Geschlechtstypische Unterschiede im Verhalten der Schülerinnen und Schüler in einem offenen Sportunterricht - Alexander Scholz - E-Book

Geschlechtstypische Unterschiede im Verhalten der Schülerinnen und Schüler in einem offenen Sportunterricht E-Book

Alexander Scholz

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2009
Beschreibung

Magisterarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Sport - Sportsoziologie, Note: 1, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main (Sportwissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: Eine Folge der stetigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Wandlungen ist, dass heute immer wieder Kompetenzen verlangt werden, die den erfolgreichen Umgang in sozialen Kleingruppen betonen. „Team- oder Gruppenfähigkeit ist zu einer vielzitierten Schlüsselqualifikation geworden, die die Wirtschaft unmissverständlich einfordert“ (Weidner, 2005, S. 8). Qualifikationen wie eigenverantwortliches Handeln, Flexibilität, Kooperationsfähigkeit, selbstän-diges lebenslanges Lernen, Konfliktfähigkeit, kommunikative und interaktive Kompetenzen, Gemeinschafts- und Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein usw. werden zunehmend gefordert (vgl. Weidner, 2005, S. 23). Diese gesellschaftlichen Veränderungen in der heutigen Zeit ziehen auch Konsequenzen für das Schulsystem nach sich. Die Ansprüche an die Schule generell, sowie deren Vermittlungsmethoden und Lernziele sind im ständigen Wandel. Die gesellschaftlichen Verhältnisse legen der Schule vermehrt Erziehungsaufgaben auf und die Wirtschaft ruft gleichzeitig nach Qualifikationen im Sinne fachlicher, sozialer und methodischer Kompetenzen. Da stellt sich die Frage, wie die Schule auf diese Veränderungen reagieren soll, um dem neuen Bildungsauftrag nachzukommen, und die Schüler ausreichend auf die Berufswelt und das Leben außerhalb der Schule vorzubereiten und zu qualifizieren (vgl. Bähr, 2005, S. 4). Kann in der Übungszeit im engeren Sinne beobachtet werden, dass sich die zwei wesentlichen Bestandteile des Erziehenden Sportunterrichts, auf der einen Seite das fachliche Lernen des Stoffes (Erziehung zum Sport), und auf der anderen Seite die Persönlichkeitsentwicklung im Sinne allgemeinbildender Kompetenzen (Erziehung im Sport), wirklich miteinander kombinieren lassen? In unserer Studie heißt dies konkret, ob das Erlernen des Handstands bzw. der Flugrolle (Bewegungsbildung) sich mit sozialem Lernen (Allgemeinbildung) verbinden lässt. Besteht der Sportunterricht in der Form der selbständigen Kleingruppenarbeit also nicht nur in der Vermittlung von Bewegungskompetenzen, sondern gibt er tatsächlich den Kindern den nötigen Handlungsspielraum für eine freie Entfaltung von Handlungssituationen, die das soziale und emotionale Lernen überhaupt erst möglich machen? Die zweite wesentliche Frage dieser Arbeit lautet: Ist ein geschlechtstypisches Verhalten der Schüler in den Kleingruppen zu beobachten und sind sie unter Berücksichtigung der aktuellen Geschlechterforschung den Stereotypen zuzuordnen.

