DAS GROSSE
NÄHBUCH
mit GUiDO mARiA KREtSCHmERtESSA EvElEGH
450STOFFE52Männerjogginghose58Klassische Weste64 Tunika aus Seide70Blouson80 Teddy-Overall86 Partykleid96 Ausgestellter kurzer Rock 102Männerhemd110PASSFORM112 Neckholder-Top118 Bleistiftrock124 Etuikleid130 Kleid mit weitem Rock136Mantel der Sixties146 Wickelkleid152 Männerhose160Das kleine Schwarze166 Rock mit Kellerfalten172FEINHEITEN174 Top mit Bubikragen180 Rock mit Hüftsattel186 Baby-Latzhose192 Satinkleid mit Spitze198 Kurzärmlige Bluse206 Babykleid mit Höschen 212 Kleidchen 220 Zum Abschluss von Guido Maria Kretschmer221Glossar222 Register224Impressum
INHAlT
6Vorwort von Guido Maria Kretschmer8Einleitung10BASICS12Stoffe: auswählen, vorbereiten und verarbeiten20 Passform: Maßnehmen und Schnittmuster anpassen32Feinheiten: für den professionellen Look
5
6
VORwORT
Das Glück, mit etwas Selbstgenähtem sich und anderen eine Freude zu machen, ist außerordent-lich groß! Wenn mindestens zwei Lagen Stoff eineVerbindung eingehen und eine Nadel und ein Fadenzum Einsatz gekommen sind, dann würde ich sagen,es wurde genäht, und Sie sind eine oder einer vonuns! Herzlich willkommen in der wunderbaren Welt des Nähens!Als mir die TV-Show »Geschickt eingefädelt«angeboten wurde, da wusste ich sofort: Es wird ein Vergnügen werden – und genauso ist es auch gekommen. Ich habe dem Nähen so vieles zu verdanken, eshat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heutebin. Aus dem Hobby einen Beruf zu machen, ist ideal, aber überhaupt ein Hobby zu haben, ist der Himmel auf Erden. Es ist eine Art Auszeit auf Zeit.Schon als Kind konnte ich alles um mich herum vergessen, wenn ich mich an meine Nähmaschinesetzte. Meine kleine Nähwelt bestand aus meiner Nähmaschine, einem Nähkästchen mit vielem dies und das, meiner über alles geliebten Schneider-schere, einem Bügelbrett und einem dazugehörigenBügeleisen, einigen Grundschnitten und einer Truhemit den unterschiedlichsten Stoffen und Stoffresten. Übrig gebliebene Stoffstückchen sind die kleinenZeugen der genähten Modelle, sorgsam zusammen-gelegt in der Hoffnung, sie vielleicht eines guten Ta-ges weiterzuverwerten. Leider bleibt das fast immer ein Wunsch, und so häufen sich über die Jahre diesekleinen Erinnerungspäckchen. Immer dann, wenn ich in meine Nähwelt abtau-chen konnte, war ich für das reale Leben verloren gegangen, einfach verreist auf meine »Insel derKreativität«.Meine geduldigen Eltern haben den Satz »Guido, hör doch endlich auf, morgen ist auch noch ein Tag«sicher unzählige Male gesagt, wenn sie spätabends noch das Rattern meiner Nähmaschine hörten. Es gab Nächte, da habe ich meine Bettdecke über mich und die Maschine gelegt, damit meine Nähaktivi-täten unentdeckt blieben. Die Zeit zu vergessen,sich ganz dem hinzugeben, was wir gerade tun, bei uns zu sein, das ist das Nähen auch für mich immer gewesen, eine Art von Meditation, die nur jäh un-terbrochen wird, wenn der Unterfaden ausfällt oderdie Stofflagen falsch zusammengenäht wurden, wasleider immer erst zu spät auffällt …Nähen heißt auch Trennen, und Trennen ist ebenauch Loslassen, neu beginnen – und nie vergessen,dass am Ende die