Guter Sex ohne Stress - Carla Thiele - E-Book

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Carla Thiele

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Beschreibung

Müde, genervt, gestresst - und ist mein Hintern eigentlich zu dick? In unseren Betten herrscht Flaute, weil wir immer perfekt sein wollen. Deutschlands bekannteste Sexualtherapeutin Carla Thiele kennt unsere intimsten Probleme - und ihre Lösung: entspannte Zweisamkeit ohne Leistungsdruck. Toller Sex und eine erfüllte Beziehung können so einfach sein.

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Carla Thiele

Guter Sex ohne Stress

Marion von Schröder

Die in diesem Buch geschilderten Begebenheiten entsprechen den Tat­sachen. Alle Namen der genannten Personen wurden anonymisiert. ­Etwaige Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten wären rein zufällig. Alle Dialoge und Äußerungen Dritter sind nicht zitiert, sondern ihrem Sinn und Inhalt nach wiedergegeben. Die Ratschläge in diesem Buch sind von der Autorin und dem Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für kompetenten psychotherapeutischen und medizinischen Rat. Jeder Leser ist für sein Handeln selbst verantwortlich. Alle Angaben in diesem Buch erfolgen ohne jegliche Gewährleistung oder Garantie seitens des Verlages oder der Autorin. Eine Haftung der Autorin bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

Marion von Schröder ist ein Verlag

der Ullstein Buchverlage GmbH

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie

etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder

Übertragung können zivil- oder strafrechtlich

verfolgt werden.

ISBN 978-3-8437-0008-5

© 2012 Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten

Satz und eBook bei

Vorwort

Warum noch ein Buch über Sex? Weil »Guter Sex ohne Stress« nicht auf das »Was« und »Wie« beim Sex abzielt, sondern auf das mit »Wem« und »Warum«.

Auch noch nach Jahren ständig Lust auf den Partner haben, mit einsatzfähigen Geschlechtsorganen übereinander herfallen und schließlich die richtigen Knöpfe für den Superorgasmus drücken: Diese Wunschvorstellung macht vielen Frauen und Männern das Leben schwer. Auch heute geistern immer noch Mythen von »normalem Sex« durch die Köpfe der Menschen. Verunsichert durch die mediale Darstellung aller erdenklichen Spiel(un)arten befürchten viele Paare mit ihrem Sex allenfalls eine »Nullachtfünfzehn-Nummer« abzugeben. Da wird probiert und geackert, was das Zeug hält, um es sich gegenseitig mal so richtig zu besorgen.

Trotz großer Anstrengungen liegen aber viele Paare nach dem Akt enttäuscht nebeneinander und fragen sich: Warum war das jetzt wieder nicht befriedigend?

Heute haben viele Menschen vor lauter normierten »zielführenden Strategien« verlernt, den eigenen Gefühlen zu vertrauen. Dadurch verlieren sie die bewusste Wahrnehmung für die Einzigartigkeit des Partners und den Augenblick – den magischen Moment, der aus schlichtem Verkehr leidenschaftlichen Sex werden lässt.

»Ich möchte guten Sex … – mit dir, genauso wie du bist!«

Wie sich Partner gegenseitig ihre (sexuellen) Wünsche, Hoffnungen und Ängste offenbaren können, um eine entspannte Sexualität ohne Leistungsdruck zu leben, das erfahren Sie in diesem Buch.

Vorspiel

Wie Sie sexuell ticken

»Ich bin das Problem!«, kommt es geradeheraus aus Kathrins Mund, kaum dass sie und ihr Mann Daniel Platz genommen haben. Der Satz steht ein paar Sekunden zusammenhangslos im Raum. Ich bin verblüfft. Vor mir sitzt ein junges Paar in den 30ern. Und obwohl beide nur einen knappen Meter voneinander in ihren Sesseln sitzen, scheint sich doch ein tiefer Graben zwischen ihnen zu erstrecken. Mein Blick wandert zu Daniel. Er nickt zufrieden. Kathrins Kopf senkt sich und sie redet leise weiter. »Ich hab einfach keine Lust mehr auf Sex – das macht mich ganz verrückt. Wenn das so bleibt, geht unsere Beziehung den Bach runter!« Beim letzten Satz schaut sie ihren Mann an. Ihr Blick trifft ins Leere. Daniel hat sich im Sessel zurückgelehnt. »Wissen Sie«, beginnt er zu erzählen, »ich hab den Kanal voll. Seit sechs Monaten keinen Sex! Als wir uns kennenlernten, war Sex echt der Hammer. Wir haben alles ausprobiert. Heute denk ich nur noch, meine Frau ist vertauscht.«

Da geht doch nichts mehr bei den beiden, hätte manch einer damals gedacht. Kathrin und Daniel waren tatsächlich am absoluten Tiefpunkt ihrer Beziehung angelangt. Ihre scheinbar ausweglose Situation gipfelte zu Hause immer häufiger in endlosem Streit. Es fehlte wirklich nicht mehr viel, und sie hätten alles hingeschmissen, sich getrennt.

