Hinterland - Teil II: Flucht - Mary E. Fish - E-Book

Hinterland - Teil II: Flucht E-Book

Mary E. Fish

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Beschreibung

Deutschland, 2022. Dawn of the Dead passiert nicht mehr zuhause im Wohnzimmer auf dem Bildschirm, sondern draußen vor der Haustür. Zombie-Walks sind keine witzige Life-Action mehr, sondern grausame Realität. Städte sind abgedichtet, Straßen gesperrt, Menschen auf der Flucht. Eine kleine Kolonie Überlebender hält sich tapfer in der Abgeschiedenheit des Oberpfälzer Hinterlands. Hier, wo vorher glückliche Kühe auf saftig-grünen Wiesen weideten, zerreissen nun Starkstromzäune die pittoreske Heimatfilmromantik. Das Leben ist im Standby-Modus. Zerknitterte Fotos an der Kühlschranktür verhöhnen einen mit Momentaufnahmen aus besseren Zeiten. Zukunft gibt es nur noch im 24-Stunden-Format. Ob sich das jemals wieder ändern wird?Teil II: FluchtAlles ist erlaubt, solange man es aus Liebe tut. Auch wenn diese Weisheit vermutlich keinem hochliterarischen Werk, sondern eher der Brigitte-Zeitschrift entspringt, hält Lissy daran fest. Der Zweck heiligt schließlich die Mittel und über Leichen gehen ist in diesen Zeiten ja ohnehin obligatorisch. Wenn sich dann noch vorteilhafte Allianzen ergeben, könnte es eigentlich gar nicht besser sein. In ihrer Verblendung verkennt Lissy allerdings, dass Liebe nicht die einzige Währung dieser Zombie-Apokalypse ist und so mancher Preis unbezahlbar.

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Seitenzahl: 68

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Teil II: Flucht

Biografie der Autorin

Mary E. Fish

Hinterland

Teil II: Flucht

Impressum

Copyright © Yellow King Productions 2024

Mario WeißNeuöd - Gewerbepark 12aD - 92278 IllschwangE-Mail: [email protected] Web: www.yellow-king-productions.de

Autorin: Mary E. Fish Lektorat: Mario Weiß, Stephan Kerscher

eBook-Erstellung: Birgit Arnold

Cover wurde erstellt von Mareike Gatzke

unter Zuhilfenahme von KI – Leonardo AI und Adobe PhotoshopCovergestaltung: Adelina Bajramaj

ISBN: 978-3-98901-041-3

Teil II: Flucht

»A short story is like a stick of dynamite with a tiny fuse; you light and that's the end«

Stephen King

Lissy fluchte leise, als sie das Schlagloch mitnahm und alle Passagiere einmal heftig durchgeschüttelt wurden. Es reichte ja noch nicht, dass sie die ganze Zeit die Bremse trat, wenn sie kuppeln wollte, weil sie vorher noch nie Automatik gefahren war. Ein besorgter Blick in den Rückspiegel ließ sie jedoch aufatmen, denn ihr Schützling frühstückte unbekümmert weiter. Lissy hatte für diese Aktion bewusst das Auto ihres Schwagers gewählt, weil auf der Rückbank Wolfis ehemaliger Folgesitz – das größte Modell für Kinder mit Riesenwuchs – installiert war. Der blondgelockte Kopf des darin Angeschnallten wippte durch die Unebenheiten im Feldweg, über den sie holperten, leicht vor und zurück. Es war genauso, wie sie es sich immer erträumt hatte: ein Ausflug mit ihrer eigenen kleinen Familie. Pedro und sie waren Philipp sowieso immer die besseren Eltern gewesen und Caro mit ihren damals gerade mal 19 Jahren als Mutter ein absoluter Witz. Ganz zu schweigen vom nichtsnutzigen Vater, der zwar immerhin Unterhalt zahlte, aber ansonsten kein Interesse am Werdegang seines Sieger-Spermiums bekundete. Pah. Aber jetzt war alles gut, sie waren vereint. Deshalb freute sich Lissy umso mehr, ihren Liebsten so andächtig schlemmen zu sehen – mit seinem kleinen Schatz auf dem Stumpenschoß und demselben Appetit wie früher. Trotzdem hatte sie dafür gesorgt, dass er nicht zu gierig werden konnte. Schließlich hatten sie ja noch eine Menge vor. Mit diesem Gedanken blickte sie wieder geradeaus und ein breites Lächeln erstrahlte auf ihrem Gesicht.

