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Touring, touring is never boring, sangen die Ramones 1981. Der große Traum jedes Musikers, immer auf Tour zu sein im großen Nightliner, eine Stunde auf die Bühne und dann jeden Abend Party. Wie die Realität aussieht, erzählen 30 Punk-, Oi- und Hardcorebands aus 14 Ländern in Tim Hackemacks neuem zweisprachigen Buch "Hit the Stage". Von Südkorea über Argentinien bis Polen berichten Musiker über Langeweile auf Tour, Probleme, Auftritte zu finden, das Musikbusiness im Großen wie im Kleinen, und erzählen Geschichten aus ihrem Tourleben. Dazu ist Hirnkost-Autor Tim Hackemack auch auf Tour gegangen, um Konzerte von allen Bands zu besuchen und das Buch mit über 1.000 Fotos aus großen Hallen, Festivals und vielen kleinen Clubs zu bestücken. Stagehands, Tourfotografen, Booker und Mercher berichten über ihre Arbeit neben der Bühne. Die Fotos zeigen die eine Stunde des Tages, die alle lieben. Die Interviews berichten über die restlichen 23 Stunden, die dafür nötig sind, dass man eine Stunde gut aussieht. Featuring Agnostic Front, Discharge, The Movement, Dritte Wahl, Slime, Razors, Abwärts, Aggressive, Gum Bleed, Grade 2, Kevin Seconds, Lion's Law, Menace, The Generators, TV Smith, The Veggers, Bishops Green, C4 Service, Die Lokalmatadore, COR, Friedemann, The Manges, The Outcasts, The Peacocks, The Analogs, Zona 84, Rantanplan, Shandy, Mr. Irish Bastard, Die Mimmis. Touring, touring is never boring, sangen die Ramones 1981. Der große Traum jedes Musikers, immer auf Tour zu sein im großen Nightliner, eine Stunde auf die Bühne und dann jeden Abend Party. Wie die Realität aussieht, erzählen 30 Punk-, Oi- und Hardcorebands aus 14 Ländern in Tim Hackemacks neuem zweisprachigen Buch "Hit the Stage". Von Südkorea über Argentinien bis Polen berichten Musiker über Langeweile auf Tour, Probleme, Auftritte zu finden, das Musikbusiness im Großen wie im Kleinen, und erzählen Geschichten aus ihrem Tourleben. Dazu ist Hirnkost-Autor Tim Hackemack auch auf Tour gegangen, um Konzerte von allen Bands zu besuchen und das Buch mit über 1.000 Fotos aus großen Hallen, Festivals und vielen kleinen Clubs zu bestücken. Stagehands, Tourfotografen, Booker und Mercher berichten über ihre Arbeit neben der Bühne. Die Fotos zeigen die eine Stunde des Tages, die alle lieben. Die Interviews berichten über die restlichen 23 Stunden, die dafür nötig sind, dass man eine Stunde gut aussieht. Featuring Agnostic Front, Discharge, The Movement, Dritte Wahl, Slime, Razors, Abwärts, Aggressive, Gum Bleed, Grade 2, Kevin Seconds, Lion's Law, Menace, The Generators, TV Smith, The Veggers, Bishops Green, C4 Service, Die Lokalmatadore, COR, Friedemann, The Manges, The Outcasts, The Peacocks, The Analogs, Zona 84, Rantanplan, Shandy, Mr. Irish Bastard, Die Mimmis. Zur Auswahl stehen 4 verschieden Cover Dritte Wahl Edition Discharge Edition Agnostic Front Edition Razors Edition
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Seitenzahl: 615
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Originalausgabe
© 2020 Hirnkost KG, Lahnstraße 25, 12055 Berlin;[email protected]; http://www.hirnkost.de/Alle Rechte vorbehalten1. Auflage Dezember 2020
Vertrieb für den Buchhandel:
Runge Verlagsauslieferung; [email protected]
Privatkunden und Mailorder:
https://shop.hirnkost.de/
Lektorat: Gabriele Vogel
Layout: Linda Kutzki – textsalz.de
ISBN:
978-3-948675-74-5 (print; Cover: Agnostic Front)
978-3-948675-75-2 (print; Cover: Discharge)
978-3-948675-76-9 (print; Cover: Dritte Wahl)
978-3-948675-77-6 (print; Cover: Razors)
978-3-948675-78-3 (epub)
978-3-948675-79-0 (pdf)
Dieses Buch gibt es auch als E-Book – bei allen Anbietern und für alle Formate.
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Für Cuwel!Dich habe ich immer auf Konzerten getroffen.
VORWORT/FOREWORD
DISCHARGE
GUM BLEED
AGNOSTIC FRONT
GRADE 2
BISHOPS GREEN
C4SERVICE
THE GENERATORS
KEVIN SECONDS
MARC#M.A.D. TOURBOOKING
DIE LOKALMATADORE
VEGGERS
LION’S LAW
OLE#ROTE GOURMET FRAKTION
GUIDO#STAGEHAND
ABWÄRTS
MENACE
SLIME
MONKEY’S MUSIC CLUB
ANALOGS
COR
FRIEDEMANN
RANTANPLAN
AGGRESSIVE
THE MOVEMENT
FRATZ#MERCHER
THE OUTCASTS
SHANDY
BUTTERFAHRT
RAZORS
MIMMIS
THE MANGES
DRITTE WAHL
MICHAEL RAADTS#FOTOGRAF
STEPHAN UND SCHNABEL#TOURMANAGER
THE PEACOCKS
TV SMITH
MR. IRISH BASTARD
ZONA 84
TIM
DANK
Mein erstes Punk-Konzert fand im J.U.K.S. in Emsdetten statt. Auf der Bühne standen Geistige Verunreinigung und Dritte Wahl. Ich war vorher unsicher, wie sich die Leute und die Bands mir gegenüber verhalten würden. Die Sorge, nicht akzeptiert zu werden, wie es mir vorher sehr oft ergangen war, überwog meine Vorfreude. So betrat ich das Jugendheim eher vorsichtig. Nach einiger Zeit kam ich mit einem älteren, langhaarigen Typ ins Gespräch, der mir ein Bier ausgab und einfach nur quatschen wollte. Ich weiß nicht mehr, an welchem Punkt ich herausfand, dass es Busch’n von Dritte Wahl war, aber das haute mich um. Der Typ vor mir hatte Alben veröffentlicht, war auf coolen Samplern und empfand es trotzdem als ganz normal, mit dem Nordwalder Dorfpunk zu quatschen. Wir haben uns recht lange unterhalten und dann nahm er irgendwann seinen Bass, ging auf die Bühne und spielte all die geilen Lieder. Im Nachhinein wirkte das Ganze unecht auf mich, aber es blieb mir als ein großer Moment in Erinnerung.
Also ging ich weiter auf Konzerte, mal mehr, mal weniger. Festivals und große Hallen habe ich immer eher gemieden, bis 300 Personen ist ungefähr die Größe, in der ich mich wohlfühle. Dritte Wahl könnte ich so heute nicht mehr sehen, aber für die Jungs mache ich gerne eine Ausnahme.
Was damals viel Recherche erforderte, ist heute recht einfach. Jeden Tag finden irgendwo Konzerte statt, man muss nur hinfahren. War ich vor zehn Jahren noch jedes Wochenende unterwegs, ist es heute weniger geworden. Dafür fahre ich aber auch weiter, wenn ich eine Band unbedingt sehen will.
