Honorar statt Provision - Dieter Rauch - E-Book

Honorar statt Provision E-Book

Dieter Rauch

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Beschreibung

Finanzberatung ist zur Vertrauenssache geworden. Viele Anleger fragen sich, welche Möglichkeiten sie noch haben, wenn eine kompetente Beratung nicht einmal mehr in der eigenen Bank möglich ist. Eine Lösung stellt die Honorarberatung dar – die produktunabhängige Beratung auf Honorarbasis. Nicht wenige Verbraucher unterliegen aber immer noch dem Irrtum, Finanzberatung müsse kostenlos sein, da sonst die Renditen der Anlagen aufgefressen werden würden. Das Gegenteil ist der Fall. Versteckte Gebühren und Kosten in Finanzprodukten kommen den Verbraucher teuer zu stehen. Eine individuelle, verbraucher-orientierte Beratung ist nicht möglich, solange Produkte verkauft werden müssen, um den Dialog mit dem Endverbraucher zu finanzieren. »Honorar statt Provision« zeigt auf, was Honorarberatung ist, wie sie funktioniert, was sie kostet und wie man kompetente, vertrauenswürdige Honorarberater findet. Auch das Bundesministerium für Verbraucherschutz will die unabhängige Honorarberatung fördern.

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Seitenzahl: 261

Veröffentlichungsjahr: 2010

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Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

Informationen im Internet:

www.vdh24.de

www.wissensforum-honorarberatung.de

1. Auflage 2011

© 2011 FinanzBuch Verlag GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Lektorat: Ulrike Kroneck

Korrektorat: Moritz Malsch, BUCH CONCEPT

Umschlagabbildung: iStockphoto

E-Book Umsetzung: Georg Stadler

ISBN 978-3-89879-606-4

Inhaltsverzeichnis
Ein Buch für die Praxis
Vorwort
1. Von der Vermittlung von Finanzprodukten zur Beratung
Studienergebnisse: Über Finanzvermittlung in Deutschland
Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen
Hoffnungsschimmer Europa
Widerstände oder organisierte Stimmungsmache?
Was gegen die Honorarberatung angeführt wird
Studien zur Honorarberatung
Honorarberatung etablieren
»Herr Pohl, Sie haben ein tolles Konzept«
Kampf der Systeme
2. Status quo des Finanzmarktes Deutschland
Wie Informationen wirken – die Prinzipal-Agent-Theorie
Über Wettbewerb im Finanzsektor
Wie Verkaufsdruck wirkt
Die Akteure
Die Versicherungsbranche in Deutschland
Die deutsche Bankenbranche
Die Finanzdesigner
Kreditvermittler in Deutschland
Kosten, Kosten, Kosten
Gesamtwirtschaftliche Kapitalanlagekosten
Wie viel »umsonst« kostet
Nachgerechnet Kapitalanlageprodukte
Exkurs: Aktiv oder passiv anlegen?
Wie sich Vermittler Provisionen sichern
Qualität, Qualität, Qualität
Worauf Verbraucher bei der Beraterauswahl achten sollten
Drei Dienstleistungsprofile im Versicherungssektor
Qualität durch einen systematischen Beratungsprozess
Wie das Vermittlungsmodell die Qualität beeinflusst
Provisions- und Honorarmodell aus Verbrauchersicht
3. Honorarberatung
Vergütungsmodelle für Honorarberater
Honorar statt Provision
Ohne Verkaufsdruck beraten werden
Dauerhafte Beratungsleistung – das Rebalancing
Versicherungsberatung
Altersvorsorge- und Vermögensplanung
Finanzierungsberatung mit Honorar
Pseudohonorarberater sind schlimmer als Strukkies
Echte Honorarberatung – die reine Lehre
4. Verbund Deutscher Honorarberater
Die Entwicklung des VDH
Warum der VDH kein Verband, sondern ein Verbund ist
Das Netto-Prinzip VDH® – die Anfänge
Was ist das Netto-Prinzip VDH®?
Die Marke HonorarberaterVDH®
Der VDH Honorar-Banker®
Wenn guter Wille nicht genügt
Was der VDH Beratern bietet
Qualifikation als Qualitätsmerkmal
5. Wie Qualität entsteht
Über Psychologie – Neues Denken für die Anlageberatung
Ich bereue – ein persönlicher Blick zurück und nach vorn
Rechtliche Aspekte der Honorarberatung
Wie ein Haftungsdach Qualität schafft
Vision: Honorarberatung im Jahr 2020
Anhang
Anhang A: Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen
Anhang B: Ehrenkodex
Anhang C: Checkliste für Anleger
Anhang D: Checkliste für die Geldanlageberatung
Anhang E: Zehn Jahre Honorarberatung in Deutschland
Literatur- und Recherchehinweise
Kleines Glossar der Honorarberatung

Disclaimer

Dieses Buch beschreibt die vielfältigen Zusammenhänge im Finanzsektor. Aus den Ausführungen und den gewählten Beispielen dürfen keinesfalls Rückschlüsse für die eigene Anlagestrategie und/oder Produktauswahl gezogen werden. Anlagebedingungen, Produktlösungen und Gesetze können sich ändern. Die Ausführungen im Buch sollen nicht zum Agieren in Finanzmärkten motivieren oder davon abhalten. An den Finanzmärkten können finanzielle Verluste bis hin zum Totalverlust entstehen. Ein individuelles Beratungsgespräch soll durch die Ausführungen in diesem Buch ausdrücklich nicht ersetzt werden. Ein Beratungsgespräch beispielsweise mit einem »echten« Honorarberater wird empfohlen.

Ein Buch für die Praxis

»Honorar statt Provision« ist ein Buch, das ein langjährig erfahrener Praktiker für die Praxis geschrieben hat. Dieter Rauch weiß, wovon er spricht, wenn er ein engagiertes, informatives und klar verständliches Plädoyer für die produktunabhängige Beratung auf Honorarbasis abgibt. Der Finanzexperte ist seit 15 Jahren Vorkämpfer der Honorarberatung in Deutschland. Einer, der sich unermüdlich und unerschrocken für eine bessere, eine verbraucherorientierte Finanzberatung in Deutschland einsetzt.

