43,99 €
GMP im Labor
Der perfekte Leitfaden für Neulinge und Quereinsteiger:innen zur Etablierung eines GMP-konformen Qualitätssystems mit besonderem Augenmerk auf die speziellen Bedürfnisse im Labor
Good Manufacturing Practice (GMP) oder gute Herstellungspraxis ist ein System zur Qualitätssicherung von Herstellungsprozessen und Produkten basierend auf nationalen und internationalen Gesetzen. Dabei beziehen sich die Richtlinien auf Produktionsabläufe und -umgebung in der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen, aber auch bei Kosmetika, Lebens- und Futtermitteln.
GMP im Labor beschäftigt sich mit der Umsetzung von GMP-Anforderungen in der Laborpraxis und präsentiert eine Grundlage für die Etablierung eines GMP-konformen Qualitätssystems. Besonders nützlich für Einsteiger:innen werden die speziellen Bedürfnisse im Laboralltag detailliert beleuchtet und praktische Lösungsansätze geboten. Dabei wird genauer auf die gesetzlichen Grundlagen und Abgrenzung zu anderen Systemen (GLP, GCP, ISO, etc.) eingegangen und die verschiedenen Punkte eines Qualitätssystem wie etwa Dokumentation, Validierung und Risikomanagement beleuchtet. Des Weiteren werden die fundamentalen Prozesse in einem GMP-konformen Qualitätssystem, wie etwa Gerätequalifizierung, Abweichungen und Selbstinspektionen, behandelt und mit praktischen Lösungsansätzen präsentiert.
GMP im Labor richtet sich an Studierende in Bachelor und Master Studiengängen, Doktorand:innen, Naturwissenchaftler:innen, sowie Mitarbeiter:innen in Laboratorien und in der Industrie.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 406
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Titelseite
Impressum
Geleitwort
1 Einleitung
1.1 Wieso „GMP im Labor“?
1.2 Wann findet GMP im Labor Anwendung?
1.3 Welche Analytik wird benötigt?
1.4 Analysenparameter und Methoden
1.5 Anforderungen an das Labor
1.6 Ziel des Buches
2 Regulatorische Grundlagen
2.1 Entstehung und Meilensteine der Guten Herstellungspraxis
2.2 Internationale und nationale GMP-Regularien
2.3 Guidelines und Guidances internationaler Organisationen und deren Entwicklung
2.4 Gegenseitige Anerkennung behördlicher GMP-Inspektionen
2.5 Zulassung von Arzneimitteln
2.6 Testung von Arzneimitteln
2.7 Besondere regulatorische Anforderungen im Qualitätskontrolllabor
3 Abgrenzung zu GLP
3.1 Die Gute Laborpraxis (GLP)
Literatur
4 Verantwortlichkeiten und Qualitätskultur
4.1 Verantwortlichkeiten im Labor
4.2 Kultur
4.3 Kultur verändern
4.4 Steuern mit Zahlen – Performance-Indikatoren
Literatur
5 Personal und Training
5.1 Einleitung
5.2 Anforderungen an das Personal im GMP-Umfeld
5.3 Training und Schulung
6 Gerätequalifizierung
6.1 Lebenszyklus von Laborgeräten
6.2 Risikomanagement
6.3 Kalibrierung
6.4 Qualifizierungsdokumentation
6.5 Weitere Maßnahmen zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit
6.6 Einbindung Lieferanten in Qualifizierung
6.7 Periodischer Review und Requalifizierung
7 Validierung computergestützter Systeme
7.1 Einführung
7.2 Warum CSV?
7.3 Was ist ein computergestütztes System?
7.4 Computersystemvalidierung, ein risikobasierter Ansatz
7.5 Validierungsansätze
7.6 Lebenszykluskonzept
7.7 Fallstricke
7.8 Regularien und Guidelines
8 Referenzstandards, Reagenzien und Materialien
8.1 Referenzstandards
8.2 Reagenzien
8.3 Materialien
Literatur
9 Probenmanagement im QC-Labor
9.1 Allgemeine Hinweise
9.2 Definition
9.3 Dokumentation
9.4 Transport von Proben
9.5 Probeneingang
9.6 Probenversand an ein Auftragslabor
9.7 Probenaufbewahrung
9.8 Probenvernichtung
10 Laboratory Information Management System (LIMS)
10.1 Was ist ein LIMS?
10.2 Hintergrund
10.3 Merkmale eines LIMS
10.4 Vorteile eines LIMS
10.5 Cloud-basierte Lösungen
10.6 Integration von Software und Geräten
10.7 Auswahl eines LIMS
11 Dokumentation
11.1 Dokumente
11.2 Datenintegrität
11.3 Grundlagen der guten Dokumentationspraxis
11.4 Dokumentation im Labor
11.5 SOP
11.6 Archivierung
Literatur
12 Validierung und Transfer von analytischen Methoden
12.1 Validierung von analytischen Methoden
12.2 Definitionen
12.3 Eigenschaften einer analytischen Methode
12.4 Verifizierung von analytischen Methoden
12.5 Transfer von analytischen Methoden
12.6 Lebenszyklusmanagement von analytischen Methoden
Literatur
13 Abweichungen, CAPA und OOS
13.1 Abweichungen
13.2 CAPA
13.3 Out of Specification (OOS)
Literatur
14 Änderungskontrolle (Change Control)
14.1 Begrifflichkeiten und regulatorische Grundlagen
14.2 Change Control versus Abweichung
14.3 Änderungskontrolle: Organisation
14.4 Ablauf eines Change Controls
14.5 Ursachen von Änderungen
14.6 Dokumentation im Zusammenhang mit Änderungen
14.7 Änderungskontrolle: Verwaltung und Monitoring
14.8 Lieferanten und Dienstleister
15 Lieferantenqualifizierung
15.1 Regulatorische Anforderungen
15.2 Rolle des GMP-Labors beim Lieferantenmanagement
15.3 Lieferantenmanagement
16 Selbstinspektionen
16.1 Regulatorische Grundlagen
16.2 Was ist der Zweck von Selbstinspektionen?
16.3 Management von Selbstinspektionen
16.4 Arbeitsanweisung „Selbstinspektionen“
16.5 Praktische Aspekte der Selbstinspektionen
16.6 Schlussbemerkung
17 Inspektionen und Audits
17.1 Einleitung
17.2 Audit- und Inspektionsvorbereitung
17.3 Ablauf einer Inspektion
17.4 Nachbereitung
18 Gute Herstellungspraxis (GMP) und Lean
18.1 Einleitung
18.2 Was ist Lean-GMP?
18.3 Was bedeutet Lean GMP für mich?
18.4 Wie kann kontinuierliche Verbesserung begleitet werden?
18.5 Zu guter Letzt
Glossar
Stichwortverzeichnis
Wiley End User License Agreement
Kapitel 2
Tab. 2.1 Ereignisse und Meilensteine der Guten Herstellungspraxis.
Tab.2.2 Arzneimittelzulassungsbehörden.;
Kapitel 3
Tab. 3.1 Unterschiede zwischen GLP und GMP.
Kapitel 5
Tab. 5.1 Kernaufgaben der Leitung der Herstellung und Leitung der Qualitätskontr...
Kapitel 6
Tab. 6.1 Kategorisierung von Laborgeräten in Anlehnung an USP ⟨1058⟩ Analytical ...
Tab. 6.2 Traceability-Matrix.
Tab. 6.3 Qualifizierungsdokumentation.
Kapitel 8
Tab. 8.1 Methoden zur Reinheitsbestimmung von chemischen Referenzstandards.
Tab. 8.2 Unsicherheiten der Gehaltszuordnung bei Referenzstandards.
Tab. 8.3 Akzeptable Änderungen bei Referenzstandards.
Tab. 8.4 Allgemeine Orientierung für Verwendbarkeitsfristen.
Kapitel 12
Tab. 12.1 Kojima-Design.
Tab. 12.2 Eigenschaften, die für jede Methode getestet werden müssen
Kapitel 13
Tab. 13.1 Risikokategorien.
Tab. 13.2 Beispiel Fünf-Mal-warum-Ursachenanalyse.
Tab. 13.3 Bereiche zur Ursachenanalyse bei „Human Error“.
Tab. 13.4 Korrektur und CAPA.
Kapitel 14
Tab. 14.1 Beispiel eines Klassifizierungsschemas.
Kapitel 15
Tab. 15.1 Instrumente im Qualitätsmanagement.
Kapitel 16
Tab. 16.1 Übersicht Regularien zur Selbstinspektion
Tab. 16.2 Ziele von Selbstinspektionen.
Tab. 16.3 Bewertungsschema der Selbstinspektion.
