Gullivers Reisen - Jonathan Swift - E-Book
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Gullivers Reisen E-Book

Jonathan Swift

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Beschreibung

Der Schiffsarzt Leopold Gulliver ist ein wohlanständiger Durchschnittsbürger, der durch allerhand Katastrophen und Missgeschicke in die unglaublichsten Abenteuer gerät. Da ist nicht nur das winzige Volk der Liliputs, das ihn gefangen nimmt, oder die Riesen von Brobdingnag, die ihn als Attraktion zur Schau stellen, er landet auch auf der fliegenden Insel Laputa und erlebt in Balnibarbi eine Akademie der Absurditäten. Und was sind eigentlich die affenartigen Yahoos und die schönen Houyhnhnms für Wesen? Die abenteuerlichen Reisen Gullivers sind voller Gefahren und Phantasie. Eine Satire auf die Welt des frühen 18. Jahrhunderts und ein weltbekannter Klassiker. – Mit einer kompakten Biographie des Autors.

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Seitenzahl: 691

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Jonathan Swift

Gullivers Reisen

Mit 16 AbbildungenAus dem Englischen übersetzt, kommentiert und mit einem Nachwort von Hermann J. Real und Heinz J. Vienken

Reclam

Englischer Originaltitel:

Gulliver’s Travels

 

2022 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Covergestaltung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH

Coverabbildung: © Gutentag-Hamburg

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2022

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-961965-1

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-020667-6

www.reclam.de

Inhalt

Kapitel

Reisen zu mehreren entlegenen Völkern der Welt

Ein Brief Kapitän Gullivers an seinen Vetter Sympson

Der Herausgeber an den Leser

ERSTER TEIL: Eine Reise nach Lilliput

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

ZWEITER TEIL: Eine Reise nach Brobdingnag

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

DRITTER TEIL: Eine Reise nach Laputa, Balnibarbi, Glubbdubdrib, Luggnagg und Japan

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Elftes Kapitel

VIERTER TEIL: Eine Reise in das Land der Houyhnhnms

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Elftes Kapitel

Zwölftes Kapitel

Anhang

Zur Übersetzung

Anmerkungen

Nachwort

Zeittafel

Reisen zu mehreren entlegenen Völkern der Welt

in vier Teilen

von Lemuel Gulliver, zuerst Wundarzt, danach Kapitän mehrerer Schiffe

[Ein Brief Kapitän Gullivers an seinen Vetter Sympson

Ich hoffe, Du bist bereit, öffentlich einzugestehen, wann immer man Dich dazu auffordert, dass Du mich durch Dein großes und häufiges Drängen dazu gebracht hast, einen höchst zusammenhanglosen und ungenauen Bericht meiner Reisen zu veröffentlichen, verbunden mit der Auflage, einige junge Herren einer der beiden Universitäten anzustellen, um sie in die richtige Ordnung zu bringen und den Stil verbessern zu lassen, wie mein Vetter Dampier es auf mein Anraten in seinem Buch Eine Reise um die Welt getan hat. Aber ich erinnere mich nicht daran, Dir Vollmacht gegeben zu haben zuzustimmen, dass etwas ausgelassen werden könne, und noch weniger daran, dass etwas eingefügt werden könne. Was den letzten Punkt angeht, weise ich daher an dieser Stelle alles zurück, insbesondere einen Abschnitt über Ihre verstorbene Majestät, Königin Anna, höchst gottseligen und glorreichen Angedenkens, wenngleich ich sie mehr als sonst jemanden von der menschlichen Art verehrt und geschätzt habe. Du aber, oder der für die Zusätze Verantwortliche, Ihr hättet Euch überlegen sollen, dass es ebenso wenig meine Absicht wie unschicklich war, ein Lebewesen unserer Natur vor meinem Houyhnhnm-Meister zu preisen. Darüber hinaus war auch die Sache insgesamt falsch; ich war nämlich teilweise während der Regierungszeit Ihrer Majestät in England, und meines Wissens regierte sie tatsächlich mit einem Ersten Minister, ja sogar mit zweien nacheinander. Der erste war Lord Godolphin und der zweite Lord Oxford, so dass Du mich die Sache hast sagen lassen, die es nicht gibt. In ähnlicher Weise hast Du in dem Bericht über die Akademie der Projektoren und an mehreren Stellen meiner Gespräche mit dem Herrn der Pferde entweder bedeutsame Umstände ausgelassen oder sie auf solche Weise beschönigt oder verändert, dass ich mein eigenes Werk kaum wiedererkenne. Als ich vor einiger Zeit in einem Brief an Dich hierauf anspielte, gefiel es Dir zu antworten, dass Du Angst hättest, Anstoß zu erregen; dass die Mächtigen ein wachsames Auge auf die Presse hätten und dass sie leicht alles, was wie eine Anspielung aussehe (ich glaube, so nanntest Du es), nicht nur interpretierten, sondern auch bestraften. Aber mit Verlaub, wie könnte das, was ich vor so vielen Jahren gesagt habe, und unter einer anderen Regierung in über fünftausend Meilen Entfernung, auf einen der Yahoos Anwendung finden, die jetzt das Rudel regieren sollen, insbesondere zu einem Zeitpunkt, als ich kaum daran dachte oder das Unglück befürchtete, unter ihnen leben zu müssen. Habe ich nicht allen Grund zu klagen, wenn ich eben diese Yahoos von den Houyhnhnms in einem Gefährt befördert sehe, als ob diese wilde Tiere und jene die vernünftigen Wesen seien? Gewiss war es ein Hauptgrund für meinen Rückzug an diesen Ort, einen so ungeheuerlichen und verabscheuungswürdigen Anblick zu vermeiden.

So viel, glaubte ich, sei angebracht, Dir im Hinblick auf Deine Person und das Vertrauen, das ich in Dich gesetzt habe, zu sagen.

Als Nächstes beklage ich meinen eigenen großen Mangel an Verstand, dass ich mich durch Dein und anderer Leute stetes Drängen und falsches Argumentieren dazu verleiten ließ, meine Reisen, sehr gegen meine eigene Überzeugung, veröffentlichen zu lassen. Bitte erinnere Dich daran, wie oft ich Dich bat, wenn Du immer wieder das Motiv des öffentlichen Wohls zur Sprache brachtest, doch zu beachten, dass die Yahoos Kreaturen seien, die durch keinerlei Vorschrift oder Vorbild je gebessert werden könnten. Und so hat es sich ja auch herausgestellt: Anstatt das Ende aller Missstände und Korruptionen wenigstens auf dieser kleinen Insel, wie ich doch vernünftigerweise erwarten konnte, zu erblicken, kann ich, weiß Gott, nach über sechs Monaten Warnens nicht feststellen, dass mein Buch auch nur eine Wirkung im Sinne meiner Absichten gezeitigt hat. Ich hatte Dich ja gebeten, mich brieflich wissen zu lassen, wenn Parteienhader und Zwietracht verschwunden seien, die Richter gebildet und aufrichtig, die Anwälte ehrlich und bescheiden mit einer Spur von gesundem Menschenverstand; wenn Smithfield leuchte von Stapeln brennender Gesetzeskommentare; wenn die Erziehung des Jungadels von Grund auf verändert und die Ärzte in die Verbannung geschickt seien; wenn die weiblichen Yahoos Tugend, Ehrenhaftigkeit, Wahrheitsliebe und Verstand im Überfluss hätten; wenn die Fürstenresidenzen und Levers großer Minister gründlich ausgemistet und gereinigt seien; wenn Geist, Verdienst und Bildung belohnt würden; wenn alle Schänder bedruckten Papiers in Vers und Prosa dazu verurteilt würden, nichts anderes zu essen als ihre eigene Wollschwärze und ihren Durst mit ihrer eigenen Tinte zu stillen. Auf diese und tausenderlei andere Reformen habe ich fest gebaut infolge Deiner Ermutigung, waren sie doch leicht herleitbar aus den Lehren, die in meinem Buch gegeben werden. Auch ist einzuräumen, dass sieben Monate hinreichend Zeit waren, um jedes Laster und jede Torheit, denen Yahoos unterworfen sind, abzuschaffen, falls ihre Natur überhaupt der geringsten Neigung zu Tugend oder Weisheit fähig gewesen wäre. Doch hast Du bis jetzt meiner Erwartung in Deinen Briefen so wenig entsprochen, dass Du im Gegenteil unseren Boten jede Woche mit Schmähschriften und Entschlüsselungen, Reflexionen, Memoiren und Fortsetzungsgeschichten befrachtest. Darin finde ich mich angeklagt als jemand, der auf gewichtige Leute im Staat ein schlechtes Licht wirft, der die menschliche Natur herabsetzt (denn so wird sie immer noch vertrauensvoll bezeichnet) und der das weibliche Geschlecht schmäht. Ich stelle auch fest, dass die Schreiber solcher Papierbündel untereinander nicht einig sind, denn einige von ihnen wollen mir nicht zugestehen, der Verfasser meiner eigenen Reisen zu sein, und andere machen mich zum Autor von Büchern, die mir völlig unbekannt sind.

Ich stelle ebenfalls fest, dass Dein Drucker, nachlässig, wie er ist, die Zeiten durcheinandergebracht und die Daten meiner verschiedenen Reisen und Rückkünfte verwechselt hat: Er hat sie weder dem richtigen Jahr zugeordnet noch dem richtigen Monat oder Tag.Und ich höre, dass das ursprüngliche Manuskript nach der Veröffentlichung meines Buches ganz vernichtet ist, und ich habe auch keine Kopie davon. Dennoch habe ich Dir einige Verbesserungen zukommen lassen, die Du einsetzen kannst, wenn es überhaupt eine zweite Auflage geben sollte. Und doch kann ich nicht auf ihnen bestehen, sondern überlasse diese Angelegenheit meinen urteilsfähigen und unvoreingenommenen Lesern, sie nach Gutdünken zu ordnen.

