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Endlich gibt es neue Lisbeth-Geschichten! Im bereits 4. Band mit humorigen Lisbeth-Geschichten von Usch Hollman lässt Lisbeth ihre Freundin Änne per Telefon wieder an ihrem Leben teilhaben. Diesmal besonders an aktuellen Geschehnissen, die meist vom Essen handeln – etwa von gelungenen oder missratenen Mahlzeiten, von Festessen mit lästigen Tischreden, Restaurantbesuchen oder alten und neuen Tischgebeten. "Bei Anton seine Tante Irmgard wird bis auf´n heutigen Tag vor´m Essen gebetet – wat bei ihre Kochkunst allerdings auch dringend nötig is …" Das Büchsken sollten alle münsterländischen Männer ihren Frauen schenken – gaaanz uneigennützig natürlich. Denn in 26 Geschichten von A wie "Adeliges Essen" bis Z wie "Zuckerstoß" hört man es zwischen den Zeilen manchmal geradezu in der Pfanne brutzeln, z. B. wenn Oma Schulte Kartoffelpannekoken bäckt. Auch wenn von Pfefferpotthast, frischem Stielmus oder Essen "quer durche Speisekammer" die Rede ist, weckt das schnell Heißhunger ... Wie in den vorangegangenen drei Lisbeth-Büchern, die bislang in 14 Auflagen erschienen sind, widmet sich die regionale Erfolgsautorin wieder liebevoll-ironisch den Menschen des Münsterlandes und diesmal besonders deren Gerichten und Geschmäckern – und natürlich wieder in münsterländischem Idiom. Garniert mit liebevollen Cartoons von Sanja Saftić ein unverzichtbares Lesevergnügen ‒ auch für Heimweh-Westfalen.
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Seitenzahl: 121
Usch Hollmann
Lisbeths kulinarisches ABC
mit Cartoonsvon Sanja Saftić
Mit freundlicher Unterstützung durch
eISBN 978-3-96079-102-7
1. Auflage 2023 • Originalausgabe
© SOLIBRO® Verlag Münster 2023
Alle Rechte vorbehalten
Cartoons (Umschlag und Innenteil):Sanja Saftić
Autorenfoto: Hermann Willers
Solibro Verlag • Jüdefelderstr. 31 • 48143 Münster
verlegt. gefunden. gelesen
www.solibro.de
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DER ECHTE MÜNSTERLÄNDER UND DIE MÜNSTERLÄNDERIN,DIE HAM MIT SCHICKIMICKI INNE KÜCHE NIX IM SINN.NICH DAT DIE OMAS EINTOPF NUR GENIESSENUND SICH DE „HAUTE CUISINE“ TOTAL VERSCHLIESSEN,DOCH KOMM’N DIE KOHLDAMPFMÄSSIG MAL IN NOT,HILFT NUR ’N DEFTIG SCHINKENBUTTERBROT.
Seit 1993 begeistert Usch Hollmann mit ihrer münsterländischen Kunstfigur „Lisbeth“ zunächst in Radiokolumnen und später auch bei Live-Auftritten ein größeres Publikum. In der Folge sind ihre bei Solibro erschienenen „Lisbeth-Büchskes“ zu regionalen Bestsellern geworden mit bislang zusammen vierzehn Auflagen: „Hallo Änne, hier is Lisbeth …“ (1996), „Wat is uns alles erspart geblieben!“ (1998), „Dat muss aber unter uns bleiben!“ (2006). Es folgten auch andere Genres mit „Spekulatius und Springerle“ (2002), „Stoffel lernt spuken/Stoffel lärt spöken“ (2004), „Aber das wär’ doch nicht nötig gewesen!“ (2008), „Stille Nacht light“ (2012) und mit Markus Böwering „Wasserschloss zu vererben“ (2018). Zusammen mit Dozenten der Musikhochschule Detmold präsentierte sie zahlreiche Dichter- und Musikerportraits und trat zwölf Jahre lang sehr erfolgreich mit der von ihr gegründeten Kabarettgruppe „Fünf freche Frauen“ auf. Für ihr vielseitiges Engagement erhielt sie mehrere Preise, u. a. 1999 den Kulturpreis des Kreises Steinfurt.