Hose, der Rock oder das neue Sommerkleid steht. Selbst gemacht, einzigartig, wunderbar!Wenn die letzte Naht geschlossen ist, heißerBügeldampf das Gewebe glättet, frei hängendeFädchen vorsichtig abgeschnitten werden und wir»fertig« sagen, dann entsteht ein Moment tiefster Zufriedenheit und die unbändige Lust, etwas Neues tragen zu können!Dann habe ich die Brücke zu meiner »Nähinsel« heruntergelassen und wieder Kontakt mit dem Restder Welt aufgenommen. Vor dem Einschlafen nocheine Naht in Gedanken zu schließen und den wohli-gen Bügeldampf zu spüren, ist ein schöner Einschlaf-helfer und ein Garant für gute Träume.Nähen und überhaupt Handarbeiten sind eine einzigartige Möglichkeit, die eigene Kreativität frei zu entfalten und später im günstigsten Fall noch ein tragbares und schönes Kleidungsstück zu erhal-ten. Das Nähen erlebt eine große Renaissance, undunzählige Nähkurse sind auf Wochen hinaus ausge-bucht. Das Selbermachen ist ein Trend und vermut-lich in uns allen als Bedürfnis angelegt. Kleidung selbst zu gestalten, die Freiheit zu ha-ben, für unsere Figur oder den Körper eines liebenMenschen etwas zu nähen, bedeutet auch Unabhän-gigkeit und die Möglichkeit, unserer IndividualitätAusdruck zu verleihen. Nähen ist aber auch ein Handwerk und das in sei-nem besten Sinne. Es braucht eine gewisse Grundla-
7ge an Informationen und Kenntnissen, damit unse-rem Tun keine Grenzen mehr gesetzt werden. Nähenkann gelernt werden! Eine wichtige Information, und erstaunlicherweise entwickeln wir uns immer weiter,wenn wir unserer Kreativität freien Lauf lassen.Dieses Buch könnte Ihre »ABC-Fibel der Finger-fertigkeit« werden und ist eine gute Grundlage fürIhr zukünftiges Schneiderleben. Die wunderbarenKandidaten bei »Geschickt eingefädelt« hatten eine Vielzahl an unterschiedlichen Aufgaben zu bewälti-gen und haben diese, jeder einzelne, auf ganz indi-viduelle Art und Weise realisiert. Nähen und Schnei-dern heißt eben auch, frei zu sein. Und Schnitte zuverändern und zu personalisieren ist immer erlaubtund macht jedes Kleidungsstück zu einem Unikat. Sie werden einige Anleitungen in diesem Buchwiedererkennen, sich vielleicht an unsere Kandidatenerinnern und sich selbst an den Aufgaben versuchen. Ich habe während unserer Sendung viel Neueserlebt und auch einiges dazugelernt, einige unsererKandidaten hatten ihre ganz persönliche Verarbei-tungstechnik und haben auch hin und wieder meine bisherige Vorstellung von einer sinnvollen Reihenfol-ge ins Wanken gebracht. Aber eines verbindet michdoch mit allen Hobbyschneidern: die Liebe zum Genähten und die unbändige Freude am Gestalten.Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit mit den Näh-beispielen und Anleitungen. Versuchen Sie sich anden Schnitten und lernen Sie dazu, um sich und IhreLieben mit selbstgemachter Kleidung zu verwöhnen!Und sollte uns allen mal der Strom ausgehen,dann nähen wir einfach weiter … mit der Hand. Herzlichst, Guido Maria Kretschmer
8
EINlEITuNg