Ich höre, dass einige unserer See-Yahoos etwas an meiner Seemannssprache auszusetzen haben; sie sei vielfach unrichtig oder werde so nicht mehr benutzt. Daran kann ich nichts ändern. In meiner Jugend wurde ich auf meinen ersten Reisen von den ältesten Seeleuten unterwiesen und lernte so zu sprechen wie sie. Aber seitdem ist mir klar geworden, dass die See-Yahoos, wie die auf dem Land wohnenden, neumodisches Vokabular bereitwillig benutzen. Letztere wechseln es jedes Jahr, insofern ihr alter Dialekt sich so verändert hatte, dass ich den neuen kaum verstehen konnte, wie es nach meiner Erinnerung bei jeder Rückkehr in meine Heimat passiert ist. Ich mache auch die Beobachtung, dass, wenn ein Yahoo aus Neugier von London kommt, um mich in meinem Haus zu besuchen, wir unsere Vorstellungen einander nicht auf eine Art nahebringen können, die für den anderen verständlich ist.

Wenn der Tadel von Yahoos mich in irgendeiner Weise berühren könnte, müsste ich nicht unbeträchtlich Grund zur Klage darüber haben, dass einige von ihnen sich anmaßen, mein Reisebuch lediglich für ein Phantasiegebilde meines Hirns zu halten. Sie haben sogar Bemerkungen fallenlassen, dass die Houyhnhnms und Yahoos nicht mehr existierten als die Bewohner von Utopia.

Nun muss ich freilich gestehen, was das Volk von Lilliput, Brobdingrag (denn so hätte das Wort buchstabiert werden sollen, und nicht fälschlicherweise Brobdingnag) und Laputa anlangt, dass ich noch nie von einem Yahoo gehört habe, der sich angemaßt hätte, ihr Bestehen zu bestreiten oder die Tatsachen, die ich darüber berichtet habe, weil die Wahrheit jeden Leser unmittelbar überzeugt. Und ist mein Bericht über die Houyhnhnms oder Yahoos etwa weniger wahrscheinlich, wenn doch von letzteren offenkundig ist, dass so viele Tausende in dieser Stadt wohnen, die sich von ihren Tiergesellen in Houyhnhnm-Land nur dadurch unterscheiden, dass sie eine Art Geschnatter benutzen und nicht nackt herumlaufen? Um sie zu bessern, nicht um ihren Beifall zu erhalten, habe ich geschrieben. Das vereinte Lob der gesamten Rasse wäre von geringerer Bedeutung für mich als das Wiehern jener beiden entarteten Houyhnhnms, die ich in meinem Stall halte, weil ich von diesen, so degeneriert sie auch sein mögen, mich immer noch in einigen Tugenden zu bessern lerne, ohne irgendeine Beimischung von Laster.

Maßen sich diese elenden Kreaturen an zu glauben, dass ich so sehr entartet bin, meine Wahrhaftigkeit zu verteidigen? Wenn ich auch ein Yahoo bin, so weiß man doch sehr wohl in ganz Houyhnhnm-Land, dass ich durch die Unterweisungen und das Vorbild meines erlauchten Herrn innerhalb von zwei Jahren (obgleich ich bekennen muss, nur mit größter Mühe) in der Lage war, jene teuflischen Gewohnheiten des Lügens, Taktierens, Täuschens und der Doppelzüngigkeit auszurotten, die so tief in den Herzen meiner gesamten Art, insbesondere in den Europäern, verwurzelt sind.

Bei dieser ärgerlichen Gelegenheit hätte ich noch weitere Beschwerden vorzubringen. Aber ich versage es mir, mich oder Dich weiter zu belästigen. Ich muss offen gestehen, dass seit meiner letzten Rückkehr einige Verderbtheiten meiner Yahoo-Natur wieder in mir lebendig geworden sind, dadurch dass ich mit Mitgliedern Deiner Art, insbesondere mit denen meiner eigenen Familie, was unvermeidlich notwendig war, Gespräche geführt habe. Sonst hätte ich niemals den Versuch gemacht, ein so absurdes Vorhaben zu unternehmen wie das, die Yahoo-Rasse in diesem Königreich zu reformieren. Nunmehr bin ich jedoch auf immer mit derartig phantastischen Plänen fertig.

 

2. April 1727]

Der Herausgeber an den Leser

Der Autor dieser Reisen, Herr Lemuel Gulliver, ist mein alter und vertrauter Freund. Auch gibt es mütterlicherseits ein verwandtschaftliches Element zwischen uns. Vor ungefähr drei Jahren war Herr Gulliver den Andrang neugieriger Leute leid, die ihn in seinem Haus in Redriff besuchten. Er kaufte sich ein kleines Grundstück mit dem passenden Haus dazu in der Nähe von Newark in Nottinghamshire, seiner Heimat. Dort lebt er nun zurückgezogen, doch von seinen Nachbarn geachtet.

Wenn Herr Gulliver auch in Nottinghamshire, wo sein Vater wohnte, geboren wurde, so habe ich ihn doch sagen hören, dass seine Familie aus Oxfordshire stamme. Auf dem Friedhof von Banbury in jener Grafschaft habe ich mehrere Gräber und Grabmale der Gullivers gesehen, die das bestätigen.

Bevor er Redriff verließ, gab er die nachfolgenden Papiere in meine Obhut und ließ mir die Freiheit, damit zu verfahren, wie es mir sinnvoll erschiene. Ich habe sie sorgfältig dreimal gelesen. Der Stil ist sehr schlicht und einfach, und der einzige Fehler, den ich finden kann, ist der, dass der Autor nach der Manier von Reisenden ein wenig zu weitschweifig ist. Eine Atmosphäre von Wahrheit durchzieht das ganze Buch, und darüber hinaus war der Autor so berühmt für seine Wahrhaftigkeit, dass es eine Art Sprichwort bei seinen Nachbarn in Redriff wurde, wenn man etwas fest behauptete, zu sagen, es sei so wahr, als ob Herr Gulliver gesprochen habe.

Auf den Rat verschiedener angesehener Personen, denen ich mit Zustimmung des Verfassers diese Papiere zur Kenntnis gebracht habe, wage ich es jetzt, sie der Öffentlichkeit vorzustellen in der Hoffnung, dass sie wenigstens eine Weile bessere Unterhaltung für unsere jungen Adligen sind als das gemeine Geschreibe aus Politik und Partei.

Dieser Band wäre mindestens zweimal so umfangreich geworden, wenn ich mir nicht die Freiheit genommen hätte, unzählige Stellen zu tilgen, die sich auf Winde und Gezeiten beziehen, auf Kompassabweichungen und Peilungen in den verschiedenen Reisen, sowie die peinlich genauen Beschreibungen von der Führung eines Schiffs in Stürmen, nach der Manier von Seeleuten; ebenso den Bericht über Längen- und Breitengrade, wobei ich Grund zu der Befürchtung habe, dass Herr Gulliver damit nicht sehr zufrieden ist. Aber ich war entschlossen, das Werk so sehr wie möglich der allgemeinen Aufnahmefähigkeit der Leser anzupassen. Wenn jedoch meine eigene Unwissenheit in nautischen Dingen mich dazu verführt haben sollte, Fehler zu begehen, bin ich allein dafür verantwortlich. Und falls ein Reisender so neugierig ist, das Werk in vollem Umfang zu sehen, so wie es von der Hand des Autors kam, bin ich bereit, ihn zufriedenzustellen.

Was weitere Einzelheiten über den Autor angeht, so wird der Leser auf den ersten Seiten des Buches befriedigt werden.

Richard Sympson

Inhalt

ERSTER TEIL

Eine Reise nach Lilliput

Erstes Kapitel

Der Autor berichtet über sich und seine Familie; seine ersten Beweggründe zu reisen. Er erleidet Schiffbruch und schwimmt um sein Leben, erreicht sicher den Strand im Land Lilliput; er wird gefangen genommen und ins Landesinnere gebracht

Zweites Kapitel

Der Kaiser von Lilliput besucht den Autor in seiner Gefangenschaft, begleitet von mehreren Adligen. Des Kaisers Person und sein Äußeres werden beschrieben. Gelehrte werden damit beauftragt, dem Autor ihre Sprache beizubringen. Er findet Wohlwollen wegen seines milden Charakters. Seine Taschen werden durchsucht und sein Schwert und seine Pistolen ihm abgenommen

Drittes Kapitel

Der Autor unterhält den Kaiser und dessen Adel beiderlei Geschlechts auf sehr ungewöhnliche Weise. Der Zeitvertreib am Hof von Lilliput wird beschrieben. Dem Autor wird unter bestimmten Bedingungen seine Freiheit gewährt

Viertes Kapitel

Mildendo, die Hauptstadt Lilliputs, und der kaiserliche Palast werden beschrieben. Eine Unterhaltung zwischen dem Autor und einem Hauptstaatssekretär über die Angelegenheiten des Reiches. Der Autor bietet an, dem Kaiser in seinen Kriegen zu dienen