Leider kommen viele Paare, so wie Kathrin und Daniel, erst an dem berüchtigten »Alles-oder-nichts-Punkt« zu mir in die Praxis. Ob es zu diesem Zeitpunkt bereits zu spät ist, hängt häufig davon ab, ob die Paare eine große tragfähige Liebe verbindet. Wenn sie sich für eine Therapie entscheiden, ist es meist kein leichter Weg. Aber für Kathrin und Daniel hat sich alle Mühe gelohnt. Die beiden sind seit vier Jahren wieder ein harmonisches Paar und heute eine glückliche Familie. Wie sie das gemeinsam geschafft haben, lesen Sie in den folgenden Kapiteln.

Aber nun erst einmal an den Anfang. Kein gemeinsamer Sex seit Monaten oder sogar seit Jahren ist der häufigste Grund, warum mich Paare in meiner Praxis aufsuchen. Dass die Beziehung deshalb zwangsläufig vor dem Aus steht, ist ein allgemeiner Trugschluss. Meist ist der fehlende Sex nur ein Symptom für mehrere Ursachen, zum Beispiel für unausgesprochene Ängste und Erwartungsdruck in der Partnerschaft, für Unsicherheit mit körperlichen Veränderungen oder manchmal schlicht für Unwissen darüber, was dem anderen im Bett eigentlich gefällt. Viel einschneidender als die Sexlosigkeit ist aber, dass viele Paare nicht nur den Sex, sondern jeglichen intimen Kontakt miteinander vermeiden. Bereits an dieser Stelle wird deutlich, dass es um weit mehr geht, als um die Behebung eines sexuellen Symptoms. Es geht um nichts Geringeres, als dass sich Paare wieder gegenseitig körperliche Nähe und Geborgenheit, Akzeptanz und Vertrauen schenken können. Akzeptanz ist ein gutes Stichwort! Partner können sich nur dann gegenseitig akzeptieren, wenn sich jeder Einzelne von ihnen gut kennt und mit sich im Reinen ist, also sich selbst akzeptiert. Nicht selten macht der Eine den Anderen zum Erfüllungsgehilfen des eigenen sexuellen Wohlergehens. Am besten soll der Partner erraten, was einen glücklich macht. Das große »Habenwollen« steht trotzig im Raum. Nur was? Es wäre viel einfacher, das zu bekommen, was man WILL – man müsste nur wissen, WAS man eigentlich will. Mal ehrlich: Wer hat sich schon einmal genau über seine Bedürfnisse nach Intimität und Sexualität Gedanken gemacht und darüber, wie man am besten seine Wünsche und Begehren formuliert?

Bei Kathrin und Daniel scheint alles klar zu sein. Beide wollen lustvollen Sex. Was das für den Einzelnen konkret bedeutet, bleibt aber allenfalls eine vage Vermutung. Die Frage, was Männer und Frauen genau wollen, ist zugleich so einfach und so schwer zu beantworten. Nicht selten denken Menschen das erste Mal in ihrem Leben bei mir in der Praxis konkret darüber nach, wie sie sexuell ticken. Da sprudeln die Gedanken keinesfalls wie ein Wasserfall heraus. Auch unter vier Augen fällt es den meisten verdammt schwer, über ihre sexuellen Vorstellungen zu sprechen. Mythen und Normen, wie ein Mann oder eine Frau sexuell funktionieren sollte, geistern auch heute noch durch die Köpfe. Das geht so weit, dass manche Menschen sich noch nicht einmal vor sich selbst ihre sexuellen Vorlieben eingestehen – aus Scham, nicht normal zu sein. Damit also auf die Frage nach den sexuellen Bedürfnissen kein betretenes Schweigen folgt, halte ich in meiner Praxis sehr viel von Gedankenspielen. Das ist vielleicht auf den ersten Blick etwas ungewohnt, führt uns aber Schritt für Schritt hinein in die persönliche sexuelle Vorstellungswelt.

Gedankenspiele und Fakten

Am liebsten verwende ich das Gedankenspiel, Kapitän eines Schiffs zu sein, das auf einem großen Ozean fährt. Das Meer mit seinen Gewalten sorgt dafür, dass das Schiff sowohl in seichten Gewässern schwimmt als auch in stürmischen Wellen auf und ab schaukelt. Die Strömungen des Wassers stehen sinnbildlich für die unterschiedlichen Funktionen der Sexualität – Lust, Fortpflanzung und emotionaler Austausch –, die die Grundlagen der persönlichen sexuellen Vorstellungswelt bilden. Je nachdem, ob man gerade frisch verliebt ist, sich ein Kind wünscht oder in einer langjährigen stabilen Partnerschaft lebt, treibt das Schiff mal mehr in der einen, mal mehr in der anderen Strömung oder ankert hin und wieder in einem sicheren Hafen.