Als Gründer des Verbundes Deutscher Honorarberater (VDH), der seit dem Jahr 2000 das Berufsbild des Honorarberaters maßgeblich geformt und weiterentwickelt hat, kennt Rauch nicht nur die politischen Rahmenbedingungen der Finanzbranche, er weiß auch, wie die einzelnen Akteure agieren und wie die Branche insgesamt »tickt«.

Warum nur die Honorarberatung eine echte Interessengleichheit zwischen Kunde und Berater schafft und damit sowohl »konfliktfrei« als auch ergebnisoffen und neutral erfolgen kann, das erläutert der Autor in seinem Buch. Dem von Produktherstellern provisionierten Verkauf von Finanzprodukten erteilt er dagegen eine klare Absage und stellt die massiven Fehlanreize des Provisionssystems zu Recht an den Pranger.

Rauch sagt uns aber auch, warum nur der informierte Anleger für Honorarberatung offen ist und weshalb in Deutschland noch viel Aufklärungsarbeit erforderlich ist. Denn viele Verbraucher glauben immer noch, klassische Finanzberatung sei umsonst. Dass dies mitnichten der Fall ist, kann der Autor an vielen Beispielen belegen.

Sein Buch ist verbraucherorientiert, es benutzt eine klare, gut verständliche Sprache und es erläutert ganz konkret, wie Honorarberatung funktioniert, was sie kostet und wie man kompetente Honorarberater findet. Daneben gibt es einen wertvollen Überblick über den Status quo des Finanzmarktes in Deutschland und die aktuelle verbraucherpolitische Diskussion.

Alles in allem eine unerlässliche Lektüre für Anleger, für Finanzberater und – last but not least – für diejenigen, die in der politischen Administration an den gesetzlichen Rahmenbedingungen für mehr Verbraucherschutz im Finanzbereich arbeiten.

Karl Matthäus Schmidt Vorstandssprecher quirin bank AG

Vorwort

Ein Kunde ist verwirrt: Gestern hat ihn ein Mitarbeiter seines Finanzberaters angerufen und ein Anlageprodukt empfohlen, das er in der Woche zuvor auf Anraten eines anderen »Beraters« des gleichen Unternehmens aus seinem Depot verbannt hatte. Oder ein vergleichbarer Fall: Ein Versicherungskunde wird als erste Maßnahme »umgedeckt« in Produkte der Gesellschaft, die der neue Verkäufer vertritt. Solche Geschichten sind an der Tagesordnung am Finanzplatz Deutschland. Eine Studie des Verbraucherschutzministeriums beziffert die Kosten für deutsche Anleger aus Beratungsfehlern auf erhebliche 20 bis 30 Milliarden Euro pro Jahr. Der Ursachenbefund ist eindeutig: Die Finanzbranche ist falsch erzogen. Bislang wurde der Verkauf von den Produktanbietern provisioniert, anstatt neutrale Beratungsleistungen durch den Kunden honorieren zu lassen. Diese jahrelange kollektive Entwicklung hat zu einem massiven Fehlanreiz im System und letztlich falschen Anreizstrukturen geführt.

Aus Kundensicht geht es vor allem um Qualitätsfragen der Beratung: Das beginnt mit der Bezeichnung derjenigen, die beispielsweise als Finanz- oder Vermögensberater auftreten. Leider ist die Bezeichnung Berater in der einen oder anderen Form rechtlich nicht geschützt und kann praktisch von jedermann verwendet werden – unabhängig von seiner Qualifikation und Erfahrung. Jemand, der Finanzprodukte für einen Vertrieb vermittelt, muss bislang nur einige formale Kriterien erfüllen. Wer in Deutschland ein Wasserrohr reparieren oder ein Brötchen verkaufen will, der muss jedenfalls höhere Hürden überspringen, als wenn er die Berechtigung erwerben will, Finanzprodukte zu vermitteln. Eine klangvolle Bezeichnung und eine schicke Visitenkarte sagen über die zu erwartende Beratungsqualität also rein gar nichts aus. Aus Kundensicht ist diese Ausgangssituation natürlich angesichts immer unübersichtlicherer Finanzangebote ziemlich unbefriedigend. Der Gesetzgeber ist bislang mit manchen Initiativen zur Förderung von Qualität und Transparenz im Finanzsektor hinter seinen eigenen Erwartungen zurückgeblieben.

Eine noch relativ junge Diskussion in Deutschland beschäftigt sich mit den Vergütungssystemen der Finanzvermittler: Wie soll der Finanzberater bezahlt werden? Üblich ist, dass »Finanzberater« für das Vermitteln von Finanzprodukten eine Provision erhalten. Die Anschlussfrage beschäftigt sich damit, wer das Honorar auszahlt. Denn eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass grundsätzlich der Kunde zahlt. Bislang ist es jedoch marktüblich, dass Provisionen von den Produktgebern an den Vermittler überwiesen werden und im Produkt später als Kosten versteckt sind. Dieses System ist schon durch seine Konstruktion ziemlich undurchsichtig. Hinzu kommt ein erheblicher Interessenkonflikt, den die Kunden zunächst kaum bemerken. Die Provisionshöhen unterscheiden sich in den Produktgruppen teilweise erheblich. Es dürfte daher niemanden verwundern, dass nicht in jedem Fall die geeigneten Finanzprodukte zu den Kunden finden – um es hier noch vorsichtig auszudrücken. Bezahlt der Kunde hingegen ein Honorar an einen neutralen Berater, der nicht an den vermittelten Produkten verdient, kann er sachgerechtere Empfehlungen erwarten. So lautete die berechtigte Erwartungshaltung, die vor ungefähr zehn Jahren in Deutschland einige Unentwegte verfolgten. Sie entwickelten einen damals »neuen« Beratungsansatz, der die bisherige Vergütungsstruktur der Branche in Frage stellte: Die Idee für eine bessere Beratung war geboren. Der Honorarberater.

