Griechische Mythologie für Anfänger - Nicolas Fayé - E-Book

Griechische Mythologie für Anfänger E-Book

Nicolas Fayé

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Beschreibung

Wie viele Liebschaften hatte Göttervater Zeus? Wer waren die Olympier? Was hat Odysseus mit der Odyssee zu tun? Hat Achilleus wirklich Troja erobert? Wer entführte Iphigenie nach Tauris? Woher hat die Argonautenfahrt ihren Namen? Wer entdeckte Mykene und Knossos? Die Antworten auf diese und andere Fragen finden Sie in der vorliegenden Gesamtausgabe der "Griechischen Mythologie für Anfänger", die auf humorvolle Weise aus dem Leben der Götter und Helden erzählt. Sie werden in die Abenteuer der Argonautenfahrt, des Trojanischen Krieges und der Odyssee entführt, um am Ende von den Palastkulturen, aus der Zeit der Götter und Helden, zu erfahren.

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Die griechische Götterwelt war das reinste Chaos. Dies liegt vermutlich an der Tatsache, dass alles auf das Chaos zurückgeht. Es war sozusagen der Urvater der griechischen Götter. Den darauf folgenden Stammbaum näher zu definieren, würde den Umfang beachtlich ausdehnen, da die Verwandtschaftsverhältnisse der griechischen Götter ähnlich verworren waren wie die Koalitionen einer beliebigen bundesdeutschen Legislaturperiode. Wir beginnen unsere Reise durch die griechische Götterwelt also dort, wo man sie am ehesten vermuten würde: auf dem Olymp.

Man mag es kaum glauben, aber auf diesem windumtosten, saukalten Gipfel sollen die berühmten Olympier ihre Wohnstatt gehabt haben. Da man sie aber auf Abbildungen und als Statuen immer nur leicht bekleidet sieht und nicht mit Daunenjacken bewehrt, ist ein leiser Zweifel angebracht, ob Zeus und Konsorten nicht doch die sonnigen Gefilde griechischer Sandstrände bevorzugt hatten.

Dieser Band der Griechischen Mythologie für Anfänger soll uns nun in die Welt der griechischen Götter und Helden entführen, sie uns ein wenig näherbringen und Lust an der Überlieferung wecken. Da unzählige Autoren ebenso zahllose Varianten über Herkunft und Leben der Götter unter die Menschen brachten, halten wir uns bei unserer Beschreibung an den griechischen Autoren Hesiod.

Inhaltsverzeichnis

Die Götter

Zeus

Aphrodite

Apollon

Ares

Artemis

Athene

Demeter

Hades

Hephaistos

Hera

Hermes

Hestia

Poseidon

Zerberus und Freunde

Die Helden

Achilleus

Agamemnon

Ajax der Große

Ajax der Kleine

Daidalos und Ikaros

Herakles

Hippokrates von Kos

Iason

Ödipus

Odysseus

Orpheus

Perseus

Philemon und Baukis

Theseus

Milon von Kroton

Spyridon Louis

Der Trojanische Krieg

Die Vorgeschichte

Der Aufbruch in den Krieg

Vor Troja und der Zorn des Achilleus

Zweikämpfe und der Tod des Patroklos

Hektors Tod

Der Tod des Achilleus

Der Untergang Trojas

Was geschah mit Troja?

Die Seefahrer

Die Argonautenfahrt

Die Odyssee

Die Palastkulturen

Die Palastkulturen

Knossos

Phaistos

Mykene

Tiryns

Schlusswort

Die Götter

Zeus

Beginnen wir unsere Reise durch die Götterwelt der Griechen mit Zeus. Natürlich mit Zeus, war er doch der oberste aller griechischen Götter. Der erste Gott war er hingegen nicht. Vor ihm gab es schon eine ganze Reihe anderer Götter, die von sich behaupteten, die obersten Gottheiten zu sein. Das Chaos zum Beispiel kam und machte gleich dem Uranos Platz, der mit seiner Frau und Mutter Gaia das erste oberste Götterpaar darstellte, das bis in alle Ewigkeit den Himmel regieren sollte. Die Betonung liegt auf „sollte“, nur leider hatte dieses Paar auch Nachwuchs. Da Uranos kein Bedürfnis hatte, als Vater des Jahres ausgezeichnet zu werden, ließ er seine Kinder einfach nicht aus Gaia heraus, die darüber so erbost war, dass sie ihrem Sohn, dem Titanen Kronos, eine Sichel fertigte. Und was tat der ungezogene Filius? Er schlug seinem Vater das Geschlecht ab, welches in Meer fiel und die letzten Samen verlor. Aus diesen wurde einer Überlieferung zufolge Aphrodite, die „Schaumgeborene“ gezeugt, aber dazu später mehr.