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Inhaltsverzeichnis
Kapitel
0.1 Abbildungsverzeichnis
0.2 Tabellenverzeichnis
0.3 Abkürzungsverzeichnis
0.4 Vorwort
1 Einführung
1.1 Einleitung und Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Was zeichnet (Sport)unterricht aus?
2.1.1 Allgemeine Problematik des (Sport)unterrichts
2.1.2 Was ist ein „Erziehender Sportunterricht“?
2.1.3 Allgemeinbildende Ziele des (Sport)unterrichts
2.1.4 Mehrperspektivischer Sportunterricht
2.2 Kooperatives Lernen
2.2.1 Was ist Kooperatives Lernen?
2.2.2 Wieso gerade kooperatives Lernen?
2.2.2.1 Das besondere Potential des Schulfaches Sport
2.2.2.2 Empirische Befunde zum Kooperativen Lernen
2.2.3 Schülerverhalten
2.2.4 Lehrerverhalten
2.2.4.1 Bereitstellung der spezifischen Lernumgebung
2.2.4.2 Sensible Begleitung der Lernprozesse
2.2.4.3 Evaluation der Lern- und Gruppenprozesse
2.3.1 Geschlechtsdifferenzen und Geschlechterrollen
2.3.2 Geschlechtstypik im Sport
2.3.2.1 Ist Sport eine Männerdomäne?
2.3.2.2 Frauen- und Männersport als dichotomes Feld
2.3.3 Geschlechtstypische Interaktionsmuster
2.3.4 Folgerungen für das Kooperative Lernen
2.4 Koedukation
2.4.1 Was ist Koedukation?
2.5 Empirische Konseqenzen
3 Quantitative Prozessanalyse
3.1 Untersuchungsdesign
3.1.1 Stichprobe
3.1.2 Treatment
3.1.3 Datenerhebung und-bearbeitung
3.2 Operationalisierung des Schülerverhaltens
3.2.1 Definitionen der Kategorien und ihrer Ebenen
3.2.1.1 Erläuterung der Kategorien
3.2.1.2 Einordnung der Kategorien in die jeweiligen Ebenen
3.2.2 Testgütekriterien
3.3 Ergebnisdarstellung
4 Geschlechstspezifische Untersuchung des Schülerverhaltens
4.1 Überleitung der Fragestellung auf die Geschlechterproblematik
4.2 Ableitung der Hypothesen
4.3.2 Inferenzstatistik
5 Interpretation und Fazit
6 Zusammenfassung und Ausblick
7 Literaturverzeichnis

Page 1

Page 4

0.1 Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Schematische Darstellung der pädagogischen Perspektiven

Abb. 2: Kooperatives Lernen als methodische Umsetzung der Integration von „Erziehung durch und zum Sport“

Abb. 3: Gliederung eines idealtypischen Lehrerverhaltens

Abb. 4: Anteil der Übergangsphase an der untersuchten Gesamtzeit

Abb. 5: Prozentuale Verteilung der Kategorien

Abb. 6: Grafischer Vergleich der Mittelwerte

4Seite

Page 5

0.2 Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Anzahl der Schüler mit Migrationshintergrund

Tab. 2: Sprachgebrauch in der Familie in Abhängigkeit vom Migrations-hintergrund

Tab. 3: Häufigkeit des zusätzlichen Sporttreibens pro Woche

Tab. 4: Deskriptive Statistik der Kategorien

Tab. 5: Test auf Normalverteilung der Gesamtwerte

Tab. 6: Korrelationen unter den Kategorien

Tab. 7: Einordnung der Kategorien zum Kooperativen Lernen

Tab. 8.1: Deskriptive Statistik der Jungen

Tab. 8.2: Test auf Normalverteilung der Jungen

Tab. 9.1: Deskriptive Statistik der Mädchen

Tab. 9.2: Test auf Normalverteilung der Mädchen

Tab. 10: Überprüfung der Hypothese eins

Tab. 11: Überprüfung der Hypothese zwei

Tab. 12: Überprüfung der Hypothese drei

Tab. 13 Überprüfung der zweiseitigen Unterschiedshypothesen

Page 6

0.3 Abkürzungsverzeichnis

Abb.

Aufl. Bd. bzw. bspw. df d. h. ebd. et al. etc. f. ff. ges. ggf. H Hrsg. i. Dr. Kap. lat. N p resp. S. SD Tab. usw. v. a. vgl. vlt. z.B. zsfd.