AwieADELIGES ESSEN
BwieBERTAS BÜTTERKES
CwieCOUSCOUS, CURRY UND CUMIN
DwieDINNER MIT DICHTERN UND DENKERN
EwieEIN GUTER BRATEN
FwieFESTESSEN MIT FAMILIE
GwieGEBURTSTAGSKAFFEEKLATSCH
HwieHUMMERWOCHEN IM GOURMETTEMPEL
IwieINDONESISCH ESSEN
JwieJEDE MENGE PROTEINE
KwieKERNGESUNDE KRANKENKOST
LwieLEIBGERICHT LINSENSUPPE
MwieMETTWURST FÜR MOZART
NwieNICHT SPÜLMASCHINENGEEIGNET
OwieONKEL OTTOS TISCHREDEN
PwiePOTLUCK-PARTY
QwieQUER DURCHE SPEISEKAMMER
RwieREIBEPLÄTZCHEN
SwieSCHWEIZER RÖSCHTI
TwieTISCHGEBETE
UwieUM ANTWORT WIRD GEBETEN
VwieVATERTAG
WwieWER LESEN KANN, KANN AUCH KOCHEN
XwieXXL-PORTIONEN
YwieYIN UND YANG
ZwieZUCKERSTOSS
FÜR
ALMUT * ALLEGRA * ANDREA * ANGELA * ANGELIKA ANKING * ANNELIESE * ANNETTE * ANNOUK * ANTJE ANTOINETTE * ASTRÉE * BARBARA * BRIGITTE * CHRISTIAN * CLAUDIA * CONNY * DIETER * DORIS * EDI * ELVIS EMMI * ERICH * EVA * FALCK * FRANZ * FRITZ * GABI * GABRIELE * GENI * GERDA * GRANIA * GRETE * HANNELORE * HANS * HELGA * HELMA * HENRIETTE * HENRY HERMANN * HERTHA * HURBI * INGEBORG * INGRID * JIM JOSEF * JULE * JULIA * JULIUS * KALLE * KAREN * KARL KATHRIN * LINE * LOUIK * LUDWIG * MÄDI * MARGRET MARIE-LOUISE * MARKUS * MARLIES * MONIKA * NATALIE NILS * OTTO * PETER * PHILIP * PIETER * RENA * RITA * SOFIA TIM-FREDERIK * TRAUDE * ULI * ULLA * URS * URSEL USCHI WERNER * WOLFGANG * YVONNE
Hallo Änne, hier is Lisbeth … Wat kochst du heute? Die tägliche Frage aller Fragen … hasse noch keine Idee? Ach, irgenswat fällt dir bestimmt noch ein.
Wat ich heut koche? Ich brauch mir ausnahmsweise mal nich den Kopf zu zerbrechen, weil ich bei Kathrina und Anton zu Hasenbraten eingeladen bin. Anton hatte bei de Betriebsfeier von seine Firma inne Tombola den ersten Preis gewonnen – einer vonne Chefs is Jäger und der hatte ein’n Hasen als Hauptgewinn gestiftet – und Anton hat doch tatsächlich dat richtige Los gezogen. Mitten inne Nacht wär er ziemlich angetüddelt nach Hause gekommen und morgens lag der Hase der Länge nach auf’m Küchentisch.
Ob Kathrina sich gefreut hat? Nich die Spur! Der Hase war zwar tot, aber noch im Fell, und weder Kathrina und erst recht nich Anton wissen, wie man so ’nem Tier dat Fell über de Ohren zieht.
Ham se bei mir angerufen: Ob ich wüsste, wie man ein’n Hasen pfannenfertig macht?
Ich? Nä, tut mir leid, keine Ahnung.
Ham se’s bei unser Tant’Thea probiert, weil der ihren verblichenen Gatte, also unser Onkel Gisbert, war zu Lebzeiten regelmäßig Treiber beim Förster und hat öfter mal vonne Beute wat mit nach Hause gebracht.
„Tant’Thea, wir brauchen deine Hilfe. Kannst du … so und so?“
Tant’Thea wär begeistert gewesen. „Wat? Ihr könnt keinen Hasen ausbalgen? Ich komme sofort. Hängt ne schon mal anne Hinterbeine inne Garage auf.“
Änne, dat Schauspiel wollt’ ich mir natürlich nich entgehen lassen, also hin! Wie ich da ankomme, is Tant’Thea gerade dabei, dem Hasen mit ein scharfes Küchenmesserken zu Leibe zu rücken.
