GEHEIMNIS DER TIEFE (ein Dane Maddock Abenteuer) - David Wood - E-Book

GEHEIMNIS DER TIEFE (ein Dane Maddock Abenteuer) E-Book

David Wood

0,0

Beschreibung

In der Tiefe des Ozeans verbirgt sich das Geheimnis ewigen Lebens. Dane Maddock will nichts weiter, als seine Vergangenheit zurücklassen und nach Schätzen jagen. Nach einigen Schicksalsschlägen reisen der ehemalige Navy SEAL und seine Crew auf die Bahamas, um dort nach dem Wrack der Maelstrom zu suchen, dem legendären Flaggschiff des berüchtigten Piraten Blackwood. Ohne es zu ahnen, wird aus ihrer Suche die Jagd nach einer der größten Legenden der Neuen Welt – der Quelle ewiger Jugend! Doch kann es möglich sein, dass ihre Entdeckung etwas Furchtbares entfesselt hat? Eine gefährliche Schattenorganisation, die über Leichen geht, setzt alles daran, das Rätsel der Tiefe in seinen Besitz zu bringen, und nur Maddock und sein Partner Bones Bonebreak können sie stoppen … ★★★★★ »Atemloses Seemansgarn, welches biblische Spekulationen, uralte Geheimnisse und gemeine Kreaturen miteinander verwebt. Da ist Konkurrenz im Anmarsch, Indiana Jones!« - Jeremy Robinson ★★★★★ »Eine adrenalingeladene Achterbahnfahrt!« - Alan Baxter, Autor von Hidden City ★★★★★ »Innerhalb von Sekunden nach dem Öffnen des Buches war ich gefesselt. Intrigen, Spannung, Monster und Schatzsucher. Was kann man sich mehr wünschen? David hat mit diesem Buch einen Volltreffer gelandet!« - Nick Thacker, Autor von The Enigma Strain ★★★★★ »Sehen wir den Tatsachen ins Auge – David Wood ist der nächste Clive Cussler. Sie werden das Buch nicht mehr aus der Hand legen können, bis das letzte Geheimnis gelöst wurde.« - Edward G. Talbot ★★★★★ »Dane und Bones … zusammen sind sie unaufhaltsam. Mitreißende Action von Anfang bis Ende. Durchgehend Witz und Humor. Nur eine Frage - wie lange dauert es noch bis zum nächsten Teil? Denn ich kann es nicht erwarten.« - Graham Brown, Autor von Shadows of the Midnight Sun ★★★★★ "Was für ein Abenteuer! Eine großartige Lektüre, die nicht nur jede Menge Action bietet, sondern auch nachdenkliche Einblicke in seltsame Gefilde, die man manchmal besser unerforscht lässt." - Paul Kemprecos, Autor von Cool Blue Tomb und den NUMA-Files ★★★★★ »Mit der durch und durch unterhaltsamen Art und Weise, wie Herr Wood spekulative Geschichte mit unserer heutigen Suche nach der Wahrheit vermischt, hat er eine Geschichte geschaffen, die begeistert und dazu anregt, über die Grenzen der reinen Fiktion hinaus zu denken und die Welt des 'Warum nicht' zu betreten.« - David Lynn Golemon, Autor der Event Group-Reihe ★★★★★ »Eine verschlungene Geschichte voller Abenteuer und Intrigen, die einen nicht mehr loslässt!« - Robert Masello, Autor von The Einstein Prophecy ★★★★★ »Ich mag Thriller mit vielen Explosionen, globalen Schauplätzen und einem Geheimnis, bei dem ich etwas Neues lerne. Wood liefert! Empfehlenswert für eine rasante, spannende Lektüre.« - J.F. Penn, Autor von Desecration

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 327

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Geheimnis der Tiefe

Dane Maddock Abenteuer 1

David Wood

This Translation is published by arrangement with David Wood Title: BLUE DESCENT. All rights reserved. First Published 2019.

Impressum

überarbeitete Ausgabe Originaltitel: BLUE DESCENT Copyright Gesamtausgabe © 2024 LUZIFER Verlag Cyprus Ltd. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert Übersetzung: Markus Müller Lektorat: Manfred Enderle

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2024) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-653-5

Folgen Sie dem LUZIFER Verlag auf Facebook

Sollte es trotz sorgfältiger Erstellung bei diesem E-Book ein technisches Problem auf Ihrem Lesegerät geben, so freuen wir uns, wenn Sie uns dies per Mail an [email protected] melden und das Problem kurz schildern. Wir kümmern uns selbstverständlich umgehend um Ihr Anliegen.

Der LUZIFER Verlag verzichtet auf hartes DRM. Wir arbeiten mit einer modernen Wasserzeichen-Markierung in unseren digitalen Produkten, welche Ihnen keine technischen Hürden aufbürdet und ein bestmögliches Leseerlebnis erlaubt. Das illegale Kopieren dieses E-Books ist nicht erlaubt. Zuwiderhandlungen werden mithilfe der digitalen Signatur strafrechtlich verfolgt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Inhaltsverzeichnis

Geheimnis der Tiefe
Impressum
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Epilog
Über den Autor

Das Meer, das so groß und weit ist, da wimmelt’s ohne Zahl, beides, große und kleine Tiere. Daselbst fahren Schiffe und da sind Walfische, die du erschaffen hast, dass sie darin spielen.

Psalm 104: 25 – 26

Prolog

1691 – vor der Küste von New Providence

Riddick Blackwood stand breitbeinig über dem getöteten Feind und atmete den Geruch von Schwarzpulver und frisch vergossenem Blut ein. Heute war ein heißer, sonniger Tag in der Karibik ohne die kleinste Brise, die den Gestank der Schlacht verwehte. Es störte ihn nicht, denn es gab nichts Besseres als einen Tanz mit dem Tod, um einem Mann das Gefühl zu verleihen, wahrhaft lebendig zu sein. Der Captain fragte sich, was seine Mannschaft wohl denken würde, wenn sie wüsste, dass ihm der Kampf ausnahmslos mehr bedeutete als die Beute?

»Der Sieg ist unser, Captain«, verkündete sein Steuermann Rax. Neben ihm lag ein gefallener Gegner. Von Rax’ Schwert tropfte Blut.

»Das ging schnell«, antwortete Blackwood und ließ seinen Blick in der Hoffnung schweifen, einen kampfbereiten Feind zu entdecken. Er sah keinen. »Ich muss eingestehen, dass ich ziemlich enttäuscht bin.«

»Die meisten Seeleute laufen schon vor Furcht weiß im Gesicht an, wenn die Maelstrom am Horizont auftaucht, Captain. Du machst deine Arbeit einfach zu gut.« Rax kniete neben der Leiche nieder und durchstöberte die Taschen des Toten.

