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Rund vierzigmal erwähnt Thomas Bernhards "Theatermacher" den kleinen Ort Gaspoltshofen im oberösterreichischen Hausruckviertel. Grund dafür: der dort ansässige Gasthof Klinger, Bernhards Stammlokal. Dort stand zu Bernhards Zeiten Hedi Klinger am Herd, Gastwirtin in vierter Generation. Ihre feine bodenständige Küche wurde vielfach mit Hauben und Sternen ausgezeichnet, ein Höhepunkt war die Ehrung für Verdienste um das "Kulinarische Erbe Österreichs". Heute wird der Gasthof von der nächsten Generation in diesem Geist liebevoll weitergeführt. Willi Klinger hat den Rezeptschatz seiner Mutter gesammelt und kommentiert, von feinen Suppen über Hausmannskost-Schmankerl und große Braten bis zu Hedi Klingers Wildküche und der "Original Klingertorte". Was für ein einzigartiges Juwel der österreichischen Küche hier geborgen wurde, ahnt man spätestens, wenn man erfährt, wie die Belegschaft des Münchner Nobel-Restaurants Tantris zum Betriebsausflug kam, um sich von Hedi Klinger verwöhnen zu lassen. Das Beste daran: Die Rezepte sind ebenso gut wie gelingsicher, viele sind verblüffend einfach und alle gut nachzukochen.
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Seitenzahl: 163
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Mehr als vierzig Mal erwähnt Thomas Bernhard im „Theatermacher“ den kleinen oberösterreichischen Ort Gaspoltshofen. Grund dafür: der dort ansässige Gasthof Klinger, sein Stammlokal. Dort stand zu Bernhards Zeiten Hedi Klinger am Herd, deren feine, bodenständige Küche vielfach ausgezeichnet wurde. Willi Klinger hat die Rezepte seiner Mutter aufgezeichnet, von feinen Suppen über Hausmannskost und große Braten bis zur „Original Klingertorte“: ein Rezeptschatz aus fünf Generationen, wohl erprobt und gelingsicher!
Willi Klinger
Hedi Klingers
KLASSIKERAUS ŌSTERREICH
Fotografiert von Manfred KlimekLandschaftsfotos von Josef NeumayrWein-Tipps von Thomas Klinger
EINE LÄNDLICH NOBLE KÜCHE
HEDI KLINGER:ICH HÄTTE NIE EINKOCHBUCH GEMACHT …
FAMILIENGESCHICHTE
JAUSEN & KALTE VORSPEISEN
SUPPEN
HAUSMANNSKOST
HAUPTSPEISEN
BEILAGEN
MEHLSPEISEN
GRUNDREZEPTE
REZEPTREGISTER
GLOSSAR
DANK
Sofern nicht anders angegeben, sind alle Rezepte für vier Portionen berechnet und Eier in Größe M verwendet worden.
Meine Mutter wollte nie Starköchin sein, sie wollte immer bodenständig und gleichzeitig fein kochen. Ihre klassischösterreichische und im besten Sinne ländlich noble Küche hat sie mehr als drei Jahrzehnte lang in unserem Familiengasthof im oberösterreichischen Gaspoltshofen gepflegt und über die heutigen Köchinnen im Gasthof Klinger, Ursula Heftberger und Eva Sterrer, an die nächste Generation weitergegeben. Im Jahr 2004 wurde sie vom gleichnamigen Kuratorium für ihre Verdienste um das kulinarische Erbe Österreichs ausgezeichnet.