***

»Sie hat ein bisschen was getrunken, aber mehr ist mit ihr nicht los. Ich hab ihr grad noch ´ne Valium gegeben, damit sie schläft.« Ella nickte und schloss die Tür hinter mir, als die ›Schichtübergabe‹ bei Caro vollzogen war. Diese hatte nach der Offenbarung auf dem Spitzboden einen heftigen Nervenzusammenbruch erlitten und befand sich seither in einem katatonischen Zustand. Laut Ella, die lange im Rettungsdienst gearbeitet hatte, konnte sowas nach einem schweren traumatischen Erlebnis mehrere Tage anhalten. Bis jetzt waren es nur ein paar Stunden, aber Caro machte nicht den Anschein, als ob sie so schnell wieder die Alte würde. Während ich die Treppen vom Wohnhaus, das oberhalb der Mühle auf der Anhöhe stand, hinunterstieg, liefen meine Gefühle Amok. Ich war ja wirklich keine Mimi und konnte so einiges wegstecken. Mit zwölf wurde ich zum Beispiel einfach bei der Oma abgeladen, weil Vaddi dringend zurück nach Spanien musste. Ja nee, nicht wegen Job, sondern damit das Produkt seiner Midlife-Crisis im Bauch der 20-jährigen Praktikantin nicht als Bastard zur Welt kam. War mir Rille, ich konnte den Penner eh nie leiden und bei Oma war es entspannt. Doch was sich hier seit den frühen Morgenstunden abspielte, lag jenseits meiner Belastungsgrenze. Auf halber Strecke setzte ich mich kurz auf eine der breiten Natursteinstufen und legte den Kopf zwischen die Knie. Ich atmete ein paar Mal tief ein und aus, um das schwummrige Gefühl loszuwerden, als ich von unten vertraute Stimmen hörte.

Wolfi und Finn kamen aus dem Hintereingang der Mühle und redeten aufgeregt miteinander. Letzterer bemerkte mich zuerst. Er nahm immer zwei Stufen auf einmal, was ihn mit ein paar Sätzen zu mir brachte. »Alles okay, Maus? Ist dir schwindelig?«

Finns Bernsteinaugen blickten besorgt in meine grünen, während er vor mir kniete und sanft über den nachwachsenden Flaum auf meinem Schädel strich. Gott, ich liebte diesen Typen so hart! Aber jetzt war keine Zeit für Turteleien – es gab einiges zu tun! »Geht schon wieder, mich hat's nur kurz n’ bisschen zerlegt«, antwortete ich mit einem schiefen Lächeln, das er nur allzu gut kannte. Es war mein »Passt-schon-mach-dir-kein-Kopf-um-mich«-Lächeln.

Wolfi hatte zu uns aufgeschlossen und ich folgte den Jungs hoch zur Reithalle. Finn lehnte die große Holzleiter an die Wand, damit wir auf das Dach steigen konnten. Meine Frage, was das Ganze soll, wurde erst beantwortet, als alle oben waren und Wolfi ein kleines Gerät aus der Hosentasche zog, das aussah wie ein Uralthandy von anno schlag mich tot. Bis vor ein paar Monaten gab es vereinzelt noch Handynetz, aber da wir hier in der Talsenke standardmäßig im Funkloch steckten, brachte uns das herzlich wenig. GPS funktionierte allerdings weiterhin, wenn auch nicht immer ganz in Echtzeit. Als Wolfi meinen fragenden Blick bemerkte, weihte er mich kurz ein. Karl-Heinz hatte für seine beiden Rauhaardackel, die er zur Jagd einsetzte, irgendwann GPS-Tracker angeschafft. Die Ladestation dafür hatte er im Kofferraum seines Land Rovers montiert, damit er nicht vergaß, die Teile zu laden, wenn er sie den Hunden abnahm. »Und wenn wir jetzt sauviel Glück haben«, murmelte Wolfi, während er den Receiver startete, den ich für die Mutter aller Mobiltelefone gehalten hatte, »hat er mindestens einen davon wieder nicht ausgeschaltet.«