Fünftes Kapitel

Der Autor verhütet durch eine außerordentliche Kriegslist eine Invasion. Ihm wird ein hoher Ehrentitel verliehen. Botschafter des Kaisers von Blefuscu treffen ein und suchen um Frieden nach. Durch einen Unfall gerät das Gemach der Kaiserin in Brand. Der Autor ist daran beteiligt, den Rest des Palastes zu retten

Sechstes Kapitel

Über die Bewohner Lilliputs, ihre Bildung, Gesetze, Gebräuche und die Art ihrer Kindererziehung. Des Autors Lebensweise in diesem Land. Seine Ehrenrettung einer Dame von Stand

Siebtes Kapitel

Der Autor erfährt von der Absicht, ihn des Hochverrats anzuklagen, und entflieht nach Blefuscu. Sein Empfang dort

Achtes Kapitel

Durch einen glücklichen Umstand findet der Autor Mittel und Wege, Blefuscu zu verlassen, und kehrt nach einigen Schwierigkeiten sicher in seine Heimat zurück

ZWEITER TEIL

Eine Reise nach Brobdingnag

Erstes Kapitel

Ein Unwetter wird beschrieben; das Beiboot fortgeschickt, um Wasser zu holen; der Autor fährt mit, um das Land zu erkunden. Er wird am Strand zurückgelassen, von einem Eingeborenen aufgegriffen und zum Haus eines Bauern getragen. Sein Empfang dort und verschiedene Unfälle, die ihm zustießen. Eine Beschreibung der Bewohner

Zweites Kapitel

Eine Beschreibung der Bauerntochter. Der Autor wird zu einer Marktstadt gebracht und dann zur Hauptstadt. Die Einzelheiten seiner Reise

Drittes Kapitel

Der Hof lässt nach dem Autor schicken. Die Königin kauft ihn seinem Herrn, dem Bauern, ab und stellt ihn dem König vor. Er disputiert mit den großen Gelehrten Seiner Majestät. Bei Hofe wird eine Wohnung für den Autor eingerichtet. Er erfreut sich der hohen Gunst der Königin. Er tritt für die Ehre seines Landes ein. Seine Streitereien mit dem Zwerg der Königin

Viertes Kapitel

Beschreibung des Landes. Ein Vorschlag zur Korrektur moderner Landkarten. Der Palast des Königs und ein Bericht über die Hauptstadt. Des Autors Art zu reisen. Beschreibung des Haupttempels

Fünftes Kapitel

Verschiedene Abenteuer, die dem Autor zustießen. Die Hinrichtung eines Verbrechers. Der Autor zeigt sein nautisches Geschick

Sechstes Kapitel

Verschiedene Unternehmungen des Autors, König und Königin zu gefallen. Er zeigt sein Geschick in der Musik. Der König erkundigt sich nach dem Zustand Europas, worüber der Autor ihm berichtet. Die Bemerkungen des Königs dazu

Siebtes Kapitel

Die Liebe des Autors zu seiner Heimat. Er macht dem König einen höchst vorteilhaften Vorschlag, der zurückgewiesen wird. Des Königs große politische Ignoranz. Die Wissenschaft dieses Landes sehr unvollkommen und begrenzt. Seine Gesetze, militärischen Angelegenheiten und Parteien

Achtes Kapitel

König und Königin machen eine Reise an die Grenzen. Der Autor begleitet sie. Die Weise, auf die er das Land verlässt, wird ausführlich geschildert. Er kehrt nach England zurück

DRITTER TEIL

Eine Reise nach Laputa, Balnibarbi, Glubbdubdrib, Luggnagg und Japan

Erstes Kapitel

Der Autor bricht zu seiner dritten Reise auf und wird von Piraten gefangen genommen. Die Bosheit eines Holländers. Seine Ankunft auf einer Insel. Er wird in Laputa aufgenommen

Zweites Kapitel

Die Launen und Neigungen der Laputaner werden beschrieben. Ein Bericht über ihre Gelehrsamkeit. Vom König und seinem Hof und vom Empfang des Autors daselbst. Die Bewohner unterliegen Ängsten und Sorgen. Ein Bericht über die Frauen

Drittes Kapitel

Ein Phänomen wird durch die moderne Philosophie und Astronomie erklärt. Die großen Fortschritte der Laputaner in der Letzteren. Die Methode des Königs, Aufstände zu unterdrücken

Viertes Kapitel

Der Autor verlässt Laputa, wird nach Balnibarbi befördert und kommt in der Hauptstadt an. Eine Beschreibung der Hauptstadt und des benachbarten Landes. Der Autor wird gastfreundlich von einem Herrn von Stand aufgenommen. Seine Unterredungen mit diesem Herrn

Fünftes Kapitel

Dem Autor wird gestattet, die Große Akademie von Lagado zu besuchen. Die Akademie wird ausführlich beschrieben. Die Gebiete, auf denen die Professoren arbeiten

Sechstes Kapitel

Ein weiterer Bericht über die Akademie. Der Autor schlägt einige Verbesserungen vor, die ehrenvoll aufgenommen werden

Siebtes Kapitel

Der Autor verlässt Lagado und kommt in Maldonada an. Es gibt kein Schiff. Er macht einen kurzen Abstecher nach Glubbdubdrib. Seine Aufnahme durch den Gouverneur

Achtes Kapitel

Ein weiterer Bericht über Glubbdubdrib. Alte und neue Geschichte werden korrigiert

Neuntes Kapitel

Des Autors Rückkehr nach Maldonada; er segelt zum Königreich Luggnagg. Der Autor wird eingesperrt. Der Hof lässt nach ihm schicken. Die Art seiner Aufnahme. Des Königs große Milde gegenüber seinen Untertanen

Zehntes Kapitel

Die Luggnaggier werden lobend erwähnt. Eine genaue Beschreibung der Struldbruggs, mit vielen Unterhaltungen zwischen dem Autor und einigen herausragenden Persönlichkeiten über dieses Thema

Elftes Kapitel

Der Autor verlässt Luggnagg und segelt nach Japan. Von dort kehrt er in einem holländischen Schiff nach Amsterdam und von Amsterdam nach England zurück

VIERTER TEIL

Eine Reise in das Land der Houyhnhnms

Erstes Kapitel

Der Autor macht sich als Schiffskapitän auf die Reise. Seine Leute verschwören sich gegen ihn, halten ihn lange in seiner Kajüte gefangen und setzen ihn am Strand eines unbekannten Landes aus. Er reist ins Landesinnere. Die Yahoos, eine seltene Art Lebewesen, werden beschrieben. Der Autor begegnet zwei Houyhnhnms

Zweites Kapitel

Der Autor wird von einem Houyhnhnm zu dessen Haus geleitet. Das Haus wird beschrieben. Der Empfang für den Autor. Die Nahrung der Houyhnhnms. Der Autor ist in Sorge wegen des Fleischmangels, wird aber schließlich erlöst. Seine Art der Nahrungsaufnahme in diesem Land

Drittes Kapitel

Der Autor ist begierig, die Sprache zu lernen; sein Houyhnhnm-Herr hilft ihm bei der Unterweisung. Die Sprache wird beschrieben. Verschiedene Houyhnhnms von Rang kommen aus Neugierde, um den Autor zu sehen. Er gibt seinem Herrn einen kurzen Bericht über seine Reise

Viertes Kapitel

Die Auffassung der Houyhnhnms von Wahrheit und Unwahrheit. Die Darlegung des Autors wird von seinem Herrn missbilligt. Der Autor berichtet genauer über sich und die Vorfälle während seiner Reise

Fünftes Kapitel

Auf Befehl seines Herrn unterrichtet der Autor ihn über den Zustand Englands. Die Kriegsgründe unter den Fürsten Europas. Der Autor beginnt damit, die englische Verfassung zu erläutern

Sechstes Kapitel

Fortsetzung über den Zustand Englands; der Charakter eines [Ersten Ministers]

Siebtes Kapitel

Des Autors große Liebe zu seiner Heimat. Die Bemerkungen seines Herrn über die Verfassung und Verwaltung Englands, wie vom Autor beschrieben, mit parallelen Fällen und Vergleichen. Die Beobachtungen seines Herrn über die menschliche Natur

Achtes Kapitel

Der Autor berichtet verschiedene Einzelheiten über die Yahoos. Die großen Tugenden der Houyhnhnms. Die Erziehung und Übungen ihrer Jugend. Ihre Generalversammlung

Neuntes Kapitel

Eine große Debatte in der Generalversammlung der Houyhnhnms, und wie in ihr beschlossen wurde. Die Bildung der Houyhnhnms. Ihre Bauwerke. Ihre Begräbnisriten. Die Unzulänglichkeit ihrer Sprache

Zehntes Kapitel

Die Haushaltsführung des Autors und sein glückliches Leben bei den Houyhnhnms. Seine große Vervollkommnung in der Tugend durch Gespräche mit ihnen. Ihre Unterhaltungen. Der Autor wird von seinem Herrn unterrichtet, dass er das Land verlassen muss. Er fällt vor Kummer in Ohnmacht, aber fügt sich. Er entwirft und baut sich ein Kanu mit Hilfe eines anderen Bediensteten und sticht auf gut Glück in See

Elftes Kapitel

Die gefährliche Reise des Autors. Er kommt in Neuholland an und hofft, sich dort niederlassen zu können. Er wird durch den Pfeil eines Eingeborenen verwundet. Wird ergriffen und mit Gewalt in ein portugiesisches Schiff gebracht. Die große Höflichkeit des Kapitäns. Der Autor trifft in England ein

Zwölftes Kapitel

Die Wahrhaftigkeit des Autors. Seine Absicht bei der Veröffentlichung dieses Werkes. Sein Tadel an die Reisenden, die von der Wahrheit abweichen. Der Autor spricht sich von allen finsteren Absichten beim Schreiben frei. Ein Einwand wird beantwortet. Die Methode, Kolonien zu gründen. Seine Heimat wird lobend erwähnt. Das Recht der Krone auf jene Länder, die der Autor beschrieben hat, wird gerechtfertigt. Die Schwierigkeit, sie zu erobern. Der Autor nimmt zum letzten Mal Abschied vom Leser, stellt seine zukünftige Lebensweise vor, gibt gute Ratschläge und kommt zum Ende

ERSTER TEIL

Eine Reise nach Lilliput

Erstes Kapitel

Der Autor berichtet über sich und seine Familie; seine ersten Beweggründe zu reisen. Er erleidet Schiffbruch und schwimmt um sein Leben, erreicht sicher den Strand im Land Lilliput; er wird gefangen genommen und ins Landesinnere gebracht.