Es hat mich einige Überzeugungsarbeit gekostet, meine Mutter für dieses Kochbuchprojekt zu gewinnen. Sie ist zwar ehrgeizig und gesellig, aber trotz ihres Charismas eine sehr bescheidene Person, die auch als Haubenköchin das Licht der Medien eher gemieden hat. Eines Tages haben wir dann doch begonnen, gemeinsam zu kochen und ihre Rezepte, die sie oft nur aus dem Gefühl heraus zubereitet, genau zu erarbeiten. Am Anfang war das ganz schön anstrengend, denn wie viele gute Köchinnen ihrer Generation ist sie eine kochende Anarchistin, die nicht schematisch vorgeht, sondern ständig improvisiert. Das hat mich manchmal zur Weißglut getrieben und auch zu einigen Grobheiten, für die ich mich an dieser Stelle bei ihr entschuldigen möchte. Das Schöne daran war, dass wir im Laufe der gemeinsamen Arbeit zusammengefunden haben, und dass ich viel mehr Zeit mit ihr verbringen konnte, als wenn es dieses Projekt nicht gegeben hätte. Nebenbei habe ich dabei auch selbst recht gut kochen gelernt.
Was ist nun das Spezielle an Mama Hedis Küche? Am besten zeigen sich ihre geschickte Hand und ihr feiner Geschmackssinn meiner Meinung nach bei den Saucen. Ich habe noch nirgends so feine Saftln zum Schweinsbraten, Kalbsbraten, Rehbraten, Paprikaschnitzel oder zum Brathendl gefunden wie bei ihr. Ein Stück Fleisch gut braten oder schmoren ist erst der Anfang. Der Saft ist die Krux, und wie man den bekommt – ohne Packerl und Dosen versteht sich – zeigen wir in diesem Buch. Mama arbeitet kaum mit vorbereiteten Fonds und Jus. Sie macht das fast alles während des Kochens. Daher gab es bei ihr im Gasthof oft längere Wartezeiten, vor allem, wenn viele unangemeldete Gäste einfielen. Aber zu Hause, wenn man weiß, wann wie viele Leute essen wollen, ist diese Methode ideal. Neben Braten und den klassischen Beilagen hat Hedi ihre persönlichen Zubereitungen für feine Suppen und Salate, für die beliebtesten Schmankerl der oberösterreichischen Hausmannskost und die besten Rezepte aus ihrer Mehlspeisenküche dokumentiert.
Wer also Hedis feine und sehr persönliche Interpretation einer österreichischen Familienküche zu Hause pflegen und vielleicht auch einmal an die nächste Generation überliefern möchte, der wird mit diesem Band seinem Ziel einen großen Schritt näher kommen.
Willi Klinger
Als mein Sohn Willi dann vor drei Jahren mit dieser Idee daherkam, war ich eher skeptisch. „Es gibt schon so viele Kochbücher auf der Welt, da muss ich nicht auch noch eines machen!“, dachte ich. Doch Willi ließ nicht locker und fing an, Rezept für Rezept mit mir durchzuarbeiten. Das war für mich manchmal sehr anstrengend, denn ich koche viel nach Gefühl und weiß außer beim Backen meistens keine exakten Mengen auswendig. Vieles mussten wir erst genau abwiegen. Mir geht das einigermaßen gegen den Strich, weil man beim Kochen manchmal einfach nicht sagen kann, wie viel man von einer Zutat braucht. Jedes Fleischstück ist anders, auch Saucen reagieren nicht immer gleich. Kochen ist eben keine exakte Wissenschaft. Und doch ist es nicht schlecht, etwas genauer zu sein, öfter zu wiegen oder Temperaturangaben zu beachten. Einmal musste ich für die Fernsehsendung „Aufgegabelt in Österreich“ einen Leberbunkel zubereiten, den ich mein ganzes Leben immer wieder gemacht habe. Er wurde immer gut, aber nicht immer gleich. Für dieses eine Mal habe ich alle Zutaten genau abgewogen, und seither gelingt er mir immer perfekt. Irgendwas ist schon dran an genauen Rezepten …
Mag sein, mein Kochbuch dreht sich etwas zu sehr um Fleischgerichte. Das kommt wohl daher, dass wir nach der schweren Kriegszeit und den mageren Jahren danach froh um einen guten Braten mit schönem Saft waren. In diesem Sinn ist unser Kochbuch sicher nicht modern – wobei ich merke, dass die traditionellen Rezepte bei jungen Familien wieder in Mode kommen. Ich sehe es besonders an meinen Enkelkindern. Die lieben Omas Küche, obwohl sie bei den Eltern auch andere kulinarische Richtungen kennen lernen.
