Handbuch Rasen - Martin Thieme-Hack - E-Book

Handbuch Rasen E-Book

Martin Thieme-Hack

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Beschreibung

Dieses Buch bietet Ihnen als Lehrenden und Lernenden umfassendes Wissen für jeden Rasentyp und für eine in die Zukunft gerichtete Rasenbewirtschaftung. Behandelt werden sowohl naturnahe Landschaftsrasen als auch Gebrauchsrasen und Strapazierrasen. Die einzelnen Rasentypen werden klassifiziert und ihre Eigenschaften und Einsatzbereiche erläutert. Pflanzenernährung und Pflanzenschutz spielen ebenso eine Rolle wie Informationen zu Grund-, Erhaltungs- und Regenerationspflege.

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Seitenzahl: 486

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Martin Thieme-Hack (Hrsg.)

HANDBUCHRASEN

2., aktualisierte und erweiterte Auflage

Mit Beiträgen von Dr. Rainer Albracht, Prof. Martin Bocksch, Prof. Dr. Kathrin Kiehl, Dipl.-Ing. Beate Licht, Dr. Fritz Lord, Dr. Gerhard Lung, Dr. Frank Molder, Dr. Klaus Müller-Beck, Dr. Harald Nonn, Prof. Dr. Wolfgang Prämaßing, Dipl.-Ing. Hartmut Schneider, Dr. Gabriela Schnotz, Klaus Sienholz, Prof. Martin Thieme-Hack, Dipl.-Ing. Susanne Wöster

96 Fotos 60 Zeichnungen 62 Tabellen

Die Autoren

Dr. Rainer Albracht, Fa. EUROGREEN GmbH

Prof. Martin Bocksch, Hochschule Geisenheim University

Prof. Dr. Kathrin Kiehl, Hochschule Osnabrück

Dipl.-Ing. Beate Licht, Freie Beraterin

Dr. Fritz Lord, Fa. COMPO EXPERT GmbH

Dr. Gerhard Lung, Freier Berater

Dr. Frank Molder, Fa. Baader Konzept GmbH

Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied der Deutschen Rasengesellschaft

Dr. Harald Nonn, Präsident der Deutschen Rasengesellschaft

Prof. Dr. Wolfgang Prämaßing, Hochschule Osnabrück

Dipl.-Ing. Hartmut Schneider, Freier Berater

Dr. Gabriela Schnotz, Fa. JULIWA-HESA GmbH

Klaus Sienholz, Fa. Perrot

Prof. Martin Thieme-Hack, Hochschule Osnabrück

Dipl.-Ing. Susanne Wöster, Bundessortenamt

Dieses Buch ist Bestandteil der Reihe „Fachbibliothek grün“, die von Prof. Dipl.-Ing. Alfred Niesel begründet wurde. In dieser Reihe erscheinen Fach- und Lehrbücher für den Garten- und Landschaftsbau, für Landschaftsarchitekten sowie Garten- und Umweltämter.

Herausgeber dieser Reihe sind

Dipl.-Ing. (FH) Elke Hornoff,

Prof. Dr.-Ing. Mehdi Mahabadi,

Prof. Martin Thieme-Hack.

Prof. em. Dipl.-Ing. Alfred Niesel

Hochschule Osnabrück

Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur

Lehrgebiet Landschaftsbau/Baubetrieb

Hesselkamp 79

49088 Osnabrück

Dipl.-Ing. (FH) Elke Hornoff

Hochschule Osnabrück

Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur

Lehrgebiet Konstruktiver Ingenieurbau, Baukonstruktion und Landschaftsbau

Am Krümpel 31

49090 Osnabrück

Prof. em. Dr.-Ing. Mehdi Mahabadi

Hochschule Ostwestfalen-Lippe

Lehr- und Forschungsgebiet Technik des Garten- und Landschaftsbaus

Hellerkamp 26

42555 Velbert

Prof. Martin Thieme-Hack

Hochschule Osnabrück

Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur

Lehrgebiet Baubetrieb im Landschaftsbau

Am Krümpel 31

49090 Osnabrück

Inhaltsverzeichnis

Einleitung (THIEME-HACK)

1Rasentypen

1.1Entstehung der Rasentypen (KIEHL)

1.1.1Grünland und Magerrasen in der Kulturlandschaft

1.1.2Rasen und Blumenwiesen in historischen Parkanlagen

1.2Landschaftsrasen (KIEHL)

1.2.1Magerrasen

1.2.2Blumenwiesen

1.3Mehrschnittrasen (THIEME-HACK)

1.3.1Zierrasen

1.3.2Gebrauchsrasen

1.3.3Strapazierrasen

2Saatgut

2.1Rasengräser (WÖSTER)

2.1.1Rasengräserarten bestimmen und erkennen

2.1.2Rasengräserarten in Europa (cool-season grasses)

2.1.3Rasengräserarten wärmerer Zonen (warm-season grasses)

2.1.4Ungräser

2.1.5Kräuter und Leguminosen

2.1.6Sortenwesen

2.2Saatgutmischungen (SCHNOTZ)

2.2.1Saatgutverkehrsgesetz – SAATG

2.2.2Regel-Saatgut-Mischungen (RSM Rasen)

2.3Gebietseigenes Saatgut (MOLDER)

2.3.1Rechtliche und fachliche Grundlagen

2.3.2Zentrale Begriffe

2.3.3Hinweise zur Praxis – Einsatzgebiete und Auswahl der passenden Herkunftsqualitäten

2.3.4Verwendung von Regiosaatgut

2.3.5Verwendung von Naturraumsaatgut

2.3.6Hinweise für die Planung und Ausschreibung

2.4Fertigrasen (BOCKSCH)

2.4.1Geschichte

2.4.2Artenzusammensetzung bei Fertigrasen

2.4.3Fertigrasentypen

2.4.4Sodenformen

2.4.5Fertigrasenherstellung

2.4.6Ernte

2.4.7Transport und Lagerung

2.4.8Qualitätsanforderungen an den Fertigrasen

3Boden

3.1Bodenphysik (PRÄMASSING)

3.1.1Bodenphysikalische Eigenschaften

3.1.2Physikalische Anforderungen an den Rasenboden

3.1.3Veränderung bodenphysikalischer Eigenschaften

3.2Bodenbiologie (Lung)

3.2.1Zusammensetzung des Bodens

3.2.2Humus

3.2.3Edaphon

3.2.4Einfluss der Bodenbiologie bei der Gefügebildung

3.2.5Stoffaustausch zwischen Wurzeln und Rasentragschicht

3.2.6Möglichkeiten zur Förderung und Stimulierung der Bodenbiologie

3.3Technische Aufbauten (NONN)

3.3.1Zier- und Gebrauchsrasenflächen

3.3.2Strapazierrasenflächen

3.3.3Rasentragschicht bei Rasensportplätzen

3.3.4Bodenaufbauten bei Rasensportplätzen

3.3.5Bodenaufbau von Golfplätzen

3.3.6Bodenaufbau von Reitplätzen

3.3.7Hybridsysteme, Rasenarmierung

4Herstellen der Rasenflächen

4.1Vorbereitung (THIEME-HACK)

4.1.1Bodenverhältnisse

4.1.2Bodenverbesserung

4.2Herstellen

4.2.1Ansaat im Standardverfahren

4.2.2Ansaat im Sonderverfahren

4.2.3Verlegen von Fertigrasen

4.2.4Schutz vor Maulwürfen

4.2.5Verlegen von in der Landschaft gewonnenen Soden

4.3Fertigstellung

4.3.1Anwuchserfolg

4.3.2Leistungen zur Fertigstellung (Fertigstellungspflege) bei Ansaaten

4.3.3Leistungen zur Fertigstellung (Fertigstellungspflege) bei Landschaftsrasen

4.3.4Leistungen zur Fertigstellung (Fertigstellungspflege) bei Fertigrasen

5Rasenmanagement – Grundpflege (MÜLLER-BECK)

5.1Nährstoffversorgung von Rasenflächen (ALBRACHT)

5.1.1Aufgaben der Düngung

5.1.2Stickstoff

5.1.3Phosphor

5.1.4Kalium

5.1.5Sekundärnährstoffe

5.1.6Spurennährstoffe

5.1.7Nährstoffbedarf

5.1.8Düngezeitpunkte

5.1.9Düngerformen

5.2Biostimulanzien und Vitalisierung (LORD)

5.2.1Algenextrakte

5.2.2Huminsäuren

5.2.3Rhizosphärenorganismen

5.2.4Einfluss spezieller Nährstoffe auf die Vitalisierung

5.3Bewässerung (LUNG, SIENHOLZ, THIEME-HACK)

5.3.1Wasserbedarf

5.3.2Wasserqualität

5.3.3Elemente einer Beregnungsanlage

5.3.4Planung und Bemessung der Bewässerungsanlage

5.3.5Mobile Beregnungsanlagen

5.3.6Stationäre Beregnungsanlagen für Hausgärten

5.3.7Stationäre Beregnung für Großspielfelder

5.3.8Stationäre Beregnung für Golfanlagen

5.3.9Instandhaltung von Beregnungsanlagen

5.4Mähen (SCHNEIDER)

5.4.1Rasentypen

5.4.2Pflegeklassen

5.4.3Mähgeräteauswahl

5.5Rasenkrankheiten und Pflanzenschutz (Licht, Lung)

5.5.1Schadursachen

5.5.2Integrierter Pflanzenschutz

5.5.3Chemischer Pflanzenschutz

5.5.4Rechtliche Grundlagen im Pflanzenschutz

6Erhaltungspflege (MÜLLER-BECK)

6.1Bürsten/Grooming

6.2Vertikutieren

6.3Aerifizieren/Schlitzen

6.4Besanden

7Regenerationspflege (MÜLLER-BECK)

7.1Tiefenlockerung

7.2Nachsaat

7.3Wurzelaktivierung

7.4Pflegekonzepte für höchste Beanspruchung

8Pflege naturnah begrünter Flächen (KIEHL)

8.1Allgemeines zur Pflege von Grünland und Magerrasen

8.2Fertigstellungs- und Entwicklungspflege

8.3Unterhaltungspflege

9Umwandlung von Rasenflächen (NONN)

9.1Renovation von Zier- und Gebrauchsrasenflächen

9.1.1Erneuerung des Gräserbestandes

9.1.2Wiederherstellung der Ebenheit

9.2Renovation von Strapazierrasenflächen

9.2.1Erneuerung der Rasennarbe

9.2.2Verbesserung der Wasserdurchlässigkeit

9.2.3Verbesserung der Ebenheit

9.3Sonderbauweisen von Rasensportplätzen

9.3.1Bodenheizung

9.3.2Umbau von Tennen- in Rasensportplätze

Service

Literaturverzeichnis

Bildquellen

Anmerkung: Gendergerechtigkeit und Inklusion sind bei uns gelebte Praxis – bei der Auswahl unserer Themen, bei der Recherchearbeit, in der Gestaltung.

Unsere Texte meinen alle. Damit unsere Inhalte jedoch gut lesbar bleiben, verzichten wir in diesem Werk auf die jeweilige Mehrfachnennung oder Anpassung der Schreibweise bestimmter Bezeichnungen an die weibliche, männliche oder unbestimmte Form. Wir bitten Sie dafür um Ihr Verständnis.

Einleitung

Die Gräser nehmen in der Natur eine einzigartige Stellung ein. Mit Ausnahme der Polkappen sind Gräser in allen Klimazonen der Erde heimisch und stellen den größten Anteil an der Vegetationsdecke dieser Erde. In Steppen und Savannen herrschen Gräser als Vegetation vor, aber auch bei anderen Vegetationstypen, einschließlich des Waldes, sind Gräser weit verbreitet. In unserem Sprachgebrauch und für unsere Kulturlandschaft unterscheiden wir heute die Begriffe Wiese, Weide oder Rasen.

