In den Armen des Ritters - Connie Mason - E-Book
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In den Armen des Ritters E-Book

Connie Mason

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Beschreibung

Kann aus Feindschaft Liebe werden? Das Romance-Highlight „In den Armen des Ritters“ von Connie Mason jetzt als eBook bei dotbooks. Schottland, 1214: Rose von Ayrdale ist so wild und ungezähmt wie die Highlands ihrer Heimat. Niemals wird sie sich Lord Dragon beugen, auch wenn er der neue Herr ihrer Burg ist! Doch als er ihre sanftmütige Zwillingsschwester als Braut auserwählt, ist Rose gezwungen, den verhassten Lord für immer an sich zu binden. Unerkannt verhilft sie ihrer keuschen Schwester zur Flucht ins Kloster und tritt als falsche Braut vor den Altar – fest entschlossen, Dragon von nun an das Leben zur Hölle zu machen. Doch bald schon entfachen seine Berührungen und Küsse ein Feuer der Leidenschaft, das ihren Widerstand ins Wanken bringt. Kann aus diesem Verlangen gar Liebe werden … und die Lüge zwischen ihnen überwinden, als sie in größte Gefahr geraten? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der historische Liebesroman „In den Armen des Ritters“ von Romantik-Queen Connie Mason. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag

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Seitenzahl: 478

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Über dieses Buch:

Schottland, 1214: Rose von Ayrdale ist so wild und ungezähmt wie die Highlands ihrer Heimat. Niemals wird sie sich Lord Dragon beugen, auch wenn er der neue Herr ihrer Burg ist! Doch als er ihre sanftmütige Zwillingsschwester als Braut auserwählt, ist Rose gezwungen, den verhassten Lord für immer an sich zu binden. Unerkannt verhilft sie ihrer keuschen Schwester zur Flucht ins Kloster und tritt als falsche Braut vor den Altar – fest entschlossen, Dragon von nun an das Leben zur Hölle zu machen. Doch bald schon entfachen seine Berührungen und Küsse ein Feuer der Leidenschaft, das ihren Widerstand ins Wanken bringt. Kann aus diesem Verlangen gar Liebe werden … und die Lüge zwischen ihnen überwinden, als sie in größte Gefahr geraten?

Über die Autorin:

Connie Mason hat früh ihre Leidenschaft für das Lesen und Schreiben entdeckt. 1984 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. Im Jahr 1990 wurde die Amerikanerin vom »Romantic Times Magazine« zur »Erzählerin des Jahres« gekürt. Die Bestsellerautorin hat bereits mehr als 50 historische Liebesromane erfolgreich veröffentlicht. Heute lebt Connie Mason mit ihrem Mann in Florida. Sie hat drei Kinder und neun Enkel.

Bei dotbooks veröffentlichte Connie Mason bereits ihre Romane »In den Armen des Lords«, »In den Armen des Marquis«, »Rebell meines Herzens«, »Die Liebe des Outlaws«, »Die Leidenschaft des Outlaws«, »Das Verlangen des Outlaws«, »In den Fängen des Wikingers«, »Die Gefangene des Ritters«, »Das Herz des Schwarzen Ritters«, »Die Gefangene des Lairds«, »Der Rebell und die Schöne«, »In den Armen des Rebellen« und »Ein unwiderstehlicher Rebell«.

Die letzten drei Romane sind auch im Sammelband »Die Liebe der Rebellen« erhältlich.

***

eBook-Neuausgabe Januar 2018

Dieses Buch erschien bereits 2003 unter dem Titel »Eine Rose für den Ritter« bei Lübbe.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 2001 by Connie Mason.

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2001 unter dem Titel »The Dragon Lord«.

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2003 Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach

Copyright © der Neuausgabe 2018 dotbooks GmbH, München

Dieser Titel wurde vermittelt durch Interpill Media GmbH, Hamburg. By arrangement with Natasha Kern Literary Agency.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Matt Gibson, Vector Tradition SM, anetta

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-96148-153-8

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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***

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Connie Mason

In den Armen des Ritters

Roman

Aus dem Amerikanischen von Katja Thomsen

dotbooks.

Prolog

London, Oktober1214

Weiter, Dragon. O Gott, ja. Hör nicht auf.« Dominic Dragon of Pendragon blickte auf seine bildschöne, dunkelhaarige Geliebte hinunter und bewegte sich heftiger zwischen ihren wohl gerundeten, milchweißen Schenkeln. Er stützte sich auf die Ellenbogen und betrachtete ihr Gesicht, während sie lustvoll aufstöhnte und selbstvergessen den Kopf hin und her warf.

Als Dominic vor zwei Jahren von den Kreuzzügen zurückgekehrt war, hatte er die junge Witwe zu seiner Geliebten gemacht. Lady Veronica war schön, kultiviert und leidenschaftlich, und Dominic hegte keinen Zweifel daran, dass sie seine künftige Gemahlin würde.

Auf dem vierten Kreuzzug hatte Dominic die Ritter der Pendragons zum Sieg über die Sarazenen geführt, und seine Taten hatten ihm viel Lob und Ansehen bei Hofe eingetragen. Man nannte ihn Dragon Lord, den Herrn der Drachen, ob seines Mutes und seiner unerschütterlichen Entschlossenheit, jeden Feind zu bezwingen. Ferner war Dominic zum Liebling der höfischen Gesellschaft aufgestiegen und galt als König Johns bevorzugter Recke.

Dominic vergaß alles um sich herum, als ihm Veronica die Beine um die Mitte schlang und sich ihm feurig entgegenstreckte, um ihn noch tiefer in sich zu spüren. Mit einem kräftigen Stoß tat er, wonach sie verlangte; seine Männlichkeit war groß und hart, doch sie nahm ihn ganz in sich auf und flehte ihn an, ihr mehr zu geben.

»Du bist unglaublich, mein starker Dragon«, flüsterte Veronica sehnsüchtig. »Es ist beinahe so weit. Nur noch ein wenig ... ahhh ...« In äußerster Verzückung schrie sie seinen Namen, zog dann seinen Kopf zu sich hinunter und küsste ihn leidenschaftlich.

Abermals drang Dominic tief in sie und spürte, wie sein Körper von einer Welle der Lust erfasst wurde. Er legte den Kopf in den Nacken und schrie laut auf, während er sich aus Veronicas feuchter Wärme zurückzog und seinen Samen auf die makellos weißen Laken verströmte. Er hätte es vorgezogen, den Gipfel der Lust in der Vereinigung zu erreichen, doch in der langen, illustren Geschichte der Pendragons hatte es noch nie einen Bastard gegeben, und Dominic beabsichtigte nicht, der Erste zu sein, der den untadeligen Ruf seiner Familie befleckte.

Schwer atmend ließ sich Dominic neben Veronica auf die Laken sinken. Er wünschte, die Nacht in ihrem weichen Bett und ihrer Umarmung verbringen zu können, anstatt nach Westminster aufbrechen zu müssen, um König John einen Besuch abzustatten.

»So sehr es mich auch betrübt, meine Liebste, ich muss dich verlassen«, sagte er und schwang die Beine aus dem Bett.

Veronica legte ihm ihre zarte Hand auf die Brust und presste ihn wieder in die Kissen. »Musst du wirklich?« Sie verzog den Mund zu einem liebreizenden Schmollen, während sie sich über Dominic beugte, sodass ihre vollen Brüste verführerisch sein Gesicht streiften »Kannst du nicht noch ein wenig bei mir bleiben?« Veronica warf einen verstohlenen Blick auf seine Männlichkeit und strich dann sanft mit dem Finger über die samtige Spitze. »Wie ich sehe, erwacht der Drache wieder zum Leben.«

Dominic vermochte der Versuchung nicht zu widerstehen und küsste Veronicas aufgerichtete Brustspitzen, bevor er seine Geliebte sanft von sich schob.

»Der König hat mich in den Palast nach Westminster rufen lassen. Ich habe mich bereits verspätet.«

»Was will denn John Lackland von dir? Und wie lange werden sich die Barone seiner Willkür noch beugen?«

Dominic verließ das Lager und hob seine Kleider auf. Die lange, aufgeworfene Narbe, eine Erinnerung an eine beinahe tödliche Verletzung, zeichnete sich deutlich auf der Haut seines Oberschenkels ab; sie verlief von der Hüfte bis zum Knie. Dominic wandte sich ein wenig von Veronica ab, um ihr einen erfreulicheren Anblick zu bieten. Er spürte, dass sie ihn betrachtete, bemühte sich jedoch nach Kräften, ihren hungrigen, beinahe katzengleichen Blick nicht zur Kenntnis zu nehmen. Keinesfalls würde er sich von ihr ins Bett zurücklocken lassen.

Veronica räkelte sich genüsslich und betrachtete voller Zufriedenheit Dominics nackten Körper. Zwar missfiel ihr die Narbe, doch darüber hinaus war er so vollkommen, dass es ihr gelang, über diesen Makel hinwegzusehen. Dominic erfreute sich einer ausgesprochen wohlgeformten Gestalt. Seine Schultern und die breite Brust waren gestählt von den Schwert- und Lanzenkämpfen auf dem Turnierplatz, und an seinem flachen Bauch zeichneten sich deutlich kräftige Muskeln ab. Als Dominic sich die Beinkleider anlegte, ließ Veronica den Blick bewundernd über seine Hüften und Schenkel wandern.

