Highway to Hope (4) - Christine Feehan - E-Book

Highway to Hope (4) E-Book

Christine Feehan

0,0
10,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Nichts wünscht sich Absinth mehr, als vergessen zu können, aber die Vergangenheit hat ihn und seine Brüder von der Biker-Gang Torpedo Ink fest im Griff. Wenn ihm alles zu viel wird, kommt er in die Bibliothek. Dort sucht er Ruhe – und findet stattdessen Scarlet Foley: klein, rothaarig und von einer geheimnisvollen Aura umgeben. Zwischen den beiden springt sofort der Funke der Leidenschaft über. Doch Absinth ist nicht der einzige, der etwas zu verbergen hat. Die beiden haben sich kaum kennengelernt, da droht ein dunkles Verhängnis aus Scarlets Vergangenheit, sie wieder auseinanderzureißen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 791

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



DASBUCH

Absinth liebt den Geruch alter Bücher, aber das ist nicht der Grund, warum er seit Wochen in der Bibliothek herumlungert. Der wahre Grund heißt Scarlet Foley, ist klein, rothaarig und raubt ihm Sinn und Verstand. Noch bevor er ein einziges Wort mit ihr gesprochen hat, weiß er, dass sie füreinander bestimmt sind. Die Einwände seiner Biker-Gang will er dabei nicht hören. Es ist offensichtlich, dass Scarlet etwas verbirgt und nicht die ist, für die sie sich ausgibt, aber Absinth ignoriert seine Vorahnung. Zwischen ihnen lodert eine Leidenschaft, wie er sie noch nie gespürt hat, und auch Scarlet kann sich dem nicht entziehen. Eigentlich kann sie sich derartige Gefühle gerade absolut nicht leisten, aber der dunklen Eleganz und dem rauen Charme Absinths erliegt sie augenblicklich. Noch weiß sie nicht, dass er zur berüchtigten Torpedo Ink-Gang gehört und dass Blut an seinen Händen klebt ...

DIEAUTORIN

Christine Feehan wurde in Kalifornien geboren, wo sie heute noch mit ihrem Mann und ihren elf Kindern lebt. Sie begann bereits als Kind zu schreiben und hat seit 1999 mehr als siebzig Romane veröffentlicht, die in den USA mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet wurden und regelmäßig auf den Bestsellerlisten stehen. Auch in Deutschland ist sie mit den »Drake-Schwestern«, der »Sea Haven-Saga«, der »Highway-Serie«, der »Schattengänger-Serie«, der »Leopardenmenschen-Saga« und der »Shadows-Serie« äußerst erfolgreich.

CHRISTINE FEEHAN

HIGHWAY TO

HOPE

Roman

Aus dem Amerikanischen

von Nicole Hölsken

WILHELMHEYNEVERLAG

MÜNCHEN

Die Originalausgabe DESOLATION ROAD erschien erstmals 2020 bei Berkley, Penguin Random House LLC, New York

Der Verlag behält sich die Verwertung des urheberrechtlich geschützten Inhalts dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Vollständige deutsche Erstausgabe 12/2024

Copyright © 2020 by Christine Feehan

Copyright © 2024 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Veröffentlicht in Zusammenarbeit mit The Berkley Publishing Group,

a Division of Penguin Random House LLC

Redaktion: Anita Hirtreiter

Umschlaggestaltung: © Nele Schütz Design unter Verwendung von

© Shutterstock Arthur-studio10, sergey causelove, Sundry Photography

Satz: KCFG – Medienagentur, Neuss

ISBN 978-3-641-31307-4V001

www.heyne.de

Für Carol Cridge. Der hier ist für dich.

1. Kapitel

Aleksei »Absinth« Solokov liebte Bücher. Er liebte ihren Geruch. Ihren Anblick. Die Informationen, die er darin fand. Und ganz besonders die Orte, die er durch sie besuchen konnte. Bei mehr als einer Gelegenheit hatten ihm Bücher das Leben gerettet. Ursprünglich war er hergekommen, weil er Ruhe und Frieden brauchte, den Geruch und die Worte. Und wieder einmal hatten ihm die Bücher einen ebenso unerwarteten wie spektakulären Fund beschert. Doch obwohl er kaum glauben konnte, dass ihm ein solches Geschenk zuteilwurde, brachte er es nicht fertig, sich einfach wieder abzuwenden und zu verschwinden.

Er saß an seinem Lieblingsplatz, genau vor den höchsten Regalen. Der Tisch war kleiner und weniger einladend, da der Gang hier so eng und vollgestopft war. Er wurde nicht gern gestört. In die Bibliothek ging er, um eine Atempause vor dem beständigen Ansturm der Gedanken und Gefühle anderer zu bekommen. Mit seiner Stimme konnte er seine Mitmenschen beeinflussen, und manchmal vermochte er der Versuchung, allen zu befehlen, fünf Minuten lang weder zu denken noch zu sprechen, kaum zu widerstehen. Wie gern hätte er sich einmal normal gefühlt, obwohl er es nicht war! Er wollte sehen, ob er sich irgendwo einfügen konnte, wusste jedoch, dass es ihm nicht gelingen würde. Er musste auf eigenen Füßen stehen, aber das war unmöglich.

Sein kleiner Tisch, der hinter den höheren Regalen beinahe verborgen war, bewahrte ihn nicht nur vor unerwünschter Gesellschaft, sondern bot ihm direkten Ausblick auf den Platz der Bibliothekarin, an dem sie Bücher auslieh, Leseempfehlungen gab und manchmal – sogar ziemlich häufig – Teenagern bei ihren Hausaufgaben half. Er kam jetzt seit über einem Monat her. Genau genommen seit sechs Wochen. Und beobachtete sie bloß. Wie ein verdammter Stalker. Die Bibliothekarin. Sie war verflucht sexy, weshalb er sich wunderte, dass es hier nicht vor alleinstehenden Männern wimmelte – denn sie war Single. Das hatte er unter anderem herausgefunden.

Bei seinem ersten Besuch in der Bibliothek hatte er seine Colors nicht getragen. Eigentlich mehr, um anonym zu bleiben, als aus irgendeinem anderen Grund – zumindest redete er sich das ein. Manchmal hatte er eben einfach so eine Vorahnung. Und wenn es mal wieder so weit war, dann handelte er entsprechend. Eine dieser Vorahnungen hatte ihn auch damals beschlichen – jenes Gefühl, das ihm schon so oft das Leben gerettet hatte –, also hatte er seine Kutte abgelegt und die Bibliothek betreten, auch wenn er sich ohne seine Abzeichen ein wenig nackt vorgekommen war.

Trotz der Narben, mit denen sein ganzer Körper bedeckt war, wollte er keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Immerhin blieben sie unter dem T-Shirt, das sich über seiner Brust spannte, verborgen. Man sah lediglich seine Arme mit den Tattoos, die nur für ihn eine Bedeutung hatten und für niemanden sonst. Mahnmale an seine verstorbene Familie und an die Kinder, die diesen Albtraum seiner Vergangenheit nicht überlebt hatten.

Auch jetzt trug er seine Abzeichen immer noch nicht, und zwar aus demselben Grund. Dennoch kam er sich vor wie ein Betrüger, denn immerhin war er Torpedo Ink. Seine Clubfarben waren auf seinen Rücken tätowiert, aber das war nicht alles. Sie gingen ihm unter die Haut und waren ihm bis ins Mark gedrungen. Er wusste mit absoluter Gewissheit, dass er nicht ohne seinen Club leben konnte – oder wollte. Torpedo Ink war ein Teil von ihm. Seine Identität. Seine Existenz. Seine Familie. Sein eigenes Leben und das seiner Brüder und Schwestern waren unwiderruflich miteinander verwoben.

Sie waren wie ein alter Wandteppich, und nichts konnte sie auseinanderreißen. Trotzdem hatte er nun das Gefühl, sie verraten zu haben. Sich davonzustehlen. Die Mitglieder gingen nur selten allein fort, und schon gar nicht sechs Wochen lang jeden Tag. Und ein solch langer Zeitraum ohne ihre Colors war erst recht nicht denkbar. Das gehörte sich einfach nicht. Genauso gut hätte er nackt herumlaufen können. Er hatte keine Ahnung, warum er diesen Ort für sich behielt …

Aber das tat er. Es lag an der Bibliothekarin. Dem kleinen Rotschopf. Ihre Bewegungen waren wie Poesie. Sie floss dahin wie Worte über die Seiten eines Buches. In einem Augenblick konnte sie eine Lady in einem historischen Roman sein, die Hand eines Gentlemans ergreifen und graziös aus einer Kutsche steigen; im nächsten war sie eine moderne Frau, die im Business-Kostüm und mit Aktentasche bewaffnet die belebte Straße hinabschritt. Oder eine sexy Bibliothekarin in einem geraden Bleistiftrock, der sich an ihre Kurven schmiegte und ihn auf allerlei verruchte und plastische Ideen brachte. So stellte er sich vor, wie er sie nach Feierabend, wenn die Bibliothek sich geleert hatte, über ihren Schreibtisch beugte.

Dennoch ließ dieses Gefühl, lieber anonym zu bleiben, seine Identität zu verheimlichen, sodass niemand eine Ahnung hatte, was oder wer er war, sich nicht abschütteln, während er das Geheimnis der Frau zu entschlüsseln versuchte, die diese Bibliothek so effizient leitete.

