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Vom Sardinien bis Kanada! Ein Reisetagebuch.
Wer eine Reise macht, der hat viel zu erzählen, was alles schief läuft vor allem!
Gobis Reiseberichte erzählen unter anderem, wie er sich kaum bekleidet mitten in der Wildnis Kanadas vor dem verschlossenen Mietwagen wiederfindet… In den 10 Reiseberichten gibt es Erlebnisse zum Schmunzeln, Nachdenken und Träumen. Lassen Sie sich entführen, lernen Sie fremde Länder kennen und erleben Sie Abenteuer, die man sich so nie vorgestellt hätte.
Die Berichte wurden jeweils kurz nach Reiseende spontan niedergeschrieben - aus dem Bedürfnis des Autors heraus, einzelne Erinnerungen und die damit verbundenen Stimmungen festzuhalten. Sie waren ursprünglich nicht zur Veröffentlichung bestimmt, wurden aber im Freundeskreis so gerne gelesen, dass Gobi seine Geschichten in diesem Buch zusammengestellt hat.
Ein Buch für alle, die gerne auf außergewöhnliche und humorvolle Art die Welt kennenlernen möchten. Viel Spaß beim Lesen und Schmunzeln ;-)
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Inhalt
Vorwort
Kanada 1998
Türkei 2000
Brasilien 2000
Marokko 2000
Frankreich 2002
Berlin 2002
Irland 2002
Sardinien 2002
Kanada-Alaska 2003
Bayrischer Wald 2003
Mein Reiz des Reisens ist ein seltsamer.
Schon als junger Bursche zog es mich in die Ferne, wobei ich meine erste Reise nicht selbst bestimmt hatte. Ich wurde sozusagen mit viel gutem Willen druckverreist. Initiiert von meiner Mutter und unserem Hausarzt, machten sie mich zu einem teilnehmenden Kind einer damals sehr häufig stattfindenden Kinderverschickung.
Dieser Aufenthalt im Kinderkurheim Sonnenhang in Oberstdorf im Januar 1965 war für mich prägend, weil der Horror: zur Selbständigkeit erzogen, mit starkem Willen ausgestattet, doch von einfachem Gemüt, erlebte ich damals, 13 Jahre alt, den blanken Wahnsinn einer Tantenwelt, die kriegs- und nachkriegsgeprägte Kindererziehung mit perfidesten Mitteln durchsetzte. Selbst Jahrzehnte später sind mir davon noch Erlebnisse präsent, als wären sie gestern geschehen.
Mit 17 brachte mich eine, nun selbst veranlasste, Reise das erste Mal nach Finnland und zwar mit einem Kollegen, einem Mitlehrling aus der Lehrwerkstatt. Der war sehr geschickt im Verpacken eigener Interessen. Ich campierte nämlich zwei Wochen im Osten Finnlands an einer Straße, ausgestattet mit zwei geliehenen Bundeswehr-Zeltplanen, zwei Stangen Zigaretten und einer Bananenkiste voller Konservendosen. Mein „Freund“ hingegen lebte sich derweil irgendwo im Westen bei seiner finnischen Freundin aus, holte mich aber zumindest am vereinbarten Tag wieder ab. Selbst Jahrzehnte später sind mir davon noch Erlebnisse präsent, ...
Wenn man so will, war die nächste Reise, die bis dato einzig echte, weil permanent unterwegs. Ich fuhr zweimal für drei Monate als Motorenhelfer für die deutsche Reederei Hapag Lloyd zur See. Zwei verschiedene Schiffe und das völlig neue Arbeits- und Sozialgelände der Hochseeschifffahrt wirbelten meine bis dahin geltenden Regeln und Erfahrungen in einer Art durcheinander wie der Wind einen Blätterhaufen. Alles war „onnersder“, wie der Hesse noch im hohen Norden sagt. Selbst Jahrzehnte später sind mir davon noch Erlebnisse präsent, ...
Der erste wirklich lange Auslandsaufenthalt fand in Kamerun in Westafrika statt, drei Jahre als Entwicklungshelfer für den heute in dieser Art nicht mehr existierenden Deutschen Entwicklungsdienst DED. Er hatte den größten Einfluss auf mein Leben. So wertvoll und einzigartig, dass man es mit keinem Maß messen kann. Aus heutiger Sicht kann ich mich der schelmischen These vorbehaltlos anschließen, dass das Einzige, was vom Entwicklungsdienst entwickelt wurde, der Entwicklungshelfer war. Selbst Jahrzehnte später sind mir davon noch Erlebnisse präsent, ...