 

Mein Vater hatte ein kleines Anwesen in Nottinghamshire; ich war der dritte von fünf Söhnen. Als ich vierzehn Jahre alt war, schickte er mich auf das Emmanuel College in Cambridge, wo ich drei Jahre blieb und mich ernsthaft meinen Studien widmete. Aber da die Bürde meines Unterhalts (obwohl ich nur eine sehr karge Unterstützung bekam) für ein kleines Vermögen zu groß war, kam ich zu Mr James Bates, einem hervorragenden Arzt in London, in die Lehre. Bei ihm blieb ich vier Jahre. Mein Vater schickte mir dann und wann kleine Geldsummen, die ich ausgab, um Navigation zu lernen und andere Teile der Mathematik, die für Leute nützlich sind, welche die Absicht haben zu reisen, was, so glaubte ich immer, irgendwann einmal meine Bestimmung sein würde. Als ich Mr Bates verließ, ging ich zu meinem Vater. Er, mein Onkel John und einige andere Verwandte unterstützten mich mit vierzig Pfund und versprachen mir weitere dreißig Pfund im Jahr, um meinen Unterhalt in Leiden zu sichern. Dort studierte ich zwei Jahre und sieben Monate die Heilkunde, weil ich wusste, dass sie auf langen Reisen nützlich sein würde.

Bald nach meiner Rückkehr aus Leiden wurde ich von meinem guten Lehrherrn, Mr Bates, als Schiffsarzt auf die ›Schwalbe‹ empfohlen, deren Kommandant der Kapitän Abraham Pannell war. Ich blieb dreieinhalb Jahre bei ihm und machte die eine oder andere Reise in die Levante und andere Teile der Welt. Als ich zurückkehrte, beschloss ich, mich in London niederzulassen, wozu mich Mr Bates, mein Lehrherr, ermutigte, und durch ihn wurde ich verschiedenen Patienten empfohlen. Ich mietete den Teil eines kleinen Hauses in Old Jewry, und weil man mir riet, meinen Stand zu ändern, heiratete ich Miss Mary Burton, die zweite Tochter des Mr Edmond Burton, Wirkwarenhändler in der Newgate-Street, von dem ich vierhundert Pfund Mitgift erhielt.

Aber da mein guter Lehrherr Bates zwei Jahre später starb und ich nur wenige Freunde hatte, begann mein Geschäft nachzulassen. Mein Gewissen gestattete es mir nicht, die üblen Praktiken allzu vieler meiner Kollegen nachzuahmen. So beriet ich mich mit meiner Frau und einigen meiner Bekannten und beschloss, wieder zur See zu fahren. Nacheinander war ich Schiffsarzt auf zwei Schiffen und machte sechs Jahre lang verschiedene Reisen nach Ost- und Westindien, wodurch ich mein Vermögen ein wenig vermehrte. Meine freien Stunden verbrachte ich damit, die besten alten und modernen Autoren zu lesen, da ich immer mit einer ordentlichen Anzahl von Büchern versorgt war. Wenn ich an Land ging, beobachtete ich Sitten und Fähigkeiten der Menschen, und ich lernte ihre Sprache, was mir sehr leichtfiel aufgrund meines guten Gedächtnisses.

Da die letzte dieser Reisen nicht sehr glücklich ausfiel, wurde ich der See müde. Ich hatte die Absicht, bei meiner Frau und Familie daheim zu bleiben. Ich zog von Old Jewry nach Fetter Lane und von dort nach Wapping, weil ich hoffte, unter den Seeleuten Arbeit zu bekommen. Aber das zahlte sich nicht aus. Nach drei Jahren der Hoffnung, dass sich die Dinge zum Besseren wenden würden, nahm ich ein vorteilhaftes Angebot von Kapitän William Prichard an, der das Kommando auf der ›Antilope‹ hatte und in den Südpazifik reisen wollte. Wir legten am 4. Mai 1699 in Bristol ab, und unsere Reise war zunächst sehr glücklich.

