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Ein Kuss, der alles verändern kann … Der romantische Sammelband »Regency Kiss – Die Ballsaison ist eröffnet« von Connie Mason als eBook bei dotbooks. Zwei mutige Ladies, die im London der Regency-Zeit für ihre Träume kämpfen … Moira O’Toole ist auf der Flucht vor einem grässlichen Verehrer, als sie Jack Graystoke in die Arme stolpert, einem berüchtigten Spieler und Frauenhelden. Warum bietet er ausgerechnet ihr seine Hilfe an? Und was ist der wahre Grund für sein Angebot, den perfekten Ehemann für sie finden zu wollen? Auch Lady Olivia Fairfax steckt in argen Nöten – seit dem Tod ihres Vaters wird die Familie vom Pech verfolgt und so greift sie zu sehr undamenhaften Methoden: Die reichen Lords in ihren feinen Kutschen warten schließlich nur darauf, um ihre vollen Börsen erleichtert zu werden. Aber dann erkennt der Marquis von Bathurst auf einem Ball in Olivia die hübsche Diebin wieder, die ihn ausgeraubt hat – und fordert eine unverschämte Wiedergutmachung … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Sammelband »Regency Kiss – Die Ballsaison ist eröffnet« von Connie Mason vereint die Romantik-Highlights »In den Armen des Lords« und »In den Armen des Marquis« – für alle Fans von Julia Quinn und »Bridgerton«. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 1151
Über dieses Buch:
Zwei mutige Ladies, die im London der Regency-Zeit für ihre Träume kämpfen … Moira O’Toole ist auf der Flucht vor einem grässlichen Verehrer, als sie Jack Graystoke in die Arme stolpert, einem berüchtigten Spieler und Frauenhelden. Warum bietet er ausgerechnet ihr seine Hilfe an? Und was ist der wahre Grund für sein Angebot, den perfekten Ehemann für sie finden zu wollen? Auch Lady Olivia Fairfax steckt in argen Nöten – seit dem Tod ihres Vaters wird die Familie vom Pech verfolgt und so greift sie zu sehr undamenhaften Methoden: Die reichen Lords in ihren feinen Kutschen warten schließlich nur darauf, um ihre vollen Börsen erleichtert zu werden. Aber dann erkennt der Marquis von Bathurst auf einem Ball in Olivia die hübsche Diebin wieder, die ihn ausgeraubt hat – und fordert eine unverschämte Wiedergutmachung …
Über die Autorin:
Connie Mason hat früh ihre Leidenschaft für das Lesen und Schreiben entdeckt. 1984 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. Im Jahr 1990 wurde die Amerikanerin vom »Romantic Times Magazine« zur »Erzählerin des Jahres« gekürt. Die Bestsellerautorin hat bereits mehr als 50 historische Liebesromane erfolgreich veröffentlicht. Heute lebt Connie Mason mit ihrem Mann in Florida. Sie hat drei Kinder und neun Enkel.
Connie Mason veröffentlichte bei dotbooks auch die Romane:»Rebell meines Herzens«»Die Liebe des Outlaws«»Die Leidenschaft des Outlaws«»Das Verlangen des Outlaws«»In den Fängen des Wikingers«»Die Gefangene des Ritters«»Das Herz des Schwarzen Ritters«»In den Armen des Ritters«»Die Gefangene des Lairds«»Der Rebell und die Schöne«»In den Armen des Rebellen«»Ein unwiderstehlicher Rebell«Die letzten drei Romane sind auch im Sammelband »Die Liebe der Rebellen« erhältlich.
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Sammelband-Originalausgabe April 2023
Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2023 dotbooks GmbH, München
Die amerikanische Originalausgabe von »In den Armen des Lords« erschien 1996 unter dem Titel »Pure Temptation« bei Dorchester Publishing Co., Inc., Copyright © 1996 by Connie Mason. Die deutsche Erstausgabe des Romans erschien 2006 unter dem Titel »Feurige Glut des Herzens« bei Bastei Lübbe, Copyright © 2006 by Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln. Copyright © der Neuausgabe 2018 dotbooks GmbH, München; vermittelt durch Interpill Media GmbH, Hamburg, by arrangement with Natasha Kern Literary Agency.
Die amerikanische Originalausgabe von »In den Armen des Marquis« erschien 2002 unter dem Titel »The Rogue and the Hellion« bei Dorchester Publishing Co., Inc., Copyright © 2002 by Connie Mason. Die deutsche Erstausgabe erschien 2007 unter dem Titel »Bezaubernde Diebin« bei Bastei Lübbe, Copyright © 2007 by Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln. Copyright © der Neuausgabe 2018 dotbooks GmbH, München; vermittelt durch Interpill Media GmbH, Hamburg, by arrangement with Natasha Kern Literary Agency
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © Period Images sowie © shutterstock
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)
ISBN 978-3-98690-587-3
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Connie Mason
Regency Kiss – Die Ballsaison ist eröffnet
Zwei Romane in einem eBook
dotbooks.
Roman
Aus dem Amerikanischen von Ulrike Moreno
London, 1795
Gespenster waren so verdammt unberechenbar.
Als Kind hatte Jackson Graystoke alle Ecken und Winkel des verfallenden alten Herrenhauses, das er geerbt hatte, nach Lady Amelias Geist durchsucht und nie etwas gefunden. Als junger Bursche hätte er alles Mögliche dafür gegeben, einen Blick auf diese längst verstorbene Dame, die gelegentlich in Graystoke Manor umging, erhaschen zu dürfen. Aber ganz bestimmt nicht heute, da er längst nicht mehr an die Existenz von Geistern glaubte.
Lady Amelia erschien der Legende nach nur jenen männlichen Graystokes, die sich auf dem Weg zur ewigen Verdammnis befanden. In den über zweihundert Jahren seit ihrem Verscheiden hatte sie sich eher selten gezeigt, da nicht viele ihrer Nachfahren verderbt genug gewesen waren, um ihre Hilfe zu benötigen.
Black Jack Graystoke jedoch rief sie wieder auf den Plan. Er war das schwarze Schaf seiner Familie, ein Mann, der nur für seine Ausschweifungen und Exzesse lebte. Er war ein unverbesserlicher Wüstling, ein Filou, ein Schelm, ein Lebemann und Schürzenjäger. Männer mochten ihn, und Frauen liebten ihn. Und Lady Amelia, die nun wie ein Racheengel über seinem Bett schwebte, blickte mit unverkennbarem Missfallen auf ihn herab.
»Lasst mich in Ruhe«, sagte Jack gereizt. Nach einer langen Nacht an den Spieltischen war er soeben erst zu Bett gegangen und hatte keine Zeit für eine Erscheinung, die eine Sinnestäuschung sein konnte oder auch nicht. Ihm war durchaus bewusst, dass er zu viel getrunken hatte, aber so betrunken war er nun auch wieder nicht.
Das in schimmerndes Licht und wallende Gewänder gehüllte Gespenst schüttelte betrübt den Kopf.
»Was, zum Teufel, wollt Ihr eigentlich von mir?«
Doch Lady Amelia starrte ihn nur aus leeren Augen an.
»Warum jetzt? Warum sucht Ihr Euch ausgerechnet diesen Moment aus, um mir zu erscheinen, wo es doch Zeiten gab, in denen ich mehr als froh gewesen wäre, Euch zu sehen?« Jack kannte sich aus mit der Familienlegende; er hatte sie schließlich oft genug gehört. »Ich bin bereits zu tief gesunken; nichts, was Ihr tut, kann mich noch vor der ewigen Verdammnis retten.«
Lady Amelia schwebte davon, in Richtung Tür. Jack richtete sich auf und sah, dass sie ihm winkte. Mit einem verärgerten Stöhnen ließ er sich wieder in die Kissen fallen und schloss die Augen. Als er sie kurz darauf jedoch wieder öffnete, war Lady Amelia noch immer da.
»Wo soll ich denn hingehen? Es regnet draußen, Herrgott noch mal!« Das Klappern der Fensterläden bestätigte die Wahrheit seiner Worte. Aus dem leichten Schauer war inzwischen ein heftiger Schneeregen geworden, der von einem eisigen Wind gegen das Haus getrieben wurde. »Kann es nicht bis morgen warten?«
Lady Amelia rang die Hände und schien überaus besorgt zu sein. Es war mehr als offensichtlich, dass sie einfach keine Ruhe geben würde. Wieder schüttelte sie den Kopf und zeigte auf die Tür.
