.
Beide trugen diese gruseligen weißen Masken aus den Scream-Filmen, was sie absolut furchteinflößend aussehen ließ.
Autumn zögerte nicht und kam dem Befehl sofort nach – sie warf sich zu Boden und bedeckte den Kopf mit ihren Armen. Aber sie drehte den Kopf zur Seite, um unter ihrem Arm hindurch spähen und die Männer beobachten zu können.
Sie hatte die Berichte über Banküberfälle in den Nachrichten gesehen. Diese beiden Typen raubten schon seit mehreren Wochen Banken entlang der Ostküste Floridas aus. Ihr wäre nie in den Sinn gekommen, dass es die zwei nach Verona Bay verschlagen könnte. Was ziemlich dumm von ihr gewesen war, den nirgendwo war man komplett sicher. Das wusste sie besser als die meisten.
Sie verfolgte, wie schwere Stiefel über den Fliesenboden zu den Glasfenstern der Bankangestellten stapften. Bis jetzt hatten diese Typen noch niemanden umgebracht, und sie hoffte, dass sie sich einfach das nehmen würden, was sie wollten, und dann wieder verschwanden, wie sie es bei den anderen Banken getan hatten.
„Öffne die zweite Tür, oder ich fange an, ein paar Köpfe wegzuballern“, schrie der Größere, während er sein Gewehr auf das wahrscheinlich kugelsichere Glasfenster richtete.
Blut rauschte in ihren Ohren, als sie sah, wie Gloria, die Frau hinter dem Glasfenster, ihn anstarrte und weinte.
„Ich habe die Schlüssel für die Tür und den Safe“, sagte Melissa und brachte Autumn dazu, den Kopf herumzureißen, obwohl sie versuchte, so ruhig wie möglich dazuliegen.
Der andere Mann richtete seine Waffe auf Melissa, während diese ruhig und gefasst auf die Männer zuging, mit den Schlüsseln, die in ihrer Hand baumelten.
Mit rasendem Herzen sah Autumn dabei zu, wie ihre Freundin zur Tür ging und diese aufschloss. Einer der Männer stürmte hindurch und begann, die Bankangestellte anzuschreien, dass sie die Kassen leeren sollte. Glücklicherweise schaffte Gloria es, sich von ihrem Schock zu erholen und seinen Befehlen Folge zu leisten.
Tu einfach, was sie sagen, schrie Autumn ihr in Gedanken zu. Sie wollte nicht, dass irgendwer verletzt wurde … oder Schlimmeres.
„Ich weiß, dass ihr da hinten noch mehr Cash habt“, bellte der andere Mann Melissa an.
Sie nickte und wandte sich der Tür zu, die zum Tresorraum führte. Dann verschwanden der Mann und Melissa für sehr lange sechzig Sekunden aus Autumns Sicht.
Trotz des klimatisierten Gebäudes lief ihr Schweiß über den Rücken und sammelte sich an ihrer unteren Wirbelsäule. Langsam und vorsichtig sah sie sich in der gesamten Bank um. Sie konnte keinen Wachmann entdecken, aber die Überwachungskameras zeichneten alles auf. Auf dem Boden nahe der Toilettentür erkannte sie einen Mann wieder, der im örtlichen Baumarkt arbeitete, und ihre Augen weiteten sich überrascht, als sie eine der Lehrerinnen entdeckte, mit denen sie unterrichtete, und die auf der anderen Seite der Bank im Durchgang zu einem der Büros hockte. Sie musste ein Beratungsgespräch gehabt haben und war dann auf der Stelle zu Boden gegangen, als die Männer die Bank infiltriert hatten.
Von den anderen erkannte sie nur wenige wieder, da fast alle die Gesichter in ihren Armen vergraben hatten und reglos am Boden lagen.
Kurze Zeit später kam Melissa mit leicht zitternden Händen zurück, gefolgt von dem Bankräuber, der sich eine blaue Sporttasche über die Schulter warf. Wenigstens war seine Waffe jetzt auf den Boden gerichtet. „Ich hab’s“, blaffte er. „Los, raus hier.“
Der Mann bei der Bankangestellten schnappte sich seine eigene Tasche und beugte sich zu Gloria. „Gut, denn die Schlampe hier ist zu langsam“, knurrte er und wandte sich dann ab, um nach draußen zu laufen.
Eine grässliche Kakophonie zerriss die Luft, als der große Mann begann, in die Decke zu schießen und überall Putz herabregnen ließ. Bumm. Bumm. Bumm.
Ein Schrei baute sich in Autumns Kehle auf, als ein Teil der Decke einen halben Meter vor ihr auf den Boden klatschte, aber sie ließ ihn nicht entweichen. Hastig bedeckte sie ihren Kopf, spannte sämtliche Muskeln an und blieb liegen, selbst als es plötzlich totenstill wurde.
Die Männer sprinteten zur Tür und stießen sie weit auf, bevor sie hinausstürmten.
Melissa eilte ihnen mit wild klackernden Absätzen nach. Umgehend verschloss sie die Tür, während Autumn zu ihrer Handtasche griff und ihr Handy herausholte. Sie dachte nicht nach, sie rief einfach ihren Nachbarn an – Sheriff Lincoln Jordan. Dabei wählte sie nicht den Notruf, sondern seine Privatnummer. Später mochte sie vielleicht darüber nachdenken, wieso sie das getan hatte, wenn sie ihm sonst eher aus dem Weg ging.
