In den Fängen des Wikingers - Connie Mason - E-Book
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In den Fängen des Wikingers E-Book

Connie Mason

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Beschreibung

Seine Leidenschaft wird ihm zum Verhängnis: Das Romance-Highlight „In den Fängen des Wikingers“ von Connie Mason jetzt als eBook bei venusbooks. Als er sie das erste Mal sah, war sie nur in Mondlicht gehüllt und in ihr langes, glänzendes Haar … Der Wikinger Thorne ist wie verzaubert von der Schönheit der jungen Gälin Fiona. Doch sein ungestümer Drang, sie zu besitzen, wird für ihn zum Fluch: Ein Blick in ihre funkelnden Augen – und von nun an kann keine andere Frau mehr sein Begehren wecken. In unbändiger Wut nimmt er Fiona gefangen und macht sie zur Sklavin auf seinem Drachenboot. Doch je mehr sie sich ihm widersetzt, desto stärker wird seine Leidenschaft. Als Fiona sich ihm hingibt, glaubt er, den Bann gebrochen zu haben – doch er spürt, dass sie ein dunkles Geheimnis umweht … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der historische Liebesroman „In den Fängen des Wikingers“ von Romantik-Queen Connie Mason . Lesen ist sexy: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 437

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Über dieses Buch:

Als er sie das erste Mal sah, war sie nur in Mondlicht gehüllt und in ihr langes, glänzendes Haar …

Der Wikinger Thorne ist wie verzaubert von der Schönheit der jungen Gälin Fiona. Doch sein ungestümer Drang, sie zu besitzen, wird für ihn zum Fluch: Ein Blick in ihre funkelnden Augen – und von nun an kann keine andere Frau mehr sein Begehren wecken. In unbändiger Wut nimmt er Fiona gefangen und macht sie zur Sklavin auf seinem Drachenboot. Doch je mehr sie sich ihm widersetzt, desto stärker wird seine Leidenschaft. Als Fiona sich ihm hingibt, glaubt er, den Bann gebrochen zu haben – doch er spürt, dass sie ein dunkles Geheimnis umweht …

Über die Autorin:

Connie Mason hat früh ihre Leidenschaft für das Lesen und Schreiben entdeckt. 1984 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. Im Jahr 1990 wurde die Amerikanerin vom „Romantic Times Magazine“ zur „Erzählerin des Jahres“ gekürt. Die Bestsellerautorin hat bereits mehr als 50 historische Liebesromane erfolgreich veröffentlicht. Heute lebt Connie Mason mit ihrem Mann in Florida. Sie hat drei Kinder und neun Enkel.

Bei venusbooks erscheinen außerdem: In den Armen des Rebellen, Ein unwiderstehlicher Rebell, Rebell meines Herzens, Die Liebe des Outlaws, Die Leidenschaft des Outlaws und Das Herz des schwarzen Ritters.

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eBook-Neuausgabe Juli 2017

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Buch erschien bereits 2003 unter dem Titel Die Hexe und der Wikinger bei MIRA® TASCHENBÜCHER, erscheinen in der Cora Verlag GmbH & Co. KG

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1998 by Connie Mason

Die amerikanische Originalausgabe erschien 1998 unter dem Titel Viking! bei Leisure Books, New York

Copyright © der deutschen Ausgabe 2003 MIRA® TASCHENBÜCHER, erscheinen in der Cora Verlag GmbH & Co. KG

Copyright © der Neuausgabe 2017 dotbooks GmbH, München

Copyright © der Lizenzausgabe 2017 venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen eBook-Neuausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shuterstock/Santi0103, Catmando, Volodymyr Tverdokklib

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mh)

ISBN 978-3-95885-550-2

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des venusbooks-Verlags

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***

Besuchen Sie uns im Internet:

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www.instagram.com/venusbooks

Connie Mason

In den Fängen des Wikingers

Roman

Aus dem Amerikanischen von Bärbel Hurst

venusbooks

PROLOG

Als er sie das erste Mal sah, war sie nur in Mondlicht gehüllt und in ihr langes, glänzendes Haar. Sie schien zu schweben. Diesmal war er nicht gekommen, um zu plündern oder zu rauben. Das Flüstern des Windes und der Gesang einer Zauberin hatten ihn auf die Insel gelockt.

Thorne der Gnadenlose war nicht abergläubisch und handelte auch niemals unüberlegt, aber er war auf diese Insel geführt worden von einer Kraft, die stärker war als er. Seine Kapitäne stellten seine Befehle nicht infrage, als seine Schiffe in der Nähe des Strandes anlegten, und hielten ihn auch nicht auf, als er ins Wasser sprang und zum Ufer watete.

Der erstgeborene Sohn ihres Jarls Olaf hatte sie noch nie fehlgeleitet. Thornes umfassende Kenntnisse über das Meer und die Handelsrouten hatten aus den Kapitänen und Besatzungen seiner Drachenschiffe reiche Männer gemacht.

»Wartet hier auf mich«, befahl er, als die fünf Kapitäne ihm folgen wollten. »Sucht einen Bach, füllt die Wasserschläuche auf und errichtet das Lager, während ich die Gegend erkunde. Heute Abend werden wir frisches Wildbret essen.«

»Soll ich dich begleiten, Thorne?«

Thorne entließ Ulm, den Kapitän, dem er am meisten traute, mit einem Winken. »Nein, ich gehe allein. Lass die Männer nicht ins Landesinnere. Wir sind nicht zum Plündern gekommen. Unsere Schiffe sind bereits gefüllt mit den auf unserem letzten Zug entlang der normannischen Küste erbeuteten Gütern.«

Ulm schüttelte den Kopf, während Thorne im dichten Wald verschwand. Niemals sonst tat er etwas ohne Grund. Dass die Männer nicht verstanden, warum er hier an Land gegangen war, wusste er. Es stimmte, sie hatten nicht mehr viel Trinkwasser, aber das war noch kein Problem. Auch wenn Ulm möglicherweise über die Entscheidung staunte, wusste Thorne doch, dass er niemals die Befehle eines Mannes infrage stellen würde, dessen Fähigkeiten sie es verdankten, zahllose Raubzüge überlebt zu haben.

Ein Hirsch hörte seine Schritte auf dem feuchten Boden und dem welken Laub und floh. Thorne hielt inne, lauschte auf den Wind, der leise durch die Baumwipfel wehte, und sah hinauf zum Mond. Selbst wenn er es versucht hätte, wäre es ihm nicht gelungen, die geheimnisvolle Kraft zu erklären, die ihn hierher gelockt hatte. Wenn es Zauberei war, so wollte er nichts damit zu tun haben. Doch wie sollte er sonst die seltsamen Umstände erklären, die ihn hierher geführt hatten?

Thorne trat auf eine Lichtung, und sein Herz wäre beinahe stehen geblieben bei dem Anblick, der sich ihm bot. Sie badete in einem Bach, ihr nackter Leib schimmerte wie Elfenbein, das glänzende, prachtvolle Haar reichte ihr bis zur Taille. Sie war jung und schön, nicht so groß wie die Wikingerfrauen, sondern klein und zierlich. Thorne fühlte, wie es in seinen Lenden pochte.

Er musste sie haben.

Sie wandte den Kopf, als spürte sie seine Gegenwart.

Thorne holte tief Luft, als er ihre makellosen Brüste sah. Sein Mund wurde trocken. Sie war reizvoller als die Göttin Freia. Das Pochen in seinen Lenden wurde schmerzhafter.

Er ließ den Blick über ihre Brüste schweifen, auf ihrer schmalen Taille ruhen, die er mühelos mit seinen Händen umfassen könnte. Ihre Hüften waren leicht gerundet, ihre Beine schlank und wohl geformt. Sie besaß schlanke Fesseln und zierliche Füße. Er musste aufgestöhnt haben, denn sie blickte in seine Richtung und wirkte wie ein Tier auf der Flucht.

Thorne trat aus den Schatten ins Licht. Das Mädchen – man konnte sie kaum eine Frau nennen – schien vor Angst wie erstarrt beim Anblick des Wikingers. Er gehörte zu jenen Kriegern, die ihr Volk zu fürchten gelernt hatte. Seit Jahren versetzten sie die Insel in Angst und Schrecken, aber niemals waren sie ihrem Heim so nahe gekommen.

