Immer noch verrückt nach dir - Liz Fielding - E-Book

Immer noch verrückt nach dir E-Book

Liz Fielding

0,0
2,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Eves Herz schlägt wie verrückt, als sie erkennt, wer vor ihr steht: Kit Merchant, Weltklasse-Segler und Herzensbrecher. Er sollte irgendwo am anderen Ende der Welt sein - nicht hier in dieser Safari-Lodge in Afrika. Vor vielen Jahren hat sie nur eine unvergessliche Nacht unter tausend Sternen mit ihm verbracht, seitdem haben sie sich nie mehr wiedergesehen. Jetzt schaut sie in seine Augen, und sofort flammt das Begehren wieder auf. Doch wird Kit ihr jemals verzeihen können, wenn er erfährt, was sie so lange vor ihm verheimlicht hat?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 198

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2019 by Liz Fielding Originaltitel: „A Secret, a Safari, a Second Chance“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 112020 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Gudrun Bothe

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733714185

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.

PROLOG

„Frierst du denn gar nicht, Rotschopf?“

Eve fröstelte tatsächlich, was aber nicht an der milden Abendluft in Nantucket lag. Ihr Unwohlsein war eher psychischer als physischer Natur. Schließlich nahm sie an dieser Strandparty nicht aus eigenem Antrieb teil, sondern auf Drängen älterer weiblicher Verwandter, die der festen Überzeugung waren, die Gesellschaft von jungem Gemüse würde ihr guttun und sie aufheitern.

Ihre Cousinen hatten dann auch halbherzig versucht, sie in ihre Clique zu integrieren, doch die kichernden Teenager kannten sich alle von klein auf, und sie selbst war einundzwanzig und steckte im letzten Unisemester. Dazu kam ihr Sonderstatus als die englische Cousine, deren Mutter gerade erst verstorben war. Was das allgemeine Unbehagen nur noch verstärkte.

Aus Mitleid mit ihnen, und um sich selbst eine Pause von lauter Musik und loderndem Lagerfeuer zu gönnen, schützte sie Kopfschmerzen vor und flüchtete sich in den Schatten der Dünen. Was für eine Wohltat, endlich mal allein und unbeobachtet zu sein, ohne die ständig präsente Fürsorge ihrer Verwandtschaft.

Jetzt brauchte sie nur noch abzuwarten, bis ihre Großmutter sicher in ihrem Bett lag, um sich dann unbeobachtet zurück ins Haus schleichen zu können …

„Darf ich mich deiner Privatparty anschließen, wenn ich dir meinen Pullover leihe?“

Sie schaffte es gerade noch, den kleinen Samtelefanten, der sie hatte trösten sollen, zurück in die Jackentasche zu stopfen, bevor sie sich dem Störenfried widmete, mit der klaren Absicht, ihn abzuwimmeln.

Doch dann lag auch schon sein weicher Kaschmirpulli um ihre Schultern, und er selbst ließ sich ganz selbstverständlich neben ihr im Sand nieder. Der Pullover roch nicht nach Feuer, sondern nach Meer und irgendetwas angenehm Maskulinem, weshalb sie ihn auch nicht abschüttelte, sondern sich instinktiv in die angenehme Wärme kuschelte.

„Hallo, ich bin Kit“, sagte der Unbekannte und bot ihr seine Hand, die sie, in englischen Internaten auf Höflichkeit getrimmt, automatisch ergriff. Doch ihr eigener Name kam ihr nicht über die Lippen. Ihr Hals war wie zugeschnürt.

Kit … Kit Merchant!

Sie kannte den Geburtsort ihrer Mutter nur von gelegentlich hier verbrachten Sommerferien, dennoch war ihr der Name ein Begriff. Wie wohl jedem hier! Schon als Teenager hatte Kit Merchant in London Gold ersegelt und war so zur Insellegende geworden. Und seitdem reihte sich eine Trophäe an die nächste.

Doch jetzt, als Mittzwanziger, war er definitiv zu alt und viel zu glamourös, um auf einer ordinären Teenagerparty rumzuhängen. Was also hatte er hier verloren?