Wiesen sind entweder aus dem natürlichen Standort heraus mit Gräsern und Kräutern besetzte Bodenflächen oder angesäte Flächen und landwirtschaftlich beeinflusst. Im Sprachgebrauch wird von Wiesen in der Regel Heu als Winterfutter gewonnen und auf Weiden wird von Nutztieren das Gras abgeweidet.

In der Geschichte wird der Begriff „Rasen“ bereits Ende des 13. Jahrhunderts erwähnt. Da ging es insbesondere um die Anlage von Rasenflächen im Klostergarten. In der Renaissance und dem Barock waren Rasenflächen fester Bestandteil der Gartenkunst. In den Landschaftsgärten des 17. Jahrhunderts wurden neben den offenen Weidelandschaften schon größere Flächen für Ballspiele angelegt. Ein Jahrhundert später wurde bereits spezielles Saatgut für die Anlage von Rasen verwendet.

1830 meldete EDWINBEARDBUDDING ein Patent für einen Rasenmäher an und konnte damit in Londoner Parks mit einem Gerät bis zu acht Gärtner ersetzen. Heute ist alles, was rund um den Rasen passiert, zu einem großen Industriezweig geworden. So ist zum Beispiel der Markt für das Saatgut von Futtergräsern annähernd gleich groß wie der Markt für Rasengräser. Der Golfsport hat zu intensiver Forschung, insbesondere an US-amerikanischen Universitäten, geführt. Manche Universität finanziert mit den Lizenzen von Gräsern viele Professorenstellen, die wiederum weitere Forschungen ermöglichen. Nachdem viele Jahrzehnte die intensive Rasenkultur im Golfsport die Rasenforschung dominiert hat, führt ein verändertes Umweltbewusstsein uns zu naturnahen, nachhaltig gepflegten Rasenflächen, welche einen Beitrag zur Biodiversität leisten können.

1Rasentypen

1.1Entstehung der Rasentypen

1.1.1Grünland und Magerrasen in der Kulturlandschaft

Graslandökosysteme kommen von Natur aus in Mitteleuropa nur an Sonderstandorten vor, etwa an Meeresküsten (Salzwiesen) oder im Gebirge oberhalb der Baumgrenze. Weitere natürliche Offenlandbereiche entstanden vermutlich durch den Fraß großer herbivorer Tierarten, von Waldlichtungen, nacheiszeitlichen Steppenheiderelikten und Auen ausgehend. Spätestens seit der Jungsteinzeit, vermehrt aber seit der Bronzezeit, haben dann Menschen begonnen, durch Feuer, Holzentnahme und Beweidung mit Nutztieren die Landschaft aufzulichten (DIERSCHKE und BRIEMLE 2002, POSCHLOD 2015). Dadurch sind auf vorher bewaldeten Standorten halbnatürliche Graslandökosysteme entstanden, in denen lichtliebende Gräser und Kräuter dominieren, die sich nach Biomasseverlust gut regenerieren können. Einige Grünlandarten wurden bereits vor mehreren Tausend Jahren als sogenannte Archaeophyten durch den Menschen zum Beispiel aus den asiatischen Wiesensteppen oder dem Mittelmeerraum nach Mitteleuropa gebracht (ELLENBERG und LEUSCHNER 2010, POSCHLOD 2015).

Abb. 1.1 Artenreicher Sandmagerrasen im Naturschutzgebiet „Borkener Paradies“ im Emsland.

Durch jahrhundertelange Nutzung entwickelten sich in Abhängigkeit von den Bodeneigenschaften, der Wasserverfügbarkeit und der Nutzungsintensität unterschiedliche Grünland- und Magerrasentypen (vgl. Abb. 1.1 bis 1.3), die jeweils durch charakteristische Pflanzenarten gekennzeichnet sind. Während die Weidenutzung die älteste Nutzungsform ist, kam ab der Eisenzeit – vermehrt aber erst ab dem 19. Jahrhundert – auch die Nutzung durch Mahd hinzu, um Winterfutter und Stalleinstreu für die Weidetiere zu gewinnen (POSCHLOD 2015).

Auf trockenen nährstoffarmen Böden entwickelten sich durch extensive Beweidung je nach Ausgangsgestein Kalk- oder Sand- und Halbtrockenrasen (Abb. 1.1), die auch als Sandmagerrasen (Klasse Koelerio-Corynephoretea) oder Kalkmagerrasen (Klasse Festuco- Brometea) bezeichnet werden (ELLENBERG und LEUSCHNER 2010). Sie sind durch spezialisierte, an Trockenheit und Nährstoffmangel angepasste Pflanzenarten geprägt, von denen viele heute selten oder gefährdet sind. In extensiv genutzten Kalkmagerrasen können auf einem Quadratmeter bis zu 89 Pflanzenarten vorkommen, darunter zahlreiche Magerkeitszeiger, z. B. Orchideen. Kleinräumig sind sie damit sogar artenreicher als der tropische Regenwald (Wilson et al. 2012). Natürlich baumfreie Trockenrasen kommen in Mitteleuropa nur äußerst kleinflächig vor, z. B. an südexponierten Felskuppen. Halbtrockenrasen finden sich dagegen bei extensiver Beweidung und/ oder Mahd anstelle trockener Wälder.

Abb. 1.2 Artenreiche Goldhaferwiese in der Eifel.

Auf Standorten mit besserer Wasserversorgung, schwacher bis mäßiger Düngung und mäßig intensiver Nutzung haben sich über die Jahrhunderte auf frischen bis feuchten Böden Pflanzengesellschaften des Wirtschaftsgrünlands (Klasse Molinio-Arrhenatheretea) entwickelt. Typisch für das Flachland sind mesophile Glatthaferwiesen (Verband Arrhenatherion), die ein- bis dreimal jährlich zur Heunutzung gemäht werden (Abb. 1.3). Vor allem bei mäßig trockenen Bedingungen können sie mit zahlreichen bunt blühenden Arten wie Wiesen-Margerite, Leucanthemum vulgare agg., Witwenblume, Knautia arvensis, oder Wiesen-Salbei, Salvia pratensis, sehr arten- und blütenreich sein (DIERSCHKE und BRIEMLE 2002). Im Flachland ist der Glatthafer, Arrhenatherum elatius, die dominante Grasart der Mähwiesen, der andere Obergräser, wie Knäuelgras und Wiesen-Schwingel, und Untergräser, wie Rot-Schwingel oder Wiesen-Rispengras, beigemischt sind. Dagegen sind die Goldhaferwiesen (Verband Polygono- Trisetion) im Bergland durch den Goldhafer, Trisetum flavescens, geprägt (Abb. 1.2). Auf Weiden dominieren auf mäßig trockenen bis frischen Böden dagegen Gräser, die häufigeren Biomasseverlust und auch Trittbelastungen tolerieren, z. B. Kammgras, Cynosurus cristatus, oder Deutsches Weidelgras, Lolium perenne. Arten der Kammgrasweiden (Verband Cynosurion) mit besonders guter Regenerationsfähigkeit nach Biomasseverlust finden sich auch in Mehrschnittrasen. Unter wechselfeuchten Bedingungen kommen in Flussauen artenreiche Auenwiesen vor, während auf feuchten Niedermoor- und Gley- Böden Sumpfdotterblumen-Feuchtwiesen (Verband Calthion), z. B. mit Sumpfdotterblume, Caltha palustris, oder Kuckucks-Lichtnelke, Lychnis flos-cuculi, gedeihen (Ellenberg und LEUSCHNER 2010). Auf nassen Standorten finden sich Pfeifengraswiesen (Verband Molinion) sowie Groß- und Kleinseggenriede (Klassen Scheuchzerio-Caricetea und Phragmito-Magnocaricetea), die besonders in Kalkflachmooren durch zahlreiche seltene und gefährdete Arten gekennzeichnet sind.

Abb. 1.3 Ökogramm mitteleuropäischer Graslandtypen. Dargestellt sind die charakteristischen Pflanzengesellschaften des Grünlands und der Magerrasen in Abhängigkeit von der Bodenfeuchte und der Nutzungsintensität (nach DIERSCHKE und BRIEMLE 2002, leicht verändert).

Artenreiches Grünland und Magerrasen sind heute selten geworden (FINCK et al. 2017, TISCHEW und HÖLZEL 2019). Düngung und Nutzungsintensivierung führen – ebenso wie Nutzungsaufgabe – in diesen Offenlandökosystemen zur Abnahme der Arten- und Strukturvielfalt und in der Regel auch zur Abnahme des Blütenreichtums (DIERSCHKE und BRIEMLE 2002, KRAUSE et al. 2014). Intensiv genutztes Grünland ist wegen der hohen Schnitthäufigkeit und Düngungsintensität durch nur wenige Grasarten mit gutem Regenerationsvermögen und einzelne gülle- und schnitttolerante Krautarten, z. B. Wiesen-Löwenzahn, geprägt.

1.1.2Rasen und Blumenwiesen in historischen Parkanlagen

Ab dem 17. Jahrhundert orientierte sich auch die Gartenkunst an dem durch Wiesen und Weiden geprägten Landschaftsbild mitteleuropäischer Kulturlandschaften. Damals entwickelten sich von England ausgehend die ersten Landschaftsgärten, die sich deutlich von den streng geometrisch bepflanzten Barockgärten abgrenzten, in denen Rasen nur eine untergeordnete Rolle gespielt hatte (VONKROSIGK 1998, MAIER-SOLGK und GREUTER 2009). Die Planer von Landschaftsgärten bezogen einerseits vorhandene natürliche Landschaftselemente in die Gartenanlage ein, gestalteten aber auch teilweise um. Dabei ließen sie sich häufig vom Idealbild der „pastoralen Landschaft“ leiten, das sich an der alten durch Beweidung und andere historische Nutzungsformen entstandenen halboffenen Kulturlandschaft orientiert (VONKROSIGK 1998, STREMINGER 2009). Typische Elemente von Landschaftsgärten sind offene Rasenflächen, Blumenwiesen, Gehölzpflanzungen, Pavillons und künstliche Ruinen, die durch eine bestimmte Wegeführung und die Schaffung von Blickachsen erlebbar werden.

Bereits im 17. und vermehrt dann im 18. Jahrhundert wurden gezielt Rasenflächen in Landschaftsgärten durch Ansaat oder mit Soden, die z. B. in Weidelandschaften entnommen worden waren, angelegt (MÜLLER 1988, VONKROSIGK 1998). Die Pflege der Rasen erfolgte dabei vor der Erfindung des Rasenmähers entweder durch häufigen Schnitt mit der Sense und Rasenwalzen oder auch mit Weidetieren wie Schafen oder Rindern. Auch in modernen englischen Landschaftsgärten werden zum Teil noch heute Schafe zur Rasenpflege genutzt (vgl. z. B. FORBES 2013).