Nie zuvor hatte Fiona einen solchen Krieger gesehen. Er war sehr groß, die Brust breit, die Beine waren lang und muskulös. Unter seinem Helm ringelten sich blonde Locken hervor, die ihm bis über die Schultern reichten. Sein Gesicht war bartlos. Er trug ein schimmerndes Kettenhemd, darunter eine ärmellose Tunika. Seine flachen Stiefel waren wadenlang und geschnürt, doch ihre Aufmerksamkeit wurde von den Waffen angezogen, die er am Gürtel trug.

Sie sah ein langes Schwert, dessen Griff mit Silber verziert war, eine Wurfaxt, einen Dolch und eine Streitaxt. Fiona spürte seine Gewaltbereitschaft, und Furcht erfasste sie. Der Schauder der Angst schien sie aus ihrer Starre zu lösen, und sie wandte sich zur Flucht.

Thorne erkannte den Augenblick, in dem die geheimnisvolle Schöne fliehen wollte, und er reagierte schnell. Sie hatte noch keinen Schritt getan, als er sie packte und an sich riss.

»Geh nicht«, sagte er heiser. »Wer bist du? Gibt es dich wirklich oder bist du nur das Gespinst meiner Fantasie?«

Sie sah ihn an, offensichtlich erstaunt, dass er sich ihrer Sprache, des Gälischen bediente. Sie konnte ja nicht ahnen, dass der Wikinger nicht nur ein Plünderer war, sondern auch ein Händler, der während seiner zahlreichen Reisen in ferne Länder viele Sprachen gelernt hatte.

»Wer bist du?« wiederholte er.

Sie sah ihn an, und Thorne stockte der Atem. Diese Augen! Sie waren von einem so intensiven Violett, dass er kaum wagte, sie länger anzusehen, aus Furcht, dass sie ihn verhexen könnten. Aber es war schon zu spät. Er hatte sich für immer und unwiderruflich in diesen Augen verloren. Hungrig betrachtete er ihre vollen Lippen. Wenn er nicht von ihnen kosten durfte, so würde er verdursten.

Thorne war ein Mann, der sich zu nehmen pflegte, was er begehrte, und diese Frau begehrte er. Nicht gewohnt zu fragen, riss er sie an sich und küsste sie mit all der Begierde und der Leidenschaft, zu denen er fähig war.

Überwältigt von seinem wilden Gebaren, wehrte das Mädchen sich heftig. Seit fromme Mönche auf ihre Insel gekommen waren, bekannten die Bewohner sich zum christlichen Glauben und beteten täglich, von den Gewalttaten der Nordmänner verschont zu werden.

Fiona wimmerte vor Angst und Schmerz, als er sie küsste, und es gelang ihr, sich von ihm zu befreien. »Nein!«

Ihre sinnliche Stimme ließ ihn erschauern. »Du kannst also sprechen? Wer bist du?« Er hielt sie mit der einen Hand fest, während er mit der anderen über ihre Brüste strich.

Sie schüttelte den Kopf, fest entschlossen, diesem Nordmann nichts zu verraten. Sie war vor Angst beinahe wahnsinnig bei der Vorstellung, dieser brutale Mann könnte der Wikinger sein, den der alte keltische Zauberer Brann in einer Vision vor vielen Jahren beschrieben hatte. Brann hatte gesagt, ihre Zukunft und die des Nordmannes wären verbunden. Gewiss war dieser Wilde aber nicht der, den das Schicksal für sie auserwählt hatte. So grausam würde Gott doch nicht sein, oder?

»Es ist mir egal, wer du bist«, sagte Thorne grob. »Ich bekomme dich sowieso.« Er packte sie und legte sie auf den Boden.

Sie sah den lustvollen Ausdruck in seinen blauen Augen und wusste, dass sie fliehen musste. Es war sündig, was er ihr antun wollte. Als er sich über sie kniete, reagierte sie mit einem Mut, den sie sich selbst nicht zugetraut hatte. Sie trat nach ihm, und während er versuchte, sich aufzurichten, sprang sie auf. Wie von Wölfen gehetzt, rannte sie in den dunklen Wald.

Thorne lief ihr nach. Aber angetan mit seiner Rüstung und den Waffen konnte er das leichtfüßige Mädchen nicht einholen. Sie war ihm entkommen.

»Odin soll dich holen!« Sein Fluch hallte durch den Wald und schreckte einige Nachttiere auf. Er begehrte sie so sehr, dass es schmerzte, und er ahnte, dass keine Frau ihm je solche Lust bereiten würde wie dieses geheimnisvolle Mädchen. Ein Wort kam ihm in den Sinn, ein Wort, so schrecklich, dass er nicht wagte, es auszusprechen.

Hexerei!

Das Mädchen hatte ihn verhext. Er musste fliehen, sonst könnte er seine Seele verlieren.

Kurz darauf lichteten die fünf Drachenschiffe Anker und segelten aufs Meer hinaus.

1. KAPITEL

Kaupang, ein Handelshafen an der norwegischen Küste, ein Jahr später.

»Loki soll dich holen, Thorne! Du hast deinen Appetit auf Frauen verloren! Was ist auf jener Reise geschehen?«

Thorne sah seinen Bruder strafend an, dann blickte er sich um, ob auch niemand sie belauschte. Sie waren allein. Er wusste, dass sein Bruder Thorolf sein Bedürfnis nach einer einzigen Frau nicht verstehen würde, daher versuchte er gar nicht erst, es zu erklären.

»Es ist alles in Ordnung. Ich habe keine Frau gesehen, die mir gefällt.«

»Ich glaube dir nicht«, höhnte Thorolf. »Ulm sagte, du wärst nicht derselbe gewesen, seit deine Drachenschiffe an der Küste von Man vor Anker gingen. Er glaubt, dass dort etwas vorgefallen ist. Ich weiß, dass du nicht gut geschlafen hast, ich hörte dich nachts umherwandern. Du bist ungeduldig und nimmst dir nur selten eine Frau. Gefällt dir Tyra nicht mehr? Das sieht dir gar nicht ähnlich, Bruder.«

»Alles ist in Ordnung«, wiederholte Thorne, als wollte er sich selbst davon überzeugen.

»Erzähl das jemandem, der dich nicht so gut kennt wie ich. Es sieht dir nicht ähnlich, so lange ohne Frau zu sein oder zu Hause zu bleiben, wenn du doch auf Raubzug gehen könntest.«

»Vielleicht liegt es daran, dass ich jetzt verlobt bin«, meinte Thorne.

Thorolf warf den Kopf zurück und brach in Gelächter aus. »Du doch nicht, Bruder. Bretta zu heiraten würde dich nicht zähmen. Ich habe an deiner Seite gekämpft, gnadenloser Thorne. Du bist stärker als jeder Krieger, den ich bisher gesehen habe. Es ist an der Zeit, mir die Wahrheit zu sagen.«

»Da stimme ich zu.« Thornes Vater betrat die Halle und blieb vor den Söhnen stehen, die Hände in die Hüften gestemmt, die Beine gespreizt. Olaf war noch breitschultriger als seine Söhne. Sein blondes Haar und der Bart zeigten graue Strähnen, sein Körper war von Narben gezeichnet, und an der linken Hand fehlten zwei Finger.

»Thorolf ist nicht der Einzige, dem dein seltsames Verhalten aufgefallen ist«, sagte er zu Thorne. »Du benimmst dich, als hätte man dich verhext.«

Thorne erschrak heftig. Er wusste, Olaf hatte die Worte nur im Scherz gesagt, doch der Vater war der Wahrheit für seinen Geschmack zu nahe gekommen. Thorne hatte schon vor langer Zeit entschieden, dass er wohl verzaubert worden war. Seit jener Nacht, in der er auf die Insel Man gelockt worden war, hatte er die geheimnisvolle Schöne nicht vergessen können. Er träumte von ihr, und sie machte ihm das Aufwachen unerträglich. Schlaf war ein Luxus, den er sich nicht länger gönnen durfte. Das Mädchen war eine Hexe, eine andere Erklärung gab es nicht. Und er war für den Rest seines Lebens zu einem elenden Dasein verdammt.