So, nun war Kronos Herrscher der Götter, zusammen mit seiner Frau und Schwester Rhea. Verständlicherweise hatte der neue Obergott jetzt eine gewisse Angst, von seinen Kindern genauso in Rente geschickt zu werden wie sein Vater von ihm. Deswegen fraß er alle seine Kinder einfach auf. Heutzutage würde ein solches Verhalten Heerscharen von Gutachtern beschäftigen, die dann mangelnde Zurechnungsfähigkeit oder schwere Kindheit attestieren würden. Damals schien es eine Selbstverständlichkeit zu sein und dementsprechend wurden seine Kinder Hestia, Demeter, Hera, Poseidon und Hades Opfer seines Heißhungers.

Und wo blieb Zeus? Noch immer nichts von Zeus? Doch, jetzt! Zeus, des Kronos’ jüngster Sohn, wurde direkt nach seiner Geburt von seiner Mutter Rhea nach Kreta gebracht und dort in einer Höhle im Gebirge Ida versteckt. Damit der Papi nichts merkte, bekam er einen in Windeln eingewickelten Stein zum Essen. Sehr schmackhaft!

Zeus wurde recht schnell erwachsen und suchte dann die Konfrontation mit seinem Vater. Ein Trick, eine Droge, Zauberei – da sind sich die Griechen selbst nicht ganz einig – und Papa Kronos würgte seinen verschlungenen Nachwuchs wieder aus. Zuerst den Stein, dann die restlichen Kinder. Siehe da, Zeus und seine Geschwister vertrieben den Kronos, er wurde in den Tartaros verbannt und Zeus wurde Obergott. Alles schon mal dagewesen.

Der neue Göttervater teilte die ganze Welt in drei Herrschaftsbereiche. Er selbst übernahm den Himmel, da hatte man eine grandiose Aussicht. Sein Bruder Poseidon bekam das Meer und Hades die Unterwelt. Zeus hatte nun sein Götterreich geregelt, heiratete seine Schwester Hera und begann mit dem, was er am besten konnte – Nachwuchs zeugen. Dabei war es ihm völlig gleichgültig, ob seine Frau Hera die Mutter seiner Kinder war oder nicht. Eheliche Kinder waren die Göttin Hebe, die als Mundschenkin auf dem Olymp jobbte, da Nektar und Ambrosia ausschenkte, also eigentlich eine Art göttlicher Kneipier war. Dann war da noch Eileithyia, die Göttin der Geburt, und Arge, eine Jägerin, die von Helios, dem Sonnengott in eine Hirschkuh verwandelt wurde und entsprechend seltener Erwähnung fand. Da die griechische Überlieferung auch hier mal wieder uneins ist, soll nicht verschwiegen werden, dass auch Hephaistos und Ares als Söhne des Zeus und der Hera galten.

Mit den ehelichen Kindern könnten wir dieses Kapitel eigentlich schon abhaken, wenn da nicht des Zeus’ Hang zum Fremdgehen gewesen wäre. Darin war der Göttervater eine echte Kapazität, von dem heutige Stars und Sternchen noch eine Menge lernen könnten. Der Obergott kam zu seinen Geliebten in allerlei möglicher und unmöglicher Gestalt. Schließlich sollte Hera ja nicht gleich von seinen Fehltritten alles mitbekommen. All die Göttinnen und Menschenfrauen aufzuzählen, mit denen Zeus Nachwuchs zeugte, würde den Rahmen sprengen, deshalb nur eine kleine Auswahl der bekanntesten Verführten und ihrer Kinder und der Gestalt, in der Zeus sie besuchte.

Der Verkleidungskünstler Zeus verführte die Nymphe Aigina in der Gestalt des Feuers. Wahrscheinlich kommt der Begriff „Feuer und Flamme sein“ aus dieser etwas eigenartigen Verbindung. Ganz sicher aber entsprang diesem Fehltritt das Kind Aiakos, der Vater von Peleus und Telamon und damit der Opi von Achilleus und Ajax, denen wir im Krieg um Troja begegnen werden.