»Verdammt noch mal, könnten wir denn nicht einen Kompromiss schließen?« Lady Amelia schüttelte den Kopf. »Also gut, Mylady, Ihr habt gewonnen. Bringt mich, wohin Ihr wollt – ich sehe schon, dass ich ohnehin keinen Schlaf mehr finden werdeheute Nacht.«
Das Lady Amelia umgebende Licht flackerte wie in stummer Übereinstimmung, und dann entschwand die Erscheinung vor Jacks Augen durch die geschlossene Tür. Mit einem gemurmelten Fluch schlug er die Bettdecken zurück und schlüpfte in seine soeben erst abgelegten Kleider, wobei er sich besondere Mühe mit dem Falten seines Halstuchs gab. Nie würde er das Haus verlassen, ohne wirklich absolut untadelig gekleidet zu sein.
Noch immer verdrossen vor sich hin brummend, trat er auf den Korridor hinaus und war überhaupt nicht überrascht zu sehen, dass Lady Amelia am Treppenabsatz auf ihn wartete.
»Wo, zum Teufel, soll ich also hingehen?« Sein männlich attraktives Gesicht, das Frauen bis zur Raserei für ihn entflammte, trug einen unverkennbar griesgrämigen Ausdruck.
Lady Amelia nickte ihm jedoch nur zu und winkte einladend mit dem Finger. Ergeben folgte er ihrer dahinschwebenden Gestalt die Treppe hinunter und sah, dass sie ihn zur Eingangstür führte.
Das ließ ihn wieder innehalten. »Ist Euch eigentlich klar, was da draußen los ist?«, brummte er. »Bei diesem Wetter sollte man nicht einmal einen Hund vor die Tür schicken. Ihr erwartet doch wohl nicht, dass ich in einer solchen Nacht meinen Kutscher aus dem Bett hole?« Lady Amelia blickte ihn nur an, als wollte sie ihm zu verstehen geben, es fehle ihm an Abenteuergeist. Jack stieß einen Fluch aus. »Ach, was soll’s! Dann werde ich die Kutsche eben selber fahren, wenn Ihr dann zufrieden seid. Es wäre allerdings schön, wenn ich zumindest eine ungefähre Vorstellung hätte, wohin ich fahren soll.«
Lady Amelia schien jedoch nicht geneigt, ihm weitere Einzelheiten zu verraten, als sie sich langsam von der Tür entfernte. Ihr schimmerndes Licht wurde zusehends schwächer, um dann schließlich völlig zu erlöschen.
»Wartet! Geht noch nicht! Ihr habt mir noch nicht gesagt ...«
Zu spät. Lady Amelia war bereits auf und davon.
Wie vom Donner gerührt starrte Jack auf den leeren Fleck, wo das Familiengespenst Sekunden vorher noch gestanden hatte. Hatte er sich dies alles vielleicht nur eingebildet? War Amelia nichts als ein Trugbild seiner etwas überreizten Fantasie? Vielleicht bin ich ja noch viel betrunkener, als ich dachte, überlegte er ein wenig schuldbewusst. Die Hand bereits auf dem Türknauf, blieb er dann noch einmal stehen. Was tun? Wenn er klug war, ging er in sein warmes Bett zurück und tat ganz einfach so, als handelte es sich bloß um einen schlechten Traum. Oder aber er stellte sich der Herausforderung und begab sich trotz des unfreundlichen Wetters noch einmal hinaus.
Black Jack Graystoke war in seinem ganzen Leben noch vor keiner Herausforderung zurückgeschreckt. Erscheinung oder Traum – er war immerhin schon wach und angezogen. Und sollte das Ganze tatsächlich nur ein Traum gewesen sein, konnte er immer noch zu White’s gehen und mit seinen Freunden, von denen sicher einige trotz des schlechten Wetters ausgegangen waren, etwas trinken. Auch er wäre niemals so früh heimgegangen, wenn er heute Abend nicht so ein verdammtes Pech am Spieltisch gehabt hätte.
Eisiger Schneeregen schlug ihm entgegen, als er die Tür öffnete und ins Freie trat. Mit gesenktem Kopf, um sich vor dem schneidenden Wind zu schützen, ging er rasch zum Kutschenhaus hinüber und spannte die beiden hübschen Grauschimmel, die er bei einem Kartenspiel gewonnen hatte, vor die schäbige alte Kutsche, die sein einziges Beförderungsmittel war. Nahezu alles, was Jack besaß, hatte er beim Kartenspiel entweder gewonnen oder verloren. Seine Familie, verarmte Verwandte mütterlicherseits des jungen Earl of Ailesbury, hatte ihm nichts anderes hinterlassen als den Titel eines Baronets einen Haufen Schulden und ein arg heruntergekommenes Herrenhaus am Londoner Hanover Square, das sich schon seit über zweihundert Jahren im Familienbesitz befand. Der Unterhalt des Anwesens allein verschlang jedoch so viel von seinen Mitteln, dass seine Taschen eigentlich permanent leer waren.
Eine wohlhabende Erbin zu heiraten war daher Jacks einzige Rettung, und er dachte bereits ernsthaft darüber nach, sein Junggesellenleben zu beenden und Lady Victoria Greene zu heiraten, eine reiche Witwe, mit der er schon seit einiger Zeit ein – wenn auch eher lockeres – Verhältnis hatte. Eine Liebesheirat war natürlich völlig ausgeschlossen. Jeder wusste, dass Black Jack Graystoke ein viel zu berüchtigter Bonvivant war, um irgendeiner Frau so etwas wie unsterbliche Liebe anbieten zu können.
Jack zündete die Lampen rechts und links der Kutsche an, stieg auf den Kutschbock, nahm die Zügel auf und trieb die etwas lustlosen Grauschimmel durchs Tor. Der nasse Schneeregen klatschte ihm ins Gesicht, und er verbarg es, so gut es ging, in seinem Kragen und verwünschte Lady Amelia für diese unangenehme Situation. Er hatte keinen blassen Schimmer, warum ihr Geist ihn in einer solchen Nacht hinausgeschickt hatte, und sehnte sich nach einem aufmunternden Brandy oder etwas ähnlich Stärkendem. Bis er herausfand, was Lady Amelia mit dieser nächtlichen Ausfahrt bezweckte, konnte er auch genauso gut das Beste daraus machen. Jack lenkte das Gespann durch menschenleere, windgepeitschte Straßen zum White’s Club und hielt direkt vor dem Gebäude.
Drinnen empfing ihn eine einladende Wärme, als er dem Portier seinen Umhang übergab und dann in einen der hell erleuchteten Räume trat. Dort wurde er sogleich von seinem guten Freund Lord Spencer Fenwick, dem Erben eines Herzogtums, begrüßt.
»Jack, altes Haus, ich dachte, du wärst schon vor Stunden heimgegangen! Was hat dich in diesem miserablen Wetter noch einmal hinausgetrieben? Glaubst du, dein Glück könnte sich gewendet haben? Sollen wir uns an einem der Spieltische einen Platz besorgen?«
»Sollte sich tatsächlich irgendwas gewendet haben, dann allenfalls zum Schlechteren«, erwiderte Jack seufzend und dachte an Lady Amelias unerwartetes Erscheinen. »Ich brauche dringend etwas zu trinken, alter Junge«, sagte er, während er einen Arm um die Schultern seines Freundes legte.
Auf dem Weg zur Bar sah Jack sich umringt von Frauen, die ihm schöntaten und miteinander um sein Interesse wetteiferten. Mit seiner hoch gewachsenen Gestalt, seinem muskulösen Körperbau und seiner dennoch nahezu katzenhaften Geschmeidigkeit stellte Black Jack eine schier unwiderstehliche Versuchung für Frauen jedes Alters dar. Welliges dunkles Haar umrahmte kühne, männliche Gesichtszüge, und verführerische volle Lippen deuteten auf eine sinnliche Natur hin, aber es waren vor allem seine mutwilligen grauen Augen, die es den Damen angetan hatten. Wenn Black Jack seinen unwiderstehlichen Blick auf eine Frau richtete, war sie verloren. Das Problem war nur, dass Jack keinen Grund sah, eine der Damen in den exklusiven Genuss seines anziehenden Blickes kommen zu lassen.
»Trink aus, Jack«, drängte Spence, als sie endlich ihre Getränke in den Händen hielten. Aber Jack benötigte keine Ermunterung, um die Erinnerung an Lady Amelia in Alkohol zu ertränken. Er musste komplett verrückt gewesen sein, dieses Familiengespenst wieder heraufzubeschwören, das er seit Jahren schon fast vollständig vergessen hatte.