Er hatte recht. Blackwood eilte ein Ruf voraus, der dafür sorgte, dass es nur die wenigsten Kapitäne wagten, sich auf ein Gefecht mit ihm einzulassen. Üblicherweise kapitulierten die Schiffe, die von der Maelstrom aufgebracht wurden, bedingungslos.

»Ich schaue mich mal um, ob ich jemanden finde, der noch Widerstand leistet.« Blackwood versuchte, gelangweilt zu klingen, doch die Blutlust, die in ihm tobte, drängte ihn zu einem weiteren Kampf. Bitte lass jemanden etwas Dummes tun, betete er insgeheim.

Sein Wunsch blieb unerfüllt. Alle Überlebenden hatten die Waffen gestreckt. Blackwood musterte die Gefangenen. Einige schienen bei guter Gesundheit zu sein, also konnte er sie auf dem Sklavenmarkt verhökern. Mit den Übrigen konnte er nur schwerlich etwas anfangen.

Stiles, der Erste Offizier, gesellte sich zu ihm.

»Wie war unsere Ausbeute?«, fragte Blackwood.

»Wir haben Vorräte für längere Zeit gefunden, aber leider kein Gold. Der ganze Aufwand hat sich kaum gelohnt.«

»Blödsinn. Wir müssen regelmäßig kämpfen, um unsere Klingen scharf zu halten.« Blackwood richtete das Wort an die Gefangenen: »Jeder Mann, der schwört, nicht die Hand gegen uns zu erheben, bleibt ungeschoren.«

Hastig legten alle den Eid ab.

»Exzellent. Ihr werdet meinem Ersten Offizier, Mister Stiles, ebenso gehorchen, wie ihr mir gehorcht.« Der Genannte deutete eine spöttische Verbeugung an. »Außerdem tut ihr, was Mister Rax euch sagt. Nicht weil er für mich spricht, sondern weil er ein verdammter Bastard ist, der euch absticht, falls ihr ihn verärgert.«

Manche der Gefangenen lachten gekünstelt. Die meisten starrten beklommen aufs Deck.

»Kümmere dich darum, dass sie alles Wertvolle auf unser Schiff bringen«, befahl Blackwood seinem Ersten Offizier. »Sobald sie fertig sind, sperrst du die Guten in die Brig und lässt die anderen frei.«

»Aye, Aye, Captain.« Stiles setzte ein breites Grinsen auf. Was der besiegten Mannschaft bislang nicht schwante, war, dass freilassen in diesem Fall so viel wie über Bord werfen und schwimmen bis zur nächsten Insel bedeutete. Allerdings war aktuell nirgendwo Land in Sicht …

Blackwood hatte die Wahrheit gesprochen – seine Mannschaft fügte den Besiegten kein Leid zu. Die zukünftigen Sklaven wurden bestens gehegt und gepflegt. Der Rest würde lediglich ein wenig nass werden. Was ihnen nach ihrem Abschied von der Maelstrom zustieß, war eine Angelegenheit zwischen ihnen und den Haien.

»Captain!«, rief einer der Gefangenen, ein dürrer Kerl mit großen Augen und wenigen Zähnen.

Rax stiefelte zu dem Mann und verpasste ihm einen Tritt in die Rippen. »Wage es nie wieder, den Captain direkt anzureden.«

Der Gefangene stöhnte vor Schmerz. »Es tut mir leid, aber es gibt etwas, das er bestimmt wissen möchte.«

»Was soll das sein?«

Der Mann wirkte nervös. Er gehörte zur unruhigen Sorte. Typen wie er trieben Blackwood mit Leichtigkeit zur Raserei. »Der Captain würde nicht wollen, dass sonst jemand davon erfährt.«

»Also gut, komm mit.« Rax packte ihn am Haarschopf und schleifte ihn über das Deck zu Blackwood und Stiles. Dort angekommen, sagte er: »Du kannst jetzt aufstehen. Falls du auf die Idee kommst, etwas anzustellen, hast du ein Messer im Rücken. Und glaub mir, Bürschchen, ich weiß, wo ich das Ding reinrammen muss.«

»Das Gleiche hast du zu dem Kabinenjungen in Port Royal gesagt«, spottete Stiles.

Rax ballte die Fäuste und wollte auf Stiles losgehen. Doch Blackwood musste bloß einen Finger heben, um ihn zu stoppen. Rax erstarrte und nahm die Arme runter, obwohl er vor Zorn zitterte und seine Augen wütend funkelten. Auf vielen Piratenschiffen war der Captain einer unter Gleichen und sein Rang beruhte auf der Zustimmung der Mannschaft. Auf anderen Schiffen dagegen hatte der Captain die Rolle eines absoluten Monarchen inne. Sein Befehl glich einem unumstößlichen Gesetz, gegen das niemand verstieß. Riddick Blackwood gehörte zur zweiten Kategorie.

»Sag ihm, dass du einen dummen Witz gerissen hast, Stiles.«

»War nur ein Scherz.«

Rax nickte. »Dann werde ich dich heute nicht erledigen.« Er grinste.

»Aber wer weiß, was der morgige Tag bringt.«

»Ihr zwei kümmert euch um die Gefangenen«, befahl Blackwood. »Ich komme hier allein klar.«

Die beiden taten wie ihnen geheißen und trieben die Gefangenen brüllend dazu an, hart für ihr Brot schuften.

Blackwood lächelte den zahnlosen Kerl an. »Wie lautet dein Name?«

»Garth, Captain.« Der Mann musste schlucken, dabei hüpfte sein Adamsapfel auf und ab.

»Und was musst du mir so dringend mitteilen?«

Garth senkte die Stimme. »Ich möchte auf der Maelstrom anheuern.«

»Was hast du mir im Gegenzug zu bieten?«

Den Oberkörper vorgebeugt, flüsterte Garth fast lautlos zwei Wörter: »Ewiges Leben.«

Kapitel 1

Vor der Küste der Andros-Inseln auf den Bahamas

Die Sonne schien auf das kristallklare Wasser. Ein sanftes Lüftchen umspielte Dane Maddocks kurzes, blondes Haar. Der Himmel war blau und die See ruhig. Es war ein perfekter Tag zum Schatzsuchen, doch nicht alle Anwesenden an Bord waren glücklich mit der Situation.

»Zum letzten Mal, dieses Schiff ist mehr als eine Legende.« Maddock hob die Hand, um die Beschwerden der Besatzungsmitglieder abzustellen. Am lautstärksten hatte Bones Bonebrake, sein bester Freund, Geschäftspartner und ehemaliger Kamerad bei den Navy SEALs, seine Bedenken geäußert.

»Es stimmt zwar«, sagte Maddock, »dass es einen Fantasyroman gibt, der Blackwood und die Maelstrom thematisiert, trotzdem ist ihre Existenz eine historische Tatsache.« Obwohl er dieses Argument schon mehrfach vorgebracht hatte, schienen seine Leute nach wie vor reichlich skeptisch zu sein.

