Gib mir mein Herz zurück, Massimo! - Natalie Anderson - E-Book
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Gib mir mein Herz zurück, Massimo! E-Book

Natalie Anderson

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Beschreibung

„Sie dürfen die Braut jetzt küssen.“ Rotgolden versinkt die Sonne über dem Meer und taucht den Strand der kleinen Fidschi-Insel in ein magisches Licht. Als Massimos Lippen ihre berühren, wähnt Carrie sich im Paradies, obwohl alles nur eine Farce ist, eine Zweckehe, die ihnen beiden zupasskommt. Aber der reiche Unternehmer ist wie ein Pirat, der ihr allein durch seinen Blick den Atem raubt. Wenn er sie zärtlich liebt, würde sie ihm über alle Weltmeere folgen. Doch als sie ihm ihre Gefühle gesteht, schleicht er sich wie ein Dieb in der Nacht davon. Und seine Beute ist ihr Herz.

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Seitenzahl: 204

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2022 by Natalie Anderson Originaltitel: „Revealing Her Nine-Month Secret“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA, Band 2567 10/2022 Übersetzung: Julia Lambrecht

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2022 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751510028

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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1. KAPITEL

Die Hoffnung starb immer zuletzt.

Carrie Barrett schaute wieder zur Tür. Sie wartete auf das Blind Date mit dem Cousin ihrer Kollegin, weil sie wieder einmal nicht hatte Nein sagen können. Eigentlich wollte sie sich das abgewöhnen. Aber heute war es nicht nur darum gegangen, einer Freundin einen Gefallen zu tun, sondern sie, Carrie, hatte wirklich jemanden kennenlernen wollen.

Ein ganzes Jahr war vergangen, seit sie betrogen worden war. Sechs Monate, seit sie auf Reisen gegangen und am anderen Ende der Welt gelandet war. Es war Zeit, wenigstens den Versuch zu unternehmen, sich zu amüsieren. Aber ihr Date verspätete sich, und das hieß, Carrie, die immer pünktlich war, saß jetzt in einem engen Sommerkleid, das halbwegs passte, aber nicht ihr gehörte, allein im Restaurant auf dem Dach des vornehmsten Hotels im Jachthafen von Auckland, Neuseeland.

Zumindest konnte sie den neugierigen Blicken des Kellners ausweichen, indem sie die glänzenden Boote betrachtete, die dort vor Anker lagen. Beim Sonnenuntergang sah Waitemata Harbour besonders spektakulär aus. Aber natürlich schaute sie immer wieder zum Eingang.

Bitte, lass mich nicht sitzen. Es wäre toll, wenn irgendjemand auftauchen würde. Wenigstens dieses eine Mal.

Ihr Magen machte einen Salto, als genau in diesem Moment ein Mann durch die Tür kam. Eindrucksvolle Größe. Breite Schultern. Grüne Augen, die sich direkt auf sie richteten, jedenfalls eine Sekunde. Aber der Typ, mit dem sie sich treffen wollte, sollte eine rote Jacke tragen. Dieser Mann trug Schwarz, und die Art, wie er den Kopf hielt, wie er sich umsah und sich bewegte, zeugte von lässigem Selbstvertrauen. Bei seiner Ankunft zog er alle Blicke auf sich – vor allem die der Frauen.

Auch Carrie war nicht immun. Sie hatte Gänsehaut. Eine Art von Allergie, sagte sie sich. Er war der personifizierte Ehrgeiz. Sie kannte genügend Leute von seiner Sorte, um das auf Anhieb zu erkennen. Ihre Eltern, beide Staranwälte, ihre Schwestern, international erfolgreiche Leistungssportlerinnen. Schlimmer noch, ihren Ex-Verlobten. Carrie verstand ganz genau, was der Kampf um den Erfolg auf so hohem Level mit Leuten machte. Sie waren bereit, vieles zu opfern – Zeit, Aufmerksamkeit und ihre Mitmenschen. Manchen war auf dem Weg zum Ziel alles andere egal.