Stunden später hatten er und Spence so tief ins Glas geschaut, dass beide nicht mehr ganz sicher auf den Füßen waren. In einem eher seltenen Anfall von Vernunft schlug Spence vor, den Abend zu beenden, und Jack stimmte ihm zu. Es konnte nichts Gutes dabei herauskommen, wenn er sich die Nacht noch weiter um die Ohren schlug, beschloss er, nach wie vor zutiefst verärgert, dass Lady Amelia ihn bei solch grauenhaftem Wetter aus dem Haus getrieben hatte. Was hatte sie nur vor mit ihm? Vermutlich irgendeinen Unfug, sagte er sich düster. Als ob er noch mehr Unfug in seinem Leben brauchen könnte. Er war durchaus fähig, sich auch ohne fremde Hilfe genügend Ärger einzuhandeln.
»Das war sehr klug von dir, dass du die Kutsche mitgebracht hast«, bemerkte Spence, als er aus dem Club torkelte und Jacks Gespann und Kutsche vor dem Eingang stehen sah. »Ich bin zu Fuß gekommen. Kannst du mich nach Hause fahren? Ich hab keine Lust, durch diese eisig kalte Nacht zu laufen.«
Jack, der auch. nicht allzu sicher auf den Beinen war, ging schwankend auf die Kutsche zu. »Steig auf, alter Junge. Ich fahre dich gerne heim.«
»Verdammt, aber ich bin fast versucht, nun doch lieber zu Fuß zu gehen«, brummte Spence, als er seinen Freund über den Gehsteig schwanken sah.
»Ob nüchtern oder betrunken, ich kann genauso gut, ach was, sogar besser mit einer Kutsche und einem Gespann umgehen als jeder andere«, prahlte Jack, als er die Zügel in die Hände nahm.
Spence hatte sich kaum neben seinen Freund gesetzt, als Jack die Zügel auch schon auf die Pferderücken klatschen ließ und die Kutsche sich mit einem Ruck, der Spence bis ins Innerste erschütterte, in Bewegung setzte und die vereiste Straße hinunterrumpelte.
»Herrgott noch mal, Jack, willst du uns umbringen?«
Jack lachte schallend, bis ein wahres Sperrfeuer von Hagel ihn bis zu einem gewissen Grad ernüchterte und ihm zu Bewusstsein brachte, dass er mit seinem Leichtsinn nicht nur sich selbst, sondern auch seinen guten Freund gefährdete. Er hatte Mühe, die temperamentvollen Grauschimmel zu bändigen, nachdem er ihnen dermaßen die Zügel hatte schießen lassen, doch es war ihm schon fast gelungen, als er plötzlich einen heftigen Ruck verspürte.
»Du meine Güte, was war denn das? Halt an, Jack, wir haben etwas überfahren!« Spence, der sich mit beiden Händen am Sitz festhielt, spähte über die Kutschenseite auf die dunkle Straße hinunter, während Jack mit den nervösen Pferden kämpfte. Mit gewaltiger Anstrengung brachte er die Kutsche schließlich zum Stehen.
Jacks noch immer stark benebeltes Gehirn hatte den kleinen Ruck zwar registriert, sich aber nichts dabei gedacht, bis Spence die Warnung geschrien hatte. Hatte er irgendetwas – oder irgendjemanden – angefahren? Gott bewahre! Mit einem Mal war Jack stocknüchtern, als er vom Kutschbock sprang und fieberhaft die regennasse Straße absuchte nach ... einer Leiche? Er hoffte nicht.
Die Nacht war so finster und das Licht der Kutschenlampen derart schwach, dass Jack über den Körper stolperte, bevor er ihn auch nur sah. »Verdammt!«
»Was ist?«, rief Spence vom Kutschbock. »Hast du etwas gefunden?«
»Nicht etwas, jemand«, sagte Jack, während er sich schon auf die Knie fallen ließ, um die regungslose Gestalt zu untersuchen. Als er sie behutsam abtastete, um nach Verletzungen zu suchen, stießen seine Finger plötzlich gegen die sanfte Rundung einer weiblichen Brust. Erschrocken schnappte er nach Luft und zog die Hand zurück, als ob er sich verbrannt hätte. »Allmächtiger! Eine Frau!«
Nun erschien auch endlich Spence an seiner Seite und starrte fassungslos auf die im Rinnstein liegende Gestalt. »Ist sie tot?«
Jack legte die Hand wieder auf die Brust der Frau. Das schwache, aber regelmäßige Pochen ihres Herzens verriet ihm, dass sie noch am Leben war. »Nein, sie lebt noch, Gott sei Dank!
»Was mag sie nur in einer solchen Nacht hier draußen tun?«, fragte Spence sich laut.
»Ihrem Gewerbe nachgehen«, meinte Jack. »Nur eine Hure hält sich noch so spät hier draußen auf. Was, zum Teufel, sollen wir jetzt bloß mit ihr tun?«
»Wir könnten sie hier liegen lassen«, entgegnete Spence lahm.
»Auf keinen Fall, Herrgott noch mal!«, versetzte Jack empört, da es für ihn selbstverständlich war, die Verantwortung für den Unfall und sämtliche Verletzungen, die die Frau möglicherweise davongetragen hatte, zu übernehmen.
»Was schlägst du vor?«
»Du könntest sie nach Fenwick Hall mitnehmen und ihre Verletzungen behandeln lassen«, schlug Jack mit hoffnungsvoller Miene vor.
»Bist du verrückt? Meine Eltern würden mich umbringen, wenn ich ihnen eine Hure ins Haus brächte. Ich bin schließlich der Erbe eines Herzogtums, verdammt!«
»Dem Himmel sei Dank, dass ich niemand von Bedeutung bin«, erwiderte Jack mit einstudierter Gleichgültigkeit.
Spence errötete und war froh, dass es in der Dunkelheit wahrscheinlich nicht zu sehen war. »So habe ich das nicht gemeint, alter Junge. Aber du bist niemandes Erbe. Du hast keine Eltern, die dir vorschreiben, was du zu tun hast. Du pfeifst auf Anstand und auf Schicklichkeit. Du bist dein eigener Herr, Jack. Du bist der berüchtigte Black Jack. Eine Hure in dein Haus zu bringen würde keinerlei Stirnrunzeln hervorrufen und allerhöchstens einen mäßigen Skandal auslösen.«
»Richtig«, stimmte Jack ihm mit einem Anflug von Gereiztheit in der Stimme zu. Sein Ruf war ohnehin nicht der beste – was konnte da schon noch ein weiterer kleiner Fauxpas bewirken? »Hol Euch der Teufel, Lady Amelia«, murmelte er verdrossen. »Denn wenn dies Eure Vorstellung von einem Scherz sein sollte, habe ich absolut keinen Sinn für Euren Humor.«
Spence beäugte ihn neugierig. »Wer ist Lady Amelia?«
»Was? Ach, mir war gar nicht bewusst, dass ich laut gesprochen hatte. Lady Amelia ist unser Familiengespenst. Ich glaube, ich habe sie gelegentlich schon mal erwähnt.«
»Was hat denn sie hiermit zu tun?«, fragte Spence verwundert.
Just in diesem Augenblick begann die Frau zu stöhnen und zu zittern, worauf die beiden Männer wieder ihr ihre Aufmerksamkeit zuwandten.
»Wir müssen sie von dieser vereisten Straße fortbringen«, meinte Jack, sich wieder auf seine Ritterlichkeit besinnend. Er hatte noch keine Frau leiden lassen, egal, von welchem Stand sie war oder wie sie ihr Geld verdiente. »Hilf mir, sie in die Kutsche zu bringen ... Herrje, nun pass doch auf!«, schimpfte Jack, als Spence einen Schritt zur Seite taumelte. »Ach, vergiss es, ich mache es schon selbst.« Nachdem er seinen Freund beiseitegeschoben hatte, hob er die Frau behutsam auf und staunte darüber, wie leicht sie war. In seinen Armen, an seiner breiten, muskulösen Brust, schien sie kaum mehr als ein zartes Kind zu sein.
»Steig ein«, befahl er Spence, nachdem er die Verletzte in die Kutsche gehoben hatte, und trat beiseite, um Spence an sich vorbeizulassen. »Versuch, es ihr einigermaßen bequem zu machen, bis wir in Graystoke Manor sind.«
Jack lenkte die Kutsche nun erheblich vorsichtiger, als er es normalerweise tat. Sein verantwortungsloses Benehmen tat ihm von Herzen leid. Er war schon sehr oft kritisiert worden wegen seiner Unbesonnenheit, und dieser Zwischenfall führte ihm nur noch deutlicher vor Augen, auf was für einem selbstzerstörerischen Weg er sich befand. Nicht einmal Lady Amelia konnte ihn vor dem verhängnisvollen Kurs bewahren, den sein Leben nahm.
