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Gudrun Unbekannt - Vor Zeiten lebte in Irland der König Hagen und seine Gemahlin Hilde; sie hatten eine liebliche Tochter, die den Namen ihrer Mutter trug. Jedermann pries ihre Anmut und ihren Liebreiz, und bald drang der Ruf von Hildes Schönheit über Meer und Land, und viele edle Freier aus königlichem Blut kamen an den Hof, um sie zum Weibe zu gewinnen.»Ich werde nur dem die Hand meiner Tochter geben«, erklärte König Hagen hart, »der mich im Wettkampf besiegt.« Viele Bewerber hatte er schon bezwungen und erschlagen.
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Seitenzahl: 22
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Vor Zeiten lebte in Irland der König Hagen und seine Gemahlin Hilde; sie hatten eine liebliche Tochter, die den Namen ihrer Mutter trug. Jedermann pries ihre Anmut und ihren Liebreiz, und bald drang der Ruf von Hildes Schönheit über Meer und Land, und viele edle Freier aus königlichem Blut kamen an den Hof, um sie zum Weibe zu gewinnen.
»Ich werde nur dem die Hand meiner Tochter geben«, erklärte König Hagen hart, »der mich im Wettkampf besiegt.« Viele Bewerber hatte er schon bezwungen und erschlagen.
Damals herrschte im Hegelingenland König Hetel, dessen Reich sich von Jütland bis zu den Niederlanden erstreckte. Sein Wunsch war es, die schönste Fürstentochter als Gemahlin an seiner Seite zu haben, und so entsandte er drei getreue Helden zur Brautwerbung: seinen Waffenmeister Wate, den gewaltigen Recken, den sangeskundigen Horand, seinen Schwestersohn aus Dänemark, und den klugen Frute, dessen Rat dem König schon so manches Mal aus der Bedrängnis geholfen hatte.
»Nicht mit Waffengewalt, nur durch List werden wir zum Ziele kommen«, mahnte Frute; »denn König Hagen pflegt die Boten derer, die seine schöne Tochter gewinnen wollen, sehr übel aufzunehmen.« Auf seinen Rat reisten die Helden darum als fremde Kaufleute verkleidet nach Irland.
Am Strande von Baljan gingen sie an Land, baten um Gastfreundschaft, die man ihnen gewährte, und schlugen die Zelte auf, um ihre Waren feilzubieten: Waffen und Geräte, wertvolle Stoffe und kostbaren Schmuck an Spangen und Ringen.
Die Leute aus Hagens Burg strömten voll Neugierde herbei, und bald zog das Lob der köstlichen Waren und Kleinodien auch die Königin mit ihrer schönen Tochter in die Zelte der Fremden. Selbst König Hagen fand Gefallen an den Kaufleuten, die gar nicht wie gewöhnliche Krämer erschienen, und eines Tages lud er Wate und seine Gefährten an den Hof.
Im Königssaale saßen die Gäste aus dem Hegelingenlande der Königin und ihren Edelfrauen gegenüber. Mit welcher Freude schauten sie auf Hilde, die liebliche Königstochter, der ihre Reise galt; doch ließen sie nichts von ihrem Vorhaben verlauten und gebärdeten sich weiterhin, als seien sie Kaufleute. »Nicht Krämer, sondern edle Recken sind sie«, flüsterte Hagen seinem Marschall zu und blickte dabei wohlgefällig auf den starken Wate mit dem breiten Bart.
Lächelnd trat Königin Hilde vor Wate hin: »Sagt ehrlich Eure Meinung«, fragte sie scherzend. »Behagt Euch mehr der Umgang mit schönen Frauen, oder blickt Ihr lieber im Waffenspiel dem Gegner ins Auge?«