Seit 2012 fotografiere ich auch hin und wieder auf Konzerten. Mit der Zeit ist eine kleine Sammlung an Fotos entstanden und einen Teil darf ich euch hier präsentieren. Bands wie Dritte Wahl, Rantanplan, Slime oder Agnostic Front konnte ich sehr oft fotografieren und hatte viele Bilder zur Auswahl. Bei The Veggers, The Manges oder Kevin Seconds war es jeweils nur ein Konzert. Das für mich Essenzielle konnte ich trotzdem festhalten. Bei einigen Bands gab es Probleme in der Kommunikation, aber auch diese konnten überwunden werden. Herausgekommen sind 30 Bands und Solomusiker aus vielen verschiedenen Ländern, und bei jeder und jedem einzelnen bin ich bin sehr stolz darauf, sie in diesem Buch zu haben. Covid 19 passierte in den letzten Monaten der Arbeit an diesem Buch. Konzerte, die ich noch fotografieren wollte, fielen aus und ganze Touren wurden abgesagt. Ich stoppte die Arbeit am Buch komplett in der Hoffnung, dass in wenigen Wochen wieder Normalität Einzug halten würde und ich dann alles nach meinem eigenen Anspruch beenden kann. Dies trat nicht ein und ich war gezwungen, eine Entscheidung zu treffen. Ich konnte das Buch entweder halbfertig veröffentlichen und in Kauf nehmen, dass ich einige Bands in einer Besetzung präsentierte, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon ein Jahr nicht mehr aktuell ist. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, zu warten, bis ich alle Fotos zusammenhabe. Ich müsste auf das Ende einer Pandemie warten, das keiner voraussagen kann. Die Entscheidung fiel mir leicht. Meine gewählte Lösung jedoch fiel mir anfangs schwer. In meinen ersten beiden Büchern hatte ich nur meine eigenen Bilder veröffentlicht. Darauf war ich stolz und erwähnte es stets. Jetzt musste ich andere Fotografen um Hilfe bitten. Ich sprang über meinen Schatten und es war eine sehr gute Entscheidung. So kann ich das Buch annähernd in der Form veröffentlichen, in der ich es mir wünschte. Ein großes Dankeschön gebührt Kevin Winiker, Christian Thiele und Jörg Baumgarten. Ihr seid großartige Typen.
Und was passiert jetzt noch? Hoffentlich lernen wir etwas aus unserer Abstinenz. Wir lernen neuen Respekt vor Kulturschaffenden, verstehen, wie viel Arbeit in die Organisation von Konzerten gesteckt wird oder wie aufwendig es ist, in einer Band zu spielen und zu touren. Wir lernen den Wert von Musik wieder neu zu schätzen als etwas, das uns allen einen Weg aus dem Alltag zeigt. Statt des wöchentlichen Besuchs beim Psychologen gehen wir alle zu unserem lokalen Plattenladen und hören uns sämtliche neuen Platten an, die irgendwie interessant aussehen. Wir beginnen lange Diskussionen mit den Verkäufer*innen im Plattenladen. Mit denen darf man während der Arbeit quatschen, denn sie sind ja keine Busfahrer. Dann nehmen wir eine schöne Platte mit nach Hause und hören sie direkt ganz an, treffen uns mit Freund*innen und erzählen ihnen von der Neuentdeckung. Am besten machen wir ihnen immer mal wieder ein neues Mixtape. Wir kündigen alle unsere Spotify-Verträge, auch wenn man dann nicht mehr alles hören kann, was man will, denn Musik ist uns was wert, weitaus mehr als 0,4 Cent pro Stream. Wir meckern auch nicht mehr jämmerlich rum, weil ein Konzert mit drei Bands zwölf Euro Eintritt kostet, wir betteln die Bands nicht um Gästelistenplätze an. Von jetzt an machen wir alles besser oder zumindest versuchen wir es, okay?
Münster, 21.09.2020
My first punk concert took place at J.U.K.S. in Emsdetten. On stage were two bands, Geistige Verunreinigung and Dritte Wahl. I wasn’t sure how the people and the bands would treat me. The worry of not being accepted, as I had experienced before, outweighed my anticipation. So, I entered the youth club rather cautiously. After a while I got into a conversation with an older, long-haired guy who bought me a beer and just wanted to chat. I don’t remember how I found out that it was Busch’n from Dritte Wahl, but by this I was blown away. The guy in front of me had released albums, contributed to cool samplers and still found it normal to chat with the punk kid from provincial backwater Nordwalde. We talked for a long time and then he took his bass, went on stage and played all the great songs. In retrospect, the whole thing seems unreal to me, but I remember it as a great moment.
So I kept going to concerts, sometimes more often, sometimes less. I’ve always avoided festivals and large venues, up to 300 people is about the size in which I feel comfortable. This way, I wouldn’t be able to see Dritte Wahl today, but I’d happily make an exception for the boys.
What required a lot of research in these days is quite simple now. Every day there are gigs somewhere, you just have to go. Ten years ago, I was out and about every weekend, today it has become less. But I also drive further away if I really want to see a band.
Since 2012 I’ve been taking pictures at concerts every now and then. Over time this resulted in a small collection of photos, and I’d like to present some of them here.
I managed to photograph bands like Dritte Wahl, Rantanplan, Slime or Agnostic Front a lot of times and had many pictures to choose from. For The Veggers, The Manges or Kevin Seconds there was only one concert each. I was still able to capture what was essential for me. With some bands I had communication problems, but these also could be overcome. The result is 30 bands and solo artists from many different countries and I’m very proud to have each one in this book.
Covid 19 happened in the last few months of working on this book. Shows that I still wanted to photograph and even whole tours got canceled. I stopped working on the book, hoping that in a few weeks things would return to normal and I’d be able to finish everything according to my own demands. This didn’t happen and I had to make a decision. I could either publish the book half-finished and accept the presentation of a few bands with a line-up that was out of date at the time of publication. Another option would have been to wait until I have all the photos completed. I’d have to wait for the end of a pandemic that no one can predict. The decision was easy. My chosen solution, however, was initially difficult for me. In my first two books I only published my own pictures. I was proud of that and always mentioned it. Now I had to ask other photographers for help. It cost me quite an effort but it was a very good decision. So, I can publish the book in almost the desired form. A big thank you goes to Kevin Winiker, Christian Thiele and Jörg Baumgarten. You are great guys.
So, what else will happen now? Hopefully we’ll learn something from our abstinence. We learn a new respect for creative people, understand how much work is put into organizing concerts or how much effort it is to play and tour with a band. We are relearning the value of music as something that shows us a way out of everyday life. Instead of going to the psychologist every week, we all go to our local record store and listen to any new record that looks interesting. We start long discussions with the sellers in the record store. You can chat with them while they work, because they’re not bus drivers. Then we take a nice record home and listen to it straight away. We meet up with friends and tell them about the new discovery. Optimally make them a new mixtape every now and then. We all cancel our Spotify contracts, although you can no longer hear everything you want, because music is worth a lot to us, far more than 0.4 cents per stream. We also no longer complain miserably about a concert with three bands for twelve euros admission, we don’t beg the bands for guest list places. From now on we do everything better, or at least we try, okay?
Münster, 09/21/2020
Wie viele Shows pro Jahr spielt ihr?
Ich würde sagen durchschnittlich ungefähr 50. Wir sind keine große Tourband, aber wir versuchen so viele Shows wie möglich zu spielen.
Du hast also noch einen anderen Job?
Ja, ich arbeite zwei Tage die Woche. Zum Glück kann ich meine Arbeitszeit selbst auswählen, was es sehr einfach macht. Wenn ich arbeiten muss, kann ich arbeiten, aber ich muss nicht arbeiten. Ich behalte den Job als Backup. In einer Band zu sein, ist nicht immer gleich. Es gibt Monate, in denen wir sehr beschäftigt sind, aber manchmal spielen wir nicht mal eine Show in einem Monat, und dafür brauche ich den Job.
Du kannst aber mit der Band Geld verdienen?