Die Kutsche passierte die Tore von Graystoke Manor, als die nächtliche Finsternis gerade einem fahlen Morgengrauen wich. Das eisige Schneetreiben hatte sich in sanften Regen verwandelt, und der leicht violett getönte Horizont schien auf besseres Wetter in den nächsten Tagen hinzudeuten. Kaum kam die Kutsche polternd vor dem Haus zum Stehen, sprang Jack auch schon vom Bock und riss die Tür auf.
»Wie geht es der Frau?«
»Sie ist noch immer ohnmächtig.«
»Ich bringe sie ins Haus, und du fährst los und holst den Arzt. Ich hoffe, du hast Geld dabei; derzeit bin ich ein bisschen knapp bei Kasse. Wenn nicht, werde ich mir etwas anderes einfallen lassen. Es ist mir egal, was es kostet, bring mir bloß den Doktor her.«
Jack nahm die Frau auf die Arme und trommelte mit dem Fuß gegen die Eingangstür, statt anzuklopfen. Wenig später öffnete ein schmächtiger, verschlafen aussehender Diener in einem hastig zugebundenen Morgenmantel. Er schien ihn jedoch ganz und gar nicht zu beunruhigen, seinen Herrn im Morgengrauen mit einer bewusstlosen Frau in seinen Armen heimkehren zu sehen.
»Bring heißes Wasser und Handtücher in mein Zimmer, Pettibone«, wies Jack ihn an. »Es hat einen bedauerlichen Unfall gegeben. Lord Fenwick ist schon losgefahren, um einen Arzt zu holen.«
»Sehr wohl, Sir.« Pettibone schlurfte davon, und der Saum seines Morgenmantels schleifte hinter ihm her über den Boden.
In seinem Zimmer legte Jack die Frau vorsichtig auf sein breites Bett und trat dann einen Schritt zurück, um sie sich zum ersten Mal genauer anzusehen. Er war mehr als nur ein wenig erschrocken, als ihm bewusst wurde, dass sie noch sehr jung war und gar nicht aussah wie die Dirne, die er eigentlich zu sehen erwartet hatte. Ihre zarten Gesichtszüge und ihr feingliedriger Körper standen in krassem Widerspruch zu ihrem mutmaßlichen Gewerbe. Hat sie vielleicht vor Kurzem erst damit begonnen?, fragte er sich, als er ihre zierliche Gestalt betrachtete. Jack kannte alle möglichen Arten von Frauen und glaubte, alles über sie zu wissen, was es da zu wissen gab, doch diese Frau – nein, Frau konnte man nicht sagen, denn sie war ja kaum mehr als ein junges Mädchen – schien in eine ganz neue Kategorie zu gehören.
Eine dichte Mähne wundervollen dunkelroten Haars rahmte ihr hübsches Gesicht und fiel in weichen Wellen über ihre schmalen Schultern. Sie hatte ausgesprochen fein geschnittene Züge, und sehr zu seiner Überraschung begann sich Jack zu fragen, welche Farbe ihre Augen haben mochten. Ein schlanker, aber wohlproportionierter Körper zeichnete sich unter ihrer nassen Kleidung ab. Und obgleich ihr Gesicht starke Prellungen aufwies, was vermutlich seine Schuld war, war sie hübscher, als er auf den ersten Blick vermutet hatte.
»Ich denke, ich ziehe Ihnen am besten zuerst einmal diese nassen Sachen aus«, sagte Jack zu der regungslosen Gestalt, als er sie vorsichtig ein wenig anhob, um ihr den nassen Umhang abzunehmen.
Das Kleid darunter war auch nicht sehr viel trockener, und Jack war erstaunt, wie sittsam sie bekleidet war mit ihrem schlichten, hochgeschlossenen Wollkleid von nicht allzu guter Qualität. Er hatte noch nie erlebt, dass eine Hure sich so trist und farblos kleidete. Von Frauen ihrer Sorte erwartete man doch eher Orange oder Scharlachrot und mehr als nur großzügige Dekolletees. Indem er sie ein wenig auf die Seite drehte, konnte er die lange Reihe kleiner Knöpfe an ihrem Rücken öffnen und streifte ihr das Kleid behutsam ab. Ihr Hemd war nahezu durchsichtig von der alles durchdringenden Feuchtigkeit und ließ nicht sehr große, aber wohlgeformte Brüste mit zarten, rosafarbenen Knospen erkennen. Als Jack seinen Diener eintreten hörte, schlug er rasch die Bettdecke zurück und breitete sie über die ohnmächtige Frau.
»Das Wasser, Sir«, sagte Pettibone und reichte ihm einen dampfend heißen Krug und einen Stapel Tücher. »Wünscht Ihr sonst noch etwas, Sir?«
»Dich scheint aber auch rein gar nichts aus der Ruhe bringen zu können, Pettibone«, bemerkte Jack mit einem Anflug von Belustigung. »Es war wirklich klug von mir, dich in meinen Diensten zu behalten. Obwohl ich mir im Grunde gar keine Dienstboten erlauben kann, bereue ich es wahrhaftig nicht, dich weiterzubeschäftigen.«
Pettibone schien außerordentlich erfreut über das Lob. »Das Zusammenleben mit Euch hat mich gelehrt, alles Mögliche zu erwarten, und deshalb kann mich nichts mehr überraschen, Sir. Glaubt Ihr, die junge Dame wird wieder genesen?«
»Das werden wir erst erfahren, wenn der Arzt sie untersucht hat. Schick ihn zu mir hinauf, sobald er kommt. Und sag Fenwick, er soll mich derweil in der Bibliothek erwarten. Wir würden später vielleicht gern noch etwas essen.«
Pettibone verließ den Raum, und Jack wandte sich wieder der Frau auf seinem Bett zu. Sie fröstelte, und so breitete er rasch noch eine weitere Decke über sie und fragte sich, wie lange sie sich wohl schon draußen in der Kälte aufgehalten haben mochte. Wie hatte sie nur so unvernünftig sein können? War ihr denn nicht bewusst, dass sie kaum etwas verdienen würde in einer solchen Nacht?
Kurz darauf erschien der schlecht gelaunte Doktor, der sichtlich verstimmt darüber war, zu einer solch unchristlichen Zeit aus dem Bett geholt zu werden, und Jack sofort aus seinem Zimmer scheuchte. Jack ging hinunter zu Spence, der in der Bibliothek schon auf ihn wartete.
»Nun, wie geht es ihr?«, fragte er und unterdrückte ein Gähnen hinter einem spitzenbesetzten Taschentuch.
»Sie ist noch nicht wieder zu sich gekommen«, erwiderte Jack stirnrunzelnd. »Ich fürchte, dass ich dieser Frau einen vielleicht nicht wiedergutzumachenden Schaden zugefügt habe. Ich bin jetzt für sie verantwortlich, obwohl der Himmel weiß, was ich mit dem Mädchen anfangen soll, wenn es erst wieder auf den Beinen ist. Es wäre eine Schande, es wieder auf die Straße zurückzuschicken. Das Mädchen ist jünger, als wir dachten, Spence, und allem Anschein nach noch ziemlich neu in seinem Gewerbe. Ich mag zwar ein unverbesserlicher Wüstling sein, aber ich bin kein Unmensch.«
»Warum behältst du sie nicht als Dienstmädchen?«, schlug Spence vor und wackelte vielsagend mit seinen Augenbrauen. »Oder um dir das Bett zu wärmen.«
Jack bedachte ihn mit einem grimmigen Blick. »Du weißt sehr gut, dass ich mir kein Dienstmädchen leisten kann. Und was das Wärmen meines Bettes angeht, so habe ich damit absolut keine Probleme. Im Übrigen bin ich ziemlich anspruchsvoll und bevorzuge Frauen, die nicht auf der Straße ihrem Gewerbe nachgehen.«
»Tja, Jack, dann wird dir wohl nichts anderes übrig bleiben, als die Frau hierzubehalten, bis sie vollkommen wiederhergestellt ist und du sie fortschicken kannst.«
»Diese Frau dort oben wird für eine ganze Weile nirgendwohin gehen, meine Herren.«
Der Arzt hatte die Bibliothek betreten und ließ sich nun in einen dicken Polstersessel fallen, der schon bessere Zeiten gesehen hatte.
»Was ist mit ihr, Doktor ... Verzeihen Sie, ich habe Ihren Namen nicht verstanden.«
»Dudley. Und was die Verletzungen dieser jungen Dame angeht, so hat sie sich zunächst einmal den linken Arm gebrochen. Darüber hinaus hat sie zahlreiche Prellungen und Schürfwunden, und ich vermute, dass sie sich auch noch eine Lungenentzündung zugezogen hat, die ziemlich ernst werden könnte. Sie ist ein hübsches kleines Ding. Wer ist sie, und wie ist es überhaupt zu diesen Verletzungen gekommen?«
Jack zögerte, weil er plötzlich keine Worte fand. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund wollte er dem Arzt auf keinen Fall verraten, dass das Mädchen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Dirne war.