Sie seufzte sehnsüchtig, als er sich den knielangen Waffenrock über den Kopf zog, und betrachtete dann sein Gesicht. Das feste, markante Kinn zeugte von Dominics starrköpfiger Natur. Seine hohen Wangenknochen, die kräftige, gerade Nase und die sinnlichen Lippen waren überaus reizvolle Attribute, die jedoch von seinen dunklen Augen noch übertroffen wurden. Dominics Blick wirkte so einschüchternd und durchdringend, dass er jeden Menschen mühelos zu durchschauen schien.

»Zwar vermag ich nicht für Lacklands andere Barone sprechen, doch ich glaube, dass des Königs Grausamkeit und ungerechte Gesetze längst unerträglich geworden sind«, sagte Dominic. »Den Unmut seiner Barone erregte er bereits, als König Phillips Armee ihn aus Frankreich vertrieb, sodass er große Teile der Normandie verlor. Es geht das Gerücht, dass er es war, der Prinz Arthur, seinen Neffen, ermordete. Schließlich wurde Arthur von vielen als der wahre Erbe des Throns betrachtet.«

Veronica streckte sich verführerisch im Bett aus. »Was der König tut, ist mir gleich. Wirst du heute Nacht zu mir zurückkehren?«

Dominic zögerte. »Das glaube ich kaum. Wer weiß, was er von mir will und wie lange er mich aufhalten wird. Sollte es spät werden, wird er mich sicher auffordern, die Nacht im Palast zu verbringen.«

»Schade«, seufzte Veronica. »Dann morgen Abend?«

»Möglicherweise.« Dominic wurde nachdenklich. »Es könnte dem König gefallen, in die Normandie zurückzukehren, um die verlorenen Gebiete zurückzuerobern. Dann wird er seine Ritter versammeln, damit sie ihn begleiten.«

Veronica schnaubte verächtlich. »Es grenzt an ein Wunder, dass Lacklands einflussreiche Barone ihn nicht längst zur Abdankung gezwungen haben. Warum dienst du ihm noch immer?«

»Ich bin sein Vasall. Es ist meine Pflicht, dem König zu dienen, wo und wann er mich braucht.« Dominic legte sein Schwert an und beugte sich über das Bett. »Gib mir einen Abschiedskuss, Liebste.«

Sobald er Veronica verließ, wandelte sich Dominics Erscheinung augenblicklich. Alle Liebenswürdigkeit fiel von ihm ab, als sich die Tür hinter ihm schloss, und er wurde zu dem düsteren, gefährlichen Recken, dessen Name seine Feinde erzittern und seine Freunde respektvoll schweigen ließ.

Vor Veronicas Haus wartete Raj, ein hünenhafter Araber, der sich Dominic angeschlossen hatte, nachdem dieser ihn aus der sarazenischen Sklaverei befreit hatte. Als Dominic vom Kreuzzug zurückgekehrt war, hatte Raj ihn nach England begleitet – als sein Knappe, treuer Freund und Beschützer.

»Wohin, Herr?«, fragte Raj und hielt die Zügel von Dominics tänzelndem Streitross, während dieser aufstieg.

»Nach Westminster, Raj. Ich verspäte mich.«

Auch Raj saß auf, entrollte die Standarte des Drachen und ritt dann schweigend neben Dominic durch die Straßen Londons. Sie passierten die Kathedrale St. Paul's und überquerten die Themse über eine neu errichtete Steinbrücke. Dann ritten sie durch schmale gepflasterte Straßen, in denen es von Straßenhändlern und Taschendieben wimmelte. Die Stadt und ihre Bevölkerung sind gewachsen, dachte Dominic, als sie an den Docks vorbeikamen, an denen Waren aus aller Herren Länder abgeladen wurden. Schon bald würde sich London mit einem Teil seines Reichtums von der Krone freikaufen und einen eigenen Bürgermeister benennen.

Dominic und Raj näherten sich Ludgate, dem Südwesttor der Stadt und reihten sich in die Menschenmenge ein, die London vor Toresschluss verlassen wollte. Plötzlich hielten die Menschen inne. Dominic zügelte sein Pferd, und ließ seinen Blick in die Richtung wandern, in die einige Leute zeigten. Als er des grausigen Anblicks gewahr wurde, verzog er das Gesicht. Offenbar ein weiteres Beispiel für König Johns Schreckensherrschaft, vermutete er, als er den Kopf eines Mannes betrachtete, der auf eine Pfahlspitze auf der Stadtmauer gespießt war. Da er um des Königs Vorliebe für Folterqualen wusste, konnte sich Dominic ungefähr vorstellen, was dieser Mann vor seinem Tode erlitten hatte.

»Kanntet Ihr ihn?«, fragte Raj.

»Er kommt mir bekannt vor«, antwortete Dominic nachdenklich, »doch ich kann mich nicht an seinen Namen erinnern. Vielleicht wird der König mein Gedächtnis auffrischen.«

Sie passierten Ludgate und ließen die Stadt mit ihrem Gewimmel von Menschen hinter sich. Inzwischen hatte sich London weit über die Stadtmauern hinaus ausgebreitet. An der Straße, die von Ludgate nach Westminster führte, reihten sich Bischofspaläste und die Herrensitze reicher Kaufleute aneinander, die noch einige Jahre zuvor nicht da gewesen waren. Es handelte sich um prächtige Bauten, umgeben von weitläufigen, baumbestandenen Gärten.

Am Haupttor erkannte man Dominics auffälliges Banner, sodass er und Raj unbehelligt an den Wachtürmen und Torwächtern vorbeireiten konnten. An einer eisenbeschlagenen Eichentür zügelte Dominic sein Pferd und saß ab.

»Soll ich hier auf Euch warten, Herr?«, fragte Raj und griff nach den Zügeln des Streitrosses.

»Nein, versorge die Pferde und suche dir eine Unterkunft für die Nacht«, antwortete Dominic. »Meine Unterredung mit dem König wird wohl bis spät in die Nacht dauern. Ich lasse dich rufen, wenn ich dich brauche.«

»Wie Ihr wünscht, Herr«, sagte Raj. »Ich werde mich in der Nähe halten.«

Raj führte die Pferde zu den Stallungen, während Dominic die steinernen Stufen zum Eingang des Palastes emporstieg. Ein Wachtposten öffnete die Tür und ließ den Ritter eintreten.

»Seine Majestät erwartet Euch, Lord Dragon. Folgt mir.«

Die Wache führte Dominic zu den Gemächern des Königs, die jedoch auf den ersten Blick leer zu sein schien. »Es gefällt mir nicht, wenn man mich warten lässt«, sagte König John, als er aus den Schatten eines Fenstererkers trat. »Ihr kommt spät, Dragon.«

Es überraschte Dominic, den König allein anzutreffen. »Ich wurde aufgehalten, Sire«, antwortete er und verneigte sich.

»Wie angenehm wäre es, wenn wir alle von so schönen Frauen wie Lady Veronica aufgehalten werden könnten«, bemerkte der König anzüglich. »Wie geht es Eurem Vater und seinem Erben?«

Dominic ging nicht auf die Andeutung des Königs ein. »Mein Vater befindet sich wohl, Majestät, und mein Bruder, der künftige Baron von Pendragon ebenfalls. Fredericks Frau erwartet ihr drittes Kind, sodass kein Mangel an Erben herrscht.«

»Und Eure Mutter?«

Dominic sah ihn verwundert an. »Meiner Mutter geht es gut, Sire, doch ich darf annehmen, dass Ihr mich nicht zu Euch befohlen habt, um Euch nach meiner Familie zu erkundigen. Wie Ihr wisst, habe ich nur wenig Zeit auf Pendragon verbracht, seit ich mir meine Sporen verdient habe.«

»Habt Ihr denn Pläne für die Zukunft, Dragon?«

»Nein, Sire. Ich habe an verschiedenen Turnieren teilgenommen und mich dort bewährt«, sagte Dominic. »Ferner ist es mir gelungen, auf meinen Reisen einiges Vermögen anzuhäufen. Ein Ritter ohne Ländereien ist dazu gezwungen, für sich zu sorgen, doch ich hatte Glück und konnte mir mein Auskommen sichern. Vielleicht werde ich später nach Pendragon zurückkehren, um meinem Vater und Bruder zu dienen.«

Der König verschränkte die Hände auf dem Rücken und begann auf und ab zu gehen. Plötzlich hielt er inne und wandte sich Dominic zu. »Ihr solltet Euch vermählen.«

Dominic lächelte. Er hegte denselben Gedanken. Vielleicht würde der König seine treuen Dienste mit Ländereien und einem Herrensitz belohnen. Schließlich war er Johns Ruf gefolgt, als Frankreich drohte, England zu überfallen. Doch der Überfall hatte nicht stattgefunden, da John gelobt hatte, dem Papst als Vasall zu dienen und einen jährlichen Tribut zu zahlen. So endete die Exkommunikation Englands, und zu einem Krieg bestand keine Veranlassung mehr.