Neutralität und Transparenz sind die Ziele

Nicht jeder Vermittler in Finanzfragen ist ein Scharlatan oder schlecht in seinem Job, aber das im Hintergrund ablaufende System, das viele Kunden gar nicht kennen, stellt ein Kernproblem und eine ständige Versuchung für den Vermittler dar. Das wird besonders bei den »Strukkies« in der Branche deutlich: Strukturvertriebe und ähnlich organisierte Vertriebssysteme sind konzeptionell nicht im Kundensinne auf Qualität ausgerichtet. Beim Strukturvertrieb geht es nicht um die Suche nach guten Lösungen für die Kunden, sondern zuvorderst um eine Empfehlungspyramide für neue Geschäftsabschlüsse. Ausgerüstet mit einer computergestützten Kundenvermögensanalyse, die eigentlich eher dem späteren Produktverkauf dient, werden Heerscharen an Verkäufern und Vermittlern ausgeschickt, die ihr Gegenüber von Versorgungs- und Versicherungslücken überzeugen sollen, die diese vorher noch gar nicht kannten oder die oft gar nicht existieren. Natürlich bieten die eigenen Gesellschaften »zufällig«, aber meist auch nur noch kurze Zeit genau das richtige Produkt an, um die zuvor erkannten finanziellen Schwächen der Kunden elegant zu beheben. Auch bei Banken gibt es Defizite in der Beratung: Berichte über mäßige Empfehlungsleistungen sind keine Seltenheit, sondern inzwischen eher die Regel. Als Grund hierfür sehen viele Insider den Verkaufsdruck, der bankintern ausgeübt wird und gekoppelt ist an Vorgaben über den Verkauf von bestimmten Produkten. Egal ob diese Produkte zu den Kunden passen oder nicht. Es dürfte spontan einleuchten, dass eine solche auf Produktverkauf ausgelegte »Beratung« kaum als solche zu bezeichnen ist.

Aus Sicht eines Verbrauchers sollte eine zielführende Beratung grundsätzlich produktneutral sein. Sie orientiert sich an seinem Bedarf und sucht nach adäquaten Finanzlösungen. Tritt der Berater als reiner Finanzvermittler auf, dann steht er in einem permanenten Interessenkonflikt, der Ökonomen als Prinzipal-Agent-Problem schon längst bekannt ist: Der Agent, der als Vermittler tätig ist, dient mehreren Herren und er ist nicht in jedem Fall im Interesse des einen Auftraggebers (Prinzipal) Kunde tätig, sondern häufiger im Interesse des anderen Auftraggebers – Finanzgesellschaft – oder noch schlimmer: für sich selbst.

Lösungsansatz Honorarberater

Wer ernsthaft bessere Beratungsleistungen für Kunden und Verbraucher will, der muss also ein System im Hintergrund fördern, das eine konfliktfreie Beratung ermöglicht. Diese Idee drückt sich im Vergütungssystem der Berater aus. »Honorar statt Provision«. Ich selbst setze schon seit 1993 auf den Ansatz der Honorarberatung, bei dem die Zeit, der Aufwand und das Wissen vergütet wird, und nicht das Vermitteln von Finanzprodukten.

Bislang – und das bemerke ich jeden Tag – gilt das Konzept des Honorarberaters zwar unter Wirtschaftsjournalisten und Verbraucherschützern unumstritten als der richtige Ansatz, aber noch zu wenig Verbraucher kennen die Zusammenhänge und Hintergründe in ausreichendem Maße. Das liegt an der Macht der Vertriebsorganisationen und Produkt-anbieter, die den Honorarberatungsansatz als Bedrohung für das eigene Geschäftsmodell sehen und ihre eigenen Kunden weiterhin falsch über das andere Konzept informieren. Die gezielte Desinformation geht sogar so weit, dass Fragestellungen bei Umfragen gelegentlich so formuliert werden, dass als Ergebnis herauskommt, dass der Kunde angeblich für das Beibehalten der vorhandenen Strukturen ist. Der Mangel an Informationen über das Modell der Honorarberatung ist auch einem Engpass an ausreichend qualifizierten Beratern geschuldet. Jahrzehntelang eingeübte Gewohnheiten können viele Finanzvermittler nicht problemlos ablegen.

Mehr Aufklärung für Verbraucher und Finanzberater ist also notwendig über die Frage, was einen Honorarberater von einem Finanzvermittler unterscheidet. Als erste Antwort möchte ich die Leitlinien für Honorarberatung vorstellen, die der Verbund Deutscher Honorarberater (VDH) vertritt und die den Anspruch eines Beraters an sich selbst und den der Verbraucher an einen echten Partner definiert.

Honorarberatung

… ist eine Dienstleistung neutraler Berater, bei der ausschließlich das Know-how und der Zeitaufwand vergütet werden … beruht auf völliger Transparenz und der Ablehnung jeglicher offener und versteckter Vergütungen durch Dritte… verfolgt die nachhaltige Betreuung von Mandanten in deren ausschließlichem Interesse.

In diesem Buch lesen Sie zahlreiche Beispiele aus den Bereichen Geldanlagen, Kredit- und Versicherungsvermittlung, die erläutern, weshalb diese Richtlinien so wichtig und im Sinne der berechtigten Kundeninteressen nicht verhandelbar sein dürfen.

Meine Erfahrung zeigt mir, dass bei vielen Finanzunternehmen sich die Kreativität auf das Erfinden neuer Vergütungssysteme und das Verschleiern von Kosten beschränkt: Kick-back-Zahlungen, Bestandsprovisionen, Incentive-Reisen und mehr. Die Kosten trägt der Kunde. Immer. Manchmal erfährt er es nur nicht. Wir treten daher nicht nur gegen versteckte Vergütungen, sondern auch für ein Höchstmaß an Transparenz ein. In jedem Fall ist die Honorarberatung die ehrlichere Variante für den Kunden.