Er war wieder da. Oh. Mein. Gott. Der atemberaubendste Mann auf der ganzen Welt, und er war gerade von der Straße hereingekommen, selbstbewusst, als ob ihm die Bibliothek gehörte. Als sei sie sein Zuhause und als kämen täglich atemberaubende Männer herein. Er war groß und kräftig, hatte breite Schultern, eine muskulöse Brust und ebensolche Arme. Wirklich fantastische Arme. Muskeln. Wirklich fantastische Muskeln. Scarlet Foley verbrachte jede Menge Zeit damit, diese Muskeln lüstern anzustarren. Und dann all diese köstlichen Tattoos. Wer hätte gedacht, dass sie ausgerechnet auf Tattoos stehen würde, nachdem sie früher nie allzu viel davon gehalten hatte?

Sein dichter blonder Haarschopf fiel ihm in die Stirn, sodass es ihr in den Fingern juckte, so gern hätte sie es ihm zurückgestrichen. Seine Augen waren außergewöhnlich. Blau. Und auch wieder nicht. Eher kristallblau. Und auch wieder nicht. Wie zwei richtig coole Kristalle. Sie konnte sich nicht entscheiden. Wenn sie gerade mal nicht seine Muskeln anstarrte oder sich auf seinen faszinierenden Mund konzentrierte, fragte sie sich, wie man seine Augen beschreiben sollte. Dabei konnte sie sonst so gut mit Worten umgehen.

Sie wusste, dass sie seine Nähe nicht suchen sollte. Seine Gegenwart raubte ihr den Atem und machte sie sprachlos. Wenn sie Freundinnen gehabt hätte, wäre sie jeden Abend nach der Arbeit zu ihnen gegangen, um ihnen die legendären Fotos zu zeigen, die sie heimlich von ihm machte wie eine verrückte Stalkerin. Ihre Freundinnen hätten dann in der Bibliothek vorbeigeschaut, um ihn leibhaftig in Augenschein zu nehmen, und hätten wie Schulmädchen dabei gekichert.

Stattdessen verhielt sie sich ihrer Rolle als Bibliothekarin gemäß. Würdevoll. Versteckte sich hinter der Brille, die sie eigentlich gar nicht brauchte. Diese Rolle beherrschte sie perfekt. Kein Kichern. Keine heimlichen Fotos, die man mitten in der Nacht anschauen konnte, von denen man träumen und so tun konnte, als hätte man tatsächlich eine Art Liebesleben. Schlimmer noch: Mittlerweile kramte sie jedes einzelne Spielzeug hervor, das einer alleinstehenden Frau zur Verfügung stand, ohne dass irgendetwas davon half, weil er einfach allzu gut aussah und weil nichts auf der Welt dem tatsächlichen Erlebnis gleichkommen konnte. Aber solange er weiterhin in die Bibliothek kam, würde sie sich auch weiterhin ein paar Tagträume gönnen. Das konnte ihr niemand verwehren.

Er mochte Science-Fiction. Und las Psychologisches. Keine Ratgeber, sondern richtige Fachliteratur. Außerdem verschlang er jede Menge obskure Fachbücher über die ägyptischen Pyramiden. Über ihre Konstruktion. Das wusste sie, weil sie jede einzelne seiner Bewegungen beobachtete und ihm manchmal dabei half, die Werke zu finden, nach denen er suchte. Aus der Nähe duftete er nach Sandelholz, und nachts, wenn sie allein war, wollte ihr dieser Geruch nicht mehr aus dem Sinn gehen. Sie wusste, dass sie ihn immer mit ihm in Verbindung bringen würde. Mann. Muskeln. Und Sex. Und Schlimmeres.

Ja. Es wurde schlimmer, denn mittlerweile kannte sie seinen ganzen Körper. Es war nicht ihre Schuld gewesen. Eigentlich hatte sie gar nicht vorgehabt, ihn dermaßen genau zu mustern. Sie hatte sich darauf konzentriert, den Blick immer nur oberhalb der Brust zu halten. Aber dann hatte sie ihm das Buch gereicht, und ihr Blick war unwillkürlich weiter herabgesunken, und da war es … in all seiner Pracht. Hart wie ein Fels. Das volle ultrabeeindruckende Paket. Ab dann konnte sie diesen Anblick also ebenfalls abends mit ins Bett nehmen. Und offen gestanden war es ätzend, dass der Mann nicht ebenfalls bei ihr im Bett lag.

Oft bat er sie mit seiner faszinierenden Stimme um Hilfe, wenn er nach einem bestimmten Buch suchte. Weich wie Samt. Sie hätte schwören können, dass sie die Berührung auf ihrer Haut spürte. Dass sie fühlen konnte, wie seine Worte sie streichelten. Eine körperliche Empfindung. Dann überlief sie stets ein kleiner Schauer, begleitet von einem höchst unangemessenen Flattern im Unterbauch. Nun, da sie wusste, wie gut er bestückt war, geriet ihr Blick immer wieder auf Abwege, sodass ihre Höschen häufiger feucht wurden, als sie es sollten. Sie verlor ihre Selbstachtung. Völlig. Doch das konnte sie nicht daran hindern, weiterzumachen.

So hatte sie noch nie auf einen Mann reagiert, nicht auf dem College und auch nicht auf ihren Reisen in andere Länder. Seine Stimme war stets leise, sehr sanft, aber gebieterisch, und sie hörte einen leichten Akzent unter der englischen Aussprache heraus, den sie nicht einordnen konnte. Noch nie hatte sie eine derartige Stimme gehört, dabei war sie viel in der Welt herumgekommen. Er war ein vollkommener Gentleman, und doch ging etwas außerordentlich Gefährliches von ihm aus. Sie hatte durchaus schon bedrohliche Männer kennengelernt und hätte ihn sofort in dieselbe Kategorie eingeordnet, jedoch ohne zu wissen, warum. Er wirkte, als würde er sich in Anzug und Krawatte wohler fühlen als in lässiger Kleidung. Und sah in seinen Klamotten immer aus wie ein Model.

Sie hatte viel Zeit – zu viel Zeit –, um an ihn zu denken, wenn sie von der Bibliothek nach Hause ging, wo sie sich sodann allein in ihren Lehnsessel setzte, umgeben von ihren Büchern und wenig anderem. Er war der schnellste Speed Reader, den sie je getroffen hatte, und sie wusste, dass er tatsächlich so schnell las. Zuerst hatte sie geglaubt, dass er diese Fähigkeit bloß vortäuschte, aber mit der Zeit erkannte sie, dass er die Bücher tatsächlich nicht nur las, sondern auch deren Inhalt erfasste.

Das beeindruckte sie. Sie hatte selbst einige Speed-Reading-Kurse belegt und sich letztlich an den Rat des schnellsten Lesers der Welt gehalten und aus dessen Büchern gelernt. Eine rasche Auffassungsgabe hatte sie schon als Kind gehabt. Und je mehr Zeit sie einer Aufgabe widmete, umso schneller lernte sie. Diese Gabe nutzte sie weidlich aus, wodurch sie sie immer weiter verfeinerte.

Irgendwann hatte sie ihn absichtlich berührt. Beim ersten Mal hatten sich lediglich kurz ihre Finger gestreift, als sie ihm ein Buch reichte. Ehrlich gesagt war sie sich gar nicht sicher, ob er oder sie für diesen ersten Kontakt verantwortlich war. Aber das Gefühl würde sie Zeit ihres Lebens nicht mehr vergessen. Der Funke an ihrem Finger hatte jede einzelne Nervenendung in ihrem Körper entzündet, hatte sich wie ein Buschfeuer in ihr ausgebreitet und sie zum Leben erweckt, als hätte sie vorher ihr Leben lang geschlafen – oder wäre tot gewesen.

Und tot war sie tatsächlich gewesen. Sie hatte sich bewusst dazu entschieden. Es war notwendig gewesen, sich von ihrer wahren Identität loszusagen und in die Person zu verwandeln, die sie sein musste. Seither ging es für sie nur noch um das reine Überleben. Bis zu dem Tag, an dem er die Bibliothek betreten hatte. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte, doch sie begehrte ihn. Andererseits hatte sie sich geschworen, sich niemals – auf gar keinen Fall – noch einmal auf so etwas einzulassen. Sich in eine Lage zu bringen, die die Dunkelheit in ihr erneut entfesselte. Aber obwohl sie am eigenen Leib erfahren hatte, welche Folgen das haben konnte, vermochte sie einfach nicht aufzuhören, an ihn zu denken … ihn zu begehren.

Ihn zu berühren war gefährlich, doch anscheinend konnte sie auch da nicht widerstehen, wie sehr sie es auch versuchte. Jede Berührung brachte etwas Neues hervor. Zwar konnte sie nicht zu ihm vordringen, Schicht für Schicht seiner äußeren Hülle entfernen, um zu seinem Kern vorzudringen, wie es ihr bei anderen Männern gelungen war, aber dennoch gab es da ein so starkes Band zwischen ihnen, das sie unwiderruflich miteinander verwob. Sie wusste, dass es kein Zurück gab. Immer wenn er ihr nahe kam, brachte er ihre harte Fassade zum Schmelzen, die im Grunde so gar nicht ihr selbst entsprach. Dann fühlte sie sich einen Moment lang lebendig, authentisch – und verletzlich.