Wiesen als Gestaltungselement in Landschaftsgärten wurden bereits im 18. Jahrhundert innerhalb der Parkanlagen mit zusätzlichen Wildpflanzenarten angereichert, um schöne Blühaspekte zu schaffen (VONKROSIGK 1998). Weitere Wiesen und Weiden, die bedeutsam für das Gesamtbild der Landschaft waren, befanden sich auf landwirtschaftlich genutzten Flächen in den Außenbereichen von Landschaftsgärten oder auf angrenzenden Flächen. In Deutschland kommen zum Beispiel im Wörlitzer Gartenreich und im Muskauer Park des Fürsten Pückler sowohl rein gärtnerisch gepflegte Rasen und Wiesen als auch in den äußeren Bereichen landwirtschaftlich extensiv genutzte Wiesen und Weiden vor, die zum Teil von hohem naturschutzfachlichem Wert sind (MAIER-SOLGK und GREUTER 2009, PUHLMANN und REICHHOFF 2013). Der zwischen 1804 und 1823 durch VONSCKELL zum Landschaftspark umgestaltete Nymphenburger Park in München ist heute wegen seines Arten- und Strukturreichtums als Teil eines FFHGebiets der EU geschützt (SEITZ et al. 2012). Hier finden sich wertvolle arten- und blütenreiche Flachland-Mähwiesen und Kalkmagerrasen, die durch extensive Pflege, d. h. ein- bis zweischürige Mahd ohne Düngung, erhalten werden. Insgesamt wurde im Nymphenburger Park mit 662 Gefäßpflanzenarten (inkl. Waldarten) die höchste Artenzahl pro Rasterfeld in München ermittelt (SCHUHWERK und MUHR 2006, www.bayernflora.de). Diese Beispiele zeigen, dass historische Landschaftsgärten mit alten artenreichen Rasen- und Wiesenflächen nicht nur für die Gartenkunst, sondern auch für den Naturschutz von großer Bedeutung sind (siehe auch Kowarik et al. 1998).

1.2Landschaftsrasen

Als Landschaftsrasen werden nach HOPE (1983) extensiv gepflegte Rasenflächen in der freien Landschaft, an Verkehrswegen und auf Rekultivierungsflächen bezeichnet. Sie werden in der Regel nicht gedüngt oder bewässert und müssen daher widerstandsfähig gegenüber Trockenheit sein. Außerdem sollen sie einen hohen Erosionsschutz bieten, da sie beispielsweise auch an geneigten Böschungen eingesetzt werden. Müller (1988) grenzt Parkrasen, die mit ca. 15 Schnitten pro Jahr gepflegt werden, von den Landschaftsrasen ab. Seine Definition von Parkrasen entspricht daher zwar hinsichtlich der Pflegeintensität den intensiven Mehrschnittrasen, hinsichtlich der Artenzusammensetzung zeigt seine Arbeit jedoch, dass ältere Parkrasen durchaus reich an niedrigwüchsigen Kräutern und Blüten sein können. Dies gilt vor allem dann, wenn sie nicht gedüngt und bewässert werden. Naturschutzfachlich besonders wertvoll sind alte Parkrasen in historischen Landschaftsgärten im Übergang zu Magerrasen (siehe auch Kap. 1.2.1).

Nach der DIN 18917 werden Landschaftsrasen (Extensivrasen) als überwiegend extensiv genutzte und/oder gepflegte Flächen im öffentlichen und privaten Grün, in der Landschaft, an Verkehrswegen sowie für Rekultivierungsflächen als artenreiche wiesenähnliche Flächen beschrieben. Landschaftsrasen soll mit großer Variationsbreite, je nach Ziel und Standort, folgende Anforderungen erfüllen:

• Erosionsschutz,

• Widerstandsfähigkeit auf extremen Standorten,

• Grundlage zur Entwicklung von standortgerechten Biotopen.

In der Regel gilt Landschaftsrasen als nicht oder nur wenig belastbar und hat geringe bis mittlere Pflegeansprüche. Die FLL (2023) definiert insgesamt sechs Regel-Saatgut-Mischungen (RSM Rasen) für Landschaftsrasen für verschiedene Standortbedingungen, darunter Mischungen mit und ohne Kräuter. Die damit im Siedlungsraum angelegten Landschaftsrasen sollen nach RSM (FLL 2023) 0- bis 3-mal jährlich mit einer Schnitthöhe von 5 bis 10 cm gemäht werden. Hierzu ist zu sagen, dass für derartige Pflanzenbestände, wenn sie außerhalb von Siedlungen in der freien Landschaft angelegt werden, nach § 40 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG 2009) seit 2020 die Verwendung gebietseigenen Saatguts vorgeschrieben ist (siehe Kap. 2.3).

Ein- bis dreischürige Wiesen, die vor dem Auslaufen der Übergangsregelung des § 40 BNatschG (2009) zum Beispiel auf Kompensations- oder Rekultivierungsflächen mit Regel-Saatgut-Mischungen für Landschaftsrasen angelegt wurden, sind in der Regel artenarm und von geringem naturschutzfachlichem Wert, da die verwendeten konkurrenzkräftigen Zuchtgräser schnell die meisten anderen Arten verdrängt haben (CONRAD 2007, CONRAD und TISCHEW 2011). Heute muss bei allen Begrünungen in der freien Landschaft etwa im Zuge von Kompensations-, Rekultivierungs- oder Renaturierungsmaßnahmen sowie an Verkehrswegen auf naturnahe Begrünungen durch Mahdgutübertragung, Wiesendrusch oder durch gebietseigenes Saatgut zurückgegriffen werden (KIRMER 2019).

Auch für sogenannte „Biotopflächen (artenreiches Extensivgrünland)“ (FLL 2023) darf in der freien Landschaft nur gebietseigenes Saatgut sowie samenreiches Pflanzenmaterial aus der Region verwendet werden (vgl. Kap. 2.3).

1.2.1Magerrasen

Magerrasen sind Graslandökosysteme auf Böden mit geringer Nährstoffverfügbarkeit, deren jährliche Produktion an oberirdischer Phytomasse unter 350 g/m2liegt (Schiefer 1984). Meistens handelt es sich dabei um Trocken- und Halbtrockenrasen, bei denen die Produktivität der Vegetation nicht nur durch die Nährstoffgehalte des Bodens, sondern zusätzlich durch Wassermangel begrenzt wird (KIEHL 2019a). Trockenheit mindert zudem die Nährstoffverfügbarkeit, da Nährstoffe nur in Wasser gelöst durch Pflanzen aufgenommen werden und Bodenbakterien auch Wasser für die Stickstoffmineralisation benötigen (NEITZKE 1998, KIEHL et al. 2003).

Artenreiche und naturschutzfachlich wertvolle Kalk- oder Sandmagerrasen sind sowohl Bestandteile historischer Landschaftsgärten und Parkanlagen, wie etwa des Nymphenburger Schlossparks in München oder der Schleißheimer Schlosswiesen (Oberschleißheim), als auch moderner Landschaftsparks und Freiflächen, wie z. B. des Schöneberger Südgeländes und des Tempelhofer Felds in Berlin (Stadt Berlin 2015) oder des Landschaftsparks Duisburg-Nord (LATZ 2016). Für die Grünflächenpflege ist vorteilhaft, dass Magerrasen wegen ihres geringen Aufwuchses nur selten gemäht werden müssen. Um die Artenvielfalt und den Blütenreichtum zu erhalten sowie Verbuschung zu verhindern, ist aber ein- bis zweimal jährlich eine Pflege durch Mahd oder Beweidung notwendig.

Insbesondere Kalkmagerrasen zeichnen sich durch eine hohe Artenvielfalt und einen großen Reichtum an attraktiv blühenden Wildpflanzen aus. Im Münchner Raum werden sie inzwischen vielfach für Begrünungen mit gebietseigenem Saatgut oder durch Mahdgutübertragung auf nährstoffarmen Kalkschotterböden verwendet. So wurden beispielsweise im Rahmen der BUGA 2005 ästhetisch ansprechende Kalkmagerrasen im Landschaftspark München-Riem (ehemaliges Flughafengelände) sowie auf dem Friedhof München-Riem angesiedelt (JOAS et al. 2010). Im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen für den Bau eines Fußballstadions in München wurden ebenfalls Wildpflanzen der Kalkmagerrasen verwendet (Abb. 1.4). Auch Sandmagerrasen weisen, vor allem im Frühjahr, schöne Blühaspekte auf. In der „Sandachse Franken“ werden Sandmagerrasen-Arten, z. B. in Nürnberg oder Bamberg, für die Begrünung öffentlicher Grünflächen eingesetzt (SandAchse Franken 2004). Im Rahmen der IBA 2010 in Dessau-Roßlau haben Kausch und Felinks (2012) erfolgreich städtische Rückbauflächen mit unterschiedlichen Substraten (u. a. Sand, Kies, Recyclingmaterialien) mit standortangepassten Wildpflanzen begrünt. An der Hochschule Osnabrück wurden neue Verfahren für artenreiche Dachbegrünungen mit regionaltypischen Pflanzenarten nordwestdeutscher Sandmagerrasen entwickelt (Kiehl und Schröder 2021). Im Rahmen des Projekts „DaLLî – extensive Dachbegrünungen in urbanen Landschaften als Lebensraum für Insekten“ wird die Habitatvielfalt dieser Magerrasen für Insekten und andere Tiere durch Einbringen verschiedener Strukturelemente noch weiterentwickelt (SCHRÖDER et al. 2020, LEUTERS et al. 2023).

1.2.2Blumenwiesen

Blumenwiesen eignen sich in öffentlichen Grünflächen oder Gärten vor allem für Bereiche, die selten oder gar nicht begangen werden und ein- bis dreimal jährlich gemäht werden (GROSSER und HIMMELHUBER1997, KIEHL und SCHRÖDER 2021). NIEMEYER (2014) stellt aber auch innovative Ideen vor, wie Rasen und Wiesenflächen in Gärten und Parks attraktiv miteinander verzahnt werden können, um neue Raumstrukturen zu schaffen.

Abb. 1.4 Durch Ansaat gebietseigenen Wildpflanzensaatguts etablierter artenreicher Kalkmagerrasen in München.

Traditionell bewirtschaftete magere Glatthafer-, Goldhafer- oder Sumpfdotterblumenwiesen mitteleuropäischer Kulturlandschaften sind nicht nur von hohem naturschutzfachlichem Wert, sondern auch ästhetisch sehr ansprechend (Abb. 1.2). Bereits in historischen Landschaftsgärten wurden deshalb nicht nur Rasen, sondern auch Blumenwiesen angelegt und durch Ansaat mit Arten angereichert, um schöne Blühaspekte zu schaffen. Da die Rasenpflege durch die Erfindung des Rasenmähers im 19. Jahrhundert und dessen Motorisierung im 20. Jahrhundert leichter möglich war, wurden dann allerdings auf öffentlichen und privaten Grünflächen vermehrt Rasenflächen geschaffen. Im Zuge der Naturgartenbewegung ab Ende der 1970er-Jahre besann man sich aber auf den Wert artenreicher Blumenwiesen für die Biodiversität. In der Landschaftsarchitektur wurde einerseits eine neue Ästhetik, die sich mehr an der Natur und ökologischen Prozessen orientiert, vorgestellt (LEROY 1978), andererseits versuchte man durch seltenere Mahd die Pflegekosten zu verringern (ALBERTSHAUSER 1985). Die damals verfügbaren Saatmischungen für sogenannte „Bunte Blumenwiesen“, die auch heute noch als Billigmischungen in Baumärkten etc. verkauft werden, enthielten aber in der Regel nur Zuchtformen von Gräsern und Leguminosen sowie viele nicht-heimische Pflanzen, darunter auch zahlreiche Einjährige. Durch den Ausfall der Einjährigen und die hohe Konkurrenzkraft der Zuchtgräser kommt es bei solchen Mischungen schon nach kurzer Zeit zum Ausfall der angesäten Kräuter und zur Abnahme des Blühaspekts durch zunehmende Vergrasung.