Ich verspreche keinem Anleger eine erfolgreichere Kapitalanlageberatung, weil ihm auf der anderen Seite ein Honorarberater gegenübersitzt: Gehen die Aktienmärkte in die Knie, trifft das Kunden von Vermittlern genauso wie diejenigen von Honorarberatern. Möglicherweise sind die Kunden von Beratern aber weniger betroffen, da ihr Depot ausgeglichener strukturiert ist und beispielsweise das Fondsdepot nicht einseitig aus höher provisionierten Aktienfonds besteht. In jedem Fall gilt: Ein Honorarberater ist interessengleich mit seinem Kunden und er ist an einer sehr langfristigen Partnerschaft interessiert. Zudem ist nachweisbar, dass die Honorarberatung mit anschließender Vermittlung von kostengünstigen Lösungen für den Kunden finanziell lukrativer ist als das Zahlen von Provisionen. Zahlreiche Berechnungsbeispiele in unserer täglichen Praxis sprechen eine klare Sprache. Beim Umstellen der Kunden auf Honorarberatung finanziert sich der Honorarberater oft sogar von selbst durch das Einsparen der bisherigen Provisionszahlungen. Honorarberatung bietet insofern schon von Anfang an einen echten Mehrwert für Kunden, die wir Mandanten nennen.

Für den informierten Anleger

Als VDH wünschen wir uns informierte Anleger/Kunden. Nur wer ausreichend System- und Strukturkenntnis in der Finanzbranche hat, der wird den Honorarberatungsansatz fordern. Den Verbrauchern kommt also eine zentrale Rolle beim Veränderungsprozess des Finanzmarktes zu: Verlangen Kunden offensiv nachhaltige Konzepte, dann lassen sich Widerstände im Markt leichter auflösen. Zunächst mussten in den letzten zehn Jahren dicke Bretter des Verständnisses gebohrt werden: In dem Verkäufermarkt Finanzlösungen waren zunächst Überredungskünste notwendig, um immer mehr Partner zu gewinnen. Heute sieht es schon besser aus als noch zu Beginn des Jahrtausends, als man vielfach händisch Rückerstattungen an die Kunden veranlassen musste. Dem VDH ist es gelungen, zahlreiche Gesellschaften von seinem Konzept zu überzeugen. Produktgeber rechnen bei ihren Honorartarifen die Provisionen direkt heraus, was eine Rückvergütung unnötig macht und die Arbeit für Honorarberater erleichtert. Honorarberater des VDH erstatten ihren Mandanten inzwischen sämtliche Provisionen und Kick-backs in einem automatischen Prozess vollständig ohne jegliche Abzüge Dritter zurück.

Inzwischen gibt es geeignete Angebote in allen Produktkategorien von Lebens- über Sachversicherungen bis hin zu sämtlichen Investmentlösungen, die den Anforderungen eines fairen Finanzproduktes entsprechen.

»Echte« Honorarberatung

Es gibt noch einen anderen Aspekt, weshalb Aufklärung meines Erachtens nottut: Manche Akteure versuchen auf den Zug des Images von Honorarberatung aufzuspringen. Nicht jeder Finanzanbieter, der es von sich behauptet, bietet echte Honorarberatung an. Wir sprechen in diesem Fall von »Pseudohonorarberatern«. Solche Vermittler im Gewand des Honorarberaters nutzen leider den positiv besetzten Trend, um ihre Verkaufsabsätze zu fördern. Auch bei Honorarberatern müssen Anleger also genau hinschauen und beispielsweise auf die Details der Honorarvereinbarungen achten. Um die Echten von den Unechten zu unterscheiden, empfehle ich jedem Verbraucher, sich von dem Honorarberater eine Erklärung unterschreiben zu lassen, dass dieser keine Vergütungen von Dritten für seine Leistung annimmt und, falls er Produkte an den Kunden vermittelt, solche Zahlungen vollständig, auch ohne Abzüge etwaiger Dienstleister oder Maklerpools weiterleitet. Wenn dann ein sogenannter »Honorarberater« mit Ihnen diskutiert, dann fühlt er sich vermutlich ertappt.

Die echte Honorarberatung ist unabhängig und ergebnisoffen. Der Kunde vergütet die Zeit, das Wissen und das Engagement des Beraters bei der kontinuierlichen Vermögensbegleitung. Das Kostenmodell ist entweder eine aufwandsorientierte Stundensatz-Vergütung, oder das Volumen des betreuten Vermögens wird als Grundlage einer prozentualen Vergütung herangezogen. Niemals jedoch ein Honorar, welches sich als Surrogat für eine Provision auf die Vermittlung eines Produkts bezieht. Denkbar ist auch ein Vergütungsmodell mit einer monatlichen Pauschale. Der Berater lebt nicht von Provisionen durch den Verkauf von immer neuen Produkten. Der Honorarberater bietet dem Kunden Kostentransparenz, indem er sichtbare und verdeckte Provisionen offenlegt. Falls kein Honorarprodukt ohne Provision vorhanden ist, werden Provisionen dem Kundenkonto gutgeschrieben. So akzeptieren wir als Verbund beispielsweise keine Mischmodelle aus Provision und Honorar. Echte Honorarberatung darf aus unserer Sicht nicht einmal teilweise falsch motiviert sein. Das ist eine Frage des Prinzips. Und Prinzipien sind nicht verhandelbar.

Was dieses Buch leisten soll

Nicht lesen werden Sie in diesem Buch, wie Sie Ihr Kapital unter portfoliotheoretischen Aspekten besonders renditeträchtig anlegen können und welche Branchen, Länder oder Rohstoffe in den nächsten zwei Jahren besonders gute Aussichten bieten und vermutlich boomen werden. Anhand von allgemeinen Fallbeispielen versuche ich dennoch einige typische Praxisfragen etwas genauer zu beleuchten. Sie werden die Motivation im Finanzberatungssektor zukünftig mit anderen Augen sehen und den Grundansatz der Honorarberatung zu schätzen wissen.