Die Alkmene wurde sozusagen Opfer ihres eigenen Mannes Amphitryon, in dessen Gestalt Zeus die schöne Alkmene, Königin von Theben, schwängerte und den Helden Herakles zeugte. Die Titanentochter Asteria wollte er in Gestalt eines Adlers überlisten.

Der Danae, Tochter des Königs von Argos, eingesperrt in ein Verlies, weil ihr Vater eine der damals üblichen schlimmen Prophezeiungen fürchtete, näherte sich der Göttervater als Goldregen. Wie so oft kam es auch hier zu Nachwuchs. Zeusens Sohn Perseus sollte dereinst die Gorgone Medusa – diejenige, die jeden zu Stein erstarren ließ, der sie anblickte – enthaupten und so zum Helden werden.

Europa wurde aus dem fernen Phönizien, wo sie als Königstochter ein ruhiges Leben führte, von einem Stier nach Kreta entführt. Ja, der Stier war Zeus und eines der Kinder dieser Beziehung, Minos, sollte König von Kreta werden.

Kompliziert wurde es beim Schäferstündchen mit Leda, der Gemahlin des spartanischen Königs Tyndareos. Zeus kam als Schwan, zeugte einen Sohn und verschwand wieder. Aber Leda bekam Zwillinge, Kastor und Polydeukos, von denen Polydeukos der Sohn des Zeus war und damit ein Halbgott, während Kastor, in der gleichen Nacht von Tyndareos gezeugt, ein Mensch war. Trotz allem blieben die Zwillinge unzertrennlich und erhielten als Dioskuren ein eigenes Sternbild.

Was gut ist, kommt wieder – so auch Zeus als Schwan. Die weibliche Hauptrolle übernahm wieder einmal Leda. Diesmal war die Frucht des Seitensprungs ein Mädchen, geboren aus einem Ei, Helena, die als die schöne Helena einer der Gründe für den Trojanischen Krieg werden sollte.

Das war nur eine kleine Auswahl der diversen Fehltritte des Göttervaters. Es gab noch weitaus mehr. Mit seiner Schwester Demeter hatte er die kleine Persephone, mit der Titanentochter Leto zeugte er die Zwillinge Artemis und Apollon, die Göttin der Jagd und den Gott des Lichtes. Mit der Plejadin Maia gab es den späteren Götterboten Hermes.

Richtig brutal ging es bei Metis und Zeus zur Sache. Da die bekannten Orakel dem Zeus voraussagten, eine Tochter wäre ihm gleichrangig und ein Sohn würde ihn stürzen, fraß er die schwangere Metis kurzerhand auf. Er erinnerte sich an das Schicksal seines Vaters und Großvaters, die ja auch von ihren Söhnen verjagt worden waren. Kurze Zeit nach dem Mahl bekam der Obergott Kopfschmerzen, man rief den Schmied Hephaistos (warum auch immer), der dem Zeus kurzerhand eines mit der Doppelaxt über den Schädel gab. Heraus hüpfte, in voller Rüstung und schwer bewaffnet, Athene, die Göttin der Weisheit und des Kampfes. Nur Zeus weiß, was diese beiden Dinge miteinander gemeinsam haben. Über das weitere Schicksal der Metis ist nichts bekannt und wir wollen es wohl auch nicht wissen.

Aphrodite

Die griechische Göttin der Liebe, Begierde und Schönheit war der Überlieferung nach die schönste Göttin Griechenlands. Diese Tatsache war eine der Ursachen für den trojanischen Krieg. Als Tochter des Uranos war die Göttin Aphrodite die Schwester des Kronos und damit eine Großtante des Göttervaters Zeus. Um ihre Geburt ranken sich viele Mythen. Die bekannteste ist, dass Kronos seinem Vater das Geschlechtsteil abschnitt und das Blut und der Samen sich mit dem Meer vermischten, das aufschäumte und die Göttin Aphrodite gebar. Auf Zypern wurde sie von den Horen eingekleidet und den Göttern vorgestellt, worauf Zeus seine Großtante sofort adoptierte. Merkwürdige Familienverhältnisse mag man glauben. In anderen Erzählungen war sie die Tochter des Zeus, manchmal die des Kronos. Man sieht also, auch die alten Griechen wussten nicht so recht, woher Aphrodite eigentlich kam. Das könnte natürlich an der Tatsache liegen, das Aphrodite eine der ältesten Gottheiten Griechenlands war, die bereits vor der homerischen Zeit und wahrscheinlich auch vor den Achäern verehrt wurde.

