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Zum ersten Mal in einem Band erhältlich: Die House-of-Night-Storys von P.C. und Kristin Cast, dem erfolgreichsten Mutter-Tochter-Autorengespann aller Zeiten! "Dragons Schwur", "Lenobias Versprechen", "Kalonas Fall" und "Neferets Fluch" - sie alle waren wichtige Mitspieler im House of Night in Tulsa. In diesen Storys erfahren Sie mehr über deren Lebensweg, warum sie Gezeichnet wurden und wie sie nach Tulsa ins House of Night kamen. Aufwühlend und superspannend: Die vier Storys sind erstklassiges Zusatzmaterial zur international erfolgreichsten Vampyr-Serie aller Zeiten!
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Seitenzahl: 638
P.C. Cast | Kristin Cast
House-of-Night - Die Storys
Alle 4 Storys in einem Band
FISCHER E-Books
Für alle Krieger-Leserinnen. Wir lieben euch!
Oklahoma, Gegenwart
Zorn und Verwirrung regten sich in Dragon Lankford. Wollte Neferet sich tatsächlich so bald nach dem Tod des Jungen und dem verheerenden Besuch ihrer Göttin verabschieden?
»Neferet, was wird aus der Leiche des Jungvampyrs? Sollten wir nicht weiter Wache halten?« Dragon Lankford konnte seine Stimme nur mit Mühe beherrschen, als er die Hohepriesterin ansprach.
Neferet schaute ihn aus wunderschönen Smaragdaugen an und lächelte milde. »Es ist richtig von dir, mich daran zu erinnern, Schwertmeister. Diejenigen unter euch, die Jack mit lila Kerzen geehrt haben, werfen sie auf den Scheiterhaufen, wenn sie gehen. Die Söhne des Erebos wachen während der restlichen Nacht über der Leiche des armen Jungvampyrs.«
»Wie du wünschst, Priesterin.« Dragon verbeugte sich tief vor ihr und fragte sich, weshalb seine Haut so kribbelte – fast so, als wäre er mit Schmutz bedeckt. Plötzlich verspürte er das unerklärliche Verlangen, sehr heiß zu baden. Es liegt an Neferet, meldete sich sein Gewissen mit sanfter Stimme. Mit ihr stimmt etwas nicht, seit Kalona sich aus der Erde befreit hat. Das hast du gespürt …
Dragon schüttelte den Kopf und biss die Zähne zusammen. Nebensächliche Ereignisse hatten nichts zu bedeuten. Gefühle waren nicht länger wichtig. Was zählte, war die Pflicht – und vor allem die Vergeltung. Konzentriere dich! Du musst an deine Aufgabe denken!, befahl er sich selbst und nickte einigen Kriegern zu. »Treibt die Menge auseinander!«
Neferet sprach noch kurz mit Lenobia, bevor sie den Platz in der Mitte des Schulgeländes verließ und zu den Unterkünften der Lehrer ging. Dragon würdigte sie kaum eines Blickes. Seine ganze Aufmerksamkeit galt wieder dem brennenden Scheiterhaufen und dem flammenden Leichnam des Jungen.
»Die Menge hat sich zerstreut, Schwertmeister. Wie viele von uns sollen mit dir am Scheiterhaufen wachen?«, erkundigte sich Christophe, einer seiner engsten Vertrauten.
Dragon zögerte mit der Antwort. Er versuchte, seine innere Mitte zu finden, bemerkte aber, dass die Jungvampyre und Lehrer, die sich unschlüssig um den hell lodernden Scheiterhaufen drängten, erregt und aufgebracht waren. Die Pflicht. Wenn alles andere nicht hilft, denk an die Pflicht!
»Zwei Wachen sollen die Lehrer in ihre Wohnungen bringen. Die übrigen gehen mit den Jungvampyren. Sorgt dafür, dass alle in ihre Zimmer zurückkehren. Ihr bleibt in der Nähe der Schlafsäle, bis diese furchtbare Nacht zu Ende ist.« Dragons Stimme klang rau vor unterdrücktem Gefühl. »Die Schüler müssen die schützende Gegenwart der Söhne des Erebos spüren, damit sie sich sicherfühlen. Irgendeine Gewissheit müssen sie haben.«
»Aber der Scheiterhaufen des Kindes –«
»Ich bleibe bei Jack.« Dragons Tonfall duldete keinen Widerspruch. »Ich werde an seiner Seite bleiben, bis sich das rote Glühen seiner Asche in Rost verwandelt. Tu deine Pflicht, Christophe; das House of Night braucht dich. Ich kümmere mich um die Traurigkeit, die zurückbleibt.«
Christophe verneigte sich. Dann begann er, mit kalter, nüchterner Stimme die entsprechenden Befehle zu erteilen.
Nur Sekunden schienen vergangen, bis Dragon bemerkte, dass er allein war. Er hörte das Geräusch des Scheiterhaufens – das täuschend besänftigende Knacken und Knistern des Feuers. Ansonsten erfüllten nur Nacht und unendliche Leere sein Herz.
Der Schwertmeister starrte in die Flammen, als könnte er darin ein Mittel entdecken, das seinen Schmerz linderte. Das Feuer flackerte in Bernstein und Gold, in Rostbraun und Rot und erinnerte Dragon an ein kostbares Schmuckstück – einzigartig, erlesen –, das an einem samtroten Band von der Farbe frischen Blutes hing …
Wie von selbst glitt seine Hand in die Tasche. Seine Finger schlossen sich um die ovale Scheibe darin. Sie war flach und glatt. Er spürte noch die Umrisse des Rotkehl-Hüttensängers, der einmal so klar und wunderschön in die Oberfläche graviert gewesen war. Das goldene Schmuckstück schmiegte sich in seine Hand. Er umfasste es schützend, bevor er die Hand mit dem Medaillon langsam hervorzog. Dragon fädelte das Samtband durch die Finger und rieb mit dem Daumen in einer vertrauten, geistesabwesenden Bewegung darüber. Er atmete tief aus, was mehr wie ein Schluchzen als wie ein Seufzer klang, öffnete die Handfläche und schaute darauf.
Das Licht von Jacks Scheiterhaufen huschte über die goldene Oberfläche des Medaillons und fing sich in dem Vogelbild.
»Der Staatsvogel von Missouri«, sagte Dragon mit lauter Stimme, in der keine Gefühle mitschwangen, obwohl seine Hand mit dem Medaillon zitterte. »Ich frage mich, ob du noch in der Wildnis zu finden bist, auf den Sonnenblumen am Fluss. Oder sind deine Schönheit und die der Blumen mit allem anderen gestorben, was schön und magisch ist in dieser Welt?« Seine Hand schloss sich so fest um das Medaillon, dass sich die Knöchel weiß färbten.
Dann öffnete Dragon schnell die Faust und drehte das goldene Oval ehrfürchtig wieder und wieder in der Hand. »Du Narr!«, sagte er mit bebender Stimme. »Du hättest es zerbrechen können!« Mit zitternden Fingern betastete er den Verschluss, doch das goldene Schmuckstück war unversehrt und ließ sich mühelos öffnen. Er sah die winzige Gravur, die mit der Zeit zwar verblasst war, aber noch immer das Gesicht der zierlichen Vampyrin zeigte, deren Blick den seinen zu fesseln schien.
»Wie kann es sein, dass du nicht mehr da bist?«, murmelte Dragon. Er fuhr über das alte Porträt in der rechten Hälfte des Medaillons, streichelte dann auf der linken Seite die einzelne blonde Locke, die dort haftete, wo einmal sein Jugendbildnis gewesen war. Er wandte den Blick vom Medaillon zum nächtlichen Himmel und wiederholte die Frage, lauter diesmal, aus den Tiefen seiner Seele schrie er um Antwort. »Wie kann es sein, dass du nicht mehr da bist?«
Als Antwort erklang in der nächtlichen Luft das vernehmliche Krächzen eines Raben.
Zorn durchflutete Dragon, ein harter und heißer Zorn, der seine Hände wieder erzittern ließ – diesmal jedoch nicht aus Schmerz über den Verlust, sondern aus dem überwältigenden Drang heraus zu schlagen, zu zermalmen, zu vergelten.
»Ich werde dich rächen.« Dragons Stimme klang wie der Tod. Wieder schaute er auf das Medaillon und sprach zu der blonden Locke darin. »Dein Drache wird dich rächen. Ich werde das Unrecht, das ich zugelassen habe, wiedergutmachen. Ich werde nicht mehr den gleichen Fehler begehen, meine Liebste, meine Einzige. Die Kreatur wird nicht ungestraft davonkommen. Das schwöre ich.«
Plötzlich wehte ein heißer Windstoß vom Scheiterhaufen herüber. Er hob die Locke an, und während Dragon vergeblich versuchte, sie festzuhalten, wurde sie davongetragen, weg von ihm, hoch hinauf auf den warmen Luftzug, fast wie eine Feder. Sie schwebte dort, und dann veränderte sich der heiße Wind, stieß einen Laut aus, der an das überraschte Keuchen einer Frau gemahnte, atmete ein und sog die Haarlocke in den lodernden Scheiterhaufen, wo sie sich in Rauch und Erinnerung verwandelte.
