Gehört Sachsen noch zu Deutschland? - Frank Richter - E-Book

Gehört Sachsen noch zu Deutschland? E-Book

Frank Richter

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Beschreibung

Spätestens seit den Pegida-Aufmärschen und den Exzessen von Heidenau, Freital und Chemnitz hat sich das Bild von Sachsen über die deutschen Grenzen hinaus verdunkelt. Statt an Frauenkirche, Friedliche Revolution und Gemütlichkeit denken viele jetzt an Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Der Freistaat ist zum Synonym für die Zerrissenheit der deutschen Gesellschaft geworden. Wofür steht der Ruf "Wir sind das Volk!" im Jahr 2019? Droht die Abkehr der Bürger von der Demokratie? Der engagierte Bürgerrechtler und Theologe Frank Richter führte 2018 einen spektakulären Wahlkampf um das Amt des Oberbürgermeisters in Meißen. Aus eigener Erfahrung berichtet er über eine beunruhigende Entwicklung, welche die politische Landschaft der Bundesrepublik tiefgreifender verändern kann, als wir ahnen.

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Gehört Sachsen noch zu Deutschland?

Der Autor

Frank Richter, geb. 1960 in Meißen, ist Theologe und wurde während der Friedlichen Revolution 1989/90 als Mitbegründer der Gruppe der 20 landesweit bekannt. Über 25 Jahre war er Mitglied der CDU, bevor er 2017 aus Protest gegen die sächsische Landespolitik die Partei verließ. 2018 kandidierte er für das Amt des Oberbürgermeisters in Meißen, bei der er als Parteiloser nur knapp dem Kandidaten der CDU unterlag.

Das Buch

Spätestens seit den Pegida-Aufmärschen und den Exzessen von Heidenau, Freital und Chemnitz hat sich das Bild von Sachsen über die deutschen Grenzen hinaus verdunkelt. Statt an Frauenkirche, Friedliche Revolution und Gemütlichkeit denken viele jetzt an Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Der Freistaat ist zum Synonym für die Zerrissenheit der deutschen Gesellschaft geworden. Wofür steht der Ruf „Wir sind das Volk!“ im Jahr 2019? Droht die Abkehr der Bürger von der Demokratie? Der engagierte Bürgerrechtler und Theologe Frank Richter führte 2018 einen spektakulären Wahlkampf um das Amt des Oberbürgermeisters in Meißen. Aus eigener Erfahrung berichtet er über eine beunruhigende Entwicklung, welche die politische Landschaft der Bundesrepublik tiefgreifender verändern kann, als wir ahnen.

Frank Richter

Gehört Sachsen noch zu Deutschland?

Meine Erfahrungen in einer fragilen Demokratie

Ullstein

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ISBN 978-3-8437-2095-3

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Inhalt

Der Autor / Das Buch

Titelseite

Impressum

Anmerkungen

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Inhalt

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Wo liegt Sachsen?

Es war Mitte der 70er-Jahre. Noch gab es die DDR. Ihre Existenz schien auf ewig gesichert, der Ostblock unerschütterlich und mächtig. Die Deutsche Demokratische Republik war der westlichste Vasallenstaat der UdSSR in Europa. Zwischen 300 000 und 500 000 sowjetische Soldaten waren in dem kleinen Land stationiert. Die Wirtschaft der DDR hatte diese Waffenbrüder und sozialistischen Freunde, wie sie offiziell genannt wurden, mitzuversorgen. Hinter vorgehaltener Hand bezeichnete man sie als Besatzer. Wer ihnen im Alltag begegnete, traf auf Menschen, die fernab ihrer Heimat zurechtzukommen versuchten, auf baldige Rückkehr warteten und für jedes persönliche Wort dankbar waren.

In meiner sächsischen Heimatstadt gab es eine große sowjetische Garnison. Meine Mutter arbeitete in einer Einrichtung, die dafür zuständig war, verschiedene Erzeugnisse der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften an die Militärs abzugeben, in erster Linie Eier und Fleisch. Wenn sie von den russischen Offiziersfrauen sprach, denen sie regelmäßig im Büro begegnete, wurde ihre Stimme weich. »Im Grunde leiden die unter ihrem Staat genauso wie wir unter unserem«, hörte ich sie sagen.

