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Seit vielen Jahren telefonierte "Lisbeth" jede Woche mit ihrer Freundin Änne - und alle Hörer von radio RST (Steinfurt), radio WMW (Westmünsterland-Welle) und Radio Lippe waren ganz Ohr! Nun können alle Freunde von Usch Hollmanns Lisbeth-Kolumne endlich einmal nachlesen, über was sich Lisbeth so alles auf amüsante Weise ausläßt. Doch fragen wir sie selbst: "Och, über Chott und de Welt, über den aktuellen Ehekrach von meine Schwester Kathrina und ihr''n Mann Anton, über Yvonne ihr''n neuen Freund und ob der bei Yvonne in ihr Zimmer schlafen darf oder dat Tant'' Thea in Münster ein''n Schutzmann mit Schimpfwörter überhäuft hat., wat eben so anliegt." Lisbeth beobachtet aufmerksam alltägliche Begebenheiten und natürlich ihre Nachbarschaft und gibt alles brühwarm an ihre Freundin Änne weiter. Dabei spricht sie, wie ihr der Schnabel gewachsen ist - münsterländisch. Doch auch die Leser jenseits von Steinfurt, Rheine oder Kattenvenne werden sie verstehen und sich in den über fünfzig großen und kleinen Geschichten des Alltags schmunzelnd wiederfinden. Die in diesem Band vereinten Texte spiegeln all die Kuriosiäten des Alltags wieder, wir sie besonders für die 90er Jahre typisch sind. So moderne Themen wie etwa Pflanzen-Psychologie, Fitnesswahn oder Leistungsdruck im Schlafzimmer wechseln sich ab mit der Thematisierung so zeitloser Phänomene wie dem Generationskonflikt, dem liebevollhilflosen Bemühen, mit moderner Technik Schritt zu halten und last but not least den ewigen kleinen und großen Querelen zwischen Mann und Frau, bei denen aber immer wieder die verborgene Sympathie für die (kleinen) Schwächen beider Geschlechter hervorscheint. Im Äther schnell verrauscht, sind zahlreiche dieser Telefonate jetzt für die treue Hörerschar und die neugierigen Leser festgehalten. Zum Nachlesen, Wiederentdecken und Schmökern. Ein ideales Geschenk also für alle, die Lisbeth mögen oder Usch Hollmann schon einmal bei einem ihrer zahlreichen öffentlichen Live-Auftritte bewundern konnten.
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Seitenzahl: 126
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1. Matthias Menne: „Also, wenn Sie mich fragen …“ Neues vom „Nörgler“ bei radio Antenne Münster (1995-1996) Solibro (ehem. NW-) Verlag 1996; ISBN 978-3-9802540-5-2
2. Usch Hollmann: „Hallo Änne, hier is Lisbeth …“ Die besten Telefongespräche der Quasselstrippe aus dem Münsterland. 9. Aufl. 2014 [1996]; ISBN 978-3-9802540-6-9
3. Usch Hollmann: „Hallo Änne, hier is Lisbeth …“ Texte & Lieder v. Usch Hollmann, Solibro (ehem. NW-) Verlag 1997 a) CD: ISBN 978-3-932927-11-9 b) MC: ISBN 978-3-932927-12-6
4. Usch Hollmann: „Wat is uns alles erspart geblieben!“ Neue Geschichten von Lisbeth aus dem Münsterland 3. Aufl. 2009 [1999]; ISBN 978-3-932927-13-3
5. Augustin Upmann / Heinz Weißenberg: Bullemänner 1. Aufl. 2003; ISBN: 978-3-932927-19-5
6. Helge Sobik: Urlaubslandsleute … jede Menge Vorurteile für die Reise 3. Aufl. 2010 [2006]; ISBN: 978-3-932927-30-0