Berater finden im Internet schon heute eine Vielzahl an Informationen über Honorarberatung. Ich empfehle das Wissensforum Honorarberatung (http://www.wissensforum-honorarberatung.de/). Hier findet der Interessierte viele wichtige Beiträge zum Thema. Das Internet hat jedoch auch Schwächen bei der Darstellung von umfangreichen Entwicklungen, zudem ist das World Wide Web nicht das bevorzugte Medium von jedermann. Es lag nach zehn Jahren Beschäftigung mit der Materie also nahe, die Grundlagen der Honorarberatung in einem Buch einmal im Zusammenhang zu erläutern. Mir ist schnell klar geworden, dass manche Diskussion, in die ich täglich eingebunden bin, inhaltlich in die Tiefe geht und für Außenstehende kaum verständlich sein dürfte. Dieses Buch soll Ihnen vor allem Grundlageninformationen bieten. Wer nach der Lektüre noch weitere Informationen wünscht, dem seien die angegebenen Recherchequellen empfohlen.

Das noch vorhandene Informationsdefizit über »echte« Honorarberatung wird durch dieses Buch behoben: Es richtet sich nicht nur an Verbraucher, die sich informieren möchten, sondern genauso an Finanzberater oder Banker, die mit einem Systemwechsel liebäugeln. Nicht zuletzt freue ich mich über jeden Leser aus der Politik, der sich mit dem Thema ernsthaft beschäftigt und die positiven Langfristwirkungen eines Umschwenkens auf die Honorarberatung für den gesamten Finanzsektor im Blick hat.

Seit einiger Zeit fühle ich mich wie eine Art Wanderprediger zum Thema Honorarberatung. Meine Objektivität geht nach eigener Einschätzung immer dann verloren, wenn ich unfaire Argumente gegen die Honorarberatung und Wettbewerbsnachteile wittere. Falls mir also meine landsmannschaftliche Zurückhaltung einmal einen Streich gespielt haben sollte, bitte ich das zu verzeihen. Die Idee der Honorarberatung ist nicht gegen andere Vergütungssysteme gerichtet. Es genügt, in den nächsten Jahren einen fairen Wettbewerb der Vergütungsmodelle zu initiieren und dadurch die Qualität im Finanzmarkt Deutschland zu verbessern.

Auf der formalen Ebene habe ich auf das Verweisen mit Fußnoten und damit jeglichen wissenschaftlichen Anspruch verzichtet. Es ging mir in erster Linie um das Vermitteln von Praxiswissen für interessierte Verbraucher und angehende Berater in einer hoffentlich verständlichen Sprache und mit produktneutralen Beispielen. Wörtliche Zitate sind natürlich als solche kenntlich gemacht. Ich möchte hier nur nochmals allen danken, die mit mir mehr Transparenz im Finanzmarkt wünschen und als Studienautoren, als Wissenschaftler, Kollegen oder als interessierte Berichterstatter in den Medien tätig sind. Mein besonderer Dank gilt meinen Geschäftspartnern vom Verbund Deutscher Honorarberater: Beirat Philipp Mertens, Beirat André Spee, Matthias Krapp, Grischa Schulz und Thomas Lau für ihre Beiträge im Buch. Genauso danke ich Karl Matthäus Schmidt von der quirin bank AG für sein Vorwort.

Ausdrücklich bedanken möchte ich mich bei Professor Dr. Dr. h.c. Martin Weber von der Universität Mannheim, der mit seinem Behavioral Finance Team einen Kodex zur Anlageberatung herausgegeben hat, aus dem ich eine hilfreiche Checkliste in diesem Buch verwenden durfte.

Ferner gilt mein Dank dem gesamten Beirat und den Mitarbeitern des VDH in Amberg und vor allem meiner Frau, die zusammen mit mir seit vielen Jahren für das Thema Honorarberatung kämpft. Ein besonderer Dank gilt auch meinen erwachsenen Töchtern Sabine und Tanja. Meine Tochter Verena, die inzwischen 16 Jahre alt ist, hat in den letzten zehn Jahren sehr wenig von ihrem Vater gehabt. Das war für mich das größte Opfer.

Dieter Rauch, Amberg im August 2010

1. Von der Vermittlung von Finanzprodukten zur Beratung

Sie sind auch dabei. Sicher: 20 bis 30 Milliarden Euro verlieren Anleger jedes Jahr wegen schlechter Finanzberatung und Vermittlung von Finanzprodukten. Mehr als die Hälfte der Langfristanlagen werden frühzeitig gekündigt. Diese Erkenntnisse stammen aus der Studie des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) aus dem Jahr 2008. In der bislang umfassendsten Untersuchung des deutschen Finanzmarktes »Anforderungen an Finanzvermittler – mehr Qualität, bessere Entscheidungen« (Evers & Jung) sprechen sich die Autoren Marco Habschick und Jan Evers eindeutig für die Honorarberatung als Lösungsansatz für bessere Leistungen in der Finanzbranche aus und begründen das ausführlich und überzeugend. Sie fordern unter anderem, Vermittlungsprozesse bei der Regulierung mit zu betrachten und die Anreizstrukturen der Provisionsberatung zu verändern. Die Studie förderte eine dringend notwendige Debatte über Qualitätsstandards bei der Beratung für Finanzprodukte. Bei einigen Produktgebern und vermutlich allen vertriebsorientierten Organisationen löste die Untersuchung Unverständnis, Widerspruch oder blanke Panik aus. In der Folgezeit kam es zu mehreren Anhörungen von Branchenvertretern in Berlin.