Viele Rezepte der österreichischen Familienküche schmecken in einem Privathaushalt besser als im Restaurant, weil man daheim meistens weiß, wann wie viele Personen bei Tisch sitzen. Im Gasthaus mit einer Speisekarte und stark wechselndem Geschäftsgang wie bei uns am Land ist das fast immer ein Problem. Ganz besonders wichtig beim Kochen sind Erfahrung und Übung: Man muss Rezepte mehrfach ausprobieren und dann immer wieder zubereiten, bis man sie richtig beherrscht.
Die Rezepte in diesem Buch sind genau so, wie ich sie koche. Ich verstehe nicht, warum viele Köche aus ihren Rezepten ein Geheimnis machen. Die Gerichte werden ohnehin bei jedem, der sie nachkocht, ein wenig anders ausfallen, weil es im Endeffekt immer auf das Abschmecken ankommt. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Ausprobieren der Rezepte und dass es denen, die Sie bekochen, richtig gut schmeckt.
HerzlichstHedi Klinger
Die Aschach im oberösterreichischen Naturschutzgebiet Steinwand
Meine Eltern wuchsen im oberösterreichischen Hausruckviertel in Nachbarorten als Kinder zweier Gastwirts- und Bauernfamilien auf. Mein Vater, der in Windischgarsten die Hauptschule abgeschlossen hatte und gerne eine höhere technische Schule in Linz besucht hätte, musste nach dem Krieg im elterlichen Betrieb in Gaspoltshofen tagsüber in der kleinen Landwirtschaft und abends im Gasthaus mitanpacken. Meine Mutter, geboren als Hedwig Huber in Aistersheim, hatte als Mädchen während des Krieges nur die Volksschule besuchen dürfen und half von Kind an daheim auf dem Bauernhof mit, zu dem auch eine Gastwirtschaft gehörte. Das Kochen lernte sie von ihrer Großmutter Josefa Liedauer, die als Volontärin im bekannten „Grünen Baum“ in Linz die höheren Küchenweihen bekommen hatte.
Aistersheim, ein 800-Seelen-Ort im oberösterreichischen Hausruckviertel mit einem bekannten Renaissance-Wasserschloss als Hauptattraktion, war früher einmal ein Kurort mit Kaltwasserheilanstalt gewesen. Das dazugehörige Holz-Schwimmbecken kann man heute noch erkennen. Mein Großvater Wilhelm Klinger und sein Bruder, der Müller z’Fading Karl Klinger, haben dort schwimmen gelernt. Ich erinnere mich noch an die Familie Sedlmayer aus Wien, die drei Generationen lang jeden Sommer als Pensionsgäste nach Aistersheim kam. Mutters Großvater Franz Liedauer bürgte in den 1920er Jahren „mit Haus und Hof“ für die Grieskirchner Brauerei und trug damit maßgeblich zur Rettung dieser oberösterreichischen Traditionsbrauerei bei. Ich fuhr als Student noch das eine oder andere Mal zur Hauptversammlung mit.
Die Huberischen sind in gewisser Weise echte Qualitätsfanatiker. Der Bruder meiner Mutter, Johann Huber, der den Hof von meinem früh verstorbenen Großvater übernahm, war ein großartiger Fleckviehzüchter, dessen preisgekrönte Zuchtbullen bis nach Südafrika verkauft wurden. Seine Frau, Tante Christl, galt als beste Schnitzelköchin weit und breit. Viele Jahre hindurch traf sich die Aistersheimer Verwandtschaft alljährlich am Johannstag, dem 27. Dezember, zum weihnachtlichen „Huberschnitzel-Essen“, für mich auch heute noch der Maßstab, wenn es um das beste Schnitzel geht.