Olaf kniff misstrauisch die Augen zusammen. »Bei Odin! Das ist es! Du bist verhext!«

Thorne betrachtete seine Hände. Es waren starke Hände, dazu geschaffen, Waffen zu tragen, Feinde zu besiegen, doch jetzt ruhten sie still. Ein Mann von seiner Kraft sollte in der Lage sein, seine sinnlichen Träume zu bezwingen, doch es gelang ihm nicht. Es war, als wäre das Mädchen mit dem prachtvollen Haar und den violetten Augen in seinen Kopf eingedrungen, um ihn in den Wahnsinn zu treiben.

»Ja, Vater«, gab Thorne widerstrebend zu. »Ich bin verhext. Eine andere Erklärung gibt es nicht.«

»Was redest du da?« brüllte Thorolf. »Jemand muss dir einen Schlag auf den Kopf versetzt haben, sonst würdest du so etwas niemals sagen.«

»Ich begegnete der Hexe auf der Insel Man«, erklärte Thorne. »Sie lockte mich an Land, ich schwöre es. Sie sprach mit mir durch den Wind und die Wellen, versprach mir Walhalla. Sie ist schön wie eine Prinzessin, mit seidigem Haar und veilchenfarbenen Augen. Sie war nackt, und im Mondlicht schimmerte ihr Körper wie Elfenbein. Und ich begehrte sie mehr, als ich je eine andere Frau begehrt habe.«

Thorolf rückte zur Ecke der Bank, offensichtlich neugierig auf Thornes Geschichte. »Eine solche Frau muss eine Hexe sein! Was ist geschehen? Hat sie einen Zauber über dich geworfen? Eine solche Geschichte ist es wert, in Liedern besungen zu werden.«

»Ich sprach Gälisch mit ihr, aber sie antwortete nicht«, sagte Thorne, tief in Erinnerungen versunken. »Sie sagte nur ein Wort.«

»Welches Wort?« fragte Olaf. Er schien überrascht, dass der Stärkere seiner Söhne sich von einer Frau behexen ließ.

»Sie sagte ›nein‹, als ich sie zu Boden warf. Ich wollte sie haben und konnte an nichts anderes denken. Als ich innehielt, um meine Hose zu öffnen, entkam sie mir. Ich wollte ihr folgen, aber sie schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Das kann nur eine Hexe. Statt die Insel nach ihr abzusuchen, schickte ich voller Panik die Männer zurück an Bord. Ich fühlte – nein, ich wusste, dass ich verhext worden war, und das ängstigte mich. Nie zuvor hat mich eine Frau so betört. Die schöne Hexe, die ich auf der nebligen Insel traf, hat mein Leben ruiniert.«

Olaf sah seinen Sohn mitleidig an. Er erkannte, dass Thorne litt, und es gefiel ihm nicht. Er rieb sich das bärtige Kinn und dachte über Thornes Bekenntnis nach. Olaf hatte nie an Hexerei geglaubt, aber es lag nicht in seiner Natur, etwas von sich zu weisen, nur weil er es nicht verstand. Wenn Thorne glaubte, dass er verhext worden war, dann musste etwas geschehen.

»Du musst nach Man zurückkehren«, erklärte er.

»Warum?« fragte Thorne. »Ich will diesen verfluchten Ort nicht mehr sehen.«

»Seit wann lässt du eine Gelegenheit für einen Raubzug aus?« fragte Thorolf. »Hör auf unseren Vater, Thorne, denn er ist ein kluger Mann und weiß, wie man den Zauber brechen kann.«

»Na schön. Ich werde meine Drachenschiffe nach Man führen und rauben und plündern. Wenn ich fertig bin, wird mein Name dort verflucht sein.«

»Ja«, sagte Olaf, zufrieden mit der Antwort seines Sohnes. »Aber da ist noch etwas. Du musst die Hexe finden und sie töten. Ihr Tod wird den Bann brechen.«

Thorne starrte seinen Vater an. Natürlich! Plötzlich war alles klar. Er hätte selbst darauf kommen und den monatelangen Qualen ein Ende bereiten sollen! War die Hexe erst tot, würde er nicht länger besessen sein von ihr.

»Ich werde eine Mannschaft zusammenstellen und die Reise antreten«, sagte er. »Jeder Einwohner der Insel Man wird lernen, den Namen von Thorne dem Gnadenlosen zu fürchten.«

Thorolf nickte. »Das ist ein kluger Entschluss. Du musst die Hexe töten und den Zauber brechen. Außerdem wird der Raubzug uns neuen Reichtum bringen. Konstantinopel verlangt neue Sklaven.«

»Wirst du der schönen Bretta erklären, warum die Hochzeit aufgeschoben werden muss, Vater?« fragte Thorne. »Ich weiß, du hast alles vorbereitet, damit wir am Althing heiraten können.«

»Die Hochzeit kann warten. Ich werde Bretta einladen, bei uns zu leben, während du auf Raubzug bist. Die Hochzeit kann nach deiner Rückkehr stattfinden. Ist die Hexe erst tot, kannst du dich Bretta widmen und Kinder zeugen. Wir werden warten, Thorne.

Möge Odin dich sicher zurückbringen und Thor dir die Kraft geben, die Hexe zu besiegen.«

2. KAPITEL

Grau schlugen die Wellen an den westlichen Strand. Das Land lag still und verlassen da. Keine Menschen standen am Ufer, und kein Rauch stieg von den Hütten jenseits der bewaldeten niedrigen Hügel auf.

Die Einwohner waren klug genug, ihre Behausungen nicht am Strand zu bauen, um nicht im Schlaf von einer Horde Wikinger überrascht zu werden, sondern im Binnenland, wo sie rechtzeitig die Palisaden schließen und die Bögen spannen konnten.

Kein Geräusch störte die Stille, außer dem Plätschern der Wellen und den Schreien der Möwen, als die Sonne hinter den Nebelschwaden aufging.

An seinem Posten auf einer Anhöhe, von der aus er das Meer überblicken konnte, streckte sich gähnend ein Junge in einem schweren Wollumhang und richtete sich mühsam auf. Es war seine Aufgabe, nach fremden Schiffen Ausschau zu halten, die sich dem Strand näherten, und die Dorfbewohner rechtzeitig zu warnen, so dass sie sich noch bewaffnen konnten. Er hatte nichts gesehen, seit er die Wache von einem anderen Jungen übernommen hatte, und war gelangweilt vom Anblick des leeren Ozeans. Er griff in seinen Lederbeutel, um Brot und Käse zu frühstücken, aber ehe er ein Stück abbeißen konnte, erregte etwas weit draußen im Nebel seine Aufmerksamkeit. Er blinzelte, dann starrte er den dunklen Umriss an. Dann entdeckte er noch einen und noch einen. Insgesamt waren es fünf. Plötzlich erhellte die Sonne die Segel und ließ Metall aufleuchten.

Jetzt erkannte er die Drachenköpfe über den Wellen. Das Licht spiegelte sich in glänzenden Helmen, Speeren und Schwertklingen. Jedes Drachenschiff wurde von sechzehn Ruderern vorangetrieben. Am Mast hing ein einziges rot-weiß gestreiftes Segel.

Der Junge stand reglos vor Angst da, als die fünf schmalen Schiffe sich dem Strand näherten. Bald darauf sprangen dreißig hochgewachsene, bärtige und blonde Räuber aus jedem der Schiffe. Insgesamt einhundertundfünfzig. Sie trugen Kettenhemden, die bis zu den Knien reichten, darüber pelzgefütterte Umhänge, die am Hals mit Gold- oder Silberfibeln geschlossen wurden. Ihre Beine steckten in geschnürten Lederstiefeln, und konische Helme schützten ihre Köpfe.

