Highway to Ataraxia - Florian W. Huber - E-Book

Highway to Ataraxia E-Book

Florian W. Huber

4,8

Beschreibung

In vierzehn Geschichten führt uns der Philosoph und Songwriter Florian W. Huber in diesem Buch auf den Highway to Ataraxia, vorbei an mythologischen Landschaften, lyrischen Hainen und philosophischen Lichtungen. Aus dem Inhalt: 8samkeit, Am Rand, Odysseus' Heimkehr, Singende Asche, Kairos, Dendrosophie, Wunschgold, Anamnesis, Panta Rhei, Am Ende ein Tor, Spirit Shares!, Selbstfreundschaft, was ist das?, Highway to Ataraxia, Flussendlich

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Für Therese und Anna,

für die sich der Kreis

schon wieder geschlossen hat

Inhalt

8samkeit

Am Rand

Odysseus‘ Heimkehr

Singende Asche

Kairos

Dendrosophie

Wunschgold

Anamnesis

Panta Rhei

Am Ende ein Tor

Spirit shares!

Selbstfreundschaft, was ist das?

Highway to Ataraxia

Flussendlich

Was ist Glück?

Suche den Ort, an dem

Einsicht und Aussicht eins sind

F.W.H.

Es ist schön, eine Ahnung zu haben. Ahnen heißt, nicht wissen und gerade darum macht es die Tore weit. Ahnung hieß – beim Schreiben dieses Buchs – einem Gespür nachzugehen, das sich seinen Weg so bestimmt zwischen Verstand und Gefühl hindurch gebahnt hat, dass es einfach nicht zu überhören war. Worte und Bilder, die im Gefolge solch eines Gespürs einhergehen, versucht man zu zähmen. Man bündelt sie und treibt sie zu Papier, um ihre Botschaft zu verstehen. Man nagelt sie fest, um mit ihnen reden und sie wieder und wieder befragen zu können, solange bis man eine ihrer möglichen Botschaften verstanden hat.

Geschichten, Gedanken und Meditationen dieser Natur sind in diesem Buch versammelt. Es sind Stege, Fragmente, freche Augenblicke, die nicht wissend sein wollen, sondern einfach nur so beharrlich an den Geist herangetreten sind, dass sie nicht anders zu zähmen waren, als sie niederzuschreiben. Sie verlangten nach Form, nach Leben. Spiegel wollten sie sein, Triebkraft und Elixier! Mögen Sie uns die weltliche Reise auf dem Highway to Ataraxia sinnlich verkürzen!

Florian W. Huber im Januar 2014,

als der Winter einen Frühling gebar

8samkeit

Was ist denn das wichtigste Werkzeug einer Philosophin?«, wollte Laura wissen. Doch Sophia antwortete ihr nur mit einem Lächeln.

»Was ist?«, setzte Laura nach. »Ist das eine blöde Frage?«

»Nein. Im Gegenteil«, gab Sophia lächelnd zurück. Und Laura spürte, dass es von Herzen kam.

»Wie soll ich das verstehen?«

»Nun ja, es ist die Antwort.«

»Du meinst, eine Frage zu stellen ist das wichtigste Werkzeug einer Philosophin?«

Sophia nickte. »Vielleicht nicht unbedingt irgendeine Frage. Aber, so könnte man das in etwa sehen. Einige mögen vielleicht behaupten, dass die Sprache an sich das wichtigste Werkzeug einer Philosophin ist. Aber das setze ich einfach voraus. Sprechen tun wir ja fast alle. Aber wie wir sprechen, entscheidet möglicherweise darüber, wie wir die Welt sehen. Und eine Möglichkeit, die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, ist eine Frage an das Leben zu stellen?«

»Ja, aber ich stelle keine Frage an das Leben, sondern ganz konkret an dich.«

»Gehöre ich denn nicht zu deinem Leben?«

»Doch, natürlich, ich meine ...«

»... es ist eben keine Selbstverständlichkeit.«

»Ja, so ist es. Dass wir beide uns hier unterhalten, ist vielleicht kein Zufall. Ich denke, es ist die Antwort darauf, womit wir in Beziehung treten, was wir in der Welt ansprechen.«

»Und was uns anspricht!«

»Genau!«

»Aber wie stellen wir fest, was uns anspricht? Gibt es dafür ein Kriterium? Ich meine, wie entscheidest du, auf welchen Menschen du zugehst und auf welchen nicht?«

»Hm. Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich glaube, ich entscheide es aus dem Bauch heraus.«

»Du meinst, dein Stoffwechsel entscheidet, auf wen du zugehst?«

»Nein, so hab ich das nicht gemeint. Obwohl, bei manchen Begegnungen rumort es schon etwas kräftiger in meinem Bauch«, gab Laura feurig zurück.