Wenn wir regelmäßig spielten, würde es ausreichen, um davon zu leben. Aber es wäre kein luxuriöser Lebensstil. Andererseits ist es zu anstrengend, in einer Band zu spielen und einen Vollzeitjob zu haben. Man muss also Kompromisse eingehen.
Tourt ihr denn noch für ganze Wochen oder meistens am Wochenende?
Wir versuchen jedes Jahr eine Tour zu machen, bei der wir jeden Tag spielen, zum Beispiel wenn wir zu einem Ort wie Finnland oder den Niederlanden fliegen, aber ansonsten ist es meistens das Wochenende. An manchen Wochenenden ist es nur ein Auftritt. Das ist eine andere Sache. Wir stehen früh auf, um unseren Flug zu erwischen, und meistens sind wir dann auch super früh am Veranstaltungsort, spielen aber erst um elf Uhr. Das bedeutet, dass man viel Zeit totzuschlagen hat, aber keine Ruhe finden kann, weil immer etwas passiert.
Und nachdem wir gespielt haben, ist es ungefähr zwölf, und wenn wir mit den Leuten fertig geplaudert und ein paar Biere getrunken haben, ist es mindestens zwei. Unser Rückflug startet ebenfalls früh am Morgen und man muss zwei Stunden im Voraus am Flughafen sein, also hat man nur sehr wenig Zeit zum Schlafen. Wenn wir diese einmaligen Shows machen, ist es manchmal schwieriger, als ein ganzes Wochenende zu touren, denn dann haben wir zumindest etwas Zeit, um uns ein bisschen zu entspannen.
Was machst du, wenn du Freizeit unterwegs hast?
Ich nehme immer Bücher mit, aber ich kann sie nie lesen.
Und was ist mit dem sogenannten Rock’n’Roll-Lebensstil?
Das kannst du machen, wenn du eine große Band bist und genug Geld verdienst, um in einem verdammt großen Tourbus herumzufahren und alles von anderen erledigt wird. Aber das sind wir nicht, wir machen immer noch die ganze Arbeit selbst.
Aber ihr seid eine der einflussreichsten Punkbands aller Zeiten?
Ja, wir mögen berühmt sein, aber wir sind definitiv nicht reich und berühmt.
Stört dich das? Es gibt fast keine Punk- oder Metalband da draußen, die euch nicht als einen ihrer Einflüsse bezeichnet, und einige von denen werden wirklich groß und spielen in den großen Hallen.
Nein, wir haben immer noch unsere Integrität. Wir spielen die Songs, die wir spielen wollen, ohne Hintergedanken. Wenn es uns ums Geld ginge, hätten wir vor Jahren aufhören müssen. Die Band ist jetzt 40 Jahre alt. So machen wir das halt.
Ihr habt eure letzte Platte auf Nuclear Blast veröffentlicht, einem der größten Namen in Deutschland. Hilft das nicht beim Verkauf von Alben?
Wir haben auch Sachen auf DIY-Labels veröffentlicht, wie unser vorletztes Album, aber die hatten nicht die Mittel, um es richtig zu promoten. Nuclear Blast hat alle wissen lassen, dass wir ein neues Album herausbringen, das war großartig. Das ist ein großer Vorteil, aber die Musikindustrie hat sich verändert und die Labels verdienen heutzutage nicht genug Geld, um auch die Bands zu bezahlen. Wir müssen unser Geld auf der Straße verdienen.
Wie macht ihr das? Ist es die Gage, die ihr von den Veranstaltern erhaltet, oder ist es das Merch?
Das hängt von dem Land ab, in dem wir sind. In einigen von ihnen verkaufen wir kein Merch, in anderen ist es viel. Aber wir wissen meistens aus Erfahrung vorher, wo wir viel verkaufen und wo nicht. Manchmal machen wir spezielle T-Shirts für Gigs, was es etwas persönlicher macht.
Welches Publikum schätzt ihr am meisten?
Für uns ist es hauptsächlich Osteuropa wie die Tschechische Republik. Da gehen die Leute wirklich aufs Ganze. Da kommen nicht so viele Bands vorbei, also machen sie das Beste aus jeder Show. Was die Publikumszahlen angeht, gibt es sogar innerhalb von Großbritannien große Unterschiede. Wenn wir in London spielen, ist das Publikum wirklich gut und viele junge Leute kommen, aber je weiter wir nach Norden gehen, desto mehr alte Punkrocker kommen, um ihre Jugend noch einmal zu erleben. Es ist dann keine sehr aktive Truppe.
Gibt es Länder, die ihr noch besuchen möchtet?
Ja, wir wollen unbedingt nach Australien, aber bisher hat es nicht geklappt. Wir hatten kein anständiges Angebot. Discharge hat in vielen Ländern auf der ganzen Welt gespielt, aber dieses fehlt noch.
Ich habe von vielen Bands gehört, dass sie auf dem europäischen Festland viel besser behandelt werden als in England. Ist das für eine Band wie Discharge auch so?
Wir erleben das Gleiche. In England wird man nicht sehr gut behandelt. In Europa hingegen kümmern sich die Veranstalter um die Bands, sie verpflegen die Bands und man fühlt sich willkommen. Es ist viel professioneller als in England. Dort wollen sie nur, dass du spielst, bezahlt wirst und verdammt noch mal abhaust.
Gibt es einen Ort, an dem du nicht mehr spielen willst?
Wahrscheinlich die USA, denn als wir das letzte Mal in den USA waren, wurden wir immer von den Veranstaltern abgezockt. Aber außerdem ist es zu schwer, in die Staaten zu gelangen. Rainy und Tezz können sowieso nicht rein, also müssten wir los und Ersatz für sie finden. Aber selbst wenn sie reinkommen könnten, würden wir wahrscheinlich wieder abgezockt werden. Das ist eine Schande, denn wir haben unsere größte Fangemeinde in den USA, Mittelamerika und Südamerika.
Aber ihr könntet dorthin gehen?
Ja, könnten wir, und die Band war da, bevor ich dazukam. Wir bekommen immer noch viele Angebote, aber man muss wissen, mit wem man es zu tun hat. Aber wir werden das machen, wenn es eine gute Gelegenheit gibt.
Teilt ihr die Verantwortung in der Band?
Wir sind wirklich eine sehr unorganisierte Band. Wenn also etwas getan werden muss, tut es einer von uns, aber wir haben keine Verantwortlichkeiten festgelegt. Wir sind nur professionelle Musiker.
Ich habe das gemerkt, als Tezz bei der Show in Deventer für Rainy am Bass einsprang. Es war kein großer Unterschied. Es war so, als hättet ihr zu fünft gespielt.
Er ist in allem großartig. Als Discharge anfing, war er der Sänger, dann der Schlagzeuger und 2014 wechselte er zur Rhythmusgitarre. Er hat mit mir auch Bass bei Broken Bones gespielt.
Du warst der Sänger von Broken Bones, bevor du Rat von den Varukers als Sänger von Discharge ersetzt hast. Musstest du darüber nachdenken, als du gefragt wurdest?
Ja, musste ich. Ich habe viel darüber nachgedacht und dann gesagt, ich werde es versuchen und wenn es nicht klappt, verpisse ich mich halt wieder. Zum Glück war es großartig.
Bist du als jüngstes Mitglied gleichberechtigt in der Band?
Ja, wir sind alle gleich in der Band und wir entscheiden gemeinsam über die wichtigen Dinge. Niemand ist wirklich der Chef.
Habt ihr noch viele Streitigkeiten oder seid ihr euch alle ziemlich einig?