Das Schiff hat drei verschiedene Decks. Im Rumpf befindet sich das große gemütliche Wohnzimmer, in der mittleren Ebene das Schlafzimmer mit viel frischem Wind um die Nase und oben ist die Aussichtsplattform, von der man weit über das Meer blicken kann. Statt mit einem Schlüssel, öffnet der Kapitän die Türen zu den Decks mit Fragen: »Wer bin ich?« für das Wohnzimmer, »Wie verhalte ich mich sexuell?« für das Schlafzimmer und »Was sind meine sexuellen Phantasien?« für die Aussichtsplattform. Je öfter er die Räume betritt und je genauer er sich umschaut oder seine Gedanken bis weit über den Horizont schweifen lässt, desto mehr lernt der Kapitän über seine sexuelle Vorstellungswelt. Auf seiner großen Fahrt durch das sexuelle Leben sammelt der Kapitän auch noch allerlei Treibgut aus den Wellen und verstaut es sicher im Inneren des Schiffsrumpfs in seinen »Erfahrungs-Vorrats-Tonnen«.

Kathrin und Daniel lade ich jeweils einzeln ein, mit mir auf diese Gedankenreise zu gehen. Die Frage, in welchen Gewässern der Kapitän sein Schiff gerade steuert, beantwortet Daniel bissig: »Keine Ahnung, wo mein Schiff gerade treibt. Auf der Lustwelle ganz bestimmt nicht. Eher liegt es auf dem Trockenen.« Von Kathrin bekomme ich ein ganz ähnliches Gleichnis zu hören: »Ich würde ja so gern wieder in Richtung Lust steuern. Stattdessen habe ich das Gefühl, mein Schiff läuft gar nicht erst aus dem Hafen.«

Viele Paare, die zu mir kommen, haben zu Beginn unserer gemeinsamen Sitzungen das Augenmerk auf einer Funktion der Sexualität – häufig der Lust. Bei genauerem Nachfragen zeigt sich aber bei den meisten recht schnell, dass alle Bereiche der Sexualität ins Ungleichgewicht geraten sind. Bei Kathrin und Daniel belasse ich vorerst ganz bewusst ihre spontanen Aussagen zum lustbetonten Fokus auf die Sexualität und werde erst am Ende der Gedankenreise noch auf die Funktionen Fortpflanzung und emotionaler Austausch zu sprechen kommen.

Aber jetzt beginnt erst einmal der Rundgang über das Schiff. Der Kapitän startet auf dem »Wer bin ich?«-Deck. Ganz gleich, ob man jung oder alt, gesund oder krank ist, sich als Mauerblümchen oder Raubkatze fühlt, irgendwer an den Nerven sägt oder man gerade im siebten Himmel schwebt, nahezu alle Lebensumstände nehmen direkt oder indirekt Einfluss auf die Sexualität. Hartnäckig hält sich die Meinung, wenn es unter der Gürtellinie nicht mehr klappt, dann ist man gehemmt, verklemmt oder vielleicht gar pervers. Dabei haben Wissenschaftler schon längst bewiesen, dass über 50 Prozent der sexuellen Funktionsstörungen eine körperliche Ursache haben. Wenn die Scheide beim Sex häufig trocken bleibt, der Verkehr schmerzt oder der Penis immer nur auf Halbmast steht, dann lohnt es sich für den Kapitän, seine Gesundheit durch den Schiffsarzt genauer unter die Lupe nehmen zu lassen. Klar, es gibt bei nahezu allen sexuellen Problemen auch den berühmt-berüchtigten »Knoten im Kopf«. In den Gedanken der Menschen kreisen permanent Ansprüche, alles passgenau unter einen Hut zu bringen: Karriere, Familie, Beziehung, soziale Kontakte und so weiter. Niemand ist frei von althergebrachten Rollenklischees vom starken Mann oder der perfekten Frau. Der Kapitän stellt sich deshalb vor seinen großen Wohnzimmerspiegel, betrachtet sich ausgiebig und erkennt all seine Stärken und Schwächen, Wünsche und Sehnsüchte in seinem Spiegelbild.