In der Renaturierungsökologie wurden ab den 1990er-Jahren naturnahe Begrünungsverfahren zur Anlage artenreicher Wiesen mit samenhaltigem Pflanzenmaterial (Mahdgut, Druschgut) oder gebietseigenem Saatgut im Rahmen von Naturschutz- und Renaturierungsprojekten entwickelt (KIEHL et al. 2010, KIRMER 2019). Diese Verfahren eignen sich auch für die Anlage attraktiver arten- und blütenreicher Blumenwiesen auf öffentlichen und privaten Grünflächen, die aus ökologischer Sicht von hohem Wert sein können (KIRMER et al. 2012, KIEHL 2019b, KIEHL und SCHRÖDER 2021). Die Herstellung solcher Wiesen lohnt sich jedoch nur, wenn auch eine angemessene Pflege – je nach Nährstoffstatus – durch ein- bis dreifache Mahd gewährleistet werden kann. Der Abtransport des Mahdguts ist dabei unumgänglich, weil viele Krautarten unter liegengebliebenem Pflanzenmaterial absterben. Außerdem ist der Stickstoffeintrag durch die Luft in vielen Regionen Deutschlands heute so hoch (SCHAAP et al. 2018), dass es ohne den Austrag der im Mahdgut vorhandenen Nährstoffe zur Eutrophierung kommt, und zwar auch dann, wenn sonst nicht gedüngt wird. Hohe Stickstoffverfügbarkeit fördert konkurrenzkräftige Gräser, die andere Arten verdrängen. Aber auch hohe Phosphatgehalte des Bodens, z. B. aufgrund früherer Düngung, wirken sich negativ auf die Artenvielfalt aus (CEULEMANS et al. 2014).

Allein durch Extensivierung der Pflege ist es nicht möglich, aus artenarmen gräserdominierten Rasen arten- und blütenreiche Blumenwiesen herzustellen, weil wiesentypische attraktive Krautarten in der Regel fehlen und die Extensivierungsflächen durch natürliche Ausbreitung nicht erreicht werden können. Nur in alten ausgehagerten Rasen, in denen bereits Arten wie Wiesen-Margerite, Rundblättrige Glockenblume oder Wiesen-Schaumkraut vorhanden sind oder wo diese auf direkt benachbarten Flächen vorkommen, kann bei einer Umstellung auf ein- bis dreischürige Mahd mit einer Ausbreitung dieser Arten und der Entwicklung gewisser Blühaspekte gerechnet werden. Ansonsten können artenarme Gräserdominanzbestände nur durch Umbruch mit kompletter Zerstörung der Grasnarbe und anschließender Neuansaat mit standortangepasstem Wildpflanzensaatgut oder durch Mahdgutübertragung in Blumenwiesen umgewandelt werden (Kirmer et al. 2012, KIRMER 2019). Außerhalb des Siedlungsraums ist die Verwendung gebietseigenen Saatguts bzw. Pflanzenmaterials dabei nach § 40 BNatschG (2009) zwingend vorgeschrieben (s. o. und Kap. 2.3).

1.3Mehrschnittrasen

Rasen ist nach der Definition in der DIN 18917 „Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Rasen und Saatarbeiten“ „eine durch Wurzeln und Ausläufer mit der Vegetationstragschicht fest verwachsene Pflanzendecke aus Gräsern, die im Regelfall keiner landwirtschaftlichen Nutzung unterliegt“. Je nach Verwendungszweck kann die Fläche auch mit Leguminosen und Kräutern durchsetzt sein. Die Palette der Verwendungszwecke ist sehr groß. Sie beginnt beim Zierrasen, der als Repräsentationsgrün vor öffentlichen Gebäuden und in Hausgärten angelegt wird, und geht weiter über Rasenflächen im öffentlichen Grün, Wohnsiedlungen und Hausgärten, auf denen man lagert und spielt oder die auch als grüner Parkplatz benutzt werden. Die Nutzungsmöglichkeiten setzen sich fort beim Spiel- und Sportrasen, auf dem intensiv Spiel und Sport mit Stollenschuhen und sogar bei fast jeder Witterung getrieben wird, und enden bei der mit Kräutern durchsetzten Grasfläche, mit der Wunden in der Landschaft geschlossen werden, die beim Straßenbau, bei Entnahmen oder Haldenschüttungen entstehen. Das Anwendungsfeld von Gräsern ist also sehr weit und es gibt einen fließenden Übergang vom Rasen zur Wiese. Auf vielen Standorten werden Wiesen dann aus klimatischen Gründen im Laufe der Jahre sukzessiv mit Gehölzen durchsetzt.

In der DIN 18917 werden vom Zierrasen bis zum Landschaftsrasen alle Rasentypen beschrieben. In diesem Kapitel wird jedoch nur auf die sogenannten „Mehrschnittrasen“ eingegangen. Dabei ist die Unterscheidung nicht ganz leicht. Auch Landschaftsrasen wird geschnitten – manchmal mit Maschinen, oft auch mit dem Entfernen des Mahdgutes, um zum Beispiel einem Standort die Nährstoffe zu entziehen und so abzumagern. Oft werden Landschaftsrasen aber auch beweidet, um in der Kulturlandschaft mit einem bestimmten Biotop bestimmte Arten zu fördern.

Unter Mehrschnittrasen werden alle Rasentypen zusammengefasst, die einer bestimmten Nutzung durch den Menschen dienen – sei es zur Befriedigung ästhetischer Ansprüche oder zur echten Nutzung als Liege-, Spiel- oder Sportfläche.

Die DIN 18917 unterscheidet dabei die folgenden Rasentypen:

• Zierrasen,

• Gebrauchsrasen,

• Strapazierrasen,

• Landschaftsrasen (Extensivrasen).

Tab. 1.1 Rasentypen nach DIN 18917, 2018, und dem Bundessortenamt, 2023; verändert RasentypAnwendungsbereichEigenschaften1)Pflegeansprüche Tiefschnittrasen Golf- und Bowlinggrüns; spezielle Grünflächen Tiefschnitttoleranz hoch Sehr hoch Zierrasen Repräsentationsgrün Dichte teppichartige Narbe aus feinblättrigen Gräsern, Belastbarkeit gering Hoch bis sehr hoch Gebrauchsrasen Öffentliches Grün, Wohnsiedlungen, Hausgärten u. Ä. Belastbarkeit mittel, widerstandsfähig gegen Trockenheit Mittel bis hoch Strapazierrasen Sport- und Spielflächen, Liegewiesen, Parkplätze Belastbarkeit hoch (ganz- jährig) Mittel bis sehr hoch Landschaftsrasen (Extensivrasen) Überwiegend extensiv genutzte und/oder ge- pflegte Flächen im öffent- lichen und privaten Grün, in der Landschaft, an Verkehrswegen sowie für Rekultivierungsflächen als artenreiche wiesenähn- liche Flächen Rasen mit großer Varia- tionsbreite je nach Ziel und Standort, z. B. Ero- sionsschutz, Widerstandsfähigkeit auf extremen Standorten, Grundlage zur Entwicklung von standortgerechten Biotopen, in der Regel nicht oder nur wenig belastbar Gering bis mittel, in Sonderfällen sehr hoch 1) Dichte und Belastbarkeit nehmen mit zunehmendem Schatten ab.

Anwendungsbereiche, Eigenschaften und Pflegeansprüche nach der DIN 18917 sind in Tabelle 1.1 aufgezeigt.

Damit wird zunächst die erste Funktion eines Rasentyps dargestellt. In der Praxis haben sich die Rasentypen weiter spezifiziert. Die Regel-Saatgut-Mischungen (RSM Rasen) unterscheiden weitere Rasentypen, auch nach Nutzung und Ansprüchen:

• Zierrasen,

• Gebrauchsrasen – Trockenlagen,

• Gebrauchsrasen – Spielrasen,

• Gebrauchsrasen – Kräuterrasen,

• Sportrasen – Neuanlage,

• Sportrasen – Regeneration,

• Golfrasen – Grün, Vorgrün,

• Golfrasen – Abschlag,

• Golfrasen – Spielbahn, Vorgrün,

• Golfrasen – Semirough/Playable Rough,

• Parkplatzrasen,

• Extensive Dachbegrünung,

• Landschaftsrasen – Standard,

• Landschaftsrasen – Standard ohne Kräuter,

• Landschaftsrasen – Standard mit Kräutern,

• Landschaftsrasen – Trockenlagen,

• Landschaftsrasen – Trockenlagen ohne Kräuter,

• Landschaftsrasen – Trockenlagen mit Kräutern,

• Landschaftsrasen – Feuchtlagen,

• Landschaftsrasen – Halbschatten,

• Biotopflächen (artenreiches Extensivgrünland).

Aus ökologischer Betrachtungsweise sind mit Kräutern durchsetzte Grasflächen als wertvoller einzustufen als Mehrschnittrasen ohne Kräuter. Bei vielen Anwendern spielt dabei die Blüte der Kräuter und Gräser eine große Rolle, wie es die Begriffe „Blumenwiese“ oder „Blumenrasen“ ausdrücken. Die dauerhafte Zusammensetzung derartiger Gras-Kräuter-Bestände hängt ab von:

• dem Standort einschließlich der im Boden vorhandenen keimfähigen Samen und dem Nährstoffvorrat,

• der Zusammensetzung der Ansaatmischung,

• der Pflege der Ansaat, z. B. durch den Zeitpunkt und die Häufigkeit der Mähgänge, der weiteren Entwicklung der Nährstoffe, dem Witterungsverlauf, der Belastung durch Immissionen, den Einflüssen der Nachbarflächen und vielem anderem mehr.

Abb. 1.5 Zierrasen in einem Londoner Park.

Abb. 1.6 Gebrauchsrasen in einem Londoner Park. Durch die Einmischung von Kräutern entsteht hier ein schöner Frühjahrsaspekt.

1.3.1Zierrasen

Sein Anwendungsbereich ist das Repräsentationsgrün im öffentlichen und privaten Bereich. Er hat einen hohen bis sehr hohen Pflegebedarf, lässt sich auf jedem Standort und in jedem Klimaraum anlegen und erhalten und ist durch Begehen nur gering belastbar.

1.3.2Gebrauchsrasen

Anwendungsbereiche sind alle Rasen im öffentlichen Grün, an Wohnsiedlungen, Freibädern und in Hausgärten, die bei gutem Wetter durch Lagern und Bespielen in Anspruch genommen werden. Auch grüne Parkplätze und Bedarfszufahrten gehören zu diesem Rasentyp, dessen Gebrauchseigenschaften durch einen mittleren bis hohen Pflegeaufwand erhalten werden müssen. Die Anpassung an Klimaraum und Standort erfolgt durch entsprechende Gräserzusammensetzung.

1.3.3Strapazierrasen

Dieser Rasen wird vergleichsweise stärker durch Spiel, Sport und Parken auch zu ungünstigen Zeiten in Anspruch genommen. Das setzt je nach Umfang der Benutzung eine mittlere bis sehr hohe Belastbarkeit voraus. Der Belastung entsprechend ist der Pflegeanspruch mittel bis sehr hoch. Vom Standort her werden keine Einschränkungen gemacht, es müssen allerdings die bodenmäßigen Voraussetzungen durch Schaffung einer belastbaren Vegetationstragschicht erreicht werden.

Abb. 1.7 Ein bekanntes Beispiel für einen Strapazierrasen als Sportrasen.

2Saatgut

2.1Rasengräser

Gräser sind sehr anpassungsfähige vielfältige Pflanzen, die ein überaus breites Artenspektrum umfassen und mit den unterschiedlichsten Standortbedingungen zurechtkommen. Die wichtigen bedeutsamen Gräserarten in Europa gehören zur Familie der Süßgräser (Poaceae) und sind der Klasse der einkeimblättrigen Pflanzen (Monokotyledoneae) zuzuordnen.