»Nein!«, schrie Dragon und sank schluchzend auf die Knie. »Jetzt habe ich alles verloren, was ich von dir besaß. Durch meine Schuld …«, sagte er mit gebrochener Stimme. »Durch meine Schuld, so wie ich auch deinen Tod verschuldet habe.«
Seine Augen füllten sich mit Tränen, als er sah, wie sich die Locke seiner geliebten Gemahlin in Rauch auflöste, der vor ihm wirbelte und tanzte. Dann begann er magisch zu schimmern, sich von Rauch in einen Schleier grüner und gelber und brauner Funken zu verwandeln, die sich umeinander kräuselten und teilten und zu einem Bild zusammensetzten: Die grünen Funken wurden zu einem langen, dicken Stängel – zarte gelbe Blütenblätter formten sich um den braunen Kreis in ihrer Mitte.
Dragon wischte sich die Tränen ab, er konnte kaum glauben, was er da sah. »Eine Sonnenblume?« Seine Lippen fühlten sich ebenso taub an wie sein Verstand. Es ist ihre Blume!, rief sein Geist. Es muss ein Zeichen von ihr sein! »Anastasia!«, schrie Dragon, als sich die Taubheit in eine schreckliche und wunderbare Quelle der Hoffnung verwandelte. »Bist du hier, meine Einzige?«
Das Bild der schimmernden Sonnenblume zitterte und veränderte sich. Das Gelb floss in einer Kaskade hinunter, die sich goldblond färbte. Das Braun erhellte sich zur Farbe sonnengeküsster Haut, und das Grün schmolz in die Haut und gerann zu leuchtenden Kugeln, die zu türkisfarbenen Augen wurden, vertraut und geliebt.
»Oh, Göttin, Anastasia! Du bist es!« Dragons Stimme brach, als er die Hand nach ihr ausstreckte. Doch das Bild hob sich, verspottete ihn, schwebte knapp außerhalb seiner Reichweite. Enttäuscht schrie er auf und unterdrückte einen Elendslaut, als sich die Stimme seiner Gemahlin wie ein Bach, der über wassergeschliffene Kiesel rinnt, singend um ihn herum ausbreitete. Dragon hielt die Luft an und lauschte der geisterhaften Botschaft.
Verzaubert ist dies Medaillon für dich, meinen Einzigen, meinen Gemahl, der mir entrissen.
Gekommen ist der Tag, an dem der Tod uns brachte Trennungsschmerzen.
Ich werde ewig auf dich warten, sollst du wissen.
Bis wir uns wiedersehn, trag deine Liebe ich im Herzen.
Bedenk, du hast geschworen, Kraft mit Gnade abzumildern.
So lang wir auch getrennt sein mögen, gemahne ich dich an den Eid
ewiglich … ewiglich …
Das Bild vor ihm lächelte noch einmal, bevor es verschwamm, sich in Rauch verwandelte und dann in Nichts auflöste.
»Mein Eid!«, rief Dragon und sprang auf die Füße. »Zuerst erinnert Nyx mich daran und jetzt du. Begreifst du nicht, dass du wegen dieses verfluchten Eides gestorben bist? Hätte ich mich vor all den Jahren anders entschieden, hätte ich das alles vielleicht verhindern können. Es war ein Fehler, Kraft durch Gnade abzumildern. Weißt du das nicht mehr, meine Einzige? Erinnerst du dich nicht? Ich werde es nie vergessen …«
Während Dragon Lankford, Schwertmeister des House of Night, über der Leiche des gefallenen Jungvampyrs wachte, starrte er in den brennenden Scheiterhaufen und ließ sich von den Flammen in die Vergangenheit tragen, damit er noch einmal den Schmerz und die Freude – die Tragödie und den Triumph – einer Vergangenheit durchleben konnte, die diese herzzerreißende Zukunft geformt hatte.
1830, England
»Vater, du kannst mich nicht enterben und nach Amerika verbannen. Ich bin dein Sohn!« Bryan Lankford, der dritte Sohn des Earl of Lankford, schüttelte den Kopf und sah seinen Vater ungläubig an.
»Du bist mein dritter Sohn. Ich habe noch vier weitere, zwei ältere und zwei jüngere, und keiner von ihnen macht so viele Scherereien wie du. Dank ihrer Existenz und deines Verhaltens fällt mir die Entscheidung nicht schwer.«
Bryan unterdrückte den Schock und die Panik, die die Worte seines Vaters in ihm auslösten. Er zwang sich, entspannt und lässig an der hölzernen Stalltür zu lehnen, während er den Earl mit seinem typischen Lächeln bedachte. Es war ein entwaffnend attraktives Lächeln. Frauen fanden es unwiderstehlich und wollten ihn deswegen verführen, Männer fanden es charmant und wollten wie er sein.
Die dunkle, reglose Miene des Earls verriet ihm, dass er dieses Lächeln nur zu gut kannte – und vollkommen unempfänglich dafür war.
»Meine Entscheidung steht fest, Junge. Du solltest dich durch dein unwürdiges Betteln nicht weiter demütigen.«
»Betteln!« Bryan spürte, wie sich der vertraute Zorn in ihm regte. Warum musste sein Vater ihn immer erniedrigen? Er hatte in seinem ganzen Leben noch nie um etwas gebettelt – und er würde jetzt nicht damit anfangen, was immer auch die Folgen sein mochten. »Ich bettle nicht, Vater. Ich versuche einfach nur, sachlich mit dir zu sprechen.«
»Sachlich sprechen? Du blamierst mich fortwährend mit deinem Temperament und deinem Schwert. Wie soll ich da sachlich mit dir sprechen?«
»Vater, es war nur eine kleine Auseinandersetzung und dann auch noch mit einem Schotten! Ich habe ihn nicht einmal getötet. In Wahrheit habe ich seine Eitelkeit mehr verletzt als seinen Stolz.« Bryan musste ein Lachen unterdrücken, doch das Geräusch ging in dem Husten unter, der ihn schon den ganzen Tag geplagt hatte. Diesmal überkam ihn auch eine Welle der Schwäche. Er war so abgelenkt, dass er keinen Widerstand leistete, als sein Vater plötzlich auf ihn zuschoss, ihn mit einer Hand am Kragen packte und mit solcher Kraft gegen die Stallwand stieß, dass der letzte Atem aus seinem Körper gepresst wurde. Mit der anderen Hand schlug der Earl ihm das blutige Schwert aus der schlaffen Hand.
»Du kleiner Prahlhans! Dieser Schotte ist ein Laird aus dem Grenzland. Sein Besitz grenzt an den meinen, was du nur zu genau weißt, da seine Tochter und ihr Bett nur einen kurzen Tagesritt von unserem Anwesen entfernt sind!« Das zornesrote Gesicht des Earls war dem seines Sohnes so nahe, dass Speicheltropfen auf Bryan herabregneten. »Mit deinem ungezügelten Verhalten hast du diesem Laird genügend Beweise geliefert, um zu unserem närrischen neuen König zu laufen und Schadenersatz für die verlorene Jungfernschaft seiner Tochter zu verlangen.«
»Jungfernschaft!«, stieß Bryan hervor. »Aileenes Jungfernschaft war längst verloren, als ich sie traf.«
»Das ist egal!« Der Würgegriff des Earls verstärkte sich. »Was zählt ist, dass du der Dummkopf warst, der zwischen ihren Knien erwischt wurde. Jetzt kann dieser schwächliche König guten Gewissens ein Auge zudrücken, wenn diebische Clanangehörige aus dem Norden herbeiströmen, um fettes Vieh zu stehlen. Wessen Tiere werden sie sich wohl aussuchen, mein Sohn?«
Bryan konnte nur nach Luft ringen und den Kopf schütteln.
Voller Verachtung ließ der Earl of Lankford seinen Sohn los, der kraftlos auf den schmutzigen Stallboden sank. Dann deutete der Edelmann auf die rot gewandeten Mitglieder seiner persönlichen Leibgarde, die ungerührt die Demütigung mitangesehen hatten. Er wählte den pockennarbigen Anführer der Truppe aus. »Jeremy, fessle ihn, wie es ein Übeltäter wie er verdient hat. Nimm zwei weitere Männer, die dich begleiten. Bringt ihn zum Hafen. Schafft ihn aufs nächste Schiff, das nach Amerika fährt. Ich will ihn nie wiedersehen. Er ist nicht mehr mein Sohn.« Dann deutete er auf die Stallburschen. »Bringt mir mein Pferd. Ich habe genügend kostbare Zeit an diesen Unsinn verschwendet.«
»Vater! Warte, ich –«, begann Bryan, doch ein weiterer Hustenanfall ließ ihn verstummen.
Der Earl warf noch einen verächtlichen Blick auf seinen Sohn. »Wie ich bereits erklärt habe, du bist verzichtbar und sollst nicht länger meine Sorge sein. Bringt ihn weg!«
»Du kannst mich nicht so wegschicken!«, schrie er. »Wie soll ich denn leben?«
Sein Vater deutete mit einer Kopfbewegung auf das Schwert, das neben ihm im Schmutz lag. Der Earl selbst hatte es seinem frühreifen Sohn zum dreizehnten Geburtstag geschenkt, und auch hier im staubigen Dämmerlicht des Stalls schimmerten die Juwelen, mit denen das Heft besetzt war. »Vielleicht wird es dir in einem neuen Leben mehr nützen als in deinem alten. Er darf das Schwert mitnehmen«, sagte er zu den Wachen, »aber nichts anderes! Ihr bringt mir den Namen des Schiffes und die Unterschrift des Kapitäns als Beweis, dass er England verlassen hat. Noch vor Sonnenaufgang soll er verschwunden sein. Als Belohnung wartet eine Börse voller Silber auf euch.« Mit diesen Worten schritt der ältere Mann zu seinem wartenden Pferd.