Der Gasthof Liedauer (später Huberwirt) in Aistersheim, Hedis Elternhaus, um 1905
Hedi und Willi, um 1957
Obstbäume im Hausruckviertel
Das Ehepaar Schick, Willis Ururgroßeltern
Willi und sein großer Freund, der Sattler Konrad Nowotny
Blick auf Gaspoltshofen, rechts der weiße Silo der Klingermühle
1951 lernte meine Mutter in der ländlichen Hauswirtschaftsschule in Weyregg am Attersee nicht nur viele praktische Fertigkeiten vom Melken bis zum Schafe-Scheren, sondern auch ganz ausgezeichnet kochen. 1956 heiratete sie meinen Vater, der damals auch ein kleines Transportunternehmen führte, und zog zu ihm nach Gaspoltshofen. In den folgenden acht Jahren kamen vier Kinder. Der Gasthof Klinger wurde zeitweise verpachtet, bis meine Eltern ihn 1980 nach einem großen Umbau und substanziellen Investitionen definitiv selbst führten.
Der Gasthof Klinger im oberösterreichischen Hausruckviertel steht am Innbach, der zwischen 1810 und 1816 die Grenze zwischen Österreich und Bayern bildete. Als „Taverne zu Jeding“ war das massive Haus einst Zehenthof und Poststation. Zu den früheren Besitzern gehörten die Stifte Engelszell und Lambach.
1809 zog Napoleon mit seinem Heer am Haus vorbei. Laut mündlicher Überlieferung wurde dabei der „Mühljung“ der gegenüberliegenden Mühle erschossen. Zu den kurzzeitigen Bewohnern des Hauses gehörte ein halbes Jahrhundert später auch der Komponist Wilhelm Kienzl. 1885 kaufte der Müller Karl Schick die Taverne für seine Tochter Maria, die Urgroßmutter des heutigen Besitzers Ing. Wolfgang Klinger. Sie heiratete 1895 Karl Dallinger, und ihre Tochter Friederike Dallinger, meine Großmutter, ehelichte 1931 den Müllersohn Wilhelm Klinger. Nach dem Krieg florierte der Gasthof. Das scharfe Klinger-Gulasch wurde im weiten Umkreis gelobt. Zu überregionaler Bekanntheit als Hausruckviertler Institution stieg der Gasthof Klinger in der nächsten Generation auf.
Willi Klinger sen., mein Vater, ist heute noch als der allseits beliebte Wirt bekannt, bei dem auch der Schriftsteller Thomas Bernhard zum Stammgast wurde. Hedi Klingers feine bodenständige Küche wurde mit Hauben und Sternen ausgezeichnet. Höhepunkt war die Ehrung für Verdienste um das „Kulinarische Erbe Österreichs“ im Jahr 2004. Damals entstand die Idee, ihre individuellen Rezepte der österreichischen Familienküche in einem Kochbuch zu sammeln. Am 1. 1. 2004 übernahmen Wolfgang und Hermi Klinger den Betrieb.
Die Wirtshäuser in den kleinen Dörfern Oberösterreichs hatten früher in der Regel eine Landwirtschaft dabei oder sie waren sogar, wie das Elternhaus meiner Mutter, in erster Linie Bauernhof mit angeschlossener Gaststube. Die Großmutter sah man zumeist auf der Bank am grünen Kachelofen beim Stricken oder Häkeln sitzen, während die anderen im Stall oder auf dem Feld arbeiteten. Verirrte sich tagsüber ein Durstiger ins Lokal, unterbrach sie die Handarbeit und schenkte dem Gast ein. Wenn sich jemand den Luxus eines Paars Würstel leisten wollte, schickte sie schnell ein Kind zum Fleischhauer um ein Paar Debreziner oder Frankfurter und siedete sie. Der Kren steckte üblicherweise im Mostkeller im Sand. Er wurde extra geholt und frisch gerieben. Auch im Gasthof Klinger wurde zuerst nur für die eigene Familie und das Personal gekocht. Ansonsten gab es höchstens Imbisse: Aufschnitt, Wurst in Essig und Öl, Würstel mit Senf und Kren oder in (Gulasch-)Saft. Das teuerste Gericht meiner Oma war das scharfe Rindsgulasch, für das „der Klinger“ weit und breit bekannt war.