Die Bezeichnung der Arten erfolgt, wie für alle Pflanzen, nach dem Internationalen Code der Nomenklatur für Algen, Pilze und Pflanzen (ICN oder ICNafp; engl. International Code of Nomenclature for algae, fungi, and plants).

Tab. 2.1 Übersicht für Rasennutzung geeigneter Gräserarten Botanische BezeichnungDeutsche BezeichnungEnglische BezeichnungFranzösische BezeichnungAgrostis canina L. Hunds-Straußgras Sumpf-Straußgras Velvet Bent Brown Bent Agrostide de chiens Agrostis capillaris L. Rotes Straußgras Gemeines Straußgras Brown Top Common Bent Colonial Bent Agrostide ténue Agrostide commune Agrostis castellana Boiss. et Reut. Kastilisches Straußgras Highland bent Agrostide de Castille Agrostis gigantea Roth Weißes Straußgras Großes Straußgras Riesen-Straußgras Fioringras Red Top Agrostide blanche Agrostide géante Agrostis stolonifera L. Flecht-Straußgras Creeping Bent Agrostide stolonifère Cynosurus cristatus L. Kammgras Crested Dog’s tail Crételle des prés Deschampsia cespitosa (L.) P. Beauv. Rasen-Schmiele Tufted Hairgrass Canche cespiteuse Festuca arundinacea Schreb. Rohr-Schwingel Tall Fescue Fétuque élevée Festuca filiformis Pourr. Haar-Schaf-Schwingel Fine leaved Fescue Hair fescue Fétuque capillaire Festuca nigrescens (Festuca rubra subsp. commutata) Horst-Rot-Schwingel Chewings Red Fescue Fétuque rouge gazonnante Festuca ovina subsp. vulgaris Gemeiner Schwingel Schaf-Schwingel Sheep’s Fescue Fétuque ovine Festuca pseudovina Hack. ex Wiesb. Falscher Schaf-Schwingel Various-leaved Fescue Fétuque pseudovine Festuca rubra subsp. rubra Gewöhnlicher Rot-Schwingel Strong Creeping Red Fescue Fétuque rouge traçante Festuca trichophylla Haarblättriger Schwin- gel, Gämsen-Schwingel Slender (short) Cree- ping Fescue Fétuque semi-traçante Fétuque hétérophylle Festuca trachyphylla (Hack.) Hack. Raublättriger Schaf-Schwingel Hard Fescue Fétuque durette Festuca valesiaca subsp. valesiaca Koch Echter Walliser Schaf-Schwingel  – Fétuque du Valais Festuca violacea Ser. ex Gaudin Violettblättriger Schwingel  – Fétuque violacée Fétuque violette Lolium perenne L. Deutsches Weidelgras Ausdauerndes Weidelgras Perennial Ryegrass English Ryegrass Ray-grass anglais Phleum nodosum L. Zwiebellieschgras/Knollentimothe Dwarf Timothy Fléole bulbeuse, Petite fléole Phleum pratense L. Wiesen-Lieschgras Timothy Fléole des prés Poa annua L. Einjährige Rispe Annual Meadowgrass Annual Bluegrass Pâturin annuel Poa compressa L. Platthalmrispe, Flaches Rispengras Flattened Meadow- grass, Canadian Bluegrass Pâturin à tiges aplaties Poa nemoralis L. Hain-Rispengras Wood Meadowgrass Pâturin des bois Poa palustris L. Sumpf-Rispengras Swamp Meadowgrass Pâturin des maraiss Poa pratensis L. Wiesen-Rispengras Smooth-stalked Meadowgrass Kentucky Bluegrass Pâturin des prés Poa supina Schrad. Läger-Rispengras Supina Bluegrass Pâturin couché Poa trivialis L. Gemeine Rispe Rough Meadow-grass Pâturin commun
Tab. 2.2 Beschreibung einiger Rasengräserarten in ihren bedeutsamen Eigenschaften für Rasennutzung ArtGeeignete Nutzungs-richtungBelast-barkeitSchnitt-verträglich-keitTrocken-heits-toleranzSalz-verträglich-keitNährstoff-bedarfAus-dauerAgrostis spec. Landschafts-rasen Tiefschnitt-rasen Mäßig bis mittel Sehr hoch, tiefschnitt-verträglich Gut, A. stolonifera verfärbt Hoch Hoch Sehr gut Deschamp-sia cespitosa Gebrauchs-rasen Mäßig Gut Mittel Keine Angabe Mittel Gut Festuca arundi-nacea Gebrauchs-rasen Strapazier-rasen Gut Gut Sehr hoch Hoch Mittel bis hoch Sehr gut Festuca ovina und weitere feinblättrige Festuca-Arten Landschafts-rasen Gering Gut Sehr hoch Hoch Gering Sehr gut Festuca rubra subsp. Gebrauchs-rasen Zierrasen Landschafts-rasen Tiefschnitt-rasen Gering Sehr hoch, tiefschnitt-verträglich Sehr hoch Sehr hoch Gering Sehr gut, sehr winterhart Lolium perenne Gebrauchs-rasen Strapazier-rasen Sehr hoch Sehr hoch, Schnitt fördert Bestockung Gut Mäßig Hoch Gut, mehrjährig Poa pratensis Gebrauchs-rasen Strapazier-rasen Landschafts-rasen Mittel Sehr gut, Schnitt fördert Ausläufer-bildung Hoch Hoch Hoch Gut Poa supina Gebrauchs-rasen Strapazier-rasen Sehr hoch Sehr gut Gering Hoch Hoch Gut

Für die Nutzung als Rasengras kommen vor allem Arten infrage, die in der Lage sind, eine dichte Grasnarbe zu bilden. Tabelle 2.1 gibt einen Überblick über Arten, die für Rasenanlagen unterschiedlichster Anforderungen Anwendung finden können.

Nicht jede Gräserart eignet sich für alle Anforderungen gleich gut. Für die verschiedenen Nutzungsrichtungen (Gebrauchsrasen, Zierrasen, Strapazierrasen, Golfrasen, extensiver Landschaftsrasen) sollten die Eigenschaften der einzelnen Arten und ihre Ansprüche Berücksichtigung finden (siehe Tab. 2.2).

2.1.1Rasengräserarten bestimmen und erkennen

2.1.1.1Allgemeine Grundlagen

Gräserarten lassen sich anhand der Beschaffenheit von Blättern, Trieben, Blütenständen, Blüten und Früchten bestimmen. Allerdings ist in der Rasennarbe eine Bestimmung im nicht blühenden Zustand erforderlich, aber auch hier gibt es eine Vielzahl an Charakteristika, anhand derer sich Gräserarten unterscheiden lassen. Verschiedene Gräserarten in Reinsaat sind auf der nachfolgenden Seite in Tabelle 2.3 dargestellt.

2.1.1.2Erkennungsmerkmale im blütenlosen Zustand

Blattform: Grundsätzlich lassen sich drei Grundformen zuordnen:

• vom Blattgrund schmaler werdend und allmählich spitz zulaufend,

• breiteste Stelle am Blatt auf etwa halber Länge, Blattgrund und Blattspitze schmaler (lanzettlich),

• die Blattbreite ist durchgehend einheitlich und endet in einer kurzen kahnförmigen Spitze, die beim Darüberstreichen aufreißt (linear, parallelrandig).

Daneben bestehen Blätter, die als borstig zu bezeichnen sind, da sie sehr schmal sind und die Blattspreite kaum aufzufalten ist (z. B. feinblättrige Schwingel-Arten).

Blattbreite: Die Blattbreite ist ein sehr prägnantes Erkennungszeichen und weist ein weites Spektrum auf.

Blattspreite: Die Blattoberfläche (Blattspreite) kann offen oder gefaltet, glatt, rau, matt, glänzend oder behaart sein. Sie besitzt je nach Gräserart auch gleichmäßig verteilte Rillen und Rippen oder tiefere Riefen mit oder ohne Mittelrinne oder doppelter Mittelrille, welche einer Skispur ähnelt (typisch für viele Poa-Arten). Die Blattoberfläche weist bei manchen Arten eine weißliche Bereifung auf.

Blattunterseite: Ähnliche Kriterien wie für die Unterscheidung der Blattoberseite gelten auch für die Blattunterseite. Sie kann glatt, rau, matt oder glänzend sein. Ebenso kann eine Mittelrippe oder ein erhabener Kiel entlang des Blattes verlaufen.

Tab. 2.3 Rasennarbe während der Vegetation verschiedener Gräserarten in Reinsaat ArtAbbildungFestuca nigrescensFestuca arundinaceaAgrostis spec. Lolium perennePoa pratensis

Blattrand: Der Blattrand kann sich glatt oder beim Darüberstreichen rau anfühlen, was an kleinen Borsten oder sogenannten Kieselzähnchen liegt.

Blattscheide: Dieser den Halm/Trieb umschließende schützende Pflanzenteil kann unterschiedlichste Behaarung aufweisen. Die Blattscheide ist in der Regel an einer Seite offen und umschließt den Halm/Trieb auf ganzer Länge durch Überlappung der Ränder. Bei einigen wenigen Arten, wie dem Rot-Schwingel, ist sie jedoch röhrenartig geschlossen und reißt mit dem Alter des Halms/Triebs auf; dieses Merkmal ist jedoch nicht leicht erkennbar.

Blattgrund: Der Blattgrund (Spreitengrund) stellt den Übergang zwischen Blattspreite und Blattscheide dar und befindet sich am Ansatz des Blattes. Er ist meist heller grün bis gelbgrün oder weißlich gefärbt und unterschiedlich stark ausgeformt. Bei einigen Gräserarten, vor allem Ungräsern und Futtergrasarten, bildet er sogenannte Öhrchen, die den Halm leicht bis stark umschließen und Behaarung aufweisen können.

Abb. 2.1 Form der Blattspreiten; links: Blatt allmählich zugespitzt, Mitte: Blatt lineal mit kurzer „Kahn“spitze, rechts: Blatt nach dem Grund hin verschmälert (aus KLAPP und OPITZVONBOBERFELD 2006).

Blatthäutchen: Das Blatthäutchen (Ligula) ist eine dünnhäutige Verlängerung der Blattscheide, die den Halm oder Trieb umgibt. Es kommt nicht bei allen Arten vor, kann aber viele Erscheinungsformen annehmen. Es variiert in der Länge, der Farbausprägung von durchscheinend farblos über weiß bis grün oder bräunlich, aber auch in der Gestaltung des Randes. Dieser kann glatt, hochgezogen, dreieckig, gezähnt, gesägt, geschlitzt oder gefranst sein oder auch Behaarung aufweisen.

Triebmerkmale: Als Trieb werden die jungen Blattanlagen und Blätter bezeichnet, die noch keine Halmbildung aufweisen.

Blattanlagen: Der von der Blattscheide umgebene Trieb mit den noch nicht entfalteten Blättern kann sehr gut als Unterscheidungskriterium herangezogen werden, da sich der Querschnitt der Blattanlagen unterscheiden lässt. So weist ein Teil der Gräserarten eine gefaltete, kantige Blattanlage, andere Arten weisen eine gerollte Blattanlage auf, die auch bei älteren Trieben noch an den Blättern zu erkennen ist. Vorsichtig zwischen zwei Fingern gedreht, lässt sich dieses Merkmal mit etwas Übung differenzieren.