Auch Kathrin und Daniel schauen sich im Spiegel genau an. Kathrin ist 32 Jahre alt und arbeitet als Krankenschwester auf einer Intensivstation. Prinzipiell ist sie kerngesund, aber in den letzten Monaten musste sie ihre Frauenärztin öfter wegen Scheideninfekten aufsuchen. Kathrin strahlt, wenn sie von den gemeinsamen Unternehmungen mit ihrer Familie und ihren Freunden berichtet. Ihren Mann beschreibt sie dennoch als den Mittelpunkt in ihrem Leben. Sie träumt davon, dass sie und Daniel später in einem eigenen Haus wohnen, in dem die Kinder herumtollen können. Kathrin empfindet sich insgesamt eher als zurückhaltenden Menschen. Auch beim Sex wartet sie lieber, dass Daniel die Initiative ergreift. Daniel ist 34 Jahre alt und gibt keine körperlichen Erkrankungen an. Er findet sich ganz in Ordnung, so wie er ist. Ausgenommen der Unternehmungen mit seiner Frau Kathrin, bezeichnet sich Daniel eher als Einzelgänger. Deshalb sei er auch froh darüber, dass er als Tischlermeister sein eigener Chef ist. Allerdings empfindet er es in letzter Zeit als ganz schön anstrengend, in Zeiten knapper Kassen so viel Verantwortung für seine Zukunft und seine drei Angestellten zu tragen. Schließlich wollen er und Kathrin bald ein Eigenheim bauen, damit sie später als Familie ein ordentliches Zuhause haben. Beim Sex hat Daniel in der Beziehung zu seiner Frau immer die Hosen an. Aber eigentlich fände er es schön, wenn auch mal Kathrin die aktive Rolle übernähme. Er sei ja schon den ganzen Tag in seiner Werkstatt der Bestimmer.

Als Nächstes betritt der Kapitän das »Wie verhalte ich mich sexuell?«-Deck. Es überrascht nicht, dass er beim Blick auf das große Bett an die letzte heiße Liebesnacht »mit allem Drum und Dran« denkt. Was aber genau in dem »Drum und Dran«-Paket steckt, fällt je nach den individuellen Vorlieben ganz unterschiedlich aus. Deshalb macht es für den Kapitän Sinn, nach allen Facetten seiner intimen Bedürfnisse zu stöbern und mit wem er sie auslebt – von der Selbstbefriedigung über Streicheln, Petting und Oralverkehr bis hin zu den Lieblingsstellungen beim Geschlechtsverkehr.

Für Kathrin ist Daniel trotz aller aktuellen Schwierigkeiten der Einzige, mit dem sie Zärtlichkeit und Sex erleben möchte. Am liebsten würde sie wieder mehr mit ihm schmusen. Denn gemeinsame Kuschelstunden, wie am Anfang ihrer Beziehung, kämen seit Daniels Drängen nach Sex viel zu kurz. Sie habe das Gefühl, er würde mittlerweile jede Gelegenheit für Nähe gleich sexuell ausnutzen. Prinzipiell hat sie früher alle sexuellen Spielarten mit ihm genossen – Petting, mit der Hand oder dem Mund machen und auch Geschlechtsverkehr. Heute habe sie das Gefühl, gar nichts mehr zu mögen. Es komme ihr so vor, als ob Sex nur noch Penis Reinstecken bedeuten würde – kein Vergleich zu der Zeit, als sie und Daniel noch phantasievoll experimentiert hätten. Und wie steht es mit der Selbstbefriedigung bei Kathrin? »Da kann ich schöne Orgasmen erleben! Aber ich spar mir das bisschen Lust lieber für Daniel auf. Alles andere wäre doch egoistisch von mir, oder?!«

Daniel erzählt, dass er seine Kathrin nach wie vor begehrt. Er würde ihr gern wieder viel öfter auch körperlich seine Liebe zeigen. Arm in Arm spazieren gehen fände er toll, auch einfach mal so den Kopf kraulen. Klar, rege sich da auch immer mal was in der Hose. Aber es sei doch verständlich, dass er nicht kalt bliebe, wenn er seine Frau spürt. Prinzipiell gefällt ihm alles, was er und Kathrin miteinander an Körperkontakt austauschen. Aber mittlerweile quäle es ihn, wenn die Zärtlichkeiten nicht von regelmäßiger Sexualität begleitet seien. Besonders steht er darauf, wenn es Kathrin ihm mit dem Mund macht und sie anschließend Verkehr haben. Früher befriedigte er sich ein- bis zweimal pro Woche selbst. Mittlerweile mache er es aber fast täglich. »Irgendwie muss ich den Druck ja abbauen!«

Um die geheimsten Sehnsüchte zu betrachten, betritt der Kapitän zum Abschluss seines Schiffsrundgangs die Aussichtsplattform des »Was sind meine sexuellen Phantasien?«-Decks. Beim Blick über das weite Meer sind die Gedanken frei.