Jahrhundertelang wurden Nähkenntnisse von Generation zu Generation weitergegeben. Das hatsich in den letzten Jahrzehnten verändert. In den Wirtschaftswunderjahren kamen Bestellkatalogeund Bekleidungsketten auf. Es war schick, bequem und auch nicht sehr teuer, sich dort einzukleiden.Eine Weile sah es so aus, als würde das breite Wissen um die ebenso praktische wie kreativeBeschäftigung des Nähens verloren gehen. Doch seit einigen Jahren wächst das Interesse andiesem Handwerk wieder, ein Trend zu Selbstgemachtem und zum nachhaltigen Konsumierenhat sich herausgebildet. Dabei steht das Auswählen von Schnitten, das kreative Entwerfenund Zusammenstellen von Stoffen und Accessoires sowie der konzentrierte Akt des Nähens imVordergrund. Das fertige Kleidungsstück soll natürlich möglichst perfekt aussehen, aber kleinereMängel unterscheiden es eben von Konfektionsware und machen es nur umso charmanter. Nähcafés und Nähblogs sprießen wie Pilze aus dem Boden, das Internet mausert sich zu einem ElDorado für interessante Stoffe und Zubehör und regionale Stoffmärkte sind überlaufen wie früher nur dieJahrmärkte. Kurz: Nähen steht zurzeit wieder hoch im Kurs. Kein Wunder, dass unsere Sendung»Geschickt eingefädelt« das – nicht nur weibliche – Publikum enorm begeistert. Wenn auch Sie vom Nähfieber erfasst wurden, aber noch etwas Starthilfe benötigen, ist diesesBuch genau das Richtige für Sie! Es enthält 20 Basismodelle für Frauen, Männer und Kinder mit Schnittmustern zum Download unter www.edelbooks.de/Schnittmuster (siehe dazu Seite 224),drei Schnitte aus der Sendung »Geschickt eingefädelt« sowie – als ganz besonderes Bonbon – einexklusives Originalschnittmuster von Guido Maria Kretschmer, das dem Buch in Originalgrößebeiliegt. Viele Modelle sind recht einfach nachzuarbeiten. Ob Sie sich als Einsteiger an Ihr erstesKleidungsstück wagen oder geübter sind und Lust auf eine Herausforderung haben: Hier werden Sieauf jeden Fall fündig. Ergänzt werden die Anleitungen durch ausführliche Informationen, die Sie fürviele andere Nähprojekte brauchen und nutzen können: Unter der Rubrik »Meisterklasse« lernen SieTechniken zur Verarbeitung spezieller Stoffe, besonderer Details und mehr kennen.Wenn Sie keine Nähmaschine besitzen, könnten Sie für Ihre ersten Versuche ein Nähcafé besuchen.Dort haben Sie auch die Möglichkeit, verschiedene Nähmaschinen auszuprobieren, bevor Sie eineeigene anschaffen. Außerdem macht es großen Spaß, in solch einem Rahmen andere Nähbegeistertezu treffen und sich mit ihnen auszutauschen. Auch bereits erfahrene Freundinnen sind sicher gern bereit, Ihre ersten Schritte zu begleiten, und sind eine sprudelnde Quelle für Tipps und Tricks.Dieses Buch ist in drei Hauptkapitel gegliedert: Stoffe, Passform und Feinheiten. Diese drei Elementesind bei allen Kleidungsstücken von Bedeutung. Grundsätzliches wird im Technikkapitel erklärt unddann bei den Projekten angewendet. Wenn Sie nicht nur Baumwollstoffe verarbeiten möchten,müssen Sie sich mit den Eigenschaften anderer Stoffe vertraut machen, von denen im ersten Kapitelverschiedene vorgestellt werden. Im darauffolgenden Kapitel lernen Sie anhand von neun attraktivenModellen, wie man die Passform optimiert. Und damit Ihre Kleidungsstücke ganz individuell aussehen,geht es im letzten Kapitel um die professionelle Ausführung von Details.