Bryan Lankford wollte seinem Vater etwas hinterherrufen – ihm sagen, dass er es später bereuen würde, wenn er sich daran erinnerte, dass ihm sein dritter Sohn zwar die meisten Scherereien bereitet hatte, aber auch am talentiertesten, intelligentesten und interessantesten gewesen war. Dann überkam den Siebzehnjährigen ein weiterer Hustenanfall, und er konnte nur hilflos nach Luft ringen. Sein Vater galoppierte davon. Er konnte sich nicht einmal wehren, als ihn die Wachen des Earls fesselten und durch die schmutzigen Ställe zerrten.
»Wird auch Zeit, dass so ein kleiner Gockel wie du endlich seine Lektion lernt. Mal sehen, wie es dir gefällt, ein einfacher Mann zu sein.« Jeremy lachte sarkastisch und warf ihn auf einen Hühnerkarren, bevor er Bryans Schwert aufhob und mit einem berechnenden Blick auf das glitzernde Heft in den eigenen Gürtel steckte. Als sie den Hafen erreichten, war es dunkel, um ihn herum, aber auch in seinem Herzen. Sein Vater hatte ihn nicht nur enterbt, aus der Familie verstoßen und aus England verbannt, nein, er spürte auch, dass eine furchtbare Krankheit von ihm Besitz ergriffen hatte. Wann würde er daran sterben? Noch bevor er den stinkenden Hafen verlassen hatte oder erst nachdem man ihn auf eines der Handelsschiffe geschleppt hatte, die sich auf dem schwarzen Wasser der Bucht wiegten?
»So einen hustenden Mistkerl nehme ich nicht an Bord.« Der Kapitän des Schiffes hielt die Fackel höher, um den röchelnden Jungen zu betrachten. »Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Der fährt nicht mit mir.«
»Er ist der Sohn des Earl of Lankford. Wenn Ihr ihn nicht mitnehmt, werdet Ihr Seiner Lordschaft Rede und Antwort stehen müssen«, knurrte Jeremy.
»Ich sehe hier weit und breit keinen Earl. Ich sehe nur einen mit Scheiße bespritzten Jungen, der das Fieber hat.« Der Seemann spuckte in den Sand. »Und wenn ich erst an der Krankheit dieses Bengels gestorben bin, werde ich keinem mehr antworten, schon gar keinem Earl, den es vermutlich ohnehin nicht gibt.«
Bryan versuchte, den Husten zu unterdrücken – nicht um den Kapitän zu beruhigen, sondern um das Brennen in seiner Brust zu lindern. Er hielt noch die Luft an, als ein Mann aus dem Schatten trat. Er war groß, schlank und ganz in Schwarz gekleidet. Seine blasse Haut stand im starken Gegensatz zu der Dunkelheit, die ihn umgab. Bryan blinzelte und fragte sich, ob sein fiebriger Blick ihn täuschte – war da wirklich ein Halbmond auf seine Stirn tätowiert, umgeben von weiteren Tätowierungen? Ihm verschwamm alles vor Augen, doch er war sich fast sicher, dass die Tätowierungen wie gekreuzte Klingen aussahen. Dann gewann die Vernunft die Oberhand, und mit ihr kam die Erkenntnis. Ein Halbmond und die umgebende Tätowierung konnten nur eins bedeuten: Das war gar kein Mann, sondern ein Vampyr!
Da hob das Wesen die Hand und streckte Bryan die Handfläche entgegen. Verwundert schaute der Junge auf die Spirale, die sie schmückte. Die Worte, die der Vampyr nun sprach, sollten sein Leben für immer verändern.
»Bryan Lankford! Die Nacht hat dich erwählt: dein Tod wird deine Geburt sein. Die Nacht ruft dich; höre ihre süße Stimme. Dein Schicksal erwartet dich im House of Night!«
Der lange Finger des Wesens richtete sich auf Bryan, dessen Stirn vor Schmerz explodierte. Die tätowierten Umrisse eines Halbmondes brannten sich in seine Haut.
Die Männer seines Vaters reagierten sofort. Sie ließen Bryan los und wichen zurück, schauten entsetzt zwischen dem Jungen und dem Vampyr hin und her. Er bemerkte, dass der Kapitän die Fackel in den Sand hatte fallen lassen und in der Dunkelheit des Piers verschwunden war.
Bryan konnte weder sehen noch hören, wie sich der Vampyr näherte – er bemerkte nur, dass die Wachen nervös wurden und sich mit halb gezogenen Schwertern hinter Jeremy drängten. Ihre Gesichter und ihre Haltung wirkten unentschlossen. Vampyre genossen einen ehrfurchtgebietenden Ruf. Sie waren als Söldner sehr begehrt. Die meisten Menschen wussten jedoch wenig über sie und ihre Sitten, nur dass ihre Frauen schön und stark waren und dass sie eine dunkle Göttin verehrten. Jeremy schien sich zu fragen, ob dieses Wesen, bei dem es sich offenbar um einen Späher handelte, auch ein gefährlicher Vampyr-Krieger war. Dann spürte Bryan, wie ihn eine unglaublich starke Hand in die Höhe hob, und er sah sich dem Wesen gegenüber.
»Kehrt dorthin zurück, woher ihr gekommen seid. Dieser Junge ist nun ein Gezeichneter Jungvampyr, und ihr seid nicht länger für ihn verantwortlich.« Der Vampyr sprach mit einem starken Akzent und dehnte die Wörter träge, was ihn nur noch geheimnisvoller und gefährlicher erscheinen ließ.
Die Männer zögerten und schauten alle zu ihrem Anführer, der rasch sprach und dabei gleichzeitig arrogant und kampfeslustig klang. »Wir müssen seinem Vater beweisen, dass er England verlassen hat.«
»Was Ihr müsst, interessiert mich nicht«, erwiderte der Vampyr feierlich. »Sagt dem Vater des Jungen, dass er heute Abend an Bord eines Schiffes gegangen ist, wenn auch an eines sehr viel dunkleres, als ihr Menschen es geplant hattet. Ich habe weder die Zeit noch die Geduld, um euch einen anderen Beweis als mein Wort zu liefern.« Dann schaute er zu Bryan. »Komm mit mir. Die Zukunft wartet auf dich.« Sein schwarzer Umhang umwogte den Vampyr, als er kehrtmachte und den Kai entlangschritt.
Jeremy wartete, bis das Wesen von der Dunkelheit verschluckt worden war. Dann zuckte er mit den Schultern und schaute Bryan angewidert an. »Wir haben unsere Mission erfüllt. Seine Lordschaft hat gesagt, wir sollen seinen missratenen Sohn auf ein Schiff verfrachten, und dort geht er jetzt hin. Lasst uns diesen stinkenden Ort verlassen und in unsere warmen Betten in Lankford Manor zurückkehren.«
Die Männer wandten sich schon ab, als Bryan sich aufrichtete. Er atmete tief ein und spürte erleichtert, dass der würgende, quälende Husten verschwunden war. Dann trat er vor und sprach mit starker, kräftiger Stimme. »Ihr sollt mir mein Schwert geben.«
Jeremy hielt inne und schaute ihn an. Dann zog er das Schwert langsam aus dem Gürtel. Er betrachtete das mit Edelsteinen besetzte Heft. Sein Lächeln wirkte berechnend, und seine Augen waren kalt, als er Bryan schließlich anschaute.
»Weißt du eigentlich, wie oft mich dein Vater aus dem warmen Bett geholt hat, um dich aus irgendeiner Patsche zu retten?«
»Nein, weiß ich nicht«, erwiderte Bryan trocken.
»Natürlich nicht. Ihr Adligen denkt nur an euer Vergnügen. Doch nun bist du enterbt worden und somit kein Adliger mehr, so dass ich das Schwert behalten und verkaufen kann. Betrachte es als Entschädigung für die Scherereien, die ich jahrelang wegen dir gehabt habe.«
Bryan spürte, wie der Zorn ihn überkam. Eine Hitzewelle durchflutete seinen Körper. Instinktiv trat er auf den arroganten Kerl zu. Er spürte, dass seine Bewegungen übernatürlich schnell waren, konzentrierte sich aber auf den einen Gedanken, der ihn antrieb: Das Schwert gehört mir – er hat kein Recht darauf.
Mit einer fließenden Bewegung schlug er Jeremy das Schwert aus der Hand und fing es gleichzeitig auf. Als die beiden anderen Männer vortraten, holte Bryan aus und stieß dem ersten Mann die Schwertspitze in den Fußknochen, dass dieser sich vor Schmerzen krümmte und zu Boden stürzte. Bryan wich blitzschnell zurück, änderte die Richtung und traf den zweiten Wachmann mit der flachen Klinge am Kopf. Mit tödlicher Anmut wirbelte er herum und drückte die Klinge so fest gegen Jeremys Hals, dass Bluttropfen auf seine Haut traten.
»Das Schwert gehört mir. Du hast kein Recht darauf«, hörte er sich die Gedanken laut aussprechen und war überrascht, wie normal seine Stimme klang. Er war nicht einmal außer Atem. Jeremy und die anderen Wachen konnten unmöglich merken, dass er innerlich vor Zorn, Wut und Rachedurst brannte. »Jetzt sagt mir, weshalb ich euch nicht die Kehle durchschneiden sollte.«
»Nur zu. Töte mich. Dein Vater ist eine Viper, und selbst als Enterbter bist du noch eine Schlange.«
Bryan würde ihn töten. Er wollte es, sein Zorn und sein Stolz verlangten es so. Warum auch nicht? Der Wachmann war nur ein Bauer, der ihn beleidigt hatte, den Sohn eines Earls! Doch bevor Bryan dem Mann die Kehle durchtrennen konnte, durchschnitten die Worte des Vampyrs die Luft.
