Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand - Johann Wolfgang Goethe - E-Book

Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand E-Book

Johann Wolfgang Goethe

0,0
5,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein Drama mit historischem Stoff: Ritter Götz von Berlichingen beharrt auf seiner Freiheit vor dem Hof des Bischofs von Bamberg – der sie prompt verletzt. Fortan liegen die beiden in Fehde, die allmählich eskaliert … Klassenlektüre und Textarbeit einfach gemacht: Die Reihe »Reclam XL – Text und Kontext« erfüllt alle Anforderungen an Schullektüre und Bedürfnisse des Deutschunterrichts: * Schwierige Wörter werden am Fuß jeder Seite erklärt, ausführlichere Wort- und Sacherläuterungen stehen im Anhang. * Ein Materialienteil mit Text- und Bilddokumenten erleichtert die Einordnung und Deutung des Werkes im Unterricht. * Natürlich passen auch weiterhin alle Lektüreschlüssel, Erläuterungsbände und Interpretationen dazu! E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 214

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Johann Wolfgang Goethe

Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand

Ein SchauspielReclam XL | Text und Kontext

Herausgegeben von Martin C. Wald

Reclam

2014, 2022 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Durchgesehene Ausgabe 2022

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2022

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-960468-8

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-016135-7

www.reclam.de

Inhalt

Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand.

Personen

Erster Akt

Zweiter Akt

Dritter Akt

Vierter Akt

Fünfter Akt

Anhang

1. Zur Textgestalt

2. Anmerkungen

3. Leben und Zeit

4. Übersichten zum Drama

5. Der Götz im Sturm und Drang

6. Die Gestalt des Götz

7. Götz von Berlichingen: Ritter oder Räuber?

8. Literaturhinweise

Fußnoten

Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand.

[3]Personen

[4]

KAISER MAXIMILIAN

GÖTZ VON BERLICHINGEN

ELISABETH

, seine Frau

MARIA

, seine Schwester

CARL

, sein Söhnchen

GEORG

, sein

Bube

BISCHOF VON BAMBERG

an des Bischofs Hofe

WEISLINGENADELHEID VON WALLDORFLIEBETRAUT

ABT VON FULDA

OLEARIUS

, beider Rechte Doktor

BRUDER MARTIN

HANS VON SELBITZ

FRANZ VON SICKINGEN

LERSE

FRANZ

, Weislingens Bube

KAMMERFRÄULEIN

der Adelheid

METZLER, SIEVERS, LINK, KOHL, WILD,

Anführer der rebellischen Bauern

HOFFRAUEN, HOFLEUTE

am bambergschen Hofe

KAISERLICHE RÄTE

RATSHERRN

von Heilbronn

RICHTER

des heimlichen Gerichts

ZWEI NÜRNBERGER KAUFLEUTE

MAX STUMPF

, pfalzgräflicher Diener

EIN UNBEKANNTER

Bauern

BRAUTVATERBRÄUTIGAM

BERLICHING’SCHE, WEISLING’SCHE, BAMBERGSCHE

Reiter

HAUPTLEUTE, OFFIZIERE, KNECHTE

von der Reichsarmee

SCHENKWIRT

GERICHTSDIENER

HEILBRONNER BÜRGER

STADTWACHE

GEFÄNGNISWÄRTER

BAUERN

ZIGEUNERHAUPTMANN

ZIGEUNER, ZIGEUNERINNEN

[5]Erster Akt

Schwarzenberg in Franken. Herberge.

Metzler, Sievers, Bauern am Tische. Zwei Reutersknechte beim Feuer. Wirt.

SIEVERS.

Hänsel, noch ein Glas Branntewein, und mess christlich.

WIRT.

Du bist der Nimmersatt.

METZLER

(leise). Erzähl das noch einmal, vom Berlichingen, die Bamberger dort ärgern sich sie möchten schwarz werden.

SIEVERS.

Bamberger? Was tun die hier?

METZLER.

Der Weislingen ist oben auf’m Schloss beim Herrn Grafen schon zwei Tage, dem haben sie das Gleit geben, ich weiß nicht wo er herkommt, sie warten auf ihn, er geht zurück nach Bamberg.

SIEVERS.

Wer ist der Weislingen?

METZLER.

Des Bischofs rechte Hand, ein gewaltiger Herr, der dem Götz auch auf’n Dienst lauert.

SIEVERS.

Er mag sich in Acht nehmen.

METZLER.