Nähen und Schneidern lässt sich gut mit Kochen und Backen vergleichen: Es braucht eine Idee, eine zuweilen nicht zu unterschätzende Auswahl an Zutaten und eine Reihenfolge, die – wenn das Ergebnis beglückend sein soll – im günstigsten Fall auch eingehalten werden sollte.Die Basis der Schneiderei ist immer ein motivierter Nähbegeisterter und etwas Technik in Form einer funktionstüchtigen Nähmaschine, einer Stromquelle, eines Tischleins, eines Bügeleisens, von etwas Garn in unterschiedlichen Stärken, einer Stoff und einer Papierschere, Nähnadeln, Steck nadeln, Schneiderkreide, eines Maßbandes, eines Grundschnitts aus Papier und vor allem eines schönen Stoffs! Genau aus dem Letzteren, dem Stoff oder einem Gewebe, kann unter Verwendung all der zuvor aufgeführten Dinge etwas Wunderbares werden: Etwas Neues entsteht!Der entscheidende Unterschied zum Gekochten und Gebackenen ist der Umstand, dass wir es mit Freude tragen können und langfristig Komplimente dafür ernten. Das schafft kein Pudding und keine Hefeschnecke!Die Basis für ein gern getragenes Kleidungsstück ist immer auch der perfekte Stoff. Einer, der mit dem anzufertigenden Modell eine optimale Verbindung eingeht. Jedes Material hat seine Eigenschwaft, das gilt übrigens auch für alle Kurzwaren oder Nähutensilien und in letzter Konsequenz auch für uns. guido maria kretschmer
BASICS
13
Stoffe
Stoffe üben seit jeher eine große Faszination auf alle aus, die gern schneidern – darum sind sie auch ein zentrales Thema. Neben einer nahezu grenzenlosen Auswahl traditioneller Stoffe und Muster aus Baumwolle, Seide, Wolle, Leinen und Mischge-weben kommen neuerdings immer mehr moderne Spezialprodukte in den Handel, die lange Zeit nur in der Industrie zur Verfügung standen. Dazu gehören beispiels-weise verschiedene Stretchstoffe, Nylon-Ripstop, Materialien für Badeanzüge und sogar Neopren, aus dem früher vorwiegend Surfanzüge gefertigt wurden. Das Inter-net hat erheblich dazu beigetragen, dass wir heute die verschiedensten Stoffe aus aller Herren Länder auch tatsächlich einkaufen können – von bewährten Klassikern über Vintage- und Retro-Stoffe bis zu modernen Geweben. Weil die Verarbeitungstechniken je nach Stoff ganz unterschiedlich sein können, sind »heikle« Materialien wie Seide und Ripstop oft eine Herausforderung. Im folgen-den Kapitel, das dem Thema Stoff gewidmet ist, wird die unterschiedliche Handha-bung genau erklärt und kann an entsprechenden Projekten ausprobiert werden. Vordem Nähen stehen allerdings der Einkauf und die Vorbereitung des Stoffs an – aber auch darüber erfahren Sie in diesem Kapitel Wissenswertes. Stoff kaufenDie beste Adresse für den Einkauf ist ein gut sor-tiertes Fachgeschäft, in dem man die Stoffe nicht nur anschauen, sondern auch anfassen kann. Faser-zusammensetzung und Muster spielen natürlich eine Rolle. Wichtig ist aber auch, wie sich ein Stoff anfühlt, wie voluminös er ist oder wie er fällt. Wenn mehrere Stoffe in die engere Auswahl kommen, möchten Sie vielleicht Musterstücke mitnehmen, um daheim in Ruhe zu entscheiden oder um pas-sende Knöpfe und anderes Zubehör auszusuchen. In manchen Geschäften bekommt man kleine Schnipsel kostenlos, andere haben Mindestabga-bemengen festgelegt, die zwischen 10 und 50 cm liegen können. Manche Online-Händler sind groß-zügiger, und das ist wichtig, denn um Volumen, Griff und Fall zu beurteilen, darf ein Musterstück auch nicht zu klein sein. ZubehörWas die Gewürze für ein Kochrezept sind, das ist das Zubehör für ein Kleidungsstück: Es sorgt für das gewisse Extra und die Individualität. Schon ein schmaler Paspel kann aus einem einfachen Kleid ein edles machen, ein Muster betonen oder den notwendigen Abstand zwischen zwei unruhigen Mustern schaffen. Große Knöpfe sind ein Hingu-cker, eine lange Reihe winziger Knöpfchen dagegen wirkt feminin. Elegant und gut abgestimmt wirkt ein Modell, wenn das Zubehör mit den Farben des Stoffs korrespondiert. Es genügt oft, nur eine Farbe des Stoffmusters aufzugreifen, um die Gesamtfarb-wirkung zu verbessern. Wenn Sie zwei verschiedene Muster verarbeiten, die eine Farbe gemeinsam haben, wirkt Zubehör in dieser Farbe als verbin-dendes Element. Natürlich kann das Zubehör auch Details des Modells betonen, etwa ein Paspel in der Ansatznaht einer Passe oder eine Borte an einem Bogensaum.
