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Hunde gelten bereits als der beste Freund des Menschen. Aber sind sie auch dazu in der Lage, eine freundlichere Atmosphäre unter den Menschen selbst zu schaffen? Dieser Frage geht Julia Buck in Hinblick auf das Themengebiet der Inklusion nach. Mit dem Ziel, Schulen inklusiv zu gestalten, ergeben sich schließlich nicht nur neue Chancen, sondern auch ganz neue Herausforderungen für den Unterricht. Eine dieser Herausforderung ist es, der sozialen Ausgrenzung von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten präventiv entgegenzuwirken Die Autorin untersucht in dieser Publikation, inwiefern Schulhunde bei dieser Aufgabe helfen können – durch ihre Fähigkeit den Stress bei Kindern zu regulieren und so positiv auf den Klassenverband einzuwirken. Aus dem Inhalt: - tiergestützte Pädagogik; - Schulhunde; - Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten; - soziale Integration; - ADHS
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Inhaltsverzeichnis
Abstract / Zusammenfassung
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Hintergrund Inklusion – Integration
2.1 Entwicklungen in der Schweiz
2.2 Kinder mit besonderen Förderbedürfnissen
3 Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten
3.1 Begrifflichkeiten
3.2 Erscheinungsformen
3.2.1 Aggressionen und Aggressivität
3.2.2 Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (AD(H)S
3.3 Diagnose
3.4 Integration von Kindern mit Verhaltensstörungen
3.4.1 Soziales Ausgrenzungsrisiko
3.4.2 Faktoren für eine erfolgreiche schulische Integration
4 Soziale Integration
4.1 Bedeutung sozialer Integration
4.1.1 Folgen gelingender/nicht gelingender sozialer Integration
4.2 Integrationsrelevante Faktoren
4.2.1 Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen
4.2.2 Einfluss von Klassennormen
4.2.3 Einfluss des Lehrerverhaltens
4.3 Fazit
5 Tiergestützte Interventionen
5.1 Entstehungsgeschichte tiergestützter Interventionen
5.2 Begriffliche Klärung der Bereiche tiergestützter Interventionen
5.3 Hundegestützte Pädagogik
5.3.1 Begriffsklärung Schulhund - Schulbesuchshund
5.3.2 Rahmenbedingungen eines Schulhundeeinsatzes
5.3.3 Einsatzmöglichkeiten eines Schulhundes
6 Theoretische Erklärungsansätze der Mensch-Tier-Beziehung
6.1 Biophilie
6.2 Du-Evidenz
6.3 Ableitungen aus der Bindungstheorie
6.4 Fazit
7 Möglichkeiten und Grenzen eines Schulhundeeinsatzes
7.1 Wirkeffekte eines Hundes auf Menschen
7.1.1 Effekte von Schulhunden
7.1.2 Der physische/physiologische Wirkungsaspekt
7.1.3 Der psychologische, emotionale und kognitive Wirkungsaspekt
7.1.4 Der soziale Wirkungsaspekt
7.1.5 Fazit
7.2 Grenzen der tiergestützten Interventionen
7.2.1 Risiken des Tierkontakts
7.2.2 Idealisierung tiergestützter Interventionen
7.2.3 Professionalität in der hundegestützten Pädagogik
7.2.4 Tierschutz
8 Interpretation und Diskussion
8.1 Integrationsrelevante Faktoren und Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten
8.2 Effekte des Schulhundes auf Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten
8.3 Auswirkungen auf die soziale Integration
9 Schlussfolgerungen und Reflexion
9.1 Praktische Konsequenzen
9.2 Reflexion und weiterführende Fragen
9.3 Fazit
Literaturverzeichnis
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit einer Möglichkeit, der sozialen Ausgrenzung von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten im Klassenverband präventiv entgegenzuwirken. Im Fokus liegt dabei die Tiergestützte Pädagogik und insbesondere der Einsatz eines Schulhundes. Dafür wird auf der Grundlage umfassender Literatur und Forschung untersucht, welche Effekte ein Schulhundeeinsatz auf einzelne Kinder und die ganze Klasse als soziales Gefüge haben kann. Daraus werden Konsequenzen für die soziale Integration von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten abgeleitet. Auf der Grundlage folgender Fragestellung wird in dieser Arbeit herausgearbeitet, an welchen Stellen Hundegestützte Pädagogik ansetzen kann, um die soziale Integration von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten zu erleichtern:
Welche integrationsrelevanten Faktoren können bei der sozialen Integration von Schülerinnen und Schülern mit Verhaltensauffälligkeiten durch den Einsatz von Schulhunden beeinflusst werden?