Der Aufzählungen gäbe es noch viele und äußerst verschiedene. Doch sie haben doch alle eines gemeinsam: Ich erinnere mich am Deutlichsten an die Ereignisse, die irgendwie schräg, verkorkst oder halt sonst wie misslungen waren. Die schnöde Normalität, der Sonnenschein, das Bad in der karibischen See mit Cocktailglas und verführerischen Schönheiten drumherum blieb nur deshalb so gut in Erinnerung, weil im Wasser teuflische Feuerquallen für Aufregung unter den Badegästen sorgten. Die nur schönen, die gelungenen, ja die perfekten Reisen, auch die gab es. Doch davon sind meist bloß noch Erinnerungsblitze geblieben. Nur bei außergewöhnlicher Vollkommenheit erwähnenswert, fehlt ihnen doch das irgendwie gemeisterte Leid, Elend und das Hoffen auf Besseres. Es sind die Katastrophen, die ihr Geld wert waren. Denn sie schafften nicht nur erinnerungswertes Erleben, sondern auch lehrreiche Handlungsdynamik.
Mein Reiz des Reisens liegt also nicht im Erleben von Perfektitüden, von Banalitäten oder Nullachtfünfzehnvorgängen, sondern im Gescheiterten, im Anderssein als gedacht und im Meistern dessen. Von daher mein Rat verehrter Reisender: Seien Sie dankbar für jedes noch so kleine Ärgernis auf Reisen. Denn selbst in Jahrzehnten werden Sie davon noch zehren können. Meine Reiseerinnerungen sind deshalb keine Reiseführer zum Nachreisen. Vom kleinen Schmunzler-Erlebnis bis zum alltäglichen Wahnsinn - viel Spaß beim Lesen wünsche ich...
Gobi
© Copyright 2021 G. Gobi
Lektorat Barbara Szudarek
Alle Namen sind fiktiv, um die Persönlichkeitsrechte der Personen zu achten.
Titelbild: NASA, gemeinfreie Datei (https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Global_Vegetation_.jpg)
Alle Bilder in den Texten sind eigene.
Diese Reise begann mit einer 14tägigen Busfahrt von Calgary nach Vancouver und war eine der schönsten Touren, die ich bisher erleben durfte. Die Reisegruppe war großartig, die Reiseleitung inklusive des Busfahrers war hervorragend. Auch die Unterkünfte sowie die Verpflegung ließen keine Wünsche offen. Wir haben in toller Stimmung viel gesehen und erlebt.
Wir besuchten versteckte Seen und befuhren einen großen Gletscher. Leider absolvierten wir nur kleine Spaziergänge, da bei Reisegruppen halt immer der Schwächste das Maß der gangbaren Entfernung ist. Doch selbst dieses kleine Manko ließ sich klaglos ertragen, denn die Mitreisenden waren einfach Menschen, wie man sie auch gerne als Freunde hätte
Banf, Jasper, Sun Peaks, Kamloops, Whistler, die Nationalparks und noch eine Zugfahrt durch die Rockies, was wollten wir mehr? Da unser Bus alle zwei Stunden eine Fahrpause einlegte, ließ sich der guten Stimmung wegen der Busfahrer dazu hinreißen, seine Quetschkommode (Akkordeon) hervorzuholen, um uns seine Künste vorzuführen. Wäre ich nicht dabei gewesen, ich würde es nicht glauben, doch es gab tatsächlich einen beträchtlichen Teil der Gruppe, der auf dem Parkplatz tanzte. Der Zauber, der von diesem Land ausgeht, nahm uns gefangen.
Am Abend in Vancouver angekommen, gab es noch einen schönen Spaziergang die Waterfront entlang. Die Steam Clock, das Cruise Center und viele kleine und große Kneipen und Restaurants finden sich in dieser Ecke und machen einem den Abschied echt schwer. Dennoch, für die Gruppe endete diese Reise am nächsten Morgen am Flughafen und für mich an der U-Bahnstation.
Meine Solofahrt zum sich anschließenden zweiten Aufenthalt auf der Paradiese Valley Ranch in der Nähe von Princeton verlief unproblematisch, obschon ein kleiner Nervenkitzel dazugehörte. Ist die U-Bahn die richtige Linie und die Station die, an der man aussteigen muss? Komme ich rechtzeitig an und sitze im richtigen Bus? Was ist, wenn ich nicht abgeholt werde? Es gehörte schon ein bisschen Spannung dazu. Überhaupt wenn man sooo gut Englisch radebricht wie ich.
Ich war schon sehr emotionsgeladen, als ich viele Stunden später mit dem Bus an der Straßenabfahrt zur Ranch vorbeifuhr. Als ich gleich darauf Helga, die Rancherin, an der Bushaltestelle stehen sah, hätte ich vor Wiedersehensfreude und Erleichterung schreien mögen.