Wuchsform: Ein wichtiges Merkmal für die Differenzierung von Gräserarten ist die Wuchsform. Es werden drei Grundformen unterschieden:

• Horstbildende Gräser: Die Pflanzen dieser Gruppe bilden sogenannte Horste aus, d. h. dass sie sich nur am unteren Halmknoten verzweigen. Dieser liegt dicht am oder im Boden, sodass sich die Pflanze nur langsam zu den Seiten ausbreitet. Die einzelnen Triebe sitzen dicht nebeneinander und wachsen meist aufrecht, z. B. Lolium perenne. Es können kurze Kriechtriebe durch wurzelbildende Halmknoten auftreten.

• Oberirdische Ausläufer bildende Gräser: Pflanzen mit oberirdischen Ausläufern (Stolonen) bilden nahezu waagerechte Triebe, die an den Halmknoten Wurzeln ausbilden, z. B. Agrostis spec.

• Unterirdische Ausläufer treibende Gräser: Neben den oben genannten Typen gibt es auch Arten, die unterirdische Ausläufer (Rhizome) ausbilden, z. B. Poa pratensis. Die Gräserarten sind dabei in ihrem Wachstum unterschiedlich aufgelockert, da die Ausläufer unterschiedlich raumgreifend sind. Die Bewurzelung der unterirdisch verlaufenden Sprosse erfolgt ebenfalls an den Halmknoten.

2.1.1.3Erkennungsmerkmale im blühenden Zustand

Halm: Als Halm bezeichnet man den Trieb, an dem sich endständig der Blütenstand entwickelt. An den Halmen befinden sich Knoten, die sogenannten Nodien. Der Abstand zwischen zwei Knoten wird als Internodium bezeichnet. Die Halme sind in der Regel unverzweigt und meist rund und hohl. An den Nodien können sich Wurzeln ausbilden, welche bei Bodenkontakt anwachsen und zur vegetativen Vermehrung der Pflanzen beitragen.

Abb. 2.4 Blattanlage Trieb gefaltet (aus Lay et al. 2016, nach KALTOFEN und SCHRADER 1991, verändert).

Abb. 2.5 Blattanlage Trieb gerollt (aus Lay et al. 2016, nach KALTOFEN und SCHRADER 1991, verändert).

Blütenstand: Der Blütenstand trägt die Ährchen und kann sehr verschieden ausgeprägt sein.

• Echte Ähre: Die Ährchen sitzen direkt an der Hauptachse oder sind sehr kurz gestielt, häufig sind sie wechselständig zu zwei Seiten angeordnet. Die Ährchen können aufgelockert oder dicht beieinander sitzend vorkommen.

• Scheinähre: Die Ährchen weisen kurze Stiele auf und verteilen sich rings um die Achse, sind folglich nicht nur auf ein oder zwei Seiten begrenzt.

• Einfache Traube: Lockerer Blütenstand mit gestielten Ährchen, die sich jedoch nicht verzweigen (erste Ordnung).

• Doppeltraube: Es treten gestielte Ährchen an der Achse auf sowie Verzweigungen zweiter Ordnung.

• Echte Rispe: Es sind lang gestielte Ährchen mit Verzweigungen zweiter und höherer Ordnung vorhanden.

• Echte Fingerähre: Mehrere ährenähnliche Blütenstände entspringen dem Halmende.

• Ährentraube oder Fiederähre: Mehrere ährenähnliche Blütenstände entspringen an verschiedenen Punkten am Halmende.

Die Verzweigungen (Äste) von Blütenständen können nach ein oder zwei Seiten oder auch um die gesamte Achse verteilt sein. Die Anordnung sowie Anzahl der Äste der unteren Stufe variieren zwischen den Arten.

Blütenaufbau: Die Blüte ist oft sehr klein, schwer zu differenzieren und befindet sich innerhalb der Ährchen. Ein Ährchen besitzt zwei Hüllspelzen und kann 1 bis 20 Blüten aufweisen. Bei den meisten Gräserarten lassen sich 2 bis 6 Blüten mit je einer Deck- und Vorspelze finden. Die Blüte ist zweigeschlechtlich mit Staubgefäßen und Stempeln. Die Staubbeutel sind tief eingekerbt. Die Spelzen unterscheiden sich je nach Art in Größe, Form und Oberflächenstruktur (Nervatur).

Die meisten ausdauernden Gräser sind selbststeril, das bedeutet, sie benötigen Fremdbestäubung zur Samenbildung. Sie besitzen oft lange Staubbeutel, die deutlich aus der Blüte herausstehen und deren Pollen vom Wind auf die Narbe übertragen wird.

Begrannung: Bei einigen Arten tritt am Mittelnerv der Deckspelze eine Granne hervor, diese kann verschiedene Längen aufweisen und am Grund, Rücken oder an der Spitze der Spelze entspringen.

Grasfrucht: Die Grasfrucht ist eine Spelzfrucht. Größe und Anzahl an Samen zwischen den Arten ist sehr verschieden. Daher lassen sich Arten auch am Tausendkorngewicht (Gewicht von 1000 Körnern) unterscheiden (Beispiel Lolium perenneAbb. 2.9).

Gräserarten variieren sehr stark in ihrer Ausdauer. So kommen einjährige Arten vor, die bereits im Jahr der Aussaat in die reproduktive Phase wechseln und Blüten und Samen ausbilden, z. B. Poa annua. Andere Arten bilden erst in dem der Aussaat folgenden Jahr nach der Vernalisation (Kältereiz) und dem Kurztag mit folgendem Langtag und steigenden Temperaturen Blüten und Samen, sie sind zwei- oder mehrjährig. Die Dauer der Blüteninduktion ist art- und sortenabhängig. Ausdauernde Gräser bilden nicht an allen Trieben blütentragende Halme, ein Teil verbleibt im vegetativen Zustand.

2.1.2Rasengräserarten in Europa (cool-season grasses)

Die im Folgenden wiedergegebenen Größen und Längenangaben beziehen sich bei den gängigen Arten auf für die Rasennutzung zugelassene Sorten.

2.1.2.1Agrostis canina L.

Sumpf-Straußgras (Hunds-Straußgras)

• Wuchsform: oberirdische Ausläufer bildend

• Keimdauer: 14 Tage

• Blütezeit: Mitte Juni bis August

Erkennungsmerkmale:

Blatt/Trieb:

• Blattanlage: gerollt bis gefaltet

• Blattscheide: nicht verwachsen, meist offen

• Blattöhrchen: fehlend

• Blatthäutchen: sehr lang, länger als Blattbreite, zugespitzt

• Blattunterseite: matt

• Blattspreite: leicht geöffnet bis gefaltet, weich, gerieft

• Blattfarbe: graugrün

• Blattform: lanzettlich bis borstig

• Blattbreite: 1 bis 3 mm

Abb. 2.8 Ausprägung der Begrannung an den Spelzen; von links nach rechts: Granne am Grund ansetzend, Granne in der Spelzenmitte ansetzend, Spelze in Granne auslaufend, Spelze grannenlos (aus KLAPP und OPITZVONBOBERFELD 2006).

Halm/Blüte:

• Halm: an den Nodien wurzelnd und mit feinen Blattbüscheln besetzt, 15 bis 75 cm Länge

• Blütenstand: echte Rispe mit einer Vielzahl an Ästen; Ährchen bis 3 mm lang, 1-blütig, Hüllspelzen länger oder gleiche Länge wie Ährchen und 1-nervig, lanzettlich, zugespitzt, Deckspelze mit Nervatur und 1 bis 2 mm langer Granne, an der Basis behaart

• Tausendkorngewicht: 0,05 g

Diese Gräserart bevorzugt nasse Standorte, weshalb ihr Wasserbedarf als Rasengras sehr hoch ist. Sie bildet eine sehr feine und dichte Blattstruktur mit hohem Zierwert, ist jedoch sehr krankheitsanfällig und neigt zur Bildung von Rasenfilz.

2.1.2.2Agrostis capillaris L. (A. tenuis Sibth., A. vulgaris)

Rotes Straußgras (auch: Gemeines Straußgras)

• Wuchsform: horstbildend, mit kurzen unterirdischen Ausläufern

• Keimdauer: 14 Tage

• Blühzeitpunkt: Anfang Juni bis Ende Juli

Abb. 2.10 Agrostis stolonifera L. (A. palustris Huds., A. alba L.) (aus LAY et al. 2016).

Erkennungsmerkmale:

Blatt/Trieb:

• Blattanlage: gerollt

• Blattscheide: nicht verwachsen, kahl, an der Basis bisweilen rötlich

• Blattöhrchen: fehlend

• Blatthäutchen: kurz, gerade, kragenförmig

• Blattunterseite: matt, ungekielt, glatt

• Blattspreite: offen, deutlich gerieft, unbehaart, flach

• Blattfarbe: sattgrün

• Blattform: spitz zulaufend bis lanzettlich

• Blattbreite: 2 bis 3 mm

Halm/Blüte:

• Halm: aufrecht wachsend, bis 50 cm Länge

• Blütenstand: sehr feine eiförmig echte Rispe bis 15 cm Länge, eine Vielzahl an Seitenästen auf der unteren Stufe, Rispe auch im nichtblühenden Zustand geöffnet; Ährchen einblütig, bis 3,5 mm lang, Hüllspelzen lanzettlich, häutig, zugespitzt, Deckspelze stumpf, 5-nervig, meist unbegrannt

• Frucht: sehr kleine ungestielte Spelzfrucht, Spelzen weißlich und leicht glänzend, Deckspelze am Grund sehr fein behaart

• Tausendkorngewicht: 0,05 bis 0,08 g

Agrostis capillaris L. bildet eine dichte, kurz bleibende Narbe, ist sortenabhängig tiefschnittverträglich und nur mäßig belastbar. Es ist geringfügig schattenverträglich. Der Wasser- und Nährstoffbedarf ist geringer als bei Agrostis stolonifera L.

2.1.2.3Agrostis stolonifera L. (A. palustris Huds., A. alba L.)

Flecht-Straußgras

• Wuchsform: überwiegend oberirdisches dichtes Ausläufergeflecht bildend

• Keimdauer: 14 Tage

• Blühzeitpunkt: Anfang Juni bis Ende Juli

Erkennungsmerkmale:

Blatt/Trieb:

• Blattanlage: gerollt

• Blattscheide: nicht verwachsen, kahl

• Blattöhrchen: fehlend

• Blatthäutchen: lang, bis 6 mm, weiß mit runder Spitze, meist geschlitzt

• Blattunterseite: matt

• Blattspreite: schmal, gerieft, flach

• Blattfarbe: grün-bläulich

• Blattform: lanzettlich

• Blattbreite: 2 bis 3 mm, oft auch breiter

Halm/Blüte:

• Halm: bogig aufsteigend, bis 70 cm Länge, gelegentlich verzweigt

• Blütenstand: echte Rispe bis 10 cm Länge mit einer Vielzahl an Seitenästen, Rispe nur während Blüte geöffnet; Ährchen 1-blütig, Hüllspelzen 2 bis 3 mm lang, zugespitzt, 1-nervig, Deckspelze stumpf, 5-nervig

• Frucht: sehr kleine Spelzfrucht, meist umschlossen von Hüllspelzen, unbegrannt

• Tausendkorngewicht: 0,05 bis 0,08 g

Diese ausdauernde Gräserart zeichnet sich vor allem durch ihre sehr aggressiven und dadurch konkurrenzstarken Ausläufer aus, weshalb sie extrem dichte, aber nur mäßig belastbare Narben ausbildet. Da Agrostis stolonifera feuchte Standorte bevorzugt, ist es als Rasengras unter ausreichender Bewässerung sehr ausdauernd, neigt allerdings zur Filzbildung sowie bei Trockenheit zu Verfärbungen. Tiefschnitt unter 3 mm hält diese Art bei sehr guter Pflege aus, ist jedoch überaus anfällig für verschiedene Krankheiten.