»Eine Ehe würde mir gefallen, Sire«, sagte Dominic, der an Veronica dachte und an die Leidenschaft, die sie miteinander verband.

»Ausgezeichnet!« John rieb sich die Hände. »Ihr werdet sogleich abreisen.«

Dominic gab sich noch immer den angenehmen Gedanken an Veronica hin, als die Worte des Königs ihn aufhorchen ließen. »Abreisen, Sire? Wohin?«

»Ihr werdet Eure Braut freien. Es wird Euch gefallen, dass Ihr mit Eurer Frau auch einen Herrensitz erhaltet, Dragon – reiche Ländereien, Leibeigene, Diener und freie Bauern, die Eure Felder bestellen und Euer Vieh versorgen. Der Besitz ist groß und umfasst ein wohl gedeihendes Dorf und etliche Marktplätze. Es wird Euch nicht schwer fallen, die Steuern zu bezahlen, die auf einen so großartigen Besitz wie Ayrdale erhoben werden.«

Ayrdale. Dominic hatte den Namen schon einmal gehört. Doch wo? Es spielte keine Rolle. Er hatte nicht die Absicht, eine andere zur Frau zu nehmen als Veronica.

»Ihr erweist mir eine große Ehre, Sire«, sagte er vorsichtig. Aus Erfahrung wusste Dominic, dass John niemals etwas gab, ohne einen Preis dafür zu verlangen.

»Ich brauche jemanden oben im Norden, dem ich vertrauen kann, Dragon«, sagte der König. »Ayrdale liegt an der Grenze zu Schottland, nahe der Cheviot Hills. Die Festung wurde von Wilhelm dem Eroberer erbaut und der Familie der Fairchilds auf ewig übergeben. Seit jeher spielt Ayrdale eine große Rolle dabei, den Frieden an der schottischen Grenze zu wahren. Der frühere Herr, Edwyn of Ayrdale, war einst einer meiner treuen Barone.«

»Einst?«

»Ja. Ich erfuhr, dass Edwyn die anderen Barone dazu aufstacheln wollte, gegen London zu marschieren und mich zu zwingen, ein Dokument zu unterzeichnen, das ihre Rechte und Privilegien festlegte. ›Die Artikel der Barone‹ nannten sie es wohl. Ich ordnete seine Hinrichtung an, um eine Rebellion im Keime zu ersticken.«

Dominic musste an den aufgespießten Kopf auf der Stadtmauer denken. »War es zufällig Lord Fairchilds Kopf, den ich bei Ludgate sah?«

»Ja. Er saß einige Monate lang im Tower, doch sein Tod war unvermeidlich«, erklärte der König. »Es wird anderen eine Warnung sein, die versuchen wollen, meine Macht einzuschränken. Doch nach Fairchilds Tod zweifle ich noch immer an der Treue meiner Barone, also brauche ich einen Mann, dem ich vertrauen kann. Die schottischen Lords sind seit jeher darauf erpicht, ihre Ländereien über die Grenzen Englands auszudehnen. Ich würde es auch zu schätzen wissen, wenn Ihr das Vertrauen meiner rebellierenden Barone gewinnen und mir von ihren Vorhaben berichten würdet. Ich befürchte, dass sie einen Streich gegen mich vorbereiten.«

»Euer Vertrauen ehrt mich, Sire. Doch warum muss ich heiraten?«

Der König runzelte die Stirn. »Nun, Lord Fairchild hinterließ eine Gemahlin und eine Tochter. Ich möchte ihnen gegenüber nicht grausam und gefühllos erscheinen. Es würde mir zur Ehre gereichen, wenn ich einen Ehemann und Beschützer für sie fände, anstatt den Besitz einem Mann zu übergeben, der bereits verheiratet ist. Ich wünsche nicht, dass von mir behauptet wird, ich würde eine Witwe und Waise ihrer Heimat berauben.«

Dominic hätte beinahe laut aufgelacht. Jedermann wusste, dass der König blutrünstig, gierig und verschlagen war. Warum also wollte er plötzlich gütig erscheinen? »Der Besitz verlockt mich«, gab Dominic zu, »weniger dagegen die Aussicht, eine Frau zu ehelichen, die ich nie zuvor gesehen habe.«

»Das kommt doch häufig vor«, winkte der König ab. »Ferner bleibt es Euch überlassen, ob Ihr der Mutter oder der Tochter den Vorzug gebt. Ich hörte, dass Lady Nelda, Fairchilds Witwe, ihre Tochter Rose mit dreizehn Jahren gebar. Also ist sie wohl noch in der Lage, weiteren Kindern das Leben zu schenken. Über die Tochter ist mir nichts bekannt, außer dass sie sich im heiratsfähigen Alter befindet. Sollte Lady Nelda Euch gefallen, gehört sie Euch, allerdings würde ich an Eurer Stelle der Tochter den Vorzug geben.«

»Ich möchte weder Mutter noch Tochter heiraten«, begehrte Dominic auf.

»Keine Widerrede, Dragon. Ihr werdet Euch meinem Wunsch fügen. Behaltet Lady Veronica als Eure Geliebte, wenn es Euch gefällt, doch Ihr werdet eine der Ladys von Ayrdale heiraten, zumal diese Ehe nötig ist, um uns die Treue der Vasallen zu sichern.«

»Wie Ihr befehlt, Sire«, sagte Dominic, innerlich vor Zorn kochend. Mochte auch das Lehen ein unerwarteter Glücksfall sein, so behagte ihm der Gedanke keineswegs, eine andere als Lady Veronica zu heiraten, die seinen Wünschen so genau entsprach. Außerdem würde er zwischen einer Mutter und einer Tochter wählen müssen, die sich beide in tiefer Trauer befanden.

»Wie viele Ritter dienen unter Ayrdales Banner?«, fragte er.

»Zwanzig oder mehr«, antwortete John schulterzuckend. »Eric of Carlyle befiehlt über die Schlossgarde. Er ist ein guter Mann, der Euch treu dienen wird, falls Ihr ihn angesichts der Nachricht von Lord Fairchilds Tod auf Eure Seite bringen könnt.«

Dominic blickte den König entsetzt an. »Ist denn die Familie noch nicht von seinem Ableben unterrichtet worden?«

Der König wirkte peinlich berührt, gewann die Fassung jedoch augenblicklich zurück. »Ihr werdet die Kunde nach Ayrdale bringen. Wenn Ihr London verlasst, werdet Ihr im Besitz einer Urkunde sein, die das königliche Siegel tragen und Euch ermächtigen wird, eine der Ladys von Ayrdale zu heiraten. Offenbar lebt der Priester der Familie auf dem Anwesen und kann die Trauung sogleich vollziehen. Werden Euch zwei Tage bis zur Abreise genügen?«

Zwei Tage, dachte Dominic missmutig. Kaum genug Zeit, eine Reise vorzubereiten, die eine Woche oder länger dauern würde. Doch ihm blieb keine Wahl. »Ja, ich werde bereit sein.«

»Eines noch, Dragon«, sagte der König. »Lady Nelda ist von schottischem Geblüt. Ihr Bruder ist Murdoch MacTavish, ein mächtiger Lord, dessen Besitzungen an der Grenze liegen. Er hat schon seit Jahren ein Auge auf Ayrdale geworfen. Daher besteht Grund zur Eile. Wählt Eure Braut und vollzieht die Ehe noch am Tage Eurer Ankunft. Sollte MacTavish von Fairchilds Tod erfahren, ehe Ihr Ayrdale erreicht, wird er sicher versuchen, das Land für sich zu beanspruchen.«

»Wenn die Ritter Ayrdales ihrem früheren Herrn treu ergeben waren, könnten sie versuchen, mir den Eintritt in die Burg zu verwehren«, sagte Dominic. »Soll ich mich auf eine Belagerung vorbereiten?«

»Das wird wohl nicht nötig sein. Sobald Ihr kundtut, dass Ihr Neuigkeiten über Lord Fairchild bringt, wird man Euch • das Tor öffnen. Überdies sollten Euer Name und guter Ruf Euch den Respekt der Burgbewohner verschaffen. Auch aus diesem Grunde lasse ich gerade Euch diese Ehre zuteil werden, Lord Dragon. Genießt Ayrdale und Eure Braut.«

»Ich beabsichtige, den Besitz fortan Dragonwyck zu nennen«, sagte Dominic plötzlich entschlossen. »Lord Dragon of Dragonwyck.« Er lächelte. »Ja, der Name gefällt mir.«

Kapitel 1

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose.

Gertrude Stein

Dominics Streitross tänzelte unruhig, als er es am Burg graben zügelte und auf die prächtige Burg blickte mit ihren vier quadratischen, bezinnten Türmen, deren Steine im Laufe der Jahre von Wind und Regen glatt geschliffen worden waren. Die Burg lag in einem schmalen Tal zwischen zwei steilen Hügelketten und war von hohen Mauern umgeben. Es gefiel Dominic nicht, dass die Zugbrücke hochgezogen war und ihm so der Eintritt verwehrt wurde.