Tab. 16.4 Beispieltabelle zur Nachverfolgung der Beobachtungen und Korrekturmaßn...
Kapitel 1
Abb. 2.1 Internationale Richtlinien und Institutionen. Kartenabbildungen: Wikipe...
Kapitel 2
Abb. 2.1 Internationale Richtlinien und Institutionen. Kartenabbildungen: Wikipe...
Kapitel 3
Abb. 3.1 Übersicht über GLP-Regularien im Rahmen der Arzneimitteltestung. Karten...
Abb. 3.2 GXP Anforderungen während des Lebenszyklus eines Arzneimittels.
Kapitel 7
Abb. 7.1 Computergestütztes System. Quelle: PIC/S Guidance PI 011-3 Good Practic...
Abb. 7.2 V-Modell. Quelle: PIC/S Guidance PI 011-3 Good Practices for Computeris...
Kapitel 8
Abb. 8.1 GMP-Anforderungen an Referenzstandards und Reagenzien (EU und USA) [2].
Abb. 8.2 Referenzstandardtypen in Abhängigkeit vom Verwendungszweck.
Abb. 8.3 Information Leaflet Ph. Eur. Reference Standard (https://crs.edqm.eu).
Abb. 8.4 Beispiel für
Ph. Eur
.-Reagenzien.
Kapitel 12
Abb. 12.1 Zusammenhang zwischen Richtigkeit und Genauigkeit.
Kapitel 13
Abb. 13.1 Voraussetzungen für die GMP-konforme Analysendurchführung.
Abb. 13.2 Aufbau des Abweichungsberichts.
Abb. 13.3 Beispiel für ein Ishikawa-Diagramm.
Abb. 13.4 Mögliche Ursachen für OOS-Ergebnisse.
Abb. 13.5 Stufen der OOS-Untersuchung.
Abb. 13.6 Ablaufschema der OOS-Untersuchung.
Kapitel 14
Abb. 14.1 Ablauf bei der Änderung analytischer Methoden; RA: Regulatory Affairs/...
Abb. 14.2 Umgang mit Anforderungen.
Kapitel 15
Abb. 15.1 Lieferantenmanagementprozess.
Kapitel 16
Abb. 16.1 Qualitätsregelkreis.
Titelseite
Inhaltsverzeichnis
Titelblatt
Impressum
Geleitwort
1 Einleitung
Glossar
Stichwortverzeichnis
Wiley End User License Agreement
vii
i
iii
iv
v
vi
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
105
106
107
108
109
110
111
112
113
114
115
116
117
118
119
120
121
122
123
124
125
126
127
128
129
130
131
132
133
134
135
136
137
139
140
141
142
143
144
145
147
148
149
150
151
152
153
154
155
156
157
158
159
160
161
162
163
164
165
166
167
168
169
170
171
172
173
174
175
176
177
179
180
181
182
183
184
185
186
187
188
189
190
191
192
193
194
195
196
197
199
200
201
202
203
204
205
206
207
208
209
210
211
213
214
215
216
217
218
219
220
221
222
223
224
225
226
227
228
229
230
231
232
233
234
235
236
237
238
239
240
241
242
243
244
245
246
247
248
249
250
251
252
253
254
255
256
257
258
259
261
262
263
264
265
266
267
268
269
271
Herausgegeben von Nadine Frankenberg
Herausgeberin
Dr. Nadine FrankenbergBiognoSYS AGHead of Quality AssuranceWagistraße 218952 SchlierenSchweiz
Cover BildnachweisShutterstock / SOMKKU
Alle Bücher von WILEY-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung.
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2022 Ernst & Sohn GmbH, Rotherstraße 21, 10245 Berlin, Germany
Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.
Satz le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Print ISBN 978-3-527-34854-1ePDF ISBN 978-3-527-82996-5ePub ISBN 978-3-527-82997-2
Gedruckt auf säurefreiem Papier.
GMP – drei Buchstaben, die für uns alle im Hier und Heute Relevanz haben. Die Gute Herstellungspraxis (good manufacturing practice – GMP) hat sich dabei erst im Laufe der vergangenen 100 Jahre zu einer der wesentlichsten Anforderungen in Sachen Arzneimittelsicherheit entwickelt. Und dies aus gutem Grund. Medikamente müssen sicher sein, Patient*innen helfen und frei von Komplikationen und Nebenwirkungen sein, die durch unsachgemäße Herstellung, Lagerung, Fälschung, Versand etc. verursacht werden könnten. Wir Menschen erleiden im Laufe unseres Lebens Krankheiten, Unfälle, Infektionen mit unterschiedlichen Verläufen, Ausprägungen und Schweregraden. Meistens greifen wir dann entweder in Eigenregie oder auf Anweisung behandelnder Mediziner*innen zu Medikamenten, um Symptome zu lindern, Krankheiten zu behandeln und zu heilen. Dabei stellen sich uns immer wieder und naturgemäß Fragen zur Sicherheit, Wirksamkeit und Verträglichkeit der Medikamente und Arzneien, die wir einnehmen. Denn nicht zuletzt sind wir geprägt und sensibilisiert durch Meldungen in den Medien, was die Frage nach der Sicherheit von Medikamenten angeht. Qualität ist nämlich das A und O bei der Herstellung von Medikamenten.
Die Produktqualität muss für Arzneimittel und Impfstoffe bedingungslos und während jeder Stufe von Herstellung und Transport sichergestellt und darf nicht dem Zufall überlassen sein. Patient*innen nehmen Arzneimittel im Vertrauen darauf, dass alle Beteiligten – Hersteller, Labore, Packer, Lageristen, Transporteure, Apotheker – allen Anforderungen zu jeder Zeit gerecht werden und dass es sich um hochwertige pharmazeutische Erzeugnisse handelt.
Gesundheit ist das wertvollste Gut, bei dem das Vertrauen auf Qualität alleine sicher nicht ausreicht. Insofern sind die Anforderungen vom pharmazeutischen Unternehmer nicht beliebig zu stellen, vielmehr sind sie mittlerweile in Gesetzen weltweit geregelt und festgelegt. Diese Gesetze schreiben genau vor, was beim Umgang mit Arzneimitteln in der Herstellung, bei der Lagerung, beim Transport, bei der Prüfung und im Handel zwingend zu beachten ist. Es handelt sich hierbei um die Regeln der Guten Herstellungspraxis. Die GMP-Regeln sind ein weltweiter Standard. In Deutschland werden diese Anforderungen im Arzneimittelgesetz (AMG) verbindlich vorgeschrieben.
Außerdem gilt es, der Validierung von Verfahren, der Qualifizierung von Anlagen und auch von involvierten Dienstleistern und Beratern ausreichend Sorge zu tragen und Aufmerksamkeit zu widmen. Auch dies ist Qualität im Sinne von GMP. Und wie bereits erwähnt ist auch diese wiederum abhängig von Herstellung, Transport, Lagerung der eingesetzten Wirk- und Begleitstoffe, von deren Mischung und Konfektionierung, von der Verpackung sowie der Erfahrung und Ausbildung aller daran Beteiligten Akteure und Menschen.
Es gibt also viele potenzielle dingliche „Fehlerquellen“, welche somit direkten Einfluss auf die Qualität und damit unmittelbar die Patientensicherheit haben. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass es bei Nichtbeachten von Qualitätsregeln immer wieder zum Teil schwere Mängel gab, die Menschen mit ihrem Leben bezahlt oder mit gravierenden Spätfolgen an Lebensqualität eingebüßt haben. Das darf nicht passieren und somit wurden in den letzten knapp 30 Jahren die Regeln der GMP immer weiter entwickelt, Bedürfnissen und Gegebenheiten angepasst und mit Gesetzescharakter verbindlich eingeführt. Neben der gesetzlichen Grundlage existieren die GMP-Richtlinien der guten Herstellung, welche ebenfalls nicht vom Himmel gefallen oder über kurze Zeit durch Behörden entwickelt worden sind.
Es ist vielmehr die Summe aus Erfahrungen, denen bedauerlicherweise zum Teil drastische Ereignisse vorhergingen. Dieses Buch soll die Sensibilität für die Notwendigkeit von GMP, die Inhalte, Regeln, „Best-practices“ und Erfahrungen einmal mehr in den Vordergrund rücken und eine breite Leserschaft über alle Hierarchiestufen eines Unternehmens erreichen.
Buchs (SG), Schweiz
Björn Niggemann, ELPRO-BUCHS AGPräsident German Quality ManagementAssociation GQMA e. V.