14futter, ZwiSchenfutter und einlageEs gibt eine Reihe von diskreten Helfern, die großen Einuss auf Fall, Sitz und Passform eines Kleidungsstücks haben.futterEin Futter verbessert den Tragekomfort eines Kleidungs-stücks, hält es in Form, erhöht seine Lebensdauer und ist preiswert. Seidig-glatte Futterstoffe aus Acetat oder Polyester gibt es in allen Farben, ganz gleich, ob Sie ein farblich abgestimmtes oder ein kontrastfarbiges Futter bevorzugen. Wichtig ist, dass der Futterstoff leichter – jedenfalls nicht schwerer – als der Oberstoff ist. Für ein wendbares Kleidungsstück müssen beide Stoffe gleich schwer sein.ZwiSchenfutterIn der professionellen Schneiderei werden diese Materi-alien für Jacken, Westen und Mäntel (siehe Seite 58–63 und 136–145) verwendet, die formstabil sein und gut wärmen sollen. Die Teile werden aus festem, nicht zu dickem Stoff wie Nessel, Flanell oder angerauter Baum-wolle mithilfe der Schnittmuster für das Futter zugeschnit-ten. Sie müssen akkurat auf den Stoff geheftet werden, damit sie sich beim Zusammennähen nicht verschieben können.einlagenEinlagen, meist mit Beschichtung zum Aufbügeln, ver-steifen den Stoff, verhindern Dehnung oder verbessern die Formstabilität. Sie werden beispielsweise für Belege, Bündchen, Kragen und Manschetten verwendet. Die Einlage sollte leichter sein als der Oberstoff. Für Stoffe aus Wolle und Seide sind lose Einlagen empfehlenswert. Vor allem Seide kann beim Aufbügeln von Einlage dauer-haft faltig werden.bündchenVerSteifungFür Bündchen eignet sich Einlage zum Aufbügeln, traditi-onelles Ripsband oder fertig konfektioniertes Stanzband, das in verschiedenen Breiten erhältlich ist.korSettStäbchenTraditionelle Korsettstäbchen bestanden früher aus Walknochen und wurden in genähte Stofftunnel gescho-ben. Moderne Korsettstäbchen aus Polyester, die auch als Meterware angeboten werden, sind einfacher zu verarbeiten, denn sie können direkt auf den Stoff genäht werden.
15Stoffe Vorbereitenund ZuSchneidenAuch wenn Sie am liebsten sofort loslegen möchten, sollten Sie sich die Zeit nehmen, den Stoff vor dem Zuschneiden vorzubereiten. Es wär doch ein Jammer, wenn ein Modell, auf das Sie viel Zeit und Mühe verwendet haben, in der ersten Wäsche einläuft.Achten Sie beim Stoffkauf auf das Pegeetikett am Stoffballen, fragen Sie gegebenenfalls nach und machen Sie sich Notizen. Viele Modestoffe aus Baumwolle, Leinen und Mischgeweben können in der Waschma-schine gewaschen werden. Wolle und Spezialstoffe, die nur chemisch gereinigt werden dürfen, können Sie ohne Vorbehandlung zuschneiden. Anschließend wird der Stoff mit dem Dampfbügeleisen geglättet – ausgenommen selbstverständlich Materialien wie Nylon oder Neopren, die nicht gebügelt werden dürfen. Falls der Stoff begra-digt werden muss, ziehen Sie nahe an der Schnittkante in Querrichtung einen Faden heraus (siehe auch Schräg-streifen, Seite 178–179) und schneiden Sie den Stoff entlang der so entstandenen »Linie« gerade ab. Jetzt kann zugeschnitten werden. Einen Schnittauageplan, aus dem hervorgeht, wie die Schnittmusterteile auf den Stoff gelegt werden, nden Sie auf dem Anleitungsbogen jedes gekauften Schnitt-musters und auch bei den Anleitungen zu den Modellen in diesem Buch. Falten Sie den Stoff und legen Sie die Teile gemäß Plan auf. Wichtig ist, die Papierschnitte sorgfältig glatt zu streichen, damit sie ganz ach auf dem Stoff