Ich bitt dich erzähl’s doch noch einmal! (Laut.) Seit wann hat denn der Götz wieder Händel mit dem Bischof von Bamberg? Es hieß ja, alles wäre vertragen und geschlichtet.

SIEVERS.

Ja, vertrag du mit den Pfaffen. Wie der Bischof sah, er richt nichts aus, und zieht immer den Kürzern, kroch er zum Kreuz, und war geschäftig, dass der Vergleich zu Stand käm. Und der getreuherzige Berlichingen gab unerhört nach, wie er immer tut, wenn er im Vorteil ist.

METZLER.

Gott erhalt’ ihn! Ein rechtschaffner Herr!

SIEVERS.

Nun denk, ist das nicht schändlich? Da werfen sie ihm einen Buben nieder, da er sich nichts weniger versieht. Wird sie aber schon wieder dafür lausen.

[6]METZLER.

Es ist doch dumm, dass ihm der letzte Streich missglückt ist; er wird sich garstig erbost haben.

SIEVERS.

Ich glaub nicht, dass ihn lang was so verdrossen hat. Denk auch, alles war aufs genauste verkundschaft, wann der Bischof aus dem Bad käm, mit wie viel Reutern, welchen Weg; und wenn’s nicht wär durch falsche Leut verraten worden, wollt’ er ihm das Bad gesegnet und ihn ausgerieben haben.

ERSTER REUTER.

Was räsoniert ihr von unserm Bischof? Ich glaub ihr sucht Händel.

SIEVERS.

Kümmert euch um eure Sachen. Ihr habt an unserm Tisch nichts zu suchen.

ZWEITER REUTER.

Wer heißt euch von unserm Bischof despektierlich reden?

SIEVERS.

Hab ich euch Red und Antwort zu geben? Seht doch den Fratzen!

ERSTER REUTER

(schlägt ihm hinter die Ohren).

METZLER.

Schlag den Hund tot.

(Sie fallen übereinander her.)

ZWEITER REUTER.

Komm her, wenn du’s Herz hast.

WIRT

(reißt sie voneinander). Wollen ihr Ruh haben! Tausend Schwerenot: Schert euch ’naus, wenn ihr was auszumachen habt. In meiner Stub soll’s ehrlich und ordentlich zugehen. (Schiebt die Reuter zur Tür hinaus.) Und ihr Esel was fangen ihr an?

METZLER.

Nur nit viel geschimpft Hänsel, sonst kommen wir dir über die Glatze. Komm Kamerad wollen die draus plauen.

Zwei Berlichingische Reuter kommen.

ERSTER REUTER.

Was gibt’s da?

SIEVERS.

Ei guten Tag Peter! Veit, guten Tag! Woher?

ZWEITER REUTER.

Dass du dich nit unterstehst zu verraten, wem wir dienen.

SIEVERS

(leise). Da ist euer Herr Götz wohl auch nit weit.

ERSTER REUTER.

Halt dein Maul! Habt ihr Händel?

[7]SIEVERS.

Ihr seid den Kerls begegnet draus, sind Bamberger.

ERSTER REUTER.

Was tun die hier?

METZLER.

Der Weislingen ist droben auf’m Schloss, beim gnädigen Herrn, den haben sie geleit.

ERSTER REUTER.

Der Weislingen.

ZWEITER REUTER

(leise). Peter! das ist ein gefunden Fressen. Wie lang ist er da?

METZLER.

Schon zwei Tage. Aber er will heut noch fort, hört ich einen von den Kerls sagen.

ERSTER REUTER

(leise). Sagt ich dir nicht er wär daher? Hätten wir dort drüben eine Weile passen können. Komm Veit.

SIEVERS.

Helft uns doch erst die Bamberger ausprügeln.

ZWEITER REUTER.

Ihr seid ja auch zu zwei. Wir müssen fort. Adies. (Ab.)

SIEVERS.

Scheißkerle die Reuter, wann man sie nit bezahlt, tun sie dir keinen Streich.

METZLER.

Ich wollt’ schwören sie haben einen Anschlag. Wem dienen sie?

SIEVERS.

Ich soll’s nit sagen. Sie dienen dem Götz.

METZLER.

So! Nun wollen wir über die draus. Komm, solang ich einen Bengelhab, fürcht ich ihre Bratspieße nicht.

SIEVERS.

Dürften wir nur so einmal an die Fürsten, die uns die Haut über die Ohren ziehen.

Herberge im Wald.

Götz vor der Türe unter der Linde.