Also, ei’m Hasen den Bauch aufschlitzen, dat is ja nun nich jedermanns Sache. Auch wenn dat Tier tot is. Ich mochte gar nich so richtig hinkucken, aber weghören ging auch nich, denn Tant’Thea begleitete jeden Arbeitsschritt mit erhobene Stimme – wie ’ne Kochlehrerin inne Volkshochschule im Kursus „Kochen für Anfänger.“
„Beim Ausbalgen von ei’m Hasen fängt man beim Waidloch an. Wenn man Glück hat und findet noch’n bisken Losung im Enddarm, also Hasenköttelkes – ja nich wegschmeißen! Denn dat wusste schon Hildegard von Bingen: Aus Hasenköttelkes kann man heiße Umschläge machen für wenn einer Gicht hat oder Probleme mitte Galle. Hat einer von euch zufällig Gicht? Nä? Probleme mitte Galle? Auch nich. Dann ab damit inne Biotonne. Wer will de Pfoten ham?“
Keiner – wozu auch!
„Ha – von ei’m jungen Hasen kann man so gut wie alles brauchen. Ne Hasenpfote zum Beispiel stopfen sich manche Balletttänzer gern vorn in ihre engen Hosen, als Talismann oder wie oder wat. Aber von euch is ja keiner Balletttänzer, also ebenfalls ab inne Biotonne. Wer hat Interesse anne Ohren – beim Hasen heißen die Löffel? Auch keiner? Die kann man sich über de Haustür hängen, dann hören die alles, wat inne Nachbarschaft passiert, geben dat ans menschliche Gehör weiter und man is immer auffem Laufenden. Und dat Gekröse wird möglichst bei Mondschein irgenswo im Garten verbuddelt, dat vertreibt de Maulwürfe. Aus’m Fell machten sich de armen Leute früher ’n Kragen oder ’n Muff, aber beides is heute unmodern, also auch weg inne Biotonne. Aber vorher dat weiße Schwänzken abtrennen, de sogenannte Blume. Die lässt man trocknen und legt se bei Gelegenheit ein’m jungen Ehepaar inne Hochzeitsnacht unter de Matratze, dat dat bei denen mit’m Nachwuchs zügig ans Klappen kommt. Dat is ein uraltes Zaubermittel und wirkt garantiert, denn dat der Hase unheimlich fruchtbar is, dat weiß ja jeder. Hasenfleisch is seit ’m Mittelalter bekannt als Aphrodisikum oder wie dat heißt. Der damalige Papst – Zacharias hieß der, dat hab ich erst letztens inne Heimatzeitung gelesen – also dieser Papst Zacharias soll allen geistlichen Herren und auch den Mönchen inne Klöster den Verzehr von Hasenbraten ausdrücklich verboten ham, denn besonders inne Klöster is ein Aphrodisikum nicht erwünscht, weil damit de klösterliche Ruhe und Andacht möglicherweise gefährdet is, und dat soll ja nich.“
So ging dat pausenlos. Wir ham nur so gestaunt, dat Tant’Thea dat ganze waidmännische Fachwissen noch im Kopp hatte, besonders dat mit dem Aphrodisikum. Aber sie sagte bloß, dat hätte sie selber erfahren, dat anne erotisierende Wirkung von Hasenbraten wat dran is, jedenfalls bei Männern. Ihr Gisbert selig hätte oft genug ein’n toten Hasen mitgebracht, den hätte sie schön zubereitet und da hätte sie durchaus angenehme Erinnerungen dran. Wurde se sogar ’n bisken rot bei.
Anton winkte ab: Dat mit dem Aphrodisikum wär finsterer Aberglaube, er selber hätte jedenfalls bei Hasenbraten noch nie, nichmal andeutungsweise, sowat wie ’ne stimulierende Nebenwirkung gespürt. „Ja, leider“, murmelte unser Kathrina, wat Anton aber überhörte. Stattdessen zitierte er ein’n Zweizeiler von irgenseinem Kochgenie aus’m Fernsehen:
Ein Hase reicht für sieben Esser
und aufgewärmt schmeckt er noch besser.
Kathrina jedenfalls hat den Hasen nach Tant’Thea ihre Anweisungen lecker gebraten, aber is reichlich wat bei übrig geblieben, deshalb sind Tant’Thea und ich heute zum adeligen Essen eingeladen und meine Küche bleibt heute kalt.