2.1.2.4Deschampsia cespitosa (L.) P. Beauv.

Rasen-Schmiele

• Wuchsform: horstbildend

• Keimdauer: 14 bis 21 Tage

• Blühzeitpunkt: Mitte Juni bis Ende August

Erkennungsmerkmale:

Blatt/Trieb:

• Blattanlage: gefaltet

• Blattscheide: nicht verwachsen, kahl

• Blattöhrchen: fehlend

• Blatthäutchen: lang, derb, zugespitzt, zerschlitzt, weißlich

• Blattunterseite: glatt, ungekielt

• Blattspreite: offen, raue, tiefe Riefen (5 bis 7) mit Kieselzähnchen, unbehaart

• Blattfarbe: dunkelgrün

• Blattform: linear

• Blattbreite: 5 mm

Halm/Blüte:

• Halm: aufrecht, sehr dicht, bis 150 cm Länge

• Blütenstand: lockere, sehr lange Rispe bis 25 cm Länge mit zahlreichen Ästen auf unterster Stufe, zur Blüte gespreizt; meist 2-blütige Ährchen bis 5 mm, Hüllspelzen länger als Deckspelzen, gekielt, zugespitzt, Granne vom Grund ausgehend

• Frucht: Spelzfrucht mit silbrigen Spelzen, Deckspelze mit Rückengranne, gezähnt, Granne verschieden ausgeformt (geknickt, gebogen, gerade), langes Stielchen mit weißen Haaren, Karyopse durchscheinend

• Tausendkorngewicht: 0,3 g

Deschampsia cespitosa gehört zu den ausdauernden Obergräsern und bevorzugt feuchte bis nasse Standorte. Es bildet ein festes Blatt und dichte federnde Horste (Bülten) aus.

2.1.2.5Festuca arundinacea Schreb.

Rohr-Schwingel

• Wuchsform: horstbildend, 10 cm lange Ausläufer möglich

• Keimdauer: 14 Tage

• Blühzeitpunkt: Mitte Juni bis Ende Juli

Erkennungsmerkmale:

Blatt/Trieb:

• Blattanlage: gerollt

• Blattscheide: nicht verwachsen, unbehaart, rau

• Blattöhrchen: vorhanden und sichelförmig übereinandergreifend, mit Wimpern besetzt

• Blatthäutchen: sehr kurz, fest

• Blattgrund: kurz behaart

• Blattunterseite: glänzend

• Blattspreite: stark gerillt, rau, derb, oft mit Queradern, unbehaart, Blattrand mit feinen Kieselzähnchen besetzt

• Blattform: lanzettlich

• Blattfarbe: dunkelgrün, wintergrün

• Blattbreite: 4 bis 12 mm

Halm/Blüte:

• Halm: bogig aufsteigend, kräftig, bis 2 m Länge

• Blütenstand: doppeltraubig bis rispenförmig, zur Blüte und auch danach ausgebreitet, zwei verschieden lange Seitentriebe auf den unteren Stufen der Hauptachse, Blütenstand gebogen, da Äste nach einer Seite ausgerichtet; Ährchen 10 bis 18 mm lang, 3 bis 10 Blüten, Hüllspelzen spitz zulaufend, 1-nervig, Deckspelzen lang, grannenlos, gelegentlich grannenspitzig, 5-nervig

• Frucht: Spelzfrucht, 7 bis 8 mm lang, Deckspelze am Grunde behaart, 5-nervig, zugespitzt, ohne Granne oder grannenspitzig, Stielchen 2 mm, nach oben verdickt

• Tausendkorngewicht: 1,8 bis 2,6 g

Festuca arundinacea ist ein sehr robustes, winterhartes, konkurrenzfähiges und ausdauerndes Gras mit einem sortenabhängig sehr breiten und derben Blatt oder weicherer und feinblättrigerer Blattstruktur, welche in jüngster Zeit aus intensiver Züchtungsarbeit hervorgegangen ist. Trotz seiner Trockenheitsverträglichkeit, bedingt durch sehr tiefes Wurzelwerk, bevorzugt es wechselfeuchte Standorte und gedeiht gut auf schweren Böden. Es kommt mit kurzzeitiger Nässe ebenso zurecht wie mit Dürreperioden, auch ist es geringfügig schattenverträglich. Anwendung als Rasengras findet es vor allem im südlichen europäischen Raum.

2.1.2.6Festuca ovina L. und verwandte Arten

Gemeiner Schwingel (auch: Schaf-Schwingel)

• Natürlicher Chromosomensatz: art-/unterartabhängig

• Wuchsform: horstbildend

• Keimdauer: 14 Tage

• Blühzeitpunkt: Ende März bis Anfang Mai

Erkennungsmerkmale:

Blatt/Trieb:

• Blattanlage: gefaltet, schwer erkennbar

• Blattscheide: nicht verwachsen, oben offen, im unteren Teil geschlossen, unbehaart

• Blattöhrchen: nicht vorhanden

• Blatthäutchen: sehr kurz, lappenartig geformt und hochgezogen

• Blattunterseite: matt bis schwach glänzend

• Blattspreite: schmal, sehr stark gefaltet, unbehaart, rau, auch weißlich bereift, Blatt aufrecht, Blattrand rau

• Blattfarbe: grün, graugrün bis blaugrün

• Blattform: spitz zulaufend, borstig

• Blattbreite: 1 bis 2 mm

Halm/Blüte:

• Halm: Halme mit meist 2 Nodien, überwiegend aufrecht, Halmlängen bis 90 cm

• Blütenstand: traubige Rispe, 4 bis 12 cm Länge, Seitenäste zur Blüte waagerecht abgespreizt, je 2 Seitenäste auf den oberen Stufen; Ährchen lang gestielt mit 5 bis 9 Blüten, Hüllspelzen lanzettlich, Deckspelzen oval zugespitzt

• Frucht: kurze und dickliche Spelzfrucht, Deckspelze spitz zulaufend, grannenlos oder grannenspitzig, kurze Stielchen, behaart, Spelze mit Karyopse verwachsen und durchscheinend

• Tausendkorngewicht: 0,6 bis 1,0 g

Festuca ovina und die verwandten Arten zeichnen sich durch Robustheit unter extremen Bedingungen aus (geringes Nährstoff- und Wasserangebot, Sandböden, Heidelandschaft) und finden daher vor allem zum Erosionsschutz oder zur Böschungsbegrünung Anwendung. Sie verfügen über ein ausgeprägtes Wurzelwerk, dicht wachsende Triebe mit feinen Blättern und zeigen geringe Wüchsigkeit. Sonnige Standorte werden bevorzugt.

Wie der Rot-Schwingel unterteilt sich der Schaf-Schwingel in mehrere Formen:

Wegen der geringen Wüchsigkeit des Schaf-Schwingels gibt es von diesen Arten nur Rasensorten. Für die landwirtschaftliche Nutzung hat der Schaf-Schwingel keine Bedeutung.

2.1.2.7Festuca rubra subsp.

Rot-Schwingel

• Natürlicher Chromosomensatz: unterartabhängig

• Wuchsform: horstbildend bis weiträumig ausläufertreibend

• Keimdauer: 14 Tage

• Blühzeitpunkt: Anfang April bis Mitte Mai

Erkennungsmerkmale:

Blatt/Trieb:

• Blattrand: glatt

• Blattanlage: gefaltet

• Blattscheide: verwachsen, röhrig geschlossen, oft mit Härchen, weißliche Längsrippen, an der Trieb-/Halmbasis häutig, rötlich bis rotbräunlich und oft zerfasert

• Blattöhrchen: fehlend

• Blatthäutchen: sehr kurz, hochgezogen

• Blattunterseite: leicht glänzend

• Blattspreite: borstig, gerippt mit bis zu 7 Rippen, leicht gefaltet, im Querschnitt gekielt, sortenabhängig bereift

• Blattfarbe: breites Grünspektrum bis dunkelgrün, auch graugrün, wintergrün

• Blattform: linear, parallelrandig, zugespitzt, borstig

• Blattbreite: 1,0 bis 4,5 mm

Halm/Blüte:

• Halm: Halme glatt, oft bogig aufsteigend, bis 110 cm lang, 2 bis 3 Nodien

• Blütenstand: lockere, aufrechte etwas überhängende Doppeltraube oder Rispe bis 13 cm Länge, untere Stufe der Hauptachse mit je zwei unterschiedlich langen Seitenästen, nur zur Blütezeit ausgebreitet; Ährchen lanzettlich und oft violett gefärbt mit 4 bis 6 Blüten, Hüllspelzen lanzettlich, 1- bis 3-nervig, Deckspelzen gewölbt und meist kurz begrannt, 6 bis 20 mm lang

Abb. 2.11 Festuca rubra (aus LAY et al. 2016).

• Frucht: meist 4 bis 6 mm lange Spelzfrucht, Deckspelze an den Rändern mit kurzen Härchen besetzt und Spitzengranne, die dunkle Karyopse durchscheinend, das 1 bis 2 mm lange Stielchen oben knopfförmig verdickt, Karyopse dunkelbraun

• Tausendkorngewicht: 1,0 bis 1,5 g

Festuca rubra unterteilt sich in mehrere Unterarten und ist in zahlreichen Rasenmischungen zu finden. Rot-Schwingelarten sind äußerst feinblättrig und besitzen dadurch einen hohen Zierwert. Sie bilden eine sehr dichte feine Narbe und wirken unkrautverdrängend. Durch die dichte Narbe neigt diese verstärkt zur Filzbildung. Die Belastbarkeit ist sortenabhängig unterschiedlich ausgeprägt.

Die Unterteilung erfolgt in:

2.1.2.8Lolium perenne L.

Deutsches Weidelgras (auch: Ausdauerndes oder Englisches Weidelgras)

• Wuchsform: horstbildend mit zahlreichen Trieben, Schnitt fördert die Bestockung

• Keimdauer: 5 bis 7 Tage

• Temperaturoptimum Wachstum: 20 bis 25 °C

• Blühzeitpunkt: nach Kurztag und einer Vernalisationsphase unter 7 °C gefolgt von Langtag über 12 Stunden, sortenabhängig Mitte April bis Ende Juni

Erkennungsmerkmale:

Blatt/Trieb:

• Blattanlage: gefaltet

• Blattscheide: verwachsen, an der Basis rötlich gefärbt

• Blattöhrchen: fehlend, nur bei jungen Blättern vorhanden

• Blatthäutchen: kurz mit glattem Rand, bis 2 mm lang, farblos

• Blattgrund: triebumfassend

• Blattunterseite: glatt, stark glänzend

• Blattspreite: gerieft bis 8 Rippen, ohne Doppelrille, unbehaart

• Blattfarbe: grün bis dunkelgrün, wintergrün

• Blattform: nahezu linear, zur Spitze schmaler werdend

• Blattbreite: Rasensorten 1,8 bis 5,5 mm

Halm/Blüte:

• Halm: feine glatte Halme, am Grund rötlich gefärbt, 2 bis 4 Nodien, viele Bestockungstriebe, häufig abgeknickt, an den Nodien bilden sich vielfach Wurzeln aus, die vor allem bei Belastung zu einer dichten Grasnarbenbildung beitragen, Halmlängen bei Rasensorten bis 80 cm

• Blütenstand: locker bis dicht besetzte zweizeilige Ähre bis 24 cm Länge und aus 13 bis 26 Ährchen bestehend; Ährchen mit 15 bis 20 Blüten liegen der Ährenachse mit der schmalen Seite an (anders bei Quecke!), oberstes Ährchen (Gipfelährchen) mit 2 Hüllspelzen, die halb so lang wie das Ährchen sind, 5- bis 7-nervig, übrige Ähren mit nur einer Deckspelze ohne Granne, allenfalls treten bei einigen wenigen Sorten grannenspitzige Pflanzen auf mit Grannenlängen von 1 bis 2 mm, Ährchen ungestielt, 6 bis 22 mm lang

Abb. 2.12 Lolium perenne L. (aus LAY et al. 2016).