Dr. Nadine Frankenberg
BiognoSYS AG, Wagistraße 21, 8952 Schlieren, Schweiz
GMP (engl. good manufacturing practice), die Gute Herstellungspraxis, im Labor? Wieso findet im Labor nicht generell GLP (engl. good laboratory practice), die Gute Laborpraxis, Anwendung? Solche und ähnliche Fragen begegnen mir hin und wieder in Trainings, und sie sind berechtigt, da für Außenstehende der Begriff GLP irreführend ist. GLP findet zwar auch Anwendung in Laboren, allerdings hauptsächlich für toxikologische Prüfungen im präklinischen Bereich. Aber GLP ist nicht der einzige Qualitätsstandard, der für Labors relevant ist. Neben den Normen ISO17025 für Test- und Kalibrierlaboratorien sowie ISO15189 für medizinische Laboratorien ist GMP ein weiterer Qualitätsstandard, der u. a. die Anforderungen für die Durchführung von Analysen regelt.
Generell ist kein Qualitätsstandard besser als ein anderer. Alle haben ihre Berechtigung. Ihre Unterschiede sind historisch bedingt und durch den Geltungsbereich geprägt. Des Weiteren sind GLP und GMP rechtlich geregelt und behördlich überwacht, während die ISO Normen freiwillige Qualitätsstandards sind, die durch sogenannte ,,benannte Stellen“ überprüft werden.
Verschiedene Qualitätsstandards können in einem Labor Anwendung finden. Der anzuwendende Qualitätsstandard richtet sich nach dem Geltungsbereich. Neben GMP spielen auch GLP und die Normen ISO17025 für Test- und Kalibrierlaboratorien sowie ISO15189 für medizinische Laboratorien als Qualitätsstandards in Laboren eine Rolle.
GMP regelt die Anforderungen für die Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen. Außerdem findet GMP im Bereich Lebensmittel und Kosmetika Anwendung, dieses Buch fokussiert sich allerdings auf GMP im pharmazeutischen Bereich. Ein wichtiger Teil der Herstellung ist auch die Qualitätskontrolle. Hier wird im Labor die Qualität der Rohstoffe, hergestellten Arzneimittel und Wirkstoffe analytisch geprüft. Kapitel 6 des EU-GMP-Leitfadens Teil I regelt die Qualitätskontrolle von Arzneimitteln; im Part II ist in Kap. 8 die Überprüfung von In-Prozess-Kontrollen erläutert und Kap. 11 befasst sich mit der Qualitätskontrolle von Wirkstoffen. Eine gute Analytik begleitet den Herstellungsprozess und kann so frühzeitig Abweichungen in der Herstellung und letzten Endes des Produktes aufdecken. Dies bedeutet aber nicht, dass Qualität in einen Prozess oder ein Produkt hineingeprüft werden kann. Damit dies nicht passiert, gibt es die GMP-Regeln. Was an welchen Prozessschritten mit welcher Analytik überprüft wird, hängt stark vom Herstellungsprozess ab. So unterscheidet sich ein biologischer Herstellungsprozess (z. B. Herstellung von rekombinanten Antikörpern mittels Zellkultur und chromatografische Aufreinigung) in seiner Komplexität von der Herstellung chemischer Substanzen. Diese Komplexität soll sich in der Qualitätskontrolle widerspiegeln. Hilfreich an dieser Stelle sind die Erfahrungen während der Prozessentwicklung dieses und ähnlicher Prozesse und die Anwendung eines risikobasierten Ansatzes zur Definition der benötigten Analytik.
Neben der Analytik zur Freigabe einer Arzneimittel- oder Wirkstoffcharge werden im Qualitätskontrolllabor auch Stabilitätsprüfungen durchgeführt. Proben verschiedener Chargen werden bei unterschiedlichen Bedingungen für einen definierten Zeitraum gelagert und anschließend in festgelegten Intervallen (z. B. 1, 3, 6, 9, 12, 24, 36, 48, 60 Monate) analysiert. Die Analysenergebnisse müssen den im Stabilitätsplan festgelegten Spezifikationen entsprechen. Des Weiteren wird evaluiert, ob ein Trend der Ergebnisse über die Zeit zu erkennen ist. Stabilitätsuntersuchungen in der Entwicklung eines Arzneimittels dienen u. a. der Festlegung der Haltbarkeit.
Zusätzlich müssen Ausgangsstoffe für die Herstellung analytisch überprüft werden. Auch wenn ein Analysenzertifikat vom Hersteller des Ausgangsstoffs vorhanden ist, wird zumindest die Identität im Qualitätskontrolllabor überprüft.
Die Festlegung der benötigten Analytik hängt, wie oben bereits erwähnt, stark von der Art des Arzneimittels bzw. des Wirkstoffs ab. So sind die analytischen Methoden zur Qualitätskontrolle von chemischen Wirkstoffen (engl. small molecules) hauptsächlich zur Bestimmung der Identität, Reinheit und des Gehalts standardisierte Methoden, die häufig auch für verschiedene Wirkstoffe angewendet werden können. Die Herstellung biologischer Wirkstoffe oder Arzneimittel (z. B. Antikörper) ist deutlich komplexer, und daher ist auch die Analytik komplexer und umfangreicher. Für viele bereits zugelassene Arzneimittel, Arzneimittelfamilien und Rohstoffe gibt es in Arzneibüchern Monografien. Monografien beschreiben die Beschaffenheit eines bestimmten Arzneimittels sowie Methoden zur Qualitätskontrolle.
Exkurs Arzneibücher: Arzneibücher, auch Pharmakopöen genannt, sind amtliche Standardwerke für den Apothekenbetrieb und die industrielle Herstellung. Sie sind verbindlich gültig. Der Begriff Pharmakopöe stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Medizin herstellen“. In Deutschland gelten das Deutsche Arzneibuch (DAB), das Europäische Arzneibuch (Pharmacopoea Europaea, Ph. Eur.) und das Homöopathische Arzneibuch (HAB). Des Weiteren gibt es Arzneibücher in anderen Ländern wie z. B. der USA, Japan und der Schweiz. Sie heißen entsprechend US Pharmacopoeia, Japanese Pharmacopoeia und Pharmacopoeia Helvetica.
Arzneibücher bestehen aus einem allgemeinen Teil und einem speziellen Teil mit Monografien. Sie sind eine Sammlung anerkannter Regeln und Standards zur Beschaffenheit und Qualität von Arzneimitteln und deren Inhaltsstoffen. Die Europäische Pharmakopöe wird vom European Directorate for the Quality of Medicines (EDQM) in Straßburg ausgearbeitet. Ziel der Europäischen Pharmakopöe ist ein einheitlicher Qualitätsstandard für Arzneimittel in Europa und darüber hinaus.
Am Beispiel der Acetylsalicylsäure-Monografie der Ph. Eur. erlangt man einen Überblick über mögliche Methoden zur Qualitätskontrolle von chemischen Wirkstoffen.
Aussehen durch visuelle Beurteilung der Farbe und Beschaffenheit
Identität mittels Infrarotabsorptionsspektroskopie, Schmelzpunktanalyse
Gehaltsbestimmung mittels Titration mit Salzsäure
verwandte Substanzen und Verunreinigungen durch Flüssigchromatografie
Schwermetalle
Trocknungsverlust mittels Trocknung im Vakuum
Sulfatasche durch Veraschen mit Schwefelsäure
Bei der Qualitätskontrolle von Arzneimitteln in Tablettenform gehören die Testung der Gleichförmigkeit einzeldosierter Arzneiformen (uniformity of dosage units) und die Freisetzungsprüfung (dissolution test) zu den wichtigsten Prüfungen. Die meisten Prüfungen sind im allgemeinen Kapitel der Arzneibücher oder in der jeweiligen Monografie beschrieben.
Die Prüfung von Wirkstoffen und Arzneimitteln aus biotechnologischer Herstellung ist weitaus komplexer. Zudem sind nicht alle Methoden im Arzneibuch beschrieben und für neu entwickelte Wirkstoffe bestehen keine Monografien.
Neben generellen Tests wie pH, Osmolalität und Aussehen sowie Farbe, Klarheit und Opaleszenz finden spezielle chromatografische Methoden Anwendung. Es werden verschiedene Methoden zur Bestimmung der strukturellen Integrität, Identität und Heterogenität angewendet. Dazu gehören peptide map, Bestimmung geladener Varianten und Glykosylierung. Bei der Bestimmung der Reinheit wird zwischen prozess- und produktspezifischen Verunreinigungen unterschieden. Zu den prozessspezifischen Verunreinigungen gehören die sogenannten HCP (host cell proteins, Proteine aus der Wirtszelle) und Rest-DNA.
