Im Netz der Lügen - Charlotte Printz - E-Book

Im Netz der Lügen E-Book

Charlotte Printz

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Beschreibung

Nichts bleibt verborgen Berlin, September 1961. In der Detektivagentur Nachtigall & Co. geht es hoch her. Ein scheinbar kleiner Routineauftrag führt dazu, dass die Halbschwestern Carla und Wally im wahrsten Sinn des Wortes über Leichen gehen müssen. Zeitgleich schleppt Tante Lulu eine reiche Klientin an, die den Detektivinnen den Auftrag erteilt, die verstörenden Geheimnisse einer ehemaligen Nazihebamme ans Tageslicht zu bringen. Als diese Klientin ermordet und Lulu verhaftet wird, braucht Carla ihre Schwester mehr denn je, doch die scheint völlig den Verstand verloren zu haben. Doch als Carla herausfindet, warum sich Wally so merkwürdig verhält, ist es längst zu spät. Wallys Geheimnisse könnten sie beide in den Abgrund reißen …

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Über das Buch

Berlin, 1961. In der Detektivagentur Nachtigall & Co. geht es hoch her. Ein scheinbar kleiner Routineauftrag führt dazu, dass die Halbschwestern Carla und Wally Stammgäste bei einem Bestattungsunternehmen werden. Zeitgleich schleppt Tante Lulu eine reiche Klientin an, die den Detektivinnen den Auftrag erteilt, die Machenschaften einer Nazihebamme aufzudecken. Als diese Klientin ermordet und Lulu noch dazu verhaftet wird, braucht Carla Wallys Hilfe, aber die scheint völlig den Verstand verloren zu haben. Doch als Carla herausfindet, warum sich Wally so merkwürdig verhält, ist es längst zu spät.

 

 

Von Charlotte Printz ist bei dtv außerdem erschienen:

Die rätselhafte Klientin

Charlotte Printz

Im Netz der Lügen

Die Detektivinnen von Nachtigall & Co.

Roman

Für Erol

Sonne, Inspiration, Herausforderung

»Nichts gehört der Vergangenheit an. Alles ist noch Gegenwart und kann wieder Zukunft werden.«

Fritz Bauer

Kapitel 1

Sie sind meine letzte Rettung!«

Das klang nach einer vielversprechenden Klientin! Wie elektrisiert von dieser atemlosen Frauenstimme zog Carla ihren Notizblock zu sich heran und griff nach einem frisch gespitzten Bleistift.

»Die Agentur Nachtigall dankt Ihnen für Ihr Vertrauen!« Sie klemmte den schwarzen Bakelithörer erwartungsvoll zwischen Ohr und Schulter ein. »Mit wem spre…?« Es gelang ihr nicht, den Satz zu beenden, die Wortkaskaden der Unbekannten sprudelten nur so in die Leitung. Sonst waren ihre verzweifelten Klientinnen sehr viel schweigsamer. Die meisten sahen in ihrem Anliegen nur die peinliche Konsequenz ihres eigenen Versagens.

»Also die Bertha hat Sie empfohlen und mir die Zeitung gezeigt, wo drinstand, dass Sie einer Mörderin geholfen haben, also nicht, dass Sie denken, ich hätte wen umgebracht! Die Zeitung, also Berthas ›Constanze‹, die hatte ich ja nu schon an unsere Lotti abgegeben, die Lotti, die macht bei uns die Einbalsamierungen, weil da wird mir nämlich immer ein bisschen übel, vor allem jetzt. Deshalb konnte ich nicht …« Die Anruferin musste Luft holen und Carla nutzte den Moment.

»Bevor wir loslegen, wäre es wichtig …« Zu spät, die Unbekannte war schon wieder in ihrem Element, trotzdem war es Carla unmöglich, den genauen Grund ihres Anrufs herauszuhören. Was, wenn es sich doch nur um eine zu Tode gelangweilte Hausfrau handelte, die sich danach sehnte, im Mittelpunkt eines Dramas zu stehen?

»Also jedenfalls hab ich mir Sie aus der Zeitung nur gemerkt, weil die Bertha so Witze gemacht hat wegen der Nachtigall. So’n Vogel haben wir nämlich auch in unserer Weißdornhecke!« Unvermittelt stieß die Unbekannte einen spitzen Schrei aus. »Oh, nein!«

Carla zuckte zusammen, streckte den Hörer vom Ohr weg, merkte jedoch, dass sie gleichzeitig lächelte. Eine seltsame Wirkung hatte diese Frau auf sie.

»Tschuldigung, aber den Garten hatte ich ja noch gar nicht im Blick.« Die Anruferin war verstummt. Nach all dem Plappern war es geradezu unheimlich still. Angestrengt lauschte Carla – ja, die Frau atmete noch –, dabei betrachtete sie ihren Notizblock. Statt sinnvoller Stichworte hatte sie drei Welpen skizziert, die in einen Sarg hinein- und wieder heraushüpften. Einbalsamieren … das könnte auf die Arbeit in einem Museum hinweisen, aber die Erzählweise der Unbekannten war dafür zu wirr und kein bisschen akademisch. Nein, Carla tippte auf das Bestattergewerbe und womöglich war die Übelkeit der Hinweis auf eine Schwangerschaft. Hing das irgendwie zusammen?

»Sind Sie noch dran?«, fragte Carla schließlich. »Alles in Ordnung bei Ihnen?«

»Nein«, die Unbekannte fing unvermittelt an, laut und heftig zu schluchzen. »Das ist mir soo …, ich brauche wirklich Ihre Hilfe. Können Sie – streng vertraulich – meinen Fall übernehmen?«

»Das werden wir!«, versprach Carla. Die Neugier hatte mal wieder über ihre Vernunft gesiegt. Kaum hatte sie zugesagt, hörte sie die Stimme ihres Vaters, wie er ihr predigte, dass erst alle Eckdaten geklärt sein sollten, bevor eine seriöse Privatdetektei verbindlich zusagen durfte. Aber Vater war tot und wegen seiner höchst unseriösen Affäre musste Carla seit dem Tag des Mauerbaus vor vier Wochen nicht nur ihre versehrte Mutter, sondern auch noch ihre Halbschwester Wally mitversorgen. Also verzichtete sie liebend gern auf seine Ratschläge aus dem Jenseits.

Fünf Minuten später erinnerte sie sich wieder, warum diese Regel gar nicht so schlecht war. Irma Müller, so hieß die Klientin, hatte einen höchst erstaunlichen Auftrag für sie. Einen kurzen Moment überlegte Carla, ob das vielleicht nur ein schlechter Telefonscherz war. Irma wollte die Detektei Nachtigall damit beauftragen, ihren Ehering zu suchen, bevor ihr Mann von seinem Bestatterkongress aus West-Deutschland wieder zurück war. Wenigstens ging es weder um Versicherungsbetrug noch um eine Scheidung, redete sich Carla den Fall schön.

»Mein Mann, der Horst, das ist der Grab-Müller. Sie wissen schon«, Irma Müller senkte ihre Stimme und es raschelte leise, als würde sie Haltung annehmen. »Bestimmt kennen Sie das aus dem Radio«, Sie holte tief Luft und brüllte nun so laut »Preisknüller nur beim Grab-Müller«, dass Carla den Hörer schon wieder weghalten musste.

Mit einem leisen Ausatmen fügte Irma noch hinzu »… das ist unser Motto.«

Vom Grab-Müller hatte Carla schon gehört, als sie die Beerdigung ihres Vaters organisiert hatte. Die lag zwar schon mehr als ein Jahr zurück, aber ihr kam es immer noch so vor, als wäre das eben erst passiert. Sein plötzlicher Tod hatte zum ersten Mal für einen kurzen Moment der Einigkeit in der Familie gesorgt. Mutter, Tante Lulu und sie selbst hatten darin übereingestimmt, dass Karl-Otto Koslowsky nur das Beste vom Besten verdient hatte und wunschgemäß am Sausuhlensee begraben werden sollte. Zur Trauerfeier waren über hundert Menschen gekommen und mehr als doppelt so viele Kondolenzbriefe. Seit der Beerdigung hatte ihre Mutter die Wohnung nicht mehr verlassen.

Carla versuchte sich wieder auf ihre Klientin zu konzentrieren. Die erklärte gerade, was für ein großartiger Geschäftsmann ihr Gatte war. Nur eben sehr eifersüchtig und temperamentvoll. Wenn er ärgerlich wurde, dann flogen schon mal die Fetzen. Es kam vor, dass er Dinge tat, die er danach zutiefst bereute.

Carla schluckte und überlegte, ob das Frau Müllers Art war zu sagen, dass ihr Mann sie misshandelte? Alma, ihre letzte Klientin, hatte das bei ihrem ersten Besuch in der Agentur auch behauptet. Das hatte sich hinterher aber nur als die Spitze von einem ganzen Eisberg aus Lügen herausgestellt. »Wollen Sie damit andeuten, dass er Sie prügelt?«, fragte Carla also alarmiert nach.

»Mein Horst würde mir niemals auch nur ein Haar krümmen!«, versicherte Irma und sagte dann, dass sie selbst schon das ganze Haus durchsucht hatte, der Ring aber nirgends zu finden war. Wenn Carla und ihre Kollegin heute noch, am besten sofort, kommen würden, wäre sie gern bereit, einen Aufpreis zu bezahlen.