»Ich habe keine Lust, von der britischen Marine verfolgt und befragt zu werden. Lass ihn am Leben. Es ist sein Schicksal, zu jenen zurückzukehren, die er verachtet, und das ist eine sehr viel schlimmere Strafe für ihn als ein schneller Tod.«
Bryan, der immer noch die Klinge an Jeremys Kehle hielt, drehte sich zu dem Vampyr um. Das Wesen hatte mit ruhiger, beinahe gelangweilter Stimme gesprochen, schaute aber wie gebannt auf die Kehle des Mannes und die kleinen scharlachroten Tropfen, die Bryans Klinge hervorgelockt hatte. Das offenkundige Verlangen des Vampyrs faszinierte und entsetzte den Jungen. Soll ich etwa auch so werden?
Bryan stieß den Mann beiseite. »Er hat recht. Das Leben ist eine bessere Strafe als meine Klinge. Kehre zurück in die Bitternis, mit der du leben musst.« Dann wandte er ihm den Rücken zu und trat an die Seite des Vampyrs.
Der Vampyr nickte zustimmend mit dem Kopf. »Du hast die richtige Entscheidung getroffen.«
»Er hat mich beleidigt. Ich hätte ihn töten sollen.«
Der Vampyr legte den Kopf auf die Seite, als dächte er über die Lösung eines Problems nach. »Hat es dich beleidigt, dass er dich als Schlange bezeichnet hat?«
»Ja, schon. Mich als verwöhnt zu bezeichnen und stehlen zu wollen, was mir gehört, war ebenfalls eine Beleidigung.«
Der Vampyr lachte leise. »Es ist keine Beleidigung, wenn man als Schlange bezeichnet wird. Es sind Geschöpfe, die mit unserer Göttin verbunden sind, obwohl ich nicht glaube, dass er dir damit gerecht geworden ist. Ich habe zugesehen, wie du die drei Männer überwältigt hast. Du kämpfst eher wie ein Drache als wie eine Schlange.« Bryan schaute ihn überrascht an. »Drachen stehen über solch kleinlichen Beleidigungen, mit denen Sterbliche sie bedenken.«
»Gibt es in Amerika Drachen?«, platzte Bryan heraus, während die Gedanken durch seinen Kopf wirbelten.
Der Vampyr lachte wieder. »Hast du nicht gehört, dass Amerika voller Wunder steckt?« Er machte eine ausholende Handbewegung und deutete auf den Pier. »Komm, lass uns gehen, damit du sie bald auf eigene Faust entdecken kannst. Ich habe genügend Zeit an diesen archaischen Gestaden verbracht. Meine Erinnerungen an England sind nicht gut, und während ich auf dich gewartet habe, haben sie sich keineswegs gebessert.« Der Vampyr ging den Kai entlang, und Bryan musste fast laufen, um mit ihm Schritt zu halten.
»Du sagst, du hättest auf mich gewartet?«
»In der Tat habe ich das«, sagte er.
»Du wusstest von mir?«
Der Vampyr nickte, wobei ihm das lange braune Haar ins Gesicht fiel. »Ich wusste, dass es hier einen Jungvampyr gibt, der von mir Gezeichnet werden soll.« Er schaute zu Bryan und verzog die Lippen zu einem Lächeln. »Du, junger Drache, bist der letzte Jungvampyr, den ich jemals Zeichnen werde.«
Bryan runzelte die Stirn. »Dein letzter Jungvampyr? Was wird denn aus dir?« Er versuchte, nicht besorgt zu klingen. Immerhin kannte er den Vampyr ja kaum. Und das Geschöpf war in der Tat ein Vampyr: geheimnisvoll, gefährlich und seltsam faszinierend.
Das Lächeln des Vampyrs wurde breiter. »Ich habe meinen Dienst als Späher für Nyx beendet und werde in meine Position als Krieger der Söhne des Erebos zurückkehren. Ins Tower Grove House of Night.«
»Tower Grove? Ist das in Amerika?« Bryans Magen zog sich zusammen. Er hatte fast vergessen, dass seine Welt in nicht einmal einem Tag völlig auf den Kopf gestellt worden war.
»In der Tat ist es in Amerika, um genau zu sein in St. Louis, Missouri.« Der Vampyr hatte das Ende des langen Piers erreicht, das dunkelste Ende, wie Bryan feststellte. Man hörte, wie ein großes Schiff knarrte und die Wellen dagegen klatschten. Er sah nicht mehr als einen mächtigen Schatten, der sich auf dem Wasser wiegte. Der Vampyr war neben ihm stehen geblieben und betrachtete ihn. Bryan schaute ihn offen an, obwohl sein Körper angespannt war wie eine Feder, die jeden Augenblick losschnellen kann.
»Ich heiße Shaw«, sagte der Vampyr schließlich und streckte Bryan die Hand entgegen.
»Ich heiße Bryan Lankford.« Er hielt inne und brachte ein Lächeln zustande, das nicht frei von Ironie war. »Ich bin der ehemalige Sohn des Earl of Lankford, aber das weißt du sicher schon.«
Als Shaw die dargebotene Hand ergriff, umfasste er nach Sitte der Vampyre auch Bryans Unterarm und nicht nur die Hand. Bryan tat es ihm nach.
»Frohes Treffen, Bryan Lankford.« Dann ließ er den Arm des Jungen los und deutete auf die Dunkelheit und das Schiff, das in ihr verborgen lag. »Dies ist das Schiff der Nacht, das mich und vielleicht auch dich nach Amerika bringen wird, in mein geliebtes Tower Grove House of Night.«
»Vielleicht auch mich? Aber ich dachte –«
Shaw hob die Hand, um Bryan zum Schweigen zu bringen. »Du musst in der Tat in ein House of Night eintreten, und zwar rasch. Dieses Mal«, er deutete auf die Umrisse des saphirblauen Halbmondes, der sich noch schmerzhaft auf Bryans Stirn bemerkbar machte, »bedeutet, dass du in Gesellschaft erwachsener Vampyre bleiben musst, bis du entweder die vollständige Wandlung zum Vampyr vollzogen hast oder …« Shaw zögerte.
»Oder stirbst«, sagte Bryan in die Stille hinein.
Shaw nickte feierlich. »Du weißt also etwas über die Welt, in die du eintreten wirst. Ja, junger Drache, du wirst die Wandlung irgendwann in den nächsten vier Jahren ganz vollziehen oder sterben. Am heutigen Abend hast du einen Lebensweg eingeschlagen, von dem es kein Zurück gibt. Ich habe den Wachen deines Vaters gesagt, dass du mit mir zusammen in die Neue Welt fahren würdest, weil ich sah, dass sie auf deiner Abreise aus England bestanden. In Wahrheit hat sich jedoch mehr als nur dein Schicksal verändert, als du Gezeichnet wurdest.«
»Zum Besseren oder Schlechteren?«
»Kommt darauf an, was du daraus machst, so Nyx will«, sagte er rätselhaft und fuhr dann fort: »Du kannst nicht selbst entscheiden, ob du die Wandlung erfolgreich vollziehst, aber du kannst entscheiden, wo du die nächsten Jahre verbringen willst. Solltest du in England bleiben wollen, kann ich dafür sorgen, dass du ins Londoner House of Night kommst.« Der Späher legte Bryan flüchtig die Hand auf die Schulter. »Du brauchst nicht länger die Erlaubnis deiner Familie, um die Zukunft zu wählen, die du am meisten begehrst.«
»Darf ich mich auch dafür entscheiden, mit dir zu gehen?«
»Ja, doch bevor du deine Entscheidung triffst, solltest du etwas sehen.« Shaw wandte sich zum Schiff, das mit gewaltigen Tauen am Pier befestigt war. Shaw trat näher an den Rand, wobei er die Dunkelheit mit den Augen problemlos zu durchdringen schien. Dann tat er etwas, das Bryan völlig rätselhaft war. Er wandte sich nach Süden, hob die Hände und sagte leise: »Komm zu mir, Feuer.«
Sofort hörte Bryan ein Knistern und spürte eine Wärme in der Luft, die ihn umgab. Keuchend bemerkte er einen flackernden Feuerball, der zwischen Shaws Handflächen schwebte. Der Vampyr warf das Feuer wie einen Ball auf eine große, aufrecht stehende Fackel, deren ölgetränkte Spitze sofort aufloderte.
»Verdammte Hölle!« Bryan konnte seine Verblüffung nicht verbergen. »Wie hast du das gemacht?«
Shaw lächelte. »Unsere Göttin hat mir weit mehr als nur die Fähigkeiten eines Kriegers verliehen, aber das wollte ich dir nicht zeigen.« Er hob die Fackel und hielt sie so, dass man den stolzen Bug des gewaltigen Schiffes erkennen konnte. Das Holz war so dunkel, als hätte man das Schiff aus der Nacht selbst gezimmert. Der Junge blinzelte überrascht, als er erkannte, was er da sah.
»Es ist ein Drache.« Er starrte auf die geschnitzte Galionsfigur. Sie war wirklich spektakulär – ein schwarzer Drache mit ausgestreckten Krallen und gefletschten Zähnen, bereit, die ganze Welt anzugreifen.
