Herzklopffinale - Bei Abpfiff Liebe - Sina Müller - E-Book

Herzklopffinale - Bei Abpfiff Liebe E-Book

Sina Müller

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Beschreibung

Eine bewegende Geschichte über verloren gegangene Träume und den Mut, dennoch nach vorn zu schauen! Hellen versteht die Welt nicht mehr. Wieso ist ihrem Traummann Kilian Fußball und Sex plötzlich wichtiger als eine Unterhaltung mit ihr? Und was hat der mürrische Barmann Juri an sich, dass sie sich immer mehr zu ihm hingezogen fühlt? Zwischen WM-Spielen und Cocktails findet Hellen heraus, was sie eigentlich wirklich glücklich macht – und Juri spielt dabei eine immer größer werdende Rolle. Denn sie ist sich sicher: Hinter seiner abweisenden Art steckt mehr als ein Kerl, der andere mit seinen Worten verletzt … Ein Fußball-Märchen, das auch das Herz von Nicht-Fans schneller schlagen lässt! Bei Abpfiff Liebe ist der zweite Teil der romantischen Herzklopfen-Reihe. Jeder Teil ist in sich abgeschlossen und kann für sich gelesen werden. Alle Teile der romantischen Herzklopfen-Reihe: Tanja Neise - Elfmeter ins Glück Sina Müller - Bei Abpfiff Liebe Karina Reiß - Fanmeile ins Glück

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2019

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HERZKLOPFFINALE

BEI ABPFIFF LIEBE

SINA MÜLLER

Über das Buch

Hellens Traummann hat neben Sex nur Fußball im Kopf und das Date zum Public Viewing während der WM ist nicht unbedingt das, was sie sich erhofft hat. Erste Zweifel, ob Killian wirklich der Richtige ist, schleichen sich ein, als der mürrische Barmann Juri nach und nach Hellens Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Steckt hinter seiner abweisenden Art mehr als ein Kerl, der andere mit seinen Worten verletzt?

Eine Geschichte über verloren gegangene Träume und den Mut, dennoch nach vorne zu schauen.

Über die Autorin

Viele Autoren fingen früh zu schreiben an. So auch Sina Müller, die mit Vorliebe Spickzettel schrieb und kurze Nachrichte an ihre Freundinnen im Unterricht hin und her schickte. Mit dem belletristischen Schreiben sollte es aber erst später losgehen. Während ihrer Arbeit im Marketing, entdeckte sie ihre Liebe zum Schreiben. Doch die Werbetexterei bietet nur beschränkt Raum für all die Geschichten, die erzählt werden wollen.

Neben der Familie, dem Arbeiten und dem Leben als Autorin, verschlingt sie Bücher, tanzt leidenschaftlich gerne auf Konzerten, klettert und genießt das Leben in vollen Zügen.

An der Schule des Schreibens eignete sie sich das nötige Handwerkszeug an und traute sich 2012 schließlich an die Öffentlichkeit. Beim Panem-Schreibwettbewerb von triboox und dem Oetinger-Verlag sicherte sie sich unter rund 400 Einsendern auf Anhieb den dritten Platz im Expertenpreis.

Herzklopffinale

Bei Abpfiff Liebe

Sina Müller

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.dnb.de abrufbar.

1. Auflage 2018

Copyright © 2018 Sina Müller

Eine Kopie oder anderweitige Verwendung, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sina Müller, c/o Papyrus Autoren-Club, Pettenkoferstr. 16-18, 10247 Berlin

Cover by Karina Reiß

Fotos by depositphotos (Syda_Productions, elaineitalia) und pixabay

Lektorat/Korrektorat: Neise/Reiß

ISBN-13: 9781982989095

Erstellt mit Vellum

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Wie es weitergeht:

Danksagung

Bücher von Sina Müller

Leseprobe zu Herzklopffinale 3

Kapitel 1

27. Juni 2018 - Südkorea gegen Deutschland

»Toooor!«, schreit Kilian so laut, dass ich fast das Radler verschütte, an dem ich mich seit einer halben Stunde festhalte und nur daran nippe, weil es zu einem Fußballabend dazugehört. Und weil das Spiel so spannend ist, dass ich ständig alles um mich herum vergesse.