Im Augenblick saß er in ihrer Bibliothek, was sie außerordentlich verstörend fand. Und nicht für möglich gehalten hätte. Eigentlich hatte sie geglaubt, im Hinblick auf das andere Geschlecht eiskalt zu sein, doch in seiner Nähe fing sie sofort Feuer. Lodernd. Heiß wie die Hölle. Offenbar hatte sie nicht grundlos rote Haare, und der Grund war nicht ihr Temperament. Okay, das vielleicht auch. Sie war noch zu keinem Schluss gekommen, wie sie im Hinblick auf Mr. Aleksei Solokov empfand. Das jedenfalls war der Name auf seinem Bibliotheksausweis. Sie wusste nicht, ob das Erwachen ihres Körpers ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Ob derlei Träume Fluch oder Segen waren. Es gab vieles, worüber sie nachdenken musste, aber zum Nachdenken hatte sie ja auch jede Menge Zeit.

»Miss Foley?«

Ruckartig fuhr ihr Kopf in die Höhe, und sie stieß explosionsartig die Luft aus. Seit Jahren war es niemandem mehr gelungen, sich unbemerkt an sie heranzuschleichen. Doch während sie Aleksei Solokov lüstern anstarrte, hatte sie die erste Grundregel in Überlebenskunst gebrochen. Langsam wandte sie sich um. Sie wusste bereits, wer dort stand, hatte den Sprecher an seiner Stimme erkannt.

»Hi, Tom.« Er war sechzehn und bemühte sich verzweifelt darum, seinem Alter gemäß lesen zu lernen. Sein Englischlehrer war keine große Hilfe, da er ihm Aufgaben stellte, die weit über sein geistiges Fassungsvermögen hinausgingen. Es machte Scarlet wütend, dass der Mann sich nicht mal die Mühe machte, dem Jungen zu helfen.

»Ich hatte gehofft, dass du heute vorbeischauen würdest. Ich habe jede Menge Zeit, dir zu helfen.« Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.

Die Miene des Jungen entspannte sich vor Erleichterung. »Danke, Miss Foley.«

Mit einer Handbewegung dirigierte sie ihn zu dem Tisch hinüber, an dem sie häufig miteinander arbeiteten und an dem sie sich am wohlsten fühlte. Von dort aus konnte sie sämtliche Fenster im Auge behalten, blieb jedoch den Blicken der anderen ebenso verborgen wie der Junge, dem sie Nachhilfe gab. Vorsichtshalber war sie stets auf der Hut, damit keiner der Teenager ihretwegen in Gefahr geriet. Sie verschob die To-dos, die für heute noch anstanden, und setzte sich, um Tom bei seinen Hausaufgaben zu helfen. Für ihre eigenen Belange blieb bis zum Feierabend dann immer noch genug Zeit.

Die Bibliothekarin hatte sich wieder in Bewegung gesetzt, was Absinths Aufmerksamkeit erregte. Mittlerweile war es schon spät, und sie begleitete den Jungen, dem sie bei seinen Englisch-Hausaufgaben geholfen hatte, zur Tür, wo sie ihm versicherte, dass er mit jedem Aufsatz besser werde und sie stolz auf ihn sei. Ihr Gang war der einer Frau, die sich zur Wehr setzen konnte, selbst wenn sie einen Stapel Bücher trug. Stets im Gleichgewicht. Das war ihm beinahe sofort an ihr aufgefallen. Wenn man so kaputt war wie er selbst, versuchte man stets, abzuschätzen, wer besonders streitbar war. Unter dieser sexy und geschniegelten Fassade einer Bibliothekarin verbarg sich eine Frau, die sich behaupten konnte.

Die Haare hatte sie zu einem komplizierten Twisted-Knot Bun hochgesteckt, aber er hatte schon zweimal gesehen, wie sie es nach der Arbeit gelöst hatte. Es schimmerte leuchtend rot. Eine andere Beschreibung gab es für diese Farbe nicht. Und dieses Rot war keineswegs künstlich. Wie ein Wasserfall aus echter, dichter roter Seide fiel es ihr über die Schultern. Sobald sie es offen trug, ließ es sich nicht mehr zähmen. Es schlängelte sich ihren Rücken bis hin zu ihrer Mitte herab, wobei es die Aufmerksamkeit darauf lenkte, wie schmal ihre Taille und ihr Brustkorb waren und wie voll und fraulich ihre Hüften. Sie hatte einen ausgeprägten Hintern und hoch aufragende, feste, sehr üppige Titten. Fast hätten ihre Rundungen darüber hinwegtäuschen können, wie fit sie war.

Absinths Körper reagierte auf noch nie dagewesene Weise auf sie. Normale Erektionen kannte er nicht. Die waren ihm als Kind durch Schläge und Vergewaltigungen ausgetrieben worden. Um eine Erektion zu bekommen, musste er seinem Körper geradezu befehlen, zu kooperieren, und warum hätte er sich ausgerechnet an diesem Ort diese verdammte Mühe machen sollen? Darum war es beinahe Magie, hier in der Bibliothek zu sitzen – in dieser ruhigen und friedlichen Umgebung – und zu spüren, wie sein Körper auf den Anblick einer schönen Frau reagierte. Er genoss das Gefühl und wusste, dass er es nie für selbstverständlich halten würde – obwohl es sich jedes verdammte Mal einstellte, wenn er sie ansah.

Nach den ersten Reaktionen dieser Art hatte er versuchsweise diverse Bars und sogar den Markt besucht, in der Hoffnung, dass sein Körper, nun, da er wieder zum Leben erwacht war, auch auf jemand anders so reagieren würde. Aber anscheinend konnte das nur diese kleine Bibliothekarin mit den leuchtend roten Haaren bewirken. Er hatte nichts dagegen. Denn er mochte sie. Ihm gefiel, dass sie so sanft und ruhig war – so geduldig zu den Jugendlichen, die in die Bibliothek kamen, um hier Hilfe bei ihren Hausaufgaben zu bekommen. Falls ihr auffiel, dass der Prozentsatz an Jungs erheblich größer war als der an Mädchen, machte sie keine große Sache daraus. Ihre Stimme war stets sanft und melodisch, aber gemäß den Bibliotheksregeln gedämpft.

Nachdem sie also jetzt den Jungen nach draußen begleitet hatte, wandte sie sich um und sah ihn geradewegs an. Ihren Gesichtsausdruck konnte er nie so recht deuten. Stets achtete er darauf, sie nicht zu lange zu berühren. Er wollte ihre Gedanken nicht lesen. Dafür genoss er ihrer beider Tanz viel zu sehr. Sie war fasziniert, aber nervös – fast ängstlich –, was er ebenfalls interessant fand. Bei jedem anderen war sie die Ruhe selbst. Dass er einem Motorradclub angehörte, wusste sie nicht. Daran konnte es also nicht liegen.

Sie kam auf ihn zu, schwebte ihm geradezu entgegen. Atemberaubend. Wunderschön. Ganz Frau in süßer Verpackung. Ihr Name gefiel ihm. Auf ihrem Namensschild stand Scarlet Foley, und vor dreieinhalb Wochen hatte sie sich ihm offiziell vorgestellt. Es hatte einige Zeit gedauert, ehe sie tatsächlich mal mit ihm gesprochen hatte. Am Anfang hatte sie ihn bloß angelächelt, war aber nie in seine Nähe gekommen. Selbst jetzt verhielt sie sich äußerst reserviert.

»Sie sind schon seit Stunden hier. Recherchieren Sie wieder? Vielleicht könnte ich Ihnen helfen«, bot sie an. »Obwohl wir bald schließen.«

Er sah sich um. Die Bibliothek war leer. Es war definitiv bald Feierabend. Also beschloss er, es zu wagen. »Ich bin länger geblieben für den unwahrscheinlichen Fall, dass Sie Zeit hätten, mit mir zu Abend zu essen. Nichts Besonderes, ich hatte an das Restaurant gegenüber gedacht.« Er deutete auf das eher gehobene Lokal auf der anderen Straßenseite.

Die Lage der Bibliothek gefiel ihm. Sie befand sich in einer Gegend, in der es ruhiger war als auf den meisten Straßen der Stadt. Überall üppiges Grün, und sogar die Front und die Seitenmauern der Bibliothek waren von Efeu bewachsen, das an der Backsteinmauer herabzutropfen schien und sich wie ein Wasserfall vom ersten Stock bis zum Erdgeschoss ergoss. Alles an diesem Ort wirkte kühl und einladend.

Scarlet stand reglos da, während ihre großen grünen Augen hinter der Brille ausgiebig sein Gesicht studierten. Einen Moment lang wirkte sie verängstigt. Nein, das war nicht das richtige Wort. Eher argwöhnisch. Das Risiko abwägend? Er war sich nicht sicher, aber auf jeden Fall packte sie die Gelegenheit nicht gleich beim Schopf. Absinth schwieg, ließ ihr für die Entscheidung Zeit. Er wollte, dass sie sich in seiner Gegenwart sicher fühlte – und er wünschte sich, dass sie auch wirklich Zeit mit ihm verbringen wollte, ebenso wie er mit ihr. Nur sie beide. Einfach bloß in dem Lokal gegenüber essen zu gehen, während ihr Auto ganz in der Nähe stand, war doch der perfekte Start.

»Klingt gut«, sagte sie endlich. Beinahe widerstrebend.