»Sie ist eine entfernte Verwandte von Sir Jackson Graystoke, von der irischen Seite seiner Familie. Ihr Vater ist ein Baron. Er schickte seine Tochter nach London, um sie hier in die Gesellschaft einzuführen«, improvisierte Spence und begann sich sichtlich für das Thema zu erwärmen. »Sie ist Jacks Mündel. Diese Verletzungen hat sie sich zugezogen, als am Stadtrand von London ihre Kutsche plötzlich umkippte. Sie lag mehrere Stunden im Regen, bevor Hilfe kam und sie hierher gebracht wurde.«
Jack stöhnte. Spences übereifrige Fantasie würde ihm irgendwann noch zum Verhängnis werden.
Spence, der sehr zufrieden schien mit seiner schnellen Reaktion, bedachte seinen Freund mit einem eitlen Grinsen. Jacks finsteres Stirnrunzeln hingegen verriet alles andere als Belustigung.
»Ja, das würde die Verletzungen erklären«, meinte Dr. Dudley. »Ich lasse Euch Medikamente da und komme dann morgen wieder, um den Arm der jungen Dame in Gips zu legen. Bis dahin müsste die Schwellung abgeklungen sein. Sie wird vermutlich starke Schmerzen haben, doch das Laudanum wird sie bestimmt ein wenig lindern. Vorausgesetzt, dass keine Komplikationen auftreten, müsste Lady Moira in vier bis sechs Wochen wieder vollständig gesund und auf den Beinen sein.«
»Sie kennen ihren Namen?«, fragte Jack mit einem ärgerlichen Blick auf Spence. »Ich kann mich nicht entsinnen, ihn erwähnt zu haben.« Er hätte seinen Freund erwürgen können, weil er ihn in eine solch verzwickte. Situation gebracht hatte. Eine Verwandte. Ha!
»Sie kam vorübergehend zu sich, während ich sie behandelte. Als ich sie nach ihrem Namen fragte, sagte sie, sie heiße Moira. Ihr irischer Akzent ist übrigens ganz bezaubernd. Da sie in ihrem derzeitigen Zustand jedoch nicht in der Verfassung ist, Fragen zu beantworten, hielt ich es für besser, mir die Antworten von Euch zu holen.«
Spence hatte natürlich nicht gewusst, dass Moira in der Tat aus Irland war, als er sich seine Geschichte ausgedacht hatte, und war nun überaus erfreut, dass zumindest etwas Wahres daran war. Jack dagegen sah so aus, als sei er kurz davor, zu explodieren. Ihm war schließlich nicht nur eine verletzte Dirne aufgebürdet worden, sondern dank Spencer Fenwick und dessen schwarzem Humor hatte sich sein Verwandtenkreis auch noch um eine Person erweitert. Und obwohl Jack hoffte, Dr. Dudley werde die Angelegenheit mit Diskretion behandeln, argwöhnte er doch sehr, dass dieser alte Mann zum Klatschen neigte.
»Werden Sie zum Frühstück bleiben, Doktor?«, lud Jack ihn höflich ein und hoffte, dass der Doktor ablehnen würde. Jack konnte es kaum erwarten, mit Spence allein zu sein, um ihn gehörig abzukanzeln.
»Nein, dazu habe ich leider keine Zeit«, erwiderte Dudley, während er sich schwerfällig aus seinem Sessel erhob. »Meine Praxis hat sehr frühe Öffnungszeiten. Aber morgen Abend werde ich wiederkommen, um mir die Patientin noch einmal anzuschauen.«
Und da erschien auch schon Pettibone mit einem Frühstückstablett, das er mit einer schwungvollen Bewegung auf einem Tisch abstellte. Als er bemerkte, dass der Arzt sich zum Aufbruch bereit machte, verbeugte er sich und begleitete ihn hinaus.
»Du elender Dummkopf, was fällt dir ein, so einen Blödsinn zu verzapfen?«, fluchte Jack, sobald er und sein Freund allein im Zimmer waren. »Eine Verwandte! Was für ein Teufel hat dich bloß geritten, diesem alten Schwätzer gegenüber zu behaupten, diese Dirne sei mit mir verwandt?«
Spence, der schon zu essen begonnen hatte, grinste. »Was für ein grandioser Scherz, nicht wahr? Diesmal habe ich mich selbst übertroffen, Jack. Es ist zum Schreien komisch! Wie viele Dirnen kannst du schon zu deinen Verwandten zählen?«
»Nicht eine einzige bisher, soviel ich weiß«, erwiderte Jack trocken. »Und ich habe auch nicht vor, jetzt damit zu beginnen. Schon gar nicht zu deinem Zeitvertreib. Deine Streiche werden sich eines Tages noch als Bumerang erweisen, Spence.«
Jack sprach kein Wort mehr während des Frühstücks, und als er gegessen hatte, warf er seine Serviette auf den Tisch und erhob sich brüsk.
»Wo willst du hin?«, fragte Spence und legte ebenfalls die Gabel nieder.
»Nach oben, um nach der Frau zu sehen.«
»Warte, ich begleite dich.«
Moira schien so tief und ruhig zu schlafen wie ein kleines Kind, als die beiden Männer auf Zehenspitzen Jacks Schlafzimmer betraten. Doch mit einem Mal schlug sie die Augen auf und sah sie an.
Wie warmer, flüssiger Honig, dachte Jack, als er in ihre Augen blickte. Sie waren nicht blau, grün oder braun, sondern von einem hellen Bernsteinton mit winzigen goldenen Sprenkeln.
»Wer seid Ihr? Was ist geschehen?« Ihr etwas singender Tonfall war so bezaubernd, wie der Arzt bereits gesagt hatte. »Wo bin ich?«
Jack war derart fasziniert von ihr, dass er sich erst zweimal räuspern musste, bevor er überhaupt in der Lage war, etwas zu sagen. »Sie befinden sich in meinem Haus. Erinnern Sie sich, was passiert ist, Moira?«
Ihr Blick wurde wachsam und zurückhaltend. Sie erinnerte sich nur allzu gut an das Geschehene, doch das war nichts, was sie diesen beiden fremden Männern anvertrauen wollte. »Woher wisst Ihr, wie ich heiße?« Sie versuchte, sich aufzurichten, hielt sich dann aber den gebrochenen Arm und stöhnte. »Heilige Mutter Gottes, ich bin verletzt!«
»Bewegen Sie sich nicht. Ihr Arm ist gebrochen«, sagte Jack. »Können Sie sich überhaupt an irgendetwas erinnern?« Moira schüttelte den Kopf. »Sie wurden gestern Abend von meiner Kutsche angefahren. Es war ein höchst bedauerlicher Unfall. Ihren Namen erfuhr ich dann von Doktor Dudley. Ich bin übrigens Sir Jackson Graystoke, und dieser Herr dort ist Lord Spencer Fenwick.«
»Black Jack?«, erwiderte Moira verblüfft.
Jacks graue Augen glitzerten vor Belustigung. »Wie ich sehe, haben Sie bereits von mir gehört.«
Moira schluckte. »Aye. Aber ich glaube das Gerede nicht, Sir.«
»Das sollten Sie aber besser tun.« Jack warf den Kopf zurück und lachte. »Sie hatten keine Papiere bei sich«, fuhr er etwas ernster fort, »deshalb habe ich Sie zu mir nach Hause gebracht und einen Arzt gerufen, um Ihre Verletzungen versorgen zu lassen. Das mit dem Unfall tut mir leid. Falls Sie Verwandte in der Stadt haben, setze ich mich gern mit ihnen in Verbindung.«
»Ich habe niemanden hier in England. Mein Bruder und seine Familie leben in Irland. Er hat drei kleine Kinder und eine Frau zu ernähren. Ich bin erst vor ein paar Wochen von zu Hause fortgegangen, um mir in London Arbeit zu suchen und ihm die Last ein wenig zu erleichtern.«
»Gibt es jemanden, der über Ihren Unfall informiert werden sollte?«, fragte Jack, um sie nicht direkt auf ihr nur allzu offenkundiges Gewerbe anzusprechen. »Einen Arbeitgeber vielleicht?«
»Ich bin eine stellungslose Hausgehilfin, Sir«, erwiderte Moira.