Ja, es gibt Streits. Es gibt immer Streits, Dauerstreit. Das gehört dazu, in einer Band zu sein, denke ich. Aber wenn wir nicht auf Tour sind, sehen wir uns nicht so oft, weil wir alle in verschiedenen Teilen des Landes leben.
Müsst ihr proben?
Nein, wir üben nur, wenn wir an neuem Material arbeiten müssen. Die Gigs sind unsere Proben.
Wer hat neue Ideen, schreibt ihr die Songs zusammen?
Wir schreiben die Songs normalerweise zusammen und arbeiten zusammen daran.
Hattest du jemals das Gefühl, dass du einen Teil des Zorns verloren hast, den du mit 18 gefühlt hast? Ist es schwieriger, ehrliche, harte Musik zu schreiben?
Natürlich ist es nicht mehr dasselbe, aber der Ärger kommt immer noch heraus und die Zeiten haben sich nicht wirklich geändert. Menschen haben sich seit Anbeginn der Zeit gegenseitig getötet. Wir sind jetzt nur konditioniert, das zu kontrollieren.
Aber das kannst du vergessen, denn meiner Meinung nach ist der Zustand der Welt schlechter als je zuvor. Es gibt den Aufstieg des rechten Flügels, der Faschismus kommt mit aller Gewalt zurück. Wir haben seit den 1960er Jahren große Fortschritte in der Bürgerrechtsbewegung erzielt. Wir haben jetzt eine Homo-Ehe, viele Rechte, aber in letzter Zeit scheint es, als würden wir uns zurückbilden.
Hast du Angst, dass der Brexit es dir schwerer machen wird, auf Tour zu gehen?
Ja, es wird die Dinge definitiv schwieriger machen. Möglicherweise müssen wir wieder Visa beantragen. Ich verstehe nicht, warum die Leute das wollten. Ich möchte niemanden als dumm bezeichnen, aber das war eine dumme Entscheidung.
Hörst du immer noch viel neue Musik?
Ja, das tue ich. Die meiste Zeit meines Lebens war es nichts als Punk. Jetzt, da ich älter werde, höre ich im Grunde alles, wenn es nur gut und echt ist.
Habt ihr ein spezielles Studio, in dem ihr eure Alben aufnehmt?
Das letzte Album, das wir aufgenommen haben, wurde von allen als richtig großartig gelobt. Die Leute sagten, es sei der Sound von Discharge, aufgenommen mit moderner Technologie. Die Wahrheit ist, dass es in einem kleinen Studio mit Bändern aus den 70ern aufgenommen wurde. Aber manchmal läuft es einfach.
Was war die schlimmste Erfahrung auf Tour überhaupt?
Das war, als man mich wegen meiner Vorstrafen nicht nach Kanada lassen wollte.
Und die beste Erfahrung?
Das war erst vor ein paar Wochen, als wir mit Max und Igor Cavalera von Sepultura auf die Bühne gingen, um einige Discharge-Songs zu spielen. Das war sehr cool.
Hast du einen Backup-Plan, falls sich die Band nächste Woche trennen würde?
Ja, eine neue Band gründen. Für mich gibt es kein Zurück. Ich habe gerade einen Job, ich arbeite zwei Tage die Woche. Aber das könnte ich nicht hauptberuflich machen. Mein Pensionsplan ist es, eine verdammte Hütte im Wald zu bauen und dort zu leben.
How many shows a year do you play?
I would say averagely about fifty. We’re not a big touring band, but we try to play as many shows as possible.
So, you still have day jobs?
I have, I work two days a week. Luckily, I get to pick my hours, which makes it very easy. If I need to work, I can work, but I don’t have to work. I keep the job as a back-up. Being in a band is not consistent. There are months when we are very busy, but other times we might not play one show for a month and for that I need the job.
So, of course you’re able to make a profit from the band?
If we played regularly, it would be enough to live by. But it would not be a luxurious lifestyle. But on the other hand, it‘s too much to play in the band and do a full-time job. So you have to compromise.
Do you still do full tours throughout the week or is it mostly on the weekend?
We try to do one whole tour each year, where we play every day, for example if we fly to another place like Finland or the Netherlands, but apart from that it’s mostly the weekend. Some weekends it’s only one gig. That’s another thing. We get up early to catch our flight and mostly we’re at the venue super early. But we’re playing at eleven o’clock. That means you have a lot of time to kill, but you can’t find any peace because there’s always something happening. And after we played, it’s round twelve and when we’re finished chatting to the people and having a few beers it’s at least two. Our flight back leaves early in the morning as well and you have to be at the airport two hours in advance, so you got very little time to sleep. So sometimes if you do these one off shows it’s actually harder than touring for a whole weekend, because then you have at least some time to relax a bit.
What do you do, when you have spare time on the road?
I always bring books with me but I never get to read them.
But what about the so-called rock’n’roll lifestyle?
You can do that when you’re a big band and making enough money to drive around in a fucking big tour bus and got everything taken care of. But that’s not us, we still do all the work ourselves.
But you are one the of the most influential punk bands of all time?
Yes, we may be famous, but we are definitely not rich and famous.
Does that bother you? There’s almost no punk or metal band out there that doesn’t name you as one of their influences and some of them are really making it big and playing the big venues?
No, we still have our integrity. We play the songs we wanna play without any ulterior motive. If we’d be in it for the money we should have quit years ago. The band is now 40 years old. This is just what we do.
You released your last record on Nuclear Blast, which is one of the biggest names in Germany, doesn’t that help in selling albums?
We’ve put stuff out on DIY labels as well, like the second to last album the band made, but they didn‘t have the funds to promote it properly. Nuclear Blast has let everybody know that we have a new album out, that was great. That is a big advantage, but the music industry has changed and the labels nowadays aren’t making enough money to also pay the bands. We have to make our money on the road.
How do you do that? Is it the fee you get from the promoters or is it the merch?
That depends on the country you are in. In some of them you don’t sell any merch, in others it is a lot. But we mostly know beforehand from experience where we’ll sell a lot of stuff and where we won’t. Sometimes we make special T-Shirts for gigs, that makes it a bit more personal.
Which are the most appreciative audiences?
For us it’s mostly Eastern Europe, like the Czech Republic. They really fucking go for it over there. Not so many bands come over there, so they make the best of every show. Crowd-wise there are even large differences within the UK. When we play in London, the crowd is really good, a lot of young people come, but it seems the further north we go it’s just a lot of old punkrockers coming to relive their youth. It’s not a very active crowd.
Are there countries you still want to visit?
Yes, we really want to go to Australia, but so far it hasn’t worked out. We haven’t had a decent offer. Discharge has played a lot of countries all over the world, but that one is still missing.
I heard from a lot of bands that they get treated much better in mainland Europe than in England. Is that the same for a band like Discharge?
We experience the same thing. In England you don’t get treated very well. In Europe on the other hand, the promoters take care of the bands, they feed the bands and they make you feel welcome. It’s much more professional than in England. There they just want you to play, get paid and get the fuck out.
Is there a place you don’t want to play anymore?
Probably the USA, because the last times we have been to the USA we always got ripped off by the promoters. But besides that, it’s too hard to get into the States. Rainy and Tezz can’t get in anyway, so we would have to go and have people fill in for them. But even if they could get in, we would probably get ripped off again. That’s a shame because we have our biggest fan base in the US, Central America and South America.
But you could go there?
Yes, we could and the band did before I joined. We still get a lot of offers, but you need to know who you are dealing with. But we will do it if a good opportunity comes up.
Do you share the responsibility in the band?
We really are a very disorganized band. So, if anything has to be done, one of us does it but we didn’t appoint responsibilities. We are only professional musicians.
I noticed that when Tezz filled in for Rainy on bass at the show in Deventer. There was not a big difference to you playing as a five-piece.