»Also gut, ich halte den Mund«, gab Bones klein bei. Sein Entschluss hatte nur kurz Bestand. »Und wenn wir hier fertig sind, sollten wir uns auf die Suche nach dem Schatz von Frodo Goblin machen, oder wie auch immer dieser Gnom hieß …«

»Überlass die Tolkien-Vergleiche Leuten, die im Gegensatz zu dir lesen können«, stichelte Corey Dean.

Unterschiedlicher als Bones und Corey konnten zwei Menschen kaum sein. Bones war ein bulliger, fast zwei Meter großer Cherokee-Indianer mit einer langen, schwarzen Mähne, die er für gewöhnlich zu einem Zopf bändigte. Corey dagegen hatte rote Haare und einen rötlichen Teint. Er war in jedem seiner körperlichen Merkmale durchschnittlich, verfügte aber über einen ungeheuer scharfen Verstand. Er war der Einzige des ganzen Haufens, der keine militärische Vergangenheit aufwies; doch als Technikzauberer war er ein wertvoller Bestandteil des Teams.

»Zumindest konnte ich die Nachricht entziffern, die mir deine Mutter letzte Nacht zugeschoben hat«, konterte Bones.

»Bäh … musst du so eklig werden?«, fragte Willis Sanders.

Und auch Matt Barmaby, das letzte Mitglied der Crew gab seinen Senf dazu: »Ich muss Willis zustimmen. Ich habe Coreys Mutter einmal kennengelernt. Sie sieht genauso aus wie ihr Sohnemann, mit dem einzigen Unterschied, dass ihr kein Bart wächst.«

Genau wie Bones und Corey ergaben Willis und Matt ein ungleiches Paar. Willis war ein weiterer Ex-SEAL und hatte fast dieselbe Statur wie Bones. Er war ein dunkelhäutiger Afroamerikaner und rasierte sich den Kopf zu einer Glatze. Im Kontrast dazu wies Matt eine helle Haut und dichtes, braunes Haupthaar auf. In Minnesota geboren, hatte er bei den Army Rangers gedient.

»Leckt mich am Arsch, ihr Idioten«, schnaubte Corey. »Also, wollt ihr jetzt hören, was ich vorhin auf dem Sonar reinbekommen habe?«

Auf einen Schlag schwiegen alle wie gebannt. Maddock grinste, denn Corey hatte ihn bereits über den Fund informiert.

»Dort unten ist definitiv ein Schiff«, fuhr Corey fort. »Es ist aus Holz und befindet sich fast genau an der von Maddock prognostizierten Stelle.«

Maddock setzte ein wissendes Grinsen auf, obwohl er selbst von seiner Vermutung anfangs nur bedingt überzeugt gewesen war. Er hatte keinerlei primäre Quellen zum Sinken der Maelstrom aufstöbern können, deshalb musste er sich auf über Generationen mündlich weitergereichte Geschichten verlassen. Hoffentlich hatte er dabei einen Treffer gelandet.

»Wie sieht das Wrack aus?«, fragte Bones.

»Um das herauszukriegen, haben wir die Uma runtergeschickt«, berichtete Maddock. Uma war der Spitzname, den Bones ihrer ferngesteuerten Unterseekamera in Anlehnung an die Schauspielerin Uma Thurman verliehen hatte. »Der Zustand des Schiffs scheint eher schlecht zu sein, aber zumindest in Teilen ist es intakt. Es sollte sich definitiv lohnen, es näher zu überprüfen. Jetzt heißt es Daumen drücken.«

Als die Mannschaft vorschlug zu knobeln, wer den ersten Tauchgang absolvieren durfte, entschied Maddock, dass diese Ehre ihm und Bones zufallen würde.

»Immer wird er bevorzugt«, maulte Matt.

»Es sollte wohl heißen, immer die, die dir dein Gehalt bezahlen«, entgegnete Bones.

Matt runzelte die Stirn und fragte Willis: »Kannst du dich daran erinnern, wann du das letzte Mal entlohnt wurdest?«

Willis kratzte sich die – dank der karibischen Sonne – schweißglänzende Schläfe. »Wenn ich’s mir recht überlege, habe ich bisher keinen Cent gesehen. Wahrscheinlich kann ich mir bald nur noch Einkäufe in Ein-Dollar-Läden leisten.«

»Daran ist nichts verkehrt«, behauptete Maddock. »Bones’ gesamtes Kleidungssortiment stammt von dort.«

»Warst du einmal in einem Ein-Dollar-Laden in Detroit?«, fragte Willis. »Das sind echte Kriegsgebiete.«

Maddock lachte. Willis war in einer der ärmsten Gegenden von Detroit aufgewachsen. Er entfloh der Armut, indem er bei der Navy anheuerte, um später ein SEAL zu werden. Bei der Truppe lernte er dann vor vielen Jahren Maddock und Bones kennen. Seit er Maddocks Team angehörte, hatte er sich häuslich in Key West niedergelassen. Das Schatzsucher-Business bedeutete in der Regel Reichtum oder Mittellosigkeit. Im Moment nagten sie zwar nicht am Hungertuch, dennoch nutzte Willis jede Chance darauf hinzuweisen, was ihnen bei mangelndem Erfolg drohen mochte. »Gibt es in Lake Wobegon überhaupt einen Ein-Dollar-Laden?«, fragte er Matt.

Matt verdrehte die Augen und wandte sich ab. Dann reckte er den Kopf in die Höhe. »Hat jemand ein Fernglas zur Hand? Ich glaube, am Horizont taucht ein Schiff auf.«

»Ja, ich«, meinte Corey und hob das Fernglas vor die Augen. Als Maddock es ihm kommentarlos aus den Händen nahm, sagte er: »Wie höflich …«

Maddock ignorierte den Hinweis und stellte den Fernglas-Fokus auf das näher kommende Objekt scharf. Es handelte sich um ein kleines Segelboot, bemannt mit einem attraktiven jungen Paar. »Nur Urlauber, nichts weshalb wir uns Sorgen machen müssten.«

Wie bei Schatzjägern üblich, begleite auch die Maddock-Crew eine stete Furcht, die Konkurrenz könne ihnen einen dicken Fang vor der Nase wegschnappen. Außerdem trieben vor allem rund um die Bahamas moderne Piraten ihr Unwesen, die nur darauf lauerten, gehobene Wertgegenstände ihren Findern abzuknöpfen.

»Schätze, Maddock hat recht«, sagte Bones. »Außer uns ist niemand auf der Fährte von Captain Hook.«

Maddock konnte seinen Drang, endlich auf den Tauchgang zu gehen, nicht mehr länger zügeln. »Bist du endlich fertig, Bones?«

»Immer schön langsam, du hast keinen Grund dazu zu wiederholen, was dich deine Alte letzte Nacht gefragt hat …« Bones verstummte und lief knallrot an, als ihm bewusst wurde, in welches Fettnäpfchen er gerade getappt war.