Jeder der Männer führte mehrere Waffen mit sich: Schwerter, Kampfäxte, Speere, kurze Messer. Runde Holzschilde mit einer Metallplatte in der Mitte dienten zu ihrem Schutz. Während die Wikinger die Drachenschiffe verließen, fand der Junge endlich den Mut, sich zu bewegen. Aber inzwischen war es zu spät. Man hatte ihn von unten bereits gesehen. Zwei Wikinger stiegen die Anhöhe hinauf und packten ihn, ehe er einen Warnschrei ausstoßen konnte.

»Wir haben den Jungen, Thorne«, sagte Ulm, während er den zappelnden Knaben zu den Schiffen brachte, wo Thorne den Männern Befehle erteilte. »Was sollen wir mit ihm machen?«

Thorne warf dem Jungen einen prüfenden Blick zu und stellte fest, dass er noch fast ein Kind war und daher keine Gefahr von ihm drohte. »Ich werde mit ihm sprechen.«

Ulm hielt den Jungen an den Schultern fest, während Thorne Fragen stellte. »Wie weit ist es bis zum Dorf, Junge?«

Der Knabe sah Thorne an, überrascht, dass der Wilde Gälisch mit ihm sprach. Als er schwieg, stieß Ulm ihn an. »Beantworte die Frage, Bursche.«

Der Junge schluckte und versuchte, etwas zu sagen, aber die Angst schnürte ihm die Kehle zu.

»Ich werde dir nichts tun, antworte nur ehrlich«, sagte Thorne. »Wie weit ist es bis zum Dorf?«

»Nicht weit.«

»Hat das Dorf Palisaden?«

»Ja, aber das Tor ist offen.«

»Ich suche eine Frau. Sie hat langes, welliges Haar und veilchenfarbene Augen. Sie ist eine Hexe. Kennst du sie?«

Der Junge machte große Augen. »Eine Hexe? Nein, in unserem Dorf gibt es keine Hexe. Nur auf eine Frau passt deine Beschreibung. Fiona die Gelehrte. Aber sie ist keine Hexe.«

Thorne kniff die Augen zusammen. »Denk nach, Junge. Die Frau, die ich suche, ist von großer Schönheit, keine Bäuerin.«

Der Junge leckte sich die Lippen. »Ich – nein. Ich weiß nicht, von wem du sprichst.«

Thorne glaubte ihm nicht. Er würde die Hexe finden, und dann würde er sie zwingen, den Zauber zu brechen. »Führ den Jungen fort. Sag den Männern, die hier bleiben, um die Schiffe zu bewachen, sie sollen auf ihn aufpassen. Wir werden von ihm nichts mehr erfahren.«

Der Morgen war hell und klar, als Thorne seine wilde Horde zum Dorf führte. Als Ulm das kleine Kloster erblickte, verließ er mit der Hälfte der Männer den Pfad. Gewöhnlich verfügten Klöster über großen Reichtum, weit mehr als die Bauern. Ulms Männer zogen die mächtigen Schwerter und näherten sich den ahnungslosen Mönchen. Thorne hingegen interessierte die Aussicht auf Reichtümer und Sklaven nicht. Er war nur aus einem einzigen Grund hier.

Die Hexe.

Fiona die Gelehrte bahnte sich den Weg durch den Wald zu der Anhöhe, wo Brann, der Zauberer, seine Hütte errichtet hatte. Es war ihre Gewohnheit, den alten Mann täglich zu besuchen, im Allgemeinen morgens, ehe ihr Vater aufstand und die Dorfbewohner den Tag mit der Morgenmesse begannen. An diesem Tag hatte sie einen Korb bei sich, gefüllt mit Heilkräutern wie Lorbeer, Fenchel, Eisenkraut und Salbei. Brann war nicht nur ein Zauberer, sondern auch ein Heiler. Er mischte Tränke und Heilmittel, die geheimnisvolle Kräfte besaßen. Die Dorfbewohner suchten seine Hilfe in allen Fällen, von Liebeskummer über Versagen der Manneskraft bis zur Abwehr von Gefahren.

Fiona schlenderte den schmalen Pfad zu der kleinen Hütte entlang. Sie klopfte einmal, dann öffnete sie die Tür, ohne auf die Aufforderung zum Eintreten zu warten. Die Hütte war dunkel und voller Rauch. Es roch nach Kräutern und Gebräuen, die nur sie und Brann kannten. Fionas verstorbene Mutter war ebenfalls eine Heilerin gewesen, und sie hatte ihre Fähigkeiten an die Tochter weitergegeben.

Obwohl Mairie die Heilerin zum Christentum übergetreten war, reichten ihre keltischen Wurzeln tief. Man sagte ihr nach, mystische Fähigkeiten von ihren Vorfahren geerbt zu haben. Fionas Kräfte waren nicht so stark wie die ihrer Mutter, aber Brann hatte ihr gezeigt, wie sie ihre Fähigkeiten nutzen konnte, sowie Hellsichtigkeit und die Heilkraft, zum Nutzen anderer.

Fiona spähte durch den Rauch und sah Brann an der einzigen Fensteröffnung stehen. Er starrte aufs Meer hinaus. Er regte sich nicht, als sie sich ihm näherte. Nachdem sie den Korb auf den Tisch gestellt hatte, berührte sie sanft seine Schulter.

»Brann? Was ist? Ist dir nicht gut?«

Es vergingen einige Momente, ehe der alte Mann sich umdrehte und Fiona erkannte. Zwar waren seine Augen klar, doch etwas loderte darin, das Fiona erschauern ließ. Er schien durch sie hindurchzusehen. Nie hatte sie Brann so abwesend erlebt, und das beunruhigte sie.

»Brann? Was ist los?«

»Ach, Fiona«, sagte er, plötzlich wieder erwachend. »Es fängt an.«

»Was fängt an?«

Brann sah an ihr vorbei, mit starrem Blick und sagte in merkwürdigem Singsang: »Sie werden unsere Küste mit ihren Drachenschiffen erreichen und plündern und rauben. Du wirst ihn an seinem Namen erkennen, man nennt ihn den ›Gnadenlosen‹. Sein Schwert heißt Bluttrinker, und sein Schiff Odins Raven. Er hält dein Schicksal in seinen starken Händen. Er kommt, um dir das Leben zu nehmen. Stattdessen wird er dir das Herz rauben.«

Er verstummte, und sein Blick wurde klar. Aber seine Miene blieb ernst.

»Ich habe diese Prophezeiung schon früher gehört, Brann. Warum quälst du mich jetzt damit? Ich glaube nicht länger daran. Vor einem Jahr schon kamen Wikinger an unseren Strand, aber nichts geschah, dem Herrn sei Dank, und sie kehrten nicht zurück. Es ist Unsinn zu glauben, dass ein Wikinger mir das Herz rauben würde. Und außerdem, warum sollte jemand hierher kommen, um ausgerechnet mich zu töten?«

»Die Antwort weiß ich nicht, indes wirst du es bald wissen.

Wenn du diesen Tag überlebst, wirst du in ein fernes Land reisen und dich großen Gefahren ausgesetzt sehen.«

Fiona war zu klug, um Branns Prophezeiung von der Hand zu weisen. Sie vertraute ihm vorbehaltlos, aber diese Voraussage konnte unmöglich stimmen. Sie dachte an ihre Begegnung mit dem Wikinger zurück, vor einem Jahr im Schein des Mondes, und sie erinnerte sich an seine Hände auf ihrer nackten Haut. Sein Körper hatte ebenso wenig wie sein Herz eine weiche, zärtliche Stelle. Er hatte ihr Gewalt antun wollen, und vermutlich hätte er sie danach getötet, hätte sie nicht die Geistesgegenwart besessen zu fliehen.

Obwohl sie es niemals zugegeben hätte, nicht einmal sich selbst gegenüber, dachte sie viel zu oft an den Wikinger. Manchmal erschien er sogar in ihren Träumen, aber in den Träumen tat er Dinge mit ihr, die nichts mit Tod zu tun hatten.

»Was denkst du?« fragte Brann.

Fiona errötete. Konnte der Zauberer in ihren Kopf sehen? »Wie viel Zeit bleibt mir, ehe deine Prophezeiung sich erfüllt?« Brann lächelte traurig. »Der Tag steht bevor.«

Fiona erschrak. »Wikinger sind hier? An unserer Küste? Jetzt?« Warum hatte sie das nicht gespürt?