Die Phantasie folgt im Gegensatz zu geheimen Wünschen, die man mit seinem Partner wirklich mal in die Tat umsetzen möchte, keinen praktischen Einschränkungen oder allgemeinen Moralvorstellungen. Die Phantasie ist ein ganz persönlicher Kopfkino-Schatz, in dem man nach Lust und Laune schwelgen kann. Manche Menschen phantasieren ständig über Sex, andere fast nie und wieder andere bestreiten, überhaupt sexuelle Phantasien zu haben. Beim genaueren Nachfragen kennt jedoch jeder Mann und jede Frau sexuelle Phantasien. Es muss sich nicht immer eine komplette erotische Kopfkino-Geschichte entspinnen. Einige sehen auch nur Ausschnitte aus einer Sexszene oder spüren etwas Sexuelles – wie einen Orgasmus erleben. Worauf eine Person sexuell wirklich steht, nennen Wissenschaftler die sexuelle Präferenzstruktur des Menschen. Am meisten erfährt man über die erregenden Gedanken jedes Einzelnen durch die Phantasiebilder, die kurz vor dem Orgasmus bei der Selbstbefriedigung spontan auftauchen. Auch heute wissen Sexualforscher noch nicht genau, wie die individuellen sexuellen Vorlieben geprägt werden. Sicher scheint allerdings: Bestimmte Wünsche beginnen sich bereits vor der Pubertät durch komplexe biologische und biographische Prozesse zu entwickeln. Egal, ob jemand später von Frauen oder Männern, Schmusesex oder bizarren Praktiken phantasiert, biochemisch werden die Gedankengänge im jugendlichen Gehirn auf identische Weise festgeschrieben. Entspannende, beruhigende oder erregende Vorstellungen belohnen unsere grauen Zellen mit der Ausschüttung von glücksspendenden Botenstoffen. Deshalb lernt der Mensch schon früh, dass das Denken bestimmter Inhalte zu einem angenehmen Gefühl führt und will es wieder bekommen. Je öfter der Mensch diese Gedanken hat, die ein schönes Gefühl auslösen, umso fester brennen sie sich sozusagen auf der Festplatte ein. Ob und wie sich diese biochemische Gedankenkette im Laufe des Lebens ändern kann, darüber streiten sich die Wissenschaftler. Die meisten gehen davon aus, dass die sexuelle Präferenzstruktur eines Menschen ein so komplexer Prozess mit dazugehöriger fest verankerter Hirnstruktur ist, dass sie sich in ihrem Grundwesen nicht ändern lässt. Das heißt, kein Mensch kann sich seine sexuellen Vorlieben aussuchen oder im Wesentlichen später verändern. Vielmehr ist es wichtig, seine erregenden Vorstellungen zu akzeptieren und damit verantwortungsbewusst zu leben.

Übrigens phantasieren die deutschen Männer am liebsten darüber, Sex mit anderen oder mehreren Partnerinnen zu haben. Frauen stellen sich dagegen häufig entweder romantische Situationen vor oder beim Sex dominiert zu werden. Das bedeutet aber nur sehr bedingt, dass ein Mann oder eine Frau diese Phantasien auch wirklich in die Tat umsetzen möchte. Denn das Tollste am Kopfkino ist ja die Tatsache, dass man sich nicht nur vorstellen kann, was man will. Man kann sich auch gleich noch die passenden Gefühle dazu phantasieren. Da wird der schüchterne Herr mit Potenzangst zum feurigen Liebhaber, der gleich reihenweise die Damen mit seiner Manneskraft befriedigt. Und Frauen überbrücken im Kopf den moralischen Zwiespalt zwischen verlässlichem Mutterschiff und heißer Liebhaberin eben hin und wieder mit dem unterbewussten Trick, sich beim Sex nehmen zu lassen oder manchmal sogar dazu gezwungen zu werden. Besonders bei solchen überzeichneten Phantasien ist es wichtig, den Symbolcharakter dahinter zu sehen. Im Fall von fremddominiertem Sex geht es Frauen nämlich häufig vor allem darum, die Verantwortung für das eigene Tun abzugeben und sich ihrer Lust unbefangen hinzugeben.

In Kathrins Phantasien kommt ihr Mann Daniel vor. Es macht sie an, wenn er enge Kleidung trägt, weil die seinen muskulösen Körper so gut zur Geltung bringt. Sie mag es am liebsten, wenn er sie eng umschlungen liebt und sie sich in seinen Armen komplett fallenlassen kann. Daniel denkt bei der Selbstbefriedigung oft an Kathrin, wie sie sich hemmungslos lieben. Ihm kommt aber auch genauso die Kassiererin aus dem Supermarkt oder die Bäckersfrau von nebenan in den Kopf. Große Brüste wie die seiner Frau findet er toll. Am liebsten stellt er sich vor, wie seine Frau zuerst seinen Penis mit dem Mund verwöhnt und später auf ihm reitet, während er an ihren schönen Brüsten nach Lust und Laune spielen kann.

