Ich wollte Dir noch soviel sagen - Karin Hübner - E-Book

Ich wollte Dir noch soviel sagen E-Book

Karin Hübner

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Beschreibung

Liebe Mutti Nie habe ich Dir jemals gesagt, wie sehr ich Dich liebe, und nun ist es zu spät. Es zerreißt mir das Herz, wenn ich daran denke, es nicht getan zu haben und nun bist Du nicht mehr da! Ich habe das Gefühl, ich muss Dir diesen Brief trotzdem schreiben. Auch wenn Du ihn nie mehr lesen kannst. Und weitere Kurzgeschichten

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Inhaltsverzeichnis

Geschichte 1 – Brief an eine Mutter

Geschichte 2 – Die geheimnisvolle Kiste

Geschichte 3 – Entspannung

Geschichte 4 - Sprachlosigkeit

Geschichte 5 - Ziel

Geschichte 6 - Es war einmal

Geschichte 7- Träume

Geschichte 8 - Mein inneres Haus

Geschichte 8 - Wolken

Geschichte 9 - Abschied

Geschichte 10- Oma - Mama

Geschichte 11- Kinder

Geschichte 12- Zugfahrt

Geschichte 13- Das Meer

Geschichte 14- Die vergessene Generation

Geschichte 15- Schutzengel

Geschichte 16- Bäume

Geschichte 17- Am Fenster

Geschichte 18- Weihnachten 1986

Geschichte 19- Auf einmal war ich alt

Geschichte 20- Die kleine Katze

Geschichte 21- Der Liebesbrief

Geschichte 22- Vater

Geschichte 23- Und dann kam Marek

Geschichte 24- Unglaublich aber trotzdem wahr

Geschichte 25- Kätzchen „Pünktchen“

1

Brief an eine Mutter

Ich räume in der Wohnung mal richtig auf, sortiere, und werfe endlich mal Ballast weg. Ständig räumt man auf ohne etwas zu entsorgen oder dann zu verkaufen oder zu verschenken, und bei der Gelegenheit fällt mir eine Kiste mit Bücher in die Hände, die noch aus einer Wohnungsauflösung stammt, was wir zeitweise gemacht haben. Ich bin aber nie dazu gekommen, sie mal durchstöbern, ob davon einige Bücher für mich sein könnten, und ich sie behalten würde.

Bücher sind mein Lebenselixier und deswegen wundere ich mich über mich selber, weshalb ich nicht schon längst die Kiste durchgesehen habe. Na gut, ich mache es mir erst einmal gemütlich und fange an, die Klappentexte der Bücher zu lesen, ob etwas dabei ist was mich interessiert. Das macht mir richtig Spaß und das eine oder andere ist für mich dabei.

Ein Buch hatte es mir besonders angetan, denn irgendetwas sagte mir „blätter mal drin rum“, und dabei viel mir ein Brief in die Hände. Das war so spannend und ich hatte das Gefühl von „das darfst Du nicht“, aber ich musste ihn lesen. Die Anrede hat mich sofort ergriffen, keine Ahnung, warum, aber ich sollte es bald noch erfahren! Also fing ich an, ganz gespannt den seitenlangen Brief zu lesen:

„Liebe Mutti“

Nie habe ich Dir jemals gesagt, wie sehr ich Dich liebe, und nun ist es zu spät. Es zerreißt mir das Herz, wenn ich daran denke, es nicht getan zu haben und nun bist Du nicht mehr da!

Ich habe das Gefühl, ich muss Dir diesen Brief trotzdem schreiben. Auch wenn Du ihn nie mehr lesen kannst.

Es gab so vieles, was in meiner Kindheit ganz furchtbar war, immer noch, aber es gibt auch vieles, was ich gern in Erinnerung habe, es wird nur immer an das Schlechte gedacht und auch meine Geschwister haben gerne auf mir „herumgehackt“.

Liebe Mutti, es tut mir leid, das ich Dir nie gesagt habe, das ich Dich niemals in meinem Herzen verurteilt habe. Nach außen schon, bis ich einfach mal darüber nachgedacht habe, >warum< ist Mutti so? Alles hat doch einen Grund, vieles konnte ich noch recherchieren, hinterfragen, und Dir auch einiges entlocken, was Du mir dann erzählt hast.

Ich habe versucht, Dich zu verstehen und ich tat es dann auch, wenn auch nicht endgültig. Ich hätte es Dir sagen sollen, liebe Mutti. Schade, wobei ich, wenn ich

darüber nachdenke, glaube, so ein bißchen hast Du es geahnt, dass ich Dich verstanden habe.

Ich weiß, Du hast mir von Dir Geschichten erzählt, die Du den anderen Kindern nicht erzählt hast.“

Ich lege den Brief erst einmal zur Seite und setze mich mit einer Tasse Kaffee auf die Terrasse und muss erst mal darüber nachdenken, bevor ich weiter lese.

Es ist interessant, dass ich das Gefühl habe, zeitweise von meiner Mutter und mir die Rede ist und im Übrigen bin ich auch der Meinung,

man sollte einmal versuchen, hinter die Fassade der Mütter zu sehen, und nicht einfach zu verurteilen. Das sollte man sowieso nie!

Meine Tasse Kaffee ist leer und ich hole mir den Brief raus auf die Terrasse, um bei strahlendem Sonnenschein weiter zu lesen.

„Liebe Mutti, ich habe viel von Oma über Dich erfahren, das zusammen mit Deinen Erzählungen brachte mich zu dem Ergebnis, das Du ein ziemlich trauriges Leben hattest. Und trotzdem, egal wie Du warst, geklagt hast Du nie, ich denke, Du warst ein ziemlich einsamer Mensch, trotz der vielen Kinder und der Familie.