Ein verlockendes Angebot, auch wenn dieser Auftrag nicht gerade nach einer echten Herausforderung klang. Seit Wochen hatte die Agentur keinen wirklich lukrativen Fall gehabt. Eigentlich seit Wallys plötzlichem Auftauchen am 13. August. Als hätte Ulbricht alle potenziellen Auftraggeber gleich mit eingemauert. Dabei hatte Almas Rettung ihnen so viele positive Zeitungsartikel beschert. Jedes Käseblatt hatte darüber berichtet, wie die blutjungen und heldenhaften Detektivinnen herausgefunden hatten, dass Alma zu Unrecht des Mordes an ihrem Mann, dem Stararchitekten Alexander Hochbrück, beschuldigt worden war. Nur durch die Agentur Nachtigall allein sei die Wahrheit ans Licht gekommen. Die Wahrheit … Bei dem Gedanken daran schluckte Carla ein paarmal und sah unwillkürlich hinüber zu der niedrigen Kommode, wo sie die Murmeln aufbewahrte, die Almas Sohn ihr geschenkt hatte. Wirkten ein bisschen verloren zwischen dem scharfen dolchartigen Brieföffner aus geschmiedetem Damaszenerstahl und der Elfenbeindose mit Rubinintarsien und anderen nicht ganz so wertvollen Geschenken dankbarer Klienten.

»Geld ist wirklich kein Problem«, sagte Frau Müller, offensichtlich beunruhigt von Carlas Schweigen. »Und ich möchte gern, dass Sie beide für mich arbeiten. Zusammen geht es sicher schneller!«

»Ich könnte vielleicht etwas verschieben«, Carla dachte an die Miete und daran, wie hungrig Wally ständig war. »Aber das müsste ich tatsächlich extra berechnen.«

»Ich habe genug Bargeld im Haus und kann sofort eine Anzahlung leisten!«

Carla notierte die Adresse in der Nähe vom Friedhof Heerstraße auf dem Zettel mit der Skizze von den springenden Welpen, versprach in einer Stunde dort zu sein und legte mit einem sanften »Bis gleich!« mitten im Schwall von Irmas begeisterten Dankesworten auf. Sonst würde sie das zeitlich nie schaffen.

Während sie eine neue Akte vorbereitete, wurde ihr widerstrebend klar, dass es wirklich besser wäre, Wally mitzunehmen, selbst wenn die ihr gehörig auf die Nerven ging. Aber was konnte die bei einer schlichten Durchsuchung schon falsch machen? Vier Augen sahen definitiv mehr als zwei.

Wo blieb ihre Halbschwester heute eigentlich? Sonst lungerte sie tagsüber immer im Büro herum und mischte sich in alles ein, was sie nichts anging. Seit ein paar Tagen war Wallys Eifer wie erloschen, was Carla auf den neuen Mann in Wallys Leben zurückführte. Der Mann, den Wally vor allen geheim hielt, hieß Joachim und Carla hatte herausgefunden, dass Joachim ein hohes Tier bei der ›Berliner Zeitung‹ gewesen war, bevor er mit der S-Bahn am 13. August gerade noch aus dem Osten abgehauen war. Carla lächelte in sich hinein, sie war eine gute Privatermittlerin. Aber solange Wally nicht über ihn reden wollte, würde sie auch schweigen. Schnell schloss sie das Büro ab und eilte die Treppen zur Wohnung in den dritten Stock hoch.

Aus der Küche kam gedämpftes Gemurmel. Sie lief durch den Flur und wollte gerade die Tür öffnen, da drang Mutters Stimme in einem geradezu buttrig warmen Ton an ihr Ohr.

»Das tut mir sehr leid für dich, Wally!«, sagte ihre Mutter.

Deren Mitgefühl beschränkte sich sonst auf finanzielle Zuwendungen für weit entfernt lebende Erdbebenopfer oder Blinde.

»Weißt du, Tantchen Ida, an dieser schrecklichen Situation ist ganz allein Fontane schuld!« Wally krönte ihren Satz mit einem tränenerstickten Aufschluchzer.

Was für eine Schmierenkomödiantin!

Carla riss die Tür auf und traute ihren Augen kaum. Die beiden saßen eng aneinandergeschmiegt, Wally hinuntergebeugt zum Rollstuhl ihrer Mutter, die wiederum einen Arm tröstend auf Wallys breiten Rücken gelegt hatte. Beide sahen wie alarmiert hoch zu ihr und fuhren ein wenig zusammen. Mutter warf ihr einen triumphierenden Blick zu, streichelte Wally noch einmal besonders liebevoll und räumte die Kaffeetassen so schnell zur Spüle, als müsste sie verräterische Spuren vernichten.

Man könnte fast glauben, Mutter hätte Wally in ihr Herz geschlossen. Wenn sie denn eins hätte. Als Kind hatte Carla jede Nacht darum gebetet, dass es ihr endlich gelingen möge, zu dem Herz dieser Eiskönigin vorzudringen. Mit zehn war ihr dann klar geworden, dass sie damit aufhören musste, ihre Zeit an Unmögliches zu verschwenden.

Carla biss sich fest auf ihre Unterlippe, um angesichts dieser Vertrautheit nicht doch die Karten auf den Tisch zu legen. Sie und Wally hatten beschlossen, ihre Halbschwester als entfernte Cousine auszugeben. Es war ihnen zu grausam vorgekommen, Carlas immer noch trauernder Mutter zu verraten, dass ihr Ehemann im Osten eine heimliche Familie gehabt hatte. Wally war seine Tochter, die wegen des Baus der Mauer nicht mehr zurück in ihre Wohnung konnte. Ihre Halbschwester tupfte sich mit einer der bestickten Nachtigall-Servietten eine Träne von der Wange und wich Carlas Blick aus.

»Was ist denn hier los?«, fragte Carla betont forsch. »Jemand gestorben?«

»Du musst nicht so pietätlos sein!« Ihre Mutter rollte von der Spüle wieder zu Wally, tätschelte ihr noch einmal den Arm, prüfte dann, ob ihre Betonfrisur noch einwandfrei saß, und wandte sich wieder Wally zu, so als wäre Carla gar nicht da. »Ich verstehe nicht, warum die Sache mit dem Friedhof die Schuld von Fontane sein soll?«

»Tut mir leid, Mutter, Wally und ich müssen los«, sagte Carla. »Wir haben eine neue Klientin!«

Sofort trat dieses aufgeregte Glitzern in Wallys Augen, trotzdem nahm sie in aller Ruhe Mutters Hand und drückte sie fest.

»Ich habe Tantchen Ida erzählt, dass ich meine Mamuschka nicht mehr besuchen kann. Sie liegt auf dem Friedhof der Französisch-Reformierten Gemeinde in der Liesenstraße, aber da geht ja nun die Mauer mittenmang.«

»Lungenkrebs.« Ihre Mutter hob warnend den perfekt manikürten Zeigefinger der anderen Hand. »Frauen sollten eben nicht rauchen. Das ist ordinär und schadet dem Teint!«

»Und was hat das mit Fontane zu tun?«, fragte Carla, die sofort Lust bekam, sich eine Zigarette anzuzünden oder auch zwei.

»›Effi Briest‹ war der Lieblingsroman von Mamuschka, Muschkas Motto war das von Effi: ›Wir müssen verführerisch sein, sonst sind wir gar nichts!‹ Und genau so hat sie gelebt!«

Mutter nickte zustimmend und musterte ihre Tochter dann mit stummer Ablehnung. Unwillkürlich strich Carla ihren weinroten Bleistiftrock glatt und verachtete sich im gleichen Moment für ihre Unsicherheit. Als erfolgreiche Ermittlerin sollte sie mit zweiundzwanzig wissen, wie unmöglich es war, ihrer Mutter zu gefallen.

»Genau, was ich immer sage: Eine Frau darf niemals aufhören, an sich zu arbeiten. Wally, deine Mutter scheint mir – also vom Rauchen mal abgesehen – eine sehr kluge Frau gewesen zu sein.«

Ja, dachte Carla, oh ja, so klug und derart verführerisch, dass sie deinen Ehemann betört und mir eine fast gleich alte Halbschwester beschert hat.

»Jedenfalls wollte Muschka wegen Fontane nur auf diesem Friedhof begraben sein.«

»Apropos Friedhof!« Carla nickte Wally zu. »Unsere neue Klientin ist die Ehefrau vom Grab-Müller. Sie wohnt um die Ecke vom Friedhof Heerstraße. Wir sollten uns gleich auf den Weg machen!«

»Ich denke«, sagte ihre Mutter, »es hätte Vati gefallen, dass dir nun eine so tapfere und hübsche junge Frau zur Seite steht, die dich vor schweren Fehlern bewahren kann.«

Carla fühlte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Alles in ihr sehnte sich danach, mit der Wahrheit herauszuplatzen.

»Zeig Waltraud doch Vatis Grab, das ist ja ganz in der Nähe!«

»Ich warte im Büro auf dich!«, sagte Carla stattdessen und eilte aus der Küche in den Flur. »Vergiss deinen Regenschirm nicht!« Sie griff sich den leichten Sommermantel, nahm ihre Handtasche und stürmte nach unten ins Büro. Dort warf sie alles achtlos auf ihren Schreibtisch und flüchtete in das kleine Gäste-WC, wo sie sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzte. Es war ihr bewusst, dass Wally weder an den Affären ihres Vaters schuld war noch am Bau der Mauer. Doch seit Wally oben bei ihnen eingezogen war, fand Carla die Situation unerträglich, vielleicht war es nun an der Zeit, Mutter die Wahrheit zu sagen.