Er blickte nach oben und sah, dass die Wachen auf der Brustwehr ihn und seine Begleiter nicht aus den Augen ließen, jedoch auch keine Eile hatten, die Burgbewohner von seiner Ankunft zu unterrichten oder die Zugbrücke hinunterzulassen. Doch dann schienen sie plötzlich sein Banner erkannt zu haben, einen mächtigen schwarzen Drachen auf rotem Grund.

»Glaubt Ihr, man wird die Brücke hinunterlassen, Herr?«, fragte Raj.

Dominic lächelte zufrieden, als er das Knarren von Hebeln und Ketten hörte und sah, dass die Brücke sich langsam senkte.

»Da hast du deine Antwort, Raj.«

Dominic lenkte sein Pferd über die Brücke, gefolgt von Raj und den zwei Dutzend Rittern, die ihm Geleit gaben. Doch ihm verging das Lächeln, als er bemerkte, dass das vergitterte Burgtor geschlossen blieb. Er zügelte sein Pferd und wartete, während ihn langsam die Geduld verließ.

»Ein Recke kommt auf uns zu, Herr«, bemerkte Raj belustigt.

Dominic sah keinen Grund zur Heiterkeit, bis er gewahr wurde, dass es sich bei dem Recken um eine Frau handelte. Sie war groß und von gefälliger Gestalt und hielt ihr Schwert so in der Hand, als wüsste sie, wie sie damit umzugehen hatte.

Sogleich erkannte Dominic, dass diese Frau keine Vasallin sein konnte. Sie trug einen Schleier aus durchscheinendem Leinen, der von einem goldenen Reif gehalten wurde. Ihr blondes Haar fiel ihr offen auf den Rücken hinab, was sie als unverheiratete Frau auszeichnete. Einige Locken lugten verführerisch unter dem Reif hervor.

Ihr dunkelrotes Unterkleid aus feinstem Wolltuch hatte lange, enge Ärmel. Das dunkelblaue Überkleid war in der Taille mit einer goldenen Kette gegürtet und am Saum üppig bestickt. Am Fallgatter zügelte sie ihr Pferd und warf Dominic einen grimmigen Blick zu. Hätte sie nicht so blutrünstig ausgesehen, wäre ihm nach Lachen zumute gewesen. Sie schien zu jung, um Fairchilds Witwe zu sein, also handelte es sich vermutlich um seine Tochter.

Falls dies die Frau war, die er heiraten sollte, mochte sich Gott seiner Seele erbarmen.

Rose of Ayrdale erblickte den Einlass begehrenden Ritter durch das eiserne Gitter hindurch und wusste nicht, was sie von seinem überraschenden Erscheinen halten sollte. Doch sein Besuch konnte nichts Gutes bedeuten. Er war mit Kettenhelm, -hemd und -beinlingen bekleidet und saß auf seinem Ross, als sei er ein Teil des prächtigen Tieres. Sein knielanger Waffenrock aus weißem Leinen wurde von einem ledernen Gürtel gehalten, und ein Schwert hing in seiner Lederscheide an einem Gurt, den sich der Ritter über die rechte Schulter geschlungen hatte.

Nachdenklich betrachtete sie das Drachenwappen auf seinem Schild. Das Wappen erinnerte sie an etwas, doch sie konnte den Gedanken nicht festhalten, zumal ihr Blick zu dem markanten Gesicht des Ritters glitt, in dessen dunklen Augen Verärgerung aufblitzte. Er wirkte so düster und gefährlich, dass sie warnend ihr Schwert hob.

»Wer seid Ihr? Gebt an, was Ihr von Ayrdale begehrt, und zieht Eurer Wege.«

»Wer seid Ihr?«, fragte Dominic herausfordernd.

»Eine Tochter Ayrdales. Was wollt Ihr?«

Plötzlich ritt ein Vasall auf Rose zu. Er blieb dicht neben ihr stehen, neigte sich ihr zu und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie warf dem bedrohlichen Ritter abermals einen Blick zu und wich zurück.

»Was führt den Dragon Lord nach Ayrdale?«, fragte sie.

»Öffnet das Gatter, dann erkläre ich es Euch.«

»Nein. Während der Abwesenheit meines Vaters ist der Schutz Ayrdales meine Aufgabe. Ich verweigere Euch den Einlass.«

Dominics Streitross tänzelte unruhig hin und her, als es die Ungeduld seines Herrn spürte, doch er beruhigte das Tier schnell mit fester Hand. »Öffnet im Namen des Königs.«

Rose sah an Dominic vorbei auf die bewaffneten Ritter in seiner Begleitung. Diese Männer in die Mauern von Ayrdale vordringen zu lassen, schien viel zu gefährlich zu sein.

»König John ist ein Tyrann«, erwiderte Rose. »Er ließ meinen Vater unter einem fadenscheinigen Vorwand verhaften.«

»Ich bringe Kunde von Eurem Vater«, sagte Dominic. Dann wandte er sich an Raj. »Diese Frau muss den Verstand verloren haben, sich mir zu widersetzen.«

Rose ließ das Schwert sinken. Es wurde allmählich zu schwer für ihre zarten Handgelenke, doch sie hätte es zur Verteidigung Ayrdales geschwungen, ohne zu zögern. Sie war zusammen mit den Rittern ihres Vaters ausgebildet worden, da sie seine Erstgeborene und ihm kein Sohn geschenkt geworden war. Zwar verfügte sie nicht über die Körperkräfte eines Mannes, vermochte sich jedoch durchaus zu verteidigen, wenn es sein musste.

»Woher soll ich wissen, dass Ihr die Wahrheit sagt?«

»Holt jemanden, der lesen kann. Ich werde ihm die Urkunde mit dem Siegel des Königs zeigen.«

Rose sah ihn verächtlich an. »Ich kann lesen, Lord Dragon.«

Dominic bedachte sie mit einem zweifelnden Blick, zuckte dann jedoch die Schultern und zog eine Schriftrolle aus der Tasche an seinem Gürtel. Er lenkte sein Pferd dicht an das Burgtor, entrollte einen Teil der Urkunde und hielt sie Rose hin. Misstrauisch bemerkte sie, dass er ihr zwar des Königs Siegel zeigte, den Inhalt des Dokuments jedoch vor ihr verborgen hielt. Versuchte er sie zu täuschen?

»Wie Ihr seht«, sagte Dominic, »trägt die Urkunde das königliche Siegel.«

»Lord Dragon spricht die Wahrheit, Mylady«, erklärte der Ritter an ihrer Seite. »Er ist ein Vasall des Königs. Ich hörte von seinen Heldentaten während des Kreuzzugs und von seiner Tapferkeit auf dem Turnierplatz. Wenn er behauptet, Nachricht von Eurem Vater zu bringen, so bin ich geneigt, ihm zu glauben.«

»Ich vertraue Eurem Urteil, Sir Eric«, sagte Rose. »Lasst das Burgtor öffnen und weist die Wachen an, Lord Dragon und sein Gefolge im Auge zu behalten.«

»Sogleich, Mylady«, antwortete Sir Eric und wendete sein Pferd.

Rose' Zelter wich zurück, als sich das Fallgatter hob. Dann wendete sie das Pferd und bedeutete Lord Dragon, ihr zu folgen, als sie an den Wachtürmen vorbei durch einen Wehrgang in den äußeren Burghof ritt. Die Löcher in der steinernen Decke scheinen den Ritter zu beunruhigen, stellte Rose fest, als sie über die Schulter blickte und sah, wie er zusammenzuckte und seinen Schild hob.

»Fürchtet Euch nicht, Mylord«, rief sie ihm zu. »Ihr befindet Euch nicht in Lebensgefahr!«

»Ayrdale hatte einen begabten Baumeister«, antwortete er.

Rose ritt durch den Außenhof zu einem weiteren Tor, das ihnen Zugang zum inneren Burghof gewährte. Sie wartete darauf, dass Lord Dragon und seine Männer aufholten. Dann hob sich das Fallgatter, und Rose ritt hindurch.

Dominic folgte ihr und blickte bewundernd auf die verführerischen Rundungen ihrer Hüfte, die sich unter dem Gewand abzeichneten. Wäre sie nicht eine so scharfzüngige Frau gewesen, hätte es ihm gefallen, sie zur Gemahlin zu nehmen. Doch diese Frau zu zähmen, würde ihm mehr Kummer als Freude bereiten.

Er betrachtete die helle, zarte Haut und die goldenen Locken der jungen Lady vor sich, die sich doch mit der rassigen, dunklen Schönheit seiner Geliebten nicht messen konnten. Herr im Himmel, warum hatte John ihm nicht gestattet, die Dame seiner Wahl zu ehelichen? Veronica bedeutete ihm so viel, wie eine Frau es nur konnte. Eine Ehe mit einer der Fairchild-Frauen dagegen würde zu einem Debakel geraten.

Dominic ritt durch das Tor in den Innenhof und überblickte seinen neuen Herrensitz prüfend. Zufrieden betrachtete er die quadratischen Türme, die in regelmäßigen Abständen von der Brüstung aufragten. An der Burgmauer standen mehrere Gebäude. Er sah eine Brauerei, einen Lagerschuppen, eine reetgedeckte Scheune, eine Schmiede, Stallungen und, neben dem Burgfried, eine Kapelle. Dominic reckte den Kopf und entdeckte einen eingezäunten Gemüsegarten in der Ferne, hinter dem ein Obstgarten und einige Bienenkörbe lagen. Ayrdale schien zu gedeihen, trotz der Abwesenheit des Burgherrn.