Eine Besonderheit bei der Prüfung biotechnologischer Arzneimittel stellen die Aktivitätstests (engl. potency-assays) dar. Hier wird die Aktivität des Arzneimittels in einem biologischen Test bestimmt. Diese Tests müssen spezifisch für jedes Arzneimittel entwickelt werden und sollen den Wirkmechanismus im Körper nachstellen. Daher werden hierzu oft zellbasierte Tests oder Antikörper-basierte Immuntests (ELISA, enzyme-linked immunosorbent assay) verwendet.
Je komplexer das Arzneimittel bzw. der Wirkstoff, desto komplexer die Analytik in der Qualitätskontrolle.
Die Anforderungen an die Laborausstattung werden durch die durchgeführten Methoden bestimmt, ganz nach dem Motto: form follows function. So findet man in den meisten Qualitätskontrolllaboren physikalische und chemische Analysengeräte, in Laboren, in denen Aktivitätstests durchgeführt werden, zusätzlich noch Geräte für Zellkulturen wie Inkubatoren und Sicherheitswerkbänke. Besondere Anforderungen werden an Labore für mikrobiologische Tests gestellt. Hier muss bei Planung der Arbeitsabläufe und durch bauliche Maßnahmen besonders auf die Verhinderung von Kontaminationen geachtet werden. Außerdem werden ein spezielles Hygienekonzept und mikrobiologische Umgebungskontrollen erwartet.
Risikomanagement
In diesem Buch findet sich an mehreren Stellen der Begriff ,,Risikomanagement“ oder es ist von einer risikobasierten Entscheidung die Rede. Woher kommt das?
Spätestens mit Inkrafttreten des Leitfadens Q9 der ICH (International Council for Harmonization) zum Thema Qualitätsrisikomanagement im November 2005 hat das Risikomanagement Einzug in die GMP-Welt genommen. Risikomanagement wurde bereits in anderen Branchen wie z. B. der Finanzbranche oder zur Bestimmung von Sicherheitsrisiken verwendet – nun also auch in der pharmazeutischen Industrie.
Die erste Reaktion von vielen, die die ICH Q9 lasen, war sicherlich: ,,Nicht noch mehr neue Anforderungen implementieren!“ Aber je mehr man sich mit dem Thema befasst, desto klarer wird, dass der Grundgedanke eine Vereinfachung der Arbeit ist; Vereinfachung in dem Sinne, dass Prozesse und damit verbundene Kontrollmaßnahmen sich an den Risiken des Prozesses orientieren sollen.
In der GMP-Welt ist über die Jahre eine steigende Anzahl an Anforderungen und Erwartungen zu beobachten. Manche Firmen haben ein sehr detailliertes Qualitätsmanagementsystem aufgebaut, dass viele SOP mit vielen Seiten enthält, die kaum ein Mitarbeiter befolgen kann. Oft sind einfache Prozesse so kompliziert gestaltet, dass eine Einhaltung (Compliance) kaum möglich ist. Hier kann das Risikomanagement Abhilfe schaffen.
Wieso? Grundlage des Risikomanagements ist eine gründliche Risikoanalyse. Denn nur, wer die Risiken kennt und einschätzen kann, ist in der Lage adäquat zu reagieren. Wird dies nicht angewendet, folgt eine ,,Überregulierung“ aus der Angst, Fehler zu machen, und um 100% sicher zu sein. Dies wird oft durch eine Firmenkultur begünstigt, die wenig Fehlertoleranz hat und dadurch zu einer Verunsicherung der Mitarbeiter der Qualitätssicherung führt. Dies hat dann in der Regel eine geringere Risikofreudigkeit zur Folge. Risikomanagement führt zu einem besseren Prozessverständnis auf allen Ebenen.
Beim ersten Lesen der ICH Q9 erscheint das Konzept sehr theoretisch, aber es ist empfehlenswert, den Grundgedanken des Risikomanagements in möglichst viele Bereiche des Qualitätsmanagementsystems zu integrieren. Dazu sind keine komplizierten Prozesse notwendig. Wenn wir ehrlich sind, machen wir auch im Privaten regelmäßig Risikoabschätzungen. Der Unterschied im GMP-Bereich ist, dass diese ausreichend dokumentiert werden müssen. Generell gilt, dass der Grad an Aufwand, Formalität und Dokumentation des Qualitätsrisikomanagementprozesses dem Risiko entsprechen soll.
Wie bestimmt man ein Risiko?
Vor dem Wie stellt sich die Frage nach dem ,,Wann“. Es gibt bestimmte Qualitätsprozesse, die immer eine Risikoanalyse benötigen, z. B. Änderungen, Abweichungen, Computersystemvalidierungen. Ansonsten gilt: Immer, wenn Entscheidungen begründet dokumentiert werden müssen, ist eine Risikoanalyse hilfreich. Am besten bestimmt man das Risiko eines Prozesses mittels Brainstormings in einem Team aus möglichst unterschiedlichen Bereichen. Der Vorteil liegt darin, dass einerseits jeder Mensch eine unterschiedliche Risikowahrnehmung hat und andererseits durch die unterschiedlichen Bereiche verschiedene Aspekte eines Prozesses betrachtet werden. Da allerdings nicht wegen jeder Risikoanalyse die halbe Firma zusammenkommen kann, ist bei der Auswahl des Teams Augenmaß gefordert. Auch hier gilt: Die Größe des Teams sollte sich am Risiko orientieren.
Im Prinzip kann die Risikoanalyse formlos erfolgen. Steigt man tiefer in das Thema ein, gibt es verschiedene Methoden, die eine Risikoanalyse unterstützen. Eine der am häufigsten verwendeten Methoden ist die failure mode and effects analysis (FMEA). Hier werden Risiken nach Auftretenswahrscheinlichkeit, -häufigkeit und Einfluss mit einem vorher festgelegten Punktesystem bewertet. Das Ergebnis dieser Einschätzung ist eine Risikoprioritätszahl (RPZ). Die Höhe der RPZ entscheidet, ob Maßnahmen zur Risikoreduzierung getroffen werden müssen oder nicht.
Eine weitere wichtige Rolle im Risikomanagement spielt die Risikoakzeptanz. Es wird nie möglich – oder zumindest finanziell und ressourcentechnisch nicht sinnvoll – sein, alle Risiken komplett zu eliminieren. Daher folgt der Risikoanalyse mit der Definition von Maßnahmen zur Risikoreduzierung die Risikoakzeptanz. Hier wird explizit das Restrisiko akzeptiert (oder auch nicht). Dies ist eine gute Möglichkeit, besonders bei heiklen Entscheidungen, auch das Management zu involvieren, um zu vermeiden, dass dem Management die Risiken nicht bewusst waren.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ein gut implementiertes Risikomanagementsystem dazu beitragen kann, ein effektiv funktionierendes Qualitätsmanagementsystem zu etablieren. Es hilft, Prozesse schmal zu halten und die ,,Spreu vom Weizen“ zu trennen. Denn nur durch schmale und vernünftige Prozesse ist es dauerhaft möglich, eine gute Qualitätskultur im Unternehmen zu halten und compliant zu sein.
Das Ziel dieses Buches ist einen kurzen Überblick über die besonderen Anforderungen an ein GMP-Qualitätskontrolllabor zu geben. Fokus ist hierbei der deutschsprachige Raum, wobei die Grundlagen auch über diesen Bereich hinaus Gültigkeit haben. Natürlich ist es im Rahmen dieses Buches nicht möglich, alle Themen im Detail abzubilden. Über viele Themen, die hier in einzelnen Kapiteln abgehandelt werden, könnte man allein ganze Bücher schreiben. Dieses Buch soll eher als Grundlage verstanden werden, von der ausgehend weiter in einzelne Themen eingestiegen werden kann. Am Ende jedes Kapitels befindet sich eine Liste an Referenzen, die zur weiteren Lektüre empfohlen werden. Auch soll dieses Buch als Nachschlagewerk dienen, falls der Leser sich weiter in ein Thema einarbeiten möchte.
Dieses Buch wurde von verschiedenen Autoren verfasst, die alle über langjährige Erfahrung im GMP-Bereich verfügen. Bei den Ausführungen handelt es sich um eine Interpretation der referenzierten Richtlinien, die die Erfahrungen der Autoren widerspiegelt. Dennoch muss dies nicht der einzig mögliche Weg zur Umsetzung von GMP im Labor sein. In vielen Bereichen lässt das GMP Handlungsspielraum zu, und jeder, der mit der Umsetzung von GMP in firmeninterne Prozesse betraut ist, sollte sich intensiv mit den gesetzlichen Anforderungen auseinandersetzen, um für die eigene Firma eine geeignete Lösung zu finden. Hierbei sollten die Firmenkultur, Größe der Firma, zur Verfügung stehende Ressourcen und ein risikobasierter Ansatz Anwendung finden.