Nun noch einmal zurück zum Schiff und zu den Strömungen des Wassers: Treiben Kathrin und Daniel wirklich auf der Lust- bzw. Unlust-Welle? Und weshalb ist ihnen die Lust abhandengekommen? Grundsätzlich unterschiedliche Ansichten zu sexuellen Spielarten trennen die beiden offensichtlich nicht. Denn sie sind ganz normal, gemessen am sexuellen Geschmack der meisten Deutschen. Deshalb frage ich jetzt genauer nach, wie es neben der sexuellen Lust mit den Bereichen Fortpflanzung und emotionaler Austausch aussieht.

»Sex und Liebe, sie gehören für mich definitiv zusammen.« Kathrin schwärmt von Daniel, dass er ihr Traummann sei und sie sich im Leben immer an ihn anlehnen könne. »Eigentlich sehne ich mich danach, dass wir uns wieder nahekommen.« Mit dem Wort »nahekommen« gibt Kathrin unbewusst einen kleinen Fingerzeig in Richtung des eigentlichen Konflikts. »Wissen Sie, mein größter Wunsch ist ein gemeinsames Kind. Aber irgendwie klappte es im letzten Jahr nicht. Ich hab jedes Mal geheult, wenn meine Regel kam.« Dann erzählt sie, dass auch Daniel anfangs Feuer und Flamme für das gemeinsame Projekt Familie war. Aber nach einer Weile sei er immer genervter geworden. »›Als ob der Sex nur zum Kindermachen da wäre!‹, schrie er mich eines Tages an.« Diese Situation sei jetzt ungefähr ein Jahr her. Danach hätte Kathrin sich sehr verunsichert gefühlt, ob Daniel eigentlich mit ihr eine Familie gründen wollte, und sich zurückgezogen. »Aber klar, welcher Mann liebt schon eine Frau, die keine Lust auf Sex hat und will mit ihr Kinder?«, fügt sie am Ende resigniert hinzu. Nach dem Gespräch mit Kathrin lässt sich bereits erahnen, dass es sich bei ihr keinesfalls um eine isolierte Luststörung handelt. Vielmehr sind die Schwierigkeiten mit der Beziehung bei unerfülltem Kinderwunsch das Huhn und die fehlende Lust ist das Ei.

Bei dem anschließenden Gespräch mit Daniel erlebe ich gleich noch eine kleine Überraschung zum Thema Familienplanung. »Kinder kommen für mich aktuell auf keinen Fall in Frage. Vielleicht habe ich mich ja für die falsche Frau entschieden? Kathrin ging es doch die letzten zwei Jahre nur noch darum, schwanger zu werden.« Daniel erklärt mir, dass es ihn wirklich fertigmache, dass Kathrin so gar keine Lust mehr auf ihn habe und er sich als Mann ungeliebt und wertlos fühle. Es gäbe da ohnehin noch etwas Unangenehmes, das er noch nicht erzählt habe – noch nicht einmal Kathrin. Und dann berichtet Daniel, dass er als Kind eine Hodenentzündung hatte. Damals sagte man seinen Eltern, dass es später Schwierigkeiten mit der Zeugungsfähigkeit geben könnte. Darüber habe er sich nie den Kopf zerbrochen. »Aber als es bei Kathrin mit dem Kindermachen einfach nicht klappte und sie deswegen ständig weinte, hab ich mich immer mehr unter Druck gefühlt. Ich kam mir vor wie ein kaputter Samenspender.« Obwohl Daniel eine unglaubliche Wut auf die ganze Situation gespürt habe, wollte er seine Fruchtbarkeit unbedingt unter Beweis stellen. »Klar, hab ich Kathrin seitdem ganz schön bedrängt. Aber welcher normale Kerl sagt seiner Frau schon gern, dass er wahrscheinlich keine Kinder zeugen kann? Da sucht die sich doch gleich einen Neuen!«

Daniels Beichte eröffnet eine ganz neue Sichtweise auf die sexuelle Beziehung des Paares. Obwohl alles zuerst nach einem sexuellen Lustproblem aussah, entpuppt sich das Ganze nunmehr als großes emotionales Missverständnis zum Thema Kinder. Nicht nur Kathrin, sondern auch Daniel fühlt sich verunsichert und bezüglich Nähe, Angenommensein und Geborgenheit vom Partner vernachlässigt. Studien Berliner Wissenschaftler belegen, dass nur die Erfüllung eben dieser emotionalen Grundbedürfnisse einen langfristigen positiven Einfluss auf die sexuelle Beziehungszufriedenheit hat. Kathrin und Daniel sind demnach keineswegs ein Einzelfall, sondern ein ganz typisches Paar, bei dem die Sexualität durch Vernachlässigung des emotionalen Austauschs in Schieflage geraten ist.