Studienergebnisse: Über Finanzvermittlung in Deutschland

Evers & Jung untersuchten für die Studie »Anforderungen an Finanzvermittler« die rechtlichen Rahmenbedingungen, analysierten die Vermittlerpraxis u. a. durch Expertenbefragungen und stellten internationale Vergleiche an. Untersucht wurden verschiedene Ebenen des Versicherungs-, Anlage- und Kreditmarktes. Die Studie klammert die im Jahr 2007 vollzogene Umsetzung der EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie (VersVermR) und die Markets in Financial Instruments Directive (MiFID) aus, da die qualitativen Folgen der Neuregelungen noch nicht absehbar waren. Die Autoren äußerten sich in der Studie jedoch eher skeptisch über deren Erfolg wegen des großen bürokratischen Aufwands bei geringen Sicherungsgewinnen für die Verbraucher.

Der Befund der Studie: Die Situation ist vor allem charakterisiert durch eine im internationalen Vergleich hohe Anzahl an Akteuren und ein unübersichtliches rechtliches Rahmenwerk.

In Deutschland kommen 61 Vermittler auf 10.000 Einwohner. In Großbritannien liegt diese Zahl bei 27 und in den Niederlanden bei 20. Der Regulierungs- und Standardisierungsgrad liegt laut Autoren der Studie unter dem im Handwerk oder bei der Schuldnerberatung. Die fragmentierte Regulierung genügt nicht den notwendigen inhaltlichen Ansprüchen einer wünschenswerten produkt- und themenübergreifenden Gesamtbetrachtung der privaten Finanzen, die im gehobenen Marktsegment des Private Banking als Maßstab gilt.

Über den Berufsstand Vermittler von Finanzanlagen und die Ausgangssituation im »Beratungsgespräch« formulieren die Autoren der Studie:

»Dem Vermittler steht der typische Verbraucher mit einem unzureichenden finanziellen Bildungsstand gegenüber, was ein produktives Miteinander auf hinreichendem qualitativem Niveau weiter erschwert. Der Nutzen einer finanziellen Entscheidung ist durch die meisten Verbraucher kaum zu erfassen oder gar zu bewerten. Mitunter herrscht der Wunsch vor, dem Berater die Entscheidung zu überlassen. Durch diese belastete Ausgangskonstellation sind Fehlleistungen eher die Regel als die Ausnahme und auch empirisch zu belegen. Zum Beispiel werden 50–80% aller Langfristanlagen mit Verlust vorzeitig abgebrochen und die gesamten Vermögensschäden auf Grund mangelhafter Finanzberatung werden auf jährlich 20–30 Mrd. EUR geschätzt.«

Das sitzt. Die Zahlen über die Kosten von Fehlberatungen sind natürlich plausible Schätzwerte. Die Langfristfolgen der falsch motivierten Vermittlung von Finanzprodukten zur Vermögensbildung dürften sogar deutlich teurer sein – eine Art negativ wirkender Zinseszinseffekt zu Lasten der Kunden – und die Kosten für die gesamte Volkswirtschaft sind sowieso immens: Die Deutschen werden im Durchschnitt älter, die Herausforderungen aus Sicht der Altersvorsorge steigen, und private Absicherungen nehmen an Bedeutung zu. Kaum jemand kann sich langfristige finanzielle Fehlentscheidungen erlauben, ohne im höheren Alter dafür mit einem erheblichen Verlust an Lebensqualität oder mit sozialem Abstieg zu bezahlen. Die folgende schematische Darstellung stammt aus der Studie.

Abb. 1.1: Fehlleistungen und ihre möglichen Folgen (Evers & Jung).

Die bereits ergriffenen legislativen Maßnahmen seien ein überfälliger erster Schritt, um Beratungsqualität zu fördern und die hohe Fehlerquote bei Finanzentscheidungen zu verringern. Im EU-Vergleich spiele Deutschland keine Vorreiterrolle bei einer verbraucherfreundlichen und marktkonformen Gestaltung der Finanzvermittlung. Die Versicherungsvermittlerrichtlinie stelle erstmals Anforderungen an die Qualifikation und das Führen eines Geschäftsbetriebes.

Die Anlageberatung sei bis zur Umsetzung der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) eher ungeregelt gewesen. Initiativen eigener, berufsständischer Regularien wie Qualifikationsstandards und Selbstverpflichtungen haben nicht ausreichend funktioniert. Ansätze, Kunden aus eigenem Interesse in die komplexen Aufgabenstellungen »hineinzuentwickeln«, seien noch nicht ausgeprägt genug. Die logische Konsequenz sei es, »intelligente Regulierungsstrategien« zur Förderung der Beratungsqualität in der Finanzvermittlung zu entwickeln, so die Autoren der Studie.

Zur Honorarberatung äußerte sich Marco Habschick bei einer späteren Präsentation der Studienergebnisse folgendermaßen:

»Honorarberatung bringt dann etwas, wenn sie zu besseren Finanzentscheidungen der Kunden verhilft.« (Evers & Jung II)

Er wies darauf hin, dass für das Beratungsergebnis die Neutralität der Entlohnungshöhe einen prinzipiellen Vorteil darstellt. Mit Honorarberatung soll eine höhere Transparenz, Unabhängigkeit, Professionalität und eine umfassendere Dienstleistung möglich sein. Die Kernleistung der Honorarberatung sei eine Beratungsleistung und das Vermitteln eines Finanzproduktes eine Nebenleistung. Beim Provisionsmodell stehe die Vermittlung im Mittelpunkt.

Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen

Das Verbraucherschutzministerium gab am 1. Juli 2009 nach Auswertung der Studienergebnisse und Diskussionen mit Experten ein Thesenpapier »Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen« (ANHANG A) über die Zukunft des Finanzvermittlungsmarktes heraus und befragte einige Experten aus Verbänden, Verbraucherschutzorganisationen und den Verbund Deutscher Honorarberater (VDH). Die Zielsetzung der Befragung war es, herauszufinden, wie die Qualität der Finanzberatung und die Qualifikation der Finanzvermittler verbessert werden kann. Es gab zu mehreren Thesen eine breite Zustimmung der befragten Verbände, die natürlich völlig unterschiedliche Interessenlagen repräsentieren. Das Thesenpapier des Verbraucherministeriums ist in seinen Aussagen durchweg begrüßenswert. Erwartungsgemäß war These 8 zur rechtlichen Verankerung eines Berufsbilds des Honorarberaters besonders umstritten.