Obwohl Carrie das wusste, fühlte sie sich von dem Neuankömmling nicht abgestoßen, sondern war genauso fasziniert wie die anderen Gäste. Er wirkte wie ein Pirat, der allein durch seine Gegenwart Herzen stehlen konnte.

Ein leises Wort, und der diskrete Oberkellner führte ihn zu einem Tisch, der nur zwei Plätze von Carries eigenem entfernt war. Der Tisch dazwischen war jetzt als einziger noch leer. Dem Mann im Anzug schien es nichts auszumachen, solo unterwegs zu sein. Allerdings, wenn er Gesellschaft wollte, brauchte er nur einmal zur Bar hinüberzuschauen und seine Auswahl zu treffen. Binnen Sekunden wäre er nicht mehr allein. Aber anscheinend wollte er das nicht, denn er setzte sich mit dem Rücken zur Theke.

Was bedeutete, dass er Carrie gegenübersaß. Jetzt konnte sie nicht mehr geradeaus schauen, sonst würde sie ihn anstarren. Fast, als säßen sie am gleichen Tisch, nur war die Distanz etwas größer als üblich.

Sie wäre gern unbemerkt aufgestanden und gegangen. Stattdessen schaute sie zur Tür. Eine Frau kam herein, noch ein paar Männer. Alle gingen sie zur Bar. Carrie seufzte enttäuscht, und dann sah sie unabsichtlich in seine Richtung.

Die Zeit blieb stehen, als sich ihre Blicke trafen.

Er war mehr als ein Pirat. Er besaß die Schönheit eines Engels und den verlockenden Charme eines Teufels.

Sie errötete, als er sie musterte. Alle möglichen Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Und ihr Körper reagierte – ein Prickeln, Hitze, der reine Schock. Peinlich! Und unaufhaltsam.

Erst als der Oberkellner an seinen Tisch trat, war der Bann gebrochen. Ihr teuflischer Piraten-Engel neigte den Kopf, um dem Mann zuzuhören, ohne dabei jedoch den Blick von ihr abzuwenden. Aber die Unterbrechung reichte, dass Carrie sich ein bisschen zusammenreißen konnte.

Wirklich peinlich. War er sich ihrer Reaktion bewusst? Konnte er ihre Gedanken lesen? Irgendetwas geschah in ihr, das sich nicht aufhalten ließ. Er sagte etwas, sehr leise. Der Oberkellner riss die Augen auf und nickte dann. Natürlich. Dieser Mann bekam, was er wollte. Immer.

Aber Carrie würde er nicht wollen. Sie war zu gewöhnlich. Gleich und gleich gesellt sich gern. Superstars blieben unter sich. Jemand wie sie verbrannte sich höchstens die Finger.

„Würden Sie gern bestellen, oder möchten Sie noch warten?“

Carrie zuckte zusammen. Die Frage des Oberkellners bestätigte, was sie schon wusste. Ihr Date hatte sie versetzt. Bisher hatte sie nichts bestellt – die Preise waren alles andere als familienfreundlich. Aber ein letzter Rest von Stolz hielt sie davon ab, vor diesem Mann einfach aufzustehen und zu gehen, diesem Mann, der alles hatte. Der sie immer noch beobachtete. Sie konnte nicht unbemerkt verschwinden. Ausgerechnet jetzt, in diesem demütigenden Moment, war sie auf einmal nicht mehr unsichtbar.

Sie war nicht sein Typ. Aber Massimo Donati-Wells hörte trotzdem gespannt zu, als die Frau mit dem rotblonden Haar mit dem Oberkellner sprach. Zierlich war sie, hatte einen perfekten Schmollmund, und ihre Haut sah wunderbar weich aus. Er hatte sie sofort gesehen, als er den Raum betreten hatte, und sich absichtlich so hingesetzt, dass er sie im Auge behalten konnte. Er war ihr aufgefallen, was nicht ungewöhnlich war. Aber dass er selbst auf ihr Interesse so heftig reagierte?