7. Usch Hollmann: „Dat muss aber unter uns bleiben!“ Noch mehr Geschichten von Lisbeth aus dem Münsterland 1. Aufl. 2006; ISBN 978-3-932927-31-7
8. Helge Sobik: Urlaubslandsleute 2 … noch mehr Vorurteile für die Reise 1. Aufl. 2007; ISBN: 978-3-932927-34-8
9. Usch Hollmann: „Aber das wär’ doch nicht nötig gewesen!“ Heitere Geschichten vom Feiern 1. Aufl. 2008; ISBN 978-3-932927-41-6
10. Usch Hollmann: Stille Nacht light! Weihnachtliche Geschichten 1. Aufl. 2012; ISBN 978-3-932927-51-5
SOLIBRO Verlag Münster
Usch Hollmann
Die besten Telefongespräche der Quasselstrippe aus dem Münsterland
mit Cartoons von Sanja Saftić
Solibro
Informationen über unser Programm erhalten Sie unter:
www.solibro.de
Umschlagfoto:Michael Hörnschemeyer
Umschlag- und Reihengestaltung:Wolfgang Neumann
Cartoons:Sanja Saftic
Verlag:SOLIBRO® Verlag, 48143 Münster
9. Auflage 2014 [1996] (Originalausgabe)
Alle Namen, Charaktere, Dialoge und Begebenheiten entstammen der Phantasie der Autorin. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und unbeabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
© SOLIBRO® VERLAG MÜNSTER 2014 [1996] ISBN: 978-3-932927-08-9
Mit Dank an meine Schwester Mädi, „unser Kathrina“seit Kindertagen
Usch Hollmann begann vor Jahren aus lauter „Wonne am Wort“ mit klassischen Rezitationen, denen sie bis heute treu geblieben ist, macht Kabarett, u. a. in ihrer Muttersprache Schweizerdeutsch, und tritt als „Lisbeth“ öffentlich und im Funk auf. Sie hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, die immer wieder aufgelegt werden. Sie ist Kulturpreisträgerin des Kreises Steinfurt und lebt in Rheine.
„Hallo Änne, hier is Lisbeth …“ – so eröffnete Usch Hollmann jahrelang Samstag für Samstag um 10 Uhr 10 bei radio RST ihre Kolumne – und der Kreis lauschte.
Vermeintlich locker plauschend, seziert sie als Quasselstrippe den münsterländischen Alltag und hält Männlein und Weiblein mit einer nahezu wollüstigen Wonne am feinen Wort einen Spiegel ganz dicht vor die Nase – sie weiß einfach, wovon sie redet.
Lisbeth beschäftigt sich mit den Dingen, die uns im Alltag bewegen: „Wo schläft Yvonne ihr neuer Freund? Wieso darf Änne nich Schützenkönigin werden?“
Lisbeth weiß, wie man die täglichen Klippen meistert. Sie zeigt uns münsterländischen Männern, die wir am Anfang des Jahrtausends zwischen Softie und Macho herumzappen, wo’s langgeht. Und nicht nur im Münsterland haben ihre „Weisheiten“ Gültigkeit – man wird sie auch andernorts verstehen.
„Unser Lisbeth“ hat längst Kultstatus erreicht. Ein Glück für einen Lokalsender, der auf der Suche nach Comedytalenten auf solch ein Juwel gestoßen ist.
Kristof Jünemann
(ehem. Chefredakteur, radio RST)
Hallo Änne, hier is Lisbeth. Also dies Jahr muß Weihnachten der absolute Knaller werden, ein Mega-Fest sozusagen. Warum? Weil so oft wie dieses Jahr ham se mir noch nie „Frohes Fest“ oder „Schöne Feiertage“ gewünscht …
Dat fing schon im November an, so wie se Donnerstag immer schon anfangen mit „Schönes Wochenende“. Dat müßte demnach mittem Deibel zugehn, wenn dat nich ein Ultra-Top-erste-Sahne-Weihnachtsfest wird.