Fairchilds blonde Tochter saß an der Steintreppe des Burgfrieds ab und übergab die Zügel ihres Pferdes einem Knappen. Dominic gab seinen Gefolgsleuten einige Befehle und folgte ihr dann, als sie die große Treppe erklomm. Ein Diener eilte voraus und öffnete ihnen die riesigen Eichentüren. Da Raj niemandem vertraute, wenn es um das Leben seines Herrn ging, folgte er Dominic, die Hand wachsam am Schwertknauf.

Anerkennend ließ Dominic den Blick durch die große Halle schweifen. Es waren bereits Tische für das Abendessen gedeckt worden, und Diener eilten geschäftig zwischen den Tafeln hin und her. Die prächtigste Tafel stand auf einem Podest unter einem Baldachin und war mit feinstem Leinen und Silbergeschirr gedeckt, für den Hausherrn, seine Familie und ihre Gäste. Ein riesiger Kamin wärmte den Raum, die brennenden Scheite verströmten einen frischen, süßen Duft. Bequeme Polsterstühle und Bänke umstanden den Kamin, die den Lord und seine Damen zum Verweilen einluden.

Dann wandte Dominic seine Aufmerksamkeit den beiden Frauen zu, die sich von ihren Plätzen erhoben, um ihn zu begrüßen. Er hatte sie schon beinahe erreicht, als er plötzlich innehielt und die jüngere Frau durchdringend ansah. Sie war das genaue Ebenbild der jungen Dame, die ihn am Tor empfangen hatte. Er blinzelte und betrachtete sie abermals. Das Haar, die Augen, die Nase – die beiden waren Zwillinge. Wusste der König, dass Lord Fairchild nicht eine, sondern zwei Töchter hatte?

Lächelnd trat die ältere Frau auf Dominic zu und knickste. »Mylord, willkommen auf Ayrdale. Ich bedauere, dass mein Gatte Euch nicht begrüßen kann, doch es wäre in seinem Sinne, Euch unsere Gastfreundschaft anzubieten. Ich bin Lady Nelda of Ayrdale, und dies ...«

»Mama«, unterbrach die kriegerische Tochter, »Lord Dragon bringt Kunde von Papa. Vielleicht sollten wir ihn anhören, bevor wir ihn willkommen heißen.«

In Lady Neldas Augen funkelte freudige Erregung. Sie griff sich ans Herz. Obwohl sie älter war als ihre Töchter, fand Dominic sie ebenso hinreißend.

»Ihr habt Nachricht von meinem Gatten, Mylord? Oh, es ist schon so lange her, dass wir etwas von ihm hörten. Bitte sagt uns, was Ihr wisst.«

Dominic nahm seinen Kettenhelm ab und beugte sich über Lady Neldas Hand. Dieser freundlichen Dame zu sagen, dass ihr Ehemann hingerichtet worden war, würde keine leichte Aufgabe sein. Doch da er ein aufrichtiger Mann war, wollte er Lady Nelda nicht länger im Ungewissen lassen.

»Schlechte Nachrichten, Mylady. Ich bedauere, Euch mitteilen zu müssen, dass Edwyn of Ayrdale verstorben ist.«

Lady Nelda erbleichte, und Dominic befürchtete, sie würde in Ohnmacht fallen. Er streckte die Arme aus, um sie aufzufangen, doch Sir Eric of Carlyle trat schnell an ihre Seite und stützte sie. Lady Nelda verlor nicht das Bewusstsein, doch eine der Zwillingsschwestern wankte und wäre zu Boden gesunken, wenn ihre Schwester nicht den Arm um sie gelegt hätte.

Rose, die ihn mit gezogenem Schwert am Tor empfangen hatte, sah ihn wütend an. »Seid Ihr für seinen Tod verantwortlich? Ich will die Wahrheit wissen, Lord Dragon, wenn Ihr denn fähig seid, sie mir zu offenbaren. Soweit wir wussten, befand sich mein Vater im Tower von London.«

Dieser aufbrausende Wildfang ist gewiss nicht die geeignete Gemahlin, entschied Dominic augenblicklich. Nachdenklich betrachtete er die sittsamere Schwester. Sie hatte den Blick niedergeschlagen und die Hände gefaltet, während sich ihre Lippen in einem stummen Gebet bewegten. Sie schien von sanfterer Natur zu sein als ihre hitzköpfige Schwester, deren funkelnde Augen und aufbrausendes Temperament ihn reizten. Wenn er schon Veronica nicht haben konnte, würde er die scheue Schwester zur Frau nehmen und einen Gemahl für die andere finden. Eine Frau mit scharfer Zunge und trotziger Natur würde seine Geduld zu sehr auf die Probe stellen.

»Ich hatte nichts mit Lord Edwyns Tod zu tun«, sagte Dominic fest. »Ich überbringe lediglich die Nachricht.«

»Unseren Dank, Lord Dragon«, sagte Lady Nelda leise. »Unser Vogt wird Euch zu Euren Gemächern bringen. Bitte ruht Euch aus, ehe Ihr nach London zurückkehrt. Wenn Ihr mich nun entschuldigen wollt, ich möchte in aller Stille um meinen Gatten trauern.«

»Es gibt noch mehr Nachrichten, Mylady«, sagte Dominic und reichte Lady Nelda die Pergamentrolle. »Dieses Schriftstück mag Euch Eure Lage verdeutlichen.«

Lady Nelda betrachtete das Dokument und wurde immer blasser. »Das kann nicht möglich sein, Mylord«, flüsterte sie entsetzt, als sie alles gelesen hatte.

»Was ist denn, Mama?«, fragte Rose.

»Der König hat Ayrdale an Lord Dragon übergeben. Das Land, die Burg und alle Vasallen gehören nun ihm nach dem Willen des Königs.«

»Das kann er nicht tun!«, rief das Mädchen. »Papa hatte den Tod nicht verdient, und wir verdienen es nicht, aus unserem Heim vertrieben zu werden.« Sie stampfte mit dem Fuß auf. »Ich wünschte, ich hätte Lord Dragon nie das Tor geöffnet. Wo ist mein Schwert?«

»Du weißt noch nicht alles«, flüsterte Lady Nelda. »Eine von uns muss Lord Dragon heiraten.«

Das Pergament fiel ihr aus der Hand, und sie griff Halt suchend nach dem Stuhl hinter sich. Ihre Tochter hob die Urkunde auf, überflog sie rasch und warf sie in den Kamin.

»Seht, das halten wir von Lacklands Befehlen«, höhnte sie. Dann wandte sie sich an den Befehlshaber der Burgwache. »Sir Eric, sorgt dafür, dass Lord Dragon und sein Gefolge sogleich Ayrdale verlassen und ihrer Wege ziehen.«

»Ihr werdet nichts dergleichen tun!, befahl Dominic. »Die Burgwache steht unter meinem Befehl. Wenn Ihr von mir gehört habt, dann wisst Ihr auch um meinen Ruf als Krieger und Kreuzritter. Ich hatte nichts mit Lord Fairchilds Tod zu tun und befolge allein des Königs Befehle. Wenn Ihr und Lord Edwyns persönliche Gefolgsleute mir nicht dienen wollen, so steht es Euch frei, die Burg zu verlassen. Doch ich hoffe, dass Ihr bleibt und gemeinsam mit mir Dragonwyck beschützt.«

»Dragonwyck!«, rief die aufbrausende Schwester entrüstet.

»Ja. Ich habe diesen Namen für meinen Besitz ausgewählt«, erklärte Dominic und ignorierte den Entsetzensschrei des Mädchens.

Sir Eric warf Lady Nelda einen Seitenblick zu. Er schien abzuwägen zwischen der Treue zu seinen alten Lehnsherren und dem Wunsch, Lord Dragon zu dienen. »Ich habe geschworen, Lady Nelda und ihre Töchter zu beschützen.«

»Diese Entscheidung müsst Ihr allein treffen«, sagte Lady Nelda schwach. »Darf ich mich jetzt zurückziehen, Lord Dragon?«

»Noch nicht«, sagte Dominic so gebieterisch, dass die Lady augenblicklich innehielt. »Ihr könnt gehen, nachdem ich meine Braut erwählt habe.« Er wandte sich an Sir Eric. »Holt den Priester.«

Lady Nelda sah niedergeschlagen aus, und die schüchterne Zwillingsschwester begann zu weinen.

»Ich möchte die Namen Euer beider Töchter erfahren, Mylady«, sagte Dominic. Er hatte bereits beschlossen, keinesfalls die trauernde Witwe zu ehelichen, da er Leidenschaft in seinem Ehebett zu finden wünschte, nicht Trauer und Tränen.

Rose sah Dominic entsetzt an. Der Gedanke, dass eine von ihnen gezwungen sein würde, den Dragon Lord zu heiraten, war unfassbar, geradezu lächerlich. Wie konnte man erwarten, dass ihre Mutter so schnell nach dem Tode ihres geliebten Gatten ein zweites Mal heiraten sollte? Und jedermann auf Ayrdale wusste, dass ihre Schwester für ein religiöses Leben bestimmt war. Der Vater hatte gelobt, dass Starla in ein Kloster eintreten dürfe, sobald er aus London zurückgekehrt war. Also blieb ... nur Rose selbst, doch sie wusste, dass kein Mann, der auch nur über einen Funken Verstand verfügte, eine eigensinnige und scharfzüngige Braut wählte.

Dennoch konnte Rose nicht anders, als ihrer Natur nachzugeben. Mochten sie und Starla einander äußerlich auch aufs Haar gleichen, innerlich waren sie so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Die liebliche, scheue Starla war fest entschlossen, ins Kloster zu gehen und Nonne zu werden. Nichts anderes hatte sie sich je von ihrem Leben erträumt. Rose dagegen, die nur wenig älter war als ihre Schwester, hatte immer gewusst, dass sie als Erstgeborene eines Tages heiraten und nach dem Tode ihres Vaters über Ayrdale herrschen würde. Nur hatte sie nicht erwartet, dass dieser Tag schon so bald käme.

Rose betrachtete die kummervolle Miene ihrer Schwester und fasste den Entschluss, Starla unter allen Umständen vor dem Dragon Lord zu bewahren. Mit ihrem wachen Verstand hatte sie sich bereits einen Plan zurechtgelegt. Schützend legte sie den Arm um die bebenden Schultern ihrer Schwester, sah Dominic tapfer in die Augen und sagte ruhig. »Ich bin Starla. Der Name meiner Zwillingsschwester ist Rose.«

Starla wollte aufbegehren, doch Rose bedachte sie mit einem so beschwörenden Blick, dass sie schnell den Mund wieder schloss. Lady Nelda sah Rose verblüfft an, so als hätte ihre Tochter plötzlich den Verstand verloren. Keiner der anderen Anwesenden hatte ihre Worte vernommen.

Lord Dragon schien die Unruhe der Damen nicht zu bemerken, als er Starlas Kinn hob und ihr in die von Angst erfüllten Augen sah. Offenbar mit dem Anblick zufrieden, wandte er sich den anderen Damen und umstehenden Rittern zu und verkündete mit lauter Stimme: »Ich werde Rose zur Frau nehmen.« Die Bediensteten, Wachtposten, Ritter und Gäste im großen Rittersaal blickten Dominic ängstlich und ungläubig an.

»Bewohner von Dragonwyck, hört mich an«, sagte er dann fest, während sich die Menschen um ihn sammelten, »ich bin Dominic Dragon, euer neuer Herr, und Dragonwyck ist der Name, den ich für meinen Besitz gewählt habe. Ihr alle seid geladen, der Vermählung eures neuen Herrn mit Lady Rose beizuwohnen.«

Ein hoch gewachsener älterer Mann trat vor. »Ich bin Sir Braden, Ayrdales Burgvogt. Darf ich fragen, welches Schicksal Lord Edwyn of Ayrdale ereilte?«

»Das will ich Euch sagen.« Die kriegerische Schwester, die sich jetzt Starla nannte, drängte sich an Dominic vorbei. »König John befahl die Ermordung meines Vaters und gab Lord Dragon Ayrdale als Belohnung für die Tat.«

Dominic war nahe daran, die Geduld zu verlieren. Er hatte geahnt, dass ihm diese streitsüchtige Frau nichts als Ärger bereiten würde, und er war froh, ihre Schwester erwählt zu haben. »Das ist falsch. Nicht an meinen Händen klebt Lord Edwyns Blut«, sagte er. »Soweit ich weiß, wurde er des Hochverrats beschuldigt. Ayrdale wurde mir übergeben, weil ich in der Lage bin, Englands Grenze gegen Übergriffe der Schotten zu verteidigen.«

»Zumindest behauptet Ihr das«, erwiderte das Mädchen verächtlich.

Dominic hatte genug von den Seitenhieben dieser kleinen Furie. Gerade wollte er sie scharf zurechtweisen, als ein beleibter Mann in braunem Priestergewand und Tonsur den Saal betrat. Er eilte neben Sir Eric einher und hielt seine Robe hoch, um nicht über den Saum zu stolpern.

»Hörte ich recht, Mylord?«, fragte der Priester, als er vor Dominic stand. »Ist Lord Edwyn wirklich tot? Brachtet Ihr seine Leiche heim, auf dass wir ihn bestatten können?«

Dominic warf einen kurzen Blick auf Lady Nelda und verfluchte den König im Stillen, als er einen Hoffnungsschimmer in ihren tränenumflorten Augen entdeckte. Er würde ihre Hoffnung einmal mehr enttäuschen müssen.

»Nein, Pater. Mit dieser Aufgabe wurde ich nicht betreut. Ich glaube, Lord Fairchild wurde in London beigesetzt.«

»In ungeweihter Erde?«, fragte der Priester entsetzt.

»Es ist schon gut, Pater Nyle«, sagte Lady Nelda. »Der Herr im Himmel weiß, dass mein Gemahl ein guter Mensch war. Wir brauchen seinen Leichnam nicht, um ihn zu betrauern.«

»Lasst uns gleich jetzt in die Kapelle gehen und eine Messe für seine unsterbliche Seele lesen.« Pater Nyle wandte sich zum Gehen.

»Nein, Pater.« Dominic hielt ihn auf. »Ihr werdet noch in dieser Stunde eine Trauung vollziehen.«

»Eine Trauung?« Der Priester sträubte sich entrüstet. »Das geziemt sich nicht. Schließlich befindet sich die Burg in tiefer Trauer.«

»Ich fürchte, ich muss darauf bestehen«, beharrte Dominic. »Noch in dieser Stunde werde ich Lady Rose zur Frau nehmen.«

Als sie seine Worte hörte, schauderte Rose unwillkürlich. Ihre Mutter begehrte auf. »Ich muss protestieren, Mylord. Es ist noch viel zu früh, um an eine Vermählung zu denken.«

»Der Protest steht Euch frei, Mylady, doch er nützt Euch nichts. Ich befolge die Befehle des Königs. Es ist äußerste Eile geboten, aus Gründen, die wohl offensichtlich sein dürften. Dragonwyck musste zu lange auf einen Herrscher verzichten. Es hätte schlimme Folgen für alle, wenn einer der Feinde Englands versuchen würde, sich des Besitzes zu bemächtigen, indem er sich mit einer der Damen vermählt.«

Pater Nyle murmelte etwas Unverständliches, wagte aber keinen weiteren Einwand. »Nun denn, Mylord, wenn Ihr darauf besteht, werde ich die Trauung vollziehen. Wenigstens will ich dafür sorgen, dass die Ehe vor Gott und Gesetz Gültigkeit besitzt. Lord Edwyn hätte nichts anderes für seine Tochter gewollt. Auch ist es meine Pflicht, für den Schutz der Witwe unseres Herrn und ihrer zweiten Tochter zu sorgen. Sie bedürfen der Sicherheit eines Heims, Mylord.«

»Ich werde mich ins Kloster begeben«, sagte Lady Nelda, »und meine Tochter soll mich begleiten.«

»Wie Ihr wünscht, Mylady, doch ich versichere Euch, dass Ihr auch auf der Burg bleiben könnt, wenn es Euch beliebt«, antwortete Dominic.

»So wird es das Beste sein«, sagte Rose. Sie wandte sich ihrer Zwillingsschwester zu und flüsterte: »Ich werde darum bitten, dass ihr gleich nach der Trauung aufbrechen dürft. Denke nur daran, mich Starla zu nennen. Du bist jetzt Rose.«

»Was hast du nur vor?«, wisperte Starla.

»Ich will nichts als deine Haut retten. Es sei denn, du möchtest Lord Dragon heiraten.«

Starla erbleichte. »Nein! Das könnte ich nicht ertragen. Er ist so ... gebieterisch. Bist du sicher, dass du weißt, was du tust?«

»Vertraue mir. Halte dich nur an meine Worte, damit er keinen Verdacht schöpft.«

»Was flüstert ihr denn da?«, fragte Dominic streng.

»Darf ich Euch um einen Gefallen bitten, Mylord?«, fragte Rose.

»Einen Gefallen?«, wiederholte Dominic misstrauisch. »Nennt ihn, doch ich verspreche nichts.«

»Gestattet meiner Mutter und mir, gleich nach der Trauung ins Kloster aufzubrechen.«

»Ist das auch Euer Wunsch?«, fragte Dominic Lady Nelda.

Rose warf ihr einen warnenden Blick zu und hoffte, dass ihre Mutter sie verstand. Lady Nelda schien zu ahnen, dass Rose etwas im Schilde führte, denn sie nickte.

»So sei es«, verkündete Dominic. »Wählt Euch die Ritter, die Euch sicheres Geleit zum Kloster gewähren sollen. Ihr dürft Euer Hab und Gut mitnehmen, doch alle Gegenstände von Wert gehören nun mir und verbleiben auf der Burg. Haben wir uns verstanden?«

Alle drei Damen nickten.