Wie bitte? Warum Hasenbraten ein „adeliges“ Essen ist? Änne, dat weißt du nich? Dat weiß hier im Münsterland doch so gut wie jede Hausfrau: Nich der Hase als solcher is adelig – jedes aufgewärmte Essen is „adelig“, nämlich VON gestern. Und schmeckt immer besonders lecker – dat wusste schon Wihelm Busch, der seine Witwe Bolte in Bezug auf ihr’n Sauerkohl sagen ließ: „…Wofür sie besonders schwärmt, wenn er wieder aufgewärmt.“ Also ich hab extra nur wenig gefrühstückt, damit ich gleich beim „adeligen Hasenbraten“ tüchtig zuschlagen kann.
Hallo Änne, hier is Lisbeth … hasse heute früh schon Zeitung gelesen? Beim Frühstück de Zeitung lesen, so fängt der Tag bei mir an – auch wenn nich immer wat Interessantes drinsteht. Heute Morgen aber doch. Da war unter der Überschrift „Drei-Gänge-Menü für Schulkinder?“ ’n Foto zu sehen mit ei’m Haufen unordentlich über’nander gestapelte weiße Suppenkümmkes* mit übergeschwappte Reste von Möhrensuppe, wat wohl der Beweis sein sollte, dat den Kindern de Suppe bei de Mittagsbetreuung wieder mal nich geschmeckt hat.
Ich hatte den Artikel noch nich ganz gelesen, da klingelte schon dat Telefon – um viertel nach acht: Tant’Thea. De Stimme nach war se kurz vor’m Ausrasten. Ich konnte quasi durchen Hörer sehen, dat se ’n hochroten Kopp hatte.
„Lisbeth, hast du dat gelesen, wat de Elternschaft von wat weiß ich welche Schule neuerdings verlangt? Die Köchinnen vonne Mensaküche sollen sich gefälligst mal ’n paar Menüs für de Blagen einfallen lassen, dat die mit Freude und Appetit essen und de Reste vonne Mahlzeit nich im Ausguss landen. Ham die Eltern noch alle Tassen im Schrank? Jetzt schreib ich endlich mal ’n Leserbrief, aber hallo! Wat sachs du dazu?“
Änne, wat sollte ich sagen? Wat mäkeligen Schulkindern heutzutage schmeckt, da hab ich doch keinen blassen Schimmer von. Trotzdem hab ich wie mit Engelszungen geredet, dat Tant’Thea ihr’n Blutdruck wieder auf normal runterkriegt.
Wenn ich den Artikel richtig verstehe, so ham sich da offenbar besorgte Eltern zusammengetan und die vonne Schulleitung beauftragt, dat die sich wat einfallen lassen, dat ihre Brut wenigstens inne Mittagsbetreuung wat Gesundes zwischen de Zähne kricht, weil de heutige Jugend sich hauptsächlich nur noch von Pommes, Hamburgern und Pizza ernährt und immer dicker wird. Aber soll ich mir wegen de Fettleibigkeit von anderleuts Blagen den Kopp zerbrechen? Wo unsereins doch genug eigene Probleme hat mitte ‚Dreifaltigkeit‘ umme Taille?
Aber Tant’Thea – immerhin is die über achtzig – war nich zu bremsen: Sie könnte sich nich erinnern, dat in ihre Jugend – kurz nach’m Krieg – sich je einer drum gekümmert hat, ob sie gesund ernährt würden: Ihre Eltern hätten oft Sorgen genug gehabt, dat de Familie überhaupt irgenswie satt wurde. Allein, wat Theas Mama sich jeden Morgen hätte einfallen lassen müssen, wat se ihre Kinder aufs Schulbrot schmieren sollte. Mehr als Margarine und ’n Klacks Vierfruchtmarmelade hätte die doch nie zur Verfügung gehabt, weil Theas Eltern damals sogenannte „Normalverbraucher“ waren im Gegensatz zu den sogenannten „Selbstversorgern“, den Bauern.