Aus verschiedenen Gründen wäre es nicht angebracht, den Leser mit den Einzelheiten unserer Abenteuer in jenen Gewässern zu behelligen. Es mag genügen, ihn zu informieren, dass wir auf unserer Fahrt von dort nach Ostindien durch einen heftigen Sturm nordwestlich von Van Diemens Land verschlagen wurden. Nach einer Berechnung befanden wir uns auf dem 30. Breitengrad zwei Minuten südlich. Zwölf aus unserer Mannschaft waren bereits infolge der übergroßen Anstrengung und schlechten Nahrung gestorben, die Übrigen befanden sich in einer sehr schwachen Verfassung. Am 5. November, das ist Sommeranfang in jenen Breiten, als das Wetter sehr dunstig war, erspähten die Matrosen einen Felsen, der eine halbe Kabellänge von unserem Schiff entfernt war. Aber der Wind war so stark, dass wir geradewegs auf ihn zugetrieben wurden und unmittelbar danach auseinanderbrachen. Sechs Mitglieder der Mannschaft, zu denen ich gehörte, ließen das Rettungsboot in die See hinab und bemühten sich, von Schiff und Felsen freizukommen. Nach meiner Berechnung ruderten wir ungefähr neun Meilen, bis wir nicht mehr konnten, da wir uns durch die Anstrengung bereits verausgabt hatten, als wir noch auf dem Schiff waren. Wir gaben uns daher den Wellen preis, und etwa eine halbe Stunde später kenterte das Boot durch eine Böe aus nördlicher Richtung. Ich kann nicht sagen, was aus meinen Gefährten im Boot geworden ist oder aus denen, die auf den Felsen entkamen, oder denen, die wir im Schiff zurückließen. Ich nehme aber an, dass sie alle untergegangen sind. Was mich selbst angeht, so schwamm ich, wie das Schicksal mich lenkte, und ich wurde von Wind und Flut vorwärtsgestoßen. Oft ließ ich meine Füße hinunter, konnte aber keinen Grund spüren. Doch als ich beinahe ohnmächtig und nicht länger zu kämpfen in der Lage war, trat ich auf festen Boden, und zu diesem Zeitpunkt hatte der Sturm stark nachgelassen. Die Bodenneigung war so gering, dass ich fast eine Meile ging, bevor ich an den Strand gelangte, um ungefähr acht Uhr abends, wie ich vermutete. Ich lief ungefähr eine halbe Meile weiter, konnte aber keine Anzeichen von Häusern oder Bewohnern entdecken; zumindest war ich so geschwächt, dass ich sie nicht wahrnahm. Ich war todmüde, und wegen dieser Müdigkeit, des heißen Klimas und infolge eines Viertelliters Branntwein, den ich beim Verlassen des Schiffes getrunken hatte, hatte ich große Lust einzuschlafen. Ich legte mich ins Gras, das sehr kurz und weich war, und schlief dort besser als je zuvor in meinem Leben und nach meiner Schätzung mehr als neun Stunden, denn als ich erwachte, brach gerade der Tag an. Ich versuchte aufzustehen, konnte mich aber nicht bewegen. Ich lag zufällig auf dem Rücken und merkte, dass meine Arme und Beine beiderseits auf dem Boden festgebunden waren. Mein langes, dichtes Haar war in gleicher Weise gefesselt. Auch spürte ich mehrere dünne Bänder quer über meinem Körper, von den Achselhöhlen bis zu den Oberschenkeln. Ich konnte nur nach oben blicken, die Sonne wurde immer heißer, und das Licht tat meinen Augen weh. Ich hörte verworrene Geräusche um mich her, aber in meiner Lage konnte ich nichts sehen als den Himmel. Nach einer Weile spürte ich, wie etwas Lebendiges sich an meinem linken Bein bewegte, vorsichtig über meine Brust hochkroch und fast bis an mein Kinn herankam. Als ich, so weit ich konnte, meine Augen nach unten senkte, stellte ich fest, dass es ein menschliches Wesen von weniger als sechs Zoll Höhe war, mit Pfeil und Bogen in den Händen und einem Köcher auf dem Rücken. Unterdessen merkte ich, wie wenigstens vierzig weitere der gleichen Art, so vermutete ich jedenfalls, dem ersten folgten. Ich war aufs äußerste verwundert und brüllte so laut, dass sie alle verschreckt zurückrannten. Später erzählte man mir, dass sich einige infolge des Sturzes, als sie von meinen Seiten auf den Boden sprangen, verletzt hatten. Sie kehrten jedoch bald zurück, und einer von ihnen, der es wagte, so nahe zu kommen, dass er mein ganzes Gesicht sehen konnte, hob voller Verwunderung Hände und Augen hoch und schrie mit schriller, aber deutlicher Stimme: »Hekinah Degul«. Die anderen wiederholten dieselben Worte mehrere Male, aber ich kannte ihre Bedeutung damals noch nicht. Der Leser mag mir glauben, dass ich die ganze Zeit mit großem Unbehagen dalag. Bei meinem Kampf freizukommen gelang es mir schließlich, die Fäden zu zerreißen und die Pflöcke herauszuziehen, die meinen linken Arm an den Boden fesselten. Ich hob ihn nämlich an mein Gesicht und entdeckte die Methoden, die sie angewandt hatten, um mich zu fesseln. Gleichzeitig lockerte ich mit einem heftigen Ruck, der außerordentlich schmerzhaft war, ein wenig die Fäden, die meine Haare an der linken Seite festbanden, so dass es mir gerade gelang, meinen Kopf ungefähr zwei Zoll zu drehen. Aber die Wesen rannten ein zweites Mal fort, bevor ich sie greifen konnte. Daraufhin gab es einen lauten Schrei in sehr schrillem Ton, und anschließend hörte ich einen von ihnen laut schreien: »Tolgo Phonac«. Augenblicklich spürte ich, dass über hundert Pfeile auf meine linke Hand abgeschossen wurden, was mich so stach wie ebenso viele Nadeln. Zusätzlich schossen sie eine weitere Salve in die Luft, wie wir es mit Granaten in Europa tun, wovon viele, so nehme ich an, auf meinen Körper fielen (obwohl ich sie nicht spürte) und einige auf mein Gesicht, das ich sofort mit meiner linken Hand bedeckte. Als dieser Pfeilregen vorüber war, begann ich, vor Kummer und Schmerz zu stöhnen, und als ich mich erneut bemühte freizukommen, feuerten sie eine weitere Salve ab, die stärker war als die erste, und einige von ihnen versuchten, mir mit Speeren in die Seiten zu stechen. Glücklicherweise trug ich jedoch ein Lederwams, das sie nicht durchstechen konnten. Ich dachte, es sei am klügsten, stillzuliegen, und meine Absicht war, bis zum Abend so zu verharren, weil meine linke Hand bereits frei war und ich mich dann leicht ganz befreien könnte. Was die Einwohner anging, so hatte ich guten Grund zu glauben, dass ich den größten Armeen, die sie gegen mich aufmarschieren lassen konnten, gewachsen sein würde, wenn sie alle von der gleichen Größe waren wie der, den ich gesehen hatte. Aber das Schicksal hatte es anders mit mir vor. Als die Leute merkten, dass ich ruhig war, schossen sie keine Pfeile mehr ab. Der Lärm, den ich hörte, sagte mir jedoch, dass ihre Zahl wuchs. Ungefähr vier Meter von mir entfernt, an meinem rechten Ohr, hörte ich eine Stunde lang ein Klopfen wie von Leuten bei der Arbeit. Als ich meinen Kopf in diese Richtung wandte, soweit Pflöcke und Fäden es mir gestatteten, sah ich, dass eine anderthalb Fuß hohe Bühne errichtet wurde, die vier der Einwohner aufnehmen konnte, und zwei oder drei Leitern, um daraufzusteigen. Von dort richtete einer von ihnen, der eine bedeutende Persönlichkeit zu sein schien, eine lange Rede an mich, von der ich nicht eine einzige Silbe verstand. Ich hätte jedoch erwähnen sollen, dass die Hauptfigur, bevor sie ihre Ansprache begann, dreimal ausrief: »Langro Dehul san« (diese Worte und auch die vorigen wurden später wiederholt und mir erklärt). Darauf kamen sofort fast fünfzig der Einwohner herbei und zerschnitten die Fäden, welche die linke Seite meines Kopfes festhielten, wodurch ich die Möglichkeit erhielt, ihn nach rechts zu drehen und so die Person und Gestik des Sprechers zu beobachten. Er schien mittleren Alters zu sein und größer als die anderen drei, die ihn begleiteten, wovon einer ein Page war, der seine Schleppe hochhielt und offenbar etwas größer als mein Mittelfinger war. Die anderen beiden standen jeweils auf einer Seite, um ihn zu stützen. Er spielte alle Rollen eines Redners durch, und ich bemerkte viele Passagen mit Drohungen, andere mit Versprechungen, Mitleid und Freundlichkeit. Ich antwortete mit wenigen Worten, aber in der unterwürfigsten Weise, wobei ich meine linke Hand und beide Augen zur Sonne emporhob, so als ob ich sie zum Zeugen anriefe. Ich war beinahe verhungert, weil ich einige Stunden, bevor ich das Schiff verließ, keinen Bissen mehr zu mir genommen hatte, und ich empfand die natürlichen Bedürfnisse in mir so stark, dass ich es nicht unterlassen konnte, meiner Ungeduld dadurch Ausdruck zu verleihen (vielleicht gegen die strengen Regeln des Anstandes), dass ich meinen Finger des Öfteren auf meinen Mund legte, um anzudeuten, dass ich Nahrung wünschte. Der Hurgo (so nennen sie nämlich einen großen Herrn, wie ich später erfuhr) verstand mich sehr gut. Er stieg von der Bühne herab und befahl, dass mir mehrere Leitern an die Seiten gelegt würden, auf denen über hundert der Bewohner emporkletterten und auf meinen Mund zuliefen, beladen mit Körben voller Fleisch, die auf Befehl des Königs bereitgestellt und hierhergeschickt worden waren, nachdem er die ersten Meldungen über mich erhalten hatte. Ich stellte fest, dass es sich um das Fleisch verschiedener Tiere handelte, konnte sie aber am Geschmack nicht unterscheiden. Es gab Schulter, Keule und Lenden geformt wie Hammel und sehr gut angemacht, aber kleiner als die Flügel einer Lerche. Zwei oder drei ergaben immer einen Mundvoll, und ich nahm drei Laibe Brot gleichzeitig zu mir, ungefähr in der Größe von Musketenkugeln. Sie versorgten mich, so schnell sie konnten, und gaben auf tausenderlei Weise ihrer Verwunderung und ihrem Erstaunen Ausdruck über meine Größe und meinen Appetit. Dann machte ich ein anderes Zeichen, dass ich etwas zu trinken wünschte. Nach meiner Art zu essen wussten sie, dass eine kleine Menge mir nicht genügen würde, und da sie ein höchst einfallsreiches Volk sind, hievten sie mit großer Geschicklichkeit eines ihrer größten Fässer hoch, rollten es auf meine Hand zu und schlugen den Zapfen heraus. Ich trank es in einem Zug leer, was sehr leicht war, denn es enthielt nicht einmal einen halben Liter und schmeckte wie ein leichter Burgunder, aber viel lieblicher. Sie brachten mir ein zweites Fass, das ich auf dieselbe Weise leerte, und ich machte Zeichen, dass ich mehr wünschte, aber sie konnten mir nichts mehr geben. Als ich diese Wunder vollbracht hatte, schrien sie vor Freude, tanzten auf meiner Brust herum und wiederholten mehrfach, wie bereits zu Anfang: »Hekinah Degul«. Sie gaben mir ein Zeichen, die beiden Fässer herabzuwerfen, warnten aber vorher die Leute unten, aus dem Weg zu gehen, und schrien laut: »Borach Mivola«. Als sie die Fässer in der Luft sahen, gab es einen allgemeinen Aufschrei »Hekinah Degul«. Ich gebe zu, dass ich oft versucht war, während sie sich auf meinem Körper vor- und rückwärts hin und her bewegten, vierzig oder fünfzig von denen, die in meine Reichweite kamen, zu ergreifen und auf den Boden zu schmettern. Aber als ich mich an das erinnerte, was ich empfunden hatte, dass dies wahrscheinlich noch nicht einmal das Schlimmste war, was sie tun konnten, und an das Ehrversprechen, das ich ihnen gegeben hatte, denn so legte ich mein unterwürfiges Verhalten aus, trieb all dies mir solche Gedanken schnell aus dem Kopf. Außerdem sah ich mich nun durch die Gesetze der Gastfreundschaft an ein Volk gebunden, das mich mit so viel Aufwand und Großzügigkeit behandelt hatte. In Gedanken jedoch konnte ich mich nicht genug wundern über die Unerschrockenheit dieser winzigen Menschen, die es wagten, meinen Körper zu besteigen und auf ihm herumzulaufen, während eine meiner Hände frei war, und die nicht zitterten beim Anblick eines so gewaltigen Wesens, wie ich ihnen vorkommen musste. Als sie nach einer Weile bemerkten, dass ich nicht nach mehr Fleisch verlangte, erschien vor mir eine ranghohe Persönlichkeit von Seiner Kaiserlichen Majestät. Seine Exzellenz war an der niedrigsten Stelle meines rechten Beines hochgestiegen und lief mit ungefähr einem Dutzend aus seinem Gefolge bis zu meinem Gesicht vor. Nachdem er seine Beglaubigungspapiere mit kaiserlichem Siegel hervorgeholt und mir nah vor die Augen gehalten hatte, sprach er ungefähr zehn Minuten, ohne irgendwelche Anzeichen von Verärgerung, aber mit einer Art bestimmter Entschlossenheit. Dabei wies er oft nach vorne, was, wie ich später herausfand, die Richtung der Hauptstadt war, die eine halbe Meile entfernt lag. Dorthin, so hatte der kaiserliche Rat beschlossen, müsse ich transportiert werden. Ich antwortete in wenigen Worten, jedoch umsonst, und machte ein Zeichen mit der Hand, die frei war, indem ich sie auf die andere legte (aber über den Kopf Seiner Exzellenz, aus Angst, ihn oder sein Gefolge zu verletzen), dann an meinen Kopf und Körper, um anzudeuten, dass ich meine Freiheit wünschte. Er schien mich hinreichend zu verstehen, denn er schüttelte missbilligend den Kopf und hielt seine Hand in einer Lage, die andeuten sollte, dass ich als Gefangener transportiert werden müsse. Er machte jedoch auch andere Zeichen, um mir klarzumachen, dass es mir weder an Essen und Trinken mangeln solle noch an ausgezeichneter Behandlung. Daraufhin dachte ich erneut daran zu versuchen, meine Bande zu lösen, aber als ich wieder den Schmerz ihrer Pfeile auf meinem Gesicht und meinen Händen spürte, die voller Blasen waren und in denen noch viele Pfeile steckten, und als ich gleichzeitig bemerkte, dass die Zahl meiner Feinde zunahm, da gab ich ihnen durch Zeichen zu verstehen, dass sie mit mir nach Belieben verfahren könnten. Darauf zogen sich der Hurgo und sein Gefolge unter großen Höflichkeitsbekundungen und mit fröhlichen Mienen zurück. Bald danach hörte ich ein allgemeines Geschrei, bei dem die Worte »Peplom Selan« häufig wiederholt wurden, und ich merkte, wie eine große Anzahl von ihnen zu meiner Linken die Seile so weit lockerte, dass ich mich auf die rechte Seite drehen und mir durch Wasserlassen Erleichterung verschaffen konnte. Das geschah reichlich zur großen Verwunderung der Leute, die an meinen Bewegungen ahnten, was ich tun wollte, und sofort nach links und rechts auf dieser Seite auseinanderwichen, um dem Sturzbach zu entgehen, der mit solchem Getöse und solcher Heftigkeit aus mir hervorrauschte. Davor hatten sie mein Gesicht und beide Hände mit einer Art Salbe bestrichen, die angenehm duftete und in wenigen Minuten den Schmerz, den ihre Pfeile verursacht hatten, ganz beseitigte. Diese Umstände, verstärkt durch die Erfrischung ihrer sehr nahrhaften Speisen und Getränke, ließen mich einschlafen. Ich schlief fast acht Stunden, wie man mir im Nachhinein versicherte; kein Wunder, denn die Ärzte hatten auf Befehl des Kaisers den Fässern Wein ein Schlafmittel beigemischt.