»Nach den Ereignissen dieser Nacht schien es mir ein gutes Omen zu sein.«
Bryan starrte auf den Drachen. In diesem Moment überkam ihn eine Flut von Gefühlen, wie er sie noch nie erlebt hatte. Er brauchte einen Augenblick, bis er sie erkannte: Aufregung, Vorfreude und Sehnsucht, die sich zu einer einzigartigen Entschlossenheit verdichteten. Er begegnete dem Blick des Vampyrs. »Ich wähle den Drachen.«
Tower Grove House of Night St. Louis 1833
»Frohes Treffen, Anastasia! Komm doch herein. Welch glücklicher Zufall, dass du hier bist. Diana und ich haben gerade darüber gesprochen, wie froh wir sind, dass eine so junge Priesterin für Zaubersprüche und Rituale als vollwertige Lehrerin an unsere Schule gekommen ist. Ich wollte dich schon rufen lassen, um dir zu sagen, wie sehr es mich freut, dass du dich hier in Tower Grove so gut eingelebt hast.«
»Frohes Treffen, Pandeia und Diana«, erwiderte Anastasia, legte die rechte Faust aufs Herz und verneigte sich respektvoll zunächst vor ihrer Hohepriesterin Pandeia, und dann vor Diana, bevor sie das geräumige, wunderbar eingerichtete Zimmer betrat.
»Ach, du brauchst nicht so förmlich zu sein, wenn keine Jungvampyre dabei sind«, sagte Diana, Lehrerin für Vampyr-Soziologie und die Gemahlin der Hohepriesterin, in warmem Ton, während sie eine ausgesprochen dicke Glückskatze streichelte.
»Vielen Dank«, sagte Anastasia mit leiser Stimme, die sie reifer als zweiundzwanzig erscheinen ließ.
Diana lächelte. »Du bist erst seit zwei Wochen hier. Hast du dich eingewöhnt? Ist die Schule schon wie ein Zuhause für dich geworden?«
Mein Zuhause, dachte Anastasia automatisch, ist nie so schön und frei gewesen. Rasch verdrängte sie den Gedanken und antwortete ehrlich und in höflichem Ton: »Es ist noch nicht ganz mein Zuhause geworden, aber das wird noch kommen. Ich liebe die Prärie und die üppigen Gärten.« Ihr Blick wanderte zu der dicken Glückskatze und dem grau getigerten Kater, der um die Beine der Hohepriesterin strich. Überrascht bemerkte sie, dass beide Katzen an jeder Vorderpfote sechs Zehen hatten. »Sechs Zehen? Das habe ich ja noch nie gesehen.«
Diana zupfte spielerisch an der Pfote der Glückskatze. »Manche Leute behaupten ja, Polydaktylies seien Fehler der Natur. Ich aber sage, sie sind nur fortgeschrittener als ›normale‹ Katzen. So wie Vampyre ein wenig fortgeschrittener sind als ›normale‹ Menschen.«
»Du liebe Zeit! Sie sehen aus wie Fausthandschuhe! Ich hoffe, dass eine Katze mich erwählt, nun da ich mein House of Night gefunden habe. Es wäre so wunderbar, wenn sie auch sechs Zehen hätte!« Da bemerkte Anastasia, dass sie ihre törichten Gedanken laut ausgesprochen hatte, und fügte eilig hinzu: »Natürlich habe ich auch viel Freude mit meinen Schülern und meinem neuen Klassenzimmer.«
»Es macht mich glücklich, dass du das sagst«, erwiderte Pandeia mit einem sanften Lachen. »Und es ist nichts dabei, wenn man sich eine Katze wünscht, ob nun mit sechs Zehen oder was auch immer. Junge Anastasia, Diana und ich wollten unseren Eiswein auf dem Balkon einnehmen. Komm bitte dazu.«
»Ich danke dir für die Einladung«, sagte Anastasia demütig und ermahnte sich, nichts Dummes mehr zu sagen. Sie folgte den Frauen und ihren Katzen, als sie die Flügeltüren öffneten und auf einen hübschen, in Mondlicht getauchten Balkon traten. Er war mit weißen Korbstühlen und einem passenden Tisch ausgestattet, auf dem eine Kristallvase mit einem perfekt eingravierten Halbmond stand, die mit duftenden roten Rosen gefüllt war. Daneben ein silberner Eimer voller Eis und eine Karaffe mit Wein, der die Farbe reifer Kirschen hatte. Dazu gab es Stielgläser, in die ebenfalls Halbmonde eingraviert waren wie bei der herrlichen Vase, die im silbernen Licht des Vollmondes schimmerte.
Rosen, Eis, Wein und Kristall. Ich bin Kargheit und feste Regeln gewöhnt, obwohl beide durch Liebe gemildert wurden. Werde ich mich jemals an einen solchen Luxus gewöhnen?, grübelte Anastasia und fühlte sich äußerst unbehaglich, als sie auf einem Stuhl Platz nahm und sich zwang, ihr langes blondes Haar nicht glattzustreichen und ihr Kleid nicht zurechtzuzupfen. Dann sprang sie abrupt wieder auf. »Ich – ich sollte dir einschenken, Priesterin«, sagte sie und lächelte die hoch gewachsene, statuenhafte, reife Hohepriesterin nervös an.
Pandeia lachte und zog ihre Hand sanft von der Karaffe weg. »Anastasia, Tochter, setz dich und fasse dich. Ich bin Hohepriesterin, also durchaus fähig, mir selbst und meinen Gästen Wein einzuschenken.«
Diana küsste ihre Gemahlin sanft auf die Wange, bevor sie Platz nahm. »Du, mein Liebling, bist zu vielen, vielen Dingen fähig.«
Anastasia sah, wie sich Pandeias Wangen kaum merklich röteten, als das Paar einen intimen Blick tauschte. Ihre eigenen Wangen wurden ebenfalls warm, und sie wandte sich rasch ab. Obwohl sie die vergangenen sechs Jahre im House of Night verbracht hatte, zuerst als Jungvampyr, dann in der Ausbildung zur Priesterin und jetzt als Lehrerin, überraschte es sie noch immer, wie offen man hier mit der Sexualität umging. Sie fragte sich oft, was ihre Mutter von dieser Gesellschaft halten würde, in der Frauen die Macht besaßen. Würde sie es in der stillen, zurückhaltenden Weise akzeptieren, in der sie auch die Wandlung ihrer Tochter akzeptiert hatte? Oder wäre es zu viel für sie, zu schockierend, und würde sie sie verurteilen wie der Rest ihrer Gemeinde?
»Ist es dir peinlich?«, fragte Diana mit einem Lächeln in der Stimme.
Anastasia schaute rasch wieder zu ihrer Hohepriesterin und deren Gemahlin. »Du liebe Güte, nein!«, platzte sie heraus und spürte, wie eine flammende Röte ihr ins Gesicht schoss. Sie hörte sich an wie ihre Mutter – und wäre am liebsten unter dem Tisch verschwunden.
Du bist kein schüchternes Quäkermädchen mehr, rief sich Anastasia zur Ordnung. Du bist ein voll gewandelter Vampyr, eine Lehrerin und Priesterin. Sie hob das Kinn und versuchte, selbstsicher und reif auszusehen.
Pandeia lächelte gütig und hob eines von drei Kristallgläsern, die sie soeben gefüllt hatte. »Ich möchte einen Toast ausbringen. Auf deinen Erfolg, Anastasia, und die Vollendung deiner ersten beiden Wochen als unsere Lehrerin für Zaubersprüche und Rituale. Mögest du das Tower Grove House of Night ebenso lieben wie wir.« Die Hohepriesterin hob die Hand, schloss die Augen und bewegte lautlos die Lippen. Dann machte sie eine Handbewegung über dem Rosenstrauß, als wollte sie dessen Duft auffangen, und schnippte mit den Fingern in Richtung der drei Gläser. Anastasia beobachtete verwundert, wie der Wein in den Gläsern kreiste und darin einen Moment lang die Form einer vollkommenen Rosenblüte erschien.
»Oh, Göttin! Der Rosengeist – du hast ihn in unserem Wein beschworen«, platzte Anastasia heraus.
»Pandeia hat den großen Geist nicht heraufbeschworen. Sie hat eine Affinität zum Geist. Unsere Hohepriesterin äußerte eine liebevolle Bitte, um dich zu feiern, junge Anastasia, und die Rose hat sie nur zu gern erfüllt«, erklärte Diana.
Anastasia stieß einen langen Seufzer aus. »Das alles hier.« Sie hielt inne und betrachtete den Tisch, die beiden Vampyre, ihre zufriedenen Katzen und die erlesene Umgebung. »Ich habe so ein Gefühl, als ob mir jeden Augenblick das Herz aus der Brust springen kann!« Sie zuckte verlegen zusammen. »Verzeiht mir. Ich höre mich an wie ein Kind. Ich meine nur, dass ich dankbar bin, hier zu sein – dankbar, dass ihr mich als eure Lehrerin für dieses House of Night erwählt habt.«
»Ich verrate dir ein Geheimnis, Anastasia. Pandeias Geistaffinität hat schon bei vielen Vampyren, die viel älter und erfahrener sind als du, solche Gefühle hervorgerufen«, sagte Diana. »Sie waren nur zu blasiert, um es zuzugeben. Mir gefällt deine Ehrlichkeit. Du solltest sie dir bewahren.«
»Das werde ich versuchen«, sagte Anastasia und trank rasch einen Schluck Wein, während sie Ordnung in ihre Gedanken brachte. Sie überlegte, wie sie Pandeia und Diana erklären sollte, weshalb sie an diesem Abend wirklich gekommen war. Sie bereute jetzt, so rasch getrunken zu haben. Der Wein war natürlich mit Blut versetzt, dessen Kraft durch ihren Körper pulsierte und ihre Nerven mitsamt den übrigen Sinnen reizte.