Er konnte hören, wenn jemand log. Sie sagte die Wahrheit, und dennoch war da etwas, das er nicht recht definieren konnte. Zum tausendsten Mal warf er einen Blick auf ihre Hand, um sich davon zu überzeugen, dass sie keinen Ehering trug. Keiner da. Auch keine schwache, helle Linie, die ein Hinweis gewesen wäre, dass sie einen getragen hatte. Sie hatte sehr helle Haut. Ein paar Sommersprossen sprenkelten ihre Nase und breiteten sich links und rechts daneben aus, ganz schwach, aber trotzdem überfiel ihn die unerwartete Lust, jede einzelne davon zu küssen.

»Ich warte hier auf Sie, während Sie abschließen, dann können wir zusammen rübergehen«, verkündete er. Es war keine Frage. Wahrscheinlich wäre es ihr lieber gewesen, wenn er die Bibliothek als Erster verlassen hätte. Nie ging sie in Begleitung einer anderen Person hinaus, auch nicht, wenn einer der Teenager länger blieb. Das war in den sechs Wochen, seit er herkam, noch kein einziges Mal vorgekommen. Immer blieb sie noch lange danach an der Tür stehen, scannte die Straße, die Gebäude und sogar die Dächer.

Ihre kleinen weißen Zähne vergruben sich kurz in ihrer Unterlippe, und sein Herz setzte fast einen Schlag aus. Er hatte keine Ahnung, warum er das sexy fand, aber so war es nun einmal. Sein Körper regte sich, und Hitze brauste durch seine Adern wie eine Droge. Wieder einmal senkte sie unwillkürlich die Lider, als könne sie nicht widerstehen. Wie sehr er das verdammt nochmal liebte! Nur eine Sekunde lang ruhte ihr Blick auf der Wölbung unter seiner Jeans, sodass sein Schwanz sogar noch härter wurde. Dann wurde sie rot und sah wieder fort. Er musste sich ein Grinsen verkneifen.

»Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen. Sie könnten uns schon mal einen Tisch sichern, dann stoße ich gleich zu Ihnen.«

Ja. Sie wollte mit niemandem gesehen werden. Eindeutig eine red flag. Er hielt sein Handy hoch. »Ich schicke dem Restaurant eine Nachricht, damit man uns einen Tisch reserviert. Ich habe mir das Lokal vorhin angesehen, daher weiß ich, dass es dort ein paar Zweiertische gibt. Sie liegen ein wenig abseits und im Dunkeln, aber wenn Sie lieber im Hauptbereich sitzen wollen …«

»Nein, ein Tisch für zwei Personen klingt genau richtig.«

Wie schnell sie zugestimmt hatte. Ein wenig zu schnell. Sie wollte nicht mit ihm gesehen werden. Fuck.

»Ich schreibe das Lokal also an, und Sie schauen, dass Sie fertig werden.«

Wieder zögerte sie, doch dann wandte sie sich mit kurzem Nicken ab. Er sah ihr nach, während sie zu ihrem Schreibtisch zurückkehrte. Die Reservierung hatte er bereits zuvor vorgenommen. Wenn sie abgelehnt hätte, hätte er sie einfach gecancelt. Er behielt sie im Auge und notierte sich dabei demonstrativ ein paar Fakten aus dem Nachschlagewerk, das er vor sich liegen hatte. Ehrlich gesagt musste er gar nichts aufschreiben. Er vermochte über zwanzigtausend Worte pro Minute zu lesen und in sich aufzunehmen. Er behielt alles, was er sah oder las. Doch das war nicht seine einzige besondere Gabe. Mithilfe seiner Stimme konnte er andere beeinflussen, sie dazu bringen, seinen Einflüsterungen zu folgen. Manche seiner besonderen Fähigkeiten erwiesen sich als Fluch, egal, was die anderen davon hielten. Die meisten sogar. Vielleicht aber auch nur wegen der Art und Weise, wie er sie hatte einsetzen müssen.

Ohne die übrigen Mitglieder von Torpedo Ink fühlte er sich unbehaglich, umso mehr, da er nun erkannte, wie nervös diese Frau war. Sie hatten ihre Kindheit überlebt – ebenso wie später die Zeit als Teenager und Erwachsene –, indem sie zusammenhielten. Nie hatten sie einander alleingelassen. Immer waren sie zu zweit oder zu dritt gewesen, um einander zu beschützen. Manchmal blieben die Begleiter eines der Mitglieder im Verborgenen – zum Beispiel mit einem Gewehr auf einem Dach oder irgendwo im Schatten –, aber stets war jemand in der Nähe, auf dessen Rückendeckung man sich verlassen konnte.

Absinth war klar, dass er sich nie allein in die Nähe der Bibliothekarin begeben hätte, wenn ihre Anziehungskraft nicht so stark gewesen wäre. Natürlich sehnte er sich nach der Nähe der anderen aus dem Club. Irgendwann würde er sie bitten müssen, ihn zu dieser Frau zu begleiten, aber dann würde man ihm jede Menge Fragen stellen. Dazu war es noch zu früh. Er wollte, dass dieses erste Zusammensein mit Scarlet Foley authentisch blieb. Und ihr Geheimnis wollte er allein lüften. Wenn er sich der Hilfe seines Clubs versicherte, würde Code auf den Plan treten, und sofort würde Scarlets Leben sich in ein offenes Buch verwandeln. Niemand entrann Codes Fähigkeit, die Vergangenheit einer Person mithilfe seiner genialen Computerkenntnisse zu entschlüsseln. Absinth jedoch bevorzugte die altmodische Art, sich zu unterhalten und einer Frau den Hof zu machen.

Während er mit den Fingern auf den Tisch trommelte, musste er an den Zaren denken, den Präsidenten von Torpedo Ink. Wenn der Zar nachdachte, trommelte er häufig mit den Fingern im Takt dazu. Absinth hatte sich irgendwann bei der gleichen Gewohnheit ertappt und sich nie die Mühe gemacht, sie wieder abzulegen. Zweimal hatte sein kleiner Rotschopf in der Bibliothek ihm einen missbilligenden Blick zugeworfen. Nun trommelte er häufig mit den Fingern auf dem Tisch herum, nur um dieses Stirnrunzeln wieder zu provozieren. Er fand es hinreißend. Sinnlich. Zum Teufel, alles, was sie tat, war sinnlich!

Er wartete, bis sie das Licht ausschaltete, ehe er aufstand und durch den Gang zwischen den hohen Regalen auf sie zuschritt. Sie stieß ihre Tasche vom Schreibtisch, hob sie auf und ließ sie gleich wieder fallen. Absinth griff danach und reichte sie ihr. Das war ganz und gar untypisch für sie, insbesondere, da sie die Tasche nicht aufgefangen hatte, bevor sie noch auf dem Boden auftraf. In den letzten sechs Wochen hatte er beobachten können, wie geschickt sie sonst war, wie sie Dutzende von Büchern oder anderen Gegenständen auffing, sogar wenn andere sie fallen ließen.

Mit kleinlauter Miene nahm Scarlet die Tasche entgegen. »Ich bin ein wenig nervös«, bekannte sie, ohne ihn anzusehen. »Ich gehe nicht allzu häufig aus.«

Das hatte er sich bereits gedacht. Außerdem war er sich ziemlich sicher, dass sie vor irgendjemandem Angst hatte. »Wohnt Ihre Familie hier?«

Er hielt ihr die Tür auf. An Unterhaltungen mit Zivilisten war er nicht gewöhnt, schon gar nicht mit einer Frau, die seinen Schwanz so hart wie einen Diamanten machte, weshalb er befürchtete, nicht mehr richtig laufen zu können. War das nicht eine ganz normale Frage? Eine, die jeder Mann einer Frau bei einem ersten Date stellen könnte? Date. Zum Teufel! Normalerweise ließ er sich nicht auf Dates ein. Im Grunde hatte er in seinem ganzen Leben noch kein einziges Date gehabt.

Sie war zurückgeblieben, ging nicht an seiner Seite. Also blieb er stehen und wartete darauf, dass sie das Gebäude verließ. Scarlet ließ den Blick nach links und rechts über die Straße wandern, ehe sie widerstrebend hinaustrat und ihm gestattete, die Tür hinter ihr zu schließen, ihr die Schlüssel aus der Hand zu nehmen, abzuschließen und sie ihr dann zurückzugeben.

»Nein, aber meine Großmutter hat hier gelebt. Ich habe sie oft besucht. Und wegen der vielen schönen Erinnerungen an diesen Ort bin ich hierher zurückgekehrt und konnte den Job in der Bibliothek ergattern. Was ist mit Ihnen?«

Er schüttelte den Kopf. »Ich komme nicht aus dem Ort, sondern wohne in Caspar, was gar nicht so weit entfernt ist.« Andere hätten das wohl anders gesehen, aber er fand es friedlich, die Strecke auf seinem Motorrad zurückzulegen, und die Straßen waren perfekt für Fahrten zwischen Küste und Inland. Entfernungen spielten für ihn keine Rolle.