Der Hauptteil liefert die theoretischen Grundlagen zu den drei grossen Themenbereichen der Arbeit: Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, soziale Integration, Schulhundeeinsatz. Dabei werden Begrifflichkeiten geklärt und Studien herangezogen, um eine Grundlage für die Diskussion der Fragestellung zu liefern. In der Diskussion wird deutlich, dass sich die drei Bereiche Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, soziale Integration und der Schulhundeeinsatz überschneiden und gegenseitig beeinflussen können. Aufgrund ihres „Andersseins“ und der Auffälligkeiten im Verhalten werden diese Kinder in ihrer Klasse eher sozial ausgegrenzt. Sind bestimmte Voraussetzungen und Rahmenbedingungen gegeben, kann sich der Einsatz eines Schulhundes positiv auf das verhaltensauffällige Kind und den Klassenverband auswirken, so dass sozialer Ausgrenzung dieses Kindes präventiv entgegengewirkt werden kann. Die Auseinandersetzung mit der Fachliteratur zeigte, dass vor allem die Variable Sozialverhalten entscheidend für die soziale Stellung in der Klasse ist. Genau hier kann der Hund ansetzen, indem er zum einen Stress bei Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten regulieren und so bestehende Verhaltensauffälligkeiten abmildern kann und zum anderen die Atmosphäre in der Klasse insgesamt entspannt und so Konflikten den Boden nimmt.
Abbildung 1: Medikamentöse Behandlung und pädagogische Förderung im Rahmen eines multifaktoriellen Ursachen- und Fördermodells von ADS/ADHS (Quelle: Ellinger, 2007, S.136)
Herleitung des Themas
Unsere Schule wird zunehmend von der Wertvorstellung Inklusion geprägt. Das bedeutet, dass die Vielfalt der Schülerinnen und Schüler perspektivisch weiter ansteigen wird und immer mehr Kinder mit besonderen Förderbedürfnissen integrativ beschult werden. Nicht nur für die Lehrperson, sondern auch für die Klasse und schliesslich das Kind selbst stellt die integrative Beschulung eine Herausforderung dar. Ergebnisse der Integrationsforschung zeigen, dass für Kinder mit besonderen Förderbedürfnissen im Bereich der Leistungsentwicklung positive Ergebnisse vorliegen. Bezüglich der sozialen Integration verweisen Studien aber beim Vergleich von Schülerinnen und Schülern mit und ohne besonderen Förderbedürfnissen häufig auf ein höheres Ausgrenzungsrisiko in der Klassengemeinschaft für Kinder mit besonderen Förderbedürfnissen (Huber & Wilbert, 2012). Die soziale Ausgrenzung äussert sich darin, dass Kinder mit besonderen Förderbedürfnissen häufiger ignoriert, weniger akzeptiert und deutlicher abgelehnt werden als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler (Kulawiak & Wilbert, 2015). Huber und Wilbert (2012) halten fest, dass vor allem soziale Kompetenzdefizite für die soziale Ausgrenzung verantwortlich sind und aggressive Kinder häufig ausgegrenzt werden. Die aktuelle Forschungslage zeigt, dass insbesondere für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten ein höheres Ausgrenzungsrisiko zu verzeichnen ist, aber die Faktoren, welche Ausgrenzung begünstigen, sehr vielschichtig sind (Krull, Wilbert, & Hennemann, 2014).