»Sie stehen vor den Toren des Dorfes.«

»Gott schütze uns! Was soll ich tun? Ich muss sofort zurück.« Brann nickte. »Ja. Wir müssen schnell zurück. Es könnte schon zu spät sein.«

Fiona hielt sich nicht damit auf zu fragen, was Brann meinte, während sie eilig hinauslief und den Pfad zum Dorf entlanghastete. Brann folgte ihr mit einer für einen so alten Mann erstaunlichen Schnelligkeit.

»Beeil dich«, rief sie ihm über die Schulter zu. »Ich fühle sie jetzt und fühle ihren Zorn. Du hast Recht. Sie wollen mich töten.«

Thorne hatte die Dorfbewohner bei ihren Morgenarbeiten überrascht. Ein Erdwall mit Palisaden umgab die Ansammlung von Hütten, doch das Tor stand offen. Nur wenige Einwohner hatten es geschafft, sich rechtzeitig zu bewaffnen, und diese wurden von den Eindringlingen rasch überwältigt. Nach einem kurzen Kampf hatten die Dorfbewohner die Waffen niedergelegt und sich ergeben. Einige flehten um ihr Leben, denn sie rechneten mit dem Tod.

Als Ulm vom Kloster herabkam und sich zu Thorne gesellte, gab es wenig zu tun außer Plündern, Vergewaltigen und Brandschatzen.

Thorne stand der Sinn nicht danach, aber er konnte seine Männer auch nicht daran hindern. Missbilligend sah er zu, wie ein Mann eine junge Frau hinter eine der Hütten zerrte. Er versuchte, nicht auf ihre Schreie zu hören, während die Menschen auf dem Dorfanger zusammengetrieben wurden. Er war auf der Jagd nach einer Hexe, und er würde erst ruhen, wenn die Frau, die einen Bann über ihn verhängt hatte, gefunden und vernichtet war.

»Wer ist euer Anführer?« verlangte Thorne zu wissen.

Ein schmächtiger Mann mittleren Alters trat vor. »Ich bin Adair.«

»Du bist der Anführer?«

»Ja. Töte mich, Wikinger, aber verschone meine Leute.«

»Niemand wird sterben, wenn ich bekomme, was ich will.« Adair machte eine hilflose Handbewegung. »Du hast schon alles geraubt, was uns gehört.«

»Ich suche eine Frau. Ich weiß ihren Namen nicht, aber sie ist eine Hexe. Sie hat wunderschönes Haar, veilchenfarbene Augen und den Körper einer Zauberin.«

Thorne war erstaunt, als sich ein allgemeines Gemurmel erhob.

Adair sah ihn erschrocken an. »Es gibt keine Hexe in unserem Dorf.«

Thorne kniff die Augen zusammen und hob sein Schwert hoch. »Du lügst! Ich will sie. Bring sie mir.«

»Warum? Was willst du von ihr?«

»Die Hexe hat mich verzaubert. Bluttrinker wird sie töten und mich befreien.«

»Ich verstehe nichts davon«, sagte Adair. »Wir sind Christen. Es gibt bei uns keine Hexen. Wo hast du sie getroffen?«

»An eurer Küste«, erwiderte Thorne. »Sie lockte mich mit ihrem Sirenengesang hierher, auf meiner letzten Reise. Da hat sie mich verhext. Wenn du sie jetzt nicht herbringst, werdet ihr alle die Folgen tragen.«

Adair wusste, dass der Wikinger seine geliebte Tochter Fiona meinte, denn nur auf sie passte seine Beschreibung. Aber Fiona war keine Hexe. Sie verfügte über Kräfte, die Adair nicht verstand, und er hoffte, dass sie die Gefahr spürte und sich versteckt hielt, was immer auch geschehen mochte.

Er senkte sein Haupt. »Mach mit mir, was du willst, Wikinger, denn ich kenne keine Hexe.«

Thorne wandte sich an die Dorfbewohner, die sich ängstlich aneinander klammerten. »Wer von euch spricht, um das Leben seines Anführers zu retten? Wo ist die Hexe, die ich suche?«

Niemand rührte sich.

Nie zuvor hatte Thorne sich so hilflos gefühlt. Diese Leute hatten allen Grund, ihn zu fürchten, und doch verteidigten sie die Hexe. Wurde sie so geliebt, dass alle ihr Leben für sie geben würden?

»Du hast dein Schicksal besiegelt«, donnerte Thorne. »Jede Stunde wird ein Mann sterben, bis sie hier ist, und mit dem Anführer werden wir beginnen. Wenn alle Männer tot sind, werden die Witwen und die Kinder in die Sklaverei verkauft.«

Thorne erwartete, dass wenigstens einer bereit sein würde, eine Information für sein Leben zu geben, doch er begegnete nur stummen Tränen und stillem Dulden. Waren sie alle behext? Welche Frau verdiente so viel Loyalität?

»Du!« rief Thorne und deutete mit seinem Schwert auf Adair. »Auf die Knie. Vielleicht ändern deine Leute ihre Meinung, wenn sie den Kopf ihres Anführers rollen sehen.«

Adair sank auf die Knie und neigte den Kopf. Thorne betrachtete den Nacken des Mannes und verspürte wenig Lust auf seine Aufgabe. Es machte ihm nichts aus zu töten, in der Schlacht tat er das häufig. Aber es war nicht seine Art, einen unbewaffneten Mann umzubringen. Er hatte erwartet, dass diese Bauern nachgeben würden. Doch nun gab es kein Zurück. Wenn er seinen Befehl jetzt zurücknahm, würde er eine Schwäche eingestehen. Statt den tödlichen Hieb selbst auszuführen, ließ er sein Schwert sinken und winkte Ulm.

Ulm trat an seine Stelle. Er hob sein Schwert, bereit für den Schlag.

Plötzlich lief eine Frau durch die Menge und warf sich auf den Knienden. Ihr langes Haar umgab Adair wie einen seidigen Umhang, und Thorne fühlte sich, als hätte man ihm einen Stoß versetzt.

Er hatte die Hexe gefunden.

»Halte ein!« rief er, als Ulm beinahe Adair und die Frau erschlagen hätte. Ulm ließ sein Schwert sinken.

Thorne ging zu Fiona und zog sie von Adair weg. Dann hielt er sie auf Armeslänge von sich weg und sah sie an. Seit ihrer letzten Begegnung war sie wohl noch schöner geworden. Dann beging er den Fehler, ihr in die Augen zu sehen, und war erneut wie gebannt. Sein Verlangen war so machtvoll, dass er ihr am liebsten die Kleider vom Leib gerissen und sich auf sie geworfen hätte, um seine Lust zu stillen. Das Wiedersehen war wie ein Schock für ihn. Er war überzeugt, dass er ihrem Zauber nicht entkommen konnte, solange sie lebte.

Fiona machte große Augen, als sie erkannte, dass dies derselbe Wikinger war, den sie in jener schicksalsschweren Nacht vor einem Jahr schon einmal gesehen hatte. Sie hätte wissen müssen, dass er es sein würde. Branns Prophezeiungen stimmten fast immer.

Thornes Miene veränderte sich nicht. »Du erinnerst dich also an mich«, sagte er. »Leugne es nicht, ich sehe es in deinen Augen. Wie heißt du?«

Fiona sah ihn an und entdeckte ihren Tod in seinen blauen Augen. Sie wusste nicht, warum er sie töten wollte, aber was auch immer der Grund sein mochte, sie würde nicht um ihr Leben flehen. Wenn es sein sollte, würde der Herr sie vor diesem heidnischen Ungeheuer retten.