Nachdem sie sich beruhigt hatte, verstaute sie den Notizblock, die Minox und das Dietrichset in der Handtasche. Sie knipste gerade den Metallbügel zu, als es an der Tür klingelte. So schnell war Wally sonst nie, allein das Bemalen ihrer Lippen nahm Ewigkeiten in Anspruch. Außerdem hämmerte sie sonst an die Tür, als wäre es ihr gutes Recht, hier zu sein. Irgendwas stimmte heute ganz und gar nicht mit ihrer Halbschwester.

Carla prüfte, ob alle Fenster geschlossen waren, dann ging sie zur Tür und öffnete.

»Hast du deinen Schirm?«, fragte sie und wäre beinahe mit Tante Lulu zusammengestoßen, die sich mit hochrotem Gesicht an ihr vorbei in die Agentur drängte. In ihrem Schlepptau befand sich Henny, eine ihrer besten Freundinnen.

»Kindchen«, stöhnte Lulu, »wir haben nicht viel Zeit, ich muss in einer Stunde beim Dreh sein. Wir zwei haben einen richtig guten Auftrag für dich. Bitte hör dir an, was Henny zu sagen hat, du wirst begeistert sein! Sie braucht deine Hilfe nämlich für ne schwierige, aber gerechte Sache, für die all dein Können und jede Menge Grips nötig ist. Mal wat anderes als untreue Ehemänner!«

Carla betrachtete Henny genauer. Was könnte das sein? Neben Lulus Kugelkörper erschien Henny so zart und zerbrechlich, als wäre sie aus altem Biskuitporzellan. Ihr silbergraues Haar war zu einem hohen Beehive aufgetürmt und gab den Blick auf teuer blitzende Ohrgehänge frei. Das Kostüm sah aus, als wäre es aus der aktuellen Kollektion von Chanel, beige mit himbeerrotem Ripsband, die kleine trapezförmige Krokohandtasche hatte Carla neulich in Mutters ›Constanze‹ an dem Arm von Grace Kelly gesehen. Hennys Hände steckten in exquisiten weißen Handschuhen aus Brüsseler Spitze.

Allerdings wirkte Lulus Freundin in all dieser Pracht wie eine Hausangestellte, die sich heimlich das Gewand ihrer Herrschaft übergezogen hat und es durch eine Laune des Schicksals für immer tragen darf, aber noch nicht weiß, ob ihr das wirklich gefällt.

Davon abgesehen verriet Hennys Garderobe, dass sie nun solvent war. Umso besser, dann hatten sie eben gleich zwei Klientinnen, das würden sie schon schaffen.

»Tut mir leid, dass wir dich so überfallen«, sagte Henny mit einer etwas heiseren Stimme. »Aber Lulu hat mich einfach hierher … Na, du kennst ja deine Tante …«

Carla lächelte Henny zu. Wenn Lulu es sich in den Kopf gesetzt hatte, Henny aus irgendeiner Misere retten zu wollen, dann war Henny verloren.

Lulu ließ sich auf den Rattansessel vor Carlas Schreibtisch sinken und stöhnte noch mal lauter. »Bei einem Kaffee redet es sich wirklich besser! Und ein paar Schokoladenplätzchen könnten auch nicht schaden.«

Henny trat neben sie und legte ihre mädchenhafte Hand auf Lulus breite Schulter, wo sie so verloren wirkte wie eine Möwenfeder auf hoher See. »Lulu, lass uns gehen, deine Nichte ist schon im Mantel.« Sie sah zu Carla hoch. »Wir können uns gern später treffen!«

»Papperlapapp, Henny, das ist mit Abstand der interessanteste Fall, den Carla jemals knacken wird! Und später bin ich beim Dreh. Ihr wisst ja, dieses fantastische Projekt mit den Filmstudenten, in dem ich …« Lulu pausierte und riss ihre Augen übertrieben weit auf, wie eine Pantomimin, die ihre Überraschung deutlich machen will.

Bevor sie noch die Pointe präsentieren konnte, wurde sie durch das Hämmern an der Tür unterbrochen.

Carla öffnete Wally. »Wir haben Besuch!«

»Schön, dass du auch da bist!«, rief Tante Lulu in Wallys Richtung.

Verblüfft sah Carla von Lulu zu Wally. Bisher war ihre Tante nicht müde geworden, Wally eine dreiste Betrügerin zu nennen, die auf gar keinen Fall die Tochter ihres Bruders sein könne. Lulu hatte anders als ihre Mutter den Braten sofort gerochen und sich nicht mit Halbwahrheiten abspeisen lassen. Und jetzt war es schön, dass die angebliche Betrügerin mit im Spiel war? Na, das schien wirklich ein bemerkenswerter Fall zu sein!

Mit Genugtuung bemerkte Carla, dass Wally genauso überrascht wirkte wie sie selbst.

»Wally, das hier ist meine alte Freundin Henriette Hirschel! Und du, Carla, Kindchen, glaub mir, das wird kompliziert, wahrscheinlich müsst ihr ähh … unkonventionelle Methoden in Betracht ziehen. Wir sollten also Wallys moralisch fragwürdige Haltung zum Wohle von Henny ausnutzen! Ihr müsst sofort damit anfangen. Es hat mit Hennys unglaublicher Erbschaft zu tun!«

»Lulu, bitte, es gibt wirklich keinen Zeitdruck, es reicht, wenn die beiden«, Henny nickte erst Carla und dann auch Wally zu, »später zu mir kommen. Zu Hause habe ich sämtliche Unterlagen und wir können in aller Ruhe sprechen. Wann würde es euch denn passen?«

»16 Uhr«, sagte Carla und ignorierte das wütende Schnauben von Lulu.

Henny zog eine cremefarbene Visitenkarte aus ihrer Handtasche und reichte sie Carla.

Die Adresse lag in einem Villenviertel in Zehlendorf.

»Bis später«, sagte Henny. »Lulu, meine Liebe, wir sollten lieber nach Fritzi sehen, bevor dein gefräßiges Pudelmonster meine neuen Autositze komplett durchgenagt hat.«

»Fritzi würde so etwas nie tun!« Widerwillig hievte sich Lulu aus dem Stuhl und ging zu Henny hinüber.

»Ich bin sicher, die beiden werden dir eine große Hilfe sein. Zusammen mit mir hast du damit das denkbar beste Team für dein Problem!«

Carlas Mundwinkel zuckten. Lulu im Boot zu haben konnte das Boot auch schon mal zum Kentern bringen.

Lulu lief zum Fenster und öffnete es. »Schon wieder diese schweren grauen Wolken. Nimmt das denn diese Woche gar kein Ende mit dem Regen? Ich fürchte, der Dreh nachher könnte ins Wasser fallen. Für meine pikante Einstellung auf der Schaukel brauchen wir unbedingt Sonne.« Lulu zwinkerte ihr zu und hoffte ganz offensichtlich, dass Wally nachfragen würde.

Carla wusste schon, dass Lulu splitternackt auf einer Spielplatz-Schaukel sitzen sollte. Sie nickte, genau wie Henny, Wally blieb stumm.

Lulu seufzte indigniert. »So engagiert und modern, diese Filmstudenten! Ihr Blick auf Frauen wie mich ist so erfrischend anders. Aber falls mein Dreh wegen dem Regen ausfallen sollte, komme ich um 16 Uhr auch zu dir, Henny, und dann werden wir alle zusammen diese Hexe erledigen!« Sie nickte und lächelte wieder. »So oder so wird das ein sehr beglückender Tag! Bis später dann.« Lulu küsste ihre Nichte, Wally bekam immerhin ein freundliches Nicken, dann verließen die beiden das Büro.

Carla fühlte sich, als hätte ein Wirbelsturm sie in letzter Sekunde verschont.

»Ich frage mich, was diese Henny wohl für einen Fall für uns hat? Sie wirkt nicht wie jemand, der in Schwierigkeiten steckt. So eine schöne alte Frau, sie könnte die hundertjährige Schwester von Audrey Hepburn sein«, stellte Wally fest. »Was für eine Haltung, so wunderbar gerade und dabei doch so grazil, wie eine Ballerina.«

»Das war sie auch, genau wie Tante Lulu«, sagte Carla trocken.

»Nee …«, Wally fing an zu lachen. »Unvorstellbar – Lulu auch?«

»Ja, so sind sie alle, die Zittergirls …«

»Zittergirls?«

»Die haben sich in den Zwanzigerjahren beim Vortanzen für eine Revue kennengelernt. Nach reichlich Absinth und wilden Abenteuern, über die nur hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wird, haben sie sich zusammengetan und sich die Glittergirls genannt. Seit sie sich vor ein paar Jahren auf einer Beerdigung wiedergesehen haben, treffen sie sich einmal die Woche und nennen sich nun die Zittergirls. Dabei tanzt jede von ihnen ganz wunderbar.«

»Und zwar am liebsten anderen Leuten auf’m Kopf rum, jedenfalls Lulu!« Wally lächelte matt. »Sie hätte mich vorher mal fragen sollen, denn ich kann beim besten Willen heute Nachmittag nicht dabei sein. Ich muss früher ins Eden, der Chef will etwas mit uns besprechen, bevor es losgeht. Wir vermuten, dass unser Rolf seiner momentanen Favoritin einen Heiratsantrag machen will.«

»Verstehe.« Carla wusste aus sicherer Quelle, dass die Edenbar gerade geschlossen war, weil wegen feuerpolizeilicher Maßnahmen nachgebessert werden musste. Warum log Wally bei so leicht überprüfbaren Fakten? War irgendwas mit ihrem neuen Geliebten nicht ganz koscher oder warum wurde jedes Treffen mit dem so unbedingt geheim gehalten?

»Dann komme ich später noch mit Bruno auf einen Cocktail zu dir ins Eden und erzähl dir, was es mit Hennys Fall auf sich hat«, sagte sie und musterte Wally gespannt.

»Geht leider nicht, wir haben danach noch eine Privatveranstaltung.«

Nicht die kleinste Irritation in Wallys Gesicht, nicht mal ein Wimpernzucken.

»Ist mal wieder so ein Film-Bergfest. Du triffst den Bruno? Na dit wurde aber auch Zeit!« Wally zwinkerte ihr so entspannt zu, dass Carla beinahe angefangen hätte, an ihren Informationen zu zweifeln, dabei stammten die direkt von der Bauaufsicht.

Wo hatte Wally nur gelernt ihre Gesichtsmuskeln so gut zu beherrschen, dass sie jede Pokerrunde als Siegerin verlassen würde?

Kapitel 2

Eine knappe Stunde später saßen Wally und Carla am Esstisch der riesigen Wohnküche von Irma Müller. Eine topmoderne SieMatic-Küche, die Carla bisher nur in Werbeanzeigen gesehen hatte. Alle Schränke ohne Griffe, hellweiß mit Alukanten und voller Geräte, von denen Carla nicht mal den Namen kannte.

Auch das Kaffeegeschirr war so modern und schnörkellos, dass der Bienenstich auf der Kuchenplatte geradezu altmodisch wirkte.

Nach einer knappen Begrüßung, bei der Carla klar geworden war, dass Irma nur wenig älter als sie selbst sein konnte, also höchstens Mitte zwanzig, war Irma zurück in die Küche geeilt, wo sie ihnen den Rücken zudrehte, weil sie an der Küchenzeile herumwuselte. Scheinbar mühelos goss sie mit der linken Hand kochendes Wasser auf den Kaffeefilter, schlug mit der rechten die Sahne steif, während sie mit den Füßen abwechselnd zwei fiepsende Dackel von ihren Waden wegschob.

»Die Bertha meinte, Sie würden sicher so ein Ding mitbringen …«, sagte Irma, ohne sich umzudrehen.

»Bertha?«, fragte Wally. »Dann ist sie eingeweiht? Meine Kollegin meinte, niemand dürfte wissen, warum wir hier sind.«

»Nein, die Bertha weiß nichts, ich habe ihr erzählt, dass das Malheur einer Freundin passiert ist, und hab sie um Rat gefragt, was man da tun kann.«

»Was denn für ein Ding?«, hakte Carla nach.

Irma Müller wandte sich ihnen jetzt wieder zu, dabei flogen ihre dicken blonden Zöpfe geradezu über ihre Schultern. Ohne mit dem Rühren aufzuhören, antwortete sie: »Na so eins, mit dem man Metall finden kann.«

»Einen Metalldetektor!« Wally wechselte mit Carla einen belustigten Blick. »Leider funktioniert das innerhalb eines Hauses nicht, weil es da viel zu viel Metall gibt.«

»Oh, schade!« Irma Müller stellte den Mixer ab, löste die beiden Quirle, leckte die Sahne so schnell und anmutig ab wie ein naschsüchtiges Kätzchen und legte sie dann ins Spülbecken.

»Ja, aber wie wollen Sie denn den Ring dann finden? Die Bertha hat Sie vorgeschlagen, weil sie meinte, Sie wären die Profis.«

Irma nahm den Filter vom Kaffee und brachte die volle Kanne zusammen mit der silbernen Sahne-Schale zum Tisch und goss ihnen ungefragt ein.

Die Dackel folgten ihr und wollten jetzt auf ihren Schoß, was Irma abwehrte. Mit sanfter Stimme drohte sie ihnen, dass sie raus in den Zwinger müssten, wenn sie keine Ruhe gäben.

Da wären diese sabbernden Plagegeister sehr gut aufgehoben, fand Carla und nahm von dem angebotenen Bienenstich, auch wenn sie keinen Hunger hatte. Zusammen was trinken, egal ob Kräutertee oder Schnaps, Brot, Kuchen oder Bockwurst essen, selbst eine gemeinsam gerauchte Zigarette war hilfreich, um eine Bindung und Vertrauen herzustellen.

Wally griff beherzt zu und gab unter freudigen Kommentaren von Frau Müller auch noch ordentlich Sahne auf ihren Kuchen. Nachdem alle versorgt waren, breitete sich einen Moment lang ein Schweigen aus, das nur noch vom Hecheln der Dackel unterbrochen wurde.

»Gut, oder?«, fragte Irma Müller schließlich mit noch vollem Mund. »Das Rezept ist von meiner Schwiegermutter, sie war eine wunderbare Köchin. Und ihre Rouladen erst! Mein Horst hat so ein Glück gehabt mit seiner Familie.« Sie hielt inne und spülte mit einer halben Tasse Kaffee nach. »Also, bis auf …« Sie biss sich auf ihre volle Unterlippe und sog sie ein.

»Bis auf?«, fragte Wally und beugte sich interessiert näher zu Irma hin.

»Bertha … seine Schwester. Meine Schwägerin mag mich nicht. Sie denkt, ich nutze den Horst aus, dabei habe ich das hier ja alles von meinem Vater geerbt und Horst konnte den Betrieb einfach so übernehmen und dann auch noch die Bertha rüberholen.«

»Ihre Schwägerin ist sich dieser Tatsache ganz sicher sehr bewusst«, sagte Carla.

»Vielleicht ist sie nur ein bisschen eifersüchtig auf das junge Glück!« Wally zwinkerte Irma vielsagend zu.

»Ja vielleicht.« Irma errötete. »Deshalb dürfen Sie Bertha auf keinen Fall sagen«, sie legte beschwörend den gestreckten Zeigefinger über ihre Lippen, »dass Sie von der Agentur Nachtigall sind, denn ich habe ja so getan, als würde ich wen für meine Freundin suchen.«

»Wohnt Bertha denn auch hier?«, fragte Wally.

»Nein, sonst ist da nur noch Peter.«

»Ist das Ihr Sohn?«, fragte Wally.

»Um Gottes willen, nein!« Irma lachte ein klitzekleines bisschen herablassend. »Das ist unser Lehrjunge, der ist im Souterrain untergebracht, der arme Peter.«

Sie beugte sich zu ihnen und flüsterte. »Er ist ein wenig …«, sie malte demonstrative Kreise in die Luft um ihren Kopf, »also nicht so der Hellste, aber man muss ja froh sein, wenn man in der Branche heutzutage noch wen kriegt.«

»Und sonst wohnt niemand mehr hier?«

»Nein, nur Peter, mein Mann und natürlich Abra und Kadabra.« Sie zeigte auf die Dackel, die das als Einladung zum Schmusen verstanden.

Wally verschluckte sich an ihrem Kaffee.

»Wer hat sich denn diese Namen ausgedacht?«

»Natürlich mein Horst!« Irmas blaue Augen strahlten geradezu. »Er braucht auch viel Humor. Diese Arbeit verlangt ihm alles ab.«

Die Küchentür ging auf und eine füllige Frau mittleren Alters mit stählernen eisblauen Locken keuchte herein, stützte sich an der Arbeitsplatte ab, als gehörte das alles ihr. Missbilligend betrachtete sie das Rührgerät, dann musterte sie Wally und Carla mit einem Blick, noch abwertender als die besonders bösen von ihrer Mutter.

»Bertha, setz dich doch zu uns!«, sagte Irma.

Das musste die Schwägerin sein, von der Irma gesprochen hatte.

»Bertha?«, flüsterte Wally, die gerade schlagartig bleich geworden war.

Kein Wunder, dachte Carla, von der Frau ging ein unangenehmer Geruch aus, wie faule Eier oder Schwefel.

Die beiden Dackel rannten auf sie zu und bellten sie an. »Abra! Kadabra! Aus jetzt!«, brüllte Bertha.

Wally presste sich ihre Serviette vor den Mund und versuchte ein unterdrücktes Auflachen mit Husten zu übertünchen. Gleichzeitig stiegen ihr Tränen in die Augen. Mit der anderen Hand schob sie den halb vollen Kuchenteller so entschieden weg, als wäre der plötzlich kontaminiert.

Merkwürdig, dachte Carla, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich das für einen hysterischen Lachanfall halten. Wieso gelang es Wally gerade so viel weniger gut, sich zu beherrschen, wenn sie ihr doch sonst problemlos mitten ins Gesicht lügen konnte?

»Möchtest du Kuchen? Bertha, darf ich dir …«, begann Frau Müller.

»Herr von Mallwitz muss für die Aufbahrung morgen fertig sein!«, unterbrach Bertha sie, als wären Irma und sie ganz allein im Raum.

»Das ist schon erledigt.«

»Wurde der Sarg von der Jablonsky schon versiegelt und abgeholt?«

»Ja.«

»Und warum sitzen diese Frauen in unserer Küche?«

»Schöne Frisur!«, sagte Irma und warf Carla einen flehenden Blick zu. »Der Salon Becker ist wirklich der beste in ganz Westberlin.«

Das erklärte diesen Geruch. Bertha hatte sich wohl gerade eine Dauerwelle machen lassen.