GÖTZ.

Wo meine Knechte bleiben. Auf und ab muss ich gehen, sonst übermannt mich der Schlaf. Fünf Tag und Nächte schon auf der Lauer. Es wird einem sauer gemacht, das bisschen Leben und Freiheit. Dafür, wenn ich dich habe Weislingen, will ich mir’s wohl sein lassen. (Schenkt ein.) Wieder leer! Georg! Solang’s daran nicht mangelt, und an frischem Mut, lach ich der Fürsten Herrschsucht und Ränke. Georg! Schickt ihr nur euren gefälligen [8]Weislingen herum zu Vettern und Gevattern, lasst mich anschwärzen. Nur immerzu. Ich bin wach. Du warst mir entwischt Bischof! So mag denn dein lieber Weislingen die Zeche bezahlen. Georg! hört der Junge nicht! Georg! Georg!

Der Bub im Panzer eines Erwachsenen.

GEORG.

Gestrenger Herr!

GÖTZ.

Wo stickst du! Hast du geschlafen? Was zum Henker treibst du für Mummerei? Komm her du siehst gut aus. Schäm dich nicht Junge. Du bist brav! ja, wenn du ihn ausfülltest. Es ist Hansens Kürass?

GEORG.

Er wollt ein wenig schlafen, und schnallt’ ihn aus.

GÖTZ.

Er ist bequemer als sein Herr.

GEORG.

Zürnt nicht. Ich nahm ihn leise weg, und legt ihn an, und holt meines Vaters altes Schwert von der Wand, lief auf die Wiese und zog’s aus.

GÖTZ.

Und hiebst um dich herum? Da wird’s den Hecken und Dornen gut gegangen sein. Schläft Hans?

GEORG.

Auf Euer Rufen sprang er auf und schrie mir, dass Ihr rieft. Ich wollt ihn ausschnallen, da hört ich euch zweidreimal.

GÖTZ.

Geh! bring ihm seinen Panzer wieder, und sag ihm, er soll bereit sein, soll nach den Pferden sehen.

GEORG.

Die hab ich recht ausgefüttert, und wieder aufgezäumt. Ihr könnt aufsitzen wann ihr wollt.

GÖTZ.

Bring mir einen Krug Wein, gib Hansen auch ein Glas, sag ihm, er soll munter sein, es gilt. Ich hoffe jeden Augenblick meine Kundschafter sollen zurückkommen.

GEORG.

Ach gestrenger Herr!

GÖTZ.

Was hast du?

GEORG.

Darf ich nicht mit?

GÖTZ.

Ein andermal Georg, wann wir Kaufleute fangen und Fuhren wegnehmen.

GEORG.

Ein andermal, das habt Ihr schon oft gesagt, o diesmal, diesmal. Ich will nur hintendrein laufen, nur auf der [9]Seite lauren. Ich will Euch die verschossene Bolzen wiederholen.

GÖTZ.

Das nächste Mal Georg. Du sollst erst einen Wams haben, eine Blechhaube, und einen Spieß.

GEORG.

Nehmet mich mit. Wär ich letzt dabei gewesen, Ihr hättet die Armbrust nicht verloren.

GÖTZ.

Weißt du das?

GEORG.

Ihr warft sie dem Feind an Kopf, und einer von den Fußknechten hub sie auf, weg war sie. Gelt ich weiß.

GÖTZ.

Erzählen dir das meine Knechte?

GEORG.

Wohl. Dafür pfeif ich ihnen auch, wenn wir die Pferde striegeln, allerlei Weisen, und lerne sie allerlei lustige Lieder.

GÖTZ.

Du bist ein braver Junge.

GEORG.

Nehmt mich mit, dass ich’s zeigen kann.

GÖTZ.

Das nächste Mal, auf mein Wort. Unbewaffnet wie du bist, sollst du nicht in Streit. Die künftigen Zeiten brauchen auch Männer. Ich sage dir Knabe, es wird eine teure Zeit werden, Fürsten werden ihre Schätze bieten um einen Mann den sie jetzt hassen. Geh Georg, gib Hansen seinen Kürass wieder, und bring mir Wein. (Georg ab.) Wo meine Knechte bleiben! Es ist unbegreiflich. Ein Mönch! Wo kommt der noch her?

Bruder Martin kommt.

GÖTZ.

Ehrwürdiger Vater, guten Abend! woher so spät? Mann der heiligen Ruhe, Ihr beschämt viel Ritter.