Es scheint, dass der Kaiser, nachdem man mich nach meiner Landung auf dem Boden schlafend aufgefunden hatte, durch einen Eilboten sogleich benachrichtigt wurde und im Rat beschließen ließ, dass ich in der Weise gebunden werden solle, wie ich es berichtet habe (was nachts passierte, während ich schlief), dass mir reichlich Fleisch und Getränke zukommen sollten und dass eine Maschine konstruiert werde, um mich in die Hauptstadt zu transportieren.

Dieser Beschluss mag sehr kühn und gefährlich erscheinen, und ich bin sicher, dass kein europäischer Fürst ihn bei einer vergleichbaren Gelegenheit nachahmen würde. Meiner Meinung nach war er jedoch höchst klug und großherzig. Wenn man annimmt, dass diese Menschen versucht hätten, mich mit ihren Speeren und Pfeilen im Schlaf zu töten, wäre ich sicherlich beim ersten Schmerz aufgewacht, was vielleicht meine Wut und Kraft derart gereizt hätte, dass ich die Fäden hätte zerreißen können, mit denen ich gefesselt war. Danach hätten sie keinen Widerstand leisten, also auch keine Gnade erwarten können.

Diese Leute sind hervorragende Mathematiker und haben es in der Mechanik zu großer Vollendung gebracht durch die Ermutigung und Unterstützung des Kaisers, der ein namhafter Mäzen der Wissenschaft ist. Dieser Fürst hat zum Transport von Bäumen und anderen großen Gewichten verschiedene Maschinen auf Rädern montieren lassen. Oft werden seine größten Kriegsschiffe, von denen einige neun Fuß lang sind, in den Wäldern, wo die Bäume wachsen, gebaut, und er lässt sie auf diesen Maschinen drei- oder vierhundert Meter zum Meer transportieren. Fünfhundert Zimmerleute und Ingenieure wurden sofort darangesetzt, die größte Maschine, die sie besaßen, bereitzumachen. Es war ein Holzrahmen mit einer lichten Höhe von drei Zoll, ungefähr sieben Fuß lang und vier breit, der sich auf zweiundzwanzig Rädern bewegte. Das Geschrei, das ich gehört hatte, galt der Ankunft dieser Maschine, die anscheinend vier Stunden nach meiner Landung in Bewegung gesetzt wurde. Während ich so dalag, wurde sie parallel zu mir herangefahren. Die Hauptschwierigkeit bestand jedoch darin, mich auf dieses Fahrzeug zu heben und zu betten. Achtzig Pfähle, von denen jeder einen Fuß hoch war, wurden zu diesem Zweck errichtet und packzwirnstarke Bindfäden mit Haken an vielen Bandagen befestigt, welche die Arbeiter mir um Hals, Hände, Körper und Beine gebunden hatten. Neunhundert der stärksten Männer wurden eingesetzt, diese Fäden mit Hilfe vieler Rollen, die an den Pfählen angebracht waren, emporzuziehen, und so wurde ich in weniger als drei Stunden hochgezogen, auf die Maschine gehoben und dort festgezurrt. Dies alles erzählte man mir, denn während der ganze Vorgang ablief, lag ich in tiefem Schlaf durch die Kraft jener schlafbringenden Medizin, die man meinem Getränk beigemischt hatte. Fünfzehnhundert der größten Pferde Seiner Majestät, jedes fast viereinhalb Zoll hoch, wurden eingesetzt, um mich zur Metropole zu ziehen, die, wie ich schon sagte, eine halbe Meile entfernt war.

Ungefähr vier Stunden, nachdem wir unsere Reise begonnen hatten, wachte ich durch einen höchst lächerlichen Vorfall auf. Das Gefährt war einen Augenblick angehalten worden, um etwas in Ordnung zu bringen, und zwei oder drei der jungen Eingeborenen packte die Neugier zu erfahren, wie ich schlafend aussähe. Sie erklommen die Maschine, rückten sehr leise auf mein Gesicht vor, und einer von ihnen, ein Gardeoffizier, steckte das spitze Ende seiner Kurzpike ziemlich weit in mein linkes Nasenloch, das meine Nase wie ein Strohhalm kitzelte und mich heftig niesen ließ. Daraufhin schlichen sie sich unbemerkt fort, und erst nach drei Wochen erfuhr ich den Grund meines so plötzlichen Erwachens. Für den Rest des Tages marschierten wir lange und übernachteten mit fünfhundert Wachen zu meinen beiden Seiten, die eine Hälfte mit Fackeln, die andere mit Pfeil und Bogen, in Bereitschaft, mich zu erschießen, falls ich den Versuch machen sollte, mich zu bewegen. Bei Sonnenaufgang am nächsten Morgen setzten wir unseren Marsch fort und gelangten um die Mittagszeit bis auf zweihundert Meter vor die Stadttore. Der Kaiser und sein gesamter Hofstaat kamen uns entgegen, aber seine hohen Offiziere wollten Seiner Majestät auf keinen Fall gestatten, sich dadurch in Gefahr zu bringen, dass sie auf meinen Körper kletterte.

An dem Platz, wo das Gefährt anhielt, stand ein alter Tempel, angeblich der größte im ganzen Kaiserreich, der vor Jahren durch einen widernatürlichen Mord verunreinigt worden war und nun, infolge des Glaubenseifers dieses Volkes, als entweiht galt. Deswegen hatte man ihn allgemeinen Zwecken zugeführt und allen Schmuck und das Mobiliar entfernt. In diesem Gebäude, so wurde beschlossen, sollte ich wohnen. Das große Nordtor war ungefähr vier Fuß hoch und fast zwei Fuß breit, so dass ich leicht hindurchkriechen konnte. Auf beiden Seiten des Tores war ein kleines Fenster, nicht mehr als sechs Zoll vom Boden entfernt. Durch das Fenster auf der linken Seite brachten die kaiserlichen Schmiede einundneunzig Ketten, so wie die, die in Europa an einer Damenuhr hängen, und auch fast so groß, und diese wurden an meinem linken Bein mit sechsunddreißig Schlössern festgemacht. Gegenüber diesem Tempel stand, auf der anderen Seite der großen Hauptstraße, in zwanzig Fuß Entfernung, ein kleiner Turm, der mindestens fünf Fuß hoch war. Diesen bestieg der Kaiser mit vielen hohen Herren seines Hofes, um eine Gelegenheit zu erhalten, mich zu betrachten; so sagte man mir jedenfalls, denn ich selbst konnte sie nicht sehen. Man nahm an, dass über hunderttausend Bewohner mit der gleichen Absicht aus der Stadt kamen, und ich glaube, dass trotz meiner Wachen nicht weniger als zehntausend von ihnen zu verschiedenen Zeiten mit Hilfe von Leitern auf meinen Körper stiegen. Es gab aber bald einen Erlass, der dies bei Todesstrafe verbot. Als die Arbeiter sicher waren, dass ich mich unmöglich befreien konnte, schnitten sie alle Fäden durch, die mich banden. Danach stand ich auf, und fühlte mich so melancholisch wie noch nie zuvor in meinem Leben. Der Lärm und das Erstaunen dieses Volkes, wie es mich aufstehen und herumgehen sah, lassen sich jedoch nicht beschreiben. Die Ketten, die meinen linken Fuß fesselten, waren ungefähr zwei Meter lang; sie gaben mir nicht nur die Freiheit, in einem Halbkreis vorwärts und rückwärts zu gehen, sondern, weil sie innerhalb von vier Zoll am Tor angebracht waren, gestatteten sie mir auch, in den Tempel hineinzukriechen und dort in voller Länge zu liegen.

Zweites Kapitel

Der Kaiser von Lilliput besucht den Autor in seiner Gefangenschaft, begleitet von mehreren Adligen. Des Kaisers Person und sein Äußeres werden beschrieben. Gelehrte werden damit beauftragt, dem Autor ihre Sprache beizubringen. Er findet Wohlwollen wegen seines milden Charakters. Seine Taschen werden durchsucht und sein Schwert und seine Pistolen ihm abgenommen.

 

Als ich mich auf meinen Füßen wiederfand, blickte ich mich um, und ich muss gestehen, noch nie einen so ergötzlichen Anblick gesehen zu haben. Das Land ringsherum erschien mir wie ein nicht endender Garten, und die abgeteilten Felder, die im Allgemeinen vierzig Fuß im Quadrat maßen, ähnelten ebenso vielen Blumenbeeten. Diese Felder waren mit Wäldern durchsetzt, die ein Achtel Morgen groß waren, und nach meiner Schätzung schienen die größten Bäume sieben Fuß hoch zu sein. Ich erblickte die Stadt zu meiner Linken, die aussah wie die Kulisse einer Stadt im Theater.

Schon seit Stunden war ich durch die Bedürfnisse der Natur in äußerster Bedrängnis; kein Wunder, denn seit fast zwei Tagen hatte ich mich nicht mehr entleert. Ich war in großen Schwierigkeiten wegen meines natürlichen Drangs und meiner Scham. Die beste Lösung, an die ich denken konnte, war, in mein Haus zu kriechen, und das tat ich auch. Ich schloss das Tor hinter mir, ging, soweit es die Länge meiner Kette mir gestattete, und befreite meinen Körper von dieser unangenehmen Last. Dies war aber das einzige Mal, dass ich mich einer so unreinen Handlung schuldig machte. Dafür, so hoffe ich, wird der unvoreingenommene Leser Nachsicht mit mir üben, wenn er sich meine Situation reiflich und unparteiisch überlegt hat und die Not, in der ich mich befand. Von diesem Zeitpunkt an übte ich fortwährend eine andere Praxis. Sobald ich aufstand, erledigte ich mein Geschäft im Freien, und zwar so weit entfernt, wie es meine Kette mir erlaubte. Jeden Morgen, bevor ich Gesellschaft bekam, trug man Sorge dafür, dass die anrüchige Geschichte in Schubkarren von zwei Dienern fortgeschafft wurde, die zu diesem Zweck angestellt worden waren. Ich hätte nicht so lange bei einem Umstand verweilt, der auf den ersten Blick nicht sehr bedeutungsvoll erscheint, wenn ich es nicht für notwendig erachtet hätte, meinen Charakter in Sachen Reinlichkeit vor der Weltöffentlichkeit zu rechtfertigen. Mir ist nämlich gesagt worden, dass einige meiner Verleumder es für richtig gehalten haben, diese bei mehreren Gelegenheiten in Frage zu stellen.

Als dieses Abenteuer beendet war, kam ich aus meinem Haus heraus, da mir der Sinn nach frischer Luft stand. Der Kaiser war bereits vom Turm herabgestiegen und ritt auf mich zu, was ihn teuer hätte zu stehen kommen können, denn das Tier war, obwohl gut ausgebildet, an einen derartigen Anblick überhaupt nicht gewöhnt, schien es doch, als ob ein Berg sich vor ihm bewege, und es ging vorne hoch. Der Fürst aber, der ein hervorragender Reiter ist, blieb im Sattel, bis seine Bediensteten herbeieilten und die Zügel hielten, während Seine Majestät abstieg. Als er absaß, musterte er mich rundum mit großer Verwunderung, blieb aber außerhalb der Reichweite meiner Kette. Er befahl seinen Köchen und Dienern, die darauf schon vorbereitet waren, mir Speise und Trank zu reichen, die sie in einer Art Wagen auf Rädern vorwärtsschoben, bis ich sie erreichen konnte. Ich nahm diese Wagen und leerte einen nach dem anderen. Zwanzig waren mit Fleisch gefüllt und zehn mit Getränken. Jeder der Fleischwagen ergab gut zwei oder drei Mundvoll, und ich schüttete die Getränke von zehn Gefäßen, die in irdenen Schalen enthalten waren, in einen Wagen, den ich auf einen Zug leerte, und so der Reihe nach mit den anderen. Die Kaiserin und die jungen Fürsten beiderlei Geschlechts sowie viele Damen ihres Gefolges saßen in einiger Entfernung in ihren Sänften, standen aber bei dem Unfall, der mit dem kaiserlichen Pferd passierte, auf und näherten sich seiner Person, die ich nun beschreiben möchte. Er ist fast um die Breite meines Fingernagels größer als jeder andere seines Hofes, und das allein genügt, um den Betrachtern einen Schrecken einzujagen. Seine Gesichtszüge sind kräftig und männlich, er hat eine österreichische Lippe, eine Hakennase und eine olivene Hautfarbe; seine Haltung ist aufrecht, sein Körper und seine Gliedmaßen wohlproportioniert, alle seine Bewegungen anmutig und sein Betragen majestätisch. Er hatte seine besten Jahre hinter sich und war achtundzwanzig und drei viertel Jahre alt.Davon hatte er fast sieben Jahre überaus glücklich und im Allgemeinen siegreich regiert. Um ihn besser in Augenschein nehmen zu können, legte ich mich auf die Seite, so dass sein Gesicht zu dem meinen parallel war, und er stand nur drei Meter von mir entfernt. Seitdem habe ich ihn jedoch viele Male in meiner Hand gehalten, und deswegen kann ich mich in meiner Beschreibung auch nicht täuschen. Seine Kleidung war schlicht und einfach, der Mode nach halb asiatisch und halb europäisch. Auf dem Kopf trug er allerdings einen leichten Goldhelm, der mit Juwelen und einer großen Feder auf der Spitze besetzt war. Er hielt sein Schwert gezückt in der Hand, um sich zu verteidigen, falls ich mich etwa befreien sollte. Es war beinahe drei Zoll lang, Knauf und Scheide bestanden aus Gold und waren mit Diamanten bestückt. Er hatte eine schrille, aber klare und deutliche Stimme, und ich konnte sie genau hören, wenn ich aufrecht stand. Die Damen und Herren des Hofstaats waren alle äußerst prächtig gekleidet, so dass der Ort, an dem sie standen, einem Unterrock zu ähneln schien, der auf dem Boden ausgebreitet und mit Figuren aus Gold und Silber bestickt war. Seine Kaiserliche Majestät sprach mich oft an, und ich antwortete ihm, aber keiner von uns konnte auch nur eine Silbe verstehen. Zugegen waren auch mehrere seiner Priester und Rechtsanwälte (wie ich aus der Art ihrer Kleidung schloss), die den Befehl hatten, mich anzusprechen, und ich redete zu ihnen in allen Sprachen, von denen ich auch nur die geringste Ahnung hatte, und das waren Deutsch und Niederländisch, Latein, Französisch, Spanisch, Italienisch und Lingua Franca, aber alles umsonst. Nach ungefähr zwei Stunden zog sich der Hof zurück, und man übergab mich einer starken Wache, um die Zudringlichkeit und vielleicht auch die Bosheit des Pöbels zu verhindern, der sich ungeduldig, so nahe er sich eben traute, um mich versammelte, und einige von ihnen besaßen die Unverschämtheit, ihre Pfeile auf mich abzuschießen, als ich auf dem Boden vor der Tür meiner Behausung saß, wovon einer nur knapp mein Auge verfehlte. Der Oberst aber befahl, sechs der Rädelsführer zu ergreifen, und hielt keine andere Bestrafung für angebracht, als sie gebunden meinen Händen zu übergeben, was einige seiner Soldaten auch weisungsgemäß taten, indem sie sie mit den Schaftenden ihrer Piken in meine Reichweite stießen. Ich nahm sie alle in meine rechte Hand, steckte fünf von ihnen in meine Jackentasche, und dem sechsten schnitt ich eine Grimasse, als ob ich ihn lebendigen Leibes verschlingen wollte. Der arme Mensch kreischte fürchterlich, und der Oberst und seine Offiziere ängstigten sich sehr, besonders als sie sahen, wie ich mein Taschenmesser herausholte. Aber ich nahm ihnen bald alle Angst, setzte eine milde Miene auf und zerschnitt sofort die Fäden, mit denen er gefesselt war; dann setzte ich ihn sachte auf den Boden, und er lief fort. Die anderen behandelte ich auf die gleiche Weise, indem ich einen nach dem anderen aus meiner Tasche nahm. Ich bemerkte, dass die Soldaten und das Volk dankbar waren über dieses Zeichen meiner Milde, was bei Hofe sehr zu meinem Vorteil dargestellt wurde.