Müllers Nelli war de erste; wir hatten uns auffem Markt getroffen und ’n kurzes Schwätzchen gehalten. Beim Weggehn drückt se mir de Hand, kuckt mir tief inne Augen und sagt mit schicksalsschwere Stimme: „Is zwar noch etwas früh, aber falls wir uns nich mehr sehen sollten – schöne Feiertage.“
Die nächste war Anfang Dezember die Verkäuferin im Schuhladen, wo ich mir dicke Pantoffeln gekauft hatte: „Frohe Feiertage.“ Dann die Friseuse nache Dauerwelle: „Frohe Feiertage.“ Ab 2. Adventssonntag ging’s inne Apotheke los: „Frohe Feiertage.“ Dat die einem nich gesunde Feiertage wünschen, liegt auffe Hand. Dann anne Tankstelle: „Frohe Feiertage.“ Und jetzt geht dat Schlag auf Schlag: beim Metzger, beim Bäcker, anne Kasse vom Supermarkt, inne Reinigung, bei de Fußpflege …, und ich sag denn immer: „Danke gleichfalls.“ Beim Kartoffelmann, inne Lottoannahmestelle, im Kaffeegeschäft, „Frohe Feiertage.“ „Danke gleichfalls.“
Der letzte mit „Frohe Weihnachten“ is immer der Papst auffem ersten Feiertag im Fernsehen. Auffem zweiten Feiertag kommen schon die sich für Witzbolde halten mit „Frohen Rest“ oder „Wünsche frohe Feiertage verlebt zu haben.“ „Danke gleichfalls.“ Und denn natürlich die Neujahrswünsche: „Alles Gute im neuen Jahr.“ „Danke gleichfalls.“ Dat geht so bis Ende Januar mit Variationen: „Hab ich dir schon ein gutes neues Jahr gewünscht? Noch ham wer 335 Tage, und gute Wünsche kann man immer brauchen, hahaha.“ „Danke gleichfalls.“
Kurz nach Lichtmeß fängt dat an mit: „Is zwar noch etwas früh, aber falls wir uns nicht mehr sehen sollten – Frohe Ostern.“ „Danke gleichfalls.“ Glaubst du, dat wär mir dies Jahr auch nur einmal gelungen, dat ich die erste war mit gute Wünsche? Mir bleibt immer nur „Danke gleichfalls.“
… hast dich erkältet? Du hörst dich nach Schnupfen an. Paß gut auf, vor Weihnachten geht der Teufel auf Stelzen. Mußt tüchtig Gemüse essen, gerade in Wintergemüse is viel Vitamin C drin. Unsere Altvorderen wußten dat wohl, warum se im Winter unsere heimischen Gemüse aßen, und zwar mehr Gemüse als Fleischbeilage.
Unser Oma kochte früher montags, wenn Waschtag und Wintertag war, immer Steckrübeneintopf. Dann wurde ’n Stücksken dicke Rippe mit Zwiebelringe aufgesetzt und vorgekocht und eine Stunde vor Mittag kamen de kleingeschnittenen Steckrüben und Kartoffelstückskes mit in’n Pott und dat schmöttkete dann so langsam vor sich hin. Bisken Pfeffer und Salz dran, feddich! Bei de heutigen Rezepte wird immer noch ’n Becher Sahne mit zugeschüttet, aber dat hat’s früher nich gegeben, Sahne auf ein’m Wochentag. Kein Wunder, dat heute so viele Leute zu dick sind. Nach so ein’m Essen kann man wohl ne Stunde Holzhacken, aber nich ’n halben Tag in’n Computer glotzen.
Wat mochte unser Papa unsere westfälischen Spezialitäten gern: Leberbrot und Wurstebrot mit gedünstete Apfelscheiben. Oder Buchweizenpfannekuchen mit Speckfenster, Preiselbeeren und Schwarzbrot, hmm! Und Bratkartoffeln mit Topfsülze! Und denn die ganzen Kohlsorten: Kohlrouladen mit dicke braune Tunke oder Rosenkohl und natürlich Grünkohl, wenn’s gefroren hat. Wat? Ja, da muß einmal der Frost drüber gewesen sein, dat die Bitterstoffe raus sind. Und denn: viel Grünkohl, wenig Kartoffeln und noch weniger Wurst oder höchstens ’n Stücksken Speck mit bei. Nach sowat kricht man Heimweh inne Ferne. Und nich nach dem, wat se heute manchmal inne Gaststätten auffe Speisekarte ham: Grünkohltopf aus dem Ofen, mit einer Ananasscheibe und herzhaftem Käse überbacken! Ja, wat denn noch?
Apropos Kohl: Letztens hab ich mal Saumagen gegessen, dat is doch dat Leibgericht von unsern Altkanzler. Also, dat schmeckt nich schlecht, aber dat ich da jetzt so rund um mich rum essen muß und deswegen jedes Jahr nach St. Wolfgang und mit schräge Füße de Berge rauf und runter, dat ich den Saumagen wieder abtrainiere, – nä, dat nun doch nich. Hingegen mal wieder wie früher ’n Wottelpott* von unser Tant’ Thea oder Westfälisch Blindhuhn mit ne echte Hühnerbrühe, nich aussem Päcksken, oder eben ’n hennigen** Steckrübeneintopf von unser Oma – Änne, mir läuft dat Wasser im Mund zusammen …
*sinngemäß Wurzelgemüse/Möhreneintopf
**deftig
… Änne, ich kann jetzt mitreden, wenn vonne gehobene Gastronomie de Rede is: Vorgestern hab ich dat erste Mal in mein’m Leben Hummer gegessen. Wieso? Dat hat mit Größenwahn nix zu tun. Yvonne ihren neuen Freund wollte sich vonne beste Seite zeigen und hat uns alle in ein’n Gourmet-Tempel eingeladen. Änne, dat muß man ja mal mitgemacht haben, wie dat bei vornehme Herrschaften zugeht!