Eine rein körperliche Reaktion. Und sie kam nicht einmal ungelegen. Er hatte ein paar lange Arbeitstage gehabt. Eine kleine Belohnung für den erfolgreichen Vertragsabschluss war schon drin. Also lehnte er sich zurück und versuchte gar nicht erst, sich zu verschließen. Die Anziehungskraft zwischen ihnen war hoch, von dem Moment an, als sich ihre Blicke getroffen hatten.

Wieder schaute sie zur Tür. Sie wartete auf jemanden. Ein Date? Ihr Telefon gab einen Ton von sich. Massimo beobachtete sie ungeniert dabei, wie sie die Nachricht las.

Sie blinzelte und presste die Lippen zusammen. „Warten Sie, ich würde doch gern bestellen“, rief sie den Oberkellner zurück. Ihre Wangen waren gerötet, aber ganz offensichtlich war sie entschlossen, nicht zu flüchten. Gut für sie.

„Ähm …“ Sie schaute nicht einmal auf die Karte. „Eine Piña Colada, bitte.“

Massimo musste sich auf die Lippen beißen, um nicht zu lächeln. Der Cocktail stand nicht einmal auf der Karte. Das Restaurant war für seine Auswahl an teuren Champagnersorten bekannt. Aber der Oberkellner war Profi und ließ sich nichts anmerken. „Natürlich.“

Sie war wirklich nicht sein Typ. Zu frisch. Zu weich. Die Art Frau, die schnell verlegen wurde und wahrscheinlich von der wahren Liebe träumte. Er suchte nach Frauen, die sich schnell entschieden und nicht mehr erwarteten als eine Nacht. Smarte, erfahrene Frauen, abgebrüht wie er. Aber trotzdem starrte er die Frau, die ihm gegenübersaß, weiter an. Es waren nicht nur ihre glatte Haut und ihre hübschen Kurven, die ihn faszinierten, sondern auch der Kampfgeist in ihren saphirblauen Augen – und die Verletzlichkeit, die sie ausstrahlte.

Niemand sollte eine Frau wie sie einfach sitzen lassen. Massimos Puls beschleunigte sich, als seine Fantasie mit ihm durchging und er darüber nachdachte, wie der Abend für sie enden sollte. Mit Berührungen. Intimen Berührungen, die sie zum Lächeln, zum Strahlen, zum Schreien brachten.

Er wollte, dass sie ihn wieder ansah.

„Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?“, fragte er beiläufig. Es schockierte ihn, dass er der Versuchung einfach nicht hatte widerstehen können. „Mein Gast hat mir in letzter Minute abgesagt.“

Massimo wollte nicht allein essen. Den ganzen Tag waren Leute um ihn herumscharwenzelt, und eigentlich hatte er den Abend in Frieden verbringen wollen, bevor er morgen nach Hause flog. Sie schaute auf das einzelne Gedeck an seinem Tisch. Ja, er hatte gerade gelogen, und sie wusste es.

„Oder ein Drink, bevor Ihre Verabredung da ist?“ Er war es nicht gewöhnt, zweimal fragen zu müssen.

Sie verzog ihr herzförmiges Gesicht. „Er kommt nicht.“ Dass sie nicht versuchte, es zu beschönigen, gefiel ihm.

„Dann ist er ein Dummkopf.“ Massimo stand auf und setzte sich zu ihr an den Tisch, bevor sie etwas dagegen einwenden konnte. „Ich habe Hunger“, sagte er. „Und Sie?“

Einen Moment fragte er sich, ob sie ablehnen würde. Ob er sich die Anziehungskraft zwischen ihnen nur eingebildet hatte. Ob seine energische Entschlossenheit zu viel für sie war.

Sie war zu weich für ihn, zu zart.

Aber sie hob das Kinn. „Ich weiß nicht. Ich kann gerade nicht denken.“

Ihre Ehrlichkeit amüsierte ihn. „Finden wir es doch heraus.“

Auf einen Blick hin erschien der Oberkellner an seiner Seite. Massimo gab halblaut seine Bestellung auf.