»Man nennt mich Fiona die Gelehrte.«

»Fiona die Gelehrte«, wiederholte er langsam. »Hat man dir diesen Namen gegeben, weil du über Hexenkräfte verfügst?«

Fiona stockte der Atem. »Hexenkräfte? Wie kommst du darauf? Ich bin eine Christin. Man gab mir diesen Namen wegen der Heilkräfte, über die ich verfüge.«

Thorne schnaubte verächtlich. »Lüg nicht. Ich weiß, dass du eine Hexe bist. Du hast einen Bann über mich verhängt, und seither habe ich keine Ruhe mehr gefunden. Du hast mir den Verstand geraubt.« Er beugte sich vor, sodass nur sie seine Worte hören konnte. »Du hast meine Manneskraft bedroht.« Er deutete auf sich. »Thorne der Gnadenlose. Keine Frau gefällt mir mehr. Ich bin besessen, ich sage es dir, und das ist deine Schuld.«

Fiona erschrak über seine Anschuldigungen. »Du bist wahnsinnig. Ich bin keine Hexe. Ich habe dir nichts angetan. Du hast mich beleidigt.«

»Leugne nicht. Ich weiß, dass du eine Hexe bist. Selbst jetzt spüre ich deine verführerische Anziehung, die mir die Lebenskraft nimmt. Ich werde erst frei sein, wenn dein Blut von meinem Schwert tropft. Knie nieder, Hexe.«

Adair sprang vor und schützte Fiona mit seinem Körper. »Nein! Töte sie nicht, Wikinger. Fiona ist meine Tochter. Sie ist wirklich keine Hexe. Sie ist beliebt bei allen, die sie kennen. Sie hat den Dorfbewohnern geholfen, seit ihre Mutter starb und ihr das Vermächtnis als Heilerin hinterließ.«

Thorne stieß Adair zur Seite. Obwohl er es nicht gern tat, würde er sich erst aus ihrem Bann befreien können, wenn er Fiona mit seinen eigenen Händen tötete. Er erschauerte, als er Bluttrinker hob. Er hatte erwartet, dass sie sich ducken, um Gnade flehen würde, aber zu seiner Überraschung blieb sie hoch erhobenen Hauptes stehen und sah ihn an.

Bei Odin, er konnte es nicht tun. Fiona die Gelehrte war in die Tiefen seiner Seele eingedrungen und hatte ihm den Mut geraubt. Plötzlich fühlte er eine Hand auf seiner Schulter und fuhr herum, bereit, jeden zu erschlagen, der es wagte, sich hier einzumischen. Langsam ließ er Bluttrinker sinken, als er in die dunklen, glühenden Augen eines alten Mannes mit weißem Haar sah.

»Du kannst sie nicht töten, Wikinger«, sagte Brann.

»Aus dem Weg, alter Mann«, sagte Ulm und zog Brann weg. »Es ist Thornes Mission, die Hexe zu töten.«

»Fiona ist keine Hexe. Sie ist eine Heilerin. Ihr Wissen um die Kräuter hat unzählige Leben gerettet. Sie zu töten würde einen Fluch auf dich und deine Familie herabsenken.«

Thorne erbleichte. Ein Fluch war nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. »Wer bist du?«

»Ich bin Brann der Zauberer, Wikinger. Ich habe Fiona gelehrt. Hör auf mich, Nordmann. Schütze sie, denn sie ist deine Zukunft. Eure Sterne haben denselben Weg.«

»Du sprichst in Rätseln, alter Mann«, sagte Thorne. »Mein Schwert ist meine Zukunft. Wenn die Walküren mich nach Walhalla bringen, wird Bluttrinker an meiner Seite sein. Für einen Krieger gibt es nichts Herrlicheres.«

»Ich werde es noch einmal sagen, Wikinger. Wenn du Fiona tötest, wirst du es ein Leben lang bedauern.«

Thorne sah Brann entsetzt an. War er tatsächlich ein Zauberer? Oder nur ein Lügner? Thorne war abergläubisch genug, um die Konsequenzen zu bedenken, falls er Fiona tötete. Er sah sie an, wie sie da vor ihm stand, kerzengerade, mit klaren Augen. Sie schien ihn durchschauen zu können.

Und er begehrte sie. Loki sollte ihn holen, er begehrte sie so sehr, dass es wehtat.

»Der Mann ist ein Scharlatan, Thorne, hör nicht auf ihn«, sagte Ulm warnend. »Gib den Befehl dazu, und wir werden jeden Mann töten, das Dorf niederbrennen und Frauen und Kinder in die Sklaverei verkaufen. Dann bekommt die Hexe, was sie verdient.«

Thorne wollte Fiona nicht töten. Auch sonst niemanden. Es hatte ihm noch nie zuvor etwas ausgemacht, ein paar Bauern umzubringen, aber irgendetwas ließ ihn das Dorf und seine Umgebung mit anderen Augen sehen. Die Insel war üppig und fruchtbar, es gab reiche Jagdgründe. Von Man aus konnten Handelsrouten in alle Welt erreicht werden. Vielleicht wollte er sich eines Tages auf dieser Insel niederlassen. Diese Leute konnten seine Leibeigenen werden. Eine innere Stimme sagte ihm, dass es ein Fehler wäre, sie zu töten.

»Ich will, dass die Insel unversehrt bleibt«, befahl er Ulm.

Ulm murmelte etwas Missbilligendes. »Die Frau hat dich weich werden lassen«, sagte er. »Du wirst ihrem Bann erst entkommen, wenn du sie tötest.«

Thorne sah Fiona an. Es überraschte ihn, dass sie seinem Blick standhielt. Er musste eine solche Frau bewundern, auch wenn er verfluchte, was sie ihm angetan hatte. Aber seine Gefühle loderten hoch und gingen weit über die Bewunderung der Frau vor ihm hinaus. Er konnte sie nicht töten. Diese Erkenntnis brachte ihn zu einer Entscheidung. Er würde die Hexe zu seiner Leibeigenen machen und sie zwingen, den Bann von ihm zu nehmen.

Mühsam löste er seinen Blick von ihr. »Das Land ist fruchtbar und wird gute Ernten bringen«, sagte er. »Die Wälder sind voll von Wild und die Bäche voller Fische. Vielleicht werde ich mich eines Tages hier niederlassen, und dann werde ich Sklaven brauchen, die das Land bestellen und Abgaben zahlen. Daher erscheint es mir sinnvoll, die Bauern zu verschonen und auch ihr Dorf. Ich werde Freiwillige brauchen, die hier bleiben und die Insel in meinem Namen besetzt halten, bis ich zurückkehre. Was nun Fiona die Gelehrte betrifft«, er lächelte ihr zu, »so wird sie meine Leibeigene werden. Ich bezweifle, dass sie sich leichten Herzens in ihr Schicksal fügen wird, aber sie wird sich daran gewöhnen.«

Fiona holte tief Luft. Die Sklavin dieses Wikingers zu werden würde sie töten. Was würde er mit ihr tun? Würde er erwarten, dass sie das Bett mit ihm teilte? Würde er ihr die Unschuld rauben und sie dann zur Hure seiner Männer machen? Das könnte sie nicht ertragen. Sie sah ihn an.

»Töte mich, Wikinger. Ich werde nicht deine Sklavin sein.«

»Löse den Bann und ich werde darüber nachdenken.«

»Ich habe dich nicht verhext. Ich bin eine Christin. Frag die Mönche im Kloster.«

Ulm lachte böse. »Ich fürchte, die Mönche sind derzeit nicht in der Verfassung, Fragen zu beantworten. Sie wollten sich nicht von ihren Reichtümern trennen, daher mussten wir Gewalt anwenden.«

Die Menschen schrien auf vor Entsetzen. Fiona sprach ihre Meinung aus. »Mörder! Wie könnt ihr es wagen, den frommen Männern Leid anzutun?«

»Genug!« rief Thorne. »Wir werden sehen, wie du das Los der Sklaverei erträgst. Eine Leibeigene gehorcht stets ihrem Herrn. Ich befehle dir, den Bann zu lösen.«

»Zum Teufel mit dir!« rief Fiona. »Nur ein Narr würde mich für eine Hexe halten. Ich bin eine Heilerin, sonst nichts.«

»Ich bin also ein Narr!« Thorne wandte sich von ihr ab und rief in seiner Muttersprache ein paar Befehle. Sofort packten zwei Wikinger Fiona und zerrten sie fort.