Des Weiteren empfiehlt sich neben dem Besuch von Trainingsveranstaltungen der Austausch auf entsprechenden Plattformen. Hier wären als Beispiel die Arbeitsgruppen der German Quality Management Association (GQMA e.V.) oder die Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik (APV e.V.) zu nennen.
Dr. Petra Heim
Charles River Laboratories Germany GmbH, Max-Planck-Str. 15A, 40699 Erkrath, Germany
Die Grundkonzepte der Qualitätssicherung, der Guten Herstellungspraxis (GMP) und der Qualitätskontrolle stehen in Bezug auf die Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln in enger Beziehung zueinander:
Die Qualitätssicherung umfasst alle Maßnahmen, die getroffen werden, um die Qualität der Arzneimittel für den beabsichtigten Gebrauch sicherzustellen.
Die Gute Herstellungspraxis ist Teil dieser Qualitätssicherung und gewährleistet, dass die Produkte konstant und kontinuierlich nach den Qualitätsstandards hergestellt und geprüft werden, die der vorgesehenen Verwendung, den Produktspezifikationen und letztendlich den Zulassungsunterlagen entsprechen. Sowohl die Produktion als auch die Qualitätskontrolle sind somit Teil der Guten Herstellungspraxis.
Die Qualitätskontrolle ist der Teil der Guten Herstellungspraxis, der die Probennahme und insbesondere die Prüfung unter Einhaltung von Spezifikationen umfasst.
In analytischen Laboren der pharmazeutischen Qualitätskontrolle, auch Prüflabore genannt, sind Mitarbeiter operativ tätig, welche die wissenschaftlichen und technischen Hintergründe der analytischen Prüfverfahren gut kennen. Diese Qualifikation erwerben sie i. d. R. während ihrer Ausbildung oder ihres Studiums. Eine erfolgreiche und sachgerechte Ausübung der pharmazeutischen Qualitätskontrolle erfordert jedoch auch die Kenntnis und erfolgreiche Anwendung der Vielzahl von GMP-Anforderungen, die sich mit den Dokumentations-, Organisations- und Freigabeverfahren befassen.
Der Begriff der good manufacturing practice (dt. Gute Herstellungspraxis) wurde 1962 in den USA von der Food and Drug Administration (FDA) durch die current good manufacturing practice (cGMP) initiative eingeführt. Auslöser war der hauptsächlich in Europa und Kanada vertriebene Wirkstoff Thalidomid, welcher schwere Schädigungen ungeborenen Lebens in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten verursachte. Die von dem US-Senator Estes Kefauver und dem US-Abgeordneten des Repräsentantenhauses Oren Harris ausgehende Initiative erwirkte aufgrund dieses weltweiten Thalidomid-Skandals eine Änderung zum bereits existierenden Food, Drug and Cosmetic Act, das sogenannte Kefauver-Harris Drug Amendment.
Die Hersteller wurden verpflichtet, neben der Sicherheit ihrer Arzneimittel auch die Wirksamkeit inklusive aller Nebenwirkungen vor deren Zulassung nachzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt existierten jedoch noch keine Handlungsempfehlungen oder Umsetzungsanleitungen in Form von Guidances oder Guidelines. Dieses sogenannte Drug Efficacy Amendment bildete die rechtliche Grundlage für die weltweit ersten gesetzlich geforderten GMP-Regeln in den USA, eingeführt im Jahr 1963.
Der von der FDA zuvor schon im Jahr 1938 eingeführte Food, Drug and Cosmetic Act stellte die erste gesetzliche Grundlage für die Kontrolle des pharmazeutischen Herstellungsprozesses zur Gewährleistung der Sicherheit des Arzneimittels dar und wird nicht selten als der Anfang der Einführung von GMP beschrieben. Auch hier war der Anlass ein tragisches Ereignis – eine Massenvergiftung nach Einnahme eines Erkältungssaftes, welche 107 Kindern und Erwachsenen das Leben kostete. Dieses Medikament Elixir der Firma Massengill wurde mit dem Lösungsmittel Diethylenglykol versetzt, um dem Sirup mit dem antibiotischen Wirkstoff Sulfanilamid einen aromatischen Himbeergeschmack zu verleihen. Dieser Vorfall ist heute als Sulfanilamid-Katastrophe bekannt.
Im Jahr 1968 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf Drängen der FDA die ersten GMP-Guidelines, welche zwar noch keine rechtliche Verbindlichkeit darstellten, jedoch als Rahmengerüst zur Herstellung von Arzneimitteln und Durchführung von Qualitätskontrollen galten. Die Einhaltung der von der WHO definierten Bedingungen sollte dazu dienen die Sicherheit in der Arzneimittelherstellung weltweit zu erhöhen. Mit Revision der ersten Veröffentlichung wurde Ende 1977 die Grundlage für nationale und internationale GMP-Richtlinien geschaffen.
Im Jahr 1978 wurden jene GMP-Vorgaben in den USA gesetzlich verankert, indem die FDA die cGMP Guidelines im Federal Register veröffentlichte (21 CFR 210/211 und 820). Diese GMP-Regularien ermöglichten nun eine Überwachung der Arzneimittelherstellung in Pharmaunternehmen durch die FDA als Kontrollbehörde.
Ebenfalls resultierend aus dem Thalidomid-Skandal, dem in der damaligen Bundesrepublik Deutschland als Contergan zugelassenen Beruhigungsmedikament, wurde 1976 das im Jahr 1961 eingeführte Arzneimittelgesetz (AMG) novelliert. Bis zu dieser Neufassung sah das AMG nur eine Arzneimittelregistrierung vor. Mit der Novellierung wurde die Prüfung auf Sicherheit und Wirksamkeit des Arzneimittels verpflichtend. Auch dieses deutsche Gesetz beinhaltete noch keine GMP-Vorgaben, welche erst 1985 mit der Betriebsverordnung für pharmazeutische Unternehmer (PharmBetrV) eingeführt wurden. Diese Verordnung galt als Grundlage für eine Überwachung aller Betriebe, die Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellen, prüfen, entwickeln, in Verkehr bringen, lagern oder verpacken. Inspektionen dieser Betriebsstätten seitens zuständiger Behörden wurden verbindlich. Die Pharm-BetrV wurde 2006 durch die Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) abgelöst.
Europaweit wurden die GMP-Regeln im Jahr 1989 verbindlich mit dem EG-GMP-Leitfaden eingeführt und im Jahr 2005 einer Umstrukturierung unterzogen, welche in einer Aufteilung zwischen Human- und Tierarzneimittel (Teil I EU-GMP) und Ausgangsstoffe bzw. Wirkstoffe (Teil II EU-GMP) resultierte, als Vollzug der Richtlinien 2004/27/EG und 2004/28/EG. In Tabelle 2.1 sind die Meilensteine der guten Herstellungspraxis zusammengefasst.
Tab. 2.1 Ereignisse und Meilensteine der Guten Herstellungspraxis.
Jahr
Meilenstein
1927
Gründung der Food and Drug Administration (FDA)
1937
Sulfanilamid-Katastrophe – Massengill-Katastrophe
1938
Food Drug and Cosmetic Act
1961
Einführung deutsches Arzneimittelgesetz (AMG)
1961/62
Thalidomid-Skandal
1962
Kefauver-Harris Drug Amendments/Einführung Begriff cGMP
1963
GMPs for Drugs 28 FR 6385
1968
Erste WHO Guidelines
1970
Gründung Pharmaceutical Inspection Convention PIC in Europa
1972
Erster Guide des Pharmaceutical Inspection Convention Scheme (PIC/S)
1976
Novellierung des AMG
1976
Revision der WHO GMP Guidelines
1978
cGMPs for Finished Pharmaceuticals 21 CFR Part 210/211
1985
Einführung der PharmBetrV
1989
Etablierung
EU-GMP-Leitfaden
1990
Die EG-Kommission initiiert das ICH-Programm zur internationalen Harmonisierung von technischen Zulassungsanforderungen
1993
Gründung der European Agency for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA) – 2010 Umbenennung in EMA – European Medicines Agency
1995
Gründung einer europäischen Arzneimittelagentur
1995
Etablierung Pharmaceutical Inspection Co-operation Scheme (PIC/S)
1997
21 CFR Part 11 Electronic Records, Electronic Signatures
2000
ICH Q7
in
EU-GMP-Leitfaden
aufgenommen
2005
Aufteilung des EU-GMP-Leitfadens in Arzneimittel (part I) und Wirkstoffe (part II)
2006
Restrukturierung des
EU-GMP-Leitfadens
2006
Revision der PharmBetrV zur AMWHV
2008
ICH Q9
in
EU-GMP-Leitfaden
aufgenommen (Annex 20)
2008
FDA publiziert umfangreiche Änderungen zum 21 CFR Part 210/211
2011
Umfassende Überarbeitung
EU-GMP-Leitfaden
2013
ICH Q10
in EU-GMP-Leitfaden aufgenommen (Part I Chapter 1)
2017
GMP für ATMPs (Teil IV des
EU-GMP-Leitfadens
)
Es ist leider nicht möglich von ,,der GMP-Richtlinie“ zu sprechen, insbesondere, weil die rechtlichen Grundlagen der Guten Herstellungspraxis länderspezifisch festgelegt sind. Neben den gesetzlichen Vorgaben existiert eine Reihe weiterer Dokumente, welche interpretierende oder unterstützende Informationen liefern und nicht selten rechtliche Grundlagen darstell(t)en. Verschiedene ,,Guidelines“ gelten als verbindlich, ohne gesetzlich verankert zu sein. Neben gesetzgebenden Behörden veröffentlichen auch weitere behördliche oder behördenähnliche Einrichtungen Richtlinien zum Teil mit unterschiedlichen GMP-relevanten Themenschwerpunkten (z. B. Datenintegrität).