Nur zu besonderen Anlässen wurde in einem Wirtshaus am Land groß gekocht. Bei Hochzeiten wurde ein Kalb geschlachtet. Beim Leichenschmaus, der bei uns Zehrung oder Kondukt heißt, wird noch heute gekochtes Rindfleisch mit Semmelkren aufgetragen. Der Bäcker liefert dazu die großen Totensemmeln mit Anis. Sie werden auch Zehrungs- oder Konduktsemmeln genannt und liegen für jeden Trauergast beim Gedeck. Bei derartigen Anlässen kam unser Lokal am Ortsrand seltener in Betracht als die drei Kirchenwirte mit ihren großen Sälen. Richtig gespeist wurde in den Gasthäusern auf dem Land außer bei Hochzeiten und Beerdigungen besonders bei der Wild-, Enten- und Bratenpartie. Das ist ein schöner, auch heute noch da und dort üblicher oberösterreichischer Brauch, bei dem versteckte Kochkünste allgemein zugänglich werden: Jedes Gasthaus, das etwas auf sich hielt, lud an einem Wochenende im Oktober oder November die Bevölkerung der umliegenden Orte, Bekannte und Geschäftspartner zur Partie ein. Dann gab es von Samstagmittag bis Sonntagabend ohne Unterbrechung Enten, Kalbsbraten, Schweinsbraten, Schnitzel und oft auch Wildgerichte. Manch einsame Schenke lief bei solchen Gelegenheiten zu kulinarischer Hochform auf.
Hochbetrieb in der Klinger-Küche
Der Gasthof Klinger vom Gastgarten aus gesehen
Hedi mit der heutigen Wirtsfamilie, Wolfgang, Christiane und Hermi (v.l.)
Besuch beim Hirsch in Wolfsegg (Brandlhof), wo Hedi oft in der Küche aushalf
Blick auf Wolfsegg am Hausruck
In jungen Jahren wurde meine Mutter fallweise als Aushilfe für die Partie in die Wirtshäuser der Verwandtschaft von Wolfsegg bis Haag am Hausruck geschickt. Unter der strengen Führung erfahrener Köchinnen perfektionierte sie an den traditionellen Holzöfen die Kunst des Großen Bratens. Es handelt sich um Gerichte, die man in Restaurants selten in guter Qualität bekommt, weil sie nicht à la minute zubereitet werden können. Bei einer Partie wurde immer auf Verdacht gekocht, denn man wusste ja nie genau, wie viele Portionen bestellt werden würden. Es konnte sein, dass am Nachmittag das Geschäft plötzlich abriss und drei ganze Enten oder ein halber Kalbsbraten zu viel da waren. „Rechtzeitig auslegen!“, sagte die Tante Anna vom Gasthaus Dallinger in Haag am Hausruck, die für ihre Braten bekannt war. „Nachbraten geht nur, wenn man das Fleisch früh genug aus dem Ofen holt.“
Meine Mutter hat viel von der Kochkunst und dem Produktwissen dieser großartigen Frauen, von dieser kulinarischen Kultur, die noch aus der Zeit der Monarchie stammte, in ihre ganz persönliche bürgerliche Gasthaus- und Familienküche integriert.
SUPPENHAUSMANNSKOSTHAUPTSPEISENBEILAGENMEHLSPEISENGRUNDREZEPTE
Kalt, bunt und gut – ein typisches Festmahl in Oberösterreich kannte früher keine Vorspeisen. Es begann traditionell mit einer Rindsuppe mit klassischen Einlagen: Frittaten, Leberknödel, Grieß- oder Butternockerl, Milzschnitten und dergleichen.
Bei privaten Abendeinladungen gab es bei uns meistens kalte Küche. Das Angebot an Delikatessen war in den fünfziger und sechziger Jahren nicht einmal beim damals weit und breit bestsortierten Lebensmittelgeschäft in Schwanenstadt mit jenem heutiger Supermärkte zu vergleichen. Und doch zauberte meine Mutter aus dem begrenzten Zutatenrepertoire köstliche Schmankerl. Manches stammte aus dem für damalige Verhältnisse sehr guten Buch „Kalt, bunt und lecker“, wobei Mama die meisten Rezepte nach ihrem eigenen, feinen Geschmack weiterentwickelte.