Zeitreise – ein Blick in die sexuelle Vergangenheit

Das ist ja ein dicker Hund, dass Daniel seiner Kathrin die Sache mit der Hodenentzündung verschwiegen hat! Schließlich begann die sexuelle Beziehung der beiden offensichtlich mit dem unerfüllten Kinderwunsch zu kriseln. Zweifelsfrei verhält sich Daniel nicht ehrlich gegenüber Kathrin. So einen Mann will man doch nicht geschenkt! Oder? Aber um seine Beweggründe besser zu verstehen, ist es Zeit für einen Blick in die »Erfahrungs-Vorrats-Tonnen« aus dem Schiffsrumpf.

Das emotionale Erbe

Nicht bei jedem schlummern dunkle Geheimnisse im tiefen Inneren. Manch einer kann sich gar nicht mehr so recht an früher erinnern oder will die alten Zeiten endlich ruhen lassen. Wozu dann das ganze Aufsehen um die Vergangenheit? Und vor allem, was hat die Biographie mit der aktuellen Sexualität zu tun? Eines ist klar: Guter Sex setzt die Fähigkeit voraus, sich gegenseitig Nähe, Geborgenheit und Akzeptanz schenken zu können. Erst diese tiefen Gefühle ermöglichen es jedem Einzelnen von uns, sich fallenzulassen und sich gegenseitig wortwörtlich so zu nehmen, wie man ist. Wissenschaftliche Studien belegen: Wir Menschen sind seit Urzeiten von Natur aus auf soziale Bindungen programmiert, um uns emotional abzusichern. Akzeptanz, Nähe und Geborgenheit gelten deshalb allgemein anerkannt als sogenannte emotionale Grundbedürfnisse. Der Schlüssel, wie wir uns diese Gefühle gegenseitig ausdrücken und erfüllen können, liegt in der Summe unserer Erlebnisse und Erfahrungen. Heute ist es schon längst kein Geheimnis mehr, dass die intimen Beziehungen von Erwachsenen häufig ein Abbild der Eltern-Kind-Beziehung darstellen. Denn bei Mutter und Vater erfährt der Mensch erstmals körperliche Nähe, die für den Aufbau des sogenannten Urvertrauens unerlässlich ist. Die Eltern prägen in den ersten Lebensjahren durch ihr Verhalten ganz entscheidend die spätere partnerschaftliche Bindungsfähigkeit ihres Sprösslings. Und das geschieht ganz unabhängig davon, ob man in einer »klassischen« oder einer Patchworkfamilie groß wird. Selbst Menschen, die ohne Vater oder Mutter aufwachsen, nehmen Bezug zu ihren ersten Bindungspersonen. Teilweise unterbewusst will man als Erwachsener genauso sein und handeln wie sie oder eben gerade nicht.

Um also etwas über die frühen Beziehungserfahrungen von Kathrin und Daniel herauszufinden, beginne ich die Gedankenzeitreise mit dem Blick auf ihre Herkunftsfamilien. Beide stammen aus derselben Stadt einer ländlich geprägten Region. Daniels Vater betrieb auch schon eine eigene Tischlerei und die Mutter organisierte die Buchhaltung und den fünfköpfigen Haushalt. Der Vater galt als das strenge Familienoberhaupt, den Daniel und seine beiden Schwestern immer die »ordnende Hand« nannten. »Ich musste schon als kleiner Junge in der Werkstatt helfen«, sagt Daniel, »aber niemand konnte es dem Alten jemals recht machen!« Die Mutter kümmerte sich liebevoll um ihn und die Geschwister. »Aber wehe, wir Kinder hatten was ausgefressen. Da stand sie meistens auf Vaters Seite!«

Kathrins Eltern führten zusammen eine kleine Pension im Haus, in dem sie aufwuchs. Obwohl das Alltagsleben eng mit der Arbeit verwoben war, berichtet sie von einer behüteten Kindheit. »Ich konnte meiner Mutter und meinem Vater eigentlich immer mein Herz ausschütten. Und wenn mal etwas schiefging, nahmen sie mich zum Trösten in den Arm.« Montags war der heilige Tag in Kathrins Familie. Da blieb die Gaststätte der Pension nämlich geschlossen und sie unternahmen immer etwas gemeinsam.