»Auch mir gefällt deine Ehrlichkeit«, sagte die Hohepriesterin, während sie einen Schluck trank, der ihr gar nichts auszumachen schien. »Unter anderem deswegen haben wir uns entschieden, den freien Posten mit dir zu besetzen, obwohl du erst zwei Jahre in Zaubersprüchen und Ritualen ausgebildet wurdest. Du solltest wissen, dass das Pennsylvania House of Night dich wärmstens empfohlen hat.«
»Meine Mentorin war sehr gütig, Priesterin«, sagte Anastasia und stellte ihren Kelch auf den Tisch.
»Auch erinnere ich mich, dass sie sagte, du seist eng mit dem Element Erde verbunden«, erklärte Pandeia. »Ein weiterer Grund, warum du gut in unser House of Night passt. Dies ist wirklich das Tor zum Westen. Hier breiten sich Mysterium und Majestät der wunderbaren, ungezähmten Erde einladend vor uns aus – ich dachte, das würde dir gefallen und dich faszinieren.«
»So ist es, aber ich behaupte nicht, tatsächlich eine Affinität zur Erde zu haben«, sagte Anastasia. »Allerdings spüre ich manchmal eine starke Verbundenheit mit dem Land. Wenn ich großes Glück habe, verleiht mir die Erde bisweilen etwas von ihrer Macht.«
Pandeia nickte und trank von ihrem Wein. »Du weißt, dass viele Priesterinnen erst dann die wahre Affinität zu einem der Elemente entdecken, nachdem sie der Göttin viele Jahrzehnte gedient haben. Du wirst vielleicht feststellen, dass die Erde dir tatsächlich eine volle Affinität geschenkt hat; du bist noch sehr jung, Anastasia.«
»Verzeih die Frage, aber wie alt bist du genau? Du scheinst kaum alt genug, um Gezeichnet zu sein, ganz zu schweigen von der Wandlung«, fragte Diana und lächelte, um ihre unverblümte Frage abzumildern.
»Diana!« Pandeias Stimme klang sanft, doch sie bedachte ihre hinreißend schöne Gemahlin mit einem missbilligenden Blick. »Ich habe Anastasia nicht eingeladen, um sie zu verhören.«
»Die Frage stört mich nicht, Priesterin. Ich gewöhne mich allmählich daran.« Dann schaute sie Diana an und hob ein wenig das Kinn. »Ich bin zweiundzwanzig Jahre. Meine Mentorin in Pennsylvania hat gesagt, ich sei wohl die jüngste Vampyrin in Amerika, die es zur vollen Lehrerin geschafft hat. Es ist eine Ehre, der ich mich würdig erweisen möchte, indem ich fleißig bin und meine Arbeit und die Schüler sehr ernst nehme.«
»Tochter, ich zweifle nicht an deinem Fleiß und Ernst, aber ich möchte auch, dass du erdsam bist.«
»Erdsam? Verzeih, Priesterin, aber das Wort kenne ich nicht.«
»Erdsam bedeutet, die Wesenszüge der Erde anzunehmen. Lebendig zu sein wie ein Büschel Wildblumen, fruchtbar wie ein Weizenfeld, sinnlich wie ein Obstgarten voll reifer Pfirsiche. Fühle dich nicht nur mit dem Land verbunden; lass dich von seinen Wundern durchdringen.«
»Und denke daran, dass du eine Vampyr-Priesterin und Professorin bist. Du brauchst dich nicht wie eine unscheinbare menschliche Schulmamsell zu kleiden«, fügte Diana hinzu.
»Ich – ich wollte nicht frivol erscheinen«, gestand Anastasia und betrachtete das hochgeschlossene, schmucklose Mieder und den langen, geraden Rock, die sie getragen – und verabscheut – hatte, seit sie zwei Wochen zuvor ins Tower Grove House of Night eingetreten war. »Ich bin meinen Schülern vom Alter her so nahe, dass es ihnen manchmal schwerfällt, mich als Lehrerin zu betrachten.«
Pandeia nickte verständnisvoll. »Aber die schlichte Wahrheit ist nun einmal, dass du vielen unserer Jungvampyre vom Alter her nahe bist. Ich gebe dir den Rat, aus dieser Schwäche eine Stärke zu machen.«
»Ganz meine Meinung«, sagte Diana. »Nutze deine Jugend als Vorteil, statt sie hinter Kleidern zu verbergen, die niemand von den Älteren hier tragen würde –« Sie hielt inne und deutete auf das fließende Gewand im griechischen Stil, das sie trug, und dann auf die Gaucho-Hose mit der hohen Taille und die weit ausgeschnittene weiße Spitzenbluse ihrer Gemahlin.
»Anastasia, Diana will damit sagen, dass es nicht schlimm ist, jung zu sein. Ich bin mir sicher, dass die weiblichen Jungvampyre mit Sorgen zu dir kommen werden, die sie uns anderen gegenüber nicht zu erwähnen wagen.«
Anastasia seufzte erleichtert, denn nun bot sich die perfekte Gelegenheit, um über das zu sprechen, was ihr am meisten auf der Seele lag. »Ja, das habe ich schon gemerkt. Eigentlich bin ich heute Abend auch deshalb gekommen.«
Pandeia runzelte die Stirn. »Gibt es ein Problem unter den Schülern, von dem ich wissen sollte?«
»Du meinst ein anderes Problem als Jesse Biddle?« Diana sprach den Namen aus, als hinterließe er einen bitteren Geschmack im Mund.
»Biddle ist für uns alle ein Problem, Vampyre und Schüler gleichermaßen, seit ihn die fehlgeleiteten Menschen von St. Louis zum Sheriff gemacht haben«, sagte Pandeia. Dann fiel ihr prüfender Blick auf Anastasia. »Hat er unsere Jungvampyre belästigt?«
»Nicht, dass ich wüsste.« Anastasia hielt inne und schluckte, weil ihre Kehle so trocken war. Sie wollte ihre Gedanken klar und nüchtern darlegen, damit die Hohepriesterin ihnen Beachtung schenkte. »Die Jungvampyre verabscheuen Sheriff Biddle, aber um ihn kreisen ihre Gespräche nicht. Es geht um jemanden, der im House of Night selbst ein Problem darstellt.«
»Wer bereitet dir solche Sorgen?«
»Der Jungvampyr, der sich Dragon Lankford nennt«, antwortete Anastasia.
Beide Vampyrinnen schwiegen zu lange, während Anastasia mit klopfendem Herzen wartete. Dann trank Diana von ihrem Wein, als wollte sie ein Lächeln verbergen, während Pandeia eine Augenbraue hochzog. »Dragon Lankford? Aber er war in den vergangenen zwei Wochen gar nicht in Tower Grove, weil er an den Vampyr-Spielen teilnimmt. Ihr seid euch noch nicht begegnet, und doch sagst du, er stelle ein Problem für dich dar?«
»Nicht für mich. Na ja, das Problem hat schon mit mir zu tun, obwohl es eigentlich nicht meins ist.« Anastasia rieb sich die Stirn. »Ich beginne besser noch einmal von vorn. Du hast gefragt, ob ich von einem Problem unter den Schülern weiß, weil ich ihnen vom Alter näher bin und sie sich mir womöglich anvertrauen. Die Antwort lautet ja, ich weiß von einem Problem, und es entstand, weil einige von dem Schüler der fünften Klasse, der Dragon genannt wird, förmlich besessen sind.«
Nun verbarg Diana ihr Lächeln nicht länger. »Er ist dynamisch und sehr beliebt, vor allem bei den weiblichen Jungvampyren.«
Pandeia nickte zustimmend. »Ein typisches Beispiel – er hat alle Gegner, Jungvampyre und Erwachsene gleichermaßen, besiegt und den begehrten Titel des Schwertmeisters bei den Vampyr-Spielen gewonnen. Fast nie in unserer Geschichte hat ein Jungvampyr eine solche Auszeichnung errungen.«
»Ja, ich weiß von seinem Sieg. Die Mädchen reden heute von nichts anderem«, erwiderte Anastasia trocken.
»Und du siehst das als Problem? Dragon ist ein eindrucksvoller Schwertkämpfer, dabei hat er die Wandlung noch nicht vollzogen«, sagte Diana.
»Obwohl es mich nicht überraschen würde, wenn seine Erwachsenen-Tätowierungen bald erschienen«, fügte Pandeia hinzu. »Ich stimme Diana zu – es ist nicht ungewöhnlich, dass die Mädchen von Dragon abgelenkt werden.« Die Hohepriesterin lächelte. »Wenn du ihm begegnest, wirst du es vielleicht verstehen.«
»Es ist nicht die Ablenkung als solche, die mich beunruhigt«, sagte Anastasia rasch. »Es ist die Tatsache, dass heute Abend nach dem Unterricht insgesamt fünfzehn Jungvampyre, dreizehn Mädchen und zwei Jungen, nacheinander zu mir gekommen sind und mich um einen Liebeszauber angefleht haben, mit denen sie Dragon Lankford bezirzen wollen.«
Anastasia war erleichtert, dass die beiden Frauen schockiert und überrascht schwiegen, statt sich zu amüsieren.