Primär ist jene gesetzliche Richtlinie anzuwenden, die in dem Land des Standorts der Arzneimittelherstellung und -kontrolle bzw. aller im Zuge der Herstellung notwendigen Aktivitäten ansässig ist. Im Falle der Lieferung des Arzneimittels in andere Länder sind auch die Richtlinien der Importländer zu berücksichtigen.
Der im europäischen Raum gültige EU-GMP-Leitfaden für Human- und Tierarzneimittel gilt als Grundlage für die nationalen GMP-rechtlichen Vorgaben der jeweiligen EU-Länder. Dieser Leitfaden konkretisiert
Richtlinie 2003/94/EC zur Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Humanarzneimittel und für zur Anwendung beim Menschen bestimmte Prüfpräparate
sowie
Richtlinie 91/412/EEC (oder EWG – europäische Wirtschaftsgemeinschaft) zur Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Tierarzneimittel.
Die Europäische Kommission hat ihr gesetzgebendes Regelwerk für Arzneimittel unter EudraLex (EUDRA – European Union Drug Regulating Authority) zusammengefasst. Es beinhaltet Richtlinien und Vorschriften zu Humanarzneimitteln in Volume 1 und Tierarzneimitteln in Volume 6 sowie den EU-GMP-Leitfaden in Volume 4. Der im Jahr 2005 restrukturierte EU-GMP-Leitfaden erfuhr seit 2010 jährliche Anpassungen und Neuauslegungen.
Der GMP-Leitfaden besteht aus vier Teilen und wird durch eine Reihe von Anhängen ergänzt.
Teil I behandelt die GMP-Grundsätze für die Herstellung von Arzneimitteln, während Teil II die GMP-Anforderungen für Wirkstoffe, die als Ausgangsmaterialien verwendet werden, festlegt. Teil III enthält GMP-bezogene Dokumente, die regulatorische Erwartung konkretisieren. Der jüngste im Jahr 2017 veröffentlichte Teil IV beschreibt die GMP-Aspekte zu Arzneimitteln für neuartige Therapien. Dies sind im engeren Sinne humane somatische Zelltherapeutika, Gentherapeutika und biotechnologisch bearbeitete Gewebezubereitungen (auch Tissue-Engineering-Produkte). Dieser separierte Leitfaden ist weitestgehend unabhängig vom restlichen GMP-Regelwerk und bezieht sich sowohl auf Arzneimittel, denen eine Zulassung gewährt wurde (authorized ATMPs) als auch auf Referenzen in einer klinischen Studie (investigational ATMPs). In einem als ,,weitere Dokumente mit Bezug zu GMP“ bezeichneten Teil findet man die Guidelines zur Guten Vertriebspraxis sowie die jüngsten Regularien zu Tierarzneimitteln aus dem Jahr 2021.
Gliederung des EU-GMP-Leitfadens. Generell sind alle Teile, Abschnitte und Kapitel des EU-GMP-Leitfades in Bezug auf Produktherstellung in einem GMP-Labor zu berücksichtigen, jedoch finden sich unterschiedliche Grade an Anwendbarkeit. Die kursiv markierten Referenzen haben in einem Oualitätskontrolllabor für Arzneimittel eine hohe Relevanz.
Teil I – Grundlegende Anforderungen für Arzneimittel
Kapitel 1 – Pharmazeutisches Qualitätssystem
Kapitel 2 – Personal
Kapitel 3 – Räumlichkeiten und Ausstattung
Kapitel 4 – Dokumentation
Kapitel 5 – Herstellung
Kapitel 6 – Qualitätskontrolle
Kapitel 7 – Ausgelagerte Tätigkeiten
Kapitel 8 – Beschwerden und Produktrückrufe
Kapitel 9 – Selbstinspektionen
Teil II – Grundlegende Anforderungen für Wirkstoffe als Ausgangsmaterial
Abschnitt 1 – Einleitung
Abschnitt 2 – Qualitätsmanagement
Abschnitt 3 – Personal
Abschnitt 4 – Gebäude und Anlagen
Abschnitt 5 – Prozessausrüstung
Abschnitt 6 – Dokumentation und Aufzeichnungen
Abschnitt 7 – Materialmanagement
Abschnitt 8 – Herstellung und
Inprozesskontrollen
Abschnitt 9 – Verpackung und Kennzeichnung
Abschnitt 10 – Lagerung und Vertrieb
Abschnitt 11 – Laborkontrollen
Abschnitt 12 – Validierung
Abschnitt 13 – Änderungskontrolle
Abschnitt 14 –
Ablehnung und Wiederverwendung von Materialien
Abschnitt 15 – Beanstandungen und Rückrufe
Abschnitt 16 – Lohnhersteller (einschließlich Laboratorien)
Abschnitt 17 – Vertreter, Makler, Händler, Großhändler, Umverpacker, Neuetikettierer
Abschnitt 18 – Spezifische Anleitungen für Wirkstoffe hergestellt mittels Zellkulturen
Abschnitt 19 – Wirkstoffe zur Verwendung in klinischen Prüfungen
Abschnitt 20 – Glossar
Teil III – GMP-relevante Dokumente
Firmenbeschreibung – Site Master File
ICH Q9 Qualitätsrisikomanagement
ICH Q10 Hinweis zum Pharmazeutischen Qualitätssystem
Mutual Recognition Agreement zum Chargenzertifikat
Vorlage für die „Written Confirmation“ für Wirkstoffe, die zur Verwendung bei Humanarzneimitteln aus Drittländern nach Europa exportiert werden
Richtlinie zur Festlegung gesundheitsbezogener Expositionsgrenzwerte im Rahmen einer Risikoidentifizierung bei der Herstellung von verschiedenen Arzneimitteln in gemeinsam genutzten Einrichtungen
Richtlinien vom 19. März 2015 über die formalisierte Risikobewertung zur Ermittlung der geeigneten Guten Herstellungspraxis für Hilfsstoffe von Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch
Vorlage zur Chargenfreigabe von Investigational Medicinal Products
Reflexionspapier der Guten Herstellungspraxis für Zulassungsinhaber
Annexes
Annex 1 – Herstellung von sterilen Arzneimitteln
Annex 2 – Herstellung von biologischen Wirkstoffen und Arzneimitteln zur Anwendung bei Menschen
Annex 3 – Herstellung von radioaktiven Arzneimitteln
Annex 4 – Herstellung von Tierarzneimittel (außer immunologische Arzneimittel)
Annex 5 – Herstellung von immunologischen Arzneimitteln für Tiere
Annex 6 – Herstellung von medizinischen Gasen
Annex 7 – von pflanzlichen Arzneimitteln
Annex 8 – Proben von Ausgangs- und Packmaterial
Annex 9 – Herstellung von Liquida, Cremes und Salben
Annex 10 – Herstellung von von unter Druck stehenden präparaten zur Inhalation
Annex 11 – Computergestützte Systeme
Annex 12 – Verwendung von ionisierenden Strahlen für die Arzneimittelherstellung
Annex 13 – Herstellung von Prüfpräparaten
Annex 14 – Herstellung von Produkten aus menschlichem Blut oder Plasma
Annex 15 – Qualifizierung und Validierung
Annex 16 – Zertifizierung und Chargenfreigabe durch die sachkundige Person
Annex 17 – Parametrische Freigabe
Annex 18 – (seit 2005 nicht Herstellung mehr existent, nun Teil II)
Annex 19 – Referenz- und Rückstellmuster
Annex 20 –
Qualitätsrisikomanagement
(seit 2011 nicht mehr existent, nun in Teil III)
Annex 21 – Einfuhr von Arzneimitteln
Glossary
Teil IV – GMP requirements for Advanced Therapy Medicinal Products
Stand: März 2022
Die Rolle der EMA
Die Hauptaufgaben der europäischen Arzneimittelagentur EMA (European Medicines Agency, früher EMEA – European Agency for the Evaluation of Medicinal Products) seit ihrer Gründung im Jahr 1995 sind die wissenschaftliche Bewertung, Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln im Auftrag der europäischen Kommission. Als Dienstleistungsbehörde koordiniert sie die Vorbereitung neuer oder überarbeiteter Leitlinien und gewährleistet eine einheitliche Auslegung der GMP-Anforderungen und damit zusammenhängender technischer Fragen innerhalb der EU. Eine weitere koordinierende Rolle hat sie in Bezug auf Inspektionen im Rahmen von Herstellungsstätten in Ländern der Europäischen Gemeinschaft oder auch bei Herstellern in Drittländern. Der EMA gehören die Arbeitsgruppe Qualität (Quality Working Party, QWP) sowie die Ausschüsse für Humanarzneimittel (CHMP) bzw. für Tierarzneimittel (CVMP) an, welche zahlreiche Leitlinien (Guidelines) und Empfehlungen (Notes for Guidance) zur Herstellung und Qualitätskontrolle von Arzneimitteln herausgeben. Diese Veröffentlichungen repräsentieren den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und müssen bei der Entwicklung, Prüfung und Zulassung von Arzneimitteln berücksichtigt werden.