»Wir haben Ihre Werbung im Radio gehört und interessieren uns für diese neuartige Trauerversicherung«, improvisierte Carla.

»Frau Müller hat uns gerade über die Preisgestaltung ihres Gatten aufgeklärt«, sekundierte Wally, die sich endlich wieder beruhigt hatte. »Und wer sind Sie?«

»Bertha Knobsen, geborene Müller. Mein Bruder und ich betreiben dieses Institut zusammen.«

Wally zog sehr effektiv eine Augenbraue hoch, noch ganz rot vom unterdrückten Lachen. »Sie sind also die Geschäftsführerin?«

»Bertha, möchtest du nicht ein Stück Kuchen?«, grätschte Irma dazwischen. »Ich packe dir auch gern was für zu Hause ein.«

Frau Knobsen trat unwirsch nach den Dackeln, die immer noch um sie herumsprangen, und setzte sich mit einem missbilligenden Schnauben auf die schmale Seite der Eckbank. Dann tupfte sie sich die feuchte Stirn mit einem Tuch, das sie aus einer Tasche ihres schwarz-weißen Kostüms gezogen hatte. »Dein Kuchen schmeckt mir nie, du nimmst Margarine statt Butter. Aber ein Kaffee wär mir eventuell schon recht.«

Irma hatte schon eine Tasse herbeigezaubert und goss ihr Kaffee ein. Bertha gab vier Löffel Zucker hinein, was Carla an ihren Vater erinnerte. Der hatte auch nie weniger genommen.

»Bertha, ich werde die Damen jetzt herumführen, sie möchten gern die Särge anschauen und sich einen Eindruck von unseren Räumlichkeiten für die Trauerfeier verschaffen.« Irma lief schon vor zur Tür, die in den Flur führte, Wally stürzte hinter ihr her, als wäre sie auf der Flucht. Die Dackel fassten das als Einladung auf und tippelten schwanzwedelnd auf Irma und Wally zu.

»Weg mit euch, ihr dürft nicht mit runter.«

»Zu schade!«, murmelte Bertha.

»Du weißt doch, dass Horst das verboten hat.« Irma wendete sich mit einem entschuldigenden Lächeln zu Wally und Carla. »Das ist keine Schikane von ihm. Es war nur schon so, dass Abra und Kadabra dachten, die Verstorbenen im Untergeschoss wären als Leckerli für sie gedacht.«

Carlas Mundwinkel zuckten und sie vermied es, Wally anzuschauen.

»Vergiss nicht, deinen Kundinnen unsere Broschüre mitzugeben! Ich lege da noch eine ganz besondere für sie bereit.«

Wenig später liefen sie durch einen Kellergang in das Nebengebäude. Für die Kunden gab es einen direkten Eingang von der Trakehnerstraße.

Hier unten befand sich der Kühlraum und der Raum, in dem die Leichen für die Aufbahrung präpariert wurden.

»Was wird hier genau gemacht?«, fragte Wally, die nun wieder eine normale Gesichtsfarbe hatte, obwohl es hier nach Formalin stank. Nachdenklich betrachtete Carla all die Gerätschaften, die auf den Metalltischen in dem weiß gefliesten Raum bereitlagen. Merkwürdige Apparate mit langen Schläuchen, Metallinstrumente, hautfarbene Gummibänder und Doppelringe aus Gold.

»Hier werden unsere lieben Verstorbenen zuerst mal hygienisch versorgt, wir waschen und desinfizieren die Haut – wegen den Gerüchen, Sie verstehen schon? Haare und Nägel müssen geschnitten werden, zum Verschränken der Hände fixieren wir diese mit Ringen an den Fingern.« Irma zeigte auf die Doppelringe. »Männer werden noch einmal rasiert, die Augen verschließen wir mit Plastikkappen, die wir unter den Lidern platzieren. Der Mund wird, nachdem das Gebiss eingesetzt worden ist, zugenäht, aber so, dass man es nicht sieht. Ist besser, so bleibt alles an Ort und Stelle. Das ist übrigens meine Spezialität. Manchmal sind aber auch größere thanatopraktische Arbeiten nötig. Darin bin ich nicht so gut.« Irma sah betrübt in die Runde.

»Thanatopraktisch?«, hakte Carla nach.

»So nennt man das, wenn an unseren lieben Verstorbenen Veränderungen vorgenommen werden müssen, zum Beispiel nach einem Unfall, wenn das Gesicht rekonstruiert werden muss – das ist dann so ähnlich wie eine Schönheitsoperation. Oder wenn die Leiche erst spät gefunden wird und schon Gase vorhanden sind oder Madenbefall.«

Während Irma weiterredete, glitten Carlas Gedanken zu der Beerdigung ihres Vaters. Ihr wäre es falsch vorgekommen, sein zerstörtes Gesicht nach einem Foto wiederherstellen zu lassen, es hätte ja doch nie mehr gelächelt. Es war ihr authentischer erschienen, ihren Vater lebendig in Erinnerung zu behalten. Sie versuchte sich wieder auf Irma zu konzentrieren.

Irma erklärte immer noch, weil Wally alles ganz genau wissen wollte.

»… manchmal werden unsere lieben Verstorbenen auch einbalsamiert, da muss das Blut aus den Körpern drainiert und durch eine desinfizierende Formaldehydlösung ersetzt werden. Und es ist sehr schwierig, da die richtige Farbe beizumischen, damit der liebe Verstorbene natürlich aussieht. Das macht dann unsere Lotti, aber die wohnt hier nicht. Die kommt nur bei Bedarf.«

Im Zwischengeschoss nach oben zur Trakehnerstraße hin gab es einen Raum mit ausgestellten Särgen in allen Preisklassen. Mit Liegepolstern, die allesamt aussahen, als hätte man sie aus dem cremefarbenen gesteppten Satinmorgenmantel von Carlas Mutter angefertigt. Dann weiter oben im Erdgeschoss befand sich ein kleiner Saal für Trauerfeiern, daneben war ein Besprechungszimmer, in dem Irma mit ihnen endlich über »die Sache« reden wollte.

Carla fühlte sich wie in einem viktorianischen Jagdzimmer: dunkelgrüne Tapeten, viel Mahagoni und Zimmerpalmen. An den Wänden goldgerahmte Stiche von Landschaften und Rosen. Ein ovaler Tisch mit einer voluminösen Spitzendecke, umgeben von vier samtbezogenen Stühlen. An der schmalen Wand ein Chesterfield-Sofa aus kastanienbraunem Leder. Es fehlten nur noch die Jagdtrophäen an den Wänden. Einen Moment lang schoben sich Totenköpfe mit löwenartigen Halskrausen vor Carlas inneres Auge.

»Das alles hat noch Paps eingerichtet und Horst hat mir erlaubt, es so zu lassen. Bertha mags nicht so gern, aber Paps und ich hatten hier viele schöne Nachmittage, nachdem Mama verstorben war. Setzen wir uns doch, meine Schwägerin kommt selten hierher, sie hat eigentlich nie Kundenkontakt. Sie kümmert sich mehr um die Buchhaltung und all diesen formalen Kram. Mit unseren lieben Verstorbenen fühlt sie sich nicht wirklich wohl.« Irma nahm Gläser und eine Karaffe aus der Anrichte. »Möchten Sie vielleicht was Kleines zur Stärkung?«

»Unbedingt«, sagte Wally, bevor Carla für sie beide ablehnen konnte. Sie funkelte Wally wütend an. Darüber hatten sie doch schon gesprochen! Alkohol tagsüber ging nur, wenn der Klient auch welchen trank. Und Irma trank Wasser. Wegen ihrer Übelkeit?

Wally nahm ihr Glas, schwenkte die karamellfarbene Flüssigkeit, stürzte einen unangemessen großen Schluck herunter und ließ sich mit einem befriedigten Seufzen in einen der breiten Sessel fallen. Das teure Leder gab einen knatschenden Laut von sich, als Wally ihre Beine übereinanderschlug und den Rock mit der freien Hand wieder über ihre Knie zog.

»Schmeckt wie ›Der alte Kardinal‹, sowas Feines kriegt man hier im Westen gar nicht. Ehrlich, da kann euer Asbach Uralt einfach nicht mithalten.«

Irma lächelte. »Das haben Sie gut erkannt! Der Horst und die Bertha lieben den, sie vermissen diese Leckereien aus dem Osten. Sie sind ja erst vor ein paar Jahren hierher umgezogen. Die anderen Bestatter hassen meinen Horst, weil er in so kurzer Zeit den Betrieb von Paps so gut vorangebracht hat.«

»Und Bertha?«, fragte Wally. »Warum verheimlichen Sie ihr den Verlust des Rings eigentlich?«

Irma errötete. »Sie findet, ich hätte einen schlechten Einfluss auf Horst. Es würde sie glücklich machen, wenn sie wüsste, dass ich den Ring verloren habe.« Sie wischte sich schnell über die Augen, setzte sich an den ovalen Tisch und bedeutete Carla mit einer Geste, es ihr gleichzutun. »Also, wie werden Sie vorgehen?«

Carla setzte sich und nahm ihren Notizblock aus der Tasche. Höchste Zeit, dass sie endlich zur Sache kamen! In vier Stunden sollten sie schon wieder bei Henny sein.

Plötzlich berührte etwas Warmes und Weiches ihre Fesseln. Sie zuckte zusammen, ihr Puls ging schlagartig nach oben, während sie nach Erklärungen suchte. Die Hunde konnten es nicht sein und unter dem Tisch lagen sicher keine Toten, die waren auch nicht so warm. Da hatte ihre Fantasie ihr einen Streich gespielt.