»Ich weiß. Aber was ist dann das Bauchgefühl?

»Ist es nicht das, was wir als Intuition bezeichnen?«

»Möglicherweise.«

»Ich meine, Intuition heißt doch ›Anschauung‹, oder?«

»Ja, ›unmittelbare Anschauung‹ oder ›Betrachtung‹.

»Gut. Und was betrachten wir dabei?«

»Ich würde sagen das, was uns anweht. Ein Gefühl, eine Wahrnehmung, ein Gedanke, eben etwas, das stark genug ist, sich in unser Bewusstsein zu schieben.«

»Also eine zufällige Wahrnehmung?«

»Nun, ich glaube nicht, dass Wahrnehmung so ganz zufällig ist. Ich denke, es ist mehr eine Frage der Resonanz.«

»Und woher kommen die Gegenstände unserer Wahrnehmung? Ich meine, wem gehören all die Gedanken und Gefühle, die wir wahrnehmen?«

»Das ist eine schwierige Frage. Einige würden wohl sagen, dass es dort draußen einen Kosmos voller Ideen, Vorstellungen und Gedanken gibt, und wenn wir etwas wahrnehmen, dann deswegen, weil uns gerade etwas davon anweht.«

»Kannst du mir ein Beispiel geben?«

»Nimm das Einhorn. Wie kommt es denn zu einer Vorstellung von einem Tier, das es so in unserer Welt nicht gibt?«

»Das haben wir uns vermutlich einfach so ausgedacht. Oder vielleicht hat es dieses Tier einmal gegeben und es ist als Idee noch immer im Kosmos repräsentiert.«

»Das ist die Frage! Vielleicht hat es dieses Tier aber auch nie real gegeben und die Vorstellung davon ist eine Art Kollision im Reich der Ideen.«

»Du meinst, der Mensch hat es sich nicht ausgedacht, sondern es ist zufällig im Kosmos entstanden, weil dort die Vorstellung eines Horns und die eines Pferdes ineinander geraten sind?«

»Warum nicht?«

»Aber dann gäbe es ja alle möglichen Kombinationen!«

»Und wer sagt, dass es die nicht gibt? Vielleicht nehmen wir immer nur das wahr, was gerade in Resonanz mit uns ist. Dann wäre im Grunde alles vorstellbar, nur eben im Rahmen unseres Bewusstseins.«

»Ja, vielleicht. Manchmal kann ich mir eben auch etwas nicht genau vorstellen, ich meine, ich habe ein Gefühl, kann es aber nicht näher beschreiben und dann spreche ich mit jemandem, der es sich vorstellen kann, und wenn dieses Gefühl bei ihm stark genug ist, kann ich es auch empfinden.«

»Das ist Sympathie. Eure Gedanken und Gefühle spielen zusammen.«

»Dann leben wir in einem kreativen Kosmos.«

»Ganz bestimmt.«

»Aber was ist denn nun mit der Intuition? Gehört sie auch in die philosophische Werkzeugkiste?«

»Ich würde sagen, ja, aber eben nicht nur. Ich denke, das wirklich Philosophische an der Intuition ergibt sich erst im Wechselspiel mit dem Denken. Intuition und Reflexion sind Bewegungen ein und derselben Haltung.«

»Das musst du mir erklären!«

»Nun, ich stelle mir sie als Acht vor, die in meinem Körper von oben nach unten ihre Schleifen zieht und umgekehrt. Es ist ein ständiger Prozess, wenn ich bewusst in die Anschauung gehe. Ich nehme ein Gefühl wahr und versuche, es gleichzeitig einzuordnen, es von einer anderen Warte aus zu betrachten. Ich muss es nicht gleich bewerten, aber eben noch einmal von einer anderen Perspektive aus sehen. Wenn der Impuls sehr stark oder so anders ist als das, was ich kenne, müssen solche Gefühle schon einmal die Meerenge des Zweifels passieren, sie hängen dann gewissermaßen in der Warteschleife. Das klappt nicht immer, aber das Wechselspiel zwischen Intuition und Reflexion ist auch kein Zustand, sondern ein Prozess, der vermutlich so lange in uns webt, wie wir atmen.«

»Das nennt man dann wohl Intelligenz. Wir lernen aus Erfahrung und erfahren gleichzeitig, was Lernen ist.«

»Ja, das trifft es ganz gut. Intelligenz ist vielleicht zu einem Teil angeboren, aber die Intelligenz, die wir im Leben nutzen, ist die Konsequenz unserer Übung.«

»Du siehst mit dem dritten Auge!«, zwinkerte Laura ihr neckisch zu.