Page 7

0.4 Vorwort

Zugunsten einer einfacheren Leseart verzichte ich in dieser Arbeit bei allgemeinen Personenbezügen auf eine Aufzählung beider Geschlechter wie bspw. Schüler und Schülerinnen oder Lehrer und Lehrerinnen. Stattdessen verwende ich die im Deutschen gebräuchlichen generische maskuline Form. Deshalb soll an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass bei jeglichen Personenbezügen beide Geschlechter gemeint sind und das weibliche Geschlecht nicht ausgeschlossen werden soll.

An dieser Stelle möchte ich meiner Familie für ihre moralische und finanzielle Unterstützung während meines Studiums danken. Weiterhin möchte ich meiner Freundin für ihre Geduld und Unterstützung in der Zeit der Anfertigung der Magisterhausarbeit danken, sowie meinem Studienkollegen Richard Neidlein für die gute Zusammenarbeit im ersten Teil dieser Hausarbeit. Da wir im Rahmen dieses Forschungsprogramms, und speziell der Prozessanalyse, eng zusammengearbeitet haben.

Bei jeglichen Personalpronomen, die in der ersten Person im Plural (wir, uns, unsere) stehen, sind in dieser Arbeit Richard Neidlein und Alexander Scholz gemeint.

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1 Einführung

1.1 Einleitung und Problemstellung

Eine Folge der stetigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Wandlungen ist, dass heute immer wieder Kompetenzen verlangt werden, die den erfolgreichen Umgang in sozialen Kleingruppen betonen. „Team- oder Gruppenfähigkeit ist zu einer vielzitierten Schlüsselqualifikation geworden, die die Wirtschaft unmissverständlich einfordert“ (Weidner, 2005, S. 8). Qualifikationen wie eigenverantwortliches Handeln, Flexibilität, Kooperationsfähigkeit, selbständiges lebenslanges Lernen, Konfliktfähigkeit, kommunikative und interaktive Kompetenzen, Gemeinschafts- und Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein usw. werden zunehmend gefordert (vgl. Weidner, 2005, S. 23). Diese gesellschaftlichen Veränderungen in der heutigen Zeit ziehen auch Konsequenzen für das Schulsystem nach sich. Die Ansprüche an die Schule generell, sowie deren Vermittlungsmethoden und Lernziele sind im ständigen Wandel. Die gesellschaftlichen Verhältnisse legen der Schule vermehrt Erziehungsaufgaben auf und die Wirtschaft ruft gleichzeitig nach Qualifikationen im Sinne fachlicher, sozialer und methodischer Kompetenzen. Da stellt sich die Frage, wie die Schule auf diese Veränderungen reagieren soll, um dem neuen Bildungsauftrag nachzukommen, und die Schüler ausreichend auf die Berufswelt und das Leben außerhalb der Schule vorzubereiten und zu qualifizieren (vgl. Bähr, 2005, S. 4). Als Antwort auf diese Frage, dient zurzeit das Konzept des Erziehenden (Sport)unterrichts, welches sich aus der bundesweiten Lehrplanreform erstreckte. In den Lehrplänen lässt sich die didaktische Ausarbeitung der Idee des Erziehenden (Sport)unterrichts in Form des mehrperspektivistischen Unterrichts finden. Die bildungstheoretischen Grundlagen dieses Erziehenden Sportunterrichts spezifizieren sich, indem der sogenannte „Doppelauftrag“ des Sportunterrichts, der darauf abzielt eine Erziehungimunddurchden Sport zu gewährleisten, umgesetzt werden soll (vgl. Prohl, 1996, S. 90). Neben der Sachgebietserschließung der aktuellen Sport- und Bewegungskultur im Sinne der Bewegungsbildung, tritt gleichberechtigt der Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung mit dem Ziel der Bildung allgemeiner Kompetenzen. Das heißt konkret, die Schüler sollen neben Bewegungskompetenzen (in meiner Untersuchung das Erlernen des Handstands und der