„Das ist keine Party“, informierte sie ihn steif und frustriert, weil er sie wie selbstverständlich mit diesem albernen Spitznamen angesprochen hatte. Ihr feuerrotes Haar, ein Erbe schottischer Vorfahren ihrer Mutter, war seit Schulantritt eine nie versiegende Quelle von Witzen und Neckereien. „Und wovor versuchst du dich zu drücken?“

Ohne den Blick abzuwenden oder ihre Hand loszulassen, wies er mit seinem markanten Kinn in Richtung Lagerfeuer. „Meine kleine Schwester feiert hier ihren Geburtstag, und ich bin als Aufsichtsperson abkommandiert worden.“

„Du Ärmster.“

„Halb so schlimm, wenn ich mich dir anschließen darf …?“

Das konnte nur ein Scherz sein, denn der Typ war nicht nur eine lebende Legende, sondern dazu noch umwerfend attraktiv. Seltsam, ihr Verlangen nach Einsamkeit ließ sekündlich nach. „Ist es das, was ein verantwortungsvoller Erwachsener tun würde?“, fragte sie mit erhobenen Brauen.

„Oh, ich habe gerade erst strikte Order erteilt. Kein Saufen, kein Sex. Und da sie höflich genug waren, nicht laut zu lachen, beschloss ich, mich dezent zurückzuziehen, damit sie sich endlich amüsieren können.“

Der Schein des Lagerfeuers spiegelte sich in seinen Augen wider und verlieh seinem Haar einen goldenen Schimmer. Und sein Lächeln wärmte sie mindestens so wie der weiche Kaschmirpullover um ihre Schultern.

„Eine langatmige Erklärung auf meine Frage, die mit einem schlichten Nein beantwortet gewesen wäre …“

„Nicht unbedingt. Meine Fürsorge gilt immerhin allen Gästen meiner Schwester. Insbesondere denen, die sich von allen abgrenzen, statt Limonade zu trinken, Marshmallows zu rösten und Spaß zu haben. Also, wer bist du und warum versteckst du dich hier?“

„Ich hasse Limonade, und Marshmallows mutieren bei mir immer zu Brandopfern.“

Ihren Namen behielt sie lieber für sich. Der Gedenkgottesdienst für ihre Mutter war überall in der Gegend Gesprächsthema gewesen, und sobald Kit Merchant wüsste, dass sie Genevieve Bliss war, wäre es vorbei mit der lockeren Plauderei.

„Rotschopf werde ich mein Leben lang genannt, das ist völlig okay. Und für diese Party bin ich einfach zu alt, deshalb sitze ich lieber etwas abseits.“

Kit musterte sie einen Moment aufmerksam, dann hob er die Schultern. „In diesem Fall hoffe ich, dich zu einer anständigen Flasche Wein verführen zu können, Rotschopf. Und etwas Nahrhafteres als Marshmallows wird sich auf jeden Fall im Kühlschrank finden lassen.“

„Du hast einen Kühlschrank … hier?“

Amüsiert lachte er auf. „Nicht nur einen Kühlschrank. Sogar eine Hütte, direkt am Strand.“

„Und was ist mit der Party?“

Er wandte den Kopf in Richtung der feiernden Teenager, die in Grüppchen zusammensaßen, plauderten und hoffentlich nur Limonade tranken. Zwei, drei tanzten zu einer Musik, die hauptsächlich aus dröhnenden Bässen bestand. „Sollten sie mich brauchen, wissen sie, wo ich zu finden bin“, kam es nach kurzem Zögern zurück.

Passierte das gerade wirklich?

Unfassbar! Ein weltberühmter, dazu mörderisch attraktiver Segler, dessen Gesicht unzählige Titelseiten zierte, lud sie zum Dinner in seine Strandhütte ein?

Ihr Zögern war ihm offenbar nicht entgangen. „Ich verspreche, nicht mit dir zu flirten. Pfadfinderehrenwort.“

Das klang aufrichtig, doch das Lodern in seinen Augen erzählte eine andere Geschichte. Und sein herber Mund war so verlockend nah, dass sie sich zusammenreißen musste, um sich ihm nicht an den Hals zu werfen.

„Schade …“, murmelte sie rau und schlang einen Arm um seinen Nacken, wobei der weiche Kaschmirpulli herunterrutschte und in den Sand fiel. Sekundenlang rührte sich keiner von ihnen, dann schloss sie die Lider und spürte seinen Mund auf ihrem.