Schließlich ergriff Pandeia das Wort. »Das ist enttäuschend, aber nicht tragisch. Die Jungvampyre kennen meine Haltung zu Liebeszaubern – sie sind töricht und können gefährlich werden. Man kann die Liebe nicht herbeizaubern oder erzwingen.« Die Hohepriesterin schüttelte verärgert den Kopf. »Diana, ich möchte, dass du den Schülern in der nächsten Woche einen Vortrag darüber hältst, was geschieht, wenn man Besessenheit mit Liebe verwechselt.«
Diana nickte. »Vielleicht sollte ich mit der Geschichte von Herkules und seiner Besessenheit von der Vampyr-Hohepriesterin Hippolyta erzählen und dem tragischen Ende, das sie genommen hat. Es ist eine Warnung, die sie alle kennen sollten, aber offenbar vergessen haben.«
»Hervorragende Idee.« Pandeia schaute Anastasia aus großen braunen Augen an. »Ich nehme an, du hast auf diese unangemessenen Bitten reagiert, indem du den fehlgeleiteten Jungvampyren gesagt hast, dass du auf gar keinen Fall irgendwelche Liebeszauber für sie wirken wirst.«
Anastasia holte tief Luft. »Nein, Priesterin, das war nicht meine Antwort.«
»Nicht? Weshalb solltest du –«, setzte Diana an, doch ihre Gemahlin hob die Hand.
»Erkläre das«, sagte sie nur.
Anastasia hielt den Blicken ungerührt stand. »Auch ich habe keinen Sinn für Liebeszauber. Sogar als ich Gezeichnet wurde und eine Begabung für Zauber zu zeigen begann, sagte mir mein Instinkt, dass Liebeszauber unehrlich sind. Ich bin unerfahren, aber nicht naiv. Ich weiß, dass die Liebe nicht auf Unehrlichkeit gründen kann.«
»Einsichtsvoll, aber noch keine Erklärung.«
Die junge Lehrerin richtete sich auf und schaute zu Diana. »Du hast Lankford als ›dynamisch‹ und ›beliebt‹ bezeichnet, nicht wahr?«
»Das habe ich.«
»Würdest du ihn auch als arrogant bezeichnen?«
Diana hob eine Schulter. »Ich denke schon. Aber das ist nicht ungewöhnlich. Viele unserer begabtesten Krieger besitzen eine gewisse Arroganz.«
»Ja, eine gewisse Arroganz. Aber wird diese bei erwachsenen Vampyren nicht durch Erfahrung und Beherrschung abgemildert?«
»Ja, das wird sie«, stimmte Diana zu.
Anastasia nickte und schaute wieder die Hohepriesterin an. »Über diesen Dragon wird viel geredet. Ich habe aufmerksam zugehört. Ihr habt recht, wenn ihr sagt, dass ich ihn nicht kenne. Ich habe aber gehört, dass Dragon Lankford ein Jungvampyr ist, der sich eher auf sein Schwert und sein Lächeln als auf Weisheit und Witz verlässt. Mein Instinkt sagt mir, dass meine verliebten Schülerinnen und Schüler bald das Interesse verlören, wenn sie ihn so sähen, wie er wirklich ist.«
»Was genau hast du den Jungvampyren gesagt?«, fragte Pandeia.
»Ich habe ihnen gesagt, dass ich nicht gegen die Regeln des House of Night verstoßen und einen Liebeszauber wirken darf. Ich könne allerdings einen Anziehungszauber für jeden Einzelnen wirken.«
»Es gibt nur eine schmale Grenze zwischen einem Anziehungszauber und einem Liebeszauber«, sagte Diana.
»Ja, und die besteht in Klarheit, Ehrlichkeit und Wahrheit«, erwiderte Anastasia.
»Aber ich habe das Gefühl, dass alle, die zu dir gekommen sind, klar und ehrlich und wahrhaft die Liebe von Dragon Lankford begehrt haben«, sagte Pandeia und schaute ihre junge Lehrerin enttäuscht an. »Daher würde ein Anziehungszauber genauso wirken wie ein Liebeszauber. Der Unterschied liegt nur im Namen.«
»Das würde zutreffen, wenn der Zauber sich auf Dragon richtete. Mein Anziehungszauber richtet sich aber auf alle Schüler, die zu mir gekommen sind.«
Pandeias Enttäuschung verwandelte sich in ein zufriedenes Lächeln. »Du willst, dass die Jungvampyre Dragon mit Hilfe des Zaubers klarer erkennen können.«
»Er wird für sie alle ein Bild des Jungvampyrs Lankford zeichnen, das ehrlich und wahrhaftig ist und nicht gefärbt von kindlicher Schwärmerei für ein übersteigertes Ego und ein hübsches Lächeln.«
»Es könnte funktionieren«, sagte Diana. »Aber der Zauberer erfordert Raffinesse und Geschick.«
»Mein Instinkt sagt mir, dass unsere junge Lehrerin beides im Übermaß besitzt.«
»Ich danke dir für dein Vertrauen, Priesterin!« Anastasia schrie fast vor Erleichterung. Dann erhob sie sich. »Mit eurer Erlaubnis möchte ich den Zauber noch heute Nacht wirken, während des Vollmonds.«
Pandeia nickte zustimmend. »Es ist die perfekte Zeit für einen Abschluss. Du hast meine Erlaubnis, Tochter.«
»Ich habe die Absicht, noch heute Nacht alle ungesunden Schwärmereien zu beenden«, erklärte Anastasia, legte die Faust aufs Herz und verbeugte sich vor der Hohepriesterin und ihrer Gemahlin.
»Du kannst vielleicht nicht alle Schwärmereien gleich heute Nacht beenden. Manch einer mag sich noch immer zu Dragons Arroganz und dem lächelnden, selbstgefälligen Charme hingezogen fühlen«, rief Diana ihr nach.
»Diejenige bekommt dann nur, was sie verdient«, murmelte Anastasia.
Am Anfang machte sie alles richtig. Daher konnte Anastasia später nur verwundert den Kopf schütteln, dass etwas, das so gut angefangen hatte, so schiefgegangen war.
Vielleicht lag es daran, dass sie sich Zeit genommen und die schrecklich einengende Kleidung abgelegt hatte, zu der sie sich irrtümlich verpflichtet fühlte, seit sie Lehrerin geworden war. Ansonsten wäre sie nicht an dieser Stelle des Zaubers gewesen, in diesem Augenblick an diesem Ort, und alles wäre anders geworden.
Nun, es wurde tatsächlich alles anders, nur nicht so, wie sie es gewollt hatte.
Das Mondlicht auf ihren nackten Armen hatte sich gut und richtig angefühlt. Auch deswegen war sie weiter hinaus und näher an den mächtigen Mississippi gegangen, als sie eigentlich wollte. Der Mond schien sie zu rufen und von den törichten Zwängen zu befreien, mit denen sie dummerweise versucht hatte, jemand zu sein, der sie nicht war.
Anastasia trug jetzt das Kleidungsstück, das sie am meisten liebte: einen langen, weichen Rock von der Farbe eines blauen Topas. Nur einen Monat, bevor man sie an dieses neue, wundervolle House of Night berufen hatte, hatte sich Anastasia vom Mädchenkleid einer Leni-Lenape-Indianerin inspirieren lassen. Sie hatte den Saum des Rocks und den runden Ausschnitt der ärmellosen, butterweichen Tunika mit Glasperlen, Muscheln und weißen Lederfransen verziert. Sie machte einen kleinen, wirbelnden Tanzschritt, bei dem sich die Muscheln und Fransen bewegten. Nie wieder werde ich diese furchtbaren, beengenden Kleider anziehen. Als Mensch durfte ich nichts anderes tragen. Diesen Fehler mache ich nie wieder, sagte sie sich entschlossen, warf den Kopf zurück und sprach zum Mond, der tief am tintenschwarzen Himmel hing. »Dies bin ich! Eine Vampyr-Lehrerin, eine Expertin für Zaubersprüche und Rituale. Und ich bin jung und frei!«
Anastasia würde den Rat ihrer Hohepriesterin befolgen. Sie würde erdsam sein und aus ihrer Jugend Kraft schöpfen. »Ich werde mich kleiden, wie es mir gefällt, und nicht wie eine uralte Schulmamsell.« Oder wie eine Quäkerin aus Pennsylvania, wie meine menschliche Familie, die ich vor sechs Jahren, als ich Gezeichnet wurde, zurückgelassen habe, fügte sie lautlos hinzu. Sie würde den friedlichen, liebevollen Teil ihrer Vergangenheit bewahren, nicht aber ihre engen Grenzen und Schranken. »Ich bin erdsam!«, sagte sie glücklich und tanzte fast durch das schenkelhohe Gras, das auf der Prärie um das Tower Grove House of Night wuchs.
Die neuen Kleider brachten nicht nur körperliche Freiheit – Pandeias Vertrauen hatte ihr eine innere Freiheit verliehen, das war der entscheidende Unterschied. Hinzu kamen die warme, klare Nacht und dass Anastasia etwas tun würde, das sie mit unaussprechlicher Freude erfüllte: Sie würde einen Zauber wirken, der einem House of Night nützte – ihrem House of Night.
Dann hatte sie den Fehler begangen, auf dem Feld stehenzubleiben, das mit wilden Sonnenblumen getupft war. Sie wusste, dass Sonnenblumen Liebe und Lust anzogen, doch an Liebe hatte Anastasia nicht gedacht. Sie hatte an die Schönheit der Nacht und die Verlockungen der Wiese gedacht. Und außerdem hatte sie Sonnenblumen schon immer geliebt!