Als es Nacht wurde, gelangte ich mit einiger Mühe in mein Haus, wo ich auf dem Boden lag und das weitere zwei Wochen tun musste. Während dieser Zeit gab der Kaiser den Befehl, ein Bett für mich anzufertigen. Sechshundert Matratzen von gewöhnlicher Größe wurden auf Wagen herbeigebracht und in meinem Haus aufeinandergeschichtet. Dabei wurden einhundertundfünfzig dieser Matratzen zusammengenäht, um die Breite und Länge des Bettes herzustellen, und diese wurden vierfach übereinandergelegt, was sich jedoch nur wenig von der Härte des Fußbodens unterschied, der aus weichem Stein war. Nach der gleichen Berechnung versorgten sie mich mit Laken, Woll- und Bettdecken, erträglich genug für jemanden, der gegen Ungemach so lange abgehärtet war wie ich.

Als sich die Nachricht von meiner Ankunft im Kaiserreich verbreitete, brachte dies gewaltige Massen von reichen, untätigen und neugierigen Leuten zu mir, so dass sich die Dörfer beinahe leerten. Unweigerlich wären Ackerbau und häusliche Pflichten vernachlässigt worden, wenn Seine Kaiserliche Majestät nicht durch verschiedene Proklamationen und Staatserlasse Vorsorge gegen diesen Missstand getroffen hätte. Er ordnete an, dass diejenigen, die mich bereits gesehen hatten, nach Hause zurückkehren und nicht wagen sollten, sich ohne Genehmigung des Hofes auf weniger als fünfzig Meter meinem Haus zu nähern, wodurch die Staatssekretäre beträchtliche Einnahmen machten.

In der Zwischenzeit hielt der Kaiser häufig Ratssitzungen ab, um zu erörtern, was man mit mir tun solle. Später versicherte mir ein besonderer Freund, eine Persönlichkeit von Rang, von dem man annehmen konnte, er sei in das Geheimnis eingeweiht wie nur irgendjemand, dass der Hof meinetwegen viele Schwierigkeiten hatte. Sie hatten Angst davor, dass ich mich befreien könnte, dass meine Ernährung sehr kostspielig werden würde und eine Hungersnot verursachen könne. Bisweilen beschlossen sie, mich verhungern zu lassen, oder mir zumindest mit vergifteten Pfeilen in Gesicht und Hände zu schießen, was mich bald genug erledigen würde; dann aber bedachten sie wiederum, dass der Gestank eines so großen Kadavers eine Seuche in der Hauptstadt hervorrufen könne, die sich möglicherweise durch das gesamte Kaiserreich ausbreiten würde. Mitten in diesen Beratungen kamen einige Offiziere der Armee zu der Tür des großen Ratssaales. Zwei von ihnen wurden eingelassen und berichteten über mein Verhalten gegenüber den sechs oben erwähnten Missetätern, was einen so vorteilhaften Eindruck im Herzen Seiner Majestät und des gesamten Rates zu meinen Gunsten hervorrief, dass ein kaiserlicher Befehl erlassen wurde, durch den alle Dörfer im Umkreis von neunhundert Metern um die Stadt herum jeden Morgen sechs Ochsen, vierzig Schafe und andere Lebensmittel zu meinem Unterhalt zu liefern hatten. Dazu kam eine entsprechende Menge an Brot, Wein und anderen Getränken. Die pünktliche Bezahlung wurde durch eine Anweisung Seiner Majestät an das Schatzministerium geregelt. Der Fürst selbst lebt nämlich hauptsächlich von seinen eigenen Staatsgütern, und nur selten, es sei denn zu außerordentlichen Anlässen, erhebt er Steuern von seinen Untertanen, die ihm in seinen Kriegen auf eigene Kosten dienen müssen. Auch wurde Vorsorge für sechshundert Personen getroffen, die meine Bediensteten sein sollten; sie bekamen ein Kostgeld für ihren Unterhalt zugesprochen, und für sie wurden in sehr passender Weise zu beiden Seiten meiner Tür Zelte errichtet. Es erging ebenfalls der Befehl, dass dreihundert Schneider mir einen Anzug nach der Landesmode schneidern sollten, dass sechs der größten Gelehrten Seiner Majestät einzusetzen seien, mich in ihrer Sprache zu unterweisen, und zu guter Letzt, dass die kaiserlichen Pferde sowie die Pferde des Adels und der wachhabenden Truppen häufig unter meinen Augen gearbeitet würden, um sich an mich zu gewöhnen. Diese Befehle wurden alle prompt ausgeführt, und nach ungefähr drei Wochen hatte ich bei der Erlernung ihrer Sprache große Fortschritte gemacht. Während dieser Zeit beehrte mich der Kaiser häufig mit seinen Besuchen und geruhte, meine Lehrer bei ihrem Unterricht zu unterstützen. Wir begannen bereits, uns bis zu einem gewissen Grad zu unterhalten. Mit den ersten Worten lernte ich meinen Wunsch auszudrücken, er wolle mir bitte meine Freiheit schenken, was ich täglich auf Knien wiederholte. Seine Antwort, wie ich sie verstehen konnte, lautete, dass dies die Zeit ergeben müsse, dass man daran nicht ohne eine Ratsempfehlung denken könne und dass ich zunächst »Lumos Kelmin pesso desmar lon Emposo«, das heißt, Frieden ihm und seinem Kaiserreich geloben müsse. Man werde mich jedoch mit aller Freundlichkeit behandeln, und er riet mir, durch Geduld und kluges Verhalten bei ihm und seinem Volk eine gute Meinung von mir zu erzeugen. Er bat mich, es nicht übel zu vermerken, wenn er bestimmten geeigneten Offizieren den Befehl erteile, mich zu durchsuchen, denn ich könnte vielleicht verschiedene Waffen bei mir tragen, die zwangsläufig gefährlich sein müssten, wenn sie dem Ausmaß einer so riesigen Person entsprächen. Ich sagte, Seine Majestät solle zufriedengestellt werden, denn ich sei bereit, mich zu entkleiden und meine Taschen vor ihm auszuleeren. Dies drückte ich teilweise mit Worten, teilweise durch Zeichen aus. Er antwortete, ich müsse nach den Gesetzen des Reiches von zweien seiner Offiziere durchsucht werden. Er wisse, dass dies nicht ohne meine Zustimmung und Unterstützung geschehen könne. Er habe jedoch eine so gute Meinung von meiner Großmut und Gerechtigkeit, dass er ihre Personen meinen Händen anvertraue. Alles, was sie mir abnähmen, solle mir zurückgegeben werden, wenn ich das Land verließe, oder der Preis dafür bezahlt werden, den ich festsetzen würde. Ich nahm die beiden Offiziere in meine Hände, setzte sie zunächst in meine Jackentaschen und dann in alle übrigen Taschen, außer meine beiden Uhrtaschen und eine andere Geheimtasche, die ich nicht durchsuchen lassen wollte und in der ich einige kleine Bedarfsartikel hatte, die für niemanden außer mir von Bedeutung waren. In einer meiner Uhrtaschen befand sich eine silberne Uhr, in der anderen eine kleine Menge Goldes in einer Börse. Die beiden Herren hatten Feder, Tinte und Papier bei sich und legten ein genaues Verzeichnis all dessen an, was sie sahen. Als sie fertig waren, ersuchten sie mich, sie herunterzulasssen, um es dem Kaiser vorzulegen. Dies Verzeichnis übersetzte ich anschließend ins Englische, und es folgt hier im Wortlaut.

Zuvörderst, in der rechten Jackentasche des großen Menschenberges (denn so interpretiere ich die Worte »Quinbus Flestrin«) fanden wir nach der genauesten Suche nur ein großes Stück groben Tuches, groß genug, um einen Teppich für den größten Staatssalon Eurer Majestät abzugeben. In der linken Tasche sahen wir eine riesige silberne Kiste mit einem Deckel aus dem gleichen Metall, den wir, die Durchsucher, nicht hochheben konnten. Wir ersuchten darum, ihn zu öffnen, einer von uns trat hinein und fand sich halbhoch in einer Art Staub, wovon etwas in unsere Gesichter flog und uns beide mehrfach niesen ließ. In seiner rechten Westentasche fanden wir ein gewaltiges Bündel weißer dünner Substanzen, eine über die andere gefaltet, ungefähr von der Größe dreier Männer, verschnürt mit einem starken Draht und gekennzeichnet mit schwarzen Figuren. Wir vermuten ergebenst, dass es sich hierbei um Schriftzeichen handelt, bei denen jeder Buchstabe fast halb so groß ist wie unsere Handflächen. In der linken war eine Art Maschine, von deren Rückseite zwanzig lange Pfähle ausgingen, die an die Palisaden vor dem Hof Eurer Majestät erinnern. Damit, so vermuten wir, kämmt sich der Menschenberg den Kopf, denn wir haben ihn nicht immer mit Fragen belästigt, weil wir es sehr schwierig fanden, uns verständlich zu machen. In der großen Tasche auf der rechten Seite seiner mittleren Bedeckung (so übersetze ich das Wort »Ranfu-Lo«, womit sie meine Hosen meinten) sahen wir eine hohle Säule aus Eisen, ungefähr so lang wie ein Mann und an einem starken Stück Holz befestigt, das größer als die Säule ist. Auf der einen Seite der Säule stachen große Eisenstücke hervor, zu seltsamen Figuren geformt, die wir nicht deuten können. In der linken Tasche gab es eine andere Maschine von der gleichen Art. In der kleineren Tasche auf der rechten Seite befanden sich verschiedene runde,