liegen. Schneiden Sie die Teile dann mit einer scharfen Schneiderschere zu. Lesen Sie in der Anleitung nach, ob im Schnittmuster schon die Nahtzugabe berück-sichtigt ist oder nicht! Die Breite der Nahtzugaben kann sich auch unterscheiden; meist sind es 1 bis 1,5 cm. Bei einem eng anliegenden Kleidungsstück kann der Unter-schied allerdings viel ausmachen, also aufgepasst!MarkierungenübertragenNach dem Zuschnitt müssen alle Markierungen auf den Schnittmustern akkurat auf alle Stofagen übertragen werden. Dazu gibt es verschiedene Methoden.kopierrädchen und kopierpapierEin Kopierrädchen sieht aus wie ein kleines Pizza-Schnei-derad mit Zacken. Zum Anzeichnen brauchen Sie außerdem Schneiderkopierpapier, das in verschiedenen Farben erhältlich ist – man soll die übertragene Kontur schließlich gut auf dem Stoff erkennen können. Legen Sie auf jede Stofage ein Stück Schneiderkopierpapier, darauf den Schnittmusterbogen. Wenn Sie dann mit dem Rädchen mit etwas Druck über eine Markierung fahren, erscheint diese als gestrichelte Linie auf dem Stoff. Für kleine Kreise, Dreiecke oder Punkte zeichnen Sie mit dem Rädchen ein Kreuz an. kreide und textilStifteMit der Spitze solcher Stifte wird das Schnittmusterpapier durchstochen, um Punkte auf dem Stoff anzuzeichnen. Ist dies auf der oberen Stofage geschehen, legen Sie das Schnittmuster auf die nächste Lage und wiederholen den Vorgang. MarkierungSfädenFür Abnäher und andere Linien nähen Sie mit doppel-tem Faden in einer Kontrastfarbe lange, sehr lockere Vorstiche durch Schnittmuster und Stoff. Schneiden Sie die Stiche über dem Papier durch und heben Sie das Schnittmuster vorsichtig ab. Dann heben Sie die obere Stofage an und schneiden Sie die Fäden zwischen den Lagen durch. So bleiben in den Stofagen kurze Fäden zurück, die später leicht herausgezupft werden können. Zum Markieren von Punkten genügt ein einzelner Stich.
16wiederVerwertungJahrhundertelang waren Stoffe sehr teuer, darum hat die Wiederverwertung eine lange Tradition. Wenn Kragen, Manschetten oder Ellenbogen irgendwann verschlissen waren, so sind andere Teile eines Kleidungsstücks oft noch in gutem Zustand gewesen und konnten wiederverwertet werden – für neue Kleidungsstücke oder für Quilts. Auch in den Kriegs- und Nachkriegszeiten des vorigen Jahrhunderts musste aus gut erhaltenen Teilen alter Kleidungsstücke oft Neues geschneidert werden. Wir leben heute nicht in Zeiten von Not und Mangel, trotzdem lohnt es sich, beim Ausmustern von Kleidung zu bedenken, dass große Teile des Stoffs oft in gutem Zustand sind. Natürlich möchte niemand ein hinreißendes Vintage-Modell zerschneiden, aber ein beschädigtes Kleidungsstück aus einem schönen Stoff hat eine zweite Chance verdient. Sie können Schnitt-musterteile wie aus einem neuen Stoff daraus zuschneiden oder einzelne Elemente wie Kragen oder Ärmel des alten Kleidungsstücks im Ganzen wiederverwerten. Reicht das brauchbare Material für ein neues Modell nicht aus, kombi-nieren Sie zwei alte Stücke.
1
Den Latz nähenZwei Stücke Stoff von je 15 cm x 36 cm zuschnei-den. Die langen Kanten rechts auf rechts legen, zusammennähen und auseinanderbügeln. Eine Schmal-seite zuerst 1 cm, dann 3,5 cm nach links umbügeln und den doppelten Saum knappkantig feststeppen. Beide Seitenkanten zuerst 1 cm, dann 2,5 cm nach links umbügeln. Die Säume feststeppen. In die beiden oberen Ecken einen Knopf nähen.