Die Wiese war atemberaubend üppig. Sie lag so nahe am Mississippi, dass Anastasia die Weiden und Ebereschen am hohen, klippenartigen Westufer erkennen konnte. Der Fluss selbst wurde von den Bäumen und dem Abhang verdeckt, aber sie konnte ihn riechen – diesen satten Geruch, der von der Fruchtbarkeit der Erde, von Macht und Verheißung kündete.
Mitten auf der Wiese befand sich ein riesiger, flacher Felsbrocken aus Sandstein, in dem sich das silberne Licht des Vollmondes sammelte. Es war genau der richtige Altar für ihren Anziehungszauber.
Anastasia stellte ihren Zauberkorb auf den Boden neben den großen Felsen und legte die Zutaten für das Ritual bereit. Zuerst holte sie den silbernen Kelch hervor, den sie von ihrer Mentorin zum Abschied erhalten hatte. Er war schlicht, aber wunderschön und mit einer Gravur von Nyx geschmückt, die mit erhobenen Armen den Halbmond über sich hielt. Dann entfaltete Anastasia das grün schimmernde Altartuch, in das sie den kleinen, verkorkten Krug mit blutversetztem Wein gewickelt hatte, und breitete es auf dem Stein aus. Sie stellte den Kelch in die Mitte und holte ein in Wachspapier geschlagenes Bündel aus dem Korb, das einen Laib frischen Brotes, ein Stück Käse und dicke Scheiben von duftendem, gebratenem Speck enthielt. Lächelnd legte sie Papier und Essen neben den Kelch und füllte ihn.
Als sie mit den Düften und dem Anblick des Festmahls zufrieden war, das die Großzügigkeit der Göttin symbolisierte, nahm sie fünf Stumpenkerzen aus dem Korb. Flussaufwärts war Norden, also stellte sie die grüne Kerze in die nördlichste Ecke des Felsens. Sie verkörperte das Element Erde, dem sie sich am nächsten fühlte. Während sie die übrigen Kerzen in den entsprechenden Richtungen platzierte – gelb für die Luft im Osten, rot für das Feuer im Süden, blau das Wasser im Westen und die violette Geistkerze in die Mitte – kontrollierte Anastasia ihren Atem. Sie atmete tief ein und stellte sich vor, dass die Luft von Erdkraft erfüllt war, die durch den Boden in ihren Körper drang. Sie dachte an ihre Schüler und wie sehr sie ihnen helfen wollte, einander klar zu erkennen und mit Wahrheit und Ehrlichkeit ihren Weg zu gehen.
Als die Kerzen aufgestellt waren, holte Anastasia die übrigen Utensilien aus dem Korb: ein geflochtenes Stück duftendes Mariengras, eine Blechdose mit Streichhölzern und einem Zündstreifen und drei kleine Samtbeutel – einer enthielt getrocknete Lorbeerblätter, der zweite die spitzen Nadeln einer Zeder und der dritte Meersalz.
Anastasia schloss die Augen und schickte das stumme, von Herzen kommende Gebet an ihre Göttin, das sie vor jedem Zauberspruch oder Ritual aufsagte. Nyx, ich schwöre hiermit, dass ich nur Gutes mit dem Zauber beabsichtige, den ich heute Nacht wirke.
Sie öffnete die Augen und wandte sich nach Osten, entzündete die gelbe Kerze für Luft und rief das Element mit klarer Stimme und schlichten Worten in ihren Kreis: »Luft, bitte komm in meinen Kreis und stärke meinen Zauber.« Im Uhrzeigersinn entzündete sie alle fünf Kerzen, rief die Elemente an und vollendete den Zauberkreis, indem sie die violette Geistkerze in der Mitte des Altars anzündete.
Sie wandte sich nach Norden, holte noch einmal tief Luft und sprach aus Herz und Seele:
»Mit duftendem Mariengras werd ich beginnen …«
Sie hielt das Ende des geflochtenen Streifens über die Flamme der grünen Erdkerze. Als er sich entzündete, bewegte sie ihn anmutig in einer trägen Schleife um sich herum, dass die Luft über dem Altarstein sich mit dickem Rauch füllte, der sich in Wellen bewegte. »Negative Energie muss spurlos verschwinden.« Sie legte den noch rauchenden Streifen beiseite und griff in den ersten Samtbeutel. Während sie die getrockneten Lorbeerblätter in ihre Handfläche bröckelte, setzte sie den Zauber fort. »Lorbeer klar und achtsam macht, Erde, bring uns seine Macht.« Die Zedernnadeln kamen danach an die Reihe. Anastasia atmete ihren Duft ein, als sie sie mit den zerdrückten Blättern in ihrer Handfläche mischte. »Zeder, mach mich mutig, sicher und gefasst. Leih uns deine Kraft, auf dass mein Zauber nicht verblasst.«
Aus dem letzten Samtbeutel schöpfte sie die winzigen Salzkristalle, fügte sie aber nicht zu den übrigen Zutaten, sondern hob die Handfläche, die mit der Mischung aus Lorbeer und Zeder gefüllt war. Sie neigte den Kopf nach hinten und genoss den warmen, vom Feuer geküssten Wind, der nach Flusswasser roch und den dichten Wasserfall ihres blonden Haars bewegte. Der Wind bewies, dass die Elemente tatsächlich in ihren Kreis getreten waren und darauf warteten, ihre Bitte zu empfangen und zu erfüllen. Als sie den Zauberspruch aufsagte, nahm ihre Stimme einen reizvollen Singsang an, als rezitierte sie ein Gedicht, dessen Begleitmusik nur sie hören konnte.
»Einen Anziehungszauber wirk ich heut Nacht.
Klare Sicht ist’s, die er macht.
Mit Lorbeerblättern wird gezeigt,
Dass Hochmut keine Liebe zeugt.
Zedernkraft vor Untat schützt,
Du Mut und Selbstbeherrschung besitzt.«
Anastasia fügte das Meersalz hinzu, die letzte Zutat. »Mit Salz bind ich den Zauber an mich.« Sie bewegte sich zu der grünen Kerze, holte Luft und ordnete ihre Gedanken. Nun musste sie den Namen von Dragon Lankford heraufbeschwören und danach die Namen der fünfzehn Schülerinnen und Schüler einzeln aussprechen und jeweils eine Prise der magischen Mischung in die Erdflamme streuen, während sie hoffte und betete, dass der Zauber haften und alle Schüler Dragon mit Klarheit und Wahrheit und Ehrlichkeit erkennen würden.
»Schwertgleich teilt Magie die Flamme
Wahrheit über Bryan Lankford sei der Name!«
Es passierte, als sie seinen Namen aussprach. Eigentlich hätte sie nun die erste Prise der Mischung in die Flamme streuen und dabei den Namen der völlig von Lankford besessenen Doreen Ronney aussprechen müssen. Stattdessen explodierte die Nacht in einer Wolke aus Chaos und Testosteron, als ein Jungvampyr mit gezogenem Schwert hinter dem nächsten Weißdorn hervorstürzte.
»Weg hier! Ihr seid in Gefahr!«, schrie er und versetzte Anastasia einen groben Stoß. Sie verlor das Gleichgewicht, ruderte mit den Armen und verstreute dabei die magische Mischung, während sie unsanft auf dem Hinterteil landete. Dort saß sie und schaute mit offenem Mund entsetzt zu, wie der warme Wind, der aufgekommen war, als sie ihren Kreis eröffnet hatte, die magische Mischung ergriff und dem Jungvampyr ins Gesicht wehte.
Die Zeit schien stehenzubleiben. Es war, als hätte sich die Wirklichkeit einen Moment lang verschoben und geteilt. Gerade noch schaute Anastasia zu dem Jungvampyr auf, der eingefroren in der Zeit dastand, das Schwert erhoben wie die Statue eines jungen Kriegergottes. Dann erglühte die Luft zwischen ihr und dem reglosen Jungvampyr in einem Licht, das an eine Kerzenflamme erinnerte. Es wogte und strudelte und wurde so hell, dass sie schützend die Hand vor die Augen legen musste. Während sie in das grelle Licht blinzelte, teilte es sich in der Mitte und umrahmte den Körper des Jungvampyrs. In der Mitte, genau vor dem Jungen, erkannte Anastasia eine weitere Männergestalt. Zuerst war sie undeutlich. Dann machte sie einen Schritt auf sie zu, so dass sie vom Licht erhellt wurde und den Jungvampyr völlig verdeckte.
Der Mann glich ihm von Größe und Gestalt. Auch er schwenkte sein Schwert. Anastasia schaute ihm ins Gesicht. Ihr erster Gedanke, gefolgt von Schock und Überraschung, war: Er hat ein freundliches Gesicht – wirklich gut aussehend. Dann keuchte sie auf, als sie begriff, wen sie da sah. »Du bist er! Der Jungvampyr hinter dir. Das bist du!« Nur war es nicht wirklich der Junge. Soviel war klar. Die neue Gestalt war ein erwachsener Mann, ein voll gewandelter Vampyr mit einer unglaublich exotischen Tätowierung. Zwei Drachen flankierten den ausgefüllten Halbmond auf seiner Stirn. Körper, Schwingen und Schwänze erstreckten sich über sein Gesicht und umschlossen das feste Kinn und die vollen Lippen – Lippen, die ein entwaffnendes, charmantes Lächeln zeigten. »Nein, du bist nicht der Jungvampyr«, sagte sie und schaute von seinen Lippen zu den braunen Augen, die sein Lächeln funkelnd widerspiegelten.
»Du hast mich angezogen, Anastasia. Du solltest wissen, wer ich bin.«
Seine Stimme klang tief und angenehm.