Maddock schluckte trocken. Melissa, seine Frau, war vor gut einem Jahr plötzlich und unerwartet verstorben, kurz nachdem er seine Eltern verloren hatte. Die einzige Familie, die ihm geblieben war, waren die Menschen auf dem Schiff, auf dem er sich gerade befand. »Alles okay, ich weiß, es war ein Versehen.«

»Das war so was wie eine Redensart«, erklärte Corey. »Man sollte es nicht wörtlich nehmen.«

»Musst du dich nicht gerade darum kümmern, dein Tagebuch auf den neuesten Stand zu bringen?«, schnauzte ihn Bones an.

»Es ist kein Tagebuch, sondern es sind wissenschaftliche Aufzeichnungen«, widersprach Corey und stapfte in die Kabine.

Zehn Minuten später glitten Maddock und Bones in ihren Taucheranzügen durch das kühle, klare Wasser in die Tiefe. Einzelne Lichtbahnen durchschnitten die dunkler werdende Umgebung. Ein Sandhai, dessen Länge in ungefähr der eines menschlichen Unterarms entsprach, schwamm dicht an ihnen vorbei. Keine der beiden Parteien schenkte der anderen gesteigertes Interesse und beide gingen eigenen Geschäften nach.

Hier unten im Zwielicht konnte Maddock die gesamte Welt oberhalb der Wasseroberfläche vergessen. Er war dazu gezwungen, seine komplette Konzentration auf die nächste, anstehende Aufgabe zu bündeln. Was sie taten, war gefährlich und er liebte die Gefahr. Er war sein eigener Boss und die einzige Institution, die etwas von ihm einforderte, war das erpresserische Finanzamt. Davon abgesehen konnte er hingehen, wo immer er wollte und sich seine Arbeit frei auswählen. Zum ersten Mal seit Jahren war er mehr als eine Waffe in der Hand eines anderen, und er genoss das Dasein als freier Mann.

Als sie die Stirnlampen aktivierten, zeichneten sich schon bald die Umrisse des Wracks schwach in ihrem Schein ab. Für ein ungeübtes Auge wären sie leicht zu übersehen gewesen, so stark wie sie von Schlick und Meerespflanzen überdeckt wurden. Während sie darauf zuschwammen, schweifte ihre Blicke auf der Suche nach verstreuten Artefakten über den Boden. Sie konnten nichts entdecken. Das hatte nur wenig zu bedeuten, denn was sie begehrten, konnte im Bauch des gesunkenen Schiffes auf sie warten.

Als sie dort ankamen, rutschte Maddock das Herz in die Hosentasche. Dies hier war niemals ein Piratenschiff oder irgendetwas anderes gewesen, das Wertgegenstände transportiert hatte. Es handelte sich vielmehr um ein kleines Küstenboot. Statt sich bei Bones für die vergeblich geweckte Hoffnung zu rechtfertigen, fing er an, das Wrack zu inspizieren.

Der gute alte Bones … wenn er unter Langeweile litt, hatte er die Aufmerksamkeitsspanne eines Kolibris. Doch wenn man ihn auf einen Schatz ansetzte, war er voll und ganz bei der Sache. Zudem fühlte er sich wegen des Scherzes mit der Alten schuldig. Also beteiligte er sich an der Suche. Nach all dem Aufwand ergab es sowieso keinen Sinn, einfach unverrichteter Dinge abzuziehen, egal wie gering ihre Chancen auf eine nennenswerte Ausbeute sein mochten.

Die Suche dauerte nicht lange. Alles, was sie fanden, waren ein paar Scherben von zerbrochenem Geschirr und etwas, das wie ein Ei aus Ton anmutete. Bones hielt das merkwürdige Ding hoch, damit sie es genauer begutachten konnten. Auf der Oberfläche prangten mehrere Reihen Piktogramme. Trotz kleinerer Beschädigungen konnte man erkennen, dass sie die Geschichte einer Seereise erzählten. So faszinierend das war, es würde sich erst noch zeigen müssen, ob sie es mit einem Wertgegenstand zu tun hatten. Trotz der Enttäuschung, die das uninteressante Wrack verursacht hatte, weckte das Ei ihre Neugier.

Maddock verstaute es in einem Netzbeutel, ehe die beiden zur Oberfläche zurückkehrten.

Wieder an Bord erstatteten sie den anderen Bericht, deren Interesse erlosch, sobald sie hörten, dass hier kein Schatz auf sie wartete. Mit den Scherben konnte niemand seine Rechnungen bezahlen. Wenigstens das Ei erlaubte ihnen ein wenig Optimismus.

»Glaubst du, es beinhaltet etwas?«, fragte Willis.

Maddock seufzte. »Möglicherweise schon, aber um das herauszufinden, bräuchten wir eine Ausrüstung, die wir nicht haben.«

»Was könnte da drin sein?«, rätselte Bones.

»Die Verzierung von Eiern war schon Jahrtausende vor dem Osterfest eine Sitte. In vielen Kulturen traten die unterschiedlichsten Variationen auf. Das älteste verzierte Ei wurde in Südafrika ausgegraben. Es hat fünfundfünfzigtausend Jahre auf dem Buckel.«

»Könnte es lokalen Ursprungs sein?«, fragte Matt.

»Vermutlich ja. Das Wrack gehört sicher nicht zu einem Schiff, das den Ozean überquert hat.«

»Sagt wer?«, bohrte Bones nach. »Die ersten Seefahrer aus der Alten Welt haben lange vor Kolumbus Nord- und Südamerika besucht.«

»Als Kind hast du keine Folge der damaligen History-Sendungen im Fernsehen verpasst. Stimmt’s?«

Der Cherokee lachte. »Exakt. Und ich schaue mir bis heute gern die Wiederholungen an. Aber im Ernst: Wir sollten diese Möglichkeit nicht ausschließen.«

Maddock legte sich gerade eine spöttische Antwort zurecht, da zerriss ein Schrei die Stille.

Kapitel 2

Maddock schnellte herum. Das Segelboot von vorhin war gekentert. Die junge Frau strampelte im Wasser und brüllte sich die Seele aus dem Leib. Ihr Begleiter war verschwunden. Immer noch im Taucheranzug sprang Maddock in die Fluten.

Willis hatte sogar noch rascher reagiert, da er diesmal die Action auf keinen Fall versäumen wollte. Nach einem formvollendeten Köpfer tauchte er aus dem Meer auf und schwamm mit kraftvollen Bewegungen auf das in Not geratene Boot zu. Maddock holte ihn dank seiner Schwimmflossen schnell ein.