Ihr Gesicht leuchtete auf. »In Caspar bin ich schon mal gewesen. Es liegt an der Küste, stimmt’s? Wunderschön ist es dort. Das Meer ist im ständigen Wechsel. An einem Tag ruhig und still, am nächsten wild und aufgewühlt. Sie haben Glück, dort zu wohnen, obwohl es dort vermutlich nicht allzu viele Jobs gibt.«

Hatte ihre Stimme einen sehnsüchtigen Unterton? Er hoffte es. Wie sehr er sich wünschte, dass das Schicksal ihm wohlgesinnt war und ihm dieses Wunder von einem Geschenk gewährte! Er brauchte sie. Sie sollte Teil seines Lebens werden. Er musste nur einen Weg finden, um diesen Wunsch wahr werden zu lassen. Gerade davor hatte er die meiste Angst – sie zu sehr zu brauchen und dadurch eine falsche Beziehung aufzubauen.

Er öffnete ihr die Tür zum Restaurant und hielt schnell nach möglichen Problemen Ausschau, bevor er ihr erlaubte, das Gleiche zu tun, während er sich der Straße zuwandte und sich auch hier noch einmal kurz umsah. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass niemand sie beobachtete, schloss er die Tür und folgte dem fantastischen Hintern seiner Bibliothekarin hinein. Sie trug einen schwarzen Rock mit kleinen weißen Punkten. Der Stoff schmiegte sich an ihre Kurven. Gerade diesen speziellen Rock schätzte er besonders.

Absinth zog die Stuhllehne für sie zurück und ignorierte den Kellner, der aussah, als würde er ihm gleich einen Schlag auf den Kopf verpassen und mit dem Mädchen verschwinden. Wie eine Königin nahm sie Platz und lächelte zu Absinth empor, wodurch sie ihm beinahe den Atem raubte. Was immer sie an sich hatte, wirkte wie ein Aphrodisiakum auf ihn. Ihre kleinen Zähne. Diese vollen Lippen, die wie geschaffen für die schmutzigsten Fantasien eines Mannes zu sein schienen – welche ihn erst plagten, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Früher hatte er vornehmlich unter Albträumen gelitten. Die erotischen, höchst anschaulichen Träume der Gegenwart waren da eine willkommene Abwechslung.

»Trinken Sie gern Wein?« Absinth wusste nicht das Geringste über Wein. Er hätte ihr jeglichen Drink mixen können, den sie sich wünschte, und auch über Bier konnte man reden, aber von Wein hatte er keine Ahnung. Wenn sie Wein liebte, würde er einen Crashkurs darüber belegen. Schließlich würde er nicht allzu lang brauchen, um sich alles Wissenswerte anzueignen.

Sie schüttelte den Kopf. »Eigentlich trinke ich bloß selten Alkohol. Hin und wieder, wenn es richtig heiß draußen ist, nehme ich ein eisgekühltes Bier. Aber abgesehen davon genehmige ich mir nur gelegentlich einen Drink und entscheide mich dann meist für ein typisches Frauengetränk wie einen Cosmopolitan.«

»Ich trinke auch keinen Wein«, bekannte Absinth. »Und wie Sie verzichte auch ich meist auf Alkohol, vornehmlich weil ich ständig wachsam bleiben will.«

»Sie legen nicht mal die Füße hoch, entspannen und trinken zu viel?« Ein Hauch von Belustigung schwang in ihrer Stimme mit. Doch ihre Miene blieb ernst.

Er liebte den Ausdruck auf ihrem Gesicht, wenn sie ihm ihre volle Aufmerksamkeit zuwandte. Nachdem er sicher sein konnte, dass die wenigen Paare, die bereits speisten oder bedient werden wollten, sich nicht im Geringsten für sie interessierten, konzentrierte er sich ganz und gar auf sie.

»Nein, das liegt mir nicht. Obwohl ich durchaus gern mal die Füße hochlege«, gab er zu. »Ich will aufrichtig sein.« Zeit zum Beichten. Über kurz oder lang würde sie es ohnehin herausfinden. »Ich bin nicht besonders gut in dieser Disziplin. Beim Daten weiß ich nie, was ich sagen soll, und wirke letztlich steif und unbeholfen. Ich hoffe, bei Ihnen gelingt es mir, ein wenig lockerer zu sein.«

Dem Blick ihrer grünen Augen konnte er kaum standhalten. Sie schien geradewegs durch seine Schädeldecke in sein Hirn sehen zu können, in dem das Chaos regierte – ihretwegen.

»Ich bin darin auch nicht allzu gut«, erklärte sie. »Vermutlich müssen wir noch einiges dazulernen. Aber ich bin sehr ehrgeizig und lerne schnell. Sehr schnell. Warten Sie.« Stirnrunzelnd sah sie ihn an. »Sie haben nicht gerade einen Ratgeber zum Thema Dating gelesen, oder?«

»Gibt es denn so etwas in der Bibliothek?«

Ihre Wimpern senkten sich kurz herab, dann sah sie wieder auf. Ein kaum merkliches Lächeln spielte um ihre Mundwinkel und beschleunigte seinen Herzschlag. Er ertappte sich dabei, wie er sie anstarrte. Mist. Er hatte schon verloren, bevor er überhaupt anfing, nur weil er einfach nicht aufhören konnte, sie anzustarren.

Sie lachte. »Das erzähle ich Ihnen nicht. Erst werde ich sie alle lesen und mich dann in null Komma nichts in eine atemberaubende Gesprächspartnerin verwandeln und Sie dadurch weit hinter mir lassen.«

In diesem Moment lernte er gleich drei Dinge. Es gab diverse Selbsthilfebücher zum Thema Dating, auch sie war eine Schnellleserin, und ehrgeizig war sie noch dazu. Er grinste schwach, und nachdem er sie mit Argusaugen gemustert hatte, warf er ihr einen kurzen, lüsternen Raubtierblick zu. Gerade lang genug, um zu sehen, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief.

»Also werde ich gleich morgen früh da sein müssen, noch bevor Ihre Schicht anfängt.«

»Sie kennen meinen Dienstplan?« Ihr Lächeln schwand, und ihre Stimme klang unsicher.

Er zuckte mit den Schultern. »Wie hätte ich sonst herausfinden sollen, wann ich Sie ins Restaurant einladen kann? Ich war mehrfach in der Bibliothek, ohne Sie dort anzutreffen, also gab es offenbar tatsächlich einen Dienstplan, und man konnte Sie nur während Ihrer Schicht dort antreffen. Meinen eigenen Dienst habe ich mehrfach mit Freunden getauscht und bin dann von der Küste aus hergefahren. Auf diese Weise habe ich Ihre Arbeitszeiten ermittelt. Ich kam so oft wie möglich her und wartete ab, bis wir den Beweis erbracht hatten, dass eine äußerst vorsichtige Frau einen schüchternen Mann an jedem einzelnen Wochentag umhauen kann.«

»Das haben wir also bewiesen?«

Wie immer ging ihr Lachen ihm durch und durch. Er ertappte sich dabei, wie er sich entspannte. Der Kellner drückte sich abwartend in der Nähe herum, weshalb beide ein schlechtes Gewissen bekamen und die Speisekarte studierten. Sie bestellte ein Nudelgericht und er ein Steak. Als frisch gebackenes Brot serviert wurde, wurde ihm mit einem Mal klar, wie hungrig er war.

»Ich habe Sie ebenfalls beobachtet«, bekannte sie, während sie eine kleine Scheibe Brot mit Butter bestrich. »Sie sind ziemlich faszinierend.«

»Ach ja?«

»Wie Sie lesen. Und sogar, welche Bücher Sie auswählen. Fachliteratur zu beinahe jedem Thema. Drei waren Sprachlehrwerke. Allesamt auf Hindi. Planen Sie eine Indien-Reise?«

Er schüttelte den Kopf. »Ich finde Fremdsprachen großartig. Um mir einen Überblick über ihre Ähnlichkeiten und Unterschiede zu machen, bin ich dabei, die ein oder andere zu lernen. In Indien werden mindestens siebenhundertzwanzig verschiedene Dialekte gesprochen, aber die meisten Einwohner sprechen eine oder zwei der offiziellen zweiundzwanzig.«

»Beherrschen Sie auch noch andere Fremdsprachen?«

»Ja, im Laufe der Jahre habe ich mich so intensiv mit diesem Thema beschäftigt, dass ich mir automatisch ein paar angeeignet habe. Einige spreche ich besser als andere. Sie wissen schon: So wie manche Menschen ein Händchen fürs Handwerkliche haben, so habe ich meine Sprachbegabung. Fremdsprachen liegen mir einfach.«

»Wo haben Sie gelernt, so schnell zu lesen?«

Sie hatte ihn tatsächlich beobachtet. Das gefiel ihm, obwohl es gefährlich sein konnte.

»Ich habe schon in jungen Jahren angefangen zu üben. Jeden Tag, stundenlang. Auch darin habe ich eine besondere Begabung. Mittlerweile lese ich Texte sehr schnell und nehme genauso rasch den Inhalt auf. Allerdings vergeht auch kein einziger Tag, an dem ich nicht übe. Ich liebe Bücher.«

»Wie beeindruckend, dass Sie so früh angefangen haben. Im Internet habe ich einen echt coolen Artikel über Speed-Reading gelesen und darüber, wie man gleichzeitig begreift, was man da liest«, erklärte sie. »Wie witzig, dass Sie sich ebenfalls im Schnelllesen üben. Ich habe vor sieben Jahren damit angefangen. Eine ziemlich praktische Sache, wenn man sich über diverse Themen informieren will.«

»Das und YouTube.«

Sie nickte. »Ja, nicht wahr? YouTube-Videos haben mir schon unzählige Male weitergeholfen. Ich habe ein kleines abgeschiedenes Haus gemietet, das ständig auseinanderzufallen droht. Aber ich als Mieterin bin für die Reparaturen zuständig, also eigne ich mir die entsprechenden Kenntnisse durchs Lesen oder über YouTube an.«

Sie passte so verdammt perfekt zu ihm, dass es ihn schmerzte. Doch es war eine gute Art von Schmerz, nachdem er ein Leben lang nur den der schlechten Sorte erlitten hatte.