He is great at everything. When Discharge started, he was the singer, then he was the drummer and in 2014 he came in on rhythm-guitar. He also played bass in Broken Bones with me.
You were the singer of Broken Bones before you filled in for your former singer Rat from the Varukers. When you were asked, did you have to think about it?
Yes, I did. I thought a lot about it and then I said I’ll try it and if it goes south I’ll piss off. Luckily it turned out great.
Are you as the youngest member an equal in the band?
Yes, we are all equal in the band and we decide the important things together. No one is really in charge.
Do you still have many arguments or is everybody pretty much on the same page?
Yes, there are arguments. There are always arguments, non-stop arguments. That’s part of being in a band, I think. But when we‘re not on tour, we don’t see each other that much because we all live in different parts of the country.
Do you need to practice?
No, we only practice when we need to work on new material. Every other time the gigs are our practice.
Who comes up with new ideas, do you write the songs together?
We generally write the songs together and work on them together.
Did you ever have the feeling that you’ve lost part of the anger you felt when you were 18? Does it make it harder to write honest hard sounding music?
Of course, it is no longer the same, but the anger still comes out and the times haven’t really changed. Man has been killing man since the beginning of the times. We’re just conditioned now to control it. But you can disregard that, because in my opinion the state of the world now is worse than ever. You got the rise of the right wing, fascism is coming back hard. We’ve had a lot of progress from the 1960s, from the civil rights movement. We now have gay marriage, a lot of rights but lately it feels like we are regressing.
Are you afraid that Brexit is gonna make it harder for you to tour?
Yes, it’s definitely going to make things more difficult. We might need to apply for visas again. I don’t understand why people wanted that. I don’t want to call anybody stupid, but that was a stupid decision.
Do you still listen to a lot of new music?
Yes, I do. Most of my life it has been nothing but punk. Now, that I get older, I basically listen to everything, if it is good and it is real.
Do you have a special studio that you use to record your albums?
The last album we recorded was praised by everybody as sounding so great. People said it was the sound of Discharge recorded with modern technology. Truth is, it was recorded on tapes from the 70s in a small studio. But sometimes things just work out.
What was the worst experience on tour ever?
That was when they didn’t want to let me into Canada because of my criminal record.
And the best experience?
That was just a few weeks ago when we went on stage with Max and Igor Cavalera of Sepultura to play some Discharge songs. That was very cool.
Do you have a back-up plan, in case the band falls apart next week?
Yes, start a new band. There is no turning back for me. I have a job right now, I work two days a week. But it’s not something I could turn into a career. My retirement plan is to build a fucking shelter in the woods and live there.
Dee, du hast 2006 mit Gum Bleed angefangen. Hattest du vorher schon Bands?
Gum Bleed war meine erste Band und ich habe sie gegründet. Ich bin das letzte ursprüngliche Mitglied, aber Xin, der früher unser erster Bassist war, ist immer noch bei uns. Xin hilft uns jetzt beim Merchandise und fährt uns.
Eure erste Deutschland-Tour war im Jahr 2009. Wie habt ihr die Tour von China aus organisiert?
Xin ist nach Finnland gezogen und hat die dortigen Punks kennengelernt. Er erzählte ihnen von uns und wir wurden eingeladen, beim Puntala Rock Festival zu spielen. Das ist das legendärste finnische Punk- und Hardcore-Festival. Im selben Jahr trafen wir Mr. Irish Bastard und halfen ihnen bei der Organisation ihrer ersten China-Tour. Als wir ihnen sagten, dass wir durch Europa touren wollten, stellten sie uns einem deutschen Booker vor. Bei dieser ersten Tour spielten wir sieben oder acht Gigs in Finnland und drei Gigs in Deutschland.
Und 2019 findet bereits eure fünfte Tour statt. Arbeitet ihr jetzt fest mit einer Booking-Agentur in Deutschland zusammen?
Nein, wir organisieren das selbst. Xin hat uns von Anfang an in Finnland geholfen, und nach den Touren der letzten Jahre kennen wir mittlerweile viele Leute in ganz Europa, sodass wir dieses Mal alles selbst buchen können.
Wenn ihr nach Deutschland kommt, bekommt ihr dann Unterstützung vom chinesischen Kulturamt oder etwas Ähnlichem wie dem Goethe-Institut in Deutschland?
Nein, wir bekommen keine Hilfe. Wir könnten fragen, aber es wäre schwer für eine Punkrockband. Eigentlich wollen wir auch nicht, dass die Botschaft oder die Kulturabteilung uns in den Fokus nehmen. Das würde viele Einschränkungen bedeuten und wir müssten ihnen ständig Bericht erstatten. Wir wollen unabhängig sein.
Wie viel Unterdrückung erlebt ihr als Band im Alltag? Könnt ihr überall spielen, wo ihr wollt?
Nein, nicht wirklich, du kannst natürlich in einer Band in Beijing spielen. Die Punk-Bewegung begann Ende der 90er Jahre in China. Es gab einige Punkbands und sie veröffentlichten einen Sampler namens Boring Army. Das war so die boomende Zeit für Punkrock und sogar Metal. Ich war zu dieser Zeit auf der High-School und lernte diese Musik kennen. Wir hörten englische und amerikanische Punkbands wie The Clash, The Ramones, Black Flag und The Casualties.
War es schwierig, die Platten zu bekommen?
In vielen Plattenläden konnte man die Rockplatten nicht einfach bekommen, aber wir wussten schon wie. In meiner Heimatstadt gab es nur einen Plattenladen. In Shijiazhuang wurden Punk- und Rock-CDs verkauft, aber mit einem Loch darin. Ich denke, das waren die geschmuggelten Platten, die vom Zoll durch das Bohren von Löchern zerstört werden sollten.
Einige von ihnen funktionierten jedoch immer noch. Manchmal konnte man nur ein paar Songs hören, aber oft funktionierte die CD komplett.
Wie viele Punkshows gab es in dieser Zeit in einem Jahr?
Das waren ungefähr 200 in China, vermute ich. In unserer Heimatstadt und auch in Beijing gab es viele Shows. Ich denke, es gab ungefähr drei oder vier Clubs in Beijing, in denen Punkbands spielen konnten.
Hatten diese Clubs Probleme mit der Regierung?
Bis heute gibt es eine Grauzone bei der Organisation von Shows. Normalerweise müsste man bei der Regierung eine Lizenz beantragen, um Shows zu veranstalten. Aber niemand macht das für kleine Shows. Wenn es größere Shows sind, ist es klüger, die Lizenz zu haben. Andernfalls könnten diese Shows verboten werden.
Wie lange habt ihr gebraucht, um eure erste Show zu spielen?
Wir haben ungefähr einen Monat gebraucht. In dieser Zeit war es viel einfacher, live zu spielen. Heutzutage gibt es so viele Bands und es wird immer kommerzieller. Der Kapitalismus beeinflusst China in jeder Ecke und auch in der unabhängigen Musikszene. Es gibt große kommerzielle Festivals, und wir haben sogar Internet-Shows über Rockbands. Rockmusik ist momentan sehr beliebt und das macht es für echte Punk- oder Independentbands noch schwieriger, die Aufmerksamkeit der Masse auf sich zu ziehen.
Wie viele Gäste kamen 2019 normalerweise zu einer eurer Shows in Beijing?
Es hängt davon ab. In den Anfangsjahren war es einfacher und viele Leute kamen zu Shows. Heutzutage haben wir so viele kommerzielle Musikfestivals, TV-Shows und Livestreams. Das macht es wie gesagt schwieriger, die Aufmerksamkeit der Leute zu erregen. Heute kommen rund 200 bis 400 Leute zu unseren Headlinershows. Kommerzielle Bands spielen vor bis zu 3.000 Zuschauern.