Überleitung zur Fragestellung / Relevanz des Themas
Kinder mit externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten stellen Lehrpersonen und Mitschüler/-innen oft vor besondere Herausforderungen (Florin, Lütolf, & Wyder, 2013). Störendes Verhalten im Unterricht, Nichtbeachten der Regeln, unvorhersehbares Handeln und häufige Konflikte mit anderen Kindern vermindern die Chance auf soziale Integration und lassen diese Kinder oft eine isolierte Position im Klassenverband einnehmen. Allerdings weisen verschiedene Studien darauf hin, dass die Integration von verhaltensauffälligen Kindern gelingen kann und etliche Chancen bietet (Florin et al., 2013). Da sich die Frage der Separation nach der oben angesprochenen Inklusionsbewegung hier in der Schweiz in den meisten Fällen von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten nicht stellt, muss man davon ausgehen, als Lehrperson früher oder später mit der Frage konfrontiert zu sein, wie insbesondere die soziale Integration dieser Kinder in die Klassengemeinschaft gelingen kann. Daher lohnt es sich Fragen nachzugehen, wie: „Wie kann man dem Ausgrenzungsrisiko von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten entgegenwirken?“ oder „Welche Faktoren, die soziale Ausgrenzung begünstigen, lassen sich beeinflussen und auf welche Art und Weise?“. Das soziale Gefüge einer Klasse wird von verschiedenen Faktoren bestimmt. Persönlichkeitsmerkmale (Huber, 2006), Klassennormen (Schäfer, 2017) und das Lehrerverhalten (Huber, 2011) spielen dabei eine entscheidende Rolle und beeinflussen die soziale Integration.
Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten mischen mit ihrem Verhalten die Klasse auf und verursachen Stress. Die Lehrperson wird davon vereinnahmt, das Verhalten dieses Kindes zu kontrollieren und es wird zunehmend schwieriger eine Atmosphäre zu schaffen, in der alle stressfrei lernen können. Genau hier kann die Hundegestützte Pädagogik ansetzen, denn nach Julius, Beetz, Kotrschal, Turner & Uvnäs-Moberg (2014) sind Hunde nachweislich in der Lage, durch ihre Anwesenheit und Interaktion mit den Menschen Stress und Angst zu regulieren und so für eine entspanntere, lernförderliche Atmosphäre zu sorgen. Darüber hinaus werden Menschen fähiger und bereiter sozial zu interagieren, wenn ein Tier anwesend ist und dies unabhängig von jedem Behinderungs- oder Gesundheitsstatus. Das Potenzial der tiergestützten Pädagogik, insbesondere für den sonderpädagogischen Bereich, ist gross und wird von vielen Pädagogen bereits mit Überzeugung genutzt. Die Wissenschaft findet derzeit immer mehr Belege für die Wirkung von Tieren auf Menschen.
Der Einsatz von Hunden in der Schule mag Skepsis hervorrufen. Man kann sich fragen, ob ein Tier im Unterricht nicht vielmehr ein Störfaktor ist, als dass es zu einem besseren Lernklima beiträgt. Warum sollte gerade ein Hund etwas in einer Klasse verbessern können, was professionell ausgebildete Menschen in ihrer täglichen Arbeit nicht schaffen? Diesen und weiteren Fragen soll im Rahmen meiner Diplomarbeit nachgegangen werden. Ich möchte untersuchen, ob die Anwesenheit und der gezielte Einsatz eines Hundes im Klassenzimmer einer sozialen Ausgrenzung eines Kindes mit Verhaltensauffälligkeiten präventiv entgegenwirken kann. Die Auseinandersetzung mit der Thematik findet auf der Grundlage folgender Fragestellung statt:
Welche integrationsrelevanten Faktoren können bei der sozialen Integration von Schülerinnen und Schülern mit Verhaltensauffälligkeiten durch den Einsatz von Schulhunden beeinflusst werden?
