Hopfen und Gerste. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte - Berthold Auerbach - E-Book

Hopfen und Gerste. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte E-Book

Berthold Auerbach

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Beschreibung

Die Geschichte über einen faulen Bauernsohn, der sich erst noch beweisen muss: Als Franzseph aus dem Militärdienst in sein Heimatdorf zurückkehrt, hat er Schwierigkeiten, sich in das normale Arbeitsleben wieder einzufinden. Schließlich tut er sich mit dem unbeliebten Emil Faber zusammen, der wiederum mit dem Schlägelbauern verfeindet ist, dessen Tochter Franzseph heiraten will. Eines Nachts kommt er auf eine Idee, wie er seinen guten Ruf wiederherstellen kann...Die "Schwarzwälder Dorfgeschichten" bestehen aus 27 Erzählungen, die Berthold Auerbach zwischen 1843 und 1880 verfasste und mit denen er die literarische Gattung der Dorfgeschichte maßgeblich prägte. Sie spielen alle im ländlichen Raum des Schwarzwalds und charakterisieren das Dorfleben und seine Bewohner.

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Seitenzahl: 47

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Berthold Auerbach

Hopfen und Gerste. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte

 

Saga

Hopfen und Gerste. Eine Schwarzwälder DorfgeschichteCoverbild/Illustration: Shutterstock Copyright © 1851, 2020 Berthold Auerbach und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726614558

 

1. Ebook-Auflage, 2020

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

 

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

Hopfen und Gerste.

1. Der Faullenzer.

Auf der Schnitzelbank vor seinem Hause sass rittlings ein junger Bursch und hob von Zeit zu Zeit aus einer grossen Schichte zu seiner Rechten einen langen Tannenzweig auf, presste ihn zwischen den Kloben und drehte ihn zu leichter Biegsamkeit, schnitzelte das dicke Ende und flocht einen Strohzopf daran; was zubereitet war, legte er sorgfältig zu seiner Linken nieder, wo bereits mehrere solcher Garbenbänder, sogenannter Wieden, wohlgeordnet lagen. Trotz des lustigen Parademarsches, den der Bursche pfiff, hatten seine Mienen doch etwas Verdrossenes und er warf oft wie unwillig das Haupt zurück, auf dem eine Soldatenmütze mit rothem Vorstoss prangte.

Der Dorfschütz, ein alter Soldat, der ein kupfernes Ehrenzeichen auf seinem blauen Rock trug, kam vom Rathhaus herunter; er hielt bei dem Arbeitenden still und sagte:

„Buschur, Kamerad.“ Der Angeredete dankte stumm und der Schütz fuhr fort: „Warum bist nicht bei der Zehentversteigerung gewesen?“

,,Ich bin noch nicht Bürger,“ erwiderte der junge Soldat, „das Sach gehört noch meiner Mutter und meinen Geschwistern.“

Der Schütz setzte sich auf die fertigen Wieden und berichtete: ,,Es ist ein Generalspass gewesen. Seit Jahren haben die drei fetten Schwäger den Zehnt gepachtet, sie mögen’s nicht leiden, dass der Zehntknecht auf ihre Aecker kommt und wollen da freie Herren sein. Aber diesmal hat der Wasserstiefel immer höher geboten und zuletzt ist ihm der Zehntbestand zugeschlagen worden. Dein Schwäher, der Schlägelbauer, der hat seinen Koller kriegt vor Zorn und Gift, dass man gemeint hat, er erstickt, und mit Fluchen und Schelten sind sie Alle davon. Das führt noch einmal zu bösen Häusern, du wirst sehen Franzseph.“

Franz Joseph, oder wie er in der Abkürzung hiess Franzseph, nahm eine neue Wiede auf und entgegnete:

„Es ist und bleibt nicht recht, dass das ganze Dorf und vorab der Schlegelbauer so einen hirnwüthigen Hass auf den Faber geworfen hat und weiss kein Mensch recht warum. Der Faber ist hier fremd, er hat des Lucians Gut um sein ehrlich Geld gekauft und thut Niemand was zu leid; dass er sich herrisch kleidet, geht ja Niemand was an und er kann darüber lachen, dass sie ihn den Wasserstiefel heissen. Der Schlägelbauer ist auch schon an mir gewesen, ich soll’ nichts mit dem Faber reden: aber ich weiss selber was ich zu thun hab’ und liess’ mir von meinem eigenen Vater, wenn er noch leben thät’, nichts drein reden, mit wem ich Freundschaft haben darf oder nicht. Und gerade weil sie ihn Alle den Wasserstiefel heissen und Niemand gut gegen ihn ist —“

,,Du bist halt ein guter, guter Kerle, das sagen alle Leut’!“ unterbrach der Schütz.

Dem jungen Mann schoss bei dieser Anrede alles Blut zu Kopfe, er würgte eine Wiede ganz ab, warf die Stücke weit weg und rief voll verbissenen Ingrimms: „Sag’ das nicht. Ich bin ein guter Kerl, ich will nicht. Fahnenmalefizdonner! Ich möcht’ euch zeigen; dass ich kein guter Tralle bin. Sag’ das nicht noch einmal oder ich vergreif’ mich an dir zuerst.“

„Das wär’ am unrechtesten Orte angefasst. Du bist ja wie ausgewechselt. Was hast denn? Giebt des Schlägelbauern Madlene nach und heirathet das bildsaubre Mädle des Schultheissen Claus?“

„Wenn die Kuh einen Batzen gilt,“ entgegnete Franzseph plötzlich lachend und über sein Antlitz zog eine Besänftigung des Friedens, dass es zu leuchten schien.

,,Du bist aber doch seit Ostern,“ fuhr der Schütz fort, ,,seit du mit dem Abschied vom Regiment heimkommen bist, wie verhext. Was hast denn? Freilich, kann mir’s denken, du kannst dich nicht wieder ins Bauernleben gewöhnen; musst den Paradeschritt verlernen und den Ochsenschritt einexerciren. Hab’ ich Recht? Ist’s das, warum du immer so massleidig aussiehst?“

„Kann sein,“ erwiderte Franzseph nach langer Pause und fuhr dann sich aufrichtend fort: „Ja, du hast mit meinem Vater in Einer Compagnie gestanden und bist sein bester Kamerad gewesen; ich will mich dünken lassen, ich red’ zu meinem Vater. Guck, wie ich mit dem Abschied heim bin, da hab’ ich gemeint, ich könntʼ es gar nicht erwarten und das ganze Dorf muss grad so sein wie ich und jedes muss weiter nichts denken und sagen als wie: der Franzseph ist da. Ich hab’ mir oft denkt, daheim da ist das helle Paradies und ich hab’ mir mit Gewalt wieder vorrechnen müssen, wie viel Feindschaft und Hassard auch da ist und wie Eines ein Auge drum gäb’ wenn’s Andere keins hätt’. Ich bin freilich nie gern Soldat gewesen, aber es ist doch eigentlich das schönste Leben und jetzt wünsch’ ich mir des Tags tausendmal, dass ich’s noch wär’.“

„Ja, es ist jetzt schlimmer hier als je. Denk daran was ich sag’: es thut kein gut, bis die Hopfenstangen draussen an der Geisshalde noch zu einer Generalsprügelei verwendet sind.“