„Sie haben Tapas“, erklärte er, als der Kellner gegangen war. „Ich habe etwas von allem bestellt.“

Sie sah ihn aus den klarsten, blausten Augen an, in die er je geschaut hatte. „Von allem? Sie müssen Hunger haben.“ In ihrer Stimme lag ein Hauch von Schärfe. „Sie wollten kein großes, saftiges Steak mit reichhaltiger Soße und allen Extras?“

Eine versteckte Herausforderung. Sie hielt ihn wahrscheinlich für einen eingebildeten Mistkerl, und vielleicht war er das auch. Aber Massimo spürte vor allem die Hitze. Und wollte mehr davon.

„Viele Sachen auszuprobieren macht mehr Spaß, als sich bei einem einzigen Gericht zu langweilen, denken Sie nicht?“ Er ließ die Arroganz ein bisschen mehr aufblitzen.

In ihren Augen war Misstrauen zu lesen. „Sie meinen, Sie probieren gern alles, was an der Fleischtheke im Angebot ist?“

Ihre Erwiderung besaß genau die richtige Würze. „Absolut. Einen zarten Bissen hier, einen zarten Bissen da. Aber manchmal reicht auch der leckere Anblick aus.“

Sie sollte wohl besser nicht auf seinem Teller landen. Er würde sie verschlingen. Auch, wenn sie sich tough gab, war er sich nicht sicher, ob sie wirklich damit umgehen konnte.

„Das reicht Ihnen wirklich?“, fragte sie ungläubig. „Ihr Appetit lässt sich nur durch Hinsehen stillen?“

„Das hängt davon ab, schätze ich. Wie ist es mit Ihnen?“

Sie schaute ihn lange an. „Ich bin noch dabei, die unbekannten Gaumenfreuden zu erkunden. Es gibt viel, was ich noch nicht ausprobiert habe.“

Hitze sammelte sich in seinem Inneren, wanderte tief hinunter. Wirklich nicht? Wollte sie es denn?

„Sie sind daran gewöhnt, zu bekommen, was Sie wollen“, fügte sie nach einem Moment hinzu. „Suchen Sie sich immer die besten Stücke heraus, bevor ein anderer sie kriegt?“

Er lächelte. „Denken Sie, das würde ich tun?“

„Sie bestellen von allem auf der Karte, ohne mit der Wimper zu zucken, nachdem Sie hereingekommen sind und sich einen Sitzplatz gesucht haben, als würde Ihnen das Restaurant gehören …“

Er sah den Moment, in dem sie begriff. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Es war wirklich ein sehr hübscher Mund.

„Gehört es Ihnen? Das Hotel?“

„Ich bin nur ein Investor.“ Massimo hatte so viel Geld gemacht, dass er seine Zeit inzwischen damit verbrachte, nach Wegen zu suchen, es anzulegen. Und sich mit Leuten herumzuschlagen, die ihn dazu bringen wollten, in ihre Projekte zu investieren – oder die seinen taktischen Rat wollten. Sein Finanzimperium war bekannt für seine Erfolgsbilanz, wenn es um gewinnbringende Unternehmen und Start-ups ging. Was bedeutete, dass sein Geld sich permanent vermehrte. Er würde nicht lügen – es gefiel ihm. Der Erfolg gefiel ihm. Er lebte gern zu seinen eigenen Bedingungen. Und verführte gern hübsche Frauen, die von vornherein wussten, was Sache war. Diese Frau wusste es nicht.

„Investieren Sie nur in Luxushotels?“, fragte sie.

„Tatsächlich konzentriere ich mich aktuell mehr auf erneuerbare Energien.“

Ein Hauch von Spott trat in ihre tiefblauen Augen. „Wie nobel. Hoffen Sie, eine nachhaltigere Zukunft für Ihre Kinder zu schaffen?“

Er starrte sie an und musste ihre gekonnte Stichelei bewundern. So mit ihm zu sprechen hatte sich schon lange niemand mehr getraut, und er hatte das Bedürfnis, dagegenzuhalten. „Um ehrlich zu sein“, sagte er nonchalant, „habe ich nicht die Absicht, Kinder zu bekommen.“

„Das versteht sich von selbst.“ Sie lächelte.

„Und was soll das heißen?“

„Das soll heißen: Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass jeder reiche Mann das Bedürfnis verspürt, jeder Frau, die er trifft, klarzumachen, dass er für eine Heirat und Kinder nicht zur Verfügung steht.“

„Ganz recht.“ Ihre Verfremdung des berühmten Jane-Austen-Zitats, das ganz am Anfang von Stolz und Vorurteil stand, gefiel ihm, und er kämpfte gegen ein Lächeln. „Ich bin froh, dass Sie mich verstehen.“

„Auch ich stehe dafür nicht zur Verfügung, falls es Sie interessiert.“

Ihre Arroganz war komplett gespielt. Er grinste. „Und deshalb sitzen Sie hier und warten auf …?“

Sie sah ihn kühl an, doch dann verdarb ein reuiges Lächeln den Eindruck von Strenge. „Ich habe einer Freundin einen Gefallen getan.“

„Ach ja? Das ist Ihre Ausrede?“

„Es ist zufällig die Wahrheit.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Aber keine Sorge. Ich bin absolut bereit, Sie ausschließlich als Schutzschild gegen die öffentliche Demütigung zu benutzen – und das kostenlose Abendessen zu genießen.“

„Okay“, sagte er. „Schön, dass wir so offen sein können. Und gern geschehen.“

„Wunderbar.“

„Wer war er?“ Jetzt war seine Neugier geweckt. „Der Idiot?“

„Ich kenne ihn nicht einmal. Es war ein Blind Date. Ich habe einer Freundin zuliebe Ja gesagt, aber anscheinend musste er länger arbeiten.“ Die Bitterkeit war unüberhörbar.

„Workaholics.“ Er schüttelte bedauernd den Kopf. „Vor denen muss man sich hüten.“

Sie sah ihn ungläubig an, und dann entwich ihr ein leises Lachen. „Das stimmt.“

Dieses Lachen war atemberaubend. Er wollte mehr. Er wollte dieses Lachen in seinem Bett.

„Was ist mit Ihrer Verabredung?“, fragte sie.

„Ich hatte keine. Ich habe gelogen.“

„Ja.“ Sie hob die Lider, und ihr Blick aus diesen faszinierenden Augen durchbohrte ihn. „Damit haben Sie sicher Erfahrung.“

„Hat das nicht jeder?“ Jetzt war er es, der die Bitterkeit nicht unterdrücken konnte. „In beide Richtungen.“

„Wahrscheinlich.“

Ein Kellner kam mit ihrer Piña Colada und einer Flasche Wein für ihn.

„Sie sind Engländerin“, bemerkte Massimo, als sie wieder allein waren.

„Und Sie Australier“, entgegnete sie lächelnd.

Als wäre der Akzent das, was sie beide am anderen bemerkten.

„Also sind wir weit weg von zu Hause, aber Sie haben mich um Längen übertroffen. Was führt Sie nach Auckland?“ Er wollte nicht zu viel über sie wissen. Sich nicht wirklich auf sie einlassen. Auf keine Frau, was das anging. Beziehungen wurden einfach zu intensiv. Er wollte nur die Berührung. Die Intimität. Gleichzeitig – zum ersten Mal – wollte er herausfinden, warum sie so einsam wirkte.

„Das Abenteuer.“ Sie nahm einen Schluck von ihrem Drink. „Und Sie?“

„Geschäfte. Ich fliege mit dem ersten Flug morgen früh zurück nach Sydney.“

Carrie sah ihm in die Augen. Erkannte die Herausforderung darin. Er hatte sie wissen lassen wollen, dass er nur noch diese Nacht hier war. Eine Verteidigungsmaßnahme aus seinem Repertoire gegen Frauen, die mehr wollten.