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Flugrolle) auch Schlüsselkompetenzen wie Selbstbestimmungsfähigkeit und Teamfähigkeit erlangen (vgl. Prohl, 2004, S. 117ff.). Dass auch im Fach Sport der integrative Anspruch von fachspezifischer und allgemeiner Bildung Rechnung getragen wird, lassen erste Ergebnisse des aktuellen Forschungsprogramms „Kooperatives Lernen in Sportunterricht und Training“ der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main, hoffen (siehe Bähr, Koch & Gröben, 2007). Die offene Unterrichtsform „Kooperatives Lernen“, welche sich laut Slavin dadurch auszeichnet, dass „Schüler in kleinen Gruppen arbeiten, um sich beim Lernen des Stoffes gegenseitig zu helfen“ (1989, S. 129), stellt eine mögliche Konkretisierung eines solchen Erziehenden Sportunterrichts dar. Der Einsatz Kooperativen Lernens eignet sich in besonderer Weise für die angesprochenen Integration von fachlicher und sozialer Bildung, was schon in verschiedenen anderen Handlungsfeldern empirisch bestätigt wurde (siehe Stebler, 1999; Dann et al., 1999 zit. nach Bähr, Prohl & Gröben, 2008, S. 5). Speziell für den Sportunterricht fehlt es allerdings noch an entsprechenden Daten. Diese Arbeit soll im Bereich der Prozessanalyse empirische Daten generieren und somit die angesprochene Forschungslücke zu verkleinern. Vor dem Hintergrund des in der Lehrplanrevision angesprochenen Ziels, dem „Doppelauftrag“ des Erziehenden Sportunterrichts, stellt sich die Frage, was die Schüler in der Phase der Kleingruppenarbeit im engeren Sinne eigentlich wirklich tun (vgl. Prohl & Krick, 2006). Dabei ist in dieser Arbeit die Phase der Kleingruppenarbeit im engeren Sinne, als die offene Zeitphase, in der die Schüler selbständig für ihr Verhalten und die Erreichung des Lernziels verantwortlich sind, definiert. Kann in der Übungszeit im engeren Sinne beobachtet werden, dass sich die zwei wesentlichen Bestandteile des Erziehenden Sportunterrichts, auf der einen Seite das fachliche Lernen des Stoffes (Erziehung zum Sport), und auf der anderen Seite die Persönlichkeitsentwicklung im Sinne allgemeinbildender Kompetenzen1(Erziehung im Sport), wirklich miteinander kombinieren lassen? In unserer Studie heißt dies konkret, ob das Erlernen des Handstands bzw. der Flugrolle (Bewegungsbildung) sich mit sozialem Lernen (Allgemeinbildung) verbinden lässt. Besteht der Sportunterricht in der Form der selbständigen Kleingruppenarbeit also nicht nur in der Vermittlung von Bewegungskompetenzen, sondern

1Klafki nennt hier die Aspekte Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs-, sowie Solidaritätsfähigkeit (2001, S. 21). In Kap. 2.1.3 werden diese Aspekte genauer dargestellt.

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gibt er tatsächlich den Kindern den nötigen Handlungsspielraum für eine freie Entfaltung von Handlungssituationen, die das soziale und emotionale Lernen überhaupt erst möglich machen?

Die zweite wesentliche Frage dieser Arbeit in Bezug auf die Arbeitszeit im engeren Sinne lautet: Ist ein geschlechtstypisches Verhalten der Schüler in den Kleingruppen zu beobachten und sind sie unter Berücksichtigung der aktuellen Ge-schlechterforschung in irgendeiner Weise den bestehenden Geschlechterrollen und Stereotypen zuzuordnen?

Pragmatisch äußert sich dies in der Frage, welches Verhalten sich überhaupt in den Kleingruppen zeigt und, ob dieses Verhalten den positiven Effekten des kooperativen Sportunterrichts zugeschrieben werden kann? Auf Grund der mangelnden Forschungsgrundlagen in diesem Bereich, ist es des Weiteren notwendig, ein Verfahren zur Beschreibung bzw. Messung des Schülerverhaltens in den Kleingruppen zu entwickeln. Dann ist zu klären, ob ein Unterschied zwischen den Geschlechtern zu beobachten ist und ob dieser empirisch belegt werden kann?