Als Counterpart zum EudraLex Volume 4 – EU-GMP-Leitfaden sind im US-amerikanischen föderalen System die Codes of Federal Regulations (US-amerikanische Bundesverordnungen) mit Abschnitt (Title) 21 Teil (Part) 210 (21 CFR part 210 – cGMP in Manufacturing, Processing, Packaging or Holding of Drugs: General) und Teil 211 (21 CFR part 211 – cGMP for Finished Pharmaceuticals) die rechtlich bindende Grundlage zur Manifestierung der Guten Herstellungspraxis. Der Abschnitt 21 regelt im Bundesrecht der Vereinigten Staaten den Umgang mit Lebensmitteln und Arzneimitteln für Hersteller und ist als Gesetz in der amerikanischen Jurisdiktion verankert. Das „c“ in cGMP steht für current – dt.: „aktuell“ und bedeutet, dass Unternehmen zur Einhaltung der obigen Vorschriften Technologien und (elektronische) Systeme verwenden sollen, die auf dem neuesten Stand sind. Um deren Aktualität sicherzustellen, werden die Richtlinien im Gegensatz zur jenen der EU jedes Jahr auf Anwendbarkeit überprüft.
Title 21 der amerikanischen Rechtsverordnung ist in verschiedene Kapitel (Chapter) unterteilt, wobei Chapter I der FDA zugewiesen wurde. Dieses Chapter I ist wiederum in verschiedene Unterkapitel (Subchapter) unterteilt, welche neben generellen Aspekten die Regulative humaner Arzneimittel, biologischer Produkte, Lebensund Futtermittel, Medizinprodukte sowie Tabakprodukte beschreiben. Im Subchapter C findet man unter Part 211 verschiedene Subparts und Ziffern, welche den Umgang mit GMP im Labor nach US-Rechtsvorstellungen beschreiben, z. B.:
211 Subpart B (Organization and Personnel): § 211.22 Responsibilities of a quality control unit
211 Subpart I (Laboratory Controls): § 211.160 General Requirements
Bezüglich des Umgangs mit biologischen Produkten (Biologies – Impfstoffe, Blut und Blutbestandteile, Allergene, somatische Zellen, Gentherapeutika, Gewebe und rekombinante therapeutische Proteine) sind der 21 CFR Part 606 (cGMP for Blood and Blood Components) in Bezug auf die Herstellung von Blutprodukten zu erwähnen.
Hinsichtlich der Medizinprodukte ist auf die Regelung des Qualitätsmanagementsystems unter 21 CFR part 820 Quality System Regulation zu verweisen.
Schon 1997 wurde unter dem Title 21 Subchapter A General (generelle Aspekte) ein Gesetz zum Umgang mit elektronischen Aufzeichnungen und Unterschriften verfasst. Dieser als 21 CFR Part 11 (Electronic Records, Electronic Signatures) bekannte Text ist insbesondere für den aktuell sehr beschleunigten Übergang von papierbasierten zu computergestützten elektronischen Systemen in der Life-Science-Industrie von elementarer Bedeutung.
Neben diesen gesetzlich verankerten Vorgaben veröffentlicht die FDA sogenannte Guidances for Industry, welche die Interpretationen der Behörde zu aktuellen bzw. wichtigen Themen widerspiegeln. Diese Leitfäden sind weder für die FDA noch für die Öffentlichkeit bindend. Zwei sehr bedeutende Guidances seien im Zusammenhang mit GMP-Tätigkeiten im Labor erwähnt:
FDA
Guidance for Industry: Investigating Out-of-Specification (OOS) Test Results for Pharmaceutical Production:
Dieser Leitfaden beschreibt den Umgang mit Analysenergebnissen, die außerhalb der Spezifikation des zu testenden Produktes liegen.
Data Integrity and Compliance With Drug CGMP – Questions and Answers Guidance for Industry:
Dieser Katalog beantwortet häufig gestellte Fragen bezüglich des essenziellen Themas Datenintegrität.
Rolle der FDA
Die US-Food and Drug Administration (US-FDA) ist als Lebens- und Arzneimittelüberwachungsbehörde dem Gesundheitsministerium der Vereinigten Staaten unterstellt. Seit ihrer Gründung im Jahr 1927 hat die Behörde mit Sitz in Silver Spring, Maryland die Kernaufgabe die öffentliche Gesundheit zu schützen und zu verbessern. Dabei kontrolliert sie die Sicherheit von Human- und Tierarzneimitteln, biologischer Produkte, Medizinprodukte, Lebens- und Futtermittel sowie Kosmetika, welche entweder in den USA produziert oder in diese importiert wurden. Unabhängige Experten beraten die FDA in der Zulassung von Arzneimitteln und die Behörde selbst veröffentlicht wissenschaftliche Informationen zu deren Gebrauch. Die FDA besteht aus zahlreichen Organisationseinheiten mit unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten, wobei das Center for Biologics Evaluation and Research (CBER) und Center for Drug Evaluation and Research (CDER) für den Bereich Arzneimittel verantwortlich sind. Das CBER ist insbesondere für die Evaluierung von Impfstoffen, Gentherapeutika, Blutprodukten und Zellprodukten zuständig, während im CDER die Zuständigkeit für monoklonale Antikörper bzw. therapeutische Proteine und Immunmodulatoren lokalisiert ist.
In Deutschland ist das staatliche GMP-Regelwerk in der seit November 2006 gültigen Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) niedergelegt. Die AMWHV ist eine Durchführungsverordnung des deutschen Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG), welches die Anforderungen über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen und über die Anwendung der guten fachlichen Praxis bei der Herstellung von Produkten menschlicher Herkunft gesetzlich regelt. Zwischen 1985 und 2006 war die Betriebsverordnung für pharmazeutische Unternehmer (PharmBetrV) die Rechtsgrundlage für herstellende Pharmaunternehmen. Mit der AMWHV wurden auch alle Hersteller und Händler von Wirkstoffen oder auch Hilfsstoffen erfasst, und Anforderungen an Verantwortungsträger wurden neu definiert.
Die AMWHV ist in folgende Abschnitte gegliedert:
Abschnitt 1: Anwendungsbereich und Begriffsbestimmung
Abschnitt 2: Allgemeine Anforderungen
Abschnitt 3: Arzneimittel, Blutprodukte und andere Blutbestandteile sowie Produkte menschlicher Herkunft
Abschnitt 4: Wirkstoffe nicht menschlicher Herkunft
Abschnitt 5: Sondervorschriften für Fütterungsarzneimittel und Blutspendeeinrichtungen, Entnahme- und Gewebeeinrichtungen sowie für Gewebespenderlabore, ergänzende Vorschriften für die Kodierung von Gewebe und Gewebezubereitungen und Sondervorschriften für Einrichtungen mit einer Erlaubnis nach § 13 des Arzneimittelgesetzes oder §72 des Arzneimittelgesetzes
Abschnitt 6: Ordnungswidrigkeiten
Abschnitt 7: Schlussvorschriften
Während die AMWHV die Vorgaben zur Arzneimittel- bzw. Wirkstoffherstellung bereitstellt, ist das Arzneimittelgesetz die zentrale Rechtsvorschrift zur sicheren Arzneimittelversorgung in Deutschland. Da eine Verordnung in der deutschen Rechtsprechung immer an ein Gesetz gekoppelt sein muss, findet man die AMWHV in § 54 des AMG unter Abschnitt 8 – Sicherung und Kontrolle der Qualität verankert. Mit dem im Jahr 1961 eingeführten und 1976 novellierten deutschen Arzneimittelgesetz werden durch europäisches Recht harmonisierte Anforderungen an den Verkehr mit Human- und Tierarzneimitteln umgesetzt (z. B. die kodifizierten Richtlinien 2019/6 und 2001/83/EG, inklusive ihrer Ergänzungen).