»Braucht ihr Hilfe?«, rief Bones von Deck aus.

»Corey soll uns mit dem Schiff folgen, dann sehen wir weiter«, antwortete Maddock und schluckte dabei einen Mund voll salziger Gischt, die Willis beim Schwimmen aufgewirbelt hatte.

Die Motoren der Sea Foam erwachten röhrend zum Leben, während Maddock und Willis ihr Ziel erreichten.

»Mein Bruder, Kyle«, setzte sie die junge Frau ins Bild. »Er hat solange Blödsinn gemacht und ist auf dem Boot rumgeturnt, bis es gekentert ist. Jetzt kann ich ihn nirgendwo mehr sehen.«

»Sie halten sich einfach am Boot fest und wir werden ihn finden«, versicherte Maddock ihr.

Der Vermisste musste irgendwo unter der Wasseroberfläche sein. Maddock biss auf seinen Atemregler und tauchte ab. Er entdeckte Kyle sofort, der unter dem gekenterten Boot gefangen war und wild mit Armen und Beinen ruderte; doch etwas hielt ihn an Ort und Stelle fest. Zumindest war er am Leben.

Willis schwamm vor Kyles Gesicht und versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Dabei wahrte er den gebotenen Sicherheitsabstand, da Ertrinkende ihre potenziellen Retter oft mit in die Tiefe rissen. Als Kyle ihn entdeckte, machte Willis beruhigende Gesten, bis er mit dem Zappeln aufhörte.

Maddock schwamm zu ihm und bot ihm den Atemregler an. Kyle hatte offensichtlich Erfahrung im Tauchen, denn er wusste ohne Anleitung, wie er damit umzugehen hatte. Erfrischt durch die Luftzufuhr hob er den Daumen und zeigte dann auf seinen Nacken. Um den Hals trug er einen Kristall an einer dicken Kordel, die sich in einem Riss im Boot verhakt hatte. Maddock zog sein Messer und schnitt ihn frei.

Als die Kordel durchtrennt war, nahm Kyle den Kristall in beide Hände und schwamm an die Oberfläche.

Dort befand sich inzwischen Bones im Wasser und half Kyles Schwester auf die Sea Foam.

»Danke, Kumpel«, sagte Kyle. »Ich dachte. Ich wäre erledigt.«

»Keine Ursache«, antwortete Maddock.

»Als ich dich mit deinen blonden Haaren und dem Taucheranzug sah, dachte ich, Aquaman sei gekommen, um mich zu retten.«

Willis lachte. »Maddock, seit wann hast du eigentlich einen grün und orangefarbenen Anzug?«

»Frage ich mich auch gerade …« Maddock grinste.

»Hey, wie geht’s Alter?«, fragte Kyle Willis. Der junge Mann zeigte sich ungeachtet des gerade eben erlittenen Unfalls überraschend gut gelaunt.

»Wie hast du mich gerade genannt?«

»Er hat es nicht böse gemeint«, beschwichtigte Maddock. »Ich bin Maddock und das ist Willis. Der Typ, der deiner Schwester an Bord geholfen hat, trägt den Namen Bones. Ich würde dir dringend raten, ihn nicht anders anzureden, es sei denn, er hat dir die Erlaubnis dazu gewährt.«

»Versprochen.« Kyle formte mit der Hand das Peace-Zeichen, dann hievten ihn Matt und Corey auf die Sea Foam.

Seine Schwester bedanke sich bei Willis und Maddock. Sie hatte eine hellbraune Haut und zahlreiche Sommersprossen sprenkelten ihren Nasenrücken. Das schwarze, gelockte Haar fiel ihr bis auf die Schultern. Groß und schlank funkelten ihre braunen Augen vor einer Intelligenz, von der bei ihrem Bruder kaum etwas bemerkbar war. »Raeána Franklin oder kurz Rae«, stellte sie sich vor. »Und das ist, wie ihr bereits wisst, mein Bruder Kyle.«

»Alle nennen mich nur Meistersurfer«, prahlte Kyle, der auf dem Deck herumlümmelte, als sei er auf einer Urlaubsreise.

»Von wegen«, widersprach Rae. »Das hättest du wohl gern, aber das wird nie passieren.«

Abgesehen von ihren gelockten Haaren wiesen die zwei keinerlei Ähnlichkeiten auf. Kyle stellte das Klischeebild eines typischen Surfers dar – tief gebräunt, von der Sonne ausgebleichtes blondes Haar und unstete, blaue Augen.

»Habt ihr die gleiche Mutter oder den gleichen Vater?«, fragte Willis.

»Sowohl als auch«, antwortete Kyle.

»Weder noch«, sagte Rae.

Maddock rieb sich angesichts der widersprüchlichen Auskunft das Kinn. Von den beiden erschien ihm Rae als die Zuverlässigere, also bedachte er sie mit einem fragenden Blick.

»Wir waren während der Schulzeit in derselben Pflegefamilie. Wir sind nicht blutsverwandt.«

»Das ist nicht nötig, um einer Familie anzugehören«, meinte Bones. Er und die anderen Mitglieder der Crew wiesen auf diesen Umstand seit Melissas Tod immer wieder hin. Maddock wusste diese Geste zu schätzen, obwohl er sich längst dazu bereit fühlte, nicht mehr mit Glacéhandschuhen angefasst zu werden.

Kyle streckte sich, gähnte und fragte: »Wie werden wir Echards Boot zu ihm zurückbringen?«

»Echard?«, wiederholte Rae. »Ist das die Person, von der wir das Boot ausgeliehen haben? Du hast mir gesagt, es gehört Val.«

»Habe ich das?« Kyle runzelte die Stirn.

»Wer ist Echard?«, erkundigte sich Bones.

»Ein Freak hier aus der Gegend, der allen Mädels nachsteigt. Er verkauft solchen Schrott wie den Kristall, wegen dem Kyle fast ersoffen wäre. Es kursieren Gerüchte, wonach er seine Finger in schlüpfrigen Geschäften hat. Kyle ist der einzige Mensch, den ich kenne, der seine Gegenwart erträgt.«

»So schlimm ist er gar nicht. Immerhin hat er uns das Boot für fünfzig Dollar ausgeborgt.«

Rae seufzte übertrieben. »Wenn du dafür zahlst, ist es nicht geliehen, sondern gemietet. Bist du dir überhaupt sicher, dass er der Eigentümer des Boots ist? Ich kann mir bestens ausmalen, wie Echard dir dein Geld aus der Tasche geleiert hat, indem er dir das Boot eines anderen Besitzers aufgeschwatzt hat.«

»Er hat geschworen, es sei sein eigenes.«

»Alles wird in Ordnung kommen«, beendete Maddock die fruchtlose Diskussion. »Matt und Willis haben mehr gekenterte Boot aufgerichtet, als ich zählen kann.«

»Tatsächlich?«, fragte Matt.