1.2 Zielsetzung der Arbeit

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nens im Sportunterricht“, welches die offenen Fragen der Forschungslücke im Bezug der Prozesse Kooperativen Lernens zu beantworten versucht. In meinem Fall ist das primäre Ziel, ein Mess-/Beobachtungsinstrument für die quantitative Prozessanalyse zu entwickeln. Dabei gilt es, das in der Prozessanalyse herausgearbeitete Verhalten den Effekten des Kooperativen Lernens zuzuordnen, um ggf. die der kooperativen Lernmethode nachgesagten Verbindung von fachlichen und sozialem Lernen zu bestätigen.

1.3 Aufbau der Arbeit

Die Magisterarbeit lässt sich zunächst in einen theoretischen und praktischen Abschnitt gliedern. Der theoretische Abschnitt beginnt im ersten Kapitel mit der Darstellung des Untersuchungsproblems und der Einführung in die Relevanz des Themas. Im zweiten Kapitel werden die theoretischen Grundlagen für die in der Arbeit relevanten Hintergründe gegeben. Die Schwerpunkte liegen zum einem im Erziehenden Sportunterricht und speziell dem Kooperativen Lernen und zum anderen in der Herausarbeitung der Geschlechterdifferenzen in der heutigen Gesellschaft und im Sportunterricht. Der praktische Teil der Arbeit beginnt mit dem dritten Kapitel, welches sich mit der quantitativen Prozessanalyse des Schülerverhaltens im offenen Sportunterricht befasst. Dort werden zuerst die Vorgehensweise und das Konzept der Operationalisierung des Schülerverhaltens in der Arbeitszeit im engeren Sinne beschrieben. Dem folgen die Erläuterung des genauen Untersuchungsdesigns und die entsprechende Ergebnisdarstellung. Das vierte Kap. beschäftigt sich dann mit der geschlechtstypischen Untersuchung des Schülerverhaltens, welches die vorher entworfenen Hypothesen mit den aus der Operationalisierung des Schülerverhaltens gewonnen Daten überprüft. Die Ergebnisdarstellung schließt sich dem an. Das fünfte und sechste Kapitel befasst sich mit den entsprechenden Interpretationen und beinhaltet eine Zusammenfassung mit einer Diskussion, die Perspektiven auf neue interessante Untersuchungsansätze geben soll. Abschließend befinden sich im siebten Kapitel das Literaturverzeichnis und danach der Anhang.

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2 Theoretische Grundlagen

2.1 Was zeichnet (Sport)unterricht aus?

(Sport)unterricht ist die zusammenfassende Bezeichnung für Situationen, die explizit und institutionalisiert zum Zweck der Auslösung und/oder Beeinflussung des Lernens (im bewegungskulturellen Kontext) hergestellt werden. Diese Situationen sollten „nach den aktuell vorliegenden didaktischen Konzepten mehrperspektivisch, entwicklungsfördernd, bewegungsdialogisch und erziehend, einem allgemeinen bildenden Auftrag folgend“, gestaltet werden (Laging, 2003, S. 546). Diese und allgemeine Kennzeichen des (Sport)unterrichts werden in den folgenden Kapiteln näher erläutert. Dabei werde ich zuerst auf die allgemeine Problematik des (Sport)unterrichts eingehen und anschließend die in den Lehrplänen verankerte Forderung nach einem „Erziehenden Unterricht“ näher beschreiben. Die Frage nach der geforderten didaktischen Umsetzung in einem „Erziehenden Sportunterricht“, wird dann mithilfe des mehrperspektivischen Sportunterrichts versucht zu beantworten.