1. KAPITEL

Knapp vier Jahre später …

„Ist dir kalt, Darling?“

Genevieve Bliss zitterte, aber nicht vor Kälte. In diesem Zustand war sie seit ihrer Ankunft auf Nantucket Island. Und das heutige Wohltätigkeitsessen, verbunden mit einer Auktion, die Spenden für eine Suchtklinik einbringen sollte, machte alles nur noch schlimmer – wobei das nicht an der Spendengala selbst lag. Denn dass die Klinik dringend gebraucht wurde, wusste sie.

Es lag an dem Ort der Veranstaltung. Das Merchant Seafarer Resort war der letzte Platz, den sie freiwillig aufgesucht hätte, doch ihre Patentante, die nach einer Hüftgelenksoperation einen stützenden Arm benötigte, war wild entschlossen, bei der Auktion mitzubieten.

„Mir geht’s gut“, behauptete sie und zwang sich zu einem Lächeln, während sie sich dem eleganten Foyer näherten.

Es würde schon alles glattlaufen …

Laut seinem Team-Blog hielt sich Kit Merchant gerade auf der anderen Hälfte der Erdkugel auf, um eine neue, mehrere Millionen Pfund schwere Segeljacht auf Herz und Nieren zu prüfen. Und selbst wenn er hier wäre, würde er ganz sicher kein weibliches Wesen wiedererkennen, das er für eine unvergessliche Nacht Rotschopf genannt hatte.

Nicht, dass sie sich auch nur eine Sekunde der Fantasie hingegeben hätte, ihr kurzes Abenteuer könnte auch für ihn unvergesslich sein. Schon allein sein Playboy-Image, ein lohnendes Geschenk für jedes Klatschmagazin, sprach dagegen. Und ohne ihre flammend roten Haare würde sie buchstäblich und im übertragenen Sinn in der Menge untergehen und wäre damit vor Entdeckung geschützt.

„Um ehrlich zu sein, bin ich tatsächlich ein bisschen … überwältigt, Martha“, vertraute sie ihrer Begleitung auf dem Weg zur Garderobe an. „Ein derartiger Luxus liegt weit außerhalb meiner Komfortzone.“

„Okay, dann will ich jetzt mal ganz offen zu dir sein, Eve“, entschied ihre Patin. „Ich denke, dass deine Komfortzone durchaus eine kleine Auffrischung vertragen kann. Wie dein Kleiderschrank übrigens auch.“

Das war deutlich. Dabei hatte sie bei der Kleiderwahl genau das Gegenteil im Sinn gehabt! Vor allem wollte sie unbedingt ihre roten Haare kaschieren … nur für den Fall, dass er möglicherweise doch hier auftauchen würde. Doch leider hatte die Tönung nicht wie erhofft angeschlagen: Anstatt sich vom auffälligen Rotschopf in eine dezente Brünette zu verwandeln, hatten ihre Haare am Ende ein schlammiges Braun angenommen.

Die Farbe war scheußlich, der Schock groß, als sie sich im Spiegel sah, aber glücklicherweise war es ja nur ein vorübergehender Makel. Und irgendwie schien es auch zu dem unvorteilhaften Outfit zu passen, das sie gewählt hatte.

Partykleidung hatte sie, da nicht gefordert, ohnehin nicht mitgebracht. Selbst wenn in ihrem Koffer neben Hannahs Sachen noch Platz gewesen wäre, hätte sie kaum etwas Elegantes in ihrem Schrank gefunden, in das sie momentan reingepasst hätte. Scheußliches Haar und ein paar Pfund zu viel mussten also als Tarnung reichen.

„Woher, um alles in der Welt, hast du nur diesen … Fummel?“, wollte Martha kopfschüttelnd wissen, als sie ihren Mantel auszog.

„Danke, wenn jemand mein Selbstvertrauen stärken kann, dann du“, versuchte Eve das offensichtliche Entsetzen ihrer Patin mit einem Scherz abzutun. „Aber dieses Kleid ist ein Klassiker, ehrlich“, fügte sie angesichts Marthas skeptisch hochgezogener Brauen hinzu. „Ich habe es in Nanas Kleiderschrank gefunden. Es ist sogar noch ungetragen, die Etiketten waren noch dran.“

„Das letzte Mal, als deine Großmutter ein neues Kleid gekauft hat, war zu Reagans Präsidentschaft.“

„Es ist ein wundervolles Material.“

„In deinem Alter solltest du mit deinen hinreißend roten Locken prunken, die Mutter Natur dir geschenkt hat, und etwas Extravagantes tragen, das zu diesem Tattoo passt, das du zu verstecken versuchst.“

Eve warf einen raschen Blick in den Garderobenspiegel. „Ein Moment des Wahnsinns nach dem Uniabschluss …“, murmelte sie undeutlich und zupfte an ihrem Kleid herum. „Ich wusste nicht, dass es zu sehen ist. Und bevor ich etwas Aufregenderes als das anziehen kann, muss ich erst mal etwas Babyspeck verlieren.“

„Unsinn! Unter diesem formlosen Kartoffelsack versteckst du eine tolle Figur.“ Verärgert schüttelte Martha den Kopf, wobei eine feine pinkfarbene Strähne in ihrem exakt geschnittenen silbergrauen Bob herausfordernd blitzte. Ein Bild untadeliger Eleganz, vom Scheitel bis hinunter zu ihrem silbernen Malakka-Stock. Neben ihrer lebhaften siebzigjährigen Patin kam Eve sich wie eine dieser trostlosen Gouvernanten in einem Roman aus dem neunzehnten Jahrhundert vor.

„Du warst so ein wunderhübsches Mädchen, Eve, und irgendwo, unter dem Kleid deiner Großmutter und einer scheußlichen Haarfarbe versteckt, bist du eine hinreißende Frau. Was hast du dir nur bei dieser Kostümierung gedacht?“

„Meinst du das Kleid oder die Haare?“

Martha winkte gereizt ab. „Das Kleid kannst du ausziehen, aber mit den Haaren ist das nicht so einfach.“

„Das Einzige, woran sich jeder erinnert hat und worauf ich reduziert wurde, waren meine roten Haare.“ Unwillkürlich schüttelte Eve den Kopf. „Niemand hat mich nach meinem Namen gefragt, alle nannten mich Rotschopf.“

Nicht alle … nur einer, korrigierte sie sich selbst.

Aber die Alternativen waren noch weitaus schlimmer gewesen: Karotte, Clown, Kupferkopf …

„Du glaubst doch nicht, dass der Direktor einer renommierten Jungenschule eine Lehrerin für Naturwissenschaften mit empörendem Modegeschmack einstellen würde.“

„Sag jetzt nicht, dass du dauernd so rumlaufen willst, falls du den Job bekommst!“

„Als Nana starb, musste ich sie anrufen und ihnen mitteilen, dass ich für ein zweites Interview nicht zur Verfügung stehe.“

„Angesichts einer solchen Ausnahmesituation konnten sie nicht warten?“

„Eine Woche hätten sie das Gespräch noch aufschieben können, aber das Haus war eine unvorhergesehene Komplikation … also musste ich zurücktreten.“

„Du hast nicht damit gerechnet, das Haus deiner Großmutter zu erben?“, fragte Martha irritiert.

Nach ihrem letzten Abschied wäre Eve nicht überrascht gewesen, wenn Nana alles ihrer Katze überlassen hätte, einer alten, ständig schlechtgelaunten Kreatur, die niemand in der Familie hatte aufnehmen wollen, als das zur Debatte stand.

„Nicht ich habe geerbt. Nana hat das Haus mit allem Drum und Dran Hannah hinterlassen. Ich bin lediglich die Treuhänderin.“ Das hatten ihr die Anwälte mehr als deutlich zu verstehen gegeben, als sie ihrer Verwandtschaft anbieten wollte, sich Möbel und Interieur nach Gefallen zum Andenken an ihre Großmutter auszusuchen.

„Vielleicht sollte ich dich bedauern, dass dir die Anstellung in London entgangen ist, aber weißt du, gute Lehrkräfte werden überall auf der Welt gesucht. Und wenn du Nanas Cottage auch nicht verkaufen darfst, könnten Hannah und du doch dort wohnen. Also, bleib auf der Insel und lass dein verunglücktes Haar rauswachsen. Außerdem muss sich ja auch irgendjemand um die Katze kümmern.“

Angesichts des bevorstehenden Sommers musste Eve zugeben, dass die Idee nicht mal so schlecht war … bis auf den Haken mit der Katze.

Doch unglücklicherweise würde Hannahs Vater wohl nicht für immer in der südlichen Hemisphäre bleiben, was sie wiederum zu einer Konfrontation zwingen könnte, der sie so lange – vielleicht zu lange – aus dem Weg gegangen war.

Eine unmögliche Vorstellung!

Außerdem konnte sie sich kaum bis ans Ende ihrer Tage hinter diesen mausbraunen Haaren verstecken und würde ständig nervös über die Schulter schauen und nie wissen, ob sie nicht hinter der nächsten Ecke dem Mann gegenüberstehen würde, der seinem Ruf als sorgloser Playboy und Liebhaber auch in ihrem Fall alle Ehre gemacht hatte.

Und das womöglich mit Hannah an ihrer Hand, deren feuerroter Schopf ihrer normalen Haarfarbe absolut entsprach.

„Sobald ich die Familiensachen sortiert und eingelagert habe, werde ich das Cottage renovieren und in die Vermietung geben, um einen College-Fonds für Hannah einrichten zu können …“

„Oder deine Londoner Wohnung untervermieten und das Geld auf die Bank legen“, hielt Martha dagegen. „Es sei denn, es gibt einen triftigen Grund, nach London zurückzukehren. Du sprichst nie über Hannahs Vater. Unterstützt er sie? Sieht sie ihn?“

„Nein.“ Es wäre die perfekte Ausrede gewesen, aber dann hätte sie einen Mann erfinden müssen. Irgendeine Beziehung, die aus dem Ruder gelaufen war. Hannah hatte sie erzählt, sie könne ihren Vater nicht treffen, weil er in einem anderen Land lebte. Und da ihre beste Freundin in der Vorschule einen Vater hatte, der in Australien wohnte, akzeptierte ihre kleine Tochter das, ohne weiter nachzufragen.

Doch sollte Hannah jemals wissen wollen, wer ihr Vater war, würde sie ihr natürlich von Kit erzählen müssen. Eves größte Angst war nur, dass er vielleicht nichts von seiner Tochter würde wissen wollen.

„Er war in einem schwierigen Moment an meiner Seite, das ist schon alles.“ Das war nicht direkt gelogen und weniger peinlich, als zuzugeben, dass ihre wundervolle Tochter das Ergebnis eines One-Night-Stands auf einer Strandparty war, kurz nach der Beerdigung ihrer Mutter.

Tiefe Scham hatte sie zurück nach England getrieben, und dann hatte die Schwangerschaft sie von hier ferngehalten. Die Schwangerschaft, die nur Klatsch, Tratsch und hochgezogene Augenbrauen provoziert und einen Schatten auf das Andenken ihrer Mutter geworfen hätte.

Anfang Mai war ihre Tochter drei Jahre alt geworden …

„Hast du ihm jemals von Hannah erzählt?“, wollte Martha wissen.

„Ich … nein“, gab sie zu. „Er war lange weg, bevor sie geboren wurde.“

Martha zog die Brauen zusammen. „Und jetzt verkleidest du dich, aus Angst, erneut …“

„So ist es einfacher“, unterbrach Eve sie rau.

„Tja, Männer können das Leben erschweren. Aber sie bringen auch die Würze hinein. Du bist eine alleinstehende Mutter, Eve, keine Nonne.“

„Martha! Ich bin schockiert.“

„Tatsächlich?“ Und wieder hob ihre Patin sprechend die feingezupften Brauen. „Offensichtlich ist dir das Gerücht nie zu Ohren gekommen, dass es meine Generation war, die Sex quasi als Freizeitvergnügen erfunden hat.“

Eve war nur froh, dass Martha, sobald sie den Ballsaal erreichten, gleich nach einem Glas Champagner griff, und ihr so eine Antwort erspart blieb.

„Das … das ist atemberaubend“, sagte sie stattdessen und folgte Marthas Beispiel, während sie die Pracht des Ballsaals, einen Traum aus Elfenbein und Gold, mit großen Augen in sich aufnahm.

Sie war nie zuvor im Merchant Seafarer Resort gewesen. Trotzdem hatte sie Kit sofort erkannt, als er sie auf der Party seiner Schwester ansprach. Damals war sie nicht zum Sprechen aufgelegt gewesen, und Kit offenkundig auch nicht allein zum Plaudern auf sie zugekommen.

Als Lokalmatador hätte er unter Garantie jedes Mädchen aus der Clique seiner kleinen Schwester haben können, alle hübsch und zweifellos daran interessiert, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Was vermutlich Ärger in seinem familiären Umfeld provoziert hätte und für seine Fluchtbereitschaft verantwortlich gewesen sein könnte.

Normalerweise hätte sie ihm kühl geraten, sie in Ruhe zu lassen. Dass sie es nicht getan hatte, lag vermutlich an ihrer damaligen desolaten Verfassung, so kurz nach dem Tod ihrer Mutter. Zumal sie sich auch noch von ihrem Vater und ihrem damaligen Freund im Stich gelassen fühlte. Ihr Erzeuger hatte einfach keine Lust gehabt, sie bei der Beerdigung zu unterstützen, und ihr Freund hielt wie selbstverständlich an seinem Plan fest, während der Frühlingsferien durch Europa zu reisen, anstatt sie nach Nantucket zu begleiten.

Mit ihm hatte sie vom Flughafen aus per SMS Schluss gemacht.

Und auf der Party war sie nur gewesen, weil man ihre Cousinen quasi dazu gezwungen hatte, sie mitzuschleppen. Und um einem weiteren anstrengenden Abend in Nanas Gesellschaft zu entfliehen. Sie hatte sich geradezu verzweifelt danach gesehnt, von jemanden in den Arm genommen zu werden, und Kit war eben zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen …

Nicht, dass er sie enttäuscht hätte, im Gegenteil!

Zweifellos an Frauen gewöhnt, die sich ihm hemmungslos an den Hals warfen, antwortete er auf ihre unausgesprochene Forderung mit wirklich fantastischem Sex. Und zwar nicht, wie sie eigentlich erwartet hatte, in Form einer schnellen anonymen Nummer direkt am Strand, um die seelischen Schmerzen zu betäuben.

Stattdessen hatte er sie in seine Strandhütte geführt, wo sie sich in heißem, hemmungslosem Sex verloren, als wollten sie beide die Welt um sich herum auslöschen. Aber kaum, dass der Sturm vorüber war, hatte Kit sich alle Zeit der Welt genommen. Dicht aneinandergeschmiegt hatten sie einen fantastischen Rotwein unter einem funkelnden Sternenhimmel genossen, bevor sie sich einander erneut hingaben … diesmal so zärtlich und bedacht, dass es einem das Herz hätte brechen können.

Und Eve hatte damals schon gewusst, dass sie diese Nacht nie würde vergessen können …

Sie schluckte trocken, während sie verstohlen die anderen Gäste um sich herum musterte. Die Männer ohne Ausnahme im Smoking, die Frauen in wunderschönen Kleidern. Und für einen Moment bedauerte sie, ihre rote Haarpracht bewusst unter diesem hässlichen Mausbraun versteckt zu haben und wünschte sich, zumindest ein weniger klassisches Kleid gewählt zu haben.

Um sich endlich wieder lebendig zu fühlen – aber nur für einen Moment.

Sie hatte all das bereits gehabt und auch genossen. Jetzt hatte sie Hannah, mit ihren leuchtend roten Locken und Kits strahlend blauen Augen als ständige Erinnerung an die eine Nacht, in der sie ihren Kopf verloren hatte.

Hannah … ihr kleines Mädchen. Die Liebe ihres Lebens.

Sie wusste, dass sie es ihm sagen müsste. Dass Kit ein Recht darauf hatte, es zu erfahren. Aber es war auch so schon kompliziert genug. Sie durfte nicht hierbleiben und riskieren, plötzlich dem Mann gegenüberzustehen, der sie zum Lachen und Weinen gebracht und ihr Leben in einer sternenhellen Nacht für immer verändert hatte.

Der Mann, der nach heftigem Klopfen an der Tür seiner Strandhütte und dem Notruf, dass man seine Hilfe bräuchte, in Sekundenschnelle seine Jeans und sein Sweatshirt übergezogen hatte und losgestürmt war. „Bleib außer Sichtweite“, war alles, was er ihr auf dem Weg nach draußen über die Schulter zugerufen hatte.

Er war nicht zurückgekommen. Als die erste rosa Morgendämmerung am Horizont erschien, war sie schließlich zum Haus ihrer Großmutter zurückgelaufen, hatte ihre Sachen zusammengepackt, Nana, die noch schlief, eine Nachricht hinterlassen und die erste Fähre zurück zum Festland genommen. Vierundzwanzig Stunden später war sie wieder in London gewesen … und hatte innerlich zitternd und mit angehaltenem Atem auf den Anruf irgendeines weniger glamourösen Klatschmagazins gewartet, das sie um ein Interview bitten würde. Aber was hätte sie denen schon erzählen können?

Meine Nacht mit … Sex am Strand … Verlassen nach einem One-Night-Stand?

Davon gab es bereits genügend Storys. Wahr oder sehnsüchtige Fiktion, real oder aufgebauscht, um krassere Schlagzeilen zu provozieren. Fest stand, Kit Merchant hatte, zumindest für sich gesehen, das Beste aus seinem jugendlichen Ruhm gemacht. Es gab immer noch Fotos von ihm in Gesellschaft hinreißender Schönheiten, aber über die sprach heute niemand mehr. Und Eve hatte ebenfalls nicht vor, sie zu kommentieren.

Schon gar nicht, als sich Wochen später zwei pinkfarbene Linien in einem kleinen Röhrchen zeigten, die ihr Leben für immer veränderten.

Ob sie Kit tatsächlich angerufen hätte? Mit Sicherheit vermochte Eve das bis heute nicht für sich zu beantworten.

Zu der Zeit hatte es in der Presse Berichte über den Start einer Einhand-Weltumseglung gegeben, die ihre Aufmerksamkeit nur geweckt hatten, weil Kit der Skipper war, den jede Paparazzo-Kamera einfing. Und der Mann, der bereits vor Beginn der Reise mit dem Gerücht Schlagzeilen machte, dass diese extreme sportliche Herausforderung zu einem Bruch mit seiner Familie geführt hätte.

Ihn über Funk zu kontaktieren wäre ein zu drastischer und viel zu öffentlicher Akt gewesen, ihm mitzuteilen, dass er bald Vater werden würde. Die Klatschpresse hätte unter Garantie gejubelt, doch Kit und sie wären von der Paparazzi-Meute verfolgt und belagert worden, ebenso wie ihre arme Großmutter.

Das hatte ihr viel Zeit zum Nachdenken gegeben. Und ihren Herzschlag stocken lassen, als zwei Monate später nach einem heftigen Sturm der Funkkontakt zu dem verwegenen Einhandsegler abbrach. Zehn endlos scheinende Tage hatte es gedauert, bevor er von Suchflugzeugen gesichtet wurde.

Fotos hatten gezeigt, dass sein beschädigter Mast notdürftig repariert worden war, und Experten fachsimpelten öffentlich darüber, wie es ihm gelungen sein mochte, dies unter den krassen Wetterbedingungen zu bewerkstelligen.

Kit hatte seinen potenziellen Rettern erklärt, dass sein Kommunikationssystem durch den Sturm außer Kraft gesetzt worden sei, es ihm selbst aber gut gehe und er das Rennen fortsetzen würde.

Nach mehr als vier Monaten landete er schließlich auf dem dritten Platz – laut der internationalen Jacht-Community eine großartige Leistung.

Eve, die sich weder für Segelerfolge noch für spekulative Pressemitteilungen interessierte, war einfach nur wütend und wollte nicht verstehen, wie man sich für eine zusätzliche Silbertrophäe auf dem Kaminsims in Lebensgefahr bringen konnte.

Hatte Kit Merchant auch nur einen Gedanken an seine Familie verschwendet? Und daran, was sie seinetwegen hatten durchstehen müssen?

Sie selbst wusste alles über Rücksichtslosigkeit! Auch ihre Mutter war immer wieder bewusst Risiken eingegangen und dabei schließlich ums Leben gekommen. Doch sie war entschlossen, ihr kleines Mädchen vor solchen Ängsten und Schmerzen zu beschützen.

„Kit? Wo bleibst du?“

„Sorry, Schwesterherz. Die Fähre hatte Verspätung, aber in etwa einer halben Stunde sollten wir bei dir sein.“

„Wir könnten den Aufbruch noch hinauszögern, falls …“

„Nein, nein. Das Dinner wird ja auch nicht verschoben, also widme dich deinen Verpflichtungen. Lucy kann ihre Rede ja nach dem Essen halten, kurz bevor die Versteigerung startet. Wie geht’s Dad heute Abend?“

„Er ist frustriert, weil er nicht in Worte fassen kann, was ihm durch den Kopf geht.“

„Was viele sicher als reinen Segen bezeichnen würden.“

Laura lachte. „Zweifellos! Aber tatsächlich trainiert er jeden Tag eisern, auch wenn du das, was dabei herauskommt, in keinem Wörterbuch findest. Also mach dich auf was gefasst.“

2. KAPITEL