2
Den Latz ansetzenDen Latz rechts auf rechts mittig und kantenbündig an die vordere Oberkante des Rocks heften. Das Bündchen gemäß Schnittmuster an den Rock stecken und nähen. Den Latz hochklappen und an der Ober-kante des Bündchens feststecken. Durch alle Stofagen steppen.
3
Die träger nähen Zwei Streifen Stoff (76 cm x 10 cm) zuschneiden. Einen Streifen rechts auf rechts längs zur Hälfte falten und die Schnittkanten zusammennähen. Mit dem zweiten Streifen wiederholen. Die Nahtzugaben zurück-schneiden und die Nähte bügeln. Die Träger auf rechts wenden. Die Schmalseiten nach innen einschlagen und von Hand mit unauffälligen Stichen zunähen. In ein Ende jedes Trägers ein Knopoch arbeiten.
4
Die träger ansetzenDen Rock anziehen und den Reißverschluss schließen. Die Träger anknöpfen, über die Schul-tern legen, überkreuzen und hinten unter das Bündchen schieben. Die richtige Länge nden und die Träger fest-stecken. Den Rock vorsichtig ausziehen und die Träger am hinteren Bündchen feststeppen.auSgeStellter latZrockWenn das kein kreatives Recycling ist! Dieser niedliche Latzrock entstand aus einem zweiteiligen Herrenanzug, der seine beste Zeit denitiv hinter sich hatte, aber aus hochwertigem, gut erhaltenem Stoff bestand. Zuerst nähen Sie einen einfachen, ausgestellten Minirock nach Ihrem Lieblingsschnitt. Vor dem Ansetzen des Bündchens werden der Latz und die Träger genäht.
18Ein Kleid in diesem Stil können Sie mit Schnittmustern aus diesem Buch nähen. Die Corsage stammt vom Party-kleid (Seite 86–95). Beim Rock vom Kleid mit weitem Rock (Seite 130–135) verlängern Sie die seitlichen Linien aller Teile bis auf Bodenlänge. Eventuell müssen die Tail-lenweiten von Rock und Corsage aneinander angepasst werden. Legen Sie die Schnittmusterteile zusammen, um das zu prüfen. Für die Schleppe kräuseln Sie eine Schmalseite einer 1 m breiten gesäumten Stoffbahn und steppen sie auf ein 50 cm langes Stück Ripsband in pas-sender Farbe. Dann brauchen Sie nur noch Haken ans Ripsband und Ösen ans Rockbündchen zu nähen.raffineSSeWenn der »Rohbau« des Kleids fertig ist, können indivi-duelle Details folgen. Bei diesem Modell wurde auf das Oberteil eine Lage aus gefälteltem Stoff gesetzt. Das ist sehr effektvoll, vor allem von der Seite. So wird es gemacht:
1
Aus kontrastfarbigem Stoff ein Stück von 1,5 m Länge in der Höhe des Oberteils zuschneiden und über die Breite schmale Fältchen einlegen.
2
Das Oberteil auf eine Arbeitsäche legen und den gefältelten Streifen an der Taillenkante des Ober-teils feststecken. Die Falten in der unteren Mitte sorgfältig zusammennähen, dann zur oberen Mitte hin auseinanderfächern. Die obere Stofage soll das Oberteil komplett bedecken.
3
Den gefältelten Stoff von Hand sorgfältig über die ganze Fläche festnähen. Auf der Außenseite winzige Stiche arbeiten, die unsichtbar in den Falten liegen. Auf der Innenseite dürfen die Stiche größer sein.
