Ich bin privat hier - Sebastian Christ - E-Book

Ich bin privat hier E-Book

Sebastian Christ

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Beschreibung

Auf eigene Faust, nicht mit einem Auftrag in der Tasche, hat sich der Journalist und Autor im Frühjahr und im Herbst 2014 selbst ein Bild vom immer stärker eskalierenden Konflikt in der Ukraine gemacht. Mit seinem klugen Blick für Details und einer gehörigen Portion Geschichtswissen sucht Christ in Lwiw nach einem Fluss, fährt mit einem leeren Zug von Polen gen Osten, begibt sich mitten zwischen pro-russische und pro-ukrainische Aktivisten, hört an der Front in Mariupol die Detonationen zehn Kilometer entfernt. Dieser Bericht fasziniert genauso wie er uns fordert: Denn da ist ein Krieg vor unserer Haustür. Und während Granaten einschlagen, treffen sich noch die Liebespaare vor dem Denkmal des kritischen russischen Sängers Wyssozki und hören seine Lieder. Sebastian Christ spürt in seiner Reportage dem Konflikt in der Ukraine in Kiew, Odessa und Mariupol so lebhaft nach, dass man glaubt, mit ihm zu reisen. Voller europäischem Herzblut. „Prädikat: Grandios. Sein Wissen und sein aufmerksamer Blick machen diese Reportage zu einem großartigen Stück Journalismus.“ Elisabeth Dietz, Bücher-Magazin „Christs Fähigkeit Kontexte historischer Natur und zwischenmenschliche Befindlichkeiten gleichermaßen in die Waagschale seiner Betrachtungen zu werfen, macht ihn zu einem wertvollen Betrachter.“ Kevin Junk, Fixpoetry Sebastian Christ wurde 1981 geboren und arbeitet als Parlamentsredakteur der Huffington Post Deutschland. Für seine journalistischen Arbeiten wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Axel-Springer-Preis. Zuletzt finanzierte er über eine Crowdfunding-Kampagne seine Wanderreportage "Was von Deutschland übrig bleibt" und veröffentlichte bei mikrotext die Reportagen “Mein Brief an die NSA. Auf der Suche nach meinen Daten“ und "Berliner Asphalt. Geschichten von Menschen in Kiezen".

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Seitenzahl: 71

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SEBASTIAN CHRISTICH BIN PRIVAT HIEREine Ukraine-Reportageein mikrotext

Lektorat: Nikola Richter

ePub-Erstellung/Cover: Andrea Nienhaus

Coverfoto: Sebastian Christ

Alle Fotos im Text: Sebastian Christ

Covertypo: PTL Attention, Viktor Nübel

www.mikrotext.de – [email protected]

ISBN 978-3-944543-19-2

Alle Rechte vorbehalten.

© mikrotext 2015, Berlin

Sebastian Christ

Ich bin privat hier Eine Ukraine-Reportage

Prolog

Der Schalterangestellte im Berliner Hauptbahnhof schaute mich irritiert an.

„Wat? Wo wollnse hin?“

„Nach Lwiw. Vielleicht finden Sie es im Computer auch unter ‚Lemberg’ oder ‚Lvov’.“

„Ja was denn nun? Wir sind hier nicht bei ‚Wünsch Dir was‘.“

„Geben Sie mal ‚Lemberg‘ ein.“

„Ist das Belarus oder schon Russland?“

Ich murmelte etwas von „Ukraine“.

„Ach ja, stimmt. Und ich nehm’ mal an, dass die Menschen dort etwas dagegen haben, dass sich das in nächster Zeit ändert, wa?“

Er lachte stoßweise.

FRÜHLING

Verlustmeldung

Der Frühling war grün und voller Geräusche. Ich verstand die Welt nicht mehr. So fing alles an.

Ich rede von Schüssen, die aus dem Lautsprecher meines Fernsehers in mein Wohnzimmer drangen. Dem Ächzen von Schutzschilden aus Blech, gestanzt von Kalaschnikow-Projektilen, Kaliber 7,62 Millimeter, den Hilferufen von Verwundeten und dem Schweigen der Toten. Dem Klang der ukrainischen Nationalhymne auf dem Kiewer Maidan, der wie Lagerfeuer prasselte.

Ich denke an das Klackern von Absätzen auf dem Marmorboden in der Residenz des geflüchteten Präsidenten Janukowitsch, die Stimmen von pro-russischen Milizmitgliedern, die in waldgrün gefleckten Bundeswehr-Regenjacken auf dem Flughafen von Simferopol standen und nach ihrem lautlosen Auftauchen Interviews gaben.

Das Rasseln von Panzerketten auf dunklem ukrainischem Lehmboden, das Schleifen von Stacheldraht auf Asphalt und die Reden von Politikern, die den Anschluss der Krim an Russland forderten. Ich erinnere mich an das Pochen von Händen auf transparenten Wahlurnen und das Seufzen von ukrainischen Militärangehörigen, die Tage nach dem Krim-Referendum ihre Militärstützpunkte besetzt hielten und nicht aufgeben wollten.

All das drang wie in Watte gepackt nach Deutschland. Gut gepolstert von sicherer Distanz und der Gewissheit, dass kein einziger deutscher Fernsehzuschauer in diesen Klangwelten leben musste.

Ich führte in dieser Zeit ein kleines Heft mit Wörtern, die ich für wichtig hielt.

„Russland-Versteher“ „Totalitarismus“ „Revolutionäre“

„Faschismus“ „Euromaidan“

„Russische Soldaten (?)“

Nichts von dem, was ich in diesen Tagen aufschrieb, war für die Öffentlichkeit bestimmt. Ich versuchte mit träger Kulitinte den Augenblick festzuschreiben. Kleine Nachrichten an mich selbst. Und doch erwachten meine Notizen auf unerklärliche Weise zum Leben, je öfter ich die Wörter in der Öffentlichkeit hörte. Sie wurden benutzt und abgegriffen, verheizt und ins Gegenteil verkehrt. Ich konnte einen Begriff aufschreiben und schon Tage später war er nur noch ein entfernter Verwandter des Wortes, das für den Moment gesprochene Realität war.

Auf diese Weise kam der Krieg schließlich nach Deutschland. Er fand in meinem Heft statt, in den Internetforen und den Kommentarspalten der großen Online-Seiten.

Der Zug nach Warschau war pünktlich.

Und mit jedem Gedanken rollte ein weiteres Stück der Osteuropäischen Ebene ratternd an meinem Fenster vorbei.

Ich habe einmal die Zukunft erlebt

Es war eine Zeit, in der ich keinen Wecker besaß. Ich wachte meist erst dann auf, wenn die Bewohner des rußgrauen Hauses in der Ulica Dąbròwki schon zur Arbeit gegangen waren. Nur ein altes Mütterchen schaute dann noch neugierig aus ihrer Wohnungstür. Sie lebte einen Stock über mir und durfte nicht wissen, dass ich mich für einige Monate eingemietet hatte. Der Hauseigentümer. Die Behörden. Ich hatte weder einen Mietvertrag noch eine Arbeitserlaubnis, und meine Freunde fürchteten, ich könnte Probleme mit der Justiz bekommen. Daran erinnere ich mich sofort, wenn ich an meine Warschauer Zeit zurückdenke.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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