»Stellungslos?«, fragte Spence. »Wie haben Sie denn dann Ihren Lebensunterhalt bestritten?«
»Ich bin erst seit Kurzem ohne Stellung«, ergänzte Moira, »und ich hatte auch noch keine Zeit, mich nach einer neuen umzusehen. Ich habe keinen Penny, Sir, und fürchte, ich kann den Doktor nicht bezahlen.«
Aus irgendeinem Grund verärgerte ihre Bemerkung Jack. »Habe ich Sie etwa nach Geld gefragt? Bis Sie wieder auf den Beinen sind, übernehme ich Ihre Ausgaben voll und ganz.« Nachdem er das klargestellt hatte, nahm er eine kleine Flasche vom Nachttisch und goss etwas von ihrem Inhalt in ein Glas. »Doktor Dudley hat Ihnen Laudanum für Ihre Schmerzen dagelassen. Trinken Sie das«, befahl er beinahe schroff und hielt das Glas an ihre Lippen.
Moira nippte vorsichtig daran, verzog das Gesicht über den bitteren Geschmack und weigerte sich, noch mehr davon zu trinken. »Danke. Ihr seid sehr gütig.«
»Black Jack ist die Güte in Person«, bemerkte Spence und unterdrückte ein Lachen. »Sie sind in guten Händen, meine Liebe.«
Als Moiras Lider schwer wurden und sich über ihre erstaunlichen bernsteinfarbenen Augen senkten, schob Jack Spence aus dem Zimmer, folgte ihm auf den Gang hinaus und zog dann fest die Tür hinter sich zu.
»Du glaubst ihr doch nicht etwa?«, fragte Spence mit unverhohlener Skepsis. »Was hätte eine anständige Frau so spät abends noch auf der Straße zu tun? Was glaubst du wohl, warum ihr Dienstherr sie gefeuert hat? Sie wird eine richtige Schönheit sein, sobald diese Schwellungen zurückgegangen sind. Womöglich hatte sie ja etwas mit ihrem Dienstherrn oder seinen Söhnen?«
»Ich habe nicht die Absicht, unnütze Spekulationen anzustellen, Spence. Was mich weit mehr beunruhigt, ist die Frage, was ich mit ihr anfangen soll, wenn sie wieder ganz gesund ist. Vielleicht sollte ich sie nach Irland zurückschicken.«
»Du liebe Güte, vermutlich würde sie dann verhungern, wenn die Zustände dort wirklich so schlimm sind, wie man uns hier glauben machen will. Es heißt, Hungersnöte, Krankheiten und Missernten hätten die Bevölkerung drastisch dezimiert.«
»Verflixt noch mal, Spence, musst du immer so verdammt vernünftig sein? Was würdest du denn tun an meiner Stelle?«
Ein übermütiges Funkeln erschien in Spences blauen Augen. Er beneidete seinen Freund wahrhaftig nicht um sein Dilemma, doch was für eine grandiose Gelegenheit, ein bisschen Schabernack zu treiben! Das Leben war in letzter Zeit sehr langweilig gewesen. Wie die meisten seiner reichen, untätigen Freunde war auch Spence immer für eine kleine, harmlose Teufelei zu haben. Und genau aus diesem Grund waren er und Black Jack ja auch solch gute Freunde. Beide Männer hatten einen etwas seltsamen Sinn für Humor.
»Na ja, ich hätte da schon eine Idee – aber ich bin mir jetzt schon ziemlich sicher, dass sie dir nicht gefallen wird.«
Ein misstrauischer Ausdruck trat auf Jacks markante Züge. »Heraus damit, Spence.«
»Die kleine Moira mag zwar eine Prostituierte sein, aber sie ist ganz und gar nicht so, wie man sich eine vorstellt. Sie ist sehr dezent gekleidet, hat eine angenehme Sprechweise und ist weder ungehobelt noch in irgendeiner Weise primitiv. Ihre Gesichtszüge, sogar gerötet und geschwollen, wie sie sind, sind fein, ja, man könnte fast schon sagen, vornehm. Ich habe ja bereits verbreitet, dass sie eine entfernte Verwandte von dir ist«, erklärte Spence und unterbrach sich dann zu einer wirkungsvollen kleinen Pause.
»Sprich weiter«, sagte Jack, obwohl er sich nahezu sicher war, dass das, was Spence zu sagen hatte, ihm tatsächlich nicht gefallen würde.
»Warum gibst du Moira nicht einfach als Aristokratin aus?«, schlug Spence ihm vor. »Führ sie in die Gesellschaft ein, und such ihr einen Ehemann. Stell dir doch nur einmal vor, wie amüsant das Ganze für uns wäre! Du hattest doch noch nie etwas übrig für diese aufgeblasenen Dandys mit ihren hohen Absätzen und geschminkten Gesichtern, die neuerdings überall in London herumtrippeln. Warum stellst du ›Lady‹ Moira nicht einfach der Gesellschaft vor und verheiratest sie mit einem dieser überspannten Gecken?«
Zuerst schien Jack erstaunt, doch dann brach er in schallendes Gelächter aus. »Dein abstruser Humor macht mich immer wieder sprachlos, Spence. Aber dein Vorschlag hat tatsächlich etwas für sich«, gab er zu und begann sich für die Idee zu erwärmen. »Man müsste dem Mädchen nur noch etwas Schliff beibringen.«
»Vergiss nicht, wir haben bereits klargestellt, dass sie zum Landadel gehört. Niemand wird von ihr erwarten, dass sie schon Erfahrung auf dem gesellschaftlichen Parkett hat.«
»Ich muss zugeben, dass sie sprachlich wirklich sehr gewandt für eine Bürgerliche ist, aber die Kleine in eine Aristokratin zu verwandeln, wird eine Menge Zeit und Energie erfordern. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dieser Aufgabe so viel Mühe widmen möchte.«
Doch die Vorstellung, eine unbedarfte kleine Dirne in eine adelige Dame zu verwandeln, sprach natürlich Black Jacks Sinn fürs Unerhörte an, und das wiederum wusste sein Freund Spence natürlich. Jack war nicht nur fasziniert von den enormen Möglichkeiten der Unterhaltung, die sich ihnen durch eine solche Herausforderung eröffneten, sondern der Spieler in Jack begann auch schon einen Weg zu sehen, seine leeren Geldschatullen wieder aufzufüllen.
»Was hältst du davon, wenn wir das Ganze noch etwas reizvoller gestalten würden?«, schlug Jack vor.
»Ha! Ich wusste ja, dass du zustimmen würdest!« Spence lachte und klopfte Jack begeistert auf die Schulter. »Was für ein Abenteuer, nicht? Einer von uns wird dadurch reicher werden; du wirst das irische Flittchen los, und wir werden uns beide bequem zurücklehnen und noch jahrelang Geschichten über diesen Schabernack erzählen können. Ich setze zweitausend Pfund gegen deine beiden Grauschimmel, dass es dir nicht gelingen wird, dieses Mädchen als Aristokratin auszugeben und sie innerhalb von ... na ja, sagen wir, drei Monaten zu verloben.«
»Drei Monate«, wiederholte Jack und rieb sich nachdenklich das Kinn. Zweitausend Pfund waren eine Menge Geld. Aber dann wiederum waren seine Grauschimmel auch das einzig Wertvolle, was er besaß. »Ich weiß nicht. Es wird mindestens vier Wochen dauern, bevor sie sich wieder in der Öffentlichkeit sehen lassen kann.«
»Du könntest diese Zeit nutzen, um sie darauf vorzubereiten«, schlug Spence eifrig vor. »Was meinst du? Fühlst du dich der Herausforderung gewachsen?«
Spences gutmütiges Beharren machte es Jack nahezu unmöglich, sich zu weigern. »Eine Bedingung noch: Das Mädchen muss unserem Vorschlag zustimmen. Anderenfalls gilt unsere Wette nicht.«
»Einverstanden«, sagte Spence vergnügt. »Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass du das Mädchen überreden kannst, bei unserer harmlosen kleinen Scharade mitzumachen. Eine Rückkehr auf die Straße ist schließlich nicht zu vergleichen mit dem, was sie letztendlich erlangen könnte, wenn wir sie gut verheiraten.«
Moira O’Toole hatte Mühe einzuschlafen, und fragte sich voller Besorgnis, in was für Schwierigkeiten sie sich wohl dieses Mal gebracht haben mochte. Von dem Augenblick an, als sie aus Lord Roger Mayhews fahrender Kutsche gesprungen war und sich den Kopf an einem Stein gestoßen hatte, erinnerte sie sich an gar nichts mehr. Und nach allem, was sie über Männer wusste – was im Grunde herzlich wenig war –, waren sie egoistische, wollüstige Kreaturen, die hilflosen Frauen ihren Willen aufzuzwingen versuchten und, wenn sie nicht bekamen, was sie wollten, Mittel und Wege fanden, diese Frauen dafür büßen zu lassen. Ob dieser Jackson Graystoke seinen Spitznamen wohl zu Recht trug?, fragte sie sich düster. Er verhielt sich wie ein Gentleman, aber seine eindringlichen grauen Augen verrieten auch den Überdruss eines Mannes, der reichlich und nur allzu häufig jedem nur erdenklichen menschlichen Laster frönte.