Der Ehemann der schönen Aphrodite war der Schmied Hephaistos, der Gott des Feuers und der Schmiedekunst, dem sie jedoch immer wieder Hörner aufsetzte. Ihre Verhältnisse mit anderen Göttern und Sterblichen waren sprichwörtlich. Besonders mit Ares, dem Kriegsgott, hatte sie eine lange andauernde Liebschaft. Mit diesem hatte sie fünf Kinder: Harmonia, die Göttin der Eintracht; Eros, der Gott der Begierde in der Liebe; Phobos und Deimos, die Begleiter des Ares (nach diesen beiden sind übrigens auch die Monde des Mars benannt) und Anteros, der Rächer der verschmähten Liebe.

Das folgenreichste Verhältnis hatte die Göttin jedoch mit dem Trojaner Anchises. Aus dieser Liebschaft ging der Krieger Äneas hervor, der als Held im Trojanischen Krieg kämpfte und nach dem Untergang der Stadt bis nach Italien verschlagen wurde, wo seine Nachfahren dann die Stadt Rom und das Geschlecht der Julier gründeten, zu dem auch Julius Cäsar gehörte. Mit dem Gott des Weines, dem ewig betrunkenen Dionysos, zeugte Aphrodite den Priapos und mit Hermes den Hermaphroditos. Ihre große Liebe gehörte jedoch dem Inbegriff der jugendlichen Schönheit, dem wunderschönen Adonis. Diese Beziehung war jedoch besonders pikant, war Adonis doch von Zeus dazu verdonnert worden, auch als Geliebter der Persephone da zu sein. Das ihm aufgezwungene Zeitmanagement verfügte, dass Adonis je ein Drittel seiner Zeit der Aphrodite und der Persephone widmen musste. Nun ja, alles geht einmal zu Ende – diese Beziehung endete durch Ares in Form eines Wildschweins, das den Adonis schlichtweg in Stücke riss. Aus jedem seiner Blutstropfen soll der Überlieferung nach eine Anemone (auch Adonisröschen genannt) entstanden sein.

Nun, die diversen Seitensprünge der Liebesgöttin sind nicht alles, wofür sie berühmt wurde. Auch den Trojanischen Krieg hat sie der Legende nach ausgelöst, als sie mit ihren Götterkolleginnen Hera und Athene stritt, wer denn die Schönste der Olympierinnen sei. Den armen Königssohn von Troja, Paris mit Namen, traf die undankbare Aufgabe, die Entscheidung zu treffen. Und da Göttinnen natürlich immer eine völlig objektive Aussage erwarteten, bestachen sie den Paris nach Strich und Faden. Aphrodite versprach ihm die schönste Frau auf Erden, in Gestalt der Helena, die jedoch dummerweise bereits mit dem König von Sparta, Menelaos, verheiratet war. Paris wusste dies sehr wohl, aber da Männer bei solchen Dingen selten mit dem Hirn denken, nahm er die göttliche Bestechung dankend an. So entstand, in groben Zügen erzählt, der Trojanische Krieg, in dem sich die Achäer und die Trojaner gegenseitig zehn Jahre die Köpfe einschlugen. Da Hera und Athene natürlich überhaupt nicht nachtragend waren, standen sie den Griechen bei, während Aphrodite und ihr Dauergeliebter Ares die Trojaner unterstützten.

Da Aphrodite meist in Verbindung mit Tieren, wie Schwan, Delphin und Hase oder Pflanzen wie der Anemone, der Rose, Apfel und Myrte gezeigt wurde, liegt der Schluss nahe, dass sie wohl ursprünglich eine Fruchtbarkeitsgöttin war. Jedoch ist bis heute unklar, woher sie wirklich kam, wurde sie doch in den verschiedensten Ausführungen verehrt. Ihre Tätigkeit als Göttin der Liebe ist die bekannteste Darstellung, jedoch trug sie auch Beinamen wie „Hoplisméne – die Bewaffnete“, „Eleémon – die Gnädige“ oder „Xenia – die Gastfreundliche“. Diese vielen unterschiedlichen Namen lassen erkennen, dass Aphrodite ein weit gefächertes Aufgabengebiet zu erfüllen hatte.

Noch ein kurzer Sprung zur Kunst: das wohl berühmteste Bild der Aphrodite „la nascita di Venere – Die Geburt der Venus“ von Sandro Botticelli zeigt die nackte Liebesgöttin in einer Muschel stehend, als sie am Strand von Zypern landete und von den Horen in Empfang genommen wurde. Heute befindet sich dieses Bild in der Sammlung der Uffizien in Florenz.