Die nächsten Stationen der Zeitreise markieren die Erlebnisse der sexuellen Entwicklung: erster Kuss, Aufklärung, Pubertät und erste sexuelle Erfahrungen. Bereits im Vorschulalter erkunden sowohl Jungs als auch Mädchen spielerisch ihre Genitalien – einzeln oder gegenseitig. Ab der Pubertät entdecken die meisten Teenager ihren Körper dann ganz zielgerichtet. Ob sich Erwachsene später positiv oder negativ an ihre sexuelle Selbsterkundung erinnern, hängt oft von der Bewertung ihrer unmittelbaren Umwelt ab. Wer in einer »Das gehört sich nicht«-Atmosphäre aufwächst, hat schlechte Karten für ein entspanntes Verhältnis zur Sexualität. Und ist der Gedanke erst einmal ins Gehirn eingepflanzt, bekommt man ihn auch als Erwachsener nur mit Mühe wieder los. Ab der Pubertät gilt es auch, sich als Mann oder Frau an seinen Rollenvorbildern zu messen. Auf einmal spüren Jugendliche deutlich, ob jemand auf der Gewinner- oder Verliererseite beim Spiel mit der erwachenden Begierde steht. Da fließen bei so manchem Spätzünder Tränen des Zweifels, ob das mit der Liebe jemals klappen wird. Wohl dem, der dann bei Eltern, Geschwistern oder Freunden ein offenes Ohr findet.

Daniel erzählt, dass er schon als kleiner Junge im Kindergarten am Penis herumspielte. »Das hab ich damals natürlich noch nicht bewusst gemacht«, lacht er, »aber schön war es trotzdem. Nur als mich meine Eltern beim Doktorspielen mit Freunden erwischten, da gab es richtig Stress! Seitdem hatte ich lange Zeit das Gefühl, etwas Unrechtes getan zu haben.« Mit 13 Jahren bekam Daniel im Traum den ersten Samenerguss. Später befriedigte er sich regelmäßig heimlich unter der Dusche. Nacktheit und über Sexualität reden waren in Daniels Familie tabu. Wie das mit dem Sex funktioniert, las er in der Bravo. Mit Kumpels darüber reden sei ihm echt zu peinlich gewesen. Schließlich hätte er in seiner Schulzeit sowieso nichts zum Thema beitragen können. »Und als Loser dastehen, das wollte ich nun ganz bestimmt nicht!«

Bei Kathrin ging es daheim in puncto Nacktheit und gegenseitiger Zärtlichkeit ganz offen zu. Allerdings seien die Eltern beim Thema Sex ein bisschen verklemmt gewesen. Als es um die Aufklärung ging, hätte die Mutter ihr ein Buch geschenkt. Aber da wusste sie ohnehin schon alles von ihren Freundinnen. »Ich war eine absolute Spätzünderin. Alle meine Freundinnen unterhielten sich über BHs, Tampons und den ersten Freund. Mit 16 bekam ich endlich meine Regel und die Brüste wuchsen immer größer. Ganz ehrlich: Ich war vom plötzlichen Frausein fast überfordert und mochte meinen Körper nicht leiden. Selbstbefriedigung hab ich deshalb erst später während meiner ersten Beziehung angefangen. Dann fand ich es aber schön, mich selbst zu verwöhnen.«

Unabhängig davon, welche Erfahrungen man in seiner Kindheit und Jugend sammelt, verarbeitet jeder seine Eindrücke ganz individuell. Es gibt keine allgemeingültige Formel, die lautet: »Wenn in der Biographie dies passiert, folgt im späteren Leben das.« Wie die Spuren auf der Seele des Menschen entstehen, ist ein so komplexer Prozess, dass selbst Wissenschaftler ihn bis heute nicht vollständig entschlüsseln können. Während es immer noch ein Rätsel ist, warum der eine nahezu unverletzbar durchs Leben geht, während ein anderer schon durch scheinbar kleine Enttäuschungen aus der Bahn geworfen wird, steht eine Tatsache fest: Die Beschaffenheit der Psyche ist kein Kurs ohne Umkehr. Auch wenn sich Menschen in ihrem Charakter nicht von Grund herauf ändern, so kann doch jeder als Kapitän seines eigenen Schiffes das Ruder ein Leben lang korrigieren, um ein zufriedeneres Leben zu führen. Noch vor ein paar Jahren bezweifelten Hirnforscher den Sinn von Psychotherapien im Erwachsenenalter. Man ging davon aus, dass sich der Charakter bereits in jungen Jahren in die Nervenzellen »eingeprägt« hat und sich die Strukturen im ausgewachsenen Gehirn nicht mehr verändern. Heute weiß man, dank moderner Untersuchungen in der Magnetröhre, dass es sehr wohl lohnt, wenn Menschen sich mit sich selbst auseinandersetzen. Die Wissenschaftler konnten anhand der Untersuchungen zeigen, dass sich jeder neue Gedanke und jedes neue Erlebnis im Gehirn einen neuen biochemischen Weg sucht – die stimulierten Nervenzellen strecken ihre Fortsätze aus und verankern sich damit zu einer Funktionseinheit –, ein neues Programm startet und die ausgedienten Nervenbahnen schalten sich aus. Und neu verknüpfte Nervenbahnen bedeuten praktisch nichts anderes als die Chance, nicht nur sein Denken, sondern auch sein Handeln zu verändern.

Sozialer Kitt – die Bindungen