Dass „Russisches Ei“ oder auch die „Schinkenrolle mit Spargel“ dann auch in unserem Gasthof zu echten Rennern wurden, lag unter anderem an der phänomenalen Sauce tartare, deren Rezept wir in diesem Kapitel verraten. Erst später kamen auch in Oberösterreichs Restaurants echte Vorspeisen in Mode. Sie sind teils feine Versionen unserer Jausengerichte, teils stammen sie aus internationalen Küchen diverser Epochen.
1 kg Kochkastopfen (Bröseltopfen aus Magermilch)
1 l Vollmilch
30 g Butter
2 TL Salz
Kümmel nach Geschmack
Den „ausgsod’na Kas“ machte bei uns im Hausruckviertel früher fast jede Bäuerin im Haus, so auch die Tante Mirli beim „Pauli z’Pöttenheim“ oder die Tante Christl beim Huberwirt in Aistersheim. Mit etwas Bauernbutter, selbstgebackenem Bauernbrot und einem guten Most, den der Onkel Sepp oder der Onkel Hans aus ihren kühlen Kellern im Krug heraufholten, wurde dieses typische oberösterreichische Jausengericht für uns zur ländlichen Delikatesse.
Heute ist der „Ausgesottene Kas“ gar nicht mehr so ohne weiteres herstellbar, denn man braucht dafür den richtigen Topfen, den sogenannten Kochkastopfen. Hier das Rezept meiner Cousine Maria Riener.
Topfen in eine große Keramikschüssel geben, mit einem Teller zudecken und 2–3 Tage an einen warmen Platz stellen, zum Beispiel an ein sonniges Fenster oder in der Nähe einer Wärmequelle. Während dieser Reifezeit Topfen einmal täglich mit einer Gabel durchmischen. Die Reife ist erreicht, wenn der Topfen leicht gelblich und so klebrig wird, dass die Brösel ineinander fließen.
Ausgereiften Topfen mit Milch, Butter, Salz und Kümmel auf kleiner Flamme unter ständigem Rühren behutsam schmelzen lassen, bis alle Brösel vollständig verschmolzen sind. Kurz aufkochen lassen, in bereitgestellte Schüsseln füllen und auskühlen lassen.
Am besten schmeckt der Kochkas lauwarm mit frischer Butter.
Nach Geschmack mit frisch geriebenem Pfeffer würzen.
¼ l Schlagobers
Kümmel nach Geschmack
200 g Steirerkas oder Glundner
Milch nach Bedarf
Dieses Rezept ist eine jener unspektakulären, aber umso köstlicheren Kreationen, die meine Mutter immer wieder aus dem Ärmel schüttelte, wenn sie sich in Arbeitspausen schnell etwas Gutes tun wollte. Man darf eigentlich gar nicht laut sagen, dass es mit dem in gut sortierten Supermärkten erhältlichen „Steirakas“ am besten gelingt. So wird aus dem recht einfachen Molkereiprodukt im Handumdrehen ein origineller, fein rahmiger Aufstrich, der am besten noch lauwarm als Dip schmeckt, wenn man mit Schwarzbrotstreifen eintunkt.
Schlagobers mit Kümmel aufkochen, 2–3 Minuten kochen. Währenddessen den Steirerkas würfelig schneiden.
Steirerkaswürfel zum Schlag geben. Zurückschalten und stehen lassen, damit der Käse schmilzt.
10 Minuten sanft köcheln lassen. Konsistenz evtl. mit Milch verdünnen. Mit einem Schneebesen glattrühren, nochmals aufkochen lassen und in Formen gießen. Auskühlen lassen und verschließen.
Man kann entweder die ganze Masse in eine größere Schüssel gießen oder kleine Portionsterrinen damit befüllen. Dann hat man pro Gast ein schönes Gedeck für eine Essenseinladung.