• Frucht: Spelzfrucht (5 bis 7 mm), Hüllspelze 4 bis 11 mm lang, gewölbt mit schwacher Nervatur, kurze, sehr flache Stielchen vorhanden, Samenfarbe bräunlich

Lolium perenne ist die bedeutendste Gräserart in den gemäßigten Breiten Europas. Mit einem umfangreichen Sortenspektrum von über 1000 EU-weit zugelassenen Sorten für verschiedene Nutzungsrichtungen ist es vielseitig verwendbar. Aus dem Bereich des Futteranbaus ist diese ausdauernde Art nicht wegzudenken und findet überwiegend in Dauergrünlandmischungen Anwendung. Hier sind vor allem ertragreiche diploide und durch Chromosomenverdopplung erzeugte tetraploide Sorten gefragt. Aber natürlich nicht nur unter den Futterpflanzen, sondern auch bei den Rasengräsern fällt den ausdauernden diploiden Weidelgrassorten eine bedeutsame Rolle zu, wobei einige wenige tetraploide Sorten für die Rasennutzung in jüngerer Zeit auf den Markt gekommen sind.

Deutsches Weidelgras bildet bei ausreichend Nährstoff- und Wasserverfügbarkeit eine robuste und dichte Grasnarbe und eignet sich durch seine hervorragende Belastbarkeit und Trittfestigkeit sowie durch seine hohe Regenerationsfähigkeit sehr gut für die Begrünung von Sport- und Spielplätzen, Fairways, Roughs, Parkflächen, als Straßenbegleitgrün oder als Hausrasen. Durch eine kurze Keimphase, ein schnelles Auflaufen und sehr rasche Pflanzenentwicklung findet es überall dort Anwendung, wo Bodenabtrag verhindert werden und eine schnelle Rasenentwicklung erreicht werden soll, z. B. bei der Begrünung von Böschungen, oder wo ein zügiges Schließen von Lücken in der Grasnarbe erfolgen muss, z. B. auf stark beanspruchten Sportplätzen. Deutsches Weidelgras hat eine kurze Winterruhe und treibt im Frühjahr zügig wieder aus.

Neben Lolium perenne findet auch Lolium multiflorum als weitere Lolium-Art Einsatz im Rasen. Es dient als Übersaat im Herbst bis Frühjahr beispielsweise von Sportrasenflächen, wenn die Regeneration der anderen Arten stark vermindert und der Winteraspekt der Flächen wenig ansprechend ist. Es keimt bereits ab 5 °C, hat eine sehr kurze Keimphase und Entwicklungszeit mit zügigem Längenwachstum. Diese Art ist eigentlich ein sehr ertragreiches Futtergras. Es besitzt im Vergleich zu Deutschem Weidelgras ein breiteres Blatt und eine gerollte Blattanlage sowie deutlich begrannte Samen. Sorten dieser Art haben eine geringere Vielschnittverträglichkeit sowie eine weitaus geringere Winterhärte. Es existieren ein einjähriger (Lolium multiflorum var. westerwoldicum; Einjähriges Weidelgras) sowie ein überjähriger Typ (Lolium multiflorum var. italicum; Welsches Weidelgras).

2.1.2.9Poa pratensis L.

Wiesen-Rispengras

• Wuchsform: unterirdische Ausläufer treibend

• Keimdauer: 14 bis 21 Tage

• Blühzeitpunkt: sortenabhängig Mitte April bis Mitte Mai

Erkennungsmerkmale:

Blatt/Trieb:

• Blattanlage: gefaltet

• Blattscheide: verwachsen, in der weiteren Entwicklung aufreißend, anfangs flach, Behaarung kann vorkommen

• Blattöhrchen: fehlend

• Blatthäutchen: sehr kurz, gerade, behaart

• Blattunterseite: schwach glänzend, gekielt

• Blattspreite: ungerieft, mittige Doppelrille, offen, unbehaart bis leicht behaart, Blatt aufrecht

• Blattfarbe: mittel- bis dunkelgrün, auch graugrün, mäßige Winterfarbe

• Blattform: linear, parallelrandig mit Kahnspitze

• Blattbreite: 3 bis 7 mm

Abb. 2.13 Poa pratensis L. (aus LAY et al. 2016).

Halm/Blüte:

• Halm: glatt, aufrecht, rund, unverzweigt, 2 bis 4 Nodien, Länge 35 bis 100 cm

• Blütenstand: pyramidenförmige echte Rispe, Länge 5 bis 15 cm, 3 bis 5 Seitenäste auf den unteren Stufen der Hauptachse, im oberen Bereich weniger Äste; Ährchen 3- bis 5-blütig, 3 bis 6 mm lang, Hüllspelzen zugespitzt, gekielt, 1- bis 3-nervig, Deckspelzen gekielt, 3 bis 4 mm lang, behaart, unbegrannt, an der Basis lange Haare tragend (Rispenwolle)

• Frucht: im Querschnitt dreieckig, grobe Deckspelze gelbbraun mit Haaren am Grund, Vorspelze gekielt, Kiele lang gezähnt, Stielchen kurz und dick, Karyopse nach oben und unten zugespitzt, dreikantig und gelbbraun

• Tausendkorngewicht: 0,2 bis 0,4 g

Poa pratensis ist ein ausdauerndes Gras, das unterirdische Ausläufer bildet, vielseitig Verwendung findet und aus vielen Rasengräsermischungen nicht wegzudenken ist. Durch die Rhizombildung ist es gut geeignet, Lücken in Grasnarben zu schließen. Es bildet nach einer langen Keimphase und Jugendentwicklung dichte Narben, die unter Belastung sortenabhängig mehr oder minder empfindlich reagieren. Das sehr ausgeprägte dichte Wurzelsystem trägt erheblich zur Stabilisierung der Grasnarbe bei. Für die Entwicklung der Pflanzen und ihrer Ausläufer sind lockere Mineralböden und Moorböden ideal, aber auch gut durchlüftete Lehmböden sind geeignet. Wiesen-Rispengras-Sorten sind sortenabhängig anfällig für Blattfleckenkrankheiten, z. B. Drechslera und Rostkrankheiten. Nach dem Winter mit ausgeprägter Winterruhe ergrünen sie durch langsamen Wuchs erst spät im Frühjahr. Eine Besonderheit des Wiesen-Rispengrases stellt seine Vermehrung dar, da sie sexuell (nicht-apomiktisch) durch Befeuchtung und Meiose, aber vor allem überwiegend asexuell (apomiktisch) erfolgen kann. Pflanzen, die aus Samen durch Apomixie entstanden sind, gleichen genetisch der Mutterpflanze. Dabei variiert der Grad der Apomixie sortenabhängig, dieser liegt bei den gängigen Sorten meist über 95 %.

2.1.2.10Poa supina Schrad.

Läger-Rispengras

• Wuchsform: oberirdische Ausläufer bildend

• Keimdauer: bis 21 Tage

• Blühzeitpunkt: ab Ende März

Erkennungsmerkmale:

Blatt/Trieb:

• Blattanlage: gefaltet

• Blattöhrchen: fehlend

• Blatthäutchen: kurz bis mittellang

• Blattunterseite: matt bis schwach glänzend

• Blattspreite: kurz, weich

• Blattfarbe: ganzjährig hellgrün bis gelblich grün

• Blattform: linear, Kahnspitze

• Blattbreite: 2 bis 3 mm

Halm/Blüte:

• Halm: kurze Halme bis 30 cm Länge

• Blütenstand: einästige Rispe, Ährchen mit 2 bis 5 Blüten, Spelzen gekielt

• Frucht: Spelzfrucht

• Tausendkorngewicht: 0,3 g

Poa supina zeichnet sich durch aggressive Ausläufer, sehr gute Schattenverträglichkeit, hohe Belastbarkeit und sehr gute Kältetoleranz aus. Es gedeiht an kühlen nassen Standorten bzw. bevorzugt Standorte mit hoher Wasserverfügbarkeit. Durch seine hohe Konkurrenzkraft wirkt dieses Gras auf einige Arten unterdrückend und bildet nach langsamer Jugendentwicklung sehr dichte und trittfeste Narben. Die Saatgutproduktion ist schwierig und die Erträge sind nur gering.

2.1.3Rasengräserarten wärmerer Zonen (warm-season grasses)

Neben den beschriebenen in Europa verbreiteten Arten, im Englischen auch als „cool-season grasses“ bezeichnet, gibt es vor allem in den USA weitere Arten, die züchterisch bearbeitet werden. Sie gehören zu den „warm-season grasses“ und stammen meist ursprünglich aus tropischen bis subtropischen Gebieten. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht oder nur geringfügig winterhart sind. Fallen die Temperaturen in Bereiche von 0 °C, gehen diese Arten in Dormanz über, d. h. sie verlieren ihre grüne Farbe und stellen das Wachstum ein, oberirdische Pflanzenteile sterben ab. Nach nicht allzu strengen Wintern treiben sie artabhängig im Frühjahr wieder vollständig aus und bilden innerhalb kurzer Zeit eine grüne dichte Narbe. Folgende Arten werden zu den „warm-season grasses“ gezählt:

•Cynodon dactylon (L.) Pers. – Hundszahngras, Bermudagras,

•Zoysia subsp. – Zoysiagras,

•Paspalum vaginatum Swartz – Seashore Paspalum,

•Stenotaphrum secundatum (Walt.) Kuntze – St. Augustingras, Buffalogras.

2.1.4Ungräser

Da Gräser im Allgemeinen im blütenlosen Zustand schwer zu erkennen sind, soll an dieser Stelle nur das bei uns bedeutendste Ungras, die Einjährige Rispe, erwähnt werden:

Poa annua L.

• Wuchsform: horstbildend, aber auch kurze Kriechtriebe

• Keimdauer: 14 bis 21 Tage

• Blühzeitpunkt: während des gesamtes Vegetationszeitraumes

Erkennungsmerkmale:

Blatt/Trieb:

• Blattanlage: gefaltet

• Blattscheide: nicht verwachsen und leicht flach, kahl, unbehaart, am Triebgrund kaum sichtbar, da sich schnell zersetzend

• Blattöhrchen: fehlend

• Blatthäutchen: bis 3 mm lang und weiß

• Blattunterseite: matt

• Blattspreite: kurz, unbehaart, mittige Doppelrille, offen, ohne Riefen, junge Blätter oft quer gewellt, stumpf, weich

• Blattfarbe: hell- bis gelbgrün, durch Blütenstände beeinträchtigt

• Blattform: parallelrandig mit Kahnspitze

• Blattbreite: 2 bis 5 mm

Halm/Blüte:

• Halm: flach bis bogig aufsteigend, kurz, bis 10 cm Länge, 1- bis 2-ästig, permanente Neubildung, 2 bis 4 Nodien, die oft bewurzeln, blütenstandtragende Halme auch unter Tiefschnittbedingungen bei Mähhöhen unter 5 mm

• Blütenstand: lockere einseitige echte Rispe mit nur einem Seitenzweig, die waagerecht ausgerichtet ist; Ährchen mit 3 bis 5 Blüten, oberste Blüte oft weißlich, kleine Hüllspelzen, längere Deckspelzen, grannenlos