Apollon

Der so überaus positiv besetzte Apollon, der Gott des Lichtes und des Frühlings, Freund der schönen Künste, der Dichter und Sänger, war, wie ist es auch anders zu erwarten, ein Sohn des Zeus und Zwillingsbruder der Göttin Artemis. Mutter der göttlichen Geschwister war die Titanentochter Leto. Das ganze Jahr über war Apollon auf dem Olymp, erst zu Beginn des Winters zog er in seine Zweitwohnung im „Land der Hyperboreer“, also irgendwo ganz im Norden. Das tat er in einem Wagen, der von weißen Schwänen gezogen wurde.

Eine der bedeutensten Kultstätten im alten Griechenland war das Orakel von Delphi und dem Apollon geweiht. Jeder, der etwas auf sich hielt und sich nicht wagte, eigene Entscheidungen zu treffen, rief das Orakel an, um eine Hilfestellung zu erhalten. Wie es aber Prophezeiungen, damals wie heute, so an sich haben, konnte man in die Antworten des Orakels alles mögliche interpretieren. Doch Delphi war nicht der einzige Apollontempel. Auch in Side, in der heutigen Türkei, in Syrakus auf Sizilien und sogar auf dem Palatin in Rom gab es große und bedeutende Heiligtümer des Gottes.

Apollon war jedoch nicht nur der Beschützer der Kunst und der Musik, sondern auch ein recht aggressiver Zeitgenosse, der seine Gegner erbarmungslos verfolgte und tötete. So jagte er die Riesenschlange Python, ein Kind der Gaia, bis nach Delphi und tötete sie dort. Anderen Quelle zufolge war Phyton der Vorbesitzer des Platzes, dem sich Apollon in Gestalt eines Delphines näherte (wie er das auf Land wohl gemacht hat?). Dort angekommen brachte er Phyton um und nannte seine Orakelpriesterinnen aus Sühne Pythia. Auch die christlichen Kirchen haben alte Kultplätze oft genug für ihre Zwecke vereinnahmt. Selbst Papa Zeus bekam die Rachsucht seines Sohnes zu spüren. Der Apollonsohn Asklepios, Gott der Heilkunst, überschritt durch die Erweckung eines Toten seine Befugnisse, was Hades, dem Gott der Unterwelt nun gar nicht gefiel. Hades schickte ein Beschwerdeschreiben an seinen Bruder Zeus, der daraufhin einen seiner berühmten Blitze auf Asklepios schleuderte, was dieser wiederum nicht überlebte. Apollon tötete daraufhin alle Kyklopen, derer er habhaft werden konnte; schließlich hatten diese die Blitze des Zeus geschmiedet. Zeus schmiss seinen Sohn natürlich sofort aus dem Haus, sprich dem Olymp und Apollon war gezwungen, sich die nächsten Jahre als Schafhirte zu verdingen.

Das waren aber nicht die einzigen Opfer des Apollon. So tötete er, gemeinsam mit seiner Schwester Artemis, die Kinder der Niobe. Niobe hatte ein kleines Problem mit der Mutter der Zwillingsgötter. Auch der Riese Tityos, der Leto vergewaltigen wollte, wurde ein Opfer des Lichtgottes. Der Satyr Marsyas, von dem man sagte, er mache schönere Musik, als der Gott selbst, musste dran glauben.

Auch im Trojanischen Krieg war der Gott recht aktiv. Als die Griechen die Tochter eines Apollonpriesters gefangen nahmen und versklavten, schickte der Gott ein paar Pfeile ins Lager der Achäer und schickte ihnen die Pest. Er war einer der Götter, die in jener sagenhaften Auseinandersetzung auf Seiten der Trojaner stand.

Im Liebesleben stand Apollon seinem Vater in nichts nach. Mit einer der Musen, Kalliope, zeugte er die Söhne Linos (nicht der mit der Schmusedecke) und Orpheus. Während der eine später als Musiklehrer des Herakles sein Brot verdiente, wurde der andere der berühmteste Sänger der griechischen Sagenwelt. Mit der Koronis hatte er den Asklepios und mit der Tochter des Seher Teiresias, Manto, zeugte er den Sohn Mopsos (was für ein Name), der später ebenfalls ein berühmter Prophet werden sollte. Mit einer anderen Muse, Urania, hatte er den Sohn Hymenäos, dem Schutzpatron der Eheschließungen. Alle Verbindungen des Apollon mit Göttern und Sterblichen beiderlei Geschlechts aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen.

Ares

Ares, der Gott des Krieges, war ein überaus unsympathischer Bursche. Als Sohnemann von Zeus und Hera gehörte er zum inneren Kreis der Olympier. Er war ein Gott, der nun in allen Punkten ein wenig aus der Rolle fiel. Rohe Gewalt und Blutbäder waren seine Obsession. Grausam und aggressiv, blutdürstig und unbarmherzig war er das glatte Gegenteil zu Pallas Athene, welche die Weisheit und die clevere Kriegslist verkörperte. Ares hingegen war der Haudrauf der griechischen Götterwelt. Heutzutage käme er bequem als Killer, Scharfrichter oder Bankmanager durch.

Normalerweise trieb er sich auf Schlachtfeldern rum, um dem Klirren der Waffen und den zerbrechenden Knochen zu lauschen. War gerade kein Gemetzel im Gange, fand man ihn öfter im Bett der Göttin Aphrodite, die mit Ares ihren Beruf als Liebesgöttin exzessiv ausübte. Pikanterweise war eben jene Aphrodite bereits verheiratet und zwar mit Hephaistos, dem Gott der Schmiede. Der Handwerker war zwar ein ehrenwerter Gott, nur leider nicht der Mann der weiblichen Träume. Irgendwann im Laufe der Geschichte erzählte der Sonnengott Helios dem gehörnten Ehemann von den Eskapaden seiner Ehegattin. Wahrscheinlich kommt der Spruch „Alles kommt ans Licht der Sonne“ hierher. Jedenfalls kam, was kommen musste. Hephaistos nahm seinen Beruf ernst, schmiedete ein Netz, das nie zerreißen konnte und erwischte Aphrodite und Ares in flagranti beim Liebesspiel, so dass Ares nicht einmal mehr Zeit hatte, in den obligatorischen Kleiderschrank zu flüchten. Und was tat Hephaistos? Den Nebenbuhler verprügeln, gar aus dem Fenster werfen? Mitnichten. Er rief die anderen Götter herbei, damit auch diese ein wenig Ablenkung vom langweiligen Leben auf dem Olymp hatten und um den Bösewicht und seine Gattin vorzuführen. Wie uns die Überlieferung verrät, ging dieser Schuss voll nach hinten los, wie man heutzutage so nett sagt. Die restliche Götterclique amüsierte sich köstlich und lachte Hephaistos aus, der zu lange von nichts etwas ahnte und sozusagen der Stammvater aller gehörnten Ehemänner wurde.

Wie es nun einmal bei Verhältnissen ab und an vorkommt, hatte auch dieses seine Nachwirkungen. Die Griechen sind sich selbst nicht einig, wie viele Kinder Aphrodite und Ares miteinander hatten. Sicherlich zwei, nämlich Anteros, den Gott der unerwiderten Liebe, und Harmonia, die Göttin der Eintracht, die wahrscheinlich eher auf die Mutter kam. Böse Zungen behaupten, auch die Begleiter des Ares, nämlich Deimos, der Gott der Grauens, Phobos, der Gott der Furcht und Enyalios, der Gott des Kampfes, seien aus dem Seitensprung der beiden Götter entstanden.

Auch die Freunde des Ares hatten keinen guten Ruf. Eris, die Göttin der Zwietracht, war immer an seiner Seite. Hier wäre es für künftige Forscher sicherlich ein gutes Thema herauszufinden, ob sie auch beim Verhältnis Aphrodite/Ares in der Nähe war. Auch die anderen Kumpels des Kriegsgottes waren nicht gerade dazu geeignet, eine Vertrauensbasis zum gemeinen Volk herzustellen: Hades, der Herr der Unterwelt, den sowieso niemand mochte, sowie Ker, die Göttin des gewaltsamen Todes, und Ate, die Göttin der Verblendung. Sozusagen die Parias der griechischen Götterwelt. Weil Ares sich immer mit so dunklen Gestalten herumtrieb und auch die alten Griechen schlafende Hunde lieber nicht wecken wollten, baute man auch kaum Tempel für den Gott des Krieges. Pech, hätte er sich mal lieber nicht immer so fies verhalten.

Artemis

Die Göttin der Jagd und des Waldes hatte noch einige andere Aufgabengebiete. So galt sie als Hüterin der Frauen und Kinder. Das war sicherlich auch dringend notwendig, da der Schwund durch Jagdunfälle und umstürzende Bäume sonst erheblich gewesen wäre.