Das AMG bzw. dessen abgeleitete Rechtverordnungen treffen umfassende Regelungen zur Herstellung, Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln, sowie deren Sicherung und Kontrolle der Qualität, einschließlich klinischer Prüfungen und Arzneimittelrisiken. Außerdem regelt dieses Gesetz die Einfuhr und Ausfuhr, den Vertrieb und die Abgabe von Arzneimitteln, sowie Haftung, Straf- und Bußgeldvorschriften. Die relevanten Vorschriften zur Herstellung und Qualitätskontrolle finden sich im Arzneimittelgesetz im 3. Abschnitt: Herstellung von Arzneimitteln (§§ 13 bis 20a AMG), und 8. Abschnitt: Sicherung und Kontrolle der Qualität (§§ 54 bis 55a AMG).
Es sei angemerkt, dass Apotheken i. d. R. nicht der AMWHV unterliegen und keine Herstellungserlaubnis oder Einfuhrerlaubnis benötigen. Für sie gelten die Apothekenbetriebsordnung bzw. die Arzneimittelhandelsverordnung, während die AMWHV z. B. auch Blutspende- und Gewebeeinrichtungen betrifft.
Für Tierimpfstoffe gilt die Tierimpfstoffverordnung aus dem Jahr 2006 (Tier-ImpfStV 2006) als zentrale nationale Rechtsvorschrift. Im Januar 2022 wurde basierend auf der Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG und einer novellierten EU-Verordnung 2019/6 ein eigenständiges Tierarzneimittelgesetz (TAMG) in Deutschland erlassen.
Rolle des BfArM/PEI
Die Überwachung der GMP-Anforderungen obliegt in Deutschland den Bundesländern, welche mittels ihrer Behörden regelmäßig Inspektionen durchführen und nach erfolgreichem Abschluss GMP-Zertifikate oder Bescheinigungen zur Herstellungserlaubnis erstellen. Landesbehörden teilen sich die Arzneimittelüberwachung getrennt nach Human- und Tierarzneimittel bzw. Tierimpfstoffe in Gesundheits-, Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerien auf. Die Länder verfügen über GMP-Inspektorate der Bezirksregierungen sowie über Arzneimitteluntersuchungsstellen. Die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) ist die gemeinsame und koordinierende Behörde aller Bundesländer, die im Human- und Tierarzneimittelbereich tätig sind. Darüber hinaus ist sie die nationale Kontaktstelle in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit europäischen Organisationen, insbesondere der EMA und weiteren internationalen Gremien.
Für die Zulassung der Mehrheit von Humanarzneimitteln ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuständig, während für Blut und Blutprodukte, ATMPs (advanced therapy medicinalproducts) sowie Impfstoffe (auch Veterinärimpfstoffe) das Paul Ehrlich Institut (PEI) als zulassende Behörde agiert. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ist die zuständige Behörde für die Zulassung von Tierarzneimitteln.
Mit den europäischen und US-amerikanischen GMP-Regularien sind zwei der weitreichendsten Normative beschrieben, selbstverständlich haben jedoch weitere arzneimittelzulassende und -vertreibende Nationen nationale GMP-Vorgaben implementiert. Insbesondere die Länder Japan, Kanada, Australien, Neuseeland, Israel und die Schweiz haben schon in den letzten Jahrzehnten nationale GMP-Regularien verfasst und mit der Europäischen Union Abkommen der gegenseitigen Anerkennung etabliert (s. Abschn.2.4). Seit jüngerer Zeit spielen insbesondere die Staaten Brasilien, Mexiko, Russland, Indien und China eine immer größere Rolle in der internationalen Produktion von Arzneimitteln, wobei deren GMP-Richtlinien seitens der EU oder USA nicht immer im Einklang zu den Auslegungen der jeweiligen Länder interpretiert werden.
Neben diesen nationalen bzw. internationalen, rechtlich bindenden GMP-Regelwerken existiert noch eine Reihe weiterer und zum Teil verbindlicher internationaler Guidances, welche von global tätigen Organisationen wie der World Health Organization (WHO), der International Council of Harmonization (ICH) oder dem Pharmaceutical Inspection Co-operation Scheme (PIC/S) veröffentlicht werden, vgl. Abb.2.1.
Wie schon in Abschn.2.1 beschrieben, veröffentlichte die WHO das erste Standardwerk zur Good Manufacturing Practice für pharmazeutische Produkte. In den vergangenen Jahren bis heute veröffentlicht ein WHO-Sachverständigenausschuss für Spezifikationen pharmazeutischer Zubereitungen sogenannte Technical Report Series (TRS), eine Fachberichtsreihe, welche die Ergebnisse verschiedener internationaler Expertengruppen zu einem breiten Spektrum von Themen aus den Bereichen Medizin und öffentliche Gesundheit zur Verfügung stellt. Dieses Gremium besteht aus Mitgliedern und Experten verschiedener außereuropäischer Länder unter Beteiligung der europäischen Union sowie Vertretern der EMA, des internationalen Handelsverbandes pharmazeutischer Unternehmer (International Federation of Pharmaceutical Manufacturers & Associations – IFPMA) und Repräsentanten nationaler Arzneibücher (z. B. British, Russia and US Pharmacopeiae) sowie direkten Vertretern der WHO. Der Anspruch und die Aufgabe der in Genf ansässigen Weltgesundheitsorganisation repräsentiert mit der Expertengruppe globale Standards in Bezug auf biologische und pharmazeutische Produkte international zu entwickeln und zu etablieren.
Abb. 2.1 Internationale Richtlinien und Institutionen. Kartenabbildungen: Wikipedia
Als Leitfaden zur Bewertung der Qualität von pharmazeutischen Produkten im internationalen Handel und zur Bewertung der Vergabe einer Herstellungserlaubnis wird der Annex 2 des WHO TRS 986 aus dem Jahr 2014 Good Manufacturing Practices: Main Principles for Pharmaceutical Products auch als Basis für GMP-Inspektionen verwendet. Dieser Standard kann auch als Schulungsmaterial für staatliche Arzneimittelinspektoren sowie für Personal der Produktion, Qualitätskontrolle und -sicherung in der Industrie verwendet werden. Es sei erwähnt, dass mit der letztenRevision des WHO GMP-Standards das Kap. 17Good Practices in Quality Control erneuert wurde.
In Bezug auf die Anforderungen an gute Praktiken insbesondere im GMP-Labor sei auf folgende Annexe verschiedener Technical Report Series verwiesen:
Annex 1 des WHO TRS 957 aus dem Jahr
2010 Good Practices for Pharmaceutical Quality Control Laboratories
Annex 2 des WHO TRS 961 aus dem Jahr 2011
Good Practices for Pharmaceutical Microbiology Laboratories
Annex 7 des WHO TRS 961 aus dem Jahr 2011
Guidelines on Transfer of Technology in Pharmaceutical Manufacturing
Des Weiteren Beispiele jüngster relevanter GMP-Guidelines:
Annex 2 des WHO TRS 999 aus dem Jahr 2016
Good Manufacturing Practices for Biological Products
Annex 3 des WHO TRS 1019 aus dem Jahr 2019
Good Manufacturing Practices: Guidelines on Validation
Eine Fülle weiterer Annexe der Technical Report Series beschreiben qualitätsrelevante Aspekte der Guten Herstellungspraxis (u. a. Quality Risk Management oder Site Master File).
Der International Council for Harmonisation of Technical Requirements for Pharmaceuticals for Human Use (ICH) hat sich zum Ziel gesetzt eine Harmonisierung der Beurteilungskriterien von Humanarzneimitteln als Basis der Arzneimittelzulassung in Europa, den USA und Japan zu erreichen. Mitgliedsländer sind neben Repräsentanten der EU, der USA und Japan die Schweiz, Kanada, Brasilien, Singapur, China, Korea und die Türkei. Ständige Beobachter der ICH sind die WHO sowie die IFPMA.
Die ICH stellt der Öffentlichkeit empfehlende Guidelines für die Bewertung der
Qualität (
quality
– Q)
Sicherheit (
safety
– S) und
Wirksamkeit (
efficacy