Und dann fing se an, von dem Stapel Bütterkes zu schwärmen, den ihre Banknachbarin Berta inne große Pause immer aus ihrem Tornister gekramt hätte. Heute geben de Mütter ihr’n schulpflichtigen Blagen ja kein Bütterken mehr mit, sondern ’ne Lunchbox mit mindestens drei eingeteilte Fächer: eins für Obst, eins für ’ne Milchschnitte und eins für wat weiß ich. Aber in Tant’Theas Schulzeit krichten alle Schulkinder für de große Pause ’n Bütterken mit. In andere Gegenden hießen die Stulle oder Schrippe oder Dubbel** oder „Knirfte***. Hier im Münsterland war und is ’n Pausenbrot eben ’n „Bütterken“, weil auf ’n richtiges Bütterken gehört gute Butter und irgenswie ein Belag.
Wat Berta angeht, die soll immer dick gute Butter auf ihr’m selbstgebackenen Stuten gehabt ham, denn Berta kam vom Bauernhof. Die hatten Hühner und Kühe und Schweine und noch anderes Viechzeug und deswegen hatte Berta immer wat besonders Leckeres auf ihr’m Bütterken – entweder Leberwurst oder Jagdwurst oder Schinken. Und freitags, wenn de Katholischen kein Fleisch essen dürfen, hätte Bertas Mama ihr immer ’n Bütterken mit Rührei drauf eingepackt – immer zwei dicke Schnitten.
Tant’Theas Eltern aber hatten ’s nich so üppig. Und darum krichte Thea meistens nur ’ne Doppelschnitte „Königskuchen“ mit.
Königskuchen? Dat wär ’ne freundliche Umschreibung für goldgelbes Maisbrot gewesen, sagt Tant’Thea – dat einzige Brot, wat’s damals zu kaufen gab. Und dieser „Königskuchen“ sah zwar toll aus, war aber knochentrocken und schmeckte nach nix, musste immer in ziemlich dünne Scheiben geschnitten werden, wurde sparsam mit Margarine und Vierfruchtmarmelade bestrichen und in Butterbrotpapier eingewickelt. Bloß – die Marmelade matschte grundsätzlich durch, war also vonne Textur, wie man dat heute nennt, ein einziges klebriges Gedöns und lag de Kinder stundenlang schwer im Magen. Aber Berta mochte den süßen „Königskuchen“ von Thea lieber als ihre eigenen Luxusbrote und fragte fast jeden Tag, ob se wieder Pausenbrote tauschen könnten. Vleicht auch deswegen: Berta durfte immer nur das leere Butterbrotspapier wieder mit nach Hause bringen, orntlich glattgestrichen und zusammengefaltet. Weil – dat musste eine Woche halten. Immer nur montags morgens gab’s ’n neues Butterbrotpapier. Deswegen lag damals auch nich überall zerknülltes Papier inne Sträucher und Hecken.
„Mit Berta Bütterkes tauschen? Da denk ich noch oft dran, mit welche Hingabe ich die verzehrt hab. Und de heutigen Blagen? Ob die ihre ‚Lunchbox‘ immer leeressen? Jedenfalls lassen se laut heutigem Zeitungsbericht ihre vitaminreiche Möhrensuppe im Suppenkümmken aus weißem Porzellan oft stehen oder schütten se weg. Nä, geh mir los. Ich schreib jetzt ’n deftigen Leserbrief.“
Zack! Aufgelegt! Wat sollt’ ich machen?
Nachmittags hab ich Tant‘Thea angerufen: ob se sich wieder beruhigt hätte?
Jaja, dat mit dem Leserbrief hatte se sich schon abgeschminkt, dat wär schon kein Thema mehr, denn: „Lisbeth, unsere Kinderzeit? Die kann man mitte heutige Zeit nich vergleichen, dat hab ich inzwischen eingesehen. Und doch – man kommt irgenswie ins Grübeln, wenn man morgens inne Heimatzeitung auf nüchternen Magen so ’n Beispiel von Lebensmittelverschwendung serviert kricht. Aber eines steht fest: Bertas Bütterkes vergolden mir noch immer die Erinnerung an meine Schulzeit. Ob dat de heutige Jugend mit dem Inhalt von ihre Lunchbox auch so ergehen wird?“
*
umgangssprachlich für Suppenschüsselchen
**
aus der Umgangssprache des Ruhrgebietes
***
aus der Umgangssprache Masematte
Hallo Änne, hier is Lisbeth … hasse ’n Moment Zeit für ’n Schwätzchen? Nich dat dir inne Küche wat anbrennt? Also: