Im Wandel der Zeit - Thies Claussen - E-Book

Im Wandel der Zeit E-Book

Thies Claussen

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Beschreibung

Der Lockdown mit der Verlangsamung unseres Lebens gab Gelegenheit, darüber nachzudenken, wo wir im Wandel der Zeit derzeit stehen und wohin wir gehen. Dazu gehören unter anderem Fragen zu dem, was unsere Zukunft bestimmt, zu dem, was wir aus Corona gelernt haben, zur Kluft zwischen Arm und Reich und warum viele - so auch der Autor - beim Klimaschutz zögerlich sind, persönlich konkret zu handeln. Aber auch Fragen, was uns glücklich macht oder welche Lebensphasen wir durchlaufen. Es war dem Autor dabei ein Anliegen, Denkanstöße und Informationen zu geben. Unsere hektische Welt ist von der Organisation des Alltags geprägt; in der knappen Freizeit suchen wir nach Entspannung und Erholung. Manchmal finden wir dabei kaum mehr die Zeit, über grundlegende Fragen unseres Lebens und unserer Gesellschaft nachzudenken. Das Buch soll dazu einen Anstoß geben.

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Vorwort

Die Corona-Pandemie hat für alle viele Einschränkungen und Belastungen gebracht. Corona hat gezeigt, dass selbst hochindustrialisierte Staaten derartige globale Gesundheitsprobleme nicht durch Technik, Forschung und Wissenschaft sofort und komplett lösen können. Die Grenzen von Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft wurden sichtbar.

Der Lockdown mit der Verlangsamung unseres Lebens gab Gelegenheit, darüber nachzudenken, wo wir im Wandel der Zeit derzeit stehen und wohin wir gehen. Ich habe versucht, Fragen zu stellen, die unser Leben berühren und mir besonders wichtig erscheinen. Dazu gehören unter anderem Fragen zu dem, was unsere Zukunft bestimmt, zu dem, was wir aus Corona gelernt haben, zur Kluft zwischen Arm und Reich und warum viele - so auch der Autor - beim Klimaschutz zögerlich sind, persönlich konkret zu handeln. Es war mir dabei ein Anliegen, Denkanstöße und Informationen zu geben.

Unsere hektische Welt ist von der Organisation des Alltags geprägt; in der knappen Freizeit suchen wir nach Entspannung und Erholung. Manchmal finden wir dabei kaum mehr die Zeit, über grundlegende Fragen unseres Lebens und unserer Gesellschaft nachzudenken. Die nachfolgenden Kapitel sollen dazu einen Anstoß geben.

Krailling, Februar 2022 Dr. Thies Claussen

„Das Leben gehört dem Lebendigen an, und wer lebt, muß auf Wechsel gefasst sein.“

Johann Wolfgang von Goethe

Welche Lebensphasen durchlaufen wir?

Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt in Deutschland derzeit bei neugeborenen Mädchen bei 83,4 Jahren, bei neugeborenen Jungen bei 78,6 Jahren.1 Dies ist ein grober Rahmen, in dem sich unser Leben entwickelt. Manche Menschen werden bereits in jungen Jahren durch Unfälle oder Krankheiten aus dem Leben gerissen, einige wenige erreichen 100 oder sogar mehr Lebensjahre.

In den durchschnittlich 70 bis 90 Jahren unseres Lebens durchlaufen wir viele unterschiedliche Lebensphasen und diese auch je nach individueller Entwicklung in unterschiedlich empfundener Geschwindigkeit. Viele dieser Lebensphasen sind durch markante Eckpunkte gekennzeichnet: Zum Beispiel durch den Eintritt in die Schule, die erste Freundin/den ersten Freund, durch den Abschluss einer Ausbildung oder den Eintritt in das Berufsleben. Auch die erste eigene Wohnung bleibt in dauerhafter Erinnerung genauso wie eine Heirat, die Geburt der Kinder, berufliche Erfolge oder Fehlschläge, eine mögliche Midlife-Krise, der Eintritt in den Ruhestand und vieles mehr.

Unser Leben ist ständig in Entwicklung und Wandlung. Welche Lebensphasen durchlaufen wir dabei? Wo stehen wir? Wohin gehen wir? Dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze, die allerdings nie schematisch gesehen werden dürfen. Manche Menschen erleben durch besondere Ereignisse oder durch günstige Rahmenbedingungen eine positive Weiterentwicklung, manch andere stagnieren oder werden zurückgeworfen.

Der griechische Staatsmann und Philosoph Solon (640 – 560 v. Chr.) hat als erster die Entwicklung des Menschen in Siebenjahresperioden beschrieben.2 Folgen wir einmal dem 7-Jahres-Rhythmus in stark vereinfachten Schritten.3 Dieses grobe Schema in 7-Jahres-Phasen bildet natürlich nicht in allen Schritten unser persönliches Leben ab und ist keinesfalls komplett. Individuell gibt es viele Abweichungen davon. Dennoch wird uns an verschiedenen Punkten Bekanntes begegnen, das wir so oder so ähnlich in unserem Leben erlebt haben.

0–7 Jahre: Geborgenheit: Unser erstes Bezugsfeld ist die Familie, in der wir Geborgenheit erfahren. Im Idealfall entsteht das Urvertrauen, das uns stark macht fürs Leben.

7–14: Ablösung: Der Beginn der Schulzeit stellt uns vor neue Herausforderungen, die uns prägen. Wir beginnen uns von den Eltern zu lösen. Mit 14 dann befinden wir uns auf dem Höhepunkt der Pubertät.

14–21: Neugier: Das dritte Jahrsiebt ist die Zeit der großen Freiheit und des Ausprobierens. Wir haben keine Angst Fehler zu machen, verlieben uns – in Menschen, Ideen, Visionen.

21–28: Suche: Berufswahl und Beziehungen stehen jetzt im Vordergrund. Wir lernen, unsere Sehnsüchte und Wünsche Realität werden zu lassen – aus der Suche wird ein Finden.

28–35: Bewährung: Das Leben nimmt Fahrt auf, beruflich wie privat (z.B. Hausbau, Kinder). Es ist unsere aktivste, leistungsstärkste Phase, in der wir entscheidende Weichen für unsere Zukunft stellen.

35–42: Reflexion: Zeit für eine erste Standortbestimmung. Wir stellen uns Fragen wie: Wo stehe ich? Was habe ich bis jetzt geleistet? Wo will ich noch hin?

42–49: Abgrenzung: Kämpfe, mit uns selbst oder mit einem Partner, beherrschen diese Zeit (Midlife-Crisis). Mancher orientiert sich jetzt in vielerlei Hinsicht noch mal neu.

49–56: Weitblick: Aus Krisen (manchmal auch bedingt durch die Zäsur des 50. Geburtstages) gehen wir gestärkt hervor – mit dem Bewusstsein für das, was uns wirklich guttut.

56–63: Leichtigkeit: Wir müssen uns und anderen nichts mehr beweisen, schauen verständnisvoller über die Fehler der anderen hinweg, werden auch dem Partner gegenüber toleranter.

63–70: Erneuerung: Die größte Umwälzung, der Renteneintritt, sorgt für neue Impulse. Das wirkt auch positiv auf die Beziehung – wenn wir uns konstruktiv damit auseinandersetzen.

70–77: Rückschau: Viele treibt in dieser Zeit die Sehnsucht nach der alten Heimat, nach Kindheit und Jugendzeit um. Kein Wunder, dass nicht wenige jetzt ihre Erinnerungen aufschreiben, um die Zeit wieder aufleben zu lassen.

77–84: Weisheit: Die Lebenserfahrung ist ein Schatz, den uns keiner mehr nehmen kann. Sie macht uns zu gelassenen Ratgebern.

84–91: Loslassen: Körper und Geist sind müde. Die Zeit des Kämpfens und Drängens ist lange vorbei. Versöhnung und Nachsicht, vor allem mit sich selbst, sind die vorherrschenden Themen.

ab 91: Zufriedenheit: Man ruht in sich, strahlt von innen, kann zufrieden und in Demut und Dankbarkeit auf sein Leben zurückblicken.

Der niederländische Arzt und Sozialökonom Bernhard Lievegoed (1905 – 1992) hat ein Lebensphasenmodell entwickelt, das sich aus vier großen Phasen zusammensetzt:4

1. Kindheit/Jugend (0 – 21 Jahre): Rezeptive Phase mit Lernen, Aufnehmen, Entfalten.

2. Erwachsenheit (21 – 42 Jahre): Aktive Phase mit Kämpfen, Tätig sein, Erfahren.

3. Reife (42 – 63 Jahre): Soziale Phase mit weise werden, Schaffen, Fördern.

4. Alter (63 – Lebensende): Geistige Phase mit weise sein, Vertiefen, Verinnerlichen.

Das Lebensphasenmodell von Lievegoed geht davon aus, dass es überall im Lebendigen einen Aufstieg, eine Blüte und einen Abstieg gibt. Dies gelte allerdings nur für die körperliche Entwicklung des Menschen. Die geistig-seelische Entwicklung kann der körperlichen folgen (absteigende Entwicklungslinie). Sie kann sich aber auch von ihr lösen und einen konträren Verlauf nehmen (aufsteigende Entwicklungslinie). Geistig-seelisch kann sich der Mensch bis zu seinem letzten Atemzug weiterentwickeln.

Weltweit bekannt geworden ist das Acht-Phasen-Modell des Lebenszyklus von Erik H. Erikson.5 Bis heute gilt Erik H. Erikson als einer der bekanntesten Vertreter der Psychoanalyse nach dem Zweiten Weltkrieg. Er unterscheidet acht Lebensphasen, die der Mensch durchläuft:6

Phase 1: Urvertrauen gegen Urmisstrauen

Um das Gefühl von Urvertrauen auszubilden und zu festigen, sind wir in unserer ersten Lebensstufe existenziell auf mindestens eine konstante und fürsorgliche Bezugsperson angewiesen. In den meisten Fällen ist das die Mutter. Es kann sich aber auch um eine andere wohlwollende Bezugsperson handeln.

Die prompte Bedürfnisbefriedigung ist das zentrale Thema in dieser ersten Phase. Was nicht nur die menschlichen Grundbedürfnisse nach einer sicheren Umgebung, ausreichender Nahrung und körperlicher Pflege beinhaltet, sondern auch das Bedürfnis nach Nähe, Zuneigung und Liebe.

Und so erleben wir die allererste Beziehung zu uns selbst und der Welt in entscheidendem Maß durch die Fürsorge der Bezugsperson. Jedes Kind bewegt seine Hauptbezugsperson zum Geben: Milch, ein Lächeln, gehalten und getragen zu werden, in den Schlaf begleitet zu werden, später auch die ersten Gegenstände, die wir greifen und mit dem Mund erkunden, uns einverleiben möchten. „Ich rufe und mir wird gegeben. Ich bin geschützt und versorgt.“, können sich dann als erste innere Glaubenssätze manifestieren.

Das erste Lebensstadium in totaler Abhängigkeit und Hilflosigkeit kann zu schweren Verletzungen der Seele führen, wenn Sicherheit und Fürsorge, Interesse und Empathie sowie Präsenz durch die Hauptbezugsperson über eine längere Zeitspanne nicht gegeben sind. Die Herausforderungen, die sich im Lebensverlauf stellen, sind vor allem der Aufbau von Vertrauen in sich selbst, in die Welt und andere Menschen

Phase 2: Autonomie gegen Scham und Zweifel

Autonomes Festhalten und Loslassen prägt unser zweites und drittes Lebensjahr. Jedes Kind strebt nach Selbstbestimmung und braucht gleichzeitig zunächst die Eltern als Kompass und sicheren Hafen. Das Urvertrauen kann weiter wachsen oder neu erfahren werden. In dieser Zeit nehmen wir erstmals besonders heftig wahr, dass uns Grenzen gesetzt sind. Nicht nur durch andere Menschen, sondern auch natürliche entwicklungsbedingte Grenzen. Durch den ständigen Zustand von Aufbegehren und Niederlage entsteht ein Kampf um Autonomie und eine innere Krise, die sich in diesem Lebensalter oft in Wutausbrüchen, Trotz und besonders forderndem, provozierendem Verhalten zeigt.

Für die Bezugspersonen wird der Umgang mit dem Kind dadurch schwierig und stark herausfordernd. Das Austarieren zwischen „so viel Freiheit und Entscheidungsmacht wie möglich“ und „so viel Grenzen wie nötig“ ist für Eltern und Erzieher keine leichte Aufgabe. Jedes Kind benötigt in dieser Zeit viel Verständnis, Geduld und Schutz, genauso wie klare und konsequente Grenzen.

Die innere Haltung der Bezugspersonen mit einem: „Ja, probier´s einfach aus. Ich schütze dich und wenn es nicht klappt, bin ich da und tröste dich!“, ist förderlich. Die Haltung: „Nein, zu gefährlich!“, „Nein, darfst du nicht, kannst du nicht, sollst du nicht!“, ist beschämend, hinderlich und einschränkend, weil dem Kind damit seine Autonomie und Kompetenz abgesprochen werden.

Phase 3: Initiative gegen Schuldgefühle

Raum für Phantasien, für Ideen und für Kreativität ist, was wir insbesondere im vierten und fünften Lebensjahr brauchen. Denn aus sich selbst heraus bilden sich ganz natürlich immer wieder neue Ideen, nach deren Umsetzung wir automatisch streben.

In der dritten Lebensphase erwacht unser Gewissen und damit auch die Furcht davor, etwas falsch zu machen und dafür bestraft zu werden. Wenn das umgebende Werte- und Normensystem zu rigide oder grausam ist, entwickeln wir übertriebene Schuldgefühle ebenso wie ein ähnlich rigides Wertesystem.

Kinder können in dieser Phase auch von sich aus starre Sichtweisen entwickeln und sehen dann beispielsweise grausame Bestrafungen in Märchen als angemessen an. Hier ist es an den Eltern und anderen Bezugspersonen, das Kind vom Moralisieren zu entlasten und sein Unterscheidungsvermögen zu schulen. Die Entwicklung eigener Werte beginnt erst in der Pubertät, die Saat wird aber bereits an dieser Stelle gesetzt.

Zu rigide, starre oder grausame innere Werte halten die Kinder davon ab, ihren spontanen, natürlichen und kreativen Impulsen und ihrer Eigeninitiative zu vertrauen und zu folgen. Je mehr Gehorsam erwartet wird, umso kritischer wird auch unser Blick auf die Welt und unsere Mitmenschen. Dann kann sich der Fokus im weiteren Lebensverlauf auf die Themen Willkür und Macht verlagern. Das heißt, sich beispielsweise ständig bedroht oder willkürlich behandelt zu fühlen und/oder selbst besondere Machtansprüche, Dominanz und Willkür auszuleben.

Phase 4: Schöpferkraft gegen Minderwertigkeitsgefühl

Von unserem sechsten Lebensjahr bis zur Pubertät wird die Welt außerhalb unseres Zuhauses zunehmend wichtiger und interessanter. In diese Zeit fällt auch der Schuleintritt. Und so können Erfolge in der Schule heilsam sein und das Selbstwertgefühl stärken. Im Idealfall haben und behalten wir Lust und Freude am Lernen, daran die verschiedensten Wissensbereiche kennen zu lernen, unsere Fertigkeiten auszuprobieren und mit viel Zeit und Geduld zu schauen, wo genau wir Wissen und Fähigkeiten vertiefen können und möchten.

Wir machen uns auf den Weg, unsere Identität zu entwickeln, und durch unseren stetigen Erkenntnisgewinn an der Welt teilzunehmen. All dies geschieht im besten Fall durch das kindliche Spiel. Machen wir die Erfahrung des freien und natürlichen Lernens und Ausprobierens, dann ist es möglich, auch noch als Erwachsener die Welt als Spielfeld zu betrachten und fortwährend zu lernen, weil wir selbst etwas als interessant oder ermutigend betrachten.

Dies beschreibt die sogenannte intrinsische Motivation. Forschungen haben ergeben, dass nur diese Art von Motivation, die aus sich selbst heraus entstammt, wirklich erfüllend und von Dauer ist. Durch sie halten wir unsere eigene Schöpferkraft am Leben. Wir behalten die Lust, unser Werk zu vollenden, und damit auch die Ausdauer und Disziplin dafür.