»Also, Irma, wann haben Sie …?«

Da war es wieder und ging streichelnd die Wade hoch. Sie sprang auf.

»Da ist etwas unter dem Tisch!«, sagte sie betont beherrscht, als sie die verwunderten Blicke auf sich spürte. Hastig trat sie neben den Tisch, beugte sich vor und spähte unter den Zipfeln der Tischdecke durch.

Da kniete ein Mann im schwarzen Anzug!

»Einbrecher!«, rief Carla. »Wally, versperr die Tür, Frau Müller, rufen Sie sofort die Polizei! Damit hat sich wohl alles geklärt!«

Wally blieb ungerührt sitzen. Irma ging in aller Ruhe neben dem Tisch in die Knie.

»Es tut mir leid, das ist nur unser Peter! Los, raus mit dir!«, sagte sie, erhob sich und sah entschuldigend zu Carla und Wally hin.

Es dauerte eine Ewigkeit, bis Peter endlich vor ihnen stand, zwei Köpfe größer und so schlaksig, als würden die Gliedmaßen ein unabhängiges Leben von seinem Rumpf führen.

»Wie oft habe ich dir gesagt, dass du deine Pausen an der frischen Luft verbringen sollst!« Irma klang eher amüsiert als tadelnd. »Wenn ich dich noch einmal in einem Sarg oder hier auf dem Fußboden erwische, werden wir dich entlassen müssen, Peter!«

Carla fragte sich, ob Wally dieses Missverhältnis von Inhalt und Ton auch schon aufgefallen war, doch bekam die überhaupt irgendwas mit? So unbeteiligt und abwesend, wie die in ihrem Sessel den Weinbrand wie Wasser runterkippte?

»Tut mir leid«, murmelte Peter, stolperte über seine Füße und bemerkte erst beim Aufrappeln Wally auf dem Sofa. Voller Bewunderung blieb er stehen und starrte unverblümt ihre Oberweite an, als hätte er eines der sieben Weltwunder vor sich. Gelassen hob Wally ihr Glas in seine Richtung und trank aus.

Irma trat zu Peter, schob ihn geradezu aus dem Zimmer und bat ihn, endlich an seine Arbeit zu gehen.

Dieser junge Mann war Carla viel unheimlicher als die Leichen in dem Kühlraum. Sie konnte sich gut vorstellen, dass Peter den Ring irgendwo gefunden hatte, sich wie eine menschliche Elster an seinem Glitzern erfreut und ihn eingesteckt hatte. Vielleicht hatte er irgendwo ein Nest, wo er auch die Goldzähne von Toten bunkerte. Manchmal war ein Fall wirklich simpel. Andererseits war es auch denkbar, dass Bertha den Ring hatte verschwinden lassen, um ihre Schwägerin in Misskredit zu bringen. Selbst wenn es am wahrscheinlichsten war, dass Irma den Ring einfach nur verlegt hatte, beschlich Carla langsam das Gefühl, dass hier mehr dahintersteckte.

»Unser Peter!«, sagte Irma, nachdem die Tür endlich hinter ihm geschlossen war. »Gut, dass wir vor ihm nicht über den Ring geredet haben, der Junge kann nichts für sich behalten.«

»Wie sieht der Ring denn überhaupt aus? Haben Sie ein Foto?«, fragte Carla und nahm ihren Notizblock aus der Handtasche.

»Es gibt kein Bild. Es ist ein ganz normaler goldener Ehering.«

»Wie breit war er denn, war er nach außen gewölbt oder gerade? Weißgold, Rotgold, wie viel Karat?«

Irma beschrieb ihn als teuren gelbgoldenen Ring, etwa einen Zentimeter breit, nach außen gewölbt, innen graviert mit »Horst-Günther 30. Mai 1960« und bei ihm »Irma-Renate«. Carla skizzierte nach ihren Vorgaben und zeigte es Irma.

»Ja, genau so!«

»Und wo haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«, fragte Carla.

Irma fing an zu überlegen und kam dabei vom Hundertsten ins Tausendste. Während Carla noch überlegte, wie sie Irma taktvoll unterbrechen könnte, grätschte Wally mittenrein in einen Monolog darüber, wie der Ehering Irma beim Öffnen der Hundefutterdosen störte.

»Fragen wir doch mal anders – wann haben Sie denn gemerkt, dass der Ring weg war?«, fragte sie.

Irmas Antwort kam prompt. »Heute Morgen, als ich meine Nylons am Strumpfhalter festgemacht habe. Daraufhin habe ich sofort das ganze Schlafzimmer abgesucht, weil ich dachte, der Ring wäre im Schlaf vielleicht abgerutscht.«

»Sitzt der Ring denn locker?«, hakte Wally nach.

»Nein. Der Ring lässt sich gut drehen, aber er war nicht so locker, dass er einfach abgegangen wäre.«

»Zu welchen Gelegenheiten haben Sie den Ring abgenommen?«

»Beim Waschen und Putzen und Eincremen.«

»Legen Sie ihn immer an die gleiche Stelle?«, fragte Wally.

»Nein, ist ja nur für einen Moment, die meiste Zeit steckt er an meinem Finger.«

»Und wo haben Sie sonst noch gesucht?«

»Eigentlich überall, deshalb habe ich mir ja Hilfe geholt.«

»Aber ist es denn sicher, dass Sie den Ring im Haus verloren haben?«, wollte Wally wissen.

»Leider nicht, ich habe gestern, kurz bevor die Sonne untergegangen ist, noch Wäsche aufgehängt.« Irma errötete und fügte mit einem entschuldigenden Lächeln hinzu: »Ich weiß natürlich, dass eine gute Hausfrau die Wäsche nicht über Nacht draußen hängen lässt. Aber endlich hatte der Nieselregen aufgehört und außerdem hatte ich vorher auch noch die Jablonsky fertig zu machen, Bertha hat mich ständig ermahnt, weil die dringend wegmusste. Und unser Fahrer, der Walter, schon Gewehr bei Fuß stand.«

Wally stellte das leere Glas ab. »Der Ring könnte also wirklich überall sein. Und Ihr Mann kommt in vier Tagen. Ich denke, am sichersten und einfachsten wäre es, wenn Sie einen neuen Ring kaufen. Jeder andere Vorschlag wäre unseriös!«

Sie war wohl nicht ganz bei Trost! Erstens kostete das sehr viel Geld, zweitens, wo würde man genau den gleichen mit Gravur in so kurzer Zeit auftreiben, und drittens – die Agentur Nachtigall brauchte Geld. Und das klang doch nach wunderbar vielen Stunden, die sie abrechnen konnten!

»Meine Kollegin scherzt gerne mal. Wir können sofort anfangen! Wenn ich das richtig verstanden habe, brauchen wir nur noch eine Erklärung für Bertha und Peter, damit die keinen Verdacht schöpfen?«

»Genau. Bertha muss nachher sowieso noch zum Zahnarzt, da muss sie ständig hin und den Peter kann ich zum Einkaufen schicken.«

»Das reicht nicht, wir brauchen mehr als zwei, drei Stunden.«

»Könnten Sie heute Nacht kommen?«

»Das alles kostet natürlich extra!«, sagte Wally. »Bitten Sie doch lieber Ihre Freundinnen um Hilfe, dann wird es billiger …«

Carla hätte sie erwürgen können, offensichtlich war Wally nicht klar, dass sie hier waren, um Geld zu verdienen.

»Auf keinen Fall, wenn sich da jemand verplappert! Bertha und Horst sind sehr abergläubisch, die würden einen verlorenen Ring als Beweis für meine Untreue sehen.«

»Dann wäre es besser gewesen, Sie hätten uns als Kammerjägerinnen oder dergleichen ausgegeben«, sagte Wally. »Tut mir leid, aber es wäre unlauter, diesen Auftrag anzunehmen. Carla, wir sollten gehen und Sie sollten Ihren Mann anrufen und erzählen, was passiert ist. In einer Ehe muss man miteinander über alles reden können!«

Was zur Hölle war denn nur in Wally gefahren? Wenn Blicke töten könnten, hätte Wally gerade in eine Urne rieseln müssen.

»Mit ihm reden? So unmöglich wie ein Einkaufsbummel mit dem Ulbricht im KaDeWe«, sagte Irma. «Wenn Sie schon keinen Metalldetektor haben, könnten Sie dann nicht einfach mit so einer Wünschelrute rumgehen?«

»Natürlich können wir das!«, log Carla, allein schon, um Wally endlich einzubremsen.

»Rhabdomantie …«, murmelte Wally. »Sehr umstritten, wissenschaftlich nicht haltbar. Heinrich Himmler war auch ein großer Fan.«

»Horst und Bertha schwören auf solche Sachen. Ach und der Himmler auch? Wirklich?«, fragte Irma interessiert.

»Der hat in seiner ›Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe‹ einen Physiker nur dafür abgestellt. Josef Wimmer, so hieß der, sollte forschen, ob man mit Wünschelruten auch Goldschätze, Sprengstoff und Bunker finden kann.« Wally drehte sich zu Carla und zwinkerte ihr zu, dann wandte sie sich wieder direkt an Irma.