Eine Woche lang ließ ich mich einfach nur treiben. Es gab schöne Abende am Lagerfeuer und einen Besuch auf einer anderen Ranch zum Rindertreiben-Training für den großen anstehenden Wettbewerb, den ich jedoch leider nicht mehr miterleben konnte. Helmut, der Rancher, und sein Schwiegersohn Dirk, ritten mit mir abwechselnd alleine aus. Da es in dieser Woche keine anderen Gäste gab, konnten wir auch Dinge tun, die im normalen Gästebetrieb nicht möglich waren. So durfte ich beispielsweise sogar auf dem Ranchgelände alleine reiten.
Leider verstrich die Zeit in rasender Geschwindigkeit. Selten ist mir ein Abschied so schwer gefallen, denn ich fühlte mich wie ein Familienmitglied. Doch so ist das. Alles hat mal ein Ende.
Auf der Rückfahrt nach Vancouver geschah dann das, was ich bei der Reiseplanung befürchtet hatte: Der Bus verspätete sich. Wenn man sich nun nicht auskennt, noch x-mal fragen muss und zudem einen großen Koffer zu schleppen hat, dann ist der Flieger weg. In weiser Vorausschau hatte ich jedoch eine zweitägige Zeitreserve eingebaut mit der Chance, mir noch die Gegend um Vancouver näher anschauen zu können.
Während dieser Busrückfahrt musste ich einmal umsteigen, wobei ich an der Haltestelle eine ältere, kräftige, wohlbebuste Dame kennenlernte. Es war eine Englischlehrerin irgendwo aus dem Yukon und sie sah aus wie diese Lehrerinnen, die man häufig in den Wildwestfilmen sieht, resolut aber mit viel Herzenswärme. Es war wirklich schön, das letzte Stück bis Vancouver mit ihr zusammenzusitzen, denn wir unterhielten uns prächtig.
In Vancouver angekommen, fuhr ich wieder mit U-Bahn und Bus bis zu einer Wagenmietstation. Dort bekam ich einen echt schönen Wagen, Model „Malibu“ von Chevrolet mit allen Schikanen, dunkles Metallicblau, ein Wägelchen zum Reinbeißen. Es war mittlerweile 17 Uhr und der vor mir liegende weitere Weg war ganz und gar unbestimmt. Ich wollte einfach nur einmal rund um Vancouver fahren.
Als erstes fuhr ich eine Stunde quer durch die Stadt und deckte mich in einem Supermarkt mit Getränken, Keksen und allerlei Dickmachern ein. Mit einem Pizzadreieck aus einer kleinen Bude in der einen und der Landkarte in der anderen Hand, fragte ich eine äußerst attraktive Dame nach dem Weg aus der Stadt. Und so im Nachhinein kommt es mir vor, als hätte mir damit der Herr eine Versuchung geschickt, denn irgendwie war ich den Eindruck nicht losgeworden, dass sie mir den Weg gerne persönlich gezeigt hätte. Ich hatte mich sogar extra dumm gestellt, um ihre nach Frische duftende Nähe länger genießen zu können - verdrückte mich dann aber doch alleine in Richtung White Rock zur ‚Amigrenze‘.
Dort wäre ich sogar beinahe versehentlich hinüber gefahren. Im letzten Augenblick konnte ich gerade noch nach links abbiegen und ein paar Kurven später führte die Straße schnurgerade an der Grenze entlang Richtung Osten. Das war echt irre! Wer schon mal in den Staaten war und weiß, was die Amis alles wissen wollen und was für ein Getue die bei der Immigration anstellen, der ist schon verwundert, dass man hier auf einer Straße fahren kann, die von einer anderen, in den USA parallel verlaufenden Straße, nur durch einen 50 cm tiefen Graben getrennt ist.
Also, wenn ich von Fahren spreche, dann ist Schritttempo gemeint. Ich hatte ja alle Zeit der Welt und sehen wollte ich auch was. Fast an jedem Briefkasten stoppte ich mehr oder weniger, schaute mir die Gegend an und machte mir so meine Gedanken, verfiel ins Träumen. Ich sah den Leuten bei der Himbeer-, Blaubeer- und Sonstwasbeerenernte zu und habe selbst auch etwas geerntet, nämlich misstrauische Blicke. Wahrscheinlich gibt es nicht viele ehrenhafte Bürger, die mit so einem Auto durch die Gegend schleichen und alles ausspähen.