Ich sollte Kilians Ausbrüche inzwischen gewohnt sein. Aber obwohl Deutschland seit Beginn der Gruppenphase schon einige Tore geschossen hat und auf dem Weg ist Gruppensieger zu werden, zucke ich jedes Mal zusammen.

Ein Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht, denn wenn Deutschland gewinnt und ins Achtelfinale einzieht, wird Kilian gute Laune haben und dann  … Weiter gestatte ich mir nicht, zu denken. Alles in meinem Bauch kribbelt und ich spüre, wie sich Vorfreude darin ausbreitet, auf das, was heute Nacht passieren könnte. Bevor ich mich meinen Tagträumen hingeben kann, richte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf den großen Bildschirm, auf den die Gäste um uns herum starren. Die Jungs der deutschen Nationalmannschaft klatschen sich ab, ihre Gesichter sind schweißüberströmt, die Freude ist ihnen deutlich anzusehen.

Kilian schlingt seinen Arm um meine Schulter und zieht mich eng an sich. Mein Magen tanzt und tatsächlich drückt er mir einen Kuss auf die Wange. Kurz schließe ich die Augen und genieße seine zärtliche Berührung. Viel zu schnell wendet er sich ab und schlägt mit Jimmy ein.

»Ich wusste, dass Brenner das Ei reinhaut!« Kilians schokobraune Augen leuchten und er streicht sich aufgeregt ein paar seiner dunklen Strähnen aus dem Gesicht. Ich kann den Blick kaum von ihm wenden, dabei geht das Spiel bereits weiter.

Ehrlich gesagt verstehe ich nicht viel von Fußball und es käme mir nie in den Sinn, zuhause den Fernseher anzuschalten und ein Bundesliga-Spiel anzuschauen. Aber wenn Joschis Jungs auflaufen, bin ich kaum zu halten. Ich mag die Atmosphäre, die hier im Kickers herrscht. Die Aufregung ist förmlich zu spüren, die Euphorie hängt in jeder Ecke der ansonsten recht unspektakulären, winzigen Kneipe.

Bevor mich Kilian zum WM-Start hierher geschleppt hat, kannte ich den Geheimtipp nicht. Seit zwei Wochen verbringe ich jeden Abend hier, kenne die Stammkundschaft und die Bedienungen wissen inzwischen, was ich trinke.

Natürlich hoffe ich, dass ich durch die gemeinsamen Abende und unsere Begeisterung für die WM Kilian näher komme. Vor ein paar Wochen ist er in die WG nebenan eingezogen und vom ersten Moment an habe ich ein Auge auf ihn geworfen. Erst habe ich ihn absichtlich abgepasst und immer dann etwas im Treppenhaus gesucht oder erledigt, wenn ich vermutet habe, Kilian könnte nach Hause kommen. Als er mich nach ein paar Tagen angesprochen hat, hüpfte mein Herz wie blöde und ich wusste, Kilian ist der eine, auf den ich schon immer gewartet habe. Sein Mund trägt stets ein Lächeln auf den Lippen, seine Augen spiegeln das Funkeln der Sterne wider. Ich liebe die Art, wie ihm seine dunklen Haare in die Stirn fallen. Und die Geste, mit der er sie scheinbar unabsichtlich, nach hinten streicht.

„Verdammt, warum hat immer bei einem Deutschlandspiel Juri Dienst?“, seufzt Kilian und schaut verdrossen auf sein leeres Glas. Inzwischen weiß ich, dass sich Juri nie an die wenigen Tische bemüht. Entweder man kommt an die Bar, oder geht eben leer aus. Es scheint ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass Selbstbedienung herrscht, wenn Juri Dienst hat. Juri. Ich weiß auch nicht so recht, was ich von ihm halten soll. Eigentlich sieht er nicht einmal schlecht aus, hat einen trainierten Body und grüne Augen, was ich an Männern wirklich anziehend finde. Aber um ihn hängt immer diese mürrische Wolke, die alle auf Abstand hält. Gepaart mit seinem Schweigen, das er jedem lautstark entgegenschleudert macht er einen mehr als seltsamen Eindruck. Ich seufze.

„Ich gehe schon“, biete ich mich an. Natürlich würde ich viel lieber das Spiel weiter schauen. Aber zum einen bringen mich die harten Holzstühle langsam um und zum anderen liebe ich es, Kilian eine Freude zu machen.

„Ernsthaft, Hell?“ Sein Lächeln ist sanft. Zärtlich streift er mit seinen Fingern über meine Wange und jagt mir damit einen Schauder über den Rücken. „Danke, Süße“, haucht er und zwinkert mir zu. Bevor ich in seinem Blick versinke, stehe ich auf und laufe auf die Theke zu.

Das Kickers ist keines der neumodischen, schnieken Pubs mit ausgeklügelter Beleuchtung und schickem Mobiliar. Eher erinnert es an ein in die Jahre gekommenes Clubheim. An den Wänden hängen signierte Trikots, Medaillen, Pokale. Alles ist aus schwerem, dunklen Holz, das aussieht, als würde es schon Jahrhunderte hier vor sich hingammeln. Das Einzige, das nahezu modern ist, ist der Bildschirm, der an der holzvertäfelten Wand hängt.

Warum es Kilian ausgerechnet in dieses Loch verschlagen hat, weiß ich nicht. Man munkelt, dass man bis vor Kurzem hier einige der hiesigen Fußballstars antreffen konnte. Und zugegeben, es hat einen ganz eigenen Charme, der auch an mir nicht vorübergeht. Vielleicht weil es mich an das alte Wohnzimmer meiner Großeltern erinnert? Oder an den Partykeller meines Onkels.

„Lässt du mir ein Pils raus. Und ein Radler für mich?“, bitte ich den wortkargen Barmann und drehe ihm den Rücken zu, um das Spiel weiter zu beobachten. Deutschland hat das Zepter klar in der Hand, die Jungs lassen den Ball über den Rasen fliegen und geben den Südkoreanern kaum eine Chance zum Ballkontakt. Zum Glück hat Joschi Vogel in diesem Spiel auf die jungen Wilden gesetzt. Ich mag die kreative Spielweise der Youngsters und die Begeisterung, die sie auf dem Platz zeigen. Natürlich machen sie auch mal Fehler, aber in diesem Spiel scheint es wie am Schnürchen zu laufen.

„Warum trinkst du eigentlich Radler, obwohl du Bier nicht magst?“ Ich blicke mich verwirrt um, weil es das erste Mal ist, dass ich Juris Stimme bewusst höre. Nicht einmal zum Abkassieren öffnet er normalerweise den Mund und sackt nur schweigend das Geld ein. Verwirrt starre ich ihn an. Seine Stimme hallt in meinem Innern nach. Voll und dunkel.

„Was?“, frage ich, weil ich mir sicher bin, dass ich mich verhört habe oder irgendjemand anders in meinem Umkreis etwas gesagt hat. Doch niemand ist in Hörweite, alle haben sich vor den großen Bildschirm gescharrt, um den besten Blick auf das Spiel zu haben.

„Na, warum bestellst du ein Radler? Bei jedem Schluck verziehst du dein Gesicht, als müsstest du Essig kippen.“ Er lächelt mich an und poliert gleichzeitig mit einem Geschirrtuch Gläser trocken. Es ist ein hübsches Lächeln. Nicht so breit wie das von Kilian. Und vielleicht auch nicht ganz so einnehmend. Es ist leiser, schüchterner, aber alles daran ist echt und ehrlich. So als würde er es ganz bewusst einsetzen.

Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung“, erwidere ich. „Dachte, ihr habt nichts anderes.“

„Du hättest fragen können. Oder einen Blick in die Karte werfen …“

Genervt verdrehe ich die Augen. Warum will der Kerl ausgerechnet jetzt Konversation betreiben? Hallo! Da hatte Koray Yilmaz gerade eine mega Chance und was macht Juri? Lenkt mich ab.

„Du hättest mir etwas anderes anbieten können“, gebe ich schnippisch zurück und trommle ungeduldig auf die hölzerne Platte der Theke. Sie ist zerfurcht und inzwischen so dunkel, dass sicher literweise Bier darin hängt.