»Und vielleicht höre ich auch mit dem dritten Ohr«, neckte Sophia lächelnd zurück. »Jedenfalls sehe und höre ich mir selbst beim Denken zu und das ist gar nichts Mystisches, eher menschlich. Und: Die Acht spiegelt sich in jede Richtung. Ich kann einen Gedanken haben und beobachte, ob es ein Gefühl dazu gibt, nur um es gleich darauf wieder ins Visier meines Verstandes zurückzuspiegeln. Es ist eine Meditation, in der ich mich auf das konzentriere, was zwischen dem Gefühl und dem Verstand schwingt. Manche nennen es ›Gespür‹. Es ist weder reiner Verstand, noch reines Gefühl. Es liegt irgendwo dazwischen, ohne dabei einen Anspruch an Wahrheit zu stellen. Es ist mehr Wirklichkeit als Wahrheit, eben das, was wirkt.

»Du bist sehr acht-sam, wenn du das sagst«, bemerkte Laura.

»Ja, und ich sehe nichts Schlechtes daran. Ich übe und es übt ständig in mir. Immer wieder fordern mich neue Gefühle und Gedanken heraus. Auch jetzt, wenn ich mit dir spreche. Ich könnte so vieles sagen und doch sage ich nicht alles, was ich denke, weil eben nicht alles in jedem Moment Platz hat. Es achtert gewisser Maßen in mir.«

»Und es ist ansteckend. In mir achtert es nämlich schon genauso.«

»Siehst du, wir sind uns sympathisch.«

»Ja, das stimmt! Und: Ich stelle mir vor, dass sich zwei Menschen wie wir begegnen und wenn jeder von ihnen achtsam mit sich umgeht, strahlt das aus und so schwebt die Acht in jedem für sich und allmählich auch zwischen ihnen.«

»Das ist ein schönes Bild! Ja, soviel ich erfahren habe, hat die Acht nie nur eine Richtung. Sie folgt der Richtung, die sie gerade nährt. Die Acht ist eine kosmische Form. Sie formt uns, während wir unser Gespür beobachten. Sie ist ein Samen, der keimt, wenn wir ihn nur regelmäßig gießen.«

Laura blickte nachdenklich in die Ferne. Sie sah mit einem Mal ein ganzes Feld an Möglichkeiten vor sich stehen.

»Hörst du es auch?«, holte Sophia sie sanft zurück.

»Was soll ich hören?«

»Na, das Wort. Es spielt mit uns! Es ruft.«

»Achtsamkeit?«

»Ja! Vermutlich waren wir in der Evolution einfach mal wieder zu schnell unterwegs und haben dabei ein paar Buchstaben verloren. Aber der Kern ist immer noch hörbar: Acht – Samen – keimt. Das ist die ganze Wahrheit. Die Botschaft steckt immer im Kern, oder?«

»Acht-sam-keit. Ja, das klingt gut. Eine schöne Wirklichkeit.«

»Und nur eine von vielen!«, gab Sophia mit einem Lächeln zurück, während sie sich noch im selben Moment fragte, wem eigentlich das Lächeln gehörte.

Anmerkungen: 1) Die besondere Vorstellung des Gespürs als Form des Gefühls, das sich auf Erfahrung besinnt und mit dieser wächst, findet sich auch bei Wilhelm Schmid 2) Die Theorie, dass hauchdünne Ideen im Kosmos repräsentiert sind, bereits in der Atomlehre Epikurs 3) Der Ausdruck Hören mit dem dritten Ohr stammt von Friedrich Nietzsche und bedeutet zu hören, was Worte nicht sagen. Er wurde später von Theodor Reik aufgegriffen, um die Haltung des Psychoanalytikers in seiner Praxis zu beschreiben.

Am Rand

Bis an den äußersten Rand

Bin ich gegangen

Nur, um zu sehen,

Dass du nicht da bist

Nur, um zu spüren,

Dass du nie da gewesen