Das war absolut brillant! Lissy hatte bestimmt nicht darauf geachtet, als sie den Geländewagen in der Hektik vollschlichtete. Außerdem war sie laut Kurt wahrscheinlich nicht sehr weit gekommen, da der einzige mit dem Auto befahrbare Weg aus der letzten Ortschaft ohne Straßensperre ziemlich schwer zu finden war. Die Versorgung kannte ihn, aber für jemanden wie Lissy, die so gut wie nie Auto fuhr, sollte das zum Problem werden. Damit könnten wir sie kriegen … wenn es denn funktionierte. Wie gebannt starrten wir auf den kleinen Bildschirm in Wolfis überdimensionierten Pranken, wo ein kleiner Fuchs auf der Stelle galoppierte. Der niedlichste Ladebalken ever wich kurz darauf einer Landkarte mit einem rot blinkenden Punkt im unteren Drittel. Das war die Schwarzmühle. Hellyeah, wir hatten ein Signal! Ich krallte Wolfi meine spitzen Finger so fest in den massigen Oberarm, dass er beinahe das Gerät fallengelassen hätte, als nun zwei kleine Fuchsköpfe aufploppten. »Sorry, mein Großer, aber geeeeil, wir haben sie! Wo genau ist das?«

Der Hüne mit dem blonden Dreadlocks-Iro schmunzelte nur gutmütig über meine Entschuldigung und hob den kleinen Kasten näher an sein Gesicht, um die Stelle ranzuzoomen, an der sich der Land Rover befinden musste. »Fuck«, entfuhr es ihm, als er das Ergebnis sah.

»Was is?« fragten Finn und ich wie aus einem Mund. Wolfi schaltete den Receiver aus und steckte ihn zurück in seine Hosentasche.

»Das Signal ist abgeschmiert, aber ich weiß wo´s ist. Kommt, wir packen zusammen und fahren da hin!«

Was sollte das denn jetzt? »Ähm, Wolfi … willst du uns vielleicht an deiner Weisheit teilhaben lassen?« fragte ich leicht irritiert.

Der Angesprochene war schon am Runterklettern und meinte nur beiläufig, dass er uns das im Auto sagt. Bevor ich mich über diesen miesen Cliffhanger beschweren konnte, schob Finn mich Richtung Leiter. Den ganzen Weg nach unten zur Mühle hüpfte ich neben dem Riesentypen her und versuchte aus ihm rauszukriegen, wo wir hinfuhren.

Vor unseren Wohnungstüren legte er mir schließlich seine tellergroßen Hände auf die Schultern und erinnerte mich an das, was wir vorher noch erledigen mussten. Shit, das hatte ich in dem ganzen Chaos komplett verdrängt. Es war ja sogar meine Idee gewesen: Wir mussten die Nachbarskinder befragen.

***

Als das Ortsschild in Sicht kam, drückte Lissy das Gaspedal durch. Der Motor heulte empört auf und sie rauschten an dem gelben Schatten und dem dahinterliegenden Hof vorbei. Erst als die marode Dorfstraße zurück in den Wald mündete, ließ Lissy den rechten Fuß wieder etwas lockerer. Im Rückspiegel sah sie noch den obersten Zipfel des Hochsitzes, auf dem sie erst vor ein paar Wochen drei Tage in Folge mit dem Feldstecher gelauert hatte. Noch immer war sie erstaunt – oder eher erschrocken? – über ihre eigene Skrupellosigkeit. Wie sie sich verkleidet und diese Kinder davon überzeugt hatte, dass sie eine Hexe sei und ihr dunkles Geheimnis kannte. Wie plötzlich der Trotz in den Augen des 8-jä