„Ich hätte dich auch auf einen Drink einladen können, wenn du nicht so zickig wärst. Aber offensichtlich ist dein Name Programm. Hell. Wer bitte lässt es zu, dass ein Kerl sie Hölle nennt?“

Unwillkürlich halte ich die Luft an und kneife die Augen zusammen.

„Pass auf, dass ich nicht gleich Feuer spucke“, rufe ich empört aus. Was nimmt sich dieser Fremde raus? Wieder huscht dieses Lächeln über seine Lippen und ich weiß nicht, wie er es macht, es besänftigt mich.

„Heaven würde besser zu dir passen“, sagt er achselzuckend, stellt das blank polierte Glas unter den Zapfhahn und lässt Bier hineinlaufen. Ich will schon aufstöhnen, denn bereits von Kleinauf habe ich dank meiner blonden Locken den Spitznamen Engelchen innegehabt. „Deine Augen …“ Er fuchtelt mit den Händen vor meinem Gesicht herum. „Sie haben die Farbe des Sommerhimmels vor einem Gewitter“, spielt er auf das Grün-grau meiner Iris an. Andere hatten weniger freundliche Beschreibungen meiner ungewöhnlichen Augenfarbe gefunden und sie mit einem modernden Tümpel verglichen. „Also, was möchtest du trinken?“

Er stützt sich auf dem Tresen ab und durchbohrt mich mit einem eindringlichen Blick. Ich halte inne, will sehen, was sich hinter dieser Fassade verbirgt, die er so geschickt einsetzt.

„Tooor“, hallt es durch die Kneipe. Um uns herum herrscht helle Aufregung. Auch mein Herz flattert haltlos in meiner Brust, aber das liegt wohl eher daran, dass ich gefangen bin. Von Juris Blick. Von der seltsamen Stimmung, die zwischen uns hängt und ich nicht weiß, was ich davon halten soll. Ich könnte mich umdrehen und denken, er sei ein Blödmann, der mich aus Langeweile anmachen will. Könnte ihm meine Meinung sagen, dass er mich gefälligst in Ruhe lassen soll. Aber ich stehe einfach nur da und starre ihn an.

„Hell“, höre ich Kilian rufen. Wehmütig wende ich mich von Juri ab und drehe mich zu meinen Freunden. „Komm!“ Kilian winkt aufgeregt und schaut in der nächsten Sekunde bereits wieder auf den Bildschirm.

„Er hat nach dir gepfiffen.“ Juri klingt spöttisch. Er knallt das Bierglas auf den Tresen und schenkt mir ein aufgesetztes Lächeln. „Lauf schnell, bevor du noch Ärger bekommst, Heaven!“

Ich starre ihn mit offenem Mund an. Gerade noch hat mein Herz geflattert. Da habe ich etwas gespürt, das mir so unbekannt war. Doch jetzt ist da nichts als eine ferne Erinnerung, ein dumpfes Gefühl. Blödmann! Mein Herz rast, als ich mir das Glas schnappe und ohne einen Blick zurückzuwerfen, auf meinen Platz zugehe.

Mit bebendem Herzen quetsche ich mich an einigen Leuten vorbei, die maulen, weil ich ihnen die Sicht versperre. Aber das ist mir egal.

„Du nimmst nichts?“, will Kilian wissen. Ich zucke mit den Schultern. Wie soll ich ihm sagen, dass ich es keine Sekunde länger bei diesem seltsamen Kerl ausgehalten habe?

Unwillkürlich huscht mein Blick zum Tresen. Die Arme auf der massiven Holzplatte abgestützt, schaut Juri gedankenversunken in eine nicht vorhandene Ferne. Es scheint, als würde ihn das Spektakel auf der Leinwand überhaupt nicht interessieren. Ein trauriger Zug um seinen Mund lässt ihn verbittert erscheinen. Und das ist er wahrscheinlich auch. Warum sonst sollte er so gemein sein? Schließlich klopft er einmal auf das harte Holz und verschwindet im Hinterraum.