Schon am Eingang stürzten se sich mit drei Mann auf uns, nahmen uns de Mäntel ab und geleiteten uns an einen großen, rosa gedeckten Tisch, wo ’n rosa Schild drauf stand: RESERVIERT. Alles andere war auch rosa, de Servietten, de Kerze, de künstlichen Blumen.
Ein Ober kam und machte de rosa Kerze an und brachte uns de rosa Speisekarte. Da dacht ich schon, der Abend wär für mich gelaufen, weil ich feststellen mußte, dat ich meine Lesebrille vergessen hatte. Aber sowat is in ein’m besseren Lokal heutzutage kein Problem mehr: Ein anderer Ober brachte mir ein rosa Etui mit acht Brillen drin, alle mit dunkelrosa Gestelle, aber mit unterschiedliche Sehstärken. Konnt ich mir eine aussuchen.
Dat hat mich tief beeindruckt, und konnt ich quasi durch ne rosa Brille de Speisekarte lesen. Für de Damen übrigens ohne Preise …, da wußt ich ja erst recht nich, wat ich nehmen sollte. Der Ober, der für mich zuständig war, sagte, ich sollte doch mal dat Hummermenü probieren, dat würde mir sicher munden, sie hätten grade Hummerwochen. Ich sag zu Yvonne ihr’m Freund, dat träf sich ja gut, bei Aldi hätten se grad auch zentnerweise Hummer inne Tiefkühltruhe liegen, ich hätt mich aber noch nich drangetraut, weil ich doch gar nich weiß, wie man diese Biester zu Leibe rückt. Am Nebentisch hatten se eben einen inne Mache und waren mit Hammer und Zange und Meißel zugange. Ich wollt mich aber nich gern blamieren und hab mir den Hummer gleich ausgelöst bestellt.
Nun hieß dat warten. Erstmal kucken, wat dat mitte vielen Bestecke auf sich hat. Jeder hatte zwei Messer, zwei Gabeln, dat heißt, eine Gabel und ein Gäbelchen, und ein’n Löffel und ein Löffelchen und außerdem drei Gläser und ein’n großen und ein’n kleinen Teller.
Dann kam der Ober mitte rosa Weinkarte, aber bloß Yvonne ihren Freund hat sich ein’n trockenen Rotwein bestellt, weil der ja kein Hummer aß. Zu Hummer kannst ja kein’n Rotwein trinken und wenn du den noch so gerne magst. Dat hab ich vorgestern gelernt.
Nach ne Zeit wurde der Wein gebracht. Der Wein-Ober hielt’n wie’n schlafenden Säugling in Schräglage im Arm und zeigte dat Etikett. Ach, und dann dat Zeremoniell mit öffnen und dran schnüffeln und probieren und mit halboffenen Mund schlürfen …, wie im Kino.
Wir ham uns bloß Mineralwasser bzw. Anton ein Pils bestellt. Dat paßte denen ja gar nich, und ham se uns jeder zwei Gläser weggenommen.
Nach ne halbe Stunde wurde dat Hummersüppchen gebracht. So weit, so gut. Dann mußten wer wieder warten. Wir wußten schon bald nich mehr, wat wer reden sollten. Endlich kam dat Hauptgericht, gut, dat ich meine rosa Brille aufhatte. Der „ganze Hummer, ausgelöst, an einer leichten Champagnersoße“ war ein hühnereigroßes Häufchen rosaweißes Gedöns, mit ein’m Champignon geschmückt, auf ein’m wunderbaren rosa Teller und de Sättigungsbeilagen in so ne Art Gemüse-Ikebana daneben, nach dem Motto „dat Auge ißt mit“: ein Hügelchen Wildreis und dann die frischen Gemüse der Saison, fünf Erbsenschoten, sechs kunstvoll geribbelte Scheibchen Möhren, ein Zahnrad aus Rote-Bete und ein Broccoliröschen – alles schön anschaulich verteilt.