Ihr Vater unternahm den Versuch, sie aufzuhalten. »Nehmt sie nicht mit, ich bitte euch. Fiona ist eine gute Tochter. Sie ist alles, was ich habe.«

»Du bist jung genug, um eine andere Tochter zu zeugen«, sagte Thorne. »Vergiss sie. Sie ist jetzt meine Sklavin. Ich kann mit ihr machen, was ich will. Sei dankbar, dass ich dein Dorf und deine Leute verschont habe. Meine Männer werden alle gerecht behandeln, solange sie den Gesetzen folgen, die ich verfüge.«

Fiona versuchte, nicht in Panik zu geraten, aber die Aussicht, die Heimat zu verlassen, entsetzte sie. Sie warf Brann einen verzweifelten Blick zu, obwohl sie wusste, dass er sie nicht retten konnte.

»Halt!« Fiona erschrak, als der alte Mann vor Thorne trat. »Nimm mich mit, Wikinger.«

»Warum sollte ich das tun«, fragte Thorne höhnisch, »wenn ich statt deiner jeden kräftigen Bauern nehmen könnte?«

»Weil ich andere Kräfte besitze als jeder sonst. Eines Tages wirst du mich brauchen, Thorne. So viel steht fest.«

»Hexerei!« sagte Ulm und wich vor dem bärtigen alten Mann zurück. »Einen wie ihn brauchen wir nicht.«

»Doch, das werdet ihr«, sagte Brann. »Ich werde meine Heilmittel und Tinkturen aus meiner Hütte holen und sogleich zurückkehren.«

»Warum willst du die Heimat verlassen, alter Mann?« fragte Thorne misstrauisch. »Wenn du uns Böses willst, werde ich dich eigenhändig töten.«

Brann sah Fiona an, und seine Züge wurden weicher. »Meine Gründe liegen auf der Hand. Fiona darf nichts geschehen. Ich kann dich nicht daran hindern, sie mitzunehmen, aber ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um sie zu schützen. Und ich sage dir eines: Der Tag wird kommen, an dem du mich und meine Fähigkeiten brauchen wirst.«

»Also schön. Geh, Zauberer. Doch höre auf meine Worte. Keiner von euch, weder du noch Fiona, wird besondere Annehmlichkeiten genießen. Ihr seid beide Sklaven, sonst nichts, und werdet auch so behandelt.«

»Brann, opfere dich nicht für mich«, rief Fiona ihm über die Schulter zu, als Thornes Männer sie wegführten.

»Sei ruhig, Fiona, alles wird gut«, versicherte Brann. Er wirkte so überzeugt davon, dass ihr Zittern nachließ. »Ich bin gleich bei dir«, sagte er und eilte davon.

Thorne runzelte besorgt die Stirn, als Fiona zu seinem Drachenschiff geführt wurde. Er hatte das Gefühl, einen Fehler zu begehen, und ahnte, dass seine Familie mit der Wendung der Dinge nicht einverstanden sein würde. Sie erwarteten, dass er die Hexe tötete und frei von ihrem Zauber zurückkehrte. Das war nicht geschehen. Wenn überhaupt, dann war er noch betörter als zuvor. Er hoffte, dass es genügte, sie zu versklaven, denn er brachte es nicht fertig, Fiona zu töten.

Dann kam ihm ein anderer Gedanke. Würde es den Bann brechen, wenn er sie sich nahm? Es war eine Überlegung wert. Odin und alle Götter wussten, wie sehr er sie begehrte. Das Einzige, was ihn daran hinderte, war das Wissen – das einmal nicht genug sein würde.

Er fürchtete, dass, hatte er erst seine Lust gestillt, seine Besessenheit sich steigern würde, bis …

Ja, bis ihr seine Seele gehörte.

3. KAPITEL

Fiona presste sich, benommen vor Kälte und Übelkeit, an die Planken des Drachenschiffes unter dem Zeltdach, dass Thorne für sie und Brann hatte errichten lassen. Thornes Flaggschiff war das größte der fünf Boote. Sie hatte viel über die Nordmänner gelernt, seit Thorne sie hierher gebracht hatte.

Sie hatte festgestellt, dass die Wikinger ihre Vorräte und ihre Beute unter den Planken verstauten. Ihre Mahlzeiten bestanden aus getrocknetem Fleisch, und sie tranken Wasser aus Schläuchen, die sie ebenfalls unter Deck aufbewahrten.

Fiona hatte nicht gewusst, was sie erwartete, nachdem ihre Heimatinsel außer Sichtweite war. Nie zuvor war sie so weit von der Küste entfernt gewesen, noch dazu in der Gesellschaft von Männern, die sie gleichzeitig hassten und fürchteten. Sie war froh über Branns Gegenwart, denn Thorne hatte sie ignoriert, seit die Segel gesetzt worden waren. Sie war darauf vorbereitet gewesen, dass man ihr Gewalt antun würde, doch niemand hatte sie angerührt, obwohl sie manchmal bemerkt hatte, dass Thorne sie ansah, als würde er ihr am liebsten den Hals umdrehen. Umso dankbarer war sie für das Zelt und den Schutz, den es ihr bot.

Sie waren gerade fünf Tage auf See gewesen, als der erste Sturm aufkam. Das Schiff wurde hin und her geworfen wie ein Rohr im Wind. Brann und Fiona drängten sich unter dem Segeltuchdach aneinander und beteten, dass die Windböen sie nicht über Bord wehten. Brann war bleich wie ein Gespenst. Auf dem Höhepunkt des Unwetters war er zum Bootsrand getaumelt, um sich zu erbrechen. Nach seiner Rückkehr sank er stöhnend neben Fiona zusammen.

Obwohl auch sie sich nicht gut fühlte, wusste sie, dass sie etwas gegen sein Unwohlsein tun musste. Sie durchsuchte die Kiste, in der er die Heilmittel aufbewahrte, und fand etwas Baldrianwurzelextrakt und Sud aus Minzblättern, die oft zur Beruhigung gegeben wurden. Danach machte sie sich auf, frisches Wasser zu holen.

Thorne stand am Ruder, und beim Anblick Fionas erfasste ihn Furcht. Er wusste, dass ihr zierlicher Leib den tobenden Elementen nicht standhalten würde, und beobachtete, wie sie über das windumtoste Deck schritt. Dann bemerkte er die Unruhe, die sich bei ihrem Anblick unter der Mannschaft ausbreitete.

»Es ist die Hexe! Sie hat uns verflucht! Werft sie über Bord!« Einer der Männer packte Fiona und hob sie hoch über seinen Kopf mit der Absicht, sie ins Meer zu werfen. Thornes Herz schlug schneller, als er einen seiner Männer zum Ruder winkte und zu ihr eilte.

»Setzt sie ab«, befahl er wütend. »Die Frau ist meine Gefangene, und außer mir rührt sie niemand an. Ich will sie nicht töten.«

Ulm trat vor. Seine Miene war hart. »Die Frau ist eine Hexe, Thorne. Sie hat Thors Zorn auf uns herabgerufen. Wir werden alle sterben.«

»Wir haben schon schlimmere Stürme überstanden«, höhnte Thorne. »Unser Schiff ist nicht in Gefahr. Odins Raven segelt sicher auf den Wellen. Geht an eure Arbeit zurück.«

Fiona wurde nicht eben sanft auf die Füße gestellt, und die Männer nahmen ihre Tätigkeiten wieder auf, wobei sie etwas von Hexen und Zauberei murmelten. Thorne packte ihren Arm und führte sie zurück zum Zeltdach.

»Was suchst du hier draußen?« fragte er. »Du hättest über Bord gespült werden können. Meine Männer glauben, du hättest den Sturm gerufen.« Er sah sie misstrauisch an. »Stimmt das?«

»Nein! Lass mich los! Ich brauche Wasser, um eine Arznei für Brann zu bereiten. Er ist krank.«

»Bleib hier, ich hole Wasser. Die Männer sind aufgebracht. Dein Anblick macht alles nur noch schlimmer.«

Ein paar Minuten später kehrte Thorne mit einem Trinkhorn voll Wasser zurück. Er reichte es Fiona, dann wandte er sich an Brann. »Was ist los mit ihm?«

»Er ist seekrank. Ich fand etwas in seiner Kiste, um die Beschwerden zu lindern, aber ich brauche Wasser, um es aufzulösen.«

Sie ließ ein paar Tropfen der Extrakte in das Trinkhorn fallen. Dann kniete sie neben Brann nieder, hob seinen Kopf an und führte das Horn an seine Lippen. Nach ein paar Schlucken schloss er die Augen und schien einzuschlafen.

»Was hast du ihm gegeben?« fragte Thorne. »Welchen Zaubertrank hast du gemixt?«

»Keinen Zaubertrank«, erwiderte Fiona. »Es ist nur etwas Baldrian und Minze, um seinen Magen zu beruhigen. Alle Heilkundigen wissen davon.«

Thorne sah sie an. Sogar nass und zerzaust war sie überaus reizvoll. Ihre Augen schienen auf den Grund seiner Seele blicken zu können. Er versuchte sich abzuwenden, doch es gelang ihm nicht. Zu gern hätte er ihr Gesicht, ihr Haar, ihren Körper berührt. In den vergangenen fünf Tagen hatte er versucht, sie zu ignorieren, doch mit wenig Erfolg. Er sollte sie jetzt gleich nehmen und seine Lust zwischen ihren weißen Schenkeln befriedigen. Allerdings wusste er, dass dieses Verlangen nur ein Teil dessen war, was ihn zu Fiona zog, und das hinderte ihn daran.

Thorne sah, wie sie sich unter seinem Blick voller Unbehagen wand. »Warum siehst du mich so an?« fragte sie.

»Wie sehe ich dich denn an?«

»Du starrst mich an wie in jener Nacht, als du mich beim Baden im Bach antrafst.« Sie versuchte, einen Schritt zurückzuweichen, doch dafür gab es keinen Platz.

Thorne sah sie weiterhin an. Er war jetzt zum ersten Mal mit ihr allein. Trotz der Tatsache, dass beinahe dreißig Männer nur wenige Schritte entfernt gegen den Sturm kämpften, hatte er das Gefühl, dass es außer Fiona und ihm niemanden auf der Welt gab.

»Hast du Angst vor mir?« fragte er, als er sah, dass sie vor ihm zurückwich.

»Nein … nein.«

»Das solltest du aber. Wikinger sind gefürchtet. Viele nennen uns Wilde. Berserker. Piraten. Wir sind alles das und noch viel mehr.« Er drängte sie in die Ecke. »Ich könnte dich mit einer Hand erwürgen, wenn ich es wollte.«

Beinahe hätte er laut aufgelacht, als Fiona den Kopf hob. »Was hindert dich daran?« fragte sie kühn.

»Zum einen diese verführerischen veilchenfarbenen Augen«, meinte er. »Ich fürchte, ich wäre für immer verdammt, wenn ich dich umbringe. Auf die eine oder andere Weise werde ich dich dazu bringen, mich aus dem Zauber zu lösen.« Er sah sie an. »Du bist meine Sklavin. Ich kann dich jederzeit nehmen, wenn ich es will. Wenn ich befriedigt bin, wird der Bann vielleicht gebrochen sein, und ich werde frei sein von dir.«

»Du bist wahnsinnig! Wäre ich eine Hexe, würde ich niemals einen Wikinger verzaubern, einen Mann, den jeder fürchtet und verachtet.«

Thorne presste die Lippen zusammen und runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht, dass du mich verachtest, Fiona. Ich erinnere mich an deinen leidenschaftlichen Kuss und an die Rundungen deines Körpers. Die Erinnerung daran verfolgt mich bis in meine Träume.«

Zu Fionas Entsetzen griff er nach ihr und zog sie an sich. Sie fühlte seine festen Muskeln. Dann dachte sie gar nichts mehr, als er ihr Haar packte und ihren Kopf zu sich heranzog. Er küsste sie, bis es wehtat, sie öffnete die Lippen und spürte seine Zunge.

Fiona fühlte sich hilflos, wie besessen von diesem Seeräuber. Er raubte ihr den Atem und machte, dass ihr Herz schneller schlug. Sie war überrascht, als seine Lippen sich weich anfühlten und sanft, sie hatte Grausamkeit erwartet und spürte jetzt Lust. Was für ein Mann war dieser Wikinger? Zärtlich im einen Augenblick und beängstigend im anderen.

Thorne drängte sich an sie, und sie fühlte sein Verlangen. Fiona stöhnte, als er ihre Hüften umfasste, sie wollte sich widersetzen, doch es gelang ihr nicht. Er schob die Hände höher, umfasste ihre Brüste, strich über die Spitzen.

Fiona konnte diese süßen Qualen nicht länger ertragen. Sie griff in sein blondes Haar und zog mit aller Kraft daran. Er löste die Lippen von ihr und fluchte. Sie versuchte, sich aus seinen Armen zu befreien, doch er war so viel stärker als sie. Als er sie auf die Planken legen wollte, protestierte sie.

»Gott steh mir bei! Nein, Wikinger, lass mich gehen!«

»Du bist meine Sklavin, Fiona. Ich will dich, jetzt gleich.«

Gott musste ihr Gebet erhört haben, denn das Deck neigte sich, und Wellen spülten über Bord, rissen sie beinahe mit sich fort. Ein Blitz zuckte, der Wind heulte. Das Schiff wurde von einer Seite zur anderen geneigt, und die Männer rutschten über das Deck.

»Thor rette uns«, rief Thorne und warf Fiona einen finsteren Blick zu. »Es stimmt! Du bist eine Hexe! Hast du die Mächte des Bösen auf uns herabgerufen?«

Erschrocken bemerkte Fiona, dass Thorne ihr gerade eine Möglichkeit gezeigt hatte, wie sie ihre Unschuld schützen könnte. Sie betete um Vergebung und log: »Wenn es das ist, was du glaubst, dann stimmt es.«

Thorne erbleichte, aber es blieb ihm keine Zeit, über ihre Antwort nachzudenken. Er wurde am Ruder gebraucht. Er allein hatte genügend Erfahrung, um sie sicher durch den Sturm zu geleiten.

»Wir sind noch nicht fertig, Fiona«, versprach er beim Gehen. »Du hast recht getan, ihm zu widerstehen, Fiona.«

Fiona blickte zu Brann hinüber. Er schlief nicht, wie sie es erwartet hatte. Seine Augen waren offen, und sein glühender Blick ruhte auf ihrem Gesicht. »Du hast zugehört?«

»Ja. Und auch zugesehen. Es ist, wie ich es vorhersagte. Der Wikinger glaubt, du hättest ihn verzaubert, aber tatsächlich steckt mehr dahinter. Er ist ein harter Mann, Fiona. Dir stehen schwere Zeiten bevor. Eines Tages indes wird Thorne der Gnadenlose deinen Wert erkennen und dir sein Herz öffnen.«

»Nein! Das will ich nicht! Warum, Brann? Warum muss es der Wikinger sein? Kann ich nichts tun, um den Lauf des Schicksals zu ändern? Ich will den Wikinger nicht. Er ist zu mächtig, zu groß, zu – männlich. Er will mich zu seiner Hure machen.«

»Eines Tages wirst du alles für ihn bedeuten, Fiona.« Ehe sie noch weitere Fragen stellen konnte, war er wieder eingeschlummert.

Fiona bedachte Branns Worte. Wie konnte sie alles bedeuten für Thorne, wenn er sie für eine Hexe hielt? Nichts davon ergab einen Sinn. Vor einem Jahr war der Wikinger wie aus dem Nichts aufgetaucht. Nach einer kurzen Begegnung war er verschwunden. Dann war er zurückgekehrt, um ihr so ruhiges Dasein zu zerstören. Was hatte ihn zurückgebracht? Gewiss nicht dieser Unsinn über Hexen und Magie. Sie seufzte und legte sich neben Brann, lauschte dem Toben des Sturms.

Eine Woche später erreichten die Drachenschiffe Schottlands Westküste. Sie fuhren einen Fluss hinauf, errichteten am Ufer Zelte, füllten ihre Wasserschläuche, bereiteten Wildbret für das Abendessen vor und segelten am nächsten Morgen wieder ab, ohne einer Menschenseele zu begegnen.