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In kurzen Geschichten wird erzählt, was passieren könnte, wenn das Alltägliche aus den Fugen gerät und sich böse Wünsche erfüllen.
Das E-Book Grabesschweigen wird angeboten von tredition und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Zeit, Tag, Augen, Hand, Kopf, Blick, Ende, Paar, Jahren, Gedanken, Liebe, Gesicht, Angst, Oft, Recht, Kinder, Neuen, Glück, Herz, Geschichte, Licht, Tisch, Essen, Geld, Zimmer, Sofort, Schlanke, Nichtschwimmer, Frau, Mann
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 47
Veröffentlichungsjahr: 2022
Angelika Ebeling
Grabesschweigen
Neue böse Geschichten,
die das Leben schreiben könnte.
© 2022 Angelika Ebeling
ISBN Softcover: 978-3-347-66432-6
ISBN Hardcover: 978-3-347-66435-7
ISBN E-Book: 978-3-347-66388-6
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig.
Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag
der Autorin, zu erreichen unter:
tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice",
Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Für meine Lieben
„Das Herz hat seine Gründe,
die der Verstand nicht kennt.“
Blaise Pascal
Inhalt
Zum Mittag Fisch
Der Musterschüler
Eiskalte Liebe
Das liebe Vieh
Der Blumenstrauß
Frau Lehmann
Die schlanke Kundin
Urlaub in den Bergen
Heilig sei die Schrift
Grabesschweigen
Der Nichtschwimmer
Alle für eine
Ida
16.50 Uhr Videokonferenz
Amerika
Winterzauber
Der Schatten einer Kur
Der schwarze Mann
Treibjagd
Unzertrennlich
Das Beste kommt zum Schluss
Zum Mittag Fisch
Sie lagen zu dritt im Zimmer Nummer 13 auf der chirurgischen Station im 7. Stock. Vorn im ersten Bett wurde gerade der Verband von Jürgen gewechselt. Er war seit drei Jahren Frührentner und fuhr leidenschaftlich gern auf seinem Rennrad durch die Landschaft. Aber nein, Jürgen fuhr nicht, er raste. So kam es, dass ihm die von Laub bedeckte Wurzel einer sehr alten Eiche zum Verhängnis wurde. Nun lag er hier mit einem offenen Schienbeinbruch, der einfach nicht heilen wollte. Tapfer ließ er sich von Henny, der strammen Schwesternschülerin, die durchgesuppte Binde entfernen. Dabei schielte er penetrant in den Kittelausschnitt der jungen Frau, die sich gerade über ihn beugen musste. Henny war sehr bemüht, alles Gelernte medizinisch fachgerecht umzusetzen, so dass sie die Bewegungen unter der Bettdecke zum Glück nicht registrierte.
Im mittleren Bett lag der Nerver. So wurde Franz nicht nur von seinen Zimmergenossen, sondern auch von den Ärzten und Pflegekräften genannt. Alle halbe Stunde schlug er mit der linken oder rechten Gipshand auf den Notruf. Man war dazu übergegangen auszulosen, wer die Spezialwünsche des Patienten zu erfüllen hatte.
Franz war Dramaturg am hiesigen Stadttheater und bei einer Probe, als er der neuen jungen Schauspielerin ihren Auftritt erklären wollte, rückwärts laufend von der Bühne gestürzt. Warum er beim Fallen gleichzeitig beide Hände aufstützte, konnte er im Nachhinein nicht begründen. Zudem hatte er sich auch beide Knöchel verstaucht. Jedenfalls fand nun die Premiere von „Dein Herz in meinen Händen“ ohne ihn statt.
Die schönste Bettaussicht hatte Eric. Er konnte aus dem Fenster schauen und täglich die Wetterprognosen kommentieren.
Er war in der glücklichen Lage, alle seine Gliedmaßen bewegen zu können. Das war insofern auch überlebenswichtig, weil er das Fenster öffnen konnte, nein musste, um der gesunden Verdauung seiner Mitbewohner zu entfliehen.
Aber auch Eric hatte es nicht leicht. Eine gebrochene Nase sowie ein angeknackster Unterkiefer waren das Ergebnis eines Liebesabenteuers mit der Frau seines Chefs. Als letzterer unverhofft nach Hause kam, verkroch sich Eric unter das Bett, wo er Bekanntschaft mit einem, warum auch immer, sehr durchhängenden Lattenrost machen durfte.
Natürlich hatte er eine andere Unfallursache benannt, aber irgendwie musste es sich herumgesprochen haben, denn Ärzte und Pfleger erschienen stets mit einem leichten Grinsen an seinem Lager.
Der Tagesablauf gestaltete sich relativ erträglich für die drei Patienten in Zimmer Nummer 13. Und da alle nicht sehr glücklich waren über die Umstände ihres Hierseins, fiel die Kommunikation entsprechend männlich aus.
Die Nächte erwiesen sich dagegen als recht schwierig, für Jürgen und Eric als nicht schlafbar. Kurz nach Mitternacht, man konnte die Uhr danach stellen, begann Franz sein ohrenbetäubendes Schnarchkonzert. Dabei war er in der Lage, zwischen verschiedenen Höhen und Tiefen zu variieren, und auch in der Dauer seiner Töne sehr flexibel.
Weder die Krücke von Jürgen noch der Latschen von Eric, beide natürlich zweckentfremdet, konnten Franz vom Schnarchen abhalten. So wünschte der eine ihm eine Magen-Darm-Grippe und der andere stundenlangen Juckreiz. Es war also nicht verwunderlich, dass beide tagsüber oft dahinschlummerten und, besonders nach dem Mittagessen, tief und fest schliefen.
Heute gab es Fisch. Und da Harry, die Pflegehilfskraft, seine Brille vergessen hatte, konnte er nicht so genau sehen, was er seinem Patienten in den Mund hinein schaufelte. Als Harry das Krankenzimmer verließ, war Franz noch am Kauen.
Aber plötzlich verdrehte dieser die Augen, öffnete den Mund und gab krächzende Laute von sich, sein Gesicht schwoll an, wurde erst rot und dann blau. Wie wild schlug er mal mit dem linken und mal mit dem rechten Gips auf das Notsignal ein.
Als zehn Minuten später die Oberschwester eintraf, sah sie drei Patienten mit geschlossenen Augen.
Aber nur einer schlief wirklich – für immer.
Der Musterschüler
Theo saß wie eine Eins am Tisch. Den Rücken durchgestreckt, die Hände artig neben dem Teller, die Füße unten nebeneinander auf gleicher Höhe.
Ergeben schaute er seiner Frau dabei zu, wie sie ihm das Essen servierte. Wie immer drei Kartoffeln, Gemüse, heute gab es Möhrchen, natürlich alles Bio und ein maiswaffelgroßes Stück Tofu.
Seit drei Jahren bemühte sich Theo, nicht mehr auf seinen Teller zu blicken. Ja, 36 Monate war es her, dass seine Frau zu einer Weiterbildung aufbrach, und nach ihrer Rückkehr geriet Theos Welt aus den Fugen, fast nichts blieb von dem übrig, wie es einmal war.
Theos Frau, eine Gymnasiallehrerin für Biologie und Sport, Mitte vierzig und sehr ehrgeizig, ließ sich in gesunder Ernährung auf den neuesten Stand bringen. Nebenbei belegte sie auch den Kurs Verhaltenstherapie für auffällige Schüler. Die neu erworbenen Kenntnisse mussten natürlich erprobt werden und so lag es nahe, dass ihr Mann zum Versuchsobjekt Nummer eins auserkoren wurde. Und somit begann die systematische Transformation eines gemütlichen, leicht rundlichen, aber immerhin ein Meter achtzig großen Mannes zu einem Musterschüler der Spitzenklasse.