MARTIN.

Dank Euch edler Herr! Und bin vorderhand nur demütiger Bruder, wenn’s ja Titulsein soll. Augustin mit meinem Klosternamen, doch hör ich am liebsten Martin meinen Taufnamen.

GÖTZ.

Ihr seid müd Bruder Martin, und ohne Zweifel durstig! (Der Bub kommt.) Da kommt der Wein eben recht.

MARTIN.

Für mich einen Trunk Wasser. Ich darf keinen Wein trinken.

[10]GÖTZ.

Ist das Euer Gelübde?

MARTIN.

Nein gnädiger Herr, es ist nicht wider mein Gelübde Wein zu trinken; weil aber der Wein wider mein Gelübde ist; so trinke ich keinen Wein.

GÖTZ.

Wie versteht Ihr das?

MARTIN.

Wohl Euch, dass Ihr’s nicht versteht. Essen und trinken mein ich, ist des Menschen Leben.

GÖTZ.

Wohl!

MARTIN.

Wenn Ihr gessen und trunken habt, seid Ihr wie neu geboren. Seid stärker, mutiger, geschickter zu Eurem Geschäft. Der Wein erfreut des Menschen Herz, und die Freudigkeit ist die Mutter aller Tugenden. Wenn Ihr Wein getrunken habt, seid Ihr alles doppelt, was Ihr sein sollt, noch einmal so leicht denkend, noch einmal so unternehmend, noch einmal so schnell ausführend.

GÖTZ.

Wie ich ihn trinke, ist es wahr.

MARTIN.

Davon red ich auch. Aber wir –

GEORG

(mit Wasser).

GÖTZ

(zu Georg heimlich). Geh auf den Weg nach Dachsbach, und leg dich mit dem Ohr auf die Erde, ob du nicht Pferde kommen hörst, und sei gleich wieder hier.

MARTIN.

Aber wir, wenn gessen und trunken haben, sind wir grad das Gegenteil von dem, was wir sein sollen. Unsere schläfrige Verdauung stimmt den Kopf nach dem Magen, und in der Schwäche einer überfüllten Ruhe erzeugen sich Begierden, die ihrer Mutter leicht über den Kopf wachsen.

GÖTZ.

Ein Glas, Bruder Martin, wird Euch nicht im Schlaf stören. Ihr seid heute viel gegangen. (Bringt’s ihm.) Alle Streiter!

MARTIN.

In Gottes Namen, (sie stoßen an) ich kann die müßige Leut nicht ausstehen, und doch kann ich nicht sagen, dass alle Mönche müßig sind, sie tun was sie können. Da komm ich von St. Veit, wo ich die letzte Nacht schlief. Der Prior führte mich in Garten, das ist nun ihr Bienenkorb. Fürtrefflicher Salat! Kohl nach Herzens Lust! Und besonders Blumenkohl und Artischocken, wie keine in Europa!

[11]GÖTZ.

Das ist also Eure Sache nicht. (Er steht auf sieht nach dem Jungen und kommt wieder.)

MARTIN.

Wollte, Gott hätte mich zum Gärtner oder Laboranten gemacht, ich könnte glücklich sein. Mein Abt liebt mich, mein Kloster ist Erfurt in Sachsen, er weiß ich kann nicht ruhn, da schickt er mich herum, wo was zu betreiben ist. Ich geh zum Bischof von Konstanz.

GÖTZ.

Noch eins! Gute Verrichtung!

MARTIN.

Gleichfalls!

GÖTZ.

Was seht Ihr mich so an, Bruder?

MARTIN.

Dass ich in Euren Harnisch verliebt bin.

GÖTZ.

Hättet Ihr Lust zu einem? Es ist schwer und beschwerlich ihn zu tragen.

MARTIN.

Was ist nicht beschwerlich auf dieser Welt, und mir kommt nichts beschwerlicher vor, als nicht Mensch sein dürfen. Armut, Keuschheit und Gehorsam. Drei Gelübde, deren jedes, einzeln betrachtet, der Natur das unausstehlichste scheint, so unerträglich sind sie alle. Und sein ganzes Leben unter dieser Last, oder der weit drückendern Bürde des Gewissens mutlos zu keichen! O Herr! was sind die Mühseligkeiten Eures Lebens, gegen die Jämmerlichkeiten eines Stands, der die besten Triebe, durch die wir werden, wachsen und gedeihen, aus missverstandner Begierde Gott näher zu rücken, verdammt.

