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Studienarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Multimedia, Internet, neue Technologien, Universität Bielefeld, Sprache: Deutsch, Abstract: „Die interaktive Internet-Kultur ist nicht hierarchisch und wird nicht ‚verteilt’ – es handelt sich um ein echtes ‚Netz der Macht’. Alle Teilnehmer können ihre eigenen Homepages, ihre eigenen E-Mail-Adressen [...] haben. Im Internet wird jedermann zum Kulturproduzenten, und jeder ist Teilnehmer.“ (Don Tapscott 1998, S.118) Don Tapscott spiegelt mit diesem Zitat von 1998 die Hoffnung derer wieder, die in den 90er-Jahren das neue Medium Internet als Grundlage einer gesellschaftlichen Umwälzung sahen. Demokratisierung und Partizipation aller – das waren vor nicht einmal 15 Jahren die Visionen vieler. Muss man diesen Netzoptimisten heute sagen: Herzlich Willkommen in der Realität? Die Wissenskluftthese hat in den vergangenen Jahrzehnten bereits den traditionellen Printmedien eine Katalysatorfunktion bei der ungleichen Verteilung von Wissen bescheinigt. Somit scheint also Wissen nicht für jedermann gleich zugänglich und verarbeitbar zu sein, was dem zur Folge auch zu sozialen Ungleichheiten führen muss. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit durch digitale Medien diese Wissenskluft sogar noch verstärkt wird und den Vorstellungen einer zu gleichen Teilen im virtuellen Raum partizipierenden und Nutzen ziehenden Gesellschaft widersprochen werden muss. Zu klären ist: Welche Differenzen gibt es bei der Nutzung der Inhalte? Welche Zugangsbarrieren gibt es? Welche Rolle spielen die formale Bildung und andere soziodemographische Faktoren? Dabei soll aufgezeigt werden, ob es einen signifikanten Zusammenhang zwischen den zur Verfügung stehenden Ressourcen im „real life“ der Jugendlichen und den entstehenden Nutzungsdifferenzen im Netz gibt. Anders formuliert: Setzt sich die Benachteiligung bestimmter sozialer Schichten im realen Leben hinsichtlich soziokultureller und ökonomischer Aspekte auch im virtuellen Leben fort? [...]
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Ursprung: Die Wissensklufthypothese
2.1 Grundlagen und Theorie der Wissensklufthypothese
2.2 Exkurs: Was ist Wissen?
2.3 Entwicklung und Kritik der Wissensklufthypothese
3 Die Weiterentwicklung: Der „Digitale Divide“
3.1 Internet als neue Dimension: Entstehung des „Digital Divide“
3.2 Anatomisches: Digital Inequality
4 Digitale Ungleichheit: Wie Jugendliche das Internet nutzen
4.1 Vorstellung der Studie
4.2 Vom Real Life ins Virtual Life? Ergebnisinterpretation bezüglich der Fragestellung
5 Ausblick
5.1 Wie Mensch und Maschine zusammen gebracht werden: „Usability”
6 Fazit
7 Literaturverzeichnis
„Die interaktive Internet-Kultur ist nicht hierarchisch und wird nicht ‚verteilt’ – es handelt sich um ein echtes ‚Netz der Macht’. Alle Teilnehmer können ihre eigenen Homepages, ihre eigenen E-Mail-Adressen [...] haben. Im Internet wird jedermann zum Kulturproduzenten, und jeder ist Teilnehmer.“
(Don Tapscott 1998, S.118)
Don Tapscott spiegelt mit diesem Zitat von 1998 die Hoffnung derer wieder, die in den 90er-Jahren das neue Medium Internet als Grundlage einer gesellschaftlichen Umwälzung sahen. Demokratisierung und Partizipation aller – das waren vor nicht einmal 15 Jahren die Visionen vieler. Muss man diesen Netzoptimisten heute sagen: Herzlich Willkommen in der Realität?
Die Wissenskluftthese hat in den vergangenen Jahrzehnten bereits den traditionellen Printmedien eine Katalysatorfunktion bei der ungleichen Verteilung von Wissen bescheinigt. Somit scheint also Wissen nicht für jedermann gleich zugänglich und verarbeitbar zu sein, was dem zur Folge auch zu sozialen Ungleichheiten führen muss. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit durch digitale Medien diese Wissenskluft sogar noch verstärkt wird und den Vorstellungen einer zu gleichen Teilen im virtuellen Raum partizipierenden und Nutzen ziehenden Gesellschaft widersprochen werden muss. Zu klären ist: Welche Differenzen gibt es bei der Nutzung der Inhalte? Welche Zugangsbarrieren gibt es? Welche Rolle spielen die formale Bildung und andere soziodemographische Faktoren? Dabei soll aufgezeigt werden, ob es einen signifikanten Zusammenhang zwischen den zur Verfügung stehenden Ressourcen im „real life“ der Jugendlichen und den entstehenden Nutzungsdifferenzen im Netz gibt. Anders formuliert: Setzt sich die Benachteiligung bestimmter sozialer Schichten im realen Leben hinsichtlich soziokultureller und ökonomischer Aspekte auch im virtuellen Leben fort?