Beijing ist so eine große Stadt, gibt es überall in der Stadt Punkshows oder gibt es bestimmte Viertel?
Beijing ist eine riesige Stadt, aber fast alle Veranstaltungsorte befinden sich jetzt im selben Bezirk (East City District). Die aktive Punkszene in Beijing ist noch klein. Es gibt ungefähr 100 Leute, die wirklich in den Punkshows und im Geschäft aktiv sind.
Wie viele Shows pro Jahr spielt ihr?
Etwa 30–40 in China.
Meistens in und um Beijing?
Nein, wir reisen auch in andere Städte. Im Moment reisen wir aber nicht so viel durch China, weil wir seit drei Jahren kein neues Album mehr veröffentlicht haben. Aber letztes Jahr haben wir in vielen Städten auf Punkfestivals gespielt.
Wenn ihr ein neues Album aufnehmen möchtet, habt ihr dafür unabhängige Aufnahmestudios?
Ja, davon gibt es viele.
Ihr habt eure letzten Platten auf Vinyl veröffentlicht. Gibt es dafür einen Markt in China?
Ja, die Zahl der Menschen, die sich für Vinyl interessieren, wächst definitiv.
Und gibt es in China Presswerke?
Ich habe gehört, dass es in Guangzhou in China Presswerke gibt, die das Pressen übernehmen können, aber chinesische Punk- und Metalbands arbeiten hauptsächlich mit Presswerken in der Tschechischen Republik. Ich weiß nicht warum, vielleicht haben sie dort gute Qualität und günstige Preise. Am Anfang haben wir nur CDs veröffentlicht, aber das hat sich geändert.
Wie viele Plattenläden gibt es, in denen ihr eure Schallplatten verkaufen könnt? Oder gibt es andere Vertriebsmöglichkeiten?
Für unser letztes Album hat das Label die ganze Arbeit gemacht. Wir können das aber auch unabhängig tun. Jede große Stadt in China hat mindestens einen Plattenladen, der Punkplatten verkauft. Ich nehme an, dass es ungefähr 30–40 aktive Plattenläden in ganz China gibt. Außerdem haben wir Taobao online, ähnlich wie hier Ebay. Dort kann man auch Schallplatten verkaufen und kaufen.
Hattet ihr Probleme mit der chinesischen Regierung, seit ihr die Band gegründet habt?
Nicht viel. In China muss man einen Barcode beantragen, wenn man ein Album ordnungsgemäß veröffentlichen will. Das Label, das unser letztes Album veröffentlicht hat, hat uns gebeten, unsere Texte zu ändern, weil die Regierungsbehörde sie kontaktiert hat. Wir sagten nein und deswegen gab es eine Diskussion über die Texte und dann hat die Behörde sie akzeptiert. Es ist einfacher, das so zu regeln, als wenn wir es selber tun müssten.
Kommen denn Polizisten zu euren Shows?
Ja, das ist auch schon passiert. Allerdings auch letztes Mal, als wir in Münster gespielt haben. Normalerweise tauchen sie aber nicht auf. Nur wenn sich die Nachbarn beschweren. Aber das ist noch nicht oft vorgekommen.
Denkt ihr, dass die chinesische Regierung eine Diktatur ist?
Ja, dem stimmen wir zu. Ehrlich gesagt ist unsere Freiheit als chinesische Staatsbürger eingeschränkt. Wir können wählen, ob wir Punkrocker oder Hip-Hop-Rapper sein wollen, wir können in einem Techno-Club tanzen, wir können im Ausland touren und mit ein paar coolen Leuten und Aktivisten rumhängen, aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu weit gehen, weil sie uns beobachten könnten. Wir denken auch, dass das System der Diktatur und das demokratische System tatsächlich voneinander lernen. In den demokratischen Systemen gibt es weltweit zu viele Probleme in den letzten Jahren. Macht und Angst sind ihre Methoden, aber ich denke, Demokratie ist immer besser als Diktatur. Man hat bessere Chancen auf Gerechtigkeit und freie Entscheidungen. Passt auf mit dem Populismus, er kann von den Propagandamaschinen nicht nur der Diktatur, sondern auch der demokratischen Systeme zur Manipulation von Menschen verwendet werden.
Wie viele Platten habt ihr bisher veröffentlicht?
Zwei Alben und drei EPs.
Die Kosten für diese Deutschland-Tour müsst ihr selbst bezahlen. Könnt ihr so Geld verdienen?
Bisher konnten wir die Kosten immer wieder einspielen. Wir haben die Kosten vorherberechnet und verhandeln mit den größeren Shows und Festivals darüber, was wir brauchen. Wenn wir viel Merch verkauft haben, haben wir sogar mehr eingenommen als die reinen Kosten.
Ihr bucht die Konzerte also selbst?
Wir hatten einen Booker in Deutschland für unsere letzte Tour, aber diesmal hat er nur die Festivals für uns gemacht. Er beschwerte sich, dass es ihm zu mühsam ist, die gesamte Tour im Sommer zu organisieren. Also haben wir die Kontakte und Freunde hier genutzt und uns zwölf Shows in Deutschland, Österreich, Dänemark und der Tschechischen Republik selbst gebucht.
Es gibt fünf Leute in Gum Bleed, aber nur vier spielen Instrumente. Ist das richtig?
Der Fünfte, Nigel, ist unser VJ. Viele Veranstaltungsorte in China haben Bildschirme und Projektoren, manchmal sogar LED-Bildschirme. Da lässt sich etwas Kreativeres, Künstlerischeres oder Interessanteres gestalten als nur eine einfache Kulisse. Wir waren auch eine der ersten Bands, die einen VJ in China hatten. Meistens haben das nur die Indie-Rockbands, aber jetzt versuchen es auch viele Punkbands in China.
Wenn ihr ein neues Album aufnehmt, habt ihr dann einen Plan, dem ihr folgt? So was wie Lieder auf Chinesisch singen, um ein größeres Publikum in China anzusprechen?
Haben wir nicht, aber das Label hat uns gebeten, auf unserem nächsten Album ein paar chinesische Lieder zu singen. Es kann sehr hilfreich sein, die Aufmerksamkeit des Mainstream-Publikums in China zu erregen.
Gibt es außerhalb von Beijing noch andere Hotspots für Punkrock in China?
Die aufregendste Punkszene in China befindet sich in den großen Städten. Beijing hat immer die meisten Bands und ein großes Publikum. Wuhan war früher großartig, aber jetzt müssen wir zwei Jahre im Voraus buchen, wenn wir dort eine Show spielen möchten. Shanghai ist auch großartig mit einer internationalen und jungen Szene. In Hongkong ist es schwierig geworden. Es gab da einen coolen Club namens Hidden Agenda, aber der hatte immer Probleme mit der lokalen Regierung. Dieses Jahr stelle ich fest, dass immer mehr junge Leute an Punkshows teilnehmen, ich meine Jugendliche so um die 20. Dasselbe können wir diesmal in Europa auf der Tour sehen. Wir sind sehr glücklich und ermutigt, Punk ist nicht tot!
Gibt es Probleme mit Rassismus in China?
Rassismus ist in China kein großes Thema. Die Leute konzentrieren sich auf die Wirtschaft und arbeiten hart, um das Wachstum zu vergrößern, das ist das Hauptthema, egal woher du kommst oder wer du bist. Natürlich existiert Rassismus, aber ganz anders als hier. Er wird nicht auf dem Niveau anerkannt, wie in der westlichen Welt. Er ist einfach Teil des Alltags. Das ist ein Thema, das wir versuchen, den Leuten nahezubringen.
Dee, you started Gum Bleed in 2006. Have you had bands before?