GÖTZ.

Wäre Euer Gelübde nicht so heilig, ich wollte Euch bereden einen Harnisch anzulegen, wollt’ Euch ein Pferd geben, und wir zögen miteinander.

MARTIN.

Wollte Gott, meine Schultern fühlten sich Kraft, den Harnisch zu ertragen, und mein Arm die Stärke, einen Feind vom Pferd zu stechen! – Arme schwache Hand, von jeher gewöhnt Kreuze und Friedensfahnen zu führen, und Rauchfässer zu schwingen, wie wolltest du Lanze und Schwert regieren? Meine Stimme, nur zu Ave und Halleluja gestimmt, würde dem Feind ein Herold meiner Schwäche sein, wenn ihn die Eurige überwältigte. Kein [12]Gelübde sollte mich abhalten, wieder in den Orden zu treten, den mein Schöpfer selbst gestiftet hat.

GÖTZ.

Glückliche Retour!

MARTIN.

Das trinke ich nur für Euch. Wiederkehr in meinen Käfig, ist allemal unglücklich. Wenn Ihr wiederkehrt Herr, in Eure Mauren, mit dem Bewusstsein Eurer Tapferkeit und Stärke, der keine Müdigkeit etwas anhaben kann, Euch zum ersten Mal nach langer Zeit, sicher für feindlichem Überfall, entwaffnet auf Euer Bette streckt, und Euch nach dem Schlaf dehnt, der Euch besser schmeckt, als mir der Trunk, nach langem Durst; da könnt Ihr von Glück sagen!

GÖTZ.

Davor kommt’s auch selten.

MARTIN

(feuriger). Und ist wenn’s kommt, ein Vorschmack des Himmels. – Wenn Ihr zurückkehrt mit der Beute Eurer Feinde beladen, und Euch erinnert: den stach ich vom Pferd, eh er schießen konnte, und den rannt ich samt dem Pferd nieder, und dann reitet Ihr zu Eurem Schloss hinauf, und –

GÖTZ.

Was meinet Ihr?

MARTIN.

Und Eure Weiber! (Er schenkt ein.) Auf Gesundheit Eurer Frau! (Er wischt sich die Augen.) Ihr habt doch eine?

GÖTZ.

Ein edles fürtreffliches Weib!

MARTIN.

Wohl dem, der ein tugendsam Weib hat! des lebet er noch einsso lang. Ich kenne keine Weiber, und doch war die Frau die Krone der Schöpfung.

GÖTZ

(vor sich).Er dauert mich! Das Gefühl seines Standes frisst ihm das Herz.

GEORG

(gesprungen). Herr! ich höre Pferde im Galopp! Zwei! Es sind sie gewiss.

GÖTZ.

Führ mein Pferd heraus, Hans soll aufsitzen. Lebt wohl teurer Bruder, Gott geleit’ Euch. Seid mutig und gedultig. Gott wird Euch Raum geben.

MARTIN.

Ich bitt um Euren Namen.

GÖTZ.

Verzeiht mir. Lebt wohl. (Er reicht ihm die linke Hand.)

[13]MARTIN.

Warum reicht Ihr mir die Linke? Bin ich die ritterliche Rechte nicht wert?

GÖTZ.

Und wenn Ihr der Kaiser wärt, Ihr müsstet mit dieser vorlieb nehmen. Meine Rechte, obgleich im Kriege nicht unbrauchbar, ist gegen den Druck der Liebe unempfindlich. Sie ist eins mit ihrem Handschuh, Ihr seht, er ist Eisen.

MARTIN.

So seid Ihr Götz von Berlichingen! Ich danke dir Gott, dass du mich ihn hast sehen lassen, diesen Mann den die Fürsten hassen, und zu dem die Bedrängten sich wenden. (Er nimmt ihm die rechte Hand.) Lasst mir diese Hand, lasst mich sie küssen.

GÖTZ.

Ihr sollt nicht.

MARTIN.

Lasst mich. Du mehr wert als Reliquienhand, durch die das heiligste Blut geflossen ist, totes Werkzeug, belebt durch des edelsten Geistes Vertrauen auf Gott!

GÖTZ

(setzt den Helm auf und nimmt die Lanze).

MARTIN.

Es war ein Mönch bei uns vor Jahr und Tag, der Euch besuchte, wie sie Euch abgeschossen ward vor Landshut, wie er uns erzählte, was Ihr littet, und wie sehr es Euch schmerzte, zu Eurem Beruf verstümmelt zu sein, und wie Euch einfiel, von einem gehört zu haben, der auch nur eine Hand hatte, und als tapferer Reutersmann doch noch lange diente. Ich werde das nie vergessen.

Die zwei Knechte kommen.

GÖTZ

(zu ihnen. Sie reden heimlich).

MARTIN

(fährt inzwischen fort). Ich werde das nie vergessen, wie er im edelsten einfältigsten Vertrauen auf Gott sprach: und wenn ich zwölf Händ hätte, und deine Gnad wollt’ mir nicht, was würden sie mir fruchten, so kann ich mit Einer –

GÖTZ.

In den Haslacher Wald also. (Kehrt sich zu Martin.) Lebt wohl werter Bruder Martin. (Er küsst ihn.)

MARTIN.

Vergesst mein nicht, wie ich Eurer nicht vergesse. (Götz ab.) Wie mir’s so eng ums Herz ward, da ich ihn sah. [14]Er redete nichts, und mein Geist konnte doch Seinigen unterscheiden. Es ist eine Wollust, einen großen Mann zu sehn.

GEORG.

Ehrwürdiger Herr, Ihr schlaft doch bei uns?

MARTIN.

Kann ich ein Bett haben?

GEORG.

Nein Herr! Ich kenne Better nur vom Hörensagen, in unsrer Herberg ist nichts als Stroh.

MARTIN.

Auch gut. Wie heißt du?

GEORG.

Georg, ehrwürdiger Herr!

MARTIN.

Georg! da hast du einen tapfern Patron.

GEORG.

Sie sagen er wäre ein Reuter gewesen, das will ich auch sein.

MARTIN.

Warte. (Er zieht ein Gebetbuch hervor, und gibt dem Buben einen Heiligen.) Da hast du ihn. Folge seinem Beispiel, sei brav und fürchte Gott. (Martin geht.)

GEORG.

Ach ein schöner Schimmel, wenn ich einmal so einen hätte! – und die goldene Rüstung! – Das ist ein garstiger Drach – Jetzt schieß ich nach Sperlingen – Heiliger Georg! mach mich groß und stark, gib mir so eine Lanze, Rüstung und Pferd, dann lass mir die Drachen kommen.

Jagsthausen. Götzens Burg.

Elisabeth, seine Frau. Maria, seine Schwester. Carl, sein Söhnchen.

CARL.

Ich bitte dich, liebe Tante, erzähl mir das noch einmal vom frommen Kind, ’s is gar zu schön.

MARIA.

Erzähl du mir’s kleiner Schelm, da will ich hören ob du Acht gibst.

CARL.

Wart e bis, ich will mich bedenken – Es war einmal – ja – es war einmal ein Kind, und sein Mutter war krank, da ging das Kind hin.

MARIA.

Nicht doch. Da sagte die Mutter, liebes Kind –

CARL.

Ich bin krank.

MARIA.

Und kann nicht ausgehn.

[15]CARL.

Und gab ihm Geld und sagte, geh hin, und hol dir ein Frühstück. Da kam ein armer Mann.

MARIA.

Das Kind ging, da begegnet’ ihm ein alter Mann der war – nun Carl!

CARL.

Der war – alt.

MARIA.

Freilich! Der kaum mehr gehen konnte, und sagte: liebes Kind –

CARL.

Schenk mir was, ich hab kein Brot gessen gestern und heut, da gab ihm ’s Kind das Geld.

MARIA.

Das für sein Frühstück sein sollte.

CARL.

Da sagte der alte Mann –

MARIA.

Da nahm der alte Mann, das Kind –

CARL.

Bei der Hand, und sagte, und ward ein schöner glänziger Heiliger, und sagte: Liebes Kind –

MARIA.

Für deine Wohltätigkeit, belohnt dich die Mutter Gottes durch mich, welchen Kranken du anrührst –

CARL.

Mit der Hand – es war die rechte glaub ich.

MARIA.

Ja.

CARL.

Der wird gleich gesund.

MARIA.

Da lief ’s Kind nach Haus, und konnt für Freuden nichts reden.

CARL.

Und fiel seiner Mutter um den Hals, und weinte für Freuden –

MARIA.

Da rief die Mutter, wie ist mir! und war – nun Carl.

CARL.

Und war – und war –

MARIA.

Du gibst schon nicht Acht – und war gesund. Und das Kind kurierte König und Kaiser, und wurde so reich, dass es ein großes Kloster bauete.

ELISABETH.

Ich kann nicht begreifen wo mein Herr bleibt. Schon fünf Tag und Nächte, dass er weg ist, und er hoffte so bald seinen Streich auszuführen.

MARIA.

Mich ängstigt’s lang. Wenn ich so einen Mann haben sollte, der sich immer Gefahren aussetzte, ich stürbe im ersten Jahr.

ELISABETH.

Dafür dank ich Gott, dass er mich härter zusammengesetzt hat.

[16]CARL.

Aber muss dann der Papa ausreiten, wenn’s so gefährlich ist?

MARIA.

Es ist sein guter Wille so.

ELISABETH.

Wohl muss er lieber Carl.

CARL.

Warum?

ELISABETH.

Weißt du noch, wie er das letzte Mal ausritt, da er dir Weck mitbrachte?

CARL.

Bringt er mir wieder mit?

ELISABETH.

Ich glaub wohl. Siehst du, da war ein Schneider von Stuttgart, der war ein trefflicher Bogenschütz, und hatte zu Kölln auf’m Schießen das Beste gewonnen.

CARL.

War’s viel?

ELISABETH.

Hundert Taler. Und darnach wollten sie’s ihm nicht geben.

MARIA.

Gelt, das ist garstig Carl.

CARL.

Garstige Leut!

ELISABETH.

Da kam der Schneider zu deinem Vater und bat ihn, er möchte ihm zu seinem Geld verhelfen. Und da ritt er aus und nahm den Köllnern ein paar Kaufleute weg und plagte sie so lang bis sie das Geld herausgaben. Wärst du nicht auch ausgeritten?

CARL.

Nein, da muss man durch einen dicken dicken Wald, sind Zigeuner und Hexen drin.

ELISABETH.

Is ein rechter Pursch, fürcht sich vor Hexen.

MARIA.

Du tust besser Carl, leb du einmal auf deinem Schloss, als ein frommer christlicher Ritter. Auf seinen eigenen Gütern findet man zum Wohltun Gelegenheit genug. Die rechtschaffensten Ritter begehen mehr Ungerechtigkeit als Gerechtigkeit auf ihren Zügen.

ELISABETH.

Schwester du weißt nicht was du redst. Gebe nur Gott dass unser Junge mit der Zeit braver wird, und dem Weislingen nicht nachschlägt, der so treulos an meinem Mann handelt.

MARIA.

Wir wollen nicht richten Elisabeth. Mein Bruder ist sehr erbittert, du auch. Ich bin bei der ganzen Sache mehr Zuschauer, und kann billiger sein.

[17]ELISABETH.

Er ist nicht zu entschuldigen.

MARIA.

Was ich von ihm gehört, hat mich eingenommen. Erzählte nicht selbst dein Mann so viel Liebs und Guts von ihm! Wie glücklich war ihre Jugend als sie zusammen Edelknaben des Markgrafen waren.

ELISABETH.

Das mag sein. Nur sag, was kann der Mensch je Gutes gehabt haben, der seinem besten treusten Freunde nachstellt, seine Dienste den Feinden meines Manns verkauft, und unsern trefflichen Kaiser, der uns so gnädig ist, mit falschen widrigen Vorstellungen einzunehmen sucht.

CARL.

Der Papa! Der Papa! Der Türner bläst ’s Liedel: Heisa mach ’s Tor auf.

ELISABETH.

Da kommt er mit Beute.

Ein Reuter kommt.

REUTER.

Wir haben gejagt! wir haben gefangen! Gott grüß’ Euch edle Frauen.

ELISABETH.

Habt ihr den Weislingen?

REUTER.

Ihn und drei Reuter.

ELISABETH.

Wie ging’s zu, dass ihr so lang bleibt?

REUTER.

Wir laureten auf ihn zwischen Nürnberg und Bamberg, er wollte nicht kommen, und wir wussten doch er war auf der Wege. Endlich kundschaften wir ihn aus, er war seitwärts gezogen, und saß geruhig beim Grafen auf Schwarzenberg.

ELISABETH.

Den möchten sie auch gern meinem Mann feind haben.

REUTER.

Ich sagt’s gleich dem Herrn. Auf! und wir ritten in Haslacher Wald. Und da war’s kurios, wie wir so in die Nacht reiten, hüt just ein Schäfer da, und fallen fünf Wölf in die Herd’, und packten weidlich an. Da lachte unser Herr und sagte: Glück zu lieben Gesellen, Glück überall und uns auch. Und es freuet’ uns auch das gute Zeichen. Indem so kommt der Weislingen hergeritten mit vier Knechten.