Aber sie wusste ohne jeden Zweifel, dass er für sie da sein würde, wenn sie ihn anrief.
Er hob direkt beim ersten Klingeln ab. „Autumn, hey.“
„Ich bin in der Bank. Wir wurden gerade von zwei bewaffneten Männern ausgeraubt“, stieß sie mit faseriger Stimme aus. „Sie hatten Masken auf, aber ich glaube, das sind die Typen, die schon an der ganzen Küste Banken überfallen haben. Die aus den Nachrichten. Sie sind buchstäblich gerade erst rausgerannt.“
Er fluchte leise. „Alles in Ordnung bei dir?“
„Ja, mir geht’s gut.“ Was nicht stimmte, aber das war auch nicht wichtig. Sie lebte noch und das war wichtig.
„Okay. Ich bin in zwei Minuten da. Bleib, wo du bist.“ Er legte auf und sie rappelte sich endlich vom Boden hoch. „Lincoln ist unterwegs“, sagte sie zu Melissa, die schon ihr eigenes Handy am Ohr hatte.
Ihre Freundin nickte mit ernster Miene, während sie mit der Polizei telefonierte.
Autumn sah sich um und entdeckte Mrs. Ackerley, die in einer Ecke hockte und leise weinte. Sie eilte zu ihr, um sicherzugehen, dass sie nicht von einem Querschläger getroffen worden war.
In der Ferne hörte sie Sirenengeheul näherkommen und das Geräusch brachte eine ganze Reihe schlechter Erinnerungen für sie zurück, doch sie unterdrückte sie schnell wieder und sperrte sie weg.
„Alles gut“, sagte sie sanft und ergriff die zitternden Hände der älteren Frau. „Niemandem ist was passiert.“
Mrs. Ackerley blinzelte und schüttelte den Kopf, während ihre Tränen langsam trockneten. Sie sah aus, als käme sie aus einem Nebel. „Am Wochenende ist der erste Geburtstag meiner Enkeltochter. Ich dachte … ich dachte, wir würden alle sterben.“
Autumn zog sie für eine Umarmung zu sich und war überrascht, mit welcher Kraft die Frau sie zurück umarmte.
Wieder flog die Tür auf und sie spannte sich reflexartig an, als sie beim Klang der kleinen Glocke über der Tür herumwirbelte.
Doch dann wurde sie von purer Erleichterung durchflutet, als sie Lincoln entdeckte. Seine grünen Augen machten sie sofort ausfindig – und ließen sie mit einem kurzen Starren an Ort und Stelle verharren, bevor er sie von oben bis unten musterte. Der Blick war komplett unleserlich, doch die Anspannung in seinen Schultern ließ ein klein wenig nach, als er sah, dass mit ihr alles in Ordnung war.
Dann wandte er sich gänzlich professionell Melissa zu und begann, mit ihr zu reden.
Autumn … wusste nicht, was sie mit diesem Blick anfangen sollte. Dieser Sorge. Allgemein wusste sie nicht, was sie mit ihrer Zuneigung zu ihm machen sollte. Sie ignorierte ihn schon seit Monaten. Ignorierte ihn so gut sie konnte, obwohl er ihr Nachbar war.
Und das würde sie auch weiterhin tun.
Lincoln fuhr sich mit einer Hand durch sein nasses Haar, erschöpft von den Ereignissen des Abends, und sah aus einem seiner Seitenfenster zum Nachbarhaus. Dem Haus von Autumn Perez, seiner äußerst attraktiven, zurückhaltenden Nachbarin, die er sehr gerne besser kennenlernen würde.
Er konnte vereinzeltes Licht hinter den Fenstern sehen, also wusste er, dass sie noch wach war. Es war erst neun, aber sie hatte heute mehrere Stunden mit dem FBI und seinen Leuten reden und eine Aussage machen müssen, nachdem sie die Bank gesichert hatten.
Er war noch dageblieben, sogar nachdem Autumn gegangen war, hatte mit dem FBI geredet, das die Bankräuber die ganze Ostküste entlang jagte, hatte Aussagen aufgenommen, dafür gesorgt, dass alle sicher nach Hause kamen, und mit der Presse geredet. Dementsprechend war er mittlerweile ziemlich fertig.
Aber er würde nicht schlafen können, bis er sich persönlich davon überzeugt hatte, dass es Autumn gut ging. Sie hatten sich zwar in der Bank unterhalten, doch durch den Trubel und den Lärm der ganzen Leute dort, war es nur kurz gewesen, und er hatte das Gefühl, sie beschützen zu müssen.
So fühlte er sich schon, seit sie vor einem Jahr neben ihm eingezogen war, und er war sich nicht ganz sicher, wieso.
Das war eine Lüge. Er fand sie einfach wahnsinnig sexy.
Sie war recht klein, keine eins sechzig, mit langem, dichtem, dunklem Haar, das sie in der Regel zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Ihre dunkelbraunen Augen hatten bernsteinfarbene Flecken in ihnen, wenn das Licht richtig auf sie fiel. Und sie hatte ständig Farbklekse oder Tinte an ihren Fingernägeln oder Händen. Ihre Arme hingegen wurden von einer anderen Art Tinte bedeckt – Tattoos, von denen er gerne mehr sehen wollte.
Sie war die Kunstlehrerin an der örtlichen Highschool und gab eine Menge zusätzlicher Kurse in der Stadt.