So attraktiv, wie er war, gehörte er zu der Sorte Mann, die solche Verteidigungsmaßnahmen brauchten. Und natürlich würde er Kinder wollen, wenn er irgendwann die richtige Frau traf. Carrie war das nicht – und das war es, was sie zum Lachen brachte. Es war so lächerlich. Er spielte in einer ganz anderen Liga als sie, da musste er wirklich nicht erst erwähnen, dass aus ihnen beiden nichts Dauerhaftes werden würde. „Wie schade, dass Sie nicht länger hier sind“, sagte sie ironisch. „Da kann ich meinen geheimen Plan, Sie zur Heirat zu verführen, gar nicht in die Tat umsetzen.“

Er neigte den Kopf. „Das ist wirklich zu schade.“

„Ach ja?“ Sie unterdrückte ein Lachen.

Normalerweise flirtete sie nicht so beharrlich. Sie flirtete ohnehin selten. Aber hier und heute, mit ihm, passierte es ganz von selbst, nachdem er sich zu ihr gesetzt und ihr die Peinlichkeit erspart hatte, allein essen zu müssen. Nachdem er die Augen anscheinend nicht von ihr abwenden konnte. Und hinter seiner Arroganz verbarg sich etwas, das sie anzog, das zu ihr sprach.

„Ich bin Massimo.“ Er reichte ihr über den Tisch die Hand. „Danke, dass Sie mir erlauben, mit Ihnen zu Abend zu essen.“

„Ich bin Carrie. Sie haben mir keine große Wahl gelassen.“ Sie legte ihre Hand in seine.

Es war wie ein Stromschlag. Seine Finger schlossen sich um ihre.

„Gestatten Sie mir, das zu korrigieren.“ Unerwartet ernst sah er sie an. „Ist es Ihnen recht, wenn ich bleibe, oder wären Sie lieber allein? Ich werde tun, was auch immer Sie wünschen.“

Was auch immer ich wünsche? Carrie stockte der Atem. Das Prickeln lief von ihrer Handfläche ihren ganzen Arm hinauf. Sie wollte, dass er sie nie wieder losließ.

Seine Berührung, der Blick aus seinen leuchtend grünen Augen, ließen alle Nervosität verschwinden. Die Farbe war aus der Ferne schon fesselnd genug. Aus der Nähe war sie umwerfend. Allein das ließ vermuten, dass er sich Frauen geradezu mit der Mistgabel erwehren musste.

Massimo gab sich zwar selbstbewusst, aber an ihm war mehr als die Arroganz eines erfolgreichen Geschäftsmanns. Mehr Tiefe, mehr Menschlichkeit. Er war keine Karikatur, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut. Verletzlich. Woher sie das wusste, war sie sich nicht sicher. Aber es stimmte. In diesem Augenblick brauchte Massimo sie genauso sehr wie sie ihn.

Nur zum Abendessen, sagte sie sich. „Sie können bleiben.“

„Danke.“

Massimo ließ ihre Hand los, als der Oberkellner erschien, flankiert von zwei weiteren Kellnern. Alle drei trugen silberne Platten und Schüsseln, die sie auf den Tisch stellten. Carrie hieß die Ablenkung willkommen. Frische Austern, jede davon in der Schale, gekühlt mit Champagner-Granita. Gebackener Brie und drei unterschiedliche Platten mit Käse, Fleisch und Schokolade.

„Das ist eine Menge Essen“, sagte sie.

„Wir können uns Zeit lassen.“ Er zuckte mit den Schultern.

Die Kellner brachten weitere Schüsseln. Oliven, Ceviche, vegane Torteletts und Gemüse-Tampura. Sogar gesalzene Kartoffelchips. Es war wirklich für jeden Geschmack etwas dabei.

„Was führt Sie nach Auckland?“ Massimo konnte dem Drang, mehr über Carrie zu erfahren, nicht widerstehen.