Ob dieser Black Jack – sein bloßer Name ließ sie schon erschaudern – wohl auch ein Mitglied des berüchtigten Hellfire Clubs war wie Lord Roger? Sie musste ungeheuer wachsam sein, beschloss Moira, oder sie würde in eine weitere gefährliche Situation geraten. Black Jack und sein Freund durften ihr beschämendes Geheimnis nie erfahren. Moira hatte schon damit gerechnet, dass das Leben in London für eine irische Immigrantin nicht gerade leicht sein würde, aber sie hätte nie erwartet, mit solch hemmungsloser Verderbtheit konfrontiert zu werden.
Unwillkürlich berührte sie das goldene Medaillon, das sie an einer schmalen Kette um ihren Nacken trug, und dachte an ihre arme Mutter und wie sehr es sie bekümmert hätte, ihre Tochter in einer solch verzweifelten Notlage zu sehen. Das Medaillon war ein ihr teures Erbstück, eine Hinterlassenschaft von Moiras Großmutter, die bei der Geburt ihrer Tochter Mary, Moiras Mutter, gestorben war. Mary hatte das Medaillon immer sehr in Ehren gehalten, denn es enthielt das verblasste Bild eines jungen Mannes in Uniform, von dem Mary immer vermutet hatte, er sei ihr Vater, Moiras Großvater.
Mary, die sehr unter ihrer unehelichen Abstammung gelitten hatte, gab seinerzeit das Schmuckstück ihrer Tochter Moira mit der Erklärung, dieses Medaillon enthielte den Beweis dafür, dass blaues Blut in ihren und in Kevins Adern fließe. Von den Nonnen, die sie aufgezogen hatten, hatte ihre Mutter erfahren, dass ihr Vater ein englischer Edelmann gewesen war, der ihre Mutter, als sie schwanger war, im Stich gelassen hatte.
»Was soll ich tun, Mutter?«, fragte Moira niedergeschlagen, ohne eine Antwort zu erwarten oder zu erhalten. Ihre Wangen waren nass von Tränen, als sie die Augen schloss und nahezu übergangslos in einen tiefen Schlaf versank. Sie sah nicht Lady Amelias Geist über ihrem Bett schweben, aber ein schwaches Lächeln erschien um ihre Lippen, als eine tröstliche Wärme sie einzuhüllen begann und sie umfing wie eine schützende Umarmung.
***
Jack erwachte, lange nachdem die Sonne etwas verspätet am wolkenverhangenen Himmel aufgegangen war. Er streckte sich und gähnte, um sodann mit einiger Verwirrung festzustellen, dass er sich in einem Gästezimmer befand. Die Erinnerung stellte sich jedoch augenblicklich ein. Sein eigenes Bett war derzeit von einer Frau belegt, die er mit seiner Kutsche angefahren hatte. Der Gedanke erfüllte ihn mit Bestürzung. Er konnte ohnehin schon kaum die Kosten für seinen eigenen Unterhalt tragen, wie sollte er dann die Verantwortung für einen weiteren Menschen übernehmen? Doch was hätte er sonst tun sollen? Er trug die Schuld an den Verletzungen dieser Frau und konnte sie daher nicht einfach auf die Straße setzen.
Er erhob sich rasch und klingelte nach Pettibone. Der Diener, von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, erschien fast augenblicklich und brachte ein Tablett mit einer Teekanne und einer Tasse mit.
»Ah, Pettibone, du scheinst ja immer ganz genau zu wissen, was ich gerade brauche. Obwohl mir ein steifer Brandy jetzt ehrlich gesagt lieber wäre. Denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich heute etwas Kräftigendes benötigen werde.«
»Ihr meint, wegen der jungen Frau, Sir?«
»Dann war es also doch kein Traum.« Jack seufzte. »Ich hatte schon gehofft ... Na ja, egal. Ist die Frau schon wach?«
»Aye, Miss Moira ist schon wach. Ich habe ihr soeben ein Tablett hinaufgebracht. Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Sir, Ihr solltet besser eine Frau einstellen, die sich um ihre Bedürfnisse kümmert.«
»Und wie, zum Teufel, soll ich ein solches Dienstmädchen bezahlen?«, verlangte Jack zu wissen.
Doch Pettibone konnte Jack auch keinen Ausweg aus seinem Dilemma liefern. Und erst nachdem Jack ausgiebig gefrühstückt hatte, war er bereit, Moira mit der Idee zu konfrontieren, die er und Spence am Abend zuvor ausgebrütet hatten. Er wusste zwar, dass es ein reichlich unbedachter Plan war, doch je länger er darüber nachdachte, desto mehr gefiel ihm der Gedanke, eine Frau von eher fragwürdiger Tugend als eine Dame von Stand in die Gesellschaft einzuführen. Der Gedanke, all diese bornierten Gecken, die die Londoner Salons bevölkerten, wie einfältige Narren dastehen zu lassen, erfüllte ihn mit einer nahezu boshaften Befriedigung. Und es wäre wahrscheinlich auch tatsächlich eine Lösung für die etwas heikle Frage nach der Zukunft dieser Frau, die er gestern Abend mit seiner Kutsche angefahren hatte. Je schneller er diese unerwünschte Bürde wieder loswurde, desto besser.
Nachdem Moira sich mühsam aus dem Bett erhoben hatte, benutzte sie den Nachttopf hinter dem Wandschirm, und sie war kaum wieder ins Bett zurückgekehrt, da klopfte Jack auch schon kurz an die Tür und trat dann, ohne eine Antwort abzuwarten, ein. Die Beine leicht gespreizt, die Hände hinter dem Rücken, stand er am Fußende des Bettes und starrte Moira an. Als sie in seine scharfen grauen Augen blickte, kam es ihr beinahe so vor, als wäre sie versehentlich in einen heftig tobenden Sturm geraten.
Es lag eine natürliche Kraft in den kühnen Linien seines gut geschnittenen Gesichts, fand sie, als sie den Blick auf seine Lippen richtete. Sie waren fest und sinnlich, und das eckige Kinn ließ auf einen etwas eigenwilligen Charakter schließen. Er strahlte Arroganz und Durchsetzungsvermögen aus, beides Dinge, die Moira fürchtete, seit sie mit Lord Roger zu tun gehabt hatte.
Jack zog die Hände hinter dem Rücken hervor und stemmte sie in die Hüften.
»Wie fühlen Sie sich, Miss O’Toole?«
»Besser, danke. Ich schätze, in ein, zwei Tagen kann ich wieder meiner Wege gehen.«
Jacks Lippen verzogen sich zu einem amüsierten Lächeln. »Und was glauben Sie, wohin Sie gehen?«
Moira schob das Kinn ein wenig vor. »Ich möchte Euch nicht länger als nötig zur Last fallen oder Eure Wohltätigkeit in Anspruch nehmen. Ihr wart sehr freundlich, aber ich muss mir Arbeit suchen.«
»Mit einem gebrochenen Arm? Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass Sie eine Lungenentzündung bekommen. Sie haben nicht einmal eine Unterkunft, vermute ich?«
Moira biss sich auf die Unterlippe. Alles, was Jack Graystoke sagte, stimmte. Ihr Leben war ein einziges Chaos. Und überdies riskierte sie auch noch, das Gefängnis von innen kennenzulernen, sobald sie Black Jacks Haus verließ. Aber selbst das war immer noch besser, als zur Teilnahme an abscheulichen, unmoralischen Riten gezwungen zu werden.
Jack starrte Moira an, fasziniert von ihrem seidig glänzenden, weichen Haar, das so dicht und schwer und üppig war, dass es nahezu lebendig schien. Er konnte sich nicht erinnern, jemals Haar in einem solchen Rot gesehen zu haben. Es war nicht rötlich braun und auch nicht wirklich rot, sondern mehr wie blank poliertes, altes Kupfer. Als sie in spöttischer Verwunderung seinen Blick erwiderte, erinnerten ihre Augen ihn an süßen, wilden Honig.