Wie dat geschmeckt hat? Also alles wat recht is – nich schlecht. Aber bevor sich meine Geschmacksnerven drauf eingestellt hatten, war der Teller schon leer. Aber der Hummer als solcher schmeckte noch am ehesten nach Champignon. Wie der Ober kam und fragte, wie es den Herrschaften gemundet hätte, da wollt ich ne einklich fragen, ob dat typisch für Hummer wär, dat der nach Champignon schmeckt, aber ich hab mich nich getraut, dat war da alles so vornehm, alles vom Feinsten.
Als wir kurz nach Mitternacht endlich wieder zu Hause waren, ham wer uns erstmal bei mir inne Küche gesetzt und ’n Kanten Brot reingehauen, und Anton schwärmte von Möhreneintopf und Kathrina von Himmel und Erde mit Bratwurst und ich von Reibekuchen mit Apfelmus. Da waren Yvonne und ihr Freund aber nich mehr bei.
Trotzdem, den Abend möcht ich nich missen, aber dat ich jetzt bei Aldi den Hummer aufkauf, nä, dat ja nun doch nich. Müllers Nelli hat gestern drei Stück mitgenommen, weil ihr Mann den neuen Werkzeugkasten ausprobieren will …
… ich muß dir eben erzählen, wat Kathrina passiert is. Nä, nix Schlimmes, im Gegenteil. Letzten Mittwoch hatte se ihr’n Schlüsselbund mit Autoschlüssel und Hausschlüssel und noch alles mögliche dran verloren. Dat ganze Haus hat se auffen Kopp gestellt …, nix! Und Anton natürlich am Toben: Wat ihre Schusseligkeit für Folgekosten hätte! Überall neue Schlösser einbauen, und dat Auto könnte geklaut werden – wat hatte die ne Not!
Hat se bei unser Tant’ Thea angerufen, ob der Schlüsselbund da womöglich läg, aber Fehlanzeige. Tant’ Thea hat ihr bloß geraten, sie sollte man zum Heiligen Antonius beten, der wär von jeher zuständig für wenn man wat verloren hat. Kathrina denn auch in ihre Verzweiflung:
Heiliger Antonius, ich vertrau’
und auf deine Hilfe bau’,
gib, dass deine Wunderkraft,
das Verlorene wiederschafft.
Heiliger Antonius, hilf mir suchen!
Und ob du’s glaubst oder nich: Dat Wunder passiert. Mittags findet se den Schlüssel in ihre Einkaufstasche, wo se vorher schon x-mal drin gesucht hatte. Egal, direkt nachem Mittagessen fährt se mit ihr Fahrrad nache Antoniusbasilika und zündet vor seine Statue ne Kerze an, dat hatte se ihm versprochen.
Aber – wie se ausse Kirche kommt, da hatten se ihr dat Fahrrad geklaut. Weg! Obwohl se’s abgeschlossen hatte. Wat macht unser Kathrina? Kennst ja wohl, dat is ein Deibel: wieder rein inne Kirche und die Kerze ausgepustet. „So geht’s nich, Antonius.“ Und denn zu Fuß nache Polizei und den Diebstahl gemeldet, Ort, Zeit, Farbe, Rahmennummer – wie sich dat gehört.
Aber abends krichte se ’n schlechtes Gewissen, dat se Antonius die Kerze wieder ausgepustet hatte, weil er für den Diebstahl ja nix konnte, und bei der Schlüsselsuche hatte er ja getan, wat von ihm erwartet worden war. Kathrina also mit unser Yvonne ihr Fahrrad wieder nache Kirche. Ich mußte mitfahren, auf dat Rad aufpassen, solange wie sie drin war und für Antonius ne neue Kerze anmachte.
Und heute morgen passiert dat zweite Wunder: De Polizei ruft an und sagt, ihr Rad wär wieder da, nach drei Tagen schon! Dat hätte im Stadtpark inne Büsche gelegen.
Änne, sag selbst, dat is doch ’n Wunder! Sollst mal sehen, wenn sich dat rumspricht, dauert’s nich lange und die machen Wallfahrten nache Antoniusbasilika …