Ich seufze und versuche das seltsame Gefühl abzuschütteln, das der Barmann in mir hervorgerufen hat. Es sollte mir egal sein, ob er die Gäste mit seiner sonderbaren Art vergrault. Aber etwas an ihm hat mich neugierig gemacht.

„Wer hat das Tor geschossen?“, will ich von Kilian wissen, um mich abzulenken und wieder auf das Spiel zu konzentrieren.

„Matze Engler“, gibt er knapp Auskunft und ist voll auf das Geschehen fokussiert. Bei mir ist die Luft raus. Ich lehne mich zurück und aus einem inneren Drang heraus, greife ich nach Kilians Hand. Er lässt es zu, dass ich ihn berühre und so verschlinge ich unsere Finger miteinander. Automatisch ziehen seine Finger kleine Kreise auf meinen Handrücken. Gleich geht es mir schon besser und ich verfolge, wie der Ball über den heiligen Rasen rollt.

„Kommst du noch mit zu mir?“, will Kilian wissen. Wir stehen wie zwei Teenager auf dem Flur, als wüssten wir nicht, wohin wir gehören. Rechts geht es in die Jungs-WG, in die Kill zu Beginn des Sommersemesters eingezogen ist. Links liegt die Wohnung meiner Eltern und somit mein Zuhause. Kilian dreht eine meiner blonden Lockensträhnen um seinen Finger und hat offensichtlich Spaß daran gefunden, meine Haare zum Springen zu bringen.

„Dachte, du wolltest das Spiel noch einmal anschauen?“, necke ich ihn und streife meine Haare nach hinten, weil es mich immer nervt, dass alle besessen auf meine Engelspracht sind. Nachdem Deutschland mit dem heutigen 4:1 gegen Südkorea als Gruppensieger ins Achtelfinale eingezogen ist, hat es für Kilian nur ein Thema gegeben: Fußball. Er hat das Spiel mit seinem Freund Jimmy Minute für Minute analysiert.

Man merkt den beiden in ihren Diskussionen an, dass sie Ahnung haben. Schließlich haben sie von klein auf zusammen im Verein gespielt, wie ich in den letzten Tagen während ihrer Gespräche herausgehört habe. Auch heute habe ich ihren Ausführungen gelauscht, mich mit Jenna - Jimmys Freundin - über ihre Ernsthaftigkeit lustig gemacht und die beiden zum Stöhnen gebracht, weil wir die Nationalspieler nicht nach ihrer Spielqualität, sondern ihrem Aussehen beurteilt haben. Als wir die Hotties nach einem Six-Pack-Index bewertet haben, ist allerdings Schluss mit lustig gewesen und die Jungs haben unsere Unterhaltung ständig durchkreuzt und letztlich sogar gänzlich torpediert.

Es ist ein lustiger Abend gewesen mit viel Alkohol, guter Stimmung und dem einen oder anderen Kuss. Diese Zuneigungen würde ich zu gerne noch vertiefen. Und Kilians Blick nach zu urteilen, geht es ihm nicht anders.

„Du bist so heiß, Hell“, haucht er und beugt sich zu mir. Seine Lippen treffen auf meinen Mund. Doch sein Ausspruch macht es mir unmöglich, die zärtliche Berührung auszukosten und in seinem Kuss zu versinken. Hölle, wiederhole ich in Gedanken. Heaven würde besser zu dir passen.

Unwillkürlich löse ich mich von Kilian und schiebe ihn von mir. Ich senke den Blick und schaue auf den Fußabtreter vor der WG Tür. „Einbrechen lohnt sich hier nicht - Versuch‘s beim Nachbarn“, steht darauf und ein Pfeil deutet auf unsere Tür. Ob das meine Eltern lustig finden?

Mein Herz rast und ich bin hin und hergerissen. Das hier fühlt sich ganz und gar verkehrt an. Dabei ist es doch genau das, wovon ich seit Wochen träume.

„Ich … Ich bin müde. Ich gehe besser schlafen“, murmele ich und krame meinen Schlüssel aus der Jackentasche.