»Erzählen Sie mir von dem Jungen, dem Sie so häufig helfen. Tom. Scheint ein netter Kerl zu sein. Was hat er für einen Hintergrund? Sie arbeiten zwar dauernd mit Jugendlichen, aber er scheint einen besonderen Stellenwert für Sie zu haben.«

Sie zuckte mit den Schultern und bestrich ein weiteres Stück warmes Brot mit Butter. Ihm gefiel, dass sie nicht an der aromatischen, gesalzenen Butter sparte, weil sie sich allzu viel Gedanken um ihre Figur machte. Sie war wohlgerundet, und er wollte, dass sie ihre Kurven behielt.

»Ja, er ist tatsächlich ein netter Kerl. Und hat eine tolle Mom. Alleinerziehend. Immerzu am Arbeiten. Sie kam einmal her, um mir dafür zu danken, dass ich ihrem Sohn so viel helfe, und hat mir sogar selbst gebackene Cupcakes mitgebracht. Sie waren köstlich.«

Ihr Grinsen signalisierte ihm, etwas verpasst zu haben. Es war so boshaft, dass sein Schwanz in seiner Hose heftig zu zucken anfing. In diese Frau konnte er sich sogar verlieben. Vielleicht hatte er das ja sogar schon getan. Nachdem er sie sechs Wochen lang angestarrt hatte, hatte sie ihn ganz und gar in ihren Bann geschlagen.

»Während seiner ersten Lebensjahre war er taub. Nach einer Operation erlangte er zwar das Gehör wieder, hatte aber Probleme, Laute korrekt wahrzunehmen. Aus diesem Grund hat er sich beim Lesen und Entziffern von Worten schwergetan. Er fiel zurück, und seine Mutter konnte ihm nicht helfen, weil sie abends arbeitet und nicht bei ihm zu Hause ist.«

Wieder zuckte Scarlet mit den Schultern, doch ihn beschlich das Gefühl, dass sie nicht ganz so lässig war, wie sie zu klingen versuchte. Die Situation dieses Jungen setzte ihr zu.

»Er ist sehr engagiert, braucht aber jemanden, der ihn beim Lernen unterstützt. Manchmal setze ich mich auch nach Feierabend mit ihm zusammen, und so langsam holt er auf. Er wird es schaffen.«

Ihm war klar, dass sie ihn nicht bloß in der Bibliothek, sondern auch regelmäßig privat coachte. Er verkniff sich die Frage, ob sie für die Nachhilfestunden bezahlt wurde. Sie wollte nicht, dass er fragte, was sie ihm nur umso sympathischer machte. Er dippte sein Brot in die Öl-Balsamico-Mischung. »Freut mich, dass der Junge aufholt, und vor allem, dass er lernwillig ist. Denn das ist das Wichtige: der Wille zum Lernen.«

»Sie wissen, dass ich Bibliothekarin bin. Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?«

Er seufzte demonstrativ. »Die Frage habe ich befürchtet. Mein Job ist sehr langweilig. Ich bin Anwalt.«

Sie spannte sich an. Zwar versuchte sie, locker zu bleiben, jedoch erfolglos. Offensichtlich hatte sie eine heftige Abneigung gegen jeglichen Vertreter dieses Berufsstandes. Die Pluspunkte, die er bislang bei ihr gesammelt hatte, hatte er anscheinend auf einen Schlag wieder verwirkt.

»Ich hasse den Job. Arbeite auch nicht allzu viel. Will mich beruflich neu orientieren. Irgendwie bin ich eher zufällig in diese Branche hineingeraten, weil ich gern debattiere. Aber ich finde, dass Kriminelle fast immer davonkommen und der Gerechtigkeit nie Genüge getan wird. Deshalb bin ich wahrscheinlich ein ziemlich beschissener Anwalt.« Er sprach leise, jedoch mit eindringlicher Stimme. Setzte seine Gabe nur ein ganz klein wenig ein. Um zu sehen, welche Wirkung seine Überzeugungskraft auf sie hatte. Sie war anders. Das war ihm gleich aufgefallen, schon als er sie in der Bibliothek lediglich beobachtet hatte und auch danach, als er sie nach diversen Büchern gefragt hatte.

Zwar war sie durchaus empfänglich für seine Stimme, aber offensichtlich dennoch in der Lage, ihr zu widerstehen. Wie schnell sie sich gegen äußere Einflüsse wappnen konnte! Doch ehe es ihm nicht gelungen war, sie ganz und gar in seinen Bann zu ziehen, würde er nicht zulassen, dass sie einen Weg fand, sich seinem subtilen Einfluss auf sie zu entziehen. Diesem Kampf würde er sich mit Leib und Seele verschreiben und ihn gewinnen. Doch sie hatte bereits zugegeben, dass sie eine schnelle Lernkurve besaß. Sie hatte viele Talente, die gleichen wie er, und zwar stark ausgeprägt, bereits voll entwickelt. Also war Vorsicht geboten.

Scarlet entspannte sich sichtlich ein wenig, holte Luft und musterte ihr Brot, bevor sie noch einmal davon abbiss und es mit einem Schluck Wasser hinunterspülte. »Was für ein Anwalt sind Sie?«

Er zuckte mit den Schultern. Das war eine gute Frage. Er war, was immer er sein musste. Während Code für den Club sämtliche Daten entschlüsselte, war Absinths Fähigkeit, juristische Fachliteratur zu verschlingen und bei der neuesten Gesetzgebung auf dem Laufenden zu bleiben, für Torpedo Ink ebenso wertvoll. »Im Grunde mache ich alles. Keine spektakulären Fälle.«

Sie entspannte sich noch mehr. »Haben Sie eine eigene Kanzlei?«

Er nickte. »Ich komme zurecht. Aber mein Herz hängt nicht daran.«

»Woran denn dann?«

Am liebsten hätte er geantwortet, dass er beim ersten Betreten der Bibliothek wusste, es gefunden zu haben, aber ihm war klar, dass ein solcher Spruch nicht ziehen würde. »An Büchern. Sprachen. Dem geschriebenen Wort. Toten Sprachen. Geschichte. Kunst. Martial Arts aus aller Herren Länder. Legenden. Waffen. Poesie.« Das traf alles zu. Er machte sich nicht die Mühe, seine eigene Begeisterung zu verbergen, denn er verspürte sie tatsächlich. So war er nun einmal. Wenn er die wahre Scarlet kennenlernen und für sich gewinnen wollte, sollte auch sie ihn so annehmen können, wie er wirklich war.

Ein langsames Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Sie sind ein erstaunlicher Mann. Als Anwalt kann ich Sie mir gar nicht vorstellen.«

»Ich mir ebenso wenig«, pflichtete er ihr bei. »Ich hätte Bibliothekar werden wollen. Aber immerhin habe ich einmal ehrenamtlich in einer Bibliothek ausgeholfen. Nachdem ich alle Bücher gelesen hatte, musste ich kündigen.« In gewisser Weise stimmte das. Dort hatte er gearbeitet und so viele Bücher wie möglich gelesen, anschließend ein Ministeriumsmitglied ermordet, um dann in Sorbacovs Drecksloch zurückzukehren. Damals in Russland war das gewesen. »Sind Sie gern an der frischen Luft?«

Sie nickte und sah auf, als der Kellner wieder an den Tisch trat, um erst ihr und dann Absinth einen Salat zu servieren. Er kam Scarlet dabei ein wenig zu nah, weshalb sie sich auf ihrem Stuhl leicht anders hinsetzte, um von ihm abzurücken. Erst als er sich wieder entfernt hatte, sprach sie.

»Bei gutem Wetter bin ich sogar viel lieber draußen als drinnen. Na ja, …« Sie zögerte. »Manchmal finde ich die erstaunlichsten Orte und nehme sogar dann ein Buch mit nach draußen, wenn es regnet, nur um an der frischen Luft zu sein. Ich liebe Unwetter.«

Sie war perfekt. Wer hätte gedacht, dass eine Frau wie geschaffen für ihn sein konnte? Er selbst jedenfalls hätte es nie für möglich gehalten. Nie im Leben hätte er damit gerechnet, die ideale Ergänzung zu finden. Er hätte sie den ganzen Tag lang ansehen können. Das wusste er, weil er stundenlang in dieser Bibliothek gesessen und sie aufmerksam studiert hatte. Sie war zwar stets bekleidet gewesen, trug aber häufig so enge Klamotten, dass jede ihrer Bewegung darunter sichtbar war. So hatte er sich jede Rundung, jede Vertiefung einprägen können.

»Ich liebe Unwetter ebenfalls. Ganz besonders gern sitze ich über dem Meer und beobachte, wie das Gewitter naht, während die Wellen emporschlagen, um dem Blitz zu begegnen. Die Wildheit dieses Anblicks hat etwas äußerst Befreiendes.«

Sie musterte ihn über eine Gabel Romanasalat hinweg. »Das klingt sehr poetisch, Aleksei. So etwas habe ich noch nie erlebt, aber jetzt würde ich es gern.«

»Was ist mit Motorrädern? Was halten Sie davon?«

Scarlet trank einen Schluck Wasser und lächelte zu dem Jungen empor, der ihr eilig nachgoss. Obwohl ihr Glas eigentlich noch voll war. Absinth vermutete, dass der Kleine nur nach einer Entschuldigung suchte, um ihr näher zu sein. Selbst der Kellner trat unter einem Vorwand immer wieder an ihren Tisch. Auch wenn er es den beiden nicht verdenken konnte, begeistert war er darüber noch lange nicht. Gegen den Jungen hatte er nichts. Auch sie nicht. Aber mit dem Kellner verhielt es sich anders. Er schien jedes Mal mit ihr auf Tuchfühlung zu gehen. Normalerweise neigte Absinth nicht zur Eifersucht, allerdings hatte er bislang auch nie einen Grund dazu gehabt. Doch auch wenn er ein erwachsener Mann mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein war: Momentan war er von dem kindischen Wunsch beseelt, dass sie ihre Aufmerksamkeit ausschließlich ihm schenkte. Er hielt sich zurück, zischte keinem der Bediensteten ein »Hau ab!« zu, dachte es aber dennoch.

»Ich nehme an, Sie lieben Motorräder?«

»Man könnte sogar behaupten, dass ich eine Leidenschaft dafür habe. Dieses Freiheitsgefühl beim Fahren. Wie die Straße sich öffnet und man mit der Welt um einen herum verschmilzt. In einem Auto oder gar einem Pick-up stellt sich eine solche Empfindung niemals ein. Selbst ein Cabrio vermittelt einem nicht das Gefühl, Teil der Landschaft und des Highways zu sein, während man ihn entlangfährt. Und was man dabei alles sieht! Wenn die Straße sich vor einem erstreckt, fühlt es sich an, als warte der Rest der gesamten Welt nur darauf, dass man sie wahrnimmt.«

»Nach Ihrer Schilderung klingt Motorradfahren so ganz anders, als ich es mir je vorgestellt habe.«

»Was haben Sie sich denn vorgestellt?« Er wappnete sich. Die meisten Menschen hatten etwas gegen Motorräder und die Männer und Frauen, die darauf fuhren. Er war auf ihre Ablehnung vorbereitet und wusste, dass es harte Arbeit werden würde, ihre Meinung zu ändern.

Sie nahm einen Moment lang die Brille ab und blinzelte ihn mit ihren lebhaften grünen Augen an. Sie hatte sehr lange Wimpern, mit rötlich-goldenen Spitzen, wobei das Gold dominierte. Aus irgendeinem Grund genügte der Anblick dieser Wimpern, die ihre großen Augen umrahmten, um seinen Schwanz erneut zum Leben zu erwecken. Sie hatte keine Ahnung, was für ein Meilenstein diese Reaktion war. Die Männer von Torpedo Ink, seine Brüder, beherrschten ihre Schwänze selbst. Das taten nicht die Frauen. Ebenso wenig die Natur. Tatsächlich hatte man ihnen jegliche natürliche Reaktion durch Schläge ausgetrieben, um ihnen anschließend beibringen zu können, ihre Erektion zu kontrollieren, jegliche sexuelle Reaktion vollkommen im Griff zu haben.

Bis heute. Bis Scarlet Foley. Die rothaarige Bibliothekarin mit ihrer schwarzen oder lila oder roten viereckigen Brille vor den atemberaubenden Augen schien nun das Kommando über seinen Körper übernommen zu haben. Sie war definitiv seine Lady. Oder, um es auf Russisch zu sagen, seine literaturnaya ledi, seine »Literarische Dame«. Ihm gefiel, dass sie genauso sehr auf Bücher stand wie er selbst. Dass sie das geschriebene Wort liebte und dass sie das, was sie so schnell las, auch tatsächlich erfasste.

»Weiß ich nicht so genau. Ich hatte noch nicht allzu viel mit Motorrädern zu tun. Bislang habe ich eigentlich eher Todesfallen in ihnen gesehen. Ein Unfall und schon ist das Hirn zum Teufel!« Sie schob ihren Salat fort. Das meiste davon hatte sie verspeist. »Sie mögen keinen Salat.«

Er blickte auf seinen Teller herab. »Das ist Kopfsalat. Zwar mit krausen Blättern, aber dennoch grün. Für Käfer sicher total gesund.«

Sie lachte auf, und jener dunkle Ort in seinem Innern, den sonst nichts und niemand durchdringen konnte, brach auf. Er riss auseinander wie ein Eisberg. Ihr Lachen klang einfach unglaublich. Leise. Sanft. Faszinierend. Die Melodie tanzte über seine Haut wie eine federleichte Berührung. Er spürte die hauchzarten Noten über seine Brust und an seinem Rückgrat hinabschweben. Wie eine sanfte Liebkosung strichen sie über seinen Schwanz und seine Eier. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen, um die Empfindung besser genießen zu können. Das musste er sich merken, um sich später daran zu erinnern, wusste aber jetzt schon, dass er es ohnehin nie vergessen würde. Dieses Gefühl hatte sie ihm ebenso geschenkt, wie sie ihm die erste natürliche Erektion beschert hätte, an die er sich je erinnern konnte.

»Also, Sie haben Angst vor Blattsalat, aber nicht vor Motorrädern. Da Sie so beredt von Motorrädern geschwärmt haben, muss ich jetzt wohl zugeben, dass Ihr Bericht faszinierend klingt, zumindest, solange man bei der Fahrt einen Helm trägt.«

»Baby, das ist in diesem Staat gesetzlich vorgeschrieben.«

Der Kellner brachte ihre Hauptspeise. Wieder trat er sehr dicht an Scarlet heran, sodass sein Gesicht fast ihren Hals berührte, als er den Teller vor sie hinstellte. Sofort ruckte ihr Kopf zur Seite. Ihr Blick war voller Abscheu. Die Bewegung erfolgte beinahe reflexartig.

»Treten Sie zurück«, befahl Absinth in gefährlich leisem Ton. Er benutzte die Wirkmacht seiner Stimme, ohne dass jemand es bemerkte. Nur der Kellner spürte sie – und mit ihr die höchst reale Bedrohung, die in der Luft lag. »Sie mag es nicht, wenn Sie ihr so nahe kommen.«

Der Kellner gehorchte sofort. Die meisten Menschen begehrten nicht auf, wenn Absinth die Macht seiner Stimme auf diese Weise nutzte. Das wiederum tat er bloß selten und war selbst erschrocken, dass er so aggressiv gesprochen hatte, obwohl der Mann sich nichts weiter als einen Schnitzer erlaubt hatte. Während er sie zu Ende bediente, herrschte Schweigen. Kaum waren sie jedoch allein, streckte Absinth die Hand über den Tisch aus und legte sie sanft auf die ihre.

»Tut mir leid. Alles in Ordnung mit Ihnen?« Ehe sie Gelegenheit haben konnte, ihm ihre Hand zu entziehen, zog er den Arm wieder zurück. Er wollte, dass sie seine Berührung zwar spürte, sie jedoch nicht als beleidigend, sondern nur als tröstlich empfand.

»Er hat mich bloß erschreckt, mehr nicht. Ich habe es nicht gern, wenn mir ein Unbekannter so nah kommt. Das ist so eine Macke von mir.«

»Keineswegs eine schlechte, Scarlet. Das nennt man Selbstschutz. Sie sind eine schöne Frau, die wahrscheinlich viele Männer attraktiv finden. Die meisten starren Sie vermutlich einfach nur an. Aber andere werden die Situation ausnutzen, obwohl sie es nicht sollten.«

»Und Sie?«

»Ich bitte Sie, mit mir auszugehen, um herauszufinden, ob Sie interessiert sind.« Er warf ihr ein kleines, selbstironisches Grinsen zu. »Ich beichte Ihnen meine schlimmsten Sünden, sogar die, dass ich keinen Salat mag, und lasse Sie danach selbst entscheiden.« Er war ein verdammter Lügner und würde dafür in die Hölle kommen, aber das war sie wert.

Sie lächelte ihm zu und deutete auf sein Steak. »Essen Sie lieber, ehe es noch kalt wird. Besitzen Sie tatsächlich ein Motorrad? Sind Sie damit den ganzen Weg von Caspar aus hierhergefahren? Denn es wird ziemlich kalt, wissen Sie.«

Jetzt war er mit Lachen an der Reihe. Die darauffolgenden anderthalb Stunden verbrachten sie mit Reden und Lachen. Er genoss jede Minute mit ihr, und zwar erheblich mehr als er erwartet hatte. Die ganze Zeit über beobachtete er jede ihrer Bewegungen, so intensiv, als könne er sie buchstäblich in sich aufnehmen. Interessant, dass er sich in ihrer Gesellschaft vollkommen entspannen konnte. Keine Ahnung, warum er sich noch nicht einmal Gedanken darüber machte, seine Stimme falsch eingesetzt zu haben. Aber so war es nun mal. Er war von innerem Frieden erfüllt, das Chaos in seinem Geist verebbte, bis es völlig verschwunden war.