»Und sie sehnen sich schon den ganzen Tag danach«, fuhr Maddock mit erhobener Stimme fort, »endlich ins Wasser zu kommen.«

Mit der Unterstützung von Bones und etlichen sinnlosen Anweisungen von Kyle, gelang es ihnen, das Boot auf die richtige Seite zu drehen und dabei den größten Teil des Wassers aus seinem Rumpf zu kippen. Nachdem sie das Segel gerafft und alle losen Seile dingfest gemacht hatten, vertäuten sie es am Heck der Sea Foam, um es zurück zur Insel zu schleppen.

Kyle beschrieb sich selbst als einen leider zu spät geborenen Mann der Renaissance, obwohl er das Wort nicht einmal richtig aussprechen konnte, der seine Zeit mit Musizieren, dem Verfassen von Gedichten und dem Sammeln von Geschichten verbringt. Am Ende verkündete er: »Vor allem bin ich jedoch ein Mann der See.«

»Hab ich mir gleich gedacht«, stichelte Bones. »Du bist von derselben Sorte wie die meisten Seeleute, die ich kenne.« Mit seiner Bemerkung handelte er sich einen herzlichen Lacher von Matt und einen strengen Blick von Rae ein.

Die Stichelei prallt wie ein Gummiball von Kyle ab. »Darüber hinaus nehme ich am Blue Descent teil, einem Wettbewerb im Freitauchen. Er wird hier bei uns auf Andros abgehalten, in einem der weltweit tiefsten Unterseelöcher. Ihr solltet euch die Show gönnen. Morgen findet sogar ein Tag für Anfänger statt, die außer Konkurrenz mitmischen.«

»Maddock und ich sind ganz scharf darauf«, meinte Bones.

»Sind wir das?« So sehr Maddock das Tauchen auch liebte, solange nichts Zählbares dabei für ihn heraussprang, sah er kaum einen Sinn darin.

Bones legte ihm freundschaftlich einen Arm um die Schulter. »Klar sind wir das.«

Kyle grinste und wandte sich an Willis und Matt: »Wie steht’s mit euch zwei Haudegen? Habt ihr Lust auf eine Herausforderung?«

Willis schüttelte bedächtig den Kopf. »Das klingt für mich nach einer von den Sachen, auf die Weiße kommen, wenn sie zu viel geraucht haben.«

Matt zuckte mit der Achsel. »Deshalb bin ich auch Nichtraucher.«

Kyle nickte ihm zu. »Also Maddock und Bones, dann bleibt die Angelegenheit an uns allein hängen.«

Maddock schloss die Augen und zählte bis drei. Als er sie wieder öffnete, war Kyle nach wie vor ein Idiot, der gerade damit begann, von den geheimnisvollen Kräften zu schwafeln, über die sein Kristall gebot. Angeblich konnte er Energie speichern, Leute heilen und als Waffe verwendet werden.

»Wer’s glaubt, wird selig«, kommentierte Bones.

Auf dem Rückweg zur Insel unterhielt sich Maddock angeregt mit Rae. Im Gegensatz zu ihrem Bruder war sie intelligent und hatte einen klaren Kopf. Maddock konnte sie von Anfang an gut leiden. »Was hat dich eigentlich auf die Bahamas verschlagen?«

»Ich unterrichte hier am College. Die Bezahlung ist mäßig, dafür habe ich eine feste Anstellung. Die älteren Kollegen, vor allem die männlichen, halten mich zwar für ihr Mädchen für alles, aber ich liebe die Inseln und das Leben hier.«

Maddock verstand sie gut. Er schätzte sein Heim in Key West in Florida ebenfalls sehr und auch unschöne Dinge konnten ihm das nicht verderben. Die Arbeit als Schatzjäger lief normalerweise auf alles oder nichts hinaus. Doch sämtliche Mühen und Herausforderungen waren nebensächlich, solange sie es ihm erlaubten, direkt am Meer zu wohnen.

»Und wie lautet deine Geschichte?«, fragte Rae.

Er lieferte ihr einen kurzen Abriss seiner Biografie, von seiner Zeit bei den Navy SEALs über den Tod seiner Eltern und seiner Frau, bis hin zu seiner Karriere als Schatzsucher.

Rae lauschte ihm voller Sympathie. Als er fertig war, drücke sie seinen Arm sanft. »Es tut mir so leid. Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie schlimm das für dich ist, da meine leiblichen Eltern starben, als ich ganz jung war, sodass ich mich kaum an sie erinnere. Und ich war nie verheiratet.«

»Jemand, der so hübsch und intelligent ist wie du? Kaum zu glauben«, sagte Maddock und dachte: Oje, jetzt führe ich mich schon wie Bones auf.

Rae schien sich nicht daran zu stören und strahlte von einem Ohr zum anderen. »Dankeschön. Und vermutlich rennen dir die Ladys die Tür ein, seit du Single bist.«

»Du machst wohl Scherze«, meinte Bones. »Wenn ihm jemand die Tür einrennt, dann eine Frau, die schnellstens weg von ihm will.«

»Ich dachte, deine Mom hat dir Hausarrest verpasst«, konterte Maddock.

Raes Blick schweifte zwischen den beiden Männern hin und her, dabei wirkte sie wie eine Lehrerin, die von ihren Schülern genervt wird. »Okay … glaubt ihr, mit Kyle ist alles in Ordnung? Es sieht zwar so aus, aber man weiß ja nie.«

»Schätze er hat keinen permanenten Hirnschaden davongetragen«, diagnostizierte Bones. »Bei ihm kann man das leider nur schwer erkennen.«

»Ist ja gut. Mir ist klar, dass er ein Trottel ist. Trotzdem ist er mein Bruder und er ist ein freundlicher und warmherziger Mensch. Ich kümmere mich seit fünfzehn Jahren um ihn und das werde ich auch weiterhin tun.«

»Bones hat es nicht so gemeint«, relativierte Maddock. »Er hat bloß ein ziemlich loses Mundwerk, genau wie der Rest der Crew.«

»Ja, das ist mir auch schon aufgefallen.«

Plötzlich hatten alle den Faden verloren und eine peinliche Stille lastete auf der Kabine. Maddock rätselte, was er sagen sollte? Verdammt. Melissa war seit über einem Jahr tot und er scheiterte daran, eine lockere Konversation mit einer Frau zuwege zu bringen. »Schönes Wetter heute«, platzte es schließlich aus ihm heraus. Nachdem die Worte seinen Mund verlassen hatten, fühlte er sich wie ein Idiot.

»Stimmt«, antwortete sie in einem Tonfall, der verriet, wie sehr sie seine Unsicherheit genoss. Und sie hatte nicht vor, ihn vom Haken zu lassen.

»Und was unterrichtest du«, startete er einen neuen Versuch.

»Biologie. Meine echte Leidenschaft gilt jedoch der Unterwasserarchäologie.« Sie schürzte die Lippen.

Die nur langsam in Gang kommenden Zahnrädchen in Maddocks Gehirn gerieten in Schwung. »Meine ebenfalls. Mein Vater war wie besessen von Captain Kidd. Auf der Suche nach dessen Schatz bereiste er die ganze Welt. Er widmete sich auch anderen Piraten, aber keiner faszinierte ihn so heftig wie Kidd.«

»Es muss wunderbar gewesen sein«, sagte Rae, »einen Vater zu haben, der der dir dieses Thema nahegebracht hat. Hat er dich auf der Suche mitgenommen?«

»Leider nein. Ich ging zur Schule, während er rund um den Globus auf Tour war. Danach hat er mir immer viel darüber erzählt.« Plötzlich hatte Maddock einen Gedankenblitz. »Wir haben heute etwas gefunden, das wir nicht bestimmen können. Hast du Lust, es dir einmal anzuschauen?«

Rae lächelte. »Klar. Worum genau handelt es sich?«

»Um das festzustellen, benötigen wir deine Expertenmeinung.«

»Also her damit.«

Maddock und Bones lotsten sie zur Kabine, in der er und sein Team die gefundenen Artefakte säuberten und aufbewahrten. Das Ei lag in einem Gefäß voll Meerwasser.

Rae saugte scharf den Atem ein. »Fantastisch! Darf ich dein Ei berühren?«

»Du bist vermutlich die erste Frau, die Maddock diese Frage stellt«, spöttelte der Cherokee.

Die Biologin ignorierte ihn. Als Maddock zustimmend nickte, zog sie Handschuhe an, fischte das Ei aus der Flüssigkeit und drehte es neugierig zwischen den Fingern. Sorgfältig studierte sie jeden Quadratzentimeter seiner Oberfläche.

Maddock erkannte in ihr seine eigene Begeisterung für antike Artefakte wieder. Vielleicht hatte er eine verwandte Seele gefunden.

»Es stammt mit Gewissheit aus der Alten Welt.«

»Hab ich’s dir nicht gesagt, Maddock«, triumphierte Bones.

»Es ist überwältigend«, fuhr Rae fort. »In vielen Kulturen wurden Keramikeier hergestellt, wie ihr sicher wisst. Aber dieses hier …«, sie wog das Ei in der Hand, »ist ungewöhnlich schwer. Ich frage mich, ob es einen Inhalt hat.«

Maddock und Bones tauschten Blicke. Sie hatten sich bereits dieselbe Frage gestellt.

»Wir vermuten es«, sagte Maddock. »Wir scheuen uns jedoch, es aufzuschneiden, ehe wir sicher sind.«

»Wenn ihr einverstanden seid, kann ich es mit ans College nehmen. Wir haben einen Scanner, der uns einen Einblick in sein Innenleben gestattet. Außerdem würden wir ein besseres Bild der Eingravierungen auf der Eischale kriegen.«

»Das wäre klasse«, antwortete Maddock. »Wann könnest du das tun?«

Sie überlegte einen Moment. »Wir könnten morgen hingehen, gleich nachdem ihr bei dem Tauchwettkampf mitgemacht habt.« Sie lächelte erwartungsvoll.

Maddock wusste nicht, was er erwidern sollte. Ein Freitauchen in unerforschte Tiefen ohne wichtigen Grund entsprach keinesfalls seinem Geschmack. Etwas an Raes Lächeln verleitete ihn allerdings dazu, gegen diese Maxime zu verstoßen.

»Das ist meine Bedingung«, sagte sie.

»Es scheint dein Schicksal zu sein«, orakelte Bones.

Maddock schüttelte den Kopf. Mit dem Glauben an Vorherbestimmung konnte er nur wenig anfangen. Er hielt sich lieber an die Wissenschaft. Letztendlich gab sein Wunsch, mehr Zeit mit Rae zu verbringen, den Ausschlag für seine Entscheidung. »Also gut, ich bin dabei.«

Kapitel 3

Andros-Inseln, Bahamas

Als die größten aller Bahamas-Inseln umfasst die Bodenfläche der Andros-Inselgruppe mehr Raum als die der übrigen siebenhundert Inseln zusammengerechnet. Ihre drei Hauptinseln North Andros, Mangrove Cay und South Androes erstrecken sich über mehr als einhundert Meilen in der Länge und vierzig Meilen in der Breite. Sie liegen so nahe beieinander, dass sie oft als eine einzige Insel betrachtet werden. Tourismus ist der entscheidende Wirtschaftsfaktor vor Ort. Insbesondere das Andros Barrier Reef – weltweit das sechstgrößte wassergefüllte Höhlensystem – zieht Besucher wie ein Magnet an.

In einer dieser Höhlen, einem sogenannten Blauen Loch, fand der Blue-Descent-Tauchwettkampf statt.

»Ich kann immer noch nicht glauben, dass es euch gelungen ist, mich zu diesem Unfug zu bequatschen.« Maddock stand an der Küste. In seiner Nähe saßen die Organisatoren der Veranstaltung an einem Klapptisch und registrierten die letzten Teilnehmer. Ringsum diskutierten Tieftauchenthusiasten aus aller Herren Ländern angeregt über ihre Passion und tauschten die neusten Storys aus.

»Und ich kann gar nicht glauben, dass ich dich dazu bequatschen musste«, mäkelte Bones und schlug seinem Boss mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Keine Angst, Kleiner, ich werde auf dich aufpassen.«

Maddock stieß Bones Arm zur Seite und spuckte einen halbherzigen Fluch aus. Gut einen Meter achtzig groß konnte man Maddock kaum als klein bezeichnen. Allerdings wirkte er neben dem hochgewachsenen Cherokee so und Bones liebte es, ihm diese Tatsache bei jeder Gelegenheit aufs Brot zu schmieren.

»Jetzt mal im Ernst. Hast du eine Ahnung, wie heikel dieser Spaß ist?«, fragte Maddock, während auf der Plattform im Wasser Schwimmer gerade eine Reling aus Seil installierten. »In solchen blauen Löchern wie dem hier verunglücken ständig Leute tödlich. Sie sind genauso gefährlich wie die Frischwasserhöhlen auf dem Festland.«

Blaue Löcher sind tiefe maritime, trichterförmige Röhren, die sich in Kalk oder ähnlichem karbonhaltigen Felsgestein herausgebildet haben. Manche reichen bis zu dreihundert Meter in den Boden und einige davon münden in versunkene Höhlensysteme. Bei aller Faszination, die sie ausüben, erweisen sie sich oft als tödlich.

»Klar gehen ein paar Leute drauf – Idioten die keinen blassen Schimmer haben, was sie tun«, wandte Bones ein. »Im Gegensatz zu uns.«

»Das betrifft auch Leute, die leichtfertig Risiken in Kauf nehmen.«

Bones zuckte mit der Achsel. »Was du als riskant bezeichnest, nenne ich spannend.«

Maddock ächzte. »Die Geschichte unseres Lebens …«

»Vielleicht finden wir etwas Wertvolles.«

Maddock winkte ab.

Unzufrieden damit, kein Piratenschiff voller Gold und Juwelen entdeckt zu haben, war der Rest der Crew zum Wrack zurückgekehrt, um es einer zweiten Inspektion zu unterziehen.

Unterdessen gingen Bones und Maddock zum Tisch für die Registrierung. Dahinter saß eine Schwarze, die Zöpfe mit eingeflochtenen Muscheln trug, die bei jeder Kopfbewegung klimperten. Sie schien mit ihrer Geduld am Ende zu sein und deutete mit dem Zeigefinger auf einen sonnenverbrannten Mann in einem floral gemusterten Hemd. »Echard, ich sag’s dir kein zweites Mal. Du wirst deinen Trödel hier nicht verscherbeln. Das ist ein ernstzunehmender Wettkampf und keine Beachparty.«

Dieser Typ war also der zweifelhafte Charakter, der Kyle den ominösen Kristall angedreht hatte. Der mittelalte Weiße sah wie eine völlig normale Person ohne kriminelle Ambitionen aus. Sein Outfit bestand aus einem Strohhut, einem Hawaiihemd und Sandalen. Seine lederartige Haut zeugte von einem langen Inselleben und einer Abneigung gegen Sonnencreme.

»Komm schon, Val«, jammerte Echard. »Sie werden jedes Quäntchen Glück brauchen. Welchen Schaden kann ein unschuldiges Amulett anrichten?« Er hielt ein Bündel geschnitzter Holzfiguren, die an Lederbändern baumelten, hoch. Diese schienen eher in den Südpazifik als in die Karibik zu passen.

Bones meldete sich mit der Hand wie ein braver Schüler. »Kumpel, ist nicht bei Drei Jungen und drei Mädchen eins von den Kids ertrunken, weil es mit einem Amulett am Hals ins Wasser ging?«

»Drei Jungen und drei Mädchen?« Maddock runzelte die Stirn. »Wie alt bist du? Achtzig?«

»Leck mich. Die Mutter war verdammt heiß.«

»Eure letzte Chance«, rief Echard den Tauchern zu und wedelte mit seiner Ware in der Luft herum. Als keine Reaktion erfolgte, trabte er davon.

»Was stimmt mit ihm nicht?«, fragte Bones.

»Er ist nur ein wenig exzentrisch«, antwortete der Mann neben ihm, ein gedrungener Kerl, Anfang dreißig, mit dichten Augenbrauen und fast ohne Hals. Er hatte einen leichten russischen Akzent. »Manchmal mag er lästig sein, er ist aber harmlos – zumindest munkeln die Einwohner der Insel das.«

»Glaubst du ihnen?«, wollte der Cherokee wissen.

»Er ist merkwürdig. Was ihm fehlt, kann ich nicht sagen.«

»Ich glaube, es ist sein Hemd«, mutmaßte Bones. »Es steht ihm längst nicht so gut wie Magnum.«

»Deine Kenntnis betreffend Fernsehserien ist erschreckend veraltet«, monierte Maddock.

»Dafür kann ich nichts. Sobald ich gemerkt habe, wie toll Mädchen sind, habe ich nicht mehr in die Glotze geschaut.«

Der Russe lachte und stellte sich vor. Er hörte auf den Namen Alexei und unterrichtete Russisch in einem kleinen College im Umland von Tampa in Florida.

»Ich hätte dich nie für einen Lehrer gehalten«, staunte Bones.

Maddock stimmte ihm zu. Was auch immer Alexeis aktueller Beruf sein mochte, die Anzeichen für die militärische Ausbildung, die er durchlaufen haben musste, sprangen einem sofort ins Auge. Sei es die Körperhaltung oder die Art, wie er sich bewegte.

»Ich bin erst seit Kurzem in diesem Bereich tätig«, erklärte Alexei ohne weitere Ausführungen.

Während sie warteten, füllte Alexei seine Anmeldung für den Blue Descent aus. Obwohl Tauchwettkämpfe ein alter Hut waren, handelte es sich bei diesem Event um etwas Spezielles. Dem breiten Teilnehmerfeld gehörten Tauchsport-Asse an, die aus sämtlichen Winkeln rund um den Globus angereist waren. Der Wettkampf fand in den Disziplinen Freitauchen mit und ohne Flossen statt. Außer Bones und Maddock verzeichnete die Starterliste kaum Anfänger. Die meisten waren hier, um einen neuen Weltrekord – oder zumindest einen neuen nationalen Rekord – einzuheimsen. Alexei beispielsweise spekulierte auf die russische Bestleistung.

Als Sponsor für das Ereignis trat die Dos Equis Brauerei auf. Sie stifteten einen Teil des Preisgelds und verschenkten T-Shirts mit ihrem Logo.

»Das muss ein gutes Omen sein«, meinte Bones. Dos Equis war das Lieblingsbier der Besetzung der Sea Foam.

Auf Nachfrage von Alexei bekannten sich Maddock und Bones zu ihrem Status als Anfänger im Tieftauchen und erklärten ihm, ihre Teilnahme erfolge hauptsächlich aus Spaß und weil sie die Chance wahrnehmen wollten, in einem der blauen Löcher neue Erfahrungen zu sammeln.

»Wir werden mit Sicherheit keinen Rekord brechen«, sagte Maddock.

»Mit wir meint er sich selbst«, warf Bones ein. »Bei mir ist alles möglich.«

Draußen im Wasser absolvierte Kyle einen Kopfsprung von der Plattform. Er wärmt sich wohl für morgen auf, wenn die Profis dran sind, dachte Maddock. Kyle als Profi zu betrachten empfand er als ziemlich unpassend.

Plötzlich zerschnitt eine scharfe Stimme die Luft. »Hey ihr zwei«, rief Val und deutete mit einem Kugelschreiber in ihre Richtung. »Ich habe ein Wörtchen mit euch beiden zu reden.«

Als sie den Klapptisch erreichten, sagte sie: »Wenn ich es richtig verstehe, seid ihr keine Tieftaucher?«

»Das ist korrekt«, pflichtete ihr Bones bei. »Aber wir waren bereits tief unten – sogar im Wasser.«

»Was mein Freund damit sagen möchte«, erläuterte Maddock, »ist, dass wir erfahrene Profitaucher sind, die jedoch bisher nie an einem Wettkampf teilgenommen haben.«

»Und um welche Erfahrung handelt es sich genau?«