„Och nö, echt jetzt? Erst heißmachen …“ Kilian atmet tief ein und streicht mir über die Wange. Ich hebe den Blick. Sein Lächeln wirkt aufgesetzt, seine Augen schimmern gierig. Alkohol spiegelt sich darin. Und die Aussicht darauf, Sex zu haben. So leicht bin ich allerdings nicht zu bekommen. Heute nicht.

Die Beziehung zwischen Kilian und mir ist kompliziert. Und seltsam. Bis vor ein paar Tagen ist die Basis unserer Freundschaft Sex gewesen. Wir schliefen miteinander - gingen aber nicht zusammen aus. Fast schon habe ich gedacht, er will mich seinen Freunden nie vorstellen. Mit der WM ist alles anders geworden. Vielleicht liegt es daran, dass ich gerne Fußball schaue. Oder er eine Trophäe braucht, die er seinen Freunden präsentieren kann. Vielleicht haben wir aber auch eine neue Ebene erreicht. Dennoch glaube ich, dass er nichts Festes will. Im Gegensatz zu mir.

Bedauernd lächle ich. „Schlaf schön“, flüstere ich zum Abschied und hauche ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen. Als ich die Tür hinter mir geschlossen habe, lehne ich mich von innen dagegen. Mein Kopf fällt in den Nacken und ich schließe die Augen, um mein rasendes Herz zu beruhigen.

Was ist in mich gefahren? Ich bin nahe dran gewesen, Kilian endlich für mich zu gewinnen. Ihn enger an mich zu binden und ihm zu zeigen, dass ich diejenige bin, die er will. Nicht nur im Bett. Okay, ob mir das gelingt, indem ich wieder mit ihm schlafe, sei mal dahingestellt. Aber bei seiner guten Laune wäre es nicht ganz abwegig gewesen, die Nacht bei ihm zu verbringen. Und nicht nur ein paar Stunden.

Aber an was denke ich, statt die Chance zu nutzen? An die Worte eines Typen, den ich nicht einmal kenne. Der völlig schräg und seltsam ist und sich in Sachen einmischt, die ihn nichts angehen. Der unhöflich und verbittert ist und aus dem Nichts heraus Menschen beleidigt und verletzt. Mich verletzt.

Ich seufze und stoße mich ab. Müde schlurfe ich in die Küche und lasse den Hahn so lange laufen, bis das Wasser eiskalt ist.

Gierig trinke ich ein volles Glas und versuche damit, den schalen Geschmack aus meinem Mund zu waschen. Den Geschmack von Bier, den ich - wie Juri richtig festgestellt hat - überhaupt nicht mag.

Juri - schon wieder spukt er in meinem Kopf herum. Argh! Mit diesem spöttischen Ausdruck in den Augen scheint er zu belächeln, dass Kilian genau so mit mir umspringt, wie ich mich nie behandeln lassen wollte. Ich möchte nicht das Mädchen für eine Nacht sein. Auch nicht für viele. Ich möchte den ganzen Kerl. Nicht nur seinen Körper. Haut und Haare reichen mir nicht. Ich will seine Seele.

Vielleicht sollte ich Kilian deutlicher zeigen, was ich mir wünsche. Was ich mir von all den Abenteuern im Bett erhoffe.

Mein Handy vibriert und ich ziehe es aus der Tasche, um nachzuschauen, wer sich gemeldet hat. Kilians Namen prangt über der kurzen Nachricht:

-Wenn du es dir doch anders überlegst, weißt du ja, wo du mich findest. CU Hell! -

Enttäuscht lasse ich das Handy sinken. Ich mache mir nicht einmal die Mühe, meinen Bildschirm zu entsperren und ihm zu antworten. Zu schwer wiegt die Gewissheit, dass ich nichts weiter für ihn bin als ein schneller Fick.

Kapitel 2

30. Juni 2018, Achtelfinale: Uruguay - Portugal

Außer, dass die südländischen Spieler beider Mannschaften optisch einiges zu bieten haben, interessiert mich das heutige Spiel wenig. Ich habe mich dennoch von Kilian breitschlagen lassen, mitzukommen. Nachdem ich am Mittwoch so schnell die Flucht ergriffen habe, plagte mich das schlechte Gewissen.

---ENDE DER LESEPROBE---