„Ich arbeite als Aushilfskraft“, sagte sie. „Als Büroleiterin. Ich habe vor, mir bald einen Job zu suchen, wo es wärmer ist.“

„Sydney?“, schlug er sofort lächelnd vor.

„Zu groß“, wehrte sie ab und lachte. „Ein kleinerer, einsamerer Ort wäre mir lieber.“

Er schaute auf ihren Cocktail. „Fidschi? Die Cook-Inseln?“

„Das wäre das Paradies.“

„Finden Sie?“

„Sie nicht?“

Es war eine unbeschwerte Unterhaltung, aber er glaubte Carrie nicht alles, was sie sagte. Andererseits glaubte er kaum irgendjemandem. „Ein Urlaub auf der Insel wäre viel zu langweilig.“

„‚Langweilig‘?“ Sie lachte. „Sie enttäuschen mich. Ich dachte, Sie hätten eine lebhaftere Fantasie.“

Massimos Fantasie war gerade im Moment lebhaft genug. „Womit würden Sie den Tag verbringen?“

„Ein Spaziergang früh am Morgen. Dann Schwimmen im Meer. Frisches Obst, um richtig wach zu werden.“

Das brachte ihn zum Lachen. „Sie haben offenbar darüber nachgedacht.“

„Schon oft.“ Carrie nickte sehr ernst, bevor sie ihn mit einem strahlenden Lächeln verblüffte.

„Reden wir auch von Meditation und Yoga am Strand?“, neckte er. „Von Schnappschüssen für Ihre Social-Media-Accounts?“

„Spaziergänge sind Meditation“, sagte sie. „Soziale Netzwerke nicht. Ich würde lesen. Ein Buch pro Tag.“

„Wenn es nicht um Investitionsmöglichkeiten geht, lese ich nicht“, sagte er von oben herab.

„Keine Romane? Keine Geschichtsbücher? Keine Philosophie?“ Sie warf ihm einen Blick zu, als er sich dramatisch schüttelte. „Keine Gedichte? Lesen ist wichtig für die Seele.“

„Vorausgesetzt, man hat eine.“

„Sie sind ein Mensch“, konterte Carrie trocken. „Also haben Sie Vorstellungsvermögen. Und kein schlechtes, würde ich schätzen.“ Sie neigte den Kopf. „Ich glaube Ihnen nicht, was Sie über Bücher sagen.“

Er schaute sie an. „Wieso denken Sie, ich hätte Vorstellungsvermögen?“

„Weil Erfolg mehr braucht als Verstand und Wissen. Er braucht Visionen und Kreativität.“

„Und das wissen Sie woher?“

„Durch meinen Umgang mit anderen erfolgreichen Menschen.“

Massimo hielt inne. Ihr Tonfall implizierte, dass sie nicht gerade begeistert war, solche Leute zu kennen, und sie in eine andere Gruppe einordnete als sich selbst. „Aber anscheinend wollen Sie nicht mit denen zusammen sein, sondern sich lieber auf eine einsame Insel flüchten.“

Plötzlich wurde sie ernst. „Ich flüchte nicht. Ich bereichere mein Leben durch ein Abenteuer.“

„Tun Sie das?“ Er schüttelte den Kopf. „Oder bereichern Sie ihr Leben durch die Abenteuer in Büchern?“

„Und Sie – wenn Sie nicht am Strand lesen und entspannen, sind Sie dann im Urlaub eher ein Adrenalinjunkie?“ Dann begriff sie offenbar, dass die Wahrheit schlimmer war. „Halt. Nein. Sie machen gar keinen Urlaub.“ Mitleidig lehnte sie sich zurück. „Sie sind ein Mitglied der Anonymen Arbeitstiere.“

„Tja“, sagte er lässig. „Meine Zeit ist einfach sehr kostbar.“

„Und natürlich muss Ihre Zeit Geld einbringen.“ Carries Spott enthielt einen Hauch Bitterkeit. „Was genau machen Sie – verbringen Sie Ihre Tage damit, zu entscheiden, in welche aufregenden neuen Unternehmen Sie Ihre Millionen stecken?“