Nach dem Essen begleitete er sie zu ihrem Wagen und versicherte ihr, das Zusammensein sehr genossen zu haben und sie in ein paar Tagen wieder zu besuchen. Sie protestierte nicht und zuckte auch nicht zurück, als er ihr einen sachten Kuss auf die Stirn gab. Ihre Haut zu berühren, war ein Fehler. Ihren Duft einzuatmen, war ein Fehler. Ihr Lachen und die Poesie ihrer Stimme zu hören, war sogar noch schlimmer. Es spielte keine Rolle. Er hatte es getan, und er würde es wieder tun. Er war jetzt süchtig nach ihr und würde immer und immer wieder zu ihr zurückkehren. Und er konnte nur hoffen, dass sie ihm gegenüber genauso empfand.

Die beiden Blocks zum Parkhaus, in dem er seine Harley untergestellt hatte, legte er zu Fuß zurück. Zu beiden Seiten seiner Maschine parkten zwei weitere Motorräder, auf denen zwei bekannte Männer saßen. Beide trugen die Torpedo Ink Colors und grinsten ihm entgegen.

Maestro warf Absinth seine Kutte zu. »Du hast uns etwas verschwiegen.«

Das stimmte. Absinth fing das Kleidungsstück auf und schlüpfte hinein. Seine Colors saßen wie eine zweite Haut. »Wie lange folgt ihr beiden mir schon?«

Maestro und Keys tauschten einen langen, amüsierten Blick. »Mittlerweile seit zwei Wochen«, bekannte Keys. »Wir haben uns versteckt, zum Beispiel auf dem Dach gegenüber der Bibliothek, bloß um sicherzugehen, dass du in Sicherheit bist.« Er schüttelte den Kopf. »Auch wenn sie dir gehört, Absinth, musst du vorsichtig sein, das weißt du doch.«

»Ganz besonders, wenn sie dir gehört«, warf Maestro ein.

Absinth nickte und schwang das Bein über sein Bike. Kaum hatte er das getan, legte sich das Chaos in seinem Innern, das zurückgekehrt war. Sein Bike. Seine Colors. Seine Brüder. Seine kleine, rothaarige Bibliothekarin. »Ja. Aber am meisten haut mich um, dass ich gar nicht bemerkt habe, dass ihr beiden mir gefolgt seid.«

»Wir mussten nur beim ersten Mal dicht hinter dir bleiben. Danach wussten wir, wohin du gingst. Du liebst Bücher. Du hängst gern in Bibliotheken herum. In der ersten Woche war uns noch gar nicht klar, dass der eigentliche Magnet die Bibliothekarin war.« Maestros Stimme klang fragend.

Absinth nickte. »Ja. Sie gehört mir. Aber ich habe sie noch nicht für mich gewonnen. Noch ist sie ein Mysterium, weshalb ich mir Zeit mit ihr lasse.« Und weshalb er es genoss. Er liebte es, sie zu betrachten. Ihre kleinen Geheimnisse aufzudecken. Sie im Umgang mit den Teenagern zu beobachten, mit denen sie unendlich viel Geduld zu haben schien.

Sie fühlte sich von ihm angezogen und war selbst schockiert darüber. Schockiert und ein wenig verlegen. Doch gleichzeitig war sie bereit zu weiteren Treffen. Er war sicher, dass sie sich sogar auf das Experiment einer rein sexuellen Beziehung eingelassen hätte, hätte er so etwas vorgeschlagen. Aber dass er sie zum Essen eingeladen hatte, es entspannt angegangen war, über sich selbst geredet und ihr Fragen über sich gestellt hatte, deutete darauf hin, dass er eine richtige Beziehung anstrebte. Deshalb war sie verwirrt und wusste nicht so genau, was sie tun sollte.

»Hat Code sie bereits überprüft?«, erkundigte sich Keys vorsichtig.

»Nein. Heute Abend hatte ich zum ersten Mal richtigen Kontakt mit ihr«, antwortete Absinth. »Als ich sagte, dass ich es langsam angehen will, meinte ich richtig langsam. Wäre ich zu schnell vorgegangen, hätte ich es vermasselt.«

Alarmiert hob Maestro den Kopf. »Du hast sie nicht durch deine Stimme beeinflusst?«

Absinth schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Wenn sie tatsächlich auf meine Avancen eingeht, dann nur, weil sie mich genauso begehrt wie ich sie. Trotzdem ist bei ihr irgendetwas im Busch. Ich habe mir die Gabel geschnappt, die sie heute Abend benutzt hat und auf der ihre Fingerabdrücke sind. Außerdem habe ich ein exzellentes Bild von ihr auf meinem Handy. Damit dürfte Code in der Lage sein, mir die Informationen zu liefern, die ich brauche, falls sie Schutz benötigt – oder ich selbst.«

Er grinste die beiden kurz an. Dennoch meinte er es ernst. Sie besaß bestimmte Fähigkeiten. Dessen war er sich sicher. Er wollte Code bloß jetzt noch keine Gelegenheit geben, sie zu durchleuchten. Er wollte sich Zeit lassen und sie selbst entdecken, Schicht für Schicht. Er wusste, dass er die beiden anderen glauben machte, er würde Gabel und Foto sofort an Code übergeben, aber er hatte nicht die Absicht – noch nicht.

»Ansonsten gehe ich es entspannt an und genieße das Zusammensein mit ihr.« Damit sagte er die Wahrheit, und mehr konnte er im Augenblick nicht tun. Sie schienen ihn zu verstehen und nickten.

»Fahren wir, Gentlemen. So langsam wird es spät, und wir haben noch eine ziemliche Strecke vor uns«, meinte Keys.

»Weiß sie, dass du Mitglied in einem Club bist?«, fragte Maestro.

Diese Frage hatte er erwartet. So leicht würden ihn seine Brüder nicht vom Haken lassen. »Nein. Noch nicht. Ich bin ohne meine Colors in die Bibliothek gegangen, und zwar die ganze Zeit über. Habe ihr auch heute Abend noch nichts verraten. Ich hatte so ein Gefühl …« Er sprach nicht weiter.

»Ein Gefühl?«, soufflierte Maestro.

Absinth zuckte mit den Schultern. »Ich hatte bloß so ein Gefühl, dass ich ihr noch nichts sagen sollte. Sie ist ziemlich scheu, und ich will sie nicht verschrecken. Sondern ganz langsam an mich binden. Wenn ich sie einmal am Haken habe, sage ich es ihr. Nur dafür muss ich den Haken auch sicher setzen können.«

Maestro schüttelte den Kopf. »Dann will ich verdammt nochmal hoffen, dass du weißt, was du tust, Mann.«

Das hoffte Absinth auch.

2. Kapitel

Wer hält draußen Wache?«, fragte der Zar und deutete auf die Tür, die zum Gemeinschaftsraum führte.

Savage lehnte lässig an der Innentür. Er war groß und hatte breite Schultern, schmale Hüften, eine ebenfalls breite, muskulöse Brust und gletscherkalte Augen. Jetzt warf er dem Präsidenten von Torpedo Ink einen Blick zu. »Fatei«, nannte er ihm den Prospect, den alle am meisten respektierten. Fatei hatte in Russland zwar nicht dieselbe Schule besucht wie sie, aber dafür die zweitschwierigste und war ein hartgesottener, gefährlicher Typ.

Der Zar nickte und sah sich an dem ovalen Tisch um. Einschließlich seiner selbst waren alle achtzehn ursprüngliche Gründungsmitglieder von Torpedo Ink versammelt. Dazu noch Gavril und Casimir, zwei neuere Vollmitglieder. Beide waren die leiblichen Brüder des Zaren und hatten eine oder mehr der vier Schulen in Russland besucht, die Sorbacov gegründet hatte, um Kinder zu Attentätern für ihr Land auszubilden.

Wie immer kam der Zar gleich zur Sache. »Die Diamondbacks haben Kontakt zu uns aufgenommen und uns gebeten, ihnen bei einem – Zitat – ›kleinen‹ Problem zu helfen. Angeblich wildert der Venomous Club in ihrem Territorium diesseits von Sacramento. Sie haben dort einen Stripclub erworben, obwohl sie wussten, dass die Diamondbacks bereits Verkaufsverhandlungen führten. Dies ist der dritte Club, den sie sich in den letzten paar Monaten unter den Nagel gerissen und ihnen vor der Nase weggeschnappt haben. Anscheinend haben die Diamondbacks vorher nicht genug geboten und dadurch dem Venomous Club erst Gelegenheit gegeben, ihn sich zu schnappen. Zudem behaupten die Diamondbacks, dass Venomous über die betreffenden Clubs Drogen vertreiben, insbesondere Heroin und Kokain. Wir wissen, dass es sich um das Territorium der Diamondbacks handelt, die nicht darauf erpicht sind, es sich mit einem anderen Club zu teilen, und schon gar nicht, dass ihr Gebiet zerstückelt wird.«

»Interessant«, bemerkte Code. »Ich werde jedes Mal benachrichtigt, wenn Jeff Partridges Name irgendwo auftaucht – er ist der Präsident von Venomous. Das letzte Mal war er auf einem Foto auf der Website eines Immobilienmaklers in Fort Bragg zu sehen. Ich habe es nur registriert und ihm keine weitere Beachtung geschenkt. Das muss ich mir also noch mal näher ansehen. Die Tatsache, dass er neben einem Immobilienmakler in Fort Bragg abgebildet ist, könnte bedeuten, dass sie tatsächlich etwas in dieser Gegend kaufen wollen. Und wenn das stimmt, würden sie eindeutig im Territorium der Diamondbacks wildern.«