»Aber verraten Sie mir, was suchen Horst und Bertha denn sonst hier mit Wünschelruten – Leichen?«

Irma Müller schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht, aber so finden sie den perfekten Ort für die lieben Verstorbenen.«

»Man kann doch sein Grab gar nicht wirklich auswählen?«, fragte Carla, die sich daran erinnerte, wie schwierig es gewesen war, den Platz am See für ihren Vater aufzutreiben. »Der Platz wird einem zugeteilt, bestenfalls kann man zwischen zwei Orten entscheiden.«

Irma Müller unterdrückte ein verschmitztes Lächeln. »Kommt auf die Beziehungen des Bestatters an. Viele unserer Kunden nutzen diesen Service.«

»Wenn alle für esoterische Methoden so aufgeschlossen sind, könnten wir gegenüber Ihrer Schwägerin behaupten, dass Sie uns als Fachfrauen engagiert haben, etwas gegen die schlechten Energien in Ihren Räumlichkeiten zu unternehmen«, schlug Wally nun vor und nickte Carla zu.

Offensichtlich hatte sie endlich verstanden, dass sie zum Geldverdienen hier waren und nicht zur Lebensberatung.

»Können Sie sowas denn?«, fragte Irma Müller.

»Selbstverständlich!« Wally war nun wieder voll bei der Sache und nickte überzeugend. Lulu hätte es nicht besser machen können, dachte Carla. Schauspielerei lag wirklich in der Familie.

»Wir sind sehr gründlich und verwenden wahlweise Salbeibüschel, Salz oder Edelsteine. Angesichts von dem, was ich hier so an Energie spüre, würde ich sagen, dass wir mit allen Mitteln arbeiten sollten, oder was meinst du, Carla?«

»Meine Mitarbeiterin will sagen«, sie versuchte Wally mit Blicken zu bremsen, »dass uns das eine gute Ausrede liefert.«

»Wir wollen doch unser Licht nicht unter den Scheffel stellen – immerhin habe ich drei Jahre bei einer echten Schamanin gelernt!«, erklärte Wally allen Ernstes.

»Das ist ja wunderbar!« Über Irmas Gesicht ging das Strahlen einer Sechsjährigen, die gerade alle Kerzen auf ihrer Geburtstagstorte gleichzeitig ausgeblasen hat.

Ungeheuerlich. Es war durchaus in Ordnung, zum Wohle der Klientin in eine Rolle zu schlüpfen, aber es ging nicht, deren Naivität zu befeuern.

»Horst wird begeistert sein! Wir haben schon oft darüber gesprochen, dass wir sowas machen sollten, die Energien bei all den lieben Verstorbenen hier sind naturgemäß nicht so gut.«

»Na dann kann es ja losgehen.« Wally klatschte enthusiastisch in die Hände. »Haben Sie Salbei?«

»Einen Riesenbusch im Garten.«

»Dann beginnen wir damit. Salz und Kristalle bringen wir dann das nächste Mal mit.«

Genau, und vorher befragen wir noch unsere Kristallkugel nach dem Ring und pendeln das Grundstück ab, dachte Carla. »Ich fange dann mit guter alter Ermittlungsarbeit schon mal an, die Küche zu durchsuchen.«

»Dann bringe ich Sie zum Salbei!«, sagte Irma und öffnete die Tür, dann hielt sie inne. »Brauchen wir ein spezielles Messer zum Abschneiden?«

»Eines aus Silber wäre perfekt!«

Dazu einen Pfahl, um ihn Wally in die Brust zu rammen, ergänzte Carla stumm.

»Gott sei Dank, Silbermesser haben wir. Gehen wir doch durch die Küche nach draußen.«

Sie trabten hinter Frau Müller zurück in die Küche, wo Bertha, wie Carla amüsiert bemerkte, offensichtlich nicht nur ein, sondern zwei Stücke von dem Bienenstich gegessen hatte, während Abra und Kadabra sich um einen Knochen zankten, der Carla verdächtig an ein Schienbein erinnerte.

Für einen Moment fragte sie sich, ob Irma ihren Mann nicht umgebracht hatte und hier mit ihnen eine Scharade aufführte, bei der alles ganz anders war, als es schien.

Doch dann erklärte Irma ihrer Schwägerin voll ehrlicher Begeisterung, dass sie Carla und Wally angeheuert hatte, als Überraschung für ihren geliebten Horst! Weil sich im Gespräch über die Särge herausgestellt hatte, dass ihre Kundinnen Expertinnen darin waren, Häuser von schlechten Energien zu reinigen.

»Mal gründlich durchputzen wäre sicher noch hilfreicher«, murmelte Bertha, dabei starrte sie aber nicht Irma, sondern Wally an, als wollte sie ein stummes Duell mit ihr ausfechten. Wally zuckte mit den Schultern und folgte Irma nach draußen.

Bertha musterte nun Carla und verzog ihren Mund zu einem spöttischen Lächeln. »Als Schwester ist es manchmal besser so zu tun, als ob man auf einem Auge blind wäre, oder?«

Was wollte sie denn damit sagen, fragte sich Carla und begann in der Nähe der Spüle nach dem Ring zu suchen. Es war logisch am Spülbecken anzufangen, da legten viele Frauen ihre Ringe ab, um empfindliche Gläser vor Kratzern zu schützen. Abra und Kadabra waren glücklicherweise noch damit beschäftigt, sich gegenseitig den Knochen abzujagen, sodass Carla sich unbehelligt bücken und den blitzsauberen Unterschrank untersuchen konnte. Der Boden war aus hellgrauem Linoleum, nirgends eine Ritze, in der Irmas Ehering hätte verschwinden können.

»Vorarbeiten!«, erklärte Carla, als sie beim Hochkommen Berthas amüsiertem Blick begegnete.

»Natürlich, irgendwo muss man mit dem Ausräuchern ja anfangen!«, sagte Bertha und griff nach einer Mappe, die neben ihr auf der Eckbank gelegen hatte. »Die Unterlagen für Sie und Ihre Schwester.«

Carla dankte ihr und fragte Bertha nach Eimer und Putzlappen. Dann machte sie sich daran, den Siphon vom Abfluss aufzuschrauben. Der Ausguss hatte große Löcher, da konnte ein Ehering schon mal durchrutschen. Doch auch im Abflussrohr war alles so sauber, als hätte jemand Natronlauge durch die Leitung gejagt. Hier war sehr gründlich geputzt worden, dachte sie und begann sich zu fragen, ob hier wirklich nur ein Ring verschwunden war.

Kapitel 3

Im Café Kranzler drängten sich wegen des Regens die Gäste von der Terrasse nach drinnen, weshalb es so brechend voll und verraucht war, dass Wally Edgar erst nach einigen Minuten entdeckte. Er blickte ihr mit hochgezogenen Augenbrauen und zusammengepressten Lippen so ungnädig entgegen, als hätte sie ihn gezwungen, sich mit ihr zu treffen. Dabei hatte sie das Treffen auf seine Bitten hin möglich gemacht, obwohl sie dringend Zeit gebraucht hätte, um über diesen erstaunlichen Vormittag nachzudenken. Warum hatte man sich nicht an die Vorschriften gehalten? Direkter Kontakt war nicht erwünscht und sie wusste, dass für jede Art von Treffen mit ihr die absolut höchste Geheimhaltungsstufe galt.

»Du bist zu spät!« Er deutete auf den leeren Kuchenteller vor sich, stand aber dann doch auf, um ihr den Stuhl zurechtzurücken. »Du weißt, dass ich meine Pause nicht ewig ausdehnen kann! Im Kempinski zählt Pünktlichkeit noch was.«

»Wirklich? Fünf Minuten! Kaum zu glauben, der Weltuntergang steht bevor.« Wally kaschierte ihre Verärgerung mit einem halbherzigen Lächeln. Aber was war denn los? Wegen fünf Minuten hatte er sie noch nie so angeranzt.

»Sollte es auch. Das hat nämlich was mit Respekt zu tun!«

»Wäre es angemessen, wenn ich mich vor dir in den Staub werfe?«

»Ja, allerdings!« Er entspannte sich etwas. »Ich muss gleich dringend etwas mit dir besprechen. Hey, stell dir vor, wir erwarten heute Abend Conny Froboess, sie trifft sich mit wem vom Meisel Musikverlag. Man munkelt, sie soll ein Lied für den Grand Prix d’Eurovision aufnehmen.«

Das waren doch großartige Neuigkeiten. Als Chefconcierge gab er sich im Kempinski zwar puritanischer als Nonnen beim Karfreitagsgebet, drängte aber jeden Musikproduzenten zu einem Abstecher ins Eden, weil er dort nachts als rothaarig-sündig singender Lucky Angel auftrat und auf einen Plattenvertrag hoffte.

»Und deshalb wolltest du mich sehen? Um mir das zu sagen?«

»Nein, es geht um was anderes, willst du dich nicht endlich setzen?«

Nachdem sie Platz genommen hatte, rümpfte er die Nase und sah sie irritiert an.

»Was ist denn mit dir passiert? Sonst duftest du wie eine Blumenwiese, aber heute stinkst du wie eine ganze Horde Räuchermännchen aus dem Erzgebirge!«

»Frag lieber nicht, wir versuchen gerade mit allen Mitteln den Ehering einer neuen Klientin zu finden.« Natürlich ging es nicht um den Ring, sondern um ganz was anderes, dachte Wally. Die Aktion Goldfisch war anscheinend jedes Risiko wert. Offenbar hatten die keine Ahnung, wie gefährlich es war, ihre Schwester zu unterschätzen. Die würde den Braten riechen, bevor die Grab-Müllers bis drei zählen konnten.