„Das trifft es tatsächlich ganz gut.“

„Und Sie haben viele Freunde, denn Sie haben Geld, und was Sie anfassen, wird zu Gold?“

„Deshalb meine Vorsicht, wenn es um Frauen geht.“

Sie schüttelte den Kopf. „So erfolgreiche Menschen müssen große persönliche Opfer bringen.“

„Sie denken, ich hätte kein Privatleben?“

„Ich bin mir dessen sicher.“

Massimo presste sich die Hand aufs Herz, als wäre er verletzt. „Ganz gleich, was Sie denken, ich weiß, wie man entspannt.“ Er beugte sich vor. „Aber ich versichere Ihnen, große Mengen Sand sind nicht meine Vorstellung von Spaß.“

„Aber es könnte vielversprechende, nachhaltige Projekte auf den Inseln geben, für die Zukunft der Kinder, die Sie nicht haben.“

„Vielleicht sollte ich mich erkundigen.“ Er lächelte. „Ich mag Herausforderungen.“

„Den ganzen Tag am Strand zu lesen kann schon eine Herausforderung sein“, sagte sie mit gespieltem Ernst. „Ständig wandert die Sonne, und man muss aufpassen, dass man sich keinen Sonnenbrand holt …“ Sie schüttelte traurig den Kopf. „Aber Sie können nicht anders als anhäufen – hohes Risiko und hoher Gewinn, hohes Tempo, immer siegen …“

„Es ist nichts falsch daran, nach einem hohen Lohn zu streben.“ Massimo zuckte mit den Schultern. Dafür, dass er Erfolg haben wollte, würde er sich nicht entschuldigen. Das war die Art, wie er überlebt hatte. „Aber der Sonnenbrand ist quasi unvermeidlich, wenn Sie wirklich den ganzen Tag am Strand lesen.“

Carrie verzog die Lippen zu einem winzigen Lächeln. „Ich verspreche, ich werde mich bedecken.“

Hitze durchströmte ihn. „Menschen sollten nicht leichtfertig Versprechen abgeben“, murmelte er. „Sie brechen sie meistens.“

Sie funkelte ihn an. Ihre Stimme war leise. „Das sehe ich ähnlich.“

„Dann trinken wir darauf: keine leeren Versprechungen“, sagte er munter.

„Keine leeren Versprechungen.“ Sie hob ihr Glas. Der frivole Cocktail stand im Gegensatz zu dem Ernst in ihrer Stimme. „Keine Lügen.“

Wie konnte ein einziger Blick so ein Feuer entfachen? Carrie verwandelte sich in jemanden, den sie nicht kannte – ihre Schüchternheit verflog, sie lachte und scherzte. Aber unter dem Lachen tat die unerklärliche Anziehungskraft ihr Werk, verhieß Gefahr, verlockend und dekadent.

Die Kellner störten sie nicht. Nachdem sie ihren Cocktail getrunken hatte, schenkte Massimo ihr immer wieder Rotwein nach. Die Zeit, die stehen geblieben war, als sich ihre Blicke zum ersten Mal getroffen hatten, verging jetzt wie im Flug zwischen Gesten, Bemerkungen, sanftem Spott und Behauptungen, die keiner von ihnen so meinte, die aber trotzdem einen wahren Kern enthielten. Stunden lösten sich einfach in Luft auf.

Das Klirren von Gläsern aus der Küche brachte sie wieder zu sich. Carrie schaute sich um und stellte fest, dass sie die einzigen verbliebenen Gäste waren. Das Personal hatte die anderen Tische längst abgeräumt. Selbst die Bar am anderen Ende der Dachterrasse war leer. Aber in ihren Schüsseln war noch Essen, in ihrer Flasche noch Wein. Sie hatten kaum angefangen.

Ein Blick auf Massimos teure Uhr zeigte, dass es auf Mitternacht zuging. Carrie musste morgen arbeiten. Massimo hatte einen Flug vor sich.

Aus diesem Flirt konnte nicht mehr werden.