Dafür soll im ersten Schritt die Entstehung und Grundidee der Wissensklufthypothese sowie ihre Problematik aufgezeigt werden. Dabei muss auch definiert werden, welche Vorstellung von Wissen dieser Arbeit zu Grunde liegt. Anschließend soll innerhalb der Forschungsrichtung der Wissenskluft der Übergang von traditionellen Medien zum Internet skizziert werden, der sich in der Forschung zunächst im Begriff „Digital Divide“ wiederspiegelte. Dass dieser Begriff jedoch nicht alle Dimensionen der Ungleichheit im Internet berücksichtigt, sondern einer Erweiterung bedarf, wird im Anschluss als „Digital Inequality“ thematisiert. In Kapitel 4 geht es um die Diskussion und Interpretation einer Studie[1], die Nutzungsdifferenzen Jugendlicher beim Internetgebrauch untersucht hat. Sie zeigt, welche möglichen Indikatoren die Erzeugung digitaler Ungleichheit begünstigen. Obwohl der Titel dieser Arbeit und auch der Einstieg eher eine netzpessimistische Auffassung nahe legen, ist es dennoch wichtig, die Chancen, die das Internet unbestritten bietet, nicht zu vernachlässigen, sondern fruchtbar zu machen. Das fünfte Kapitel skizziert deshalb, welche Optimierungen bereits bei der Entwicklung/Konzeption von Onlineangeboten eine Rolle spielen könnten, um über strukturelle und soziale Differenzen hinaus, einen Bildungsraum für alle zu schaffen.
In diesem Kapitel soll eingangs der theoretische Ursprung aufgezeigt werden, auf dem auch die Untersuchungen zur digitalen Ungleichheit basieren. Dabei greift die Verfasserin dieser Arbeit überwiegend auf Ausführungen von Heinz Bonfadelli zurück, der die Entstehung, Diskussion und Forschungsrichtungen der Wissensklufthypothese in mehreren Beiträgen untersucht hat.
Die Wissensklufthypothese beschreibt eine heterogene Verteilung von Wissen, abhängig vom sozialen Status innerhalb der Gesellschaft (vgl. Bonfadelli 2004, S. 254). Sobald von Wissensklüften gesprochen wird, bleibt es unerlässlich zu klären, welches Verständnis von Wissen vorliegt. Was ist Wissen? Wer definiert es? Ist es normativ? Diese Fragen beantwortet der Punkt 2.2. dieses Kapitels. Ebenso soll die forschungsinterne Diskussion angerissen werden, ob vermeintliches Nicht-Wissen tatsächlich als Defizit oder vielmehr als Differenz zu bewerten ist (vgl. ebd. 2004, S. 259). Da das erkenntnisleitende Interesse dieser Arbeit in der Untersuchung von Internetnutzung und der Wissensverteilung online liegt, wird abschließend nur die grobe Weiterentwicklungen der Wissenskluftperspektive angerissen, um sich in Kapitel 3 auf Wissensklüfte und das Medium Internets zu fokussieren.
Das Jahr 1970: Das Fernsehen hat den – seit den 60er-Jahren einsetzenden – Höhepunkt seines Siegeszuges in deutsche Wohnzimmer als Massenmedium erreicht. Laut der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation besaßen 1970 85 Prozent der Haushalte der Bundesrepublik ein Gerät (vgl. van Eimeren/ Ridder 2005, S. 492). Neben der Verbreitung von Radio und Zeitungen kann somit davon ausgegangen werden, dass die Mehrzahl der BundesbürgerInnen Zugang zu einem Massenmedium hatte. Doch dass der alleinige Zugang zu Informationen nicht auch einhergeht mit der homogenen Ausbreitung von Wissen, stellte ein Forscherteam im gleichen Jahr fest: Phillip J. Tichenor, George A. Donohue und Clarice N. Olien formulierten ihre Hypothese vom „Increasing Knowledge Gap“[2].
Ihre Ausgangthese lautete:
„Wenn der Informationszufluss in ein Sozialsystem wächst, tendieren die Bevölkerungssegmente mit höherem sozio-ökonomischen Status und/oder höherer formaler Bildung zu einer rascheren Aneignung dieser Information als die status- und bildungsniedrigeren Segmente, so dass die Wissenskluft zwischen diesen Segmenten tendenziell zu- statt abnimmt.“
(hier: dt. Übersetzung nach Saxer 1978, S. 35f, vgl. auch Tichenor et al. 1970, S. 159-170)