»Die meisten Dienstboten wohnen im Haus«, klärte sie ihn auf. »Ich brauchte keine eigene Unterkunft.«
Jack betrachtete sie aus schmalen Augen. »Bis auf Ihren entzückenden irischen Akzent sprechen Sie ein wirklich tadelloses Englisch. Man könnte fast meinen, Sie wären über Ihren Stand hinaus erzogen worden.«
Moira hatte Mühe, nicht die Beherrschung zu verlieren. Seine Worte erschienen ihr irgendwie herablassend. »Meine Mutter bestand darauf, dass mein Bruder und ich eine gute Erziehung erhielten. Sie unterrichtete uns zunächst zu Hause, und sobald sie und mein Vater es sich erlauben konnten, stellten sie einen Lehrer für uns ein.«
»Es erstaunt mich, dass sie es für nötig hielten, Ihnen und Ihrem Bruder eine Ausbildung zu geben. Sie gehören ja schließlich nicht einmal zum Landadel.«
Moira dachte nicht daran, sich von ihm provozieren zu lassen, und umklammerte ihr Medaillon. Was ihre Abstammung betraf, so konnte sie nur auf die unbeweisbare Überzeugung ihrer Mutter zurückgreifen, ihr Großvater sei adelig gewesen. »Meine Familienangehörigen sind arme Bauern. Kevin versucht, den Lebensunterhalt für seine Frau und seine Kinder aus dem von Dürreperioden verwüsteten Land zu bestreiten, das unsere Eltern ihm hinterlassen haben. Meine Mutter und mein Vater starben vor fünf Jahren an Typhus.«
»Wer war Ihr letzter Dienstherr?«, fragte Jack. »Und warum hat man Sie gehen lassen? Was verschweigen Sie mir? Vielleicht sollte ich mit ihm reden ...«
Moira wurde kreidebleich. »Nein! Bemüht Euch nicht, Sir. Ich werde ohnehin bald fort sein.«
Jack trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Sie haben vielleicht schon vergessen, dass es meine Kutsche war, die Sie verletzte, aber ich nicht. Ich gedenke, mich um Sie zu kümmern, bis Sie wieder auf den Beinen sind.«
Moira schluckte nervös. »Um mich zu kümmern?« Sie wagte nicht einmal daran zu denken, was er mit dieser Bemerkung meinen könnte. »Ich kann mich sehr gut um mich selber kümmern.« Es war unrecht von ihr, ihn in dem Glauben zu lassen, er trüge die Schuld an ihren Verletzungen, aber ihr blieb gar nichts anderes übrig.
»Das ist ja alles gut und schön, aber ich bin es Ihnen schuldig, Ihnen beizustehen. Wäre ich gestern Abend nicht so betrunken gewesen und mit solch halsbrecherischer Geschwindigkeit gefahren, wäre Ihnen nichts passiert. Haben Sie schon irgendwelche Pläne für die Zukunft? Eine neue Stelle in Aussicht vielleicht?«
Obwohl seine Frage harmlos genug war, verdächtigte Moira ihn, sie dennoch nicht ganz ohne Hintergedanken gestellt zu haben. Es hatte zweifelsohne seine Gründe, dass dieser Mann Black Jack genannt wurde. »Ich habe Irland verlassen, um Arbeit zu finden und Geld zu verdienen, um meinen Bruder und seine Familie unterstützen zu können. Er kommt kaum über die Runden mit der Farm. Mein erster Versuch zu arbeiten ist leider fehlgeschlagen, aber ich werde ganz gewiss bald wieder etwas finden.«
Was Moira nicht sagte, war, dass es eher unwahrscheinlich war, dass sie je wieder als Dienstmädchen arbeiten würde. Dafür hatte Lord Roger gesorgt. Im Grunde blieb ihr nichts anderes übrig, als nach Irland zurückzukehren und künftig wieder ihrem armen Bruder zur Last zu fallen, obwohl Kevin sicher nichts dagegen hatte. Er würde sie mit offenen Armen willkommen heißen, genau wie Katie, seine Frau.
»Der magere Lohn eines Dienstmädchens reicht nicht aus, um Ihren Bruder wesentlich zu unterstützen«, wählte Jack sehr behutsam seine Worte. Und auch der Verdienst einer Dirne würde dazu nicht genügen, fügte er bei sich hinzu. »Vielleicht könnte ich Ihnen ja behilflich sein.«
Moira warf ihm einen misstrauischen Blick zu. »Wie das, Sir?« Ihr Blick glitt zu der fadenscheinigen Tapete, zu den verblichenen Wandbehängen und dem abgenutzten Teppich. Es sah ganz so aus, als wäre Jackson Graystoke nicht einmal betucht genug, um seine eigenen Ausgaben zu bestreiten, ganz zu schweigen von den ihren.
Jack, der ihren Blick gesehen hatte, zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, was Sie denken, Miss O’Toole, und Sie haben ja auch recht. Ich bin nichts als ein verarmter Baronet, der kaum seinen eigenen Unterhalt bestreiten kann. Meine Haupteinkommensquelle ist der Spieltisch, und wenn ich nicht bald reich heirate, bricht mein Familiensitz noch über mir zusammen. Aber das heißt nicht, dass ich nicht in der Lage wäre, Ihnen zu helfen.«
»Warum kümmert Euch, was aus mir wird?«
»Weil ich für Ihre Verletzungen verantwortlich bin. Was, in Dreiteufelsnamen, haben Sie in einer Nacht wie der gestrigen überhaupt da draußen noch gemacht?«, fragte er und sah ihr prüfend ins Gesicht. »Waren Sie mit einem Liebhaber verabredet?«
»Was?« Moiras Augen blitzten vor Empörung. »Wie kommt Ihr denn auf so etwas? So jemand bin ich nicht. Ich danke Euch für Eure Bemühungen, aber ich möchte über die letzte Nacht nicht mit Euch sprechen.«
Jack dachte über ihre Worte nach und beschloss, dass mehr in Moira O’Toole steckte, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte. Sie behauptete, aus der Arbeiterklasse zu stammen, aber sie sprach und verhielt sich ganz und gar nicht so wie die Dienstboten, die er kannte.
»Doktor Dudley meinte, Sie würden Ihren Arm mindestens vier Wochen nicht benutzen können, also finden Sie sich damit ab, dass Sie hierbleiben werden, bis Sie wieder in der Lage sind, für sich allein zu sorgen. Ich werde ein Dienstmädchen einstellen, das sich bis dahin um Sie kümmern wird.«
»Das ist nicht nötig. Ich ...«
»Es ist alles schon geregelt, Miss O’Toole.«
Bevor Moira noch weiteren Protest erheben konnte, erregte das Klingeln einer Glocke irgendwo in einem fernen Winkel des alten Hauses ihre Aufmerksamkeit.
»Jemand ist an der Tür«, sagte Jack, um ihre unausgesprochene Frage zu beantworten. »Pettibone wird sich darum kümmern. Er ist hier gewissermaßen das Mädchen für alles. Ich könnte gar nicht existieren ohne ihn. Aber wo waren wir stehen geblieben? Ah, ja, ich wollte Sie gerade fragen, ob Sie irgendwelche Vorlieben haben, was Ihr Dienstmädchen angeht.«
Moira wollte gerade noch einmal energisch darauf hinweisen, dass sie niemanden brauchte, als Lord Fenwick plötzlich unangekündigt ins Zimmer stürzte. »Ah, ich sehe, unsere kleine Patientin ist heute Morgen wach. Hast du es ihr schon gesagt, Jack?«
Spence sah aus wie die sprichwörtliche Katze, die den Kanarienvogel gefressen hatte.
»Mir was sagen?«, versetzte Moira scharf. Was hatten Black Jack und dieser Spencer Fenwick mit ihr vor? Nach Jacks schuldbewusstem Gesichtsausdruck zu schließen, konnte es nichts Gutes sein.
Jack bedachte seinen Freund mit einem vernichtenden Blick. »Herrgott noch mal, Spence, musst du immer so drauflosreden, ohne vorher nachzudenken? Ich habe bisher noch kein Wort darüber zu Miss O’Toole gesagt, aber ich wäre bestimmt noch irgendwann dazu gekommen.«
Das gefiel Moira nun wirklich ganz und gar nicht. »Ich glaube, ich werde doch nicht bleiben.« War sie vom Regen in die Traufe gekommen? Sie begann, aus dem Bett zu steigen, erinnerte sich dann aber, dass sie nur ein dünnes, altes Hemd anhatte. Ganz unversehens kam ihr der Gedanke, dass Jack Graystoke, falls er wirklich kein Dienstmädchen beschäftigte, sie höchstpersönlich ausgezogen haben musste. Eine heiße Röte stieg ihr in die Wangen, und sie zog die Bettdecke bis unters Kinn.
»Wir wollen Ihnen nichts Böses tun, Miss O’Toole«, versicherte ihr Jack, obwohl er sehen konnte, dass seine Worte sie nicht überzeugten. »Was mein voreiliger Freund hier wissen wollte, war nur, ob ich Ihnen schon von dem Vorschlag erzählt hatte, den wir Ihnen in Bezug auf Ihre Zukunft machen wollