Grenzen beim Erziehen -  - E-Book

Grenzen beim Erziehen E-Book

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  • Herausgeber: Kohlhammer
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2013
Beschreibung

Seit Bekanntwerden der vielen Fälle sexueller Gewalt und emotionalen Missbrauchs in pädagogischen Institutionen steht die Pädagogik vor der Herausforderung, die Distanz- und Näheverhältnisse pädagogischer Beziehungen neu zu thematisieren. Dabei geht es auf der Beziehungsebene um die Klärung missverständlicher Semantiken und Strukturen, die eine Überschreitung gebotener Grenzen begünstigen. Auf der sachlichen Ebene pädagogischer Beziehungen sind Distanzen im Blick auf Inhalten zu überbrücken, die die Heranwachsenden vor allem im Kontext der Schule nicht ohne Hilfe verstehen können. Das Buch befasst sich mit Begriffen, Strukturen und Kontexten pädagogischer Beziehungen und gibt Antworten darauf, wie viel "Nähe" beim Erziehen und Unterrichten nötig ist, damit Kinder auf dem Weg zum Erwachsenwerden ausreichend Wissen und Können erwerben und soziale Zuwendung bzw. Unterstützung erfahren können. Ebenso steht die Reflexion der gebotenen "Distanz" in Erziehungsverhältnissen an, ohne die Heranwachsende die wünschenswerte Selbständigkeit nicht erreichen können.

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Seitenzahl: 307

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Gabriele Strobel-EiseleGabriele Roth (Hrsg.)

Grenzen beim Erziehen

Nähe und Distanz inpädagogischen Beziehungen

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Alle Rechte vorbehalten

© 2013 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart

Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher

Gesamtherstellung:

W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-022308-0

E-Book-Formate:

pdf:     ISBN 978-3-17-025358-2

epub:  ISBN 978-3-17-025359-9

mobi:  ISBN 978-3-17-025360-5

Inhalt

Vorwort

Einleitung: Koordinaten pädagogischer Beziehungen

I    Begriffe und Grundfiguren zum Verständnis pädagogischer Beziehungen

Liebe als Passion und Liebe als Aufgabe – mit Anmerkungen zum platonisch-pädagogischen Eros (Klaus Prange)

Herman Nohls »Pädagogischer Bezug«: Analyse und Rekonstruktion (Dorle Klika)

Rhetorik und Praxis: Ambivalenzen der deutschen Reformpädagogik (Jürgen Oelkers)

Ist der Begriff »Pädagogische Beziehung« noch sinnvoll? (Hermann Giesecke)

II   Formen sexuellen Missbrauchs und professionelles Handeln

Täter und Täterstrategien bei sexuellem Missbrauch (Gabriele Roth)

Die Psychodynamik des Kindes und die Folgen sexueller Übergriffe für die sozialen Beziehungen (Brigitte Becker)

Vorstellungen von Partizipation des Kindes in Recht und Pädagogik (Barbara Schwarz)

III Kontextspezifische Gestaltung pädagogischer Beziehungen

Grenzen im Erziehungsprozess: Nähe- und Distanzregulationen an Übergängen im Bildungssystem (Elmar Drieschner und Detlef Gaus)

Grundschulkinder im schulischen Spannungsfeld von Nähe und Distanz (Edeltraud Röbe)

Phänomene der pädagogischen Entgrenzung: Konstruktionen des Phänomens Nähe und Distanz im institutionellen Alltag (Anja Seifert und Monika Sujbert)

Schulisches Handeln zwischen Nähe und Distanz: Neue Akzente und Probleme (Gabriele Strobel-Eisele)

Die Autorinnen und Autoren

Vorwort

Im Sommersemester 2011 fand an der Pädagogischen Hochschule eine Ringvorlesung zum Thema »Nähe und Distanz in pädagogischen Beziehungen« statt. Anlass dafür waren die 2010 bekannt gewordenen Fälle sexuellen und emotionalen Missbrauchs in Erziehungsinstitutionen, insbesondere in der Odenwaldschule, die bis dahin als Vorzeigeschule der deutschen Reformpädagogik galt – zu Unrecht, wie wir heute wissen. Das Spektrum der Vorträge erstreckte sich auf Beschreibungen von Grenzverletzungen auf der Beziehungsebene zwischen Erzieherinnen/Erziehern und Kindern bzw. der Lehrerschaft und der Schülerschaft. Dabei erwiesen sich unangemessene Nähebeziehungen bzw. fehlendes Distanzverhalten als zentrale Probleme. Inwiefern aber auch auf der Sachebene, vor allem im Kontext des schulischen Unterrichts, Distanz und Nähe problematisch werden, stellte ein weiteres Themenfeld der Veranstaltung dar.

Den Referentinnen und Referenten der Ringvorlesung gilt unser Dank dafür, dass sie bereit waren, ihre Gedanken und kritischen Argumentationen zum Verhältnis von Grenzen und Grenzverletzungen in pädagogischen Beziehungen vorzutragen und ihre Beiträge für eine Publikation zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus konnten wir weitere Autoren gewinnen, die durch ihre Thesen und Argumentationen das Spektrum des Themenfelds erweitert und ergänzt haben. Auch ihnen gilt unser Dank.

In manche Beiträge sind auch Anregungen von Studierenden der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg eingeflossen, die durch ihr kritisches Engagement viele Diskussionen bereichert und Reflexionen auf den Weg gebracht haben.

Das vorliegende Buch soll dem Ziel dienen, den Blick für Grenzverletzungen beim Erziehen zu schärfen und die semantischen sowie strukturellen Bedingungen aufzudecken, die unangemessene Nähe- oder Distanzverhältnisse in pädagogischen Beziehungen begünstigen.

Ludwigsburg im März 2013Gabriele Strobel-Eisele und Gabriele Roth

Einleitung: Koordinaten pädagogischer Beziehungen

Gabriele Strobel-Eisele & Gabriele Roth

Die seit 2010 über die Massenmedien verbreitete Kenntnis über die Fälle sexuellen Missbrauchs und Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in kirchlichen und weltlichen Erziehungsinstitutionen hat in der Bundesrepublik eine öffentliche Diskussion über Grenzen und Qualität pädagogischer Beziehungen ausgelöst. Anfänglich noch vor allem von engagierten Journalisten in allen größeren und kleineren Tages- und Wochenzeitungen geführt, griff allmählich die pädagogische Profession die Thematik auf und begann, Ursachen und Hintergründe zu analysieren und aufzudecken, die das Überschreiten der Grenzen in den pädagogischen Beziehungen begünstigt und möglich gemacht haben. Inzwischen ist das Bemühen um eine rückhaltlose Aufklärung auf den Weg gebracht; der pädosexuelle Missbrauch auch in reformpädagogischen Internaten wird nicht mehr bevorzugt auf individuelles Versagen zurückgeführt, sondern auch auf strukturelle Bedingungen und Erziehungsideologien. Jürgen Oelkers hat 2011 darüber in seinem Buch »Eros und Herrschaft« eine erste, systematische Analyse vorgelegt, die sich mit reformpädagogischen Schulen, insbesondere den Landerziehungsheimen befasst. Sie stellen jene Teile der Reformpädagogik dar, in denen sich seit den Gründerjahren bis hin zur Aufklärung zu Beginn des 21. Jahrhunderts immer wieder sexueller und emotionaler Missbrauch ereignet hat. Um ihrem Anspruch nachzukommen, in besonderem Maße neue fortschrittliche Erziehungsmodelle zu sein, wurde ihre Praxis über lange Jahre idealisiert (vgl. Füller 2011). Ihre Beschreibungen verschwiegen die negativen Seiten und kolportierten auf diese Weise ein Idealbild, das den verbreiteten sexuellen Missbrauch und die gewaltvollen Übergriffe im Dunkeln ließ.

Die dramatische Aufdeckung und Aufarbeitung dieser besonders schwerwiegenden Fälle von Grenzverletzungen in pädagogischen Institutionen motiviert inzwischen eine Wiederaufnahme des die Pädagogik fundierenden Sachverhalts der pädagogischen Beziehung. Dass das Erziehen Nähe zum Kind ebenso braucht wie Distanz, darf als Konsens betrachtet werden. Wie sich aber diese Beziehung zwischen den Polen Nähe und Distanz konkretisiert im Handeln, und was das »Pädagogische« des erzieherischen Verhältnisses in verschiedenen Kontexten ausmacht, bedarf der weiteren Reflexion und der präzisierenden Bestimmung, vor allem um das Bewusstsein um Grenzverletzungen in beiden Polen zu stärken. In der Rede von der »professionellen Balance« zwischen Nähe und Distanz sind diese Fragen angesprochen, aber noch keinesfalls ausreichend konkretisiert und ausbuchstabiert. Angesichts der vielen bekannten, aber auch der vielen nicht bekannten Missbrauchsfälle liegt die eigentliche Herauforderung für die Pädagogik heute in der Neubestimmung des pädagogischen Bezugs bzw. der pädagogischen Beziehungen in ihren jeweiligen Kontexten und Institutionen.

Eine nachhaltige Antwort auf die Frage nach der Bestimmung des »Pädagogischen« in erzieherischen Verhältnissen gab in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg Herman Nohl (1933) im Rahmen der Geisteswissenschaftlichen Pädagogik. Nohl war eine Bestimmung des Pädagogischen Bezugs gelungen, die zwischen traditionellen und reformpädagogischen Gestaltungsgesichtspunkten zu vermitteln versuchte: Autorität und Liebe markieren die Pole des Pädagogischen Bezugs (vgl. 1933, S. 25), in dem die Persönlichkeit des Erziehers die entscheidende Rolle spielt. Diese verbindende Formel fand über einen Zeitraum von fast 50 Jahren Akzeptanz und hatte den Status einer pädagogischen Leitorientierung inne. Aber es blieben Fragen offen und manche Antworten wurden als problematisch angesehen: So wird auch bei Nohl, ähnlich wie in reformpädagogischen Semantiken, das Ethos des Erziehens vor allem in der richtigen Gesinnung des Erziehers verankert, in seiner inneren Einstellung und der liebevollen Hinwendung zum Kind, weniger in seinen didaktischen Fähigkeiten bzw. seiner Vermittlungskompetenz. Weiterer theoretischer Klärungsbedarf liegt in der Annahme Nohls, das Urphänomen der elterlichen Liebe als natürliche Fortführung und Basis auch für jene pädagogischen Beziehungen zu reklamieren, die von Personen qua Beruf, Amt und Institution ausgeübt werden (vgl. Giesecke 1999, S. 248), also auch in außerfamiliären Erziehungsverhältnissen. Sie werden mehr oder weniger als eine Fortführung der elterlichen Liebe gesehen, ähnlich Pestalozzi, der vom »Vatersinn« und »Muttersinn« des Lehrers spricht und auf die Nähe des Lehrers zum Vater und zur Mutter und deren Liebe zum Kind hindeutet. Bezeichnungen wie »Liebe«, »leidenschaftliches Verhältnis« oder »emotional-fürsorgliche Beziehung« implizieren eine Nähesemantik, die aus theoretischen bzw. professionstheoretischen Überlegungen heraus einer weiteren Klärung bedarf.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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