2.1.1 Allgemeine Problematik des (Sport)unterrichts

Die Paradoxie der Institution Schule macht sich in dem Spannungsfeld der Erziehung/ Förderung auf der einen Seite und Qualifikation/ Selektion auf der anderen Seite sichtbar. Dass die Schule durch Vermittlung von Fertigkeiten die Schüler auf ihr späteres Leben qualifizieren bzw. vorbereiten soll, und somit der Gesellschaft ein mögliches Selektionsraster zur Verfügung stellt, ist eine wichtige Aufgabe dieser Institution. Aber wie lässt sich diese Forderung nach Selektion mit der Erziehung und gleichzeitigen Förderung jedes Individuums vereinbaren? Kemper (1994, S. 299) bezeichnet diese Problematik als „Grundwiderspruch der Institution Schule“ in der pädagogische Forderung nach individueller Förderung und dem gesellschaftlichen Zwang der sozialen Auslese. Diese paradoxe Grundstruktur spiegelt sich in den verschiedenen Bildungskonzepten (material/formal) in unserer Geschichte wider. So z.B. in der formalen Bildungsvorstellung Rousseaus und der reformpädagogischen Leibeserziehung auf der einen Seite, und der materialen philanthropischen Leibeserziehung und dem Preußischen Schulturnen auf der Anderen (vgl. Prohl, 2006, S. 97). Dieses pädagogische Grundproblem der Erziehung

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kann durch Benners (2001, S. 126) konstitutives Prinzip der „Fremdaufforderung zur Selbsttätigkeit“ und dem regulativen Prinzip „der Umwandlung gesellschaftlicher Einflüsse in pädagogische legitime Einflüsse“ für die sportdidaktische Umsetzung handgreiflicher gemacht werden.

Zudem kommt im Fach Sport eine weitere Paradoxie hinzu. Denn wenn man sich die Definition von Sport mal etwas genauer anschaut, welche laut Volkamer (2003, S. 17) „die willkürliche Schaffung von Problemen und Konflikten, die vorwiegend mit körperlichen Mitteln gelöst werden“ ist. Kommt man gleich unter Berücksichtigung, dass der Schulsportunterricht verpflichtend und auf Zensurengebung angelegt ist, zu dem Entschluss, dass dies im Widerspruch im eigentlichen Sinne „Sport zu treiben“ steht. Diese individuelle Sinnfindung der willkürlichen Schaffung von Problemen setzt eine freiwillige gewollte Problemlösung voraus. Volkamer (2003, S. 42) beschreibt den Zwang einer sportlichen Handlung wie folgt: „Jemand zum Sport zu zwingen ist nichts anderes, als jemanden zu zwingen, hinter einen Bus herzurennen, mit dem er gar nicht mitfahren will.“ Diese zwei widersprüchlichen Vorrausetzungen bilden die „doppelte Paradoxie des Sportunterrichts“, mit den Spannungsfeldern Sport als verpflichtendes Schulfach und subjektiver Sinngebung einerseits, und der Qualifikationsforderung der Gesellschaft und der individuellen Erziehung des Schülers andererseits. Die Lösung dieser Paradoxie wird versucht mit dem Sinn eines „Erziehenden Sportunterrichts“ zu lösen und für die Praxis handgreifbar zu machen. Was dieser „Erziehende Sportunterricht“ genau ist und wie die Reduzierung der Spannungsverhältnisse explizit geschieht wird im nächsten Kap. beschrieben.

2.1.2 Was ist ein „Erziehender Sportunterricht“?

Neumann versteht den Erziehenden Sportunterricht so, dass die Schüler durch die Auseinandersetzung mit der Sache in ihrer Entwicklung und Persönlichkeit ganzheitlich gefördert und sie zu einem selbstbestimmten und verantwortlichen Urteil und Handeln befähigen werden (vgl. ebd., 2004, S. 112). Mit der gestiegenen bildungspolitischen Legitimationsnotwendigkeit des Schulfachs Sport, die aus einem Wiederaufleben bildungstheoretischen Denkens Mitte der 1990er Jahren hervorgerufen wurde, hat der Erziehende Sportunterricht Eingang in die Diskussion der Sportpädagogik gefunden (vgl. Prohl, 2006, S. 177).