»Nun gut, zieht Euch in Eure Gemächer zurück, um Lady Rose auf die Hochzeit vorzubereiten.«

Rose ergriff Starlas Hand und zog sie mit sich die Treppe hinauf. Lady Nelda eilte ihnen nach. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, ließ sich Rose erschöpft dagegensinken. Gleich darauf jedoch richtete sie sich auf und nahm den Mut und die Entschlossenheit zusammen, die ihre Natur bestimmten.

»Kommt«, sagte sie und öffnete eine Kleidertruhe, »uns bleibt nicht viel Zeit.«

»Zuerst bist du uns eine Erklärung schuldig«, sagte Lady Nelda. »Warum hast du Lord Dragon weisgemacht, du seiest Starla?«

Rose nahm eines der Unterkleider ihrer Mutter aus der Truhe und legte es aufs Bett. »Glaubst du, Lord Dragon hätte eine scharfzüngige Frau gefreit? Nein. Männer wollen sanftmütige Gemahlinnen, die sie einschüchtern und sich gefügig machen können. Ich bin keine solche Frau, und Lord Dragon hat dies auch erkannt. Ich wusste, dass er Starla zur Frau nehmen würde, doch eine solche Ehe wäre ihr Untergang.«

»Ich werde nicht zulassen, dass du dich für mich opferst«, begehrte Starla auf. »Unser Leben lang hast du mich beschützt, nun ist es an der Zeit, dass ich selbst für mich eintrete.«

Rose bedachte ihre Schwester mit einem zärtlichen Lächeln. »Es liegt nicht in deiner Natur, um etwas zu kämpfen, Schwester. Du hast schon immer gewusst, dass du dein Leben Gott weihen würdest. Selbst Papa erkannte deine Frömmigkeit an und gestattete dir, ins Kloster zu gehen. Nun wird sich dein Wunsch erfüllen.«

»Doch was tun wir mit Lord Dragon?«, fragte Lady Nelda. »Glaubst du, dass er den Unterschied nicht bemerken wird?«

»Nicht, wenn Starla ihre Rolle gut spielt«, erklärte Rose. »Sie kennt mich besser als jeder andere Mensch auf der Welt, selbst besser als du, Mama. Wenn sie sich Mühe gibt, wird es ihr gelingen, in meine Rolle zu schlüpfen, bis die Trauung vollzogen ist. Und ich werde die sanftmütige Schwester spielen. Lord Dragon hat öffentlich verkündet, dass er Lady Rose zu ehelichen gedenkt, und so soll es geschehen.«

»Ein kluger Plan«, sagte Lady Nelda nachdenklich. »Doch ich fürchte um dich, Rose. Früher oder später wird Lord Dragon merken, dass er getäuscht wurde. Was soll dann aus dir werden? Bedenke außerdem, Tochter«, fügte Lady Nelda ernst hinzu, »was eine Vermählung mit einem Mann wie Lord Dragon bedeutet.«

Rose hegte zwar einige Vermutungen, wusste jedoch nicht genau, was sich zwischen Mann und Frau im Ehebett zutrug.

»Davon kannst du mir später berichten, Mama. Erst müssen wir uns vorbereiten. Starla, erinnerst du dich daran, wo Papa die Goldstücke für Notfälle aufbewahrte?«

Starla betrachtete den Kamin und runzelte die Stirn. »Es ist lange her, dass er uns das Versteck zeigte, doch ich glaube, ich erinnere mich.«

»Gut, dann hole das Gold. Mama, du bringst deinen Schmuck her, während ich die Säume deiner Kleider aufreiße.«

»Lord Dragon hat uns untersagt, irgendwelche Wertgegenstände mitzunehmen«, wandte Lady Nelda ein.

Rose blickte sie verärgert an. »Der Teufel hole Lord Dragon! Ich werde nicht zulassen, dass ihr im Kloster von Almosen leben müsst. Mama, hole auch deinen Nähkorb.«

»Das Gold ist noch hier!, rief Starla, nachdem sie einen Ziegelstein aus dem Kamin gezogen hatte. Sie angelte einen prall gefüllten Stoffbeutel aus der Höhlung. Den Beutel trug sie zum Bett, öffnete ihn und schüttete seinen Inhalt auf die Decke. Es waren unzählige Goldmünzen.

Flink nähten die drei Frauen die Münzen in die Säume von Lady Neldas Unterkleidern ein. Sie achteten darauf, sie so zu platzieren, dass sie beim Gehen nicht aneinander schlugen. Mit dem Schmuck verfuhren sie ebenso.

»Nun habt ihr genug Geld, um eine Weile davon leben zu können«, sagte Rose, als das Werk vollendet war. »Starla, ich werde Mama zur Hand gehen, pack du deine Kleider zusammen.«

»Was soll aus dir werden, Rose?«, fragte Lady Nelda, als sie ihre wenigen Besitztümer in eine kleine Truhe legte. »Wird es dir gut gehen? Ich wollte Starla nicht beunruhigen, doch ich befürchte, dass du dich in große Gefahr begibst. Lord Dragon scheint mir kein Mann zu sein, der sich leicht beschwichtigen lässt. Wenn er herausfindet, dass wir ihn getäuscht haben, wird er seinen Zorn an dir auslassen.«

»Ich werde es schon überstehen, Mama«, erwiderte Rose mit mehr Zuversicht, als sie empfand. »Er wird mir nichts zuleide tun, um nicht den Zorn der Ritter von Ayrdale zu erregen. Er muss sich ihrer Treue versichern.«

»In der Tat, er wird unsere Ritter brauchen«, stimmte Lady Nelda wissend zu. »Wie ich meinen Bruder Murdoc kenne, wird er versuchen, Ayrdale für sich zu beanspruchen, sobald er vom Tode deines Vaters erfährt. Ich würde ihm zutrauen, dass er dich dazu zwingen will, einen seiner Verwandten zu heiraten.«

Rose schnitt eine Grimasse. Auch wenn Lord Dragon nicht nach Ayrdale gekommen wäre, hätte sie niemals einen Mann aus Onkel Murdocs Gefolge geheiratet. Sie kannte seine Männer, und kein einziger fand Gnade vor ihren Augen.

Wenig später kehrte Starla in die Kemenate zurück. Sie trug eine kleine Schatulle bei sich, in der sich ihre Habe befand. »Ich will nur wenige Dinge mitnehmen, da ich gleich nach unserer Ankunft Postulantin werden möchte. Dann trage ich die Gewänder, welche die Nonnen mir geben.«

»Ich werde dich vermissen«, sagte Rose und umarmte die Schwester fest. »Und dich auch, Mama. Das Kloster ist nur eine halbe Tagesreise von hier entfernt. Ich werde euch oft besuchen.«

»Bist du dir deiner Sache wirklich sicher, Rose?«, fragte Starla mit zitternder Stimme. »Ich würde niemals ein so großes Opfer von dir verlangen.«

»Du willst dem Herrn dein Leben weihen, Starla. Es würde mir unendlichen Kummer bereiten, dich von Lord Dragons eiserner Hand erdrückt zu sehen.«

Starla schauderte, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Lieber würde ich sterben. Ich bezweifle, dass ich mich einem Gemahl so hingeben könnte, wie es die Pflicht einer Ehefrau ist.«

Mit Tränen in den Augen zog Rose ihre Schwester abermals fest an sich. »Das musst du auch nicht. Gehe hin und finde die Erfüllung in deinem Glauben. Bedenke nur, dass du in meine Rolle schlüpfen musst, bis die Trauung vollzogen ist. Ich dagegen werde mich sanftmütig und mild geben, bis ich sicher sein kann, dass du im Kloster in Sicherheit bist.«

»Herr, gib, dass Rose lange genug den Mund halten kann«, flehte Lady Nelda.

Ein lautes Klopfen an der Tür unterbrach die Unterhaltung. Rose öffnete und sah sich dem hünenhaften, fremdländisch aussehenden Mann gegenüber, der Lord Dragon auf Schritt und Tritt begleitete. Er war mit einer eigentümlichen, reich bestickten Robe bekleidet, die ihn von Kopf bis Fuß bedeckte, hatte sich einen Streifen weißen Leinens um den Kopf gewunden und trug genügend Waffen bei sich, um einer Armee den Garaus zu machen.

»Ich bin Raj, Lord Dragons Diener. Mein Herr erwartet seine Braut in der Kapelle.«

»Wir kommen«, sagte Rose.

Sie versuchte, die Tür zu schließen, wurde jedoch von Raj daran gehindert. »Ich habe den Befehl, Lady Rose zu ihrem Bräutigam zu geleiten.« Er ließ den Blick zwischen den Schwestern hin und her schweifen. »Welche von den Damen ist Lady Rose?«

Rose verstellte sich augenblicklich, um die schüchterne Natur ihrer Schwester nachzuahmen. Sie schlug den Blick nieder und bemühte sich zu zittern, was ihr allerdings in diesem Augenblick nicht schwer fiel. »Ich bin Lady Rose.«

»Folgt mir, Mylady«, sagte Raj und hielt ihr die Tür auf. »Wir dürfen unseren Herrn nicht warten lassen.«

Rose tat einen tiefen Atemzug, straffte die Schultern und ging tapfer ihrem Schicksal entgegen.

Kapitel 2

Was ist ein Name? Das, was wir Rose nennen, was es auch sei, duftet lieblich.