250 g mehlige Kartoffeln
Salz
ca. ¼ l Sauerrahm
Schlagobers nach Bedarf
feingehackte Zwiebel, Schalotte oder rote Zwiebel nach Geschmack
Pfeffer
Schnittlauch
Erdäpflkas muss frisch serviert werden, sonst werden die Zwiebeln unverdaulich und bitter. Ein frischer, fein abgeschmeckter Erdäpflkas bereichert jede kalte Jause, eignet sich gemeinsam mit hochwertiger Butter aber auch bestens als Gedeck, wenn es dazu gutes Brot oder Gebäck gibt.
Kartoffeln mit der Schale kochen (nicht zu lang!), auskühlen lassen, schälen und fein reiben.
Über die geriebenen Erdäpfel Salz streuen, Sauerrahm dazugeben, durchmischen.
Nach Bedarf noch etwas Sauerrahm oder Schlagobers einrühren. Zwiebel hinzufügen, gut durchmischen und salzen.
Nochmals durchmischen, mit frisch geriebenem Pfeffer und fein geschnittenem Schnittlauch servieren.
1 kleiner Schlosskäse, gut gereift und zimmerwarm
gleiche Menge Butter, zimmerwarm
Schnittlauch
Käse nach Wunsch entrinden (mein Vater verarbeitete ihn mit Rinde). Käselaibchen und Butter mit einer Gabel zerdrücken und gut vermischen.
Schnittlauch fein schneiden, daruntermischen und ein kleines, rundes Törtchen formen. Eventuell kurz im Kühlschrank anziehen lassen, mit gutem Schwarzbrot servieren.
1 große oder 2 kleine Knoblauchzehen
1 gestrichener EL gehackte Petersilie
1 gestrichener EL gehackter Schnittlauch
½ TL gehackter Majoran (alternativ Thymian)
½ EL Worcestersauce
250 g zimmerwarme Butter
8 g Salz
Pfeffer
Knoblauch fein hacken, mit Kräutern und Worcestersauce unter die Butter mischen. Salz und Pfeffer dazugeben, alles gut durchmischen.
Kleine Rollen formen (z.B. 4 cm stark und 15 cm lang) und in Alufolie wickeln. Enden wurstförmig zusammendrehen, Rollen ins Tiefkühlfach legen.
Will man die Kräuterbutter gleich verwenden, nur kurz anziehen lassen. Tiefgekühlte Kräuterbutter sollte man am Tag vor der Verwendung in den Kühlschrank legen, damit sie taut.
1 Eigelb
1 guter TL englischer Senf
Prise Salz
Pfeffer aus der Mühle
⅛ l Pflanzenöl
In der Praxis eines kleinen Landwirtshauses, in dem alles frisch zubereitet wurde, hat meine Mutter in all den Jahren einige praktische Techniken entwickelt, wie die schnelle Mayonnaise von einem Eigelb, aufgeschlagen in einem Joghurtbecher.
Eigelb in einen Becher geben, Senf hinzufügen, salzen und pfeffern.
Becher im Sitzen zwischen den Knien einklemmen und die Mischung mit einem kleinen Schneebesen kräftig versprudeln.
Nach und nach Öl kreisend in einem dünnen Strahl dazugießen, weitersprudeln, bis die Mayonnaise die gewünschte Konsistenz hat.
HED: „Die Mayonnaise gelingt besser, wenn Eigelb und Öl zimmerwarm verarbeitet werden. Zum Rühren der Mayonnaise eignet sich am besten ein sauberer Joghurtbecher, aber sichern Sie sich ein stabiles Exemplar. Heutzutage sind die mit Karton umwickelten Becher oft gar zu dünnwandig.“
½ EL fein gehackte Petersilie
½ EL fein gehackter Schnittlauch
1 Portion schnelle Mayonnaise (s. S. 26)
1 kleines Essiggurkerl
½ EL Gurkerlwasser
nach Wunsch 1 EL Sauerrahm
Salz
Pfeffer