»Wir?« Edgar winkte eines der Serviermädchen zu ihnen an den Tisch. »Es gibt neuerdings ein ›Wir‹ in der Agentur Nachtigall?«

»Von einem echten Wir sind wir natürlich noch Lichtjahre entfernt, aber es gibt Hoffnung«, sagte Wally. Genau, dachte sie, ein echtes Wir war so wahrscheinlich wie eine friedliche Wiedervereinigung.

Sie bestellte ein Kännchen Kaffee und ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte. Essen half und Süßes gleich doppelt. Auch wenn der Kuchen hier längst nicht so gut war wie der im Café Schilling, würde er immer noch besser schmecken als dieser Matsch, den Irma ihnen als Bienenstich aufgetischt hatte. War Irma wirklich dieses ahnungslose Naivchen oder hing sie auch mit drin?

»Weißt du, was ich mache, wenn ich etwas verlegt habe?«, fragte Edgar.

»Du singst?«

»Nein, es ist ein Trick von meiner rumänischen Urgroßmutter und er funktioniert wirklich.«

»Ach ja?«

»Du klemmst deine rechte Socke unter einem Stuhl oder Tischbein ein.«

»Wieso die rechte?«

»Weil der Teufel da seinen Pferdefuß hat und empfindlich ist.«

»Und?«

»Dann sagst du ihm, dass du sein Bein erst wieder freilässt, wenn er den gesuchten Gegenstand rausrückt.«

»Du veräppelst mich.«

Edgar schüttelte den Kopf. »Dann sagst du die streng geheime Formel.«

»Und wie geht die?«

»Du rufst ihn an: Ohh Zazaell – und nun beschwörst du ihn: kcür ned gnir torfos suar tsnos etlaheb hci nenied ssuf!«

Wally stutzte einen Moment, dann musste sie zum ersten Mal an diesem Tag lachen. »Du bedrohst den Teufel mit rückwärts gesprochenen Drohungen?« Wenn doch alles so einfach sein könnte.

»Genau. Das mache ich auch im Hotel, wenn etwas verschwunden ist, aber natürlich nur, wenn keiner zuschaut.«

»Klingt nicht nur lächerlich, sondern völlig verrückt.« Wally fing an zu lächeln. »Und genau deshalb werde ich das Carla morgen vorschlagen, ich freue mich schon auf ihren Gesichtsausdruck.« Alles, was Carla von Bertha ablenkte, war nützlich.

Ein schwer atmendes Serviermädchen stellte Kaffee und Kuchen vor Wally auf den Tisch, wischte die Hände an ihrem rosa Schürzchen ab und nahm den vollen Aschenbecher mit.

Wally nickte Edgar zu. »Möchtest du probieren?«

»Nein, mein Frankfurter Kranz war sehr mächtig.«

Die Torte hatte einen seltsamen Nebengeschmack, aber vielleicht lag das an dem Salbei, der sich in Wallys Schleimhäute wie eingeätzt hatte. Sie nahm einen großen Schluck Kaffee, der auch reichlich seltsam schmeckte. Da half nur was Stärkeres! Unauffällig zog sie ihren silbernen Damenflachmann aus der Handtasche und gab einen ordentlichen Schluck Cognac in ihren Kaffee.

»Ein bisschen früh, meinst du nicht?« Edgar zog missbilligend seine linke Augenbraue hoch.

»Ehrlich gesagt siehst du so aus, als könntest du auch einen Schluck vertragen!« Ohne eine Antwort abzuwarten, goss Wally einen Schluck in Edgars leere Kaffeetasse und verstaute den Flachmann wieder in ihrer Handtasche. Er zögerte kurz, dann kippte er die Tasse runter. »Schmeckt, hilft aber nicht wirklich.«

»Nun sag schon, was ist los? Du wolltest mich doch nicht bloß sehen, um Kuchen zu essen?«

»Das stimmt, ich brauche deine Hilfe … wegen Adele.«

Seine Schwester war seine Schwachstelle, er liebte sie mehr als seinen Traum von Lucky Angel. Sie war der einzige Grund, warum er niemals im Kempinski aufhören konnte, denn er brauchte das Geld, um sie zu unterstützen. Loyalität war etwas Wunderbares, aber Wally wusste ganz genau, wie hoch der Preis war, den man manchmal dafür bezahlen musste. So war sie in den ganzen Schlamassel überhaupt erst reingerutscht. Schlamassel war das falsche Wort für diese Spirale von immer heftigeren Aufgaben und Lügen.

»Ich mache mir schreckliche Sorgen um Adele. Niemals hätte ich sie in diese Nervenheilanstalt in Brandenburg bringen dürfen, nur weil es dort billiger war. Seit sie angefangen haben, die Mauer zu bauen, habe ich nichts mehr von ihr gehört. Ich kann niemanden erreichen. Du hast doch bis vor Kurzem drüben gewohnt, kennst du nicht irgendwen, der mir helfen könnte?«

»Helfen bei was denn?«

»Ich will Adele hier im Westen haben, wo ich sie besuchen kann. Bestimmt fühlt sie sich sehr einsam. Sie sollte bei mir hier in Berlin sein.«

»Rausholen? Jetzt? Machst du Witze?«

»Du hast recht, der Gedanke ist völlig absurd. Aber vielleicht kennst du drüben jemanden, der sie besuchen und mir erzählen könnte, wie es ihr geht? Ich würde natürlich dafür bezahlen, eine Freundin, die ihrer Pflegerin ein Trinkgeld bringen könnte?«

Edgar rückte seine Drahtbrille gerade, wahrscheinlich um von seinen verdächtig feuchten Augen abzulenken.

Wally drückte seine Hand. »Ich werde es versuchen«, sagte sie, auch wenn sie momentan rein gar nichts für ihn tun konnte. »Adele geht es sicher gut, du hast immer wieder erzählt, sie wäre dort in den besten Händen. Warum hätte sich das ändern sollen? Die Menschen hinter der Mauer sind noch dieselben wie vorher, niemand ist durch die Mauer zum Monster mutiert.«

»Für Adele lauern überall Monster, sie vertraut nur mir. Was ist denn mit James, deinem Freund von der BBC – der darf doch sicher noch in den Ostteil der Stadt?«

»Der hat sich in ne andere verguckt. Bei dem bin ich abgemeldet.« Das hatte man ihr auch sehr übel genommen. Vielleicht war dieses Ringmanöver nur eine Strafaktion?

»Tut mir sehr leid.«

»Mir auch!« Es fiel ihr nicht schwer, eine improvisierte Träne abzuwischen, sie brauchte wirklich dringend einen Ersatz für James. Bruno, ja, der würde ihr gefallen, aber genau deshalb kam er nicht infrage. Und der Joachim war an die Aktion Goldfisch gekoppelt und hätte sich längst erledigt, wenn der Mann als Kind Schwimmen gelernt hätte und aufgeschlossener fürs Baden im Wannsee wäre.

Edgar legte seine Hand auf ihren Arm und drückte ihn. »Traurig, wenn man so abserviert wird«, sagte er voller Mitgefühl.

»Danke.« Sie würde Frieda bitten, wegen Adele mal in der Anstalt anzurufen, sie war die Einzige, der sie wirklich vertrauen konnte. Die Zensur interessierte sich nicht für Post einer ehemaligen Puffmutter. Frieda war nur so lange von Bedeutung gewesen, wie sie auf der Leipziger Messe West-Kunden bedient hatte.

»Ich schreibe einer Freundin, aber es wird dauern, bis ich Antwort habe.«

Edgar tätschelte nun seinerseits Wallys Arm. »Danke, ich bin dir was schuldig.«

»Da nicht für!«, murmelte Wally. »Weißt du denn schon, wann das Eden wieder aufmachen darf?«

»Die warten nur noch auf die neuen Brandschutztüren, die sind angeblich noch immer auf einem Laster, der am Grenzübergang Helmstedt/Marienborn irgendwo feststeckt.«

»Na, dit kann ja noch ewig dauern!« Wally unterdrückte ein Stöhnen.

»Wie wäre es, wenn wir, solange das Eden geschlossen ist, mal ausspionieren, was in den anderen Bars so los ist? Das würde mich auf andere Gedanken bringen.«

»Hast du Angst, dass es irgendwo eine bessere Lucky Angel gibt?«

»Auf keinen Fall, ich bin die Beste.« Endlich lächelte er wieder. »Aber ich hab gehört, die Kostüme im Chez Nous wären einzigartig, schadet nicht, sich inspirieren zu lassen, oder?«

»Sonntagabend hätte ich Zeit.« Aber nur, wenn die Sache mit Joachim bis dahin erledigt war.

»Schön. Und du schreibst wirklich deiner Freundin?«

Wally nickte und holte einen Zehnmarkschein aus ihrem Geldbeutel, den sie Edgar hinschob. »Zahlst du bitte für mich mit?« Sie erhob sich. »Ich muss dringend weg, Carla erwartet mich bei einer neuen Klientin.«

Edgar stand auf, half ihr in den noch leicht feuchten Sommermantel und rümpfte die Nase. »Eine Räucherbude ist nichts dagegen, versuch es morgen lieber damit, dem Teufel den Fuß einzuklemmen.«

»Na klar, wollte schon immer mal ›auf Teufel komm raus‹ spielen!« Wally lächelte ihm zu und versuchte nicht daran zu denken, in was für teuflische Spiele sie schon viel zu lange verstrickt war.

Kapitel 4

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