William Shakespeare

Dominic ging ungeduldig vor dem Altar auf und ab und wartete darauf, dass seine Braut endlich erschien. Insgeheim verspürte er nur wenig Neigung, sich vermählen zu lassen. Die scheue Zwillingsschwester entsprach ganz und gar nicht seinem Geschmack, doch er wusste, dass er die richtige Wahl getroffen hatte. Die scharfzüngige Furie hätte ihm das Leben zur Hölle gemacht, und er trachtete auch nicht danach, eine trauernde Witwe in seinem Bett zu wissen.

Nicht dass er sich von der Vermählung mit der zurückhaltenden kleinen Maus Sinnenfreuden versprach. Vermutlich würde sie fest die Augen schließen, die Zähne zusammenbeißen und ein Gebet sprechen, wann immer er Anstalten machte, sie zu lieben. Rose trägt ihren Namen nicht zu Recht, dachte Dominic belustigt. Das schüchterne Mädchen, das er zur Frau nehmen würde, besaß keine Dornen. Von ihrer Schwester allerdings konnte man das nicht behaupten. Sie war so stachelig wie eine Distel.

Plötzlich riss ihm der Geduldsfaden. »Wo bleibt sie?«, herrschte er den Priester an.

»Geduld ist eine Tugend, Mylord«, sagte der Priester. »Innerhalb einer Stunde brachtet Ihr Kunde vom Tode unseres Herrn und wähltet eine seiner Töchter zur Frau. Solch große Eile ist unziemlich.«

Dominic presste die Lippen zusammen. »Es ist der Wille des Königs. Glaubt Ihr, ich sei erpicht auf eine unwillige Gemahlin in meinem Bett? Als der König mir seine Befehle erteilte, trug ich mich mit der Absicht, eine andere zu heiraten. Wenn ich mich in diese Ehe fügen muss, wird auch Lady Rose nichts anderes übrig bleiben.«

»Lady Rose gehorcht dem König, auch wenn es ihr nicht gefällt«, sagte Rose, die plötzlich an der Tür zur Kapelle stand. »Hier bin ich, Mylord.«

Dominic betrachtete Rose und bemerkte missbilligend ihren gesenkten Kopf und die herabgesunkenen Schultern. Konnte sie ihm denn nicht einmal in die Augen blicken? Wie sollte er die Ehe mit einer Frau vollziehen, die schon bei seinem Anblick beinahe in Ohnmacht fiel? Dominic ließ den Blick auf Rose' Schwester ruhen, die ihm ebenfalls auswich. Doch plötzlich schien sie zu bemerken, dass er sie ansah, hob trotzig den Kopf und bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick.

Er lächelte sie herausfordernd an und wandte sich dann wieder seiner kleinlauten Rose zu. Wenigstens würde er Veronica als seine Geliebte behalten können, wenn Rose seine Frau wurde. Hätte er die Schwester gewählt, wäre ihm wohl kein Augenblick häuslichen Friedens beschert gewesen. Immerhin ließ sich vermuten, dass ein Leben mit der lebhaften Starla keineswegs langweilig gewesen wäre. Überrascht bemerkte Dominic, dass sich sein Verlangen unter seinen Beinkleidern regte.

Sogleich unterdrückte er seine abschweifenden Gedanken und wandte sich an den Priester. »Beginnt mit der Trauung, Pater. Haltet Euch nicht mit dem Lesen der Messe auf, denn ich möchte die Prozedur so schnell wie möglich hinter mich bringen.«

Wäre es Dominic möglich gewesen, in diesem Augenblick in die Augen seiner Braut zu sehen, so hätte er ein zorniges Funkeln in deren blauen Tiefen entdeckt.

Er winkte sie zu sich heran. »Kommt, Mylady, es hilft Euch nichts, jetzt noch zu zaudern.«

Begleitet von ihrer Mutter und Schwester trat Rose auf den Altar zu. Als sie neben Dominic stand, legte er sich ihre Hand auf den Arm und wandte sich dem Priester zu.

»Du musst es nicht tun«, wisperte Starla.

Rose tat, als hätte sie die Schwester nicht gehört. »Ich bin bereit, Mylord«, sagte sie leise.

Dominic sprach das Ehegelöbnis mit fester Stimme, musste Rose jedoch einen sanften Stoß versetzen, als sie an der Reihe war. Wenige Augenblicke später erklärte Pater Nyle sie zu Mann und Frau, doch Dominic empfand keine Freude. Stattdessen fühlte er sich seltsam enttäuscht. Er konnte sich nicht einmal dazu bringen, seiner Gemahlin den üblichen Kuss zu geben. Nur flüchtig ließ er seine Lippen über die ihren streifen.

Doch etwas Eigenartiges geschah, als seine Lippen die ihren berührten. Tief in seinem Innern schien sich ein Funke zu entzünden, und eine feurige Wärme breitete sich in seinem Körper aus. Er wich zurück und blickte seine Braut verwundert an.

»Ein Festmahl erwartet uns im Rittersaal, Mylady«, sagte er schroffer als beabsichtigt. Dann führte er sie aus der Kapelle. »Werden Eure Mutter und Schwester bleiben, um mit uns zu feiern?«

»Nein, wir möchten gleich aufbrechen«, antwortete Lady Nelda. Sie ergriff Rose' Hand und küsste ihre Tochter zärtlich auf die Wange. »Gott behüte dich, Rose.«

Dominic beobachtete, wie die Schwestern einander umarmten und miteinander flüsterten. Er entdeckte die Tränen, die in ihren Augen schimmerten, und wappnete sich gegen das Mitleid, das er für sie empfand. Schließlich hatte er Lady Nelda und Starla nicht dazu gezwungen, die Burg zu verlassen. Sie selbst hatten es so gewollt.

»Wir sind reisefertig, Lord Dragon«, sagte Lady Nelda und zog Starla sanft aus Rose' Armen.

Dominic gab Raj ein Zeichen, der sogleich die Ritter benachrichtigte, die den Damen Geleitschutz geben sollten. »Eric of Carlyle und zwei weitere Eurer Burgwachen werden dafür sorgen, dass ihr wohlbehalten im Kloster ankommt.«

Dann suchte er Starlas Blick, blieb jedoch erfolglos. Gern hätte er ein letztes Mal in das stolze, trotzige Gesicht der Schwester seiner Braut geblickt, ehe er sich für immer von ihr verabschiedete, doch es sollte nicht sein. Als Lady Nelda und Starla die Kapelle verließen, seufzte Dominic bedauernd.

»Ich befahl, dass man ein Festmahl zur Feier unserer Vermählung herrichten solle, und habe unsere Vasallen dazu eingeladen«, erklärte er seiner jungen Braut. »Ich hoffe, das Fest wird Euch erfreuen.«

Rose verhielt sich so, wie ihre Schwester es getan hätte, sie wich schüchtern vor Dominic zurück. Allerdings musste sie sich dazu nicht einmal verstellen. Die Berührung seiner Lippen hatte sie atemlos und in innerem Aufruhr zurückgelassen. Ihr Körper schien aufs Eigenartigste zu erbeben. Kurz hob sie den Blick zu seinem Gesicht auf, senkte ihn jedoch sogleich wieder. »Wenn es Euch gefällt, Lord Dragon.«

Dominic runzelte die Stirn. Ehe Rose den Blick von ihm gewandt hatte, schien er einen trotzigen Ausdruck in ihren Augen wahrgenommen zu haben, der ihn verwunderte. Dieselbe hitzige Regung hatte er in den Augen der Zwillingsschwester gesehen, als sie ihn am Burgtor empfangen hatte. Schnell schüttelte Dominic den Kopf, um das Bild von der kriegerischen Jungfer zu Pferde zu vertreiben, die ihr Schwert gezogen hatte und weder Tod noch Teufel zu fürchten schien. Eine vage Ahnung nagte an ihm, doch sie war zu flüchtig, als dass er sie hätte greifen können.

»Rose, mein Name ist Dominic«, sagte er in das unbehagliche Schweigen hinein. »Du hast die Erlaubnis, mich Dominic zu nennen, wenn du es wünschst.«

»Ich wünsche es nicht, Mylord.«

Dominic verspürte ein dumpfes Pochen in seinen Schläfen. Es würde keine leichte Aufgabe sein, seine Ehe zu vollziehen. Vermutlich würde er die eine Schwester lieben, während er an die andere dachte. Der Teufel sollte König John holen!

Im Rittersaal geleitete Dominic seine Braut zu ihrem Platz, setzte sich neben sie und sah sich um. Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, die große Halle näher zu betrachten, nahm sich nun aber die Zeit dazu.

An den Wänden hingen reich bestickte Tapisserien und seidene Behänge, die Holzscheite im Kamin verströmten einen frischen Duft und der große Kronleuchter an der Decke blitzte. Die Festtafel war mit feinstem Leinen gedeckt, und das silberne Geschirr glänzte. Ein munteres Feuer tanzte im Kamin und vertrieb die düsteren Schatten und die abendliche Kühle. Seit er vor vielen Jahren das Haus seines Vaters verlassen hatte, um sein Glück zu machen, war ihm kein Aufenthalt in einer so angenehmen, einladenden Umgebung mehr beschert gewesen.