MARIA.

Das Herz zittert mir im Leibe.

[18]REUTER.

Ich und mein Kamerad, wie’s der Herr befohlen hatte, nistelten uns an ihn als wären wir zusammen gewachsen, dass er sich nicht regen noch rühren konnte, und der Herr und der Hans fielen über die Knechte her und nahmen sie in Pflicht. Einer ist entwischt.

ELISABETH.

Ich bin neugierig ihn zu sehn. Kommen sie bald?

REUTER.

Sie reiten das Tal herauf, in einer viertel Stund sind sie hier.

MARIA.

Er wird niedergeschlagen sein.

REUTER.

Finster g’nug sieht er aus.

MARIA.

Sein Anblick wird mir im Herzen weh tun.

ELISABETH.

Ah! – Ich will gleich ’s Essen zurechtmachen. Hungrig werdet ihr doch all sein.

REUTER.

Rechtschaffen.

ELISABETH.

Nimm die Kellerschlüssel und hol vom besten Wein, sie haben ihn verdient. (Elisabeth ab.)

CARL.

Ich will mit Tante.

MARIA.

Komm Bursch. (Ab.)

REUTER.

Der wird nicht sein Vater, sonst ging’ er mit in Stall.

Götz. Weislingen. Reutersknechte.

GÖTZ

(Helm und Schwert auf den Tisch legend). Schnallt mir den Harnisch auf, und gebt mir meinen Wams. Die Bequemlichkeit wird mir wohltun. Bruder Martin du sagtest recht. Ihr habt uns im Atem erhalten Weislingen.

WEISLINGEN

(antwortet nichts, auf und ab gehend).

GÖTZ.

Seid guten Muts. Kommt entwaffnet Euch. Wo sind Eure Kleider, ich hoffe, es soll nichts verloren gangen sein. (Zum Knecht.) Fragt seine Knechte und öffnet das Gepäcke, und seht zu, dass nichts abhanden komme. Ich könnt Euch auch von den meinigen borgen.

WEISLINGEN.

Lasst mich so, es ist all eins.

GÖTZ.

Könnt Euch ein hübsches saubres Kleid geben, ist zwar nur leinen. Mir ist’s zu eng worden. Ich hatt’s auf der Hochzeit meines gnädigen Herrn des Pfalzgrafen an, eben damals als Euer Bischof so giftig über mich wurde. Ich hatt [19]ihm vierzehn Tag vorher, zwei Schiff auf dem Main niedergeworfen. Und ich geh mit Franzen von Sickingen im Wirtshaus zum Hirsch in Heidelberg die Trepp hinauf. Eh man noch ganz droben ist, ist ein Absatz und ein eisern Geländerlein, da stund der Bischof und gab Franzen die Hand, wie er vorbeiging, und gab sie mir auch, wie ich hintendrein kam. Ich lacht in meinem Herzen, und ging zum Landgrafen von Hanau, der mir ein gar lieber Herr war, und sagte: Der Bischof hat mir die Hand geben, ich wett er hat mich nicht gekannt. Das hört’ der Bischof, denn ich redt laut mit Fleiß, und kam zu uns trotzig – und sagte: Wohl, weil ich Euch nicht kannt hab, gab ich Euch die Hand. Da sagt ich: Herre ich merkt’s wohl, dass Ihr mich nicht kanntet, und hiermit habt Ihr Eure Hand wieder. Da wurd ’s Männlin so rot am Hals wie ein Krebs vor Zorn, und lief in die Stube zu Pfalzgraf Ludwig und dem Fürsten von Nassau und klagt’s ihnen. Wir haben nachher uns oft was drüber zugute getan.

WEISLINGEN.

Ich wollt’ Ihr ließt mich allein.

GÖTZ.

Warum das? Ich bitt Euch seid aufgeräumt. Ihr seid in meiner Gewalt, und ich werd sie nicht missbrauchen.

WEISLINGEN.

Dafür war mir’s noch nicht bange. Das ist Eure Ritterpflicht.

GÖTZ.

Und Ihr wisst, dass die mir heilig ist.

WEISLINGEN.

Ich bin gefangen und das Übrige ist eins.

GÖTZ.

Ihr solltet nicht so reden. Wenn Ihr’s mit Fürsten zu tun hättet, und sie Euch in tiefen Turn