4
Die Oberkante nach innen einschlagen und von Hand festnähen. Überstehenden gefältelten Stoff auf der Innenseite des Oberteils abschneiden. Zwei Rückenteile aus rotem Stoff zuschneiden und mit unauf-fälligen Stichen von Hand über die Seitenkanten des gefältelten Stoffs nähen, um sie so zu versäubern. Den roten Stoff an den Verschlusskanten und der Unterkante einschlagen und von Hand festnähen. nähen ohneSchnittMuSterDie meisten Menschen brauchen Jahre, um zu lernen, eigene Schnittmuster zu entwickeln und umzusetzen. Wer kein Ausnahmetalent ist und aus freier Hand nach Augenmaß zeichnen kann, besucht am besten einen Kurs. Andererseits sind auch gekaufte Schnittmuster eine gute Grundlage für die kreative Schneiderei, denn man kann sie abwandeln, kombinieren und individualisieren. Dieses hinreißende Ballkleid ist dafür ein Parade-beispiel. Es besteht aus einer Corsage, einem langen, im schrägen Fadenlauf zugeschnittenen Rock und einer großzügigen Schleppe, die mit Häkchen befestigt wird. couture ruckZuck
Ein Schnittmuster ist vergleichbar mit der Bauzeichnung eines Architekten – unerlässlich für die perfekte Proportion und Funktionalität. Vier Wände und ein Dach sind auch eine Art von Haus und einigeStofagenzusammengenähteben auch Kleidung. Ein Schnittmuster ist als Basis zu verstehen, es kann per-fekt nachgearbeitet ein Garant für ein gut sitzendes Kleidungsstück sein. Einige Modelle kann ich aus der Hand zuschneiden, aber auch nur, weil ich es schon so oft getan habe. Glei-ches gilt für eine freie Drapierung an einer Schneiderpuppe. Als Basis ist ein Grundschnitt unerlässlich, aber mit etwas Geschick lässt sich jedes Modell nach eigenem Gusto verändern.guido maria kretschmer20
21
paSSforM
Die meisten Frauen wissen ganz genau, welche ihrer Körperpartien nicht den Normmaßen der Modeindustrie entsprechen. Auch das ist ein Argument, selbst zu nähen. Die Maßschneiderei ist aus gutem Grund ein Ausbildungsberuf, aber auch für Laien ist es möglich, gut sitzende Kleidung zu nähen. Der erste Schritt ist Ehrlichkeit beim Maßnehmen (außer Ihnen muss es ja niemand wissen). Kaufen Sie ein Schnittmuster in der richtigen Größe. Zu kleine Kleidung sieht niemals gut aus. Außerdem ist es einfacher, ein weites Modell etwas einzuhalten, statt sich mit Mini-Nahtzugaben abzumühen. Schnittmuster können vor dem Zuschnitt den individuellen Maßen angepasst werden, und auch während des Nähens sind noch Änderungen möglich. SchnittMuSterkaufen undVerwendenOb Sie einen außergewöhnlichen Stoff verarbeiten möchten oder ein perfekt sitzendes Modell im Vintage-Stil schneidern wollen: Zuerst gilt es, ein Schnittmuster zu nden. Schnittmuster für aktuelle Modelle gibt es in Stoff- und Kurzwarengeschäften und selbstverständlich auch bei Online-Händlern. Es hängt in höchstem Maß vom Schnittmuster ab, wie einfach ein Kleidungsstück zu nähen ist und wie es sitzt. Ungeübte sehen sich am besten in der Rubrik »ganz einfach« um. Diese Modelle bestehen oft nur aus wenigen Teilen und kommen ohne komplizierte Nähtechniken aus. Meist sind sie relativ locker geschnitten, sodass die exakte Passform keine Probleme aufwirft. Lesen Sie auch die Modell beschreibung. Kleidungsstücke, die als »gurbetont« bezeichnet werden, sind oft schwie-riger zu nähen als Modelle, die »lässig« oder »die Figur umspielend« sitzen sollen.VintageSchnitteRetro liegt im Trend, und Secondhandshops bieten allerlei schöne Vintage-Modelle an. Aber es kann leicht passieren, dass man sich in ein Stück verliebt, das nicht in der passenden Größe zu haben ist. Grund genug, sich an die Nähmaschine zu setzen. Es gibt eine Reihe von Online-Anbietern, die sich auf alte Original-Schnittmuster spezialisiert haben. Sie sind nicht ganz billig, aber man kann sie viele Male verwenden und die Modelle exakt der eigenen Figur anpassen – selbst wenn sich diese im Lauf der Jahre verändert. Mehrgrößen-Einzelschnitte kamen erst nach dem Zweiten Weltkrieg auf den Markt. Vorher waren Schnittmusterbögen üblich, auf denen die Teile mehrere