Ich glaube, dass ich es immer spürte, fühlte, nein, ich habe es gewusst. Die letzten Male, die wir telefonierten, hast Du gefragt, wann ich Dich mal wieder besuchen komme, und ich sagte so lapidar, „mal sehen Mutti, vielleicht dieses Jahr“. Ich wohne eben so weit weg von Dir und es ist nicht ganz so einfach. Das hast Du mich früher nie gefragt,

Du wusstest, dass es das letzte Mal sein würde, ich habe es nicht mehr geschafft Dich zu besuchen, zu umarmen. Es war zu spät!

Als ich weiter lese, stelle ich immer wieder an Kleinigkeiten fest, dass es Parallelen zu meiner Mutter und mir gibt!Ich mache es mir wieder gemütlich und lese weiter:

Liebe Mutti, hast Du gewusst? Nein, hast Du nicht, konntest Du auch nicht. Als ich 2 Jahre Therapie hatte, empfahl mir die Therapeutin, doch mal zu Dir zu Fliegen und etwas über meine Kindheit zu erfahren.

Es war damals das einzige Mal, seit ich von zu Hause ausgezogen bin, dass ich Dich alleine besucht hatte. Es war sehr traurig, weil Du mir nichts Nennenswertes über mich erzählt hattest, ich war zwar auch am Anfang wütend, habe aber später von meiner Therapeutin erfahren, dass Du darüber gar nicht reden konntest, weil Du es nicht ertragen hättest. Du musstest es verdrängen!

Schade, dass wir nicht mehr darüber reden können und ich Dir nie gesagt habe, dass es mir leidtut,

dass Du auch gelitten hast und niemand wollte es sehen! Ich jedenfalls habe Dir verziehen und ein wenig habe ich Dich auch verstanden.

Ich muss den Brief kurz zur Seite legen, es verursacht mir einen Klos im Hals . Ich werde morgen weiterlesen.

*****

Heute kann ich es kaum erwarten weiter zu lesen, also, mein Kaffee nehmen und ab auf die Terrasse. Es ist schon erstaunlich, sie fängt immer mal wieder an mit „Liebe Mutti“.

Liebe Mutti,

was ich Dir immer noch sagen wollte, egal wie böse Du zu mir warst, „und ehrlich, das war schon ziemlich oft“, ich habe Dich immer und zu jeder Zeit lieb gehabt. Es gäbe noch so viel, was ich Dir noch sagen wollte, vielleicht weißt Du da oben alles schon, ohne das ich weiter schreibe.

Ich bin traurig, dass Du nicht mehr da bist!

Liebe Mutti, Du warst immer für mich die schönste Frau der Welt! Hatte ich es Dir je gesagt? Ich hab Dich lieb!“

Ich sitze wie angewachsen auf meinem Stuhl und merke jetzt erst, das die Sonne untergegangen war. Es war frisch geworden und ich war völlig in Gedanken, Tränen laufen mir über das Gesicht und tropften auf den Brief, den ich immer noch in der Hand hielt. Mein Blick ist verschleiert, der Brief zu Ende gelesen und so schnell wird er mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ich werde ihn nicht wegwerfen, das fühlt sich nicht richtig an.

Vielleicht auch als Mahnung an die Menschen, die man liebt, es auch mal zu sagen. Es kann sonst einfach zu spät sein.

Ich lege den Brief wieder in das Buch, in dem ich ihn fand, und stelle es an einen besonderen Platz. Genau kann ich es nicht sagen, warum ich es so mache, denn auch ich denke jetzt gerade

„Mutti, ich habe Dich Lieb“!

2

Die geheimnisvolle Kiste

Es ist schon kühl, ich zieh die Jacke dichter zu und schaue traurig auf das noch frische Grab von Mutti. Ich bin sehr traurig und ohne mein Zutun kommen mir die Tränen! Es hätte anders sein müssen, aber es verging Jahr um Jahr und wir haben uns im Endeffekt acht lange Jahre nicht gesehen.

Ok, wir haben immer telefoniert, aber das reicht nicht wirklich und nun stehe ich an ihrem Grab und denke über unsere Mutter Tochter Beziehung nach. Es war nicht immer gut und ich glaube, nein ich weiß, sie hat ein Geheimnis mit ins Grab genommen, was uns beide angeht. Ich weiß das schon lange, habe aber mit Ihr meinen Frieden gemacht! Jetzt kommt die Frage nach dem Geheimnis wieder in mein Bewusstsein.

Ich habe noch keine Lust ins Hotel zurückzugehen und setze mich etwas abseits auf eine Bank, von wo aus ich das Grab noch sehen kann.

Ich habe jetzt einfach keine Lust, Menschen zu hören und zu sehen und somit genoss ich die Stille vom Friedhof und hing meinen Gedanken nach!

Aus den Augenwinkeln heraus sah ich durch meinen Tränenschleier einen Mann an Muttis Grab stehen. Also, von der Familie ist er nicht, soweit war mir das klar, das Alter müsste ca. dem meiner Mutter entsprechen. Wer mag das sein? Obwohl,ich habe das Gefühl, das ich Ihn kenne, aber ich kenne Ihn nicht.

Wenn ich Ihn so beobachte, sieht er aus, als wäre er sehr traurig, offenbar muss er ja Mutti näher gekannt haben! Nun sehe ich, dass er eine Rose auf das Grab legt, das macht man doch nur, wenn jemand etwas mit der Person verbindet!