Es war so kurz hinter Abbordsfort Richtung Mission, Farmland weit und breit, durchsetzt mit hier und da mal einem Gebäude. Offenbar war hier früher Schwemmland gewesen, denn rechts und links neben der Teerstraße verliefen Entwässerungskanäle mit quakenden Fröschen und kampferprobten Stechfliegen. Langsam wurde es dunkel. Zufällig sah ich einen etwa fünf Meter langen Weg, der über einen Entwässerungsgraben hinweg in ein endloses Maisfeld hinein führte. Welch schönes Plätzchen für die Nacht und direkt neben der Straße.
Ich stellte also den Wagen dort ab und stieg aus. Ich wollte noch ein paar Meter auf der Teerstraße vor dem Wagen hin- und hergehen. Im Allgemeinen würde man es ‚Füße vertreten‘ nennen. In dieser Situation traf aber Mückenerschlag- oder vor-Mücken-Weglauftraining den Kern der Sache besser. Gerade wollte ich aufgeben, denn ohne chemische Keule ist man da immer auf der Verliererseite, als ein kleiner Laster anhielt.
Der Fahrer stieg aus und fragte mich, ob ich Schwierigkeiten hätte und er helfen könnte. Wirklich überrascht war ich nicht. Der Mann war von der zwei- bis dreihundert Meter entfernt liegenden Farm und hatte gesehen, dass ich angehalten hatte. Ich erklärte ihm, was ich hier wollte, nämlich schlafen, und wo ich herkäme, nämlich von Princeton. Er lud mich ein, bei ihm auf dem Hof zu stehen, was ich aber dankend ablehnte. Denn ich hatte den Eindruck, er wollte nur wissen, wer ich bin, Banditen gibt es ja viele auf der Welt.
Ich bedankte mich überschwänglich für seine Aufmerksamkeit (mit meinem Englisch) und erklärte ihm, dass ich lieber hier stehen bliebe. Ich wolle einfach nicht stören, wenn ich früh morgens wegfahren oder wegen der Klimaanlage den Motor laufen lassen würde. Er lächelte, nickte noch einmal und fuhr in die nächste Einfahrt. Ich lächelte nicht, denn die fliegenden Plagegeister hatten nicht nur ihren Heimvorteil sondern auch mein Abgelenktsein weidlich genutzt und mich erbarmungslos angezapft.
Eine Weile las ich noch, lies mir erneut die letzten Tage durch den Kopf gehen, frischte noch einmal meine Erinnerungen auf. Was konnte das Leben doch so schön sein.
Der zweite LKW musste ein größerer gewesen sein, denn der Luftzug beutelte meinen Malibu ganz ordentlich hin und her. Die Nacht war also vorüber. Ich zog mir wieder an, was ich ausgezogen hatte, begab mich nach draußen und tat das, was die allermeisten Leute morgens als erstes tun. Für heimliche Beobachter, man denke nur an den Hilfswilligen vom Vorabend, musste ich schon ein drolliges Bild abgegeben haben. Wie ich so dastand: Hemd halb draußen, Schuhe hinten umgetreten, Hose halb offen und der ganze Kerl gebogen wie ein Fragezeichen, denn auch Malibus Liegesitze eignen sich nicht zum geraden Liegen. Dennoch, ich fühlte mich korrekt angezogen. Hatte ich doch an diesem Morgen zusätzlich meinen Hut auf. Die fliegenden Dolche sollten nicht schon wieder die Chance bekommen, meine Schädeldecke zu perforieren.
In Chilliwack wechselte ich über den Highway 1. Ich wollte in Richtung Norden in die Berge. Unterwegs frühstückte ich irgendwo an einer Raststätte und landete irgendwann in einem Einkaufszentrum. Drei Jeans und zwei CDs von Celine Dion („Let´s talk about love“ und „Falling into you“) und ein paar Vitamin- und Zinkkapseln bezahlte ich bar. Es waren nicht gerade Schnäppchen aber dennoch weit billiger als in Deutschland. Außerdem, was sollte ich sonst mit dem Restgeld machen.
Celine verzauberte mich ab da mit ihren Liedern in Hifi Stereo und maximaler Lautstärke. Mir ging es gut. So gut wie es einem Menschen nur gehen kann. Frei wie ein Vogel und zufrieden wie ein gesundes, sattes Baby rollte ich mit diesem Superschlitten durch eine der schönsten Gegenden. Einfach nur so. Am späten Nachmittag erspähte ich den Wegweiser: „Pitt Lake Golden Ears Prov. Park“. Den wollte ich mir ansehen. Durch ein paar kleine Dörfer, wenn man die wenigen Häuser, die es immer waren, so bezeichnen kann, vorbei an großen und kleinen Farmen, kam ich so gegen 18 Uhr auf dem Parkplatz „Pitt Lake“ an.