Welche integrationsrelevanten Faktoren sind insbesondere für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten von Bedeutung?
Welche Effekte kann ein Schulhundeeinsatz auf Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten haben?
Wie wirken sich diese auf die soziale Integration aus?
Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit
Die Begriffe Inklusion und Integration werden oft synonym verwendet, sind aber differenzierbar und voneinander abzugrenzen. Integration thematisiert im pädagogischen Bereich die Frage der schulischen Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen. Inklusion will aber darüber hinausgehen und kann nach Sander (2004, S. 242) als „optimierte und umfassend erweiterte Integration“ verstanden werden. Er differenziert Integration und Inklusion folgendermassen: „Integration: Behinderte Kinder können mit sonderpädagogischer Unterstützung Allgemeine Schulen besuchen. Inklusion: Alle behinderten Kinder besuchen wie alle anderen Kinder mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen Allgemeine Schulen, welche die Heterogenität ihrer Schüler schätzen und im Unterricht fruchtbar machen“ (Sander, 2004, S.243). Inklusion geht also über Integration hinaus und kann mehr als eine Vision für die Entwicklung einer Gesellschaft verstanden werden. Die Vielfalt wird als Normalität angesehen und Gleichwertigkeiten, sowie Unterschiedlichkeiten finden ihren Platz. Die Strukturen werden so angepasst, dass Alle teilnehmen können.
Integrationsdiskussion
Während Länder wie Italien, Norwegen und Dänemark schon vor Jahrzehnten die Bemühungen um eine integrative Schule verstärkten und heute fast keine Spezialschulen mehr haben, verändern sich die Schulsysteme der deutschsprachigen Länder erst seit den 1990er Jahren in eine inklusivere Ausrichtung (Frigerio Sayilir, 2012). Auslöser dafür war die Abschlusserklärung der Weltkonferenz für Pädagogik 1994 in Salamanca, die sogenannte Salamanca-Erklärung (englisch The Salamanca statement and framework for action on special needs education). Die Salamanca-Erklärung rückt grundlegende politische Veränderungen in den Fokus, die notwendig sind, um integrative Pädagogik zu fördern. Ziel sei es, Schulen dahingehend zu unterstützen, allen Schülerinnen und Schülern, insbesondere denen mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen, gerecht zu werden (UNESCO, 1994). Das umfassende Programm der Salamanca-Erklärung wurde 2006 durch die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung bekräftigt. Die unterzeichnenden Staaten verpflichteten sich zu einem inklusiven Bildungssystem, in dem integrative Beschulung von allen Kindern in der Regelschule der Normalfall sein soll (United Nations, 2006) . Die Schweiz ist der UN-Konvention am 15. April 2014 beigetreten. In der Schweizer Übersetzung der UN-Behindertenrechtskonvention heisst es in Artikel 24: „Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen“ (United Nations, 2006, Artikel 24 (1)).
Rechtliche Grundlagen
Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet sich die Schweiz, Hindernisse zu beheben, mit denen Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind, sie gegen Diskriminierungen zu schützen und ihre Inklusion und ihre Gleichstellung in der Gesellschaft zu fördern (Eidgenössisches Departement des Innern, 2016). Durch das Behindertengleichstellungsgesetz sind die Kantone ohnehin seit dem 1. Januar 2004 dazu verpflichtet, die Integration von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Bildungsbedarf zu fördern (Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2002). Dort heisst es in Artikel 20 (Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2002, Artikel 20 (1-2)):
1. Die Kantone sorgen dafür, dass behinderte Kinder und Jugendliche eine Grundschulung erhalten, die ihren besonderen Bedürfnissen angepasst ist.
2. Die Kantone fördern, soweit dies möglich ist und dem Wohl des behinderten Kindes oder Jugendlichen dient, mit entsprechenden Schulungsformen die Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in die Regelschule.