My first band was Gum Bleed and I started it. I’m the last original member, but Xin, who used to be our first bass player, is still with us here. Xin is helping with the merchandise and driving now.
Your first Germany tour was in 2009. How did you organize the tour from China?
Xin moved to Finland and got to know the local punks there. He told them about us and we got invited to play at Puntala Rock Festival. That’s the most legendary Finnish Punk and Hardcore Festival. In the same year we met Mr. Irish Bastard and helped them to organize their first China tour. When we told them that we wanted to tour Europe, they introduced us to a German booker. That first tour we played seven or eight gigs in Finland and three gigs in Germany.
And this is already your fifth tour in 2019. Are you now working steadily with a booking agency in Germany?
No, we do it ourselves. Xin helped us from the beginning in Finland and we already know many people around Europe after years of touring, so we can book it ourselves this time.
If you come to Germany, can you get any help from the Chinese Office of culture or something similar to Goethe Institute in Germany?
No, we don’t get any help. We might ask from them, but it would be hard for a punk rock band. Actually, we don’t want to let the embassy or the cultural department target on us. That would mean a lot of restrictions and we would have to report back. We want to be independent.
How much suppression do you experience as a band in everyday life? Are you free to play wherever you want?
No not really, you can of course play in a band in Beijing. The punk movement started in China in the late 90s. There were a few punk bands and they released a compilation called Boring Army. That was like the booming time for punk rock and even metal music. I was in high school at that time and introduced me to the music. We started to listen to English and American punk bands like The Clash, The Ramones, Black Flag and The Casualties.
Was it hard to get the records?
You couldn’t get the rock records easily in a lot of record stores, but we had our ways. There was only one record store in my hometown. Shijiazhuang sold the punk and rock CDs, but with a hole on them. I guess those were the smuggled records supposed to be destroyed by drilling holes from the customs. Some of them still worked though. Sometimes you could only listen to a few songs, but many times the CD still worked.
How many punk shows happened in a year in that time?
That was around 200 in China, I guess. In our hometown and in Beijing as well there were a lot of shows. I guess there were about three or four clubs in Beijing where punk bands could play.
Did those clubs have trouble with the government?
Even until today there is a grey area in organizing shows. Normally you would have to apply for a license with the government to organize shows. But no one does it if you only do small shows. If you do bigger shows, it’s smarter to have the license. Otherwise they might shut down the shows.
How long did it take you to play your first show?
It took us about one month. In that time, it was a lot easier to get shows. Nowadays there are so many bands and it’s gotten more and more commercial. Capitalism is affecting China in every corner and also in the independent music scene. There are big commercial festivals and we even have internet shows about rock bands. Rock music is very popular right now and that makes it even harder for real punk or independent bands to get the attention from the mass.
How many people usually showed up, if you did a show in Beijing in 2019?
It depends. In the early years it was easier and a lot of people came to shows. Nowadays we have so many commercial music festivals, TV shows and live streams. That makes it harder to get the people's attention as I mentioned. Today there are around 200 to 400 people that always come to our headlining shows. Those commercial bands can play to up to 3,000 people.
Beijing is such a big city, are there punk shows all over the city or do you have certain quarters?
Beijing is a huge city but almost all the venues are in the same district now (East City District). The active punk scene in Beijing is still small. There are about 100 people that are really active in the punk shows and business.
How many shows a year do you play?
Roughly around 30–40 in China.
Mostly in and around Beijing?
No, we also travel to other cities. Right now, we don’t travel around China that much, because we haven’t released a new album in three years. But last year we played punk festivals in many cities.
If you want to record a new album, do you have independent recording studios?
Yes, we do, quite a lot.
You put out your last records on vinyl. Is there a market for that in China?
Yes, there is, the number of people interested in vinyl is definitely growing.
And are there any pressing plants in China?
I have heard that there are pressing plants in Guangzhou in China that can do the pressing, but Chinese punk and metal bands mostly work with pressing plants in the Czech Republic, I don’t know why, maybe they have good quality and fine price there. In the beginning we would only release CDs but that has changed.
How many record stores are there that will sell your records? Or do you have other means of distribution?
For our last album, the label did all the work. But you can do it independently as well. Every big city in China has at least one record store that sells punk records, so if you ask how many stores in China I assume there are around 30–40 active record stores. Besides that, we have Taobao stores online, similar to what Ebay is here. You can sell and buy records there.
Have you had trouble with the Chinese government since you started the band?
Not much. In China you have to apply for a bar code if you want to release an album properly. The label that released our last album asked us to change our lyrics, because the government agency contacted them. We said no and so they had a discussion about the lyrics and the agency accepted it. That is an easier way to do the business than doing it yourself.
Do policemen show up at your shows?
Yes, that has happened. But it also happened during our last show in Muenster. Normally they don’t show up. Only when the neighbours complain. But this has not happened a lot.
Do you think the Chinese government is a dictatorship?
Yes, we agree with it. Frankly, we have some limited liberty to be a Chinese citizen in nowadays. We can choose to be a punk rocker or a hip-hop rapper, we can dance in a techno club, we can tour abroad and hang out with a bunch of cool people and activists, but don’t go too far, because they may watch you. We also think that the dictator system and democratic system are actually learning from each other. There are a lot of troubles happening in the democratic systems too globally in recent years. The power and the fear are their tricks, but I think democracy is always better than dictatorship, you have a better chance for justice and making free decisions. Be careful with populism, it can be used by the propaganda machines not only by the dictatorship but also the democratic systems to manipulate people.
How many records have you released so far?
Two albums and three EPs.
You have to pay the costs for this Germany tour yourself. Can you make money out of it?
Up to now we could always cover the costs. We calculated the costs before and negotiate what we need with the larger shows and festivals. If we sold a lot of merchandise, we actually made something more than just covering the costs.
So you do the booking yourself?
We had a booker in Germany for our last tour, but this time he only did the festivals for us. He complained it’s too hard for him to do the whole tour during the summertime. So we used the contacts and friends here and booked ourselves twelve shows in Germany, Austria, Denmark and Czech Republic.
There are five people in Gum Bleed, but only four are playing instruments. Is that right?
The fifth guy Nigel is our Video-Jockey. Many venues in China have screens and projectors, sometimes even LED screens, you can do something more creative, more artistic or more interesting than just a simple backdrop. We were also one of the first bands to have a VJ in China. Mostly the indie rock bands do it, but now lots of punk bands in China try it, too.
If you record a new album, do you have some kind of plan that you follow? Like singing songs in Chinese to attract a greater audience in China?
We don’t, but the label asked us to sing a few songs in Chinese on our next album. It can be really helpful to get the attention of the mainstream audience in China.
Are there other hot spots for punk rock outside Beijing in China?
The most exciting punk scene in China is located in the big cities. Beijing always has the most of bands and major audience. Wuhan used to be great, but now if you want to play a show there you need to book two years ahead. Shanghai is also great with an international and a young scene. It has become difficult in Hong Kong. They used to have a cool club called Hidden Agenda but they always had trouble with the local government.
This year I realize that there are more and more young people joining punk shows, I’m talking about the kids around 20 years old. Same in Europe that we can see this time on tour. We are very happy and encouraged by that, punks not dead!
Do you have trouble with racism in China?
Racism is not a big topic in China. People are focusing on the economy and on hard work to make it big, that is the biggest topic, mainly no matter where you are from or who you are. Of course, it exists, but it is very different than it is here. It’s not getting recognized on the level it is in the western world. It’s part of everyday life. That’s a topic we try to tell people about.
Ihr seid schon so lange auf Tour und besucht zweimal im Jahr Orte wie Deutschland. Wird es dir jemals langweilig?
Die Shows werden nie langweilig. Was gibt es Schöneres, als eigene Songs zu spielen und all die Leute zu sehen, die mitmachen und mitsingen. Das macht mir immer Spaß. Wenn das nicht wäre, würde ich wahrscheinlich aufhören. Es gäbe einfachere Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Ich liebe es, in einer Band zu sein. Was schlecht ist, ist die ganze Zeit, die wir zwischen den Shows verbringen. Es ist jeden Tag das Gleiche und wir müssen etwas finden, um unseren Geist zu beschäftigen. Ich denke, wir würden nicht so viel durch Deutschland touren, wenn die Leute nicht auftauchen würden. Bisher sind die Zuschauerzahlen immer gut, sodass es nicht nötig ist, etwas daran zu ändern.
Habt ihr ein Management, das einen Geschäftsplan erstellt, oder habt ihr selbst einen erstellt?
Nein, es gab nie einen Plan oder ein Management. M.A.D. ist unsere Booking-Agentur und wir vertrauen ihnen. Sie schicken uns zu einem Veranstaltungsort und wir gehen dorthin. Sie wissen, wo wir herkommen und wo wir hingehen werden. Natürlich ist es immer toll, eine ausverkaufte Show zu spielen oder wenn viele Leute kommen, aber nichts davon ist geplant.
Wie bleibst du in Form, um diese langen Touren in deinem Alter zu spielen?
Ich bleibe auf Tour in Form. Wenn ich zu Hause bin, will ich nicht viel machen. Oft gehe ich verletzt auf die Bühne und wenn ich eine Tour beendet habe, möchte ich mich einfach ausruhen und die Energie bekommen, um die nächste zu machen. Dann gehe ich raus und verletze mich wieder.
Also machst du keinen Sport?
Ich praktiziere seit vier Jahren Jiu Jitsu. Meine ganze Familie macht das jeden Tag, aber bei Jiu Jitsu rollt man mehr auf dem Boden herum und es ist nicht annähernd so körperlich wie Laufen. Aber es hat mir trotzdem geholfen, denn ich habe gelernt, auch unter Druck zu atmen.
Arbeitest du noch, wenn du zu Hause bist?
Normalerweise mache ich das, aber es gab auch Zeiten, in denen ich nicht dazu in der Lage war, weil ich so viel auf Tour war.
Du hast viele Alben aufgenommen, sie haben einen Film über dich gemacht und du hast bereits ein Buch geschrieben. Gibt es noch Ziele, die du erreichen möchtest?
Wir hatten viele Höhepunkte in unserer Karriere, aber es war eine Achterbahnfahrt. Es ist mir wichtig, dass wir zu den Menschen auf allen Ebenen gut sind, denn wir werden vielleicht groß, aber wenn man Menschen auf dem Weg nach oben wie Arschlöcher behandelt, wird man diese auf dem Weg nach unten bestimmt wiedersehen. Für Agnostic Front war es nie ein gerader Weg, aber wir sind damit einverstanden. Wir kommen aus dem Untergrund und das lieben wir immer noch. Aber wir wissen auch, dass Erfolg eine gute Sache ist und man muss lernen, ihn zu schätzen, solange er anhält.
Was ist das Schlimmste am Touren für dich?
Das Schlimmste ist immer der erste Tag. Der erste Tag ist verrückt, es ist der schwierigste von allen, es gibt noch so viel vorzubereiten für den Rest der Tour und alles muss in Eile erledigt werden. Du hast immer noch all deine Sachen herumliegen und nichts ist in Ordnung. Aber das Schlimmste ist, dass ich meine Familie vermisse. Das ist das Schwierigste.
Haben das die neuen Technologien nicht leichter gemacht?
Ja, in gewisser Weise schon. Ich kann sie sehen, aber ich kann meiner Tochter oder meinen Sohn keinen Gute-Nacht-Kuss geben. Ich liebe es, das zu tun. Ich umarme und küsse sie und das vermisse ich am meisten.
Hast du jemals darüber nachgedacht, die Band zu verlassen?
Ich habe eine wundervolle Familie und meine Frau unterstützt meine Arbeit sehr. Meine Kinder wissen, was ich tue, und sie wissen, dass ich ihnen 100 % meiner Zeit gebe, wenn ich nach Hause komme. Es gab einen Punkt in meiner Karriere, an dem meine Tochter mich sehr brauchte, und sie bat mich, nicht mehr auf Tour zu gehen, also hörte ich auf und blieb hier. Später fragte ich sie, ob es in Ordnung sei, dass ich wieder auf Tour gehe und sie sagte: „Ja, natürlich!“ Im Moment ist alles stabil, aber falls sich das wieder ändert, würde ich wieder aufhören, weil meine Familie das Wichtigste für mich ist.
Du lebst also ständig zwischen zwei Welten?
Ja, normalerweise ist es eine wirklich gute Mischung zwischen diesen beiden Welten, aber in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 waren wir viel auf Tour und haben ein neues Album aufgenommen. Das war ein bisschen wild.
Schreibt ihr Songs auf Tour?
Nein, wir machen das normalerweise zu Hause.
Wer schreibt die Songs?
Das machen wir alle zusammen. Jemand kommt auf eine Idee und dann arbeiten wir gemeinsam daran und tauschen Ideen aus.
Wie lange hat es gedauert, euer neues Album zu schreiben?
Wir haben uns Zeit genommen, also haben wir fast ein Jahr gebraucht. Wir gingen ins Studio, als wir endlich mit all den Songs zufrieden waren.
Hat euer Label Einfluss auf die Entscheidung, welche Songs auf euer neues Album kommen?
Nein, das haben sie nicht. Sie überlassen das alles uns, den gesamten kreativen Prozess. Wir schicken ihnen einfach das fertige Produkt und sie geben es frei. Ich würde mich mit einer solchen Einmischung nicht wohlfühlen. Wir sind die Band, wir schreiben die Songs.
Gibt es etwas, das du immer auf Tour hast und das du mitnehmen musst?
Wahrscheinlich mein Atemgerät, das ich bei mir haben muss, weil ich eine Schlafstörung habe und andere medizinische Geräte. Das habe ich seit 2015 dabei. Außerdem nehme ich immer mein Kopftuch mit. Es ist wichtig für mich, weil ich es runterziehen kann, und das schaltet alles für mich ab, damit ich einschlafen kann. Natürlich trage ich das nicht auf der Bühne.
Gibt es Entscheidungen in eurer Karriere, die ihr bereut?
Wir haben immer gesagt, dass Agnostic Front das abgetriebene Kind von Punkrock ist. Wir sind nicht die Schönsten auf der Welt. Unsere Musik ist hart und aggressiv und mein Gesangsstil ist nicht jedermanns Sache. Das spricht nur eine gewisse Art von Menschen an. Für so eine Band sind wir sehr weit gekommen.
Um wirklich erfolgreich zu sein, müssten wir besser aussehende Leute und einen Sänger mit einer etwas knurrigeren Stimme sein. Aber wir sind, was wir sind, und darauf bin ich stolz. Also bereue ich nichts. Ich würde es sowieso nicht ändern können.
Was ist das Schlimmste, was dir auf Tour passiert ist?
Natürlich haben wir einige schlechte Erfahrungen gemacht, aber es ist schwer, eine bestimmte zu nennen. Vielleicht nicht in der Lage zu sein, unsere erste Tour in Deutschland zu spielen, weil ich abgeschoben wurde.
Und was würdest du als das Beste betrachten?
Grundsätzlich in einer Band mit Vinnie Stigma zu sein. Er ist ein großartiger Entertainer und so ein lustiger Mensch. Das ist das Beste.
Ihr habt geholfen, den Stil zu kreieren, der jetzt als New York Hardcore bekannt ist. Aber spürst du immer noch die Wut wie in deiner Jugend, als alles begann?