Was die Ablehnung »der Russen« als Besatzer und den Charakter der DDR als kommunistische Diktatur von Moskaus Gnaden betraf, bestand in meinem Elternhaus nicht der geringste Zweifel. Ebenso stark war jedoch das Bemühen meiner Eltern, mich zu lehren, die Menschen hinter dem politischen System zu sehen und zu verstehen. Menschen ihrer Herkunft oder Funktion wegen auszugrenzen kam nicht infrage.

Viele Russen waren gläubige Christen. Sie durften das aber nicht zu erkennen geben. Religion und Kommunismus passten offiziell nicht zusammen, schienen vielmehr wie Hund und Katze. Meiner Mutter allerdings erzählten die Russinnen von ihrer Religion. Sie, eine gläubige Katholikin, fand das ausgesprochen sympathisch. Einige der in meiner Heimatstadt stationierten Militärangehörigen kamen aus Kasachstan und Usbekistan. Ich erfuhr davon bei einem Besuch in der Kaserne, der meiner Klasse kurz vor Schulabschluss und nur ein einziges Mal erlaubt worden war. Uns wurde hinter vorgehaltener Hand angedeutet, dass es sich bei den Kasachen und Usbeken um Muslime handelte. Es waren die ersten leibhaftigen Muslime meines Lebens. Auch sie durften sich nicht zu ihrer Religion bekennen.[1]

Schon als Jugendlicher wurde mir klar, dass es sich bei der deutschen Teilung um ein politisches Zwangsregime handelte, das vom sowjetischen Militär aufrechterhalten wurde und unter dem keineswegs nur die Deutschen zu leiden hatten. Mir wurde nach und nach bewusst, dass sich unter der Decke ideologischer Einheitlichkeit eine große Vielfalt verbarg. Würde das Regime verschwinden, würde sich der deutsche Teilstaat DDR gewiss auflösen und in Richtung Westen abwandern. Die DDR war deutsch und sie war ein Staat des Ostblocks. Land und Leute lebten in Nachbarschaft zu den Polen, Tschechen, Slowaken, Ungarn, Rumänen und Bulgaren. Diese Nachbarschaft war politisch aufgeladen. Ihr offizieller Name lautete Völkerfreundschaft. Zugleich war sie geografisch naheliegend und menschlich real. Sie begünstigte den kulturellen Austausch. Das pflichtgemäße Erlernen der russischen Sprache war mühsam, die Lektüre der großen Romanciers Dostojewski und Tolstoi in deutscher Sprache hingegen ein Genuss.

Ich habe gelernt, in der Ambivalenz meines persönlichen DDR-Daseins einen Erfahrungsreichtum zu erkennen. Mitten durch Deutschland verläuft die unsichtbare Grenze zwischen West- und Osteuropa. Für beide Seiten habe ich gute Gefühle entwickelt. Ich habe mich westlich orientiert und bleibe verwurzelt in einem Land, das von der Liberalisierung, Pluralisierung und Amerikanisierung nicht in gleichem Maß verändert wurde wie der Westen der Republik.

»Europa muss mit beiden Lungenflügeln atmen.« Diese Karol Wojtyla zugeschriebene Metapher[2] leuchtet mir ein. Die Vorliebe des Westens, den Einzelnen zum Ausgangspunkt politischer Überlegungen zu machen und das Gemeinwohl von ihm abzuleiten, ist mir sympathisch. Sie entspricht meinem Freiheitsdrang, den ich lange unterdrücken musste. Die Betonung der Individualität, die westliche Liberalität und die akzeptierte Pluralität der Lebensentwürfe faszinieren mich. Aber auch die Vorliebe des Ostens, der Gemeinschaft den Vorrang einzuräumen und das Wohl des Einzelnen in ihr aufgehoben zu wissen, ist mir vertraut. Sie ist nicht weniger wertvoll. Bei Umfragen in den neuen Bundesländern belegen Frieden, Zusammenhalt und Solidarität regelmäßig vordere Plätze. Es hat den Anschein, als reduzierten die Ostdeutschen ihre individuellen Ansprüche mit Verweis auf das gemeinschaftliche Ganze, noch bevor sie diese Ansprüche erhoben haben.