Die zehnte These trennte dann diejenigen, die es mit Verbraucherschutz ernst meinen und die anderen, die nur so tun als ob:

Die Vermittler und Berater müssen die Haftungsverantwortung für ihre Empfehlungen übernehmen. Die schwierige Beweissituation für die Verbraucher muss verbessert werden.

Für den VDH und Verbrauchervertreter war diese Frage einfach zu beantworten. Von diesen Gruppen wurde durchweg und meist öffentlich für eine Beweislastumkehr plädiert: Nicht der Kunde soll beweisen müssen, dass er falsch beraten wurde, sondern der Berater soll nachweisen, dass er eine sachgerechte Beratung abgeliefert hat. Die Beweislastumkehr ist nur Waffengleichheit in einem Markt, der sich bisher nicht durch Verbraucherfreundlichkeit, sondern durch einen Informationsvorteil der Finanzvermittler und manche hanebüchene Fehlberatungsleistung auszeichnet. Aber vielleicht gibt es andere überzeugende Argumente.

Das Ministerium fasste die geäußerten Positionen anonymisiert zusammen:

»Die Stellungnahmen gehen überwiegend davon aus, dass die reale Gefahr einer Haftungsinanspruchnahme die Qualität der Beratung verbessern könne. Vereinzelt wird dies mit dem Argument bestritten, dass ein Großteil der Beratungsschäden nicht durch Kriminelle, sondern durch ‚ahnungslose’ Vermittler verursacht werde. Andererseits wird darauf hingewiesen, dass latent höhere Haftungsrisiken dazu führen könnten, dass auch möglicherweise sinnvolle Anlageprodukte nicht mehr empfohlen würden. Viele Verbände halten die geltenden Regelungen für ausreichend. Sie verweisen auf bestehende Sorgfaltspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen und auf bestehende Beweis- erleichterungen für Wertpapieranleger. Das Schuldverschreibungsgesetz verbessere die Beweislage der Wertpapieranleger durch die Pflicht zur Protokollierung. Andere Verbände bezeichnen die Protokollierung der Beratung als überflüssig … Eine Haftungsverantwortung wird auch für die Mitarbeiter von Verbraucherzentralen angemahnt. Andere Verbände regen an, die Erfahrungen mit Beratung und Dokumentation zu evaluieren. Das Beratungsprotokoll solle standardisiert werden, um die Beweiserleichterung im Falle einer Falschberatung sicherzustellen. Außerdem verlangen einige Verbände eine Beweislastumkehr. Andere halten das für mit unserem Rechtssystem nicht vereinbar. Solange nicht für jeden Händler, jeden Juristen und alle anderen Berufe mit Verbraucherkontakt eine Beweislastumkehr gelte, sei dies auch für die Branche der Finanzdienstleister abzulehnen …«

Seit dem Jahr 2010 regelt der Gesetzgeber die Pflicht zum Erstellen eines schriftlichen Beratungsprotokolls bei der Anlageberatung. Im Versicherungsbereich gibt es die Protokollpflicht bereits seit dem Jahr 2007. Diese Regelung gilt nicht für das Vermitteln von Tages- und Festgeld sowie beim Verkauf geschlossener Beteiligungen.

Das Beratungsprotokoll – die Theorie

Das Beratungsprotokoll ist ein Instrument zur Dokumentation der Anlageberatung für Privatanleger. Es soll dem Schutz der Anleger und der Verbesserung der Beratungsqualität dienen. (Wikipedia)

»Das Gesetz soll Privatanleger besser vor Falschberatung schützen. So müssen Anlageberater nun jedes Beratungsgespräch zu Wertpapieren mit einem Protokoll dokumentieren und ihren Kunden das Protokoll vor einem Geschäftsabschluss aushändigen. Das soll es Anlegern ermöglichen zu kontrollieren, ob das Beratungsgespräch korrekt wiedergegeben wurde.

Auch in einer Auseinandersetzung zwischen Anlegern und Banken wegen fehlerhafter Beratung soll das Protokoll die Verbraucher unterstützen. Sie sollen sich vor Gericht darauf berufen können. So ist denkbar, dass aus einem Protokoll hervorgeht, dass ein Verbraucher eine risikolose Anlageform gewünscht hat. Hat die Bank dennoch eine riskante Wertpapieranlage empfohlen, muss sie beweisen, dass sie trotz dieses offensichtlichen Widerspruches korrekt beraten hat.«

(Verbraucherzentrale – Nordrhein Westfalen)

Eine Stichprobe der Verbraucherzentrale Nordrhein Westfalen im Jahr 2010 zeigte, dass die von Banken eingesetzten Protokolle nicht verbraucherschutzfreundlich sind. Diese Untersuchung entstand im Rahmen des vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) geförderten Projektes Verbraucherfinanzwissen.de. Die Ergebnisse im Jahr 2010 besagten, dass die verwendeten Protokolle sogar zur Gefahr für Verbraucher werden können. Wenn die Protokolle geschickt ausgefüllt werden, nützen manche Protokolle der beratenden Bank, zumal eine geforderte Unterschrift vom Kunden die Beweissituation dann sogar noch verschlechtert.

Die Verbraucherzentrale NRW forderte daher weitergehende gesetzliche Regelungen:

»Die Beweislast muss umgekehrt werden. Künftig sollten Banken beweisen müssen, dass sie die Verbraucher richtig beraten haben – nicht umgekehrt. Bisher liegt die Beweislast bei den Kunden. Denen fällt es allerdings in der Regel schwer, den Beweis der Falschberatung zu führen – weil der Bankberater als Zeuge gegen sie aussagt oder Dokumente vorlegt, die gegen den Verbraucher sprechen.«

Leider war diese Entwicklung bereits im Jahr 2009 absehbar, bevor der Gesetzgeber die neuen Regelungen in Kraft setzte.

Man fragt sich manchmal, wie viele Finanzkrisen, Bankenrettungen und Garantieerklärungen von der Politik für Kontoeinlagen noch benötigt werden, bis sich ein umfassender Verbraucherschutz in Deutschland tatsächlich durchsetzt. Vielleicht sind die Gründe für das Zurückdrängen von verbraucherfreundlichen Gesetzesinitiativen auf intensive Lobbyarbeit zurückzuführen. Am fehlenden Willen im Verbraucherschutzministerium jedenfalls liegt es nicht.

Im November 2009 dokumentierte eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats für Verbraucher- und Ernährungspolitik beim BMELV, dass es in Deutschland bislang noch überhaupt keinen wirksamen Verbraucherschutz im Finanzsektor zu geben scheint. Die Experten empfahlen für den Themenkomplex Verbraucherfinanzen erste sieben Maßnahmen, die sich an drei Hauptzielen orientierten (Kurzform).

Ziele

Hauptziel 1: Transparenz und Wettbewerb im Finanzdienstleistungssystem, Abbau der bestehenden Asymmetrien zu Lasten der Verbraucher.

Hauptziel 2: Verbraucher müssen wirksam und nicht nur pro forma vor schlechter Beratungsqualität oder Falschberatung geschützt werden.

Hauptziel 3: Aufklärung und Beratung müssen unabhängig sein von Anbieter und Produkt; dies muss faktisch in der Praxis sichergestellt werden.

Empfohlene Maßnahmen

Maßnahme 1: Wirksame und praktisch kontrollierbare Informationspflichten der Anbieter zu ihrer Produkt-Kunde-Zuordnung.

Maßnahme 2: Einheitliches Zertifizierungssystem mit realistischer, laufender Kontrolle (keine Zertifizierung pro forma ohne Wirkung für den Verbraucher).

Maßnahme 3: Einheitliche Mindeststandards in der Beratung.

Maßnahme 4: Mindeststandards der Diagnose und Information.

Maßnahme 5: Mindeststandards der Empfehlung an Kunden.

Maßnahme 6: Verbraucherbildung und -aufklärung.

Maßnahme 7: Verbrauchergerechtes Rechtssystem mit Beweislastumkehr.

Die Positionen des Ministeriums und die vom Beirat vorgeschlagenen Maßnahmen entsprechen in weiten Teilen den Forderungen des Verbundes Deutscher Honorarberater (VDH), der sich am politischen Willensbildungsprozess beteiligen durfte. Trotz politischer Unterstützung – oder gerade deswegen – geht die Debatte munter weiter. Erreichen konnte man in der Praxis bislang wenig, wie ein Test von Bankinstituten und Sparkassen im Frühjahr 2010 vermuten lässt. Die Testergebnisse im Jahr zuvor waren zwar schlecht, aber besser. Solche Testergebnisse sind längst Legion in Deutschland. Qualitätsmängel sind in Deutschland an der Tagesordnung, wie ein europäischer Vergleich von 224 europäischen Banken ergab. Bisher ist noch niemand auf die Idee gekommen, Strukturvertriebe einem Qualitätscheck zu unterziehen. Ich garantiere: Es geht immer noch schlechter.

Test: Beratungsqualität bei Banken

»Die Bundesregierung sollte völlig neu nachdenken, wenn sie die Bürger wirklich besser schützen will. Am konsequentesten wäre es, Provisionen für den Verkauf von Geldanlagen zu verbieten. Ein Zahnarzt lebt ja auch nicht davon, dass ihm Produzenten von Goldfüllungen Provisionen bezahlen. Wäre das so, würde es vermutlich im Mund der meisten Deutschen blinken, obwohl viele gar keine Goldfüllungen benötigen. Genauso ist es bei der Geldanlage: Die Depots der Deutschen sind voller Produkte, die vor allem der Bank hohe Provisionen einbrachten.«

(Alexander Hagelüken, Journalist, in der Süddeutschen Zeitung vom 20.07.2010)

Private Anleger werden in Deutschlands Geldhäusern immer noch schlecht beraten. Und das trotz verschärfter Regeln nach der Finanzkrise und neuer gesetzlicher Vorgaben (im Wertpapierhandelsgesetz). Finanztest testete im Frühjahr 2010 die Beratungsqualität von Banken. Obwohl man bei Bankberatern eine hohe fachliche Qualifikation voraussetzen muss, enttäuschten die Banker und Sparkassenberater erneut. Die Prüfer führten Gespräche in 146 Bankfilialen von 21 Instituten, darunter sechs Privatbanken, sechs Genossenschaftsbanken und neun Sparkassen. Kein Institut erzielte dabei ein gutes Gesamtergebnis. Die Verbraucherschützer zeigten sich geschockt von dem Ergebnis und sprachen von einer fortgesetzten Blamage. Die Ergebnisse waren nicht besser als im Jahr zuvor, sondern schlechter: Es wurden oft zu riskante Produkte empfohlen, bei einem Drittel der Kunden die Vermögensverhältnisse oder das Beratungsziel nicht abgefragt und die bei der Anlageberatung vorgeschriebenen Beratungsprotokolle wurden zu selten ausgehändigt oder gar verweigert. Für den Bundesverband der Verbraucherzentralen forderte ein Sprecher, dass die Abkehr von der provisionsgetriebenen Beratung, klare gesetzliche Vorgaben und effektivere Kontrollen nötig seien.

Hoffnungsschimmer Europa

Die EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (kurz MiFID)

Die EU will für alle Marktteilnehmer Transparenz und Qualität zur Pflicht machen.

In der Anlageberatung soll der Qualitätsstandard durch gesetzliche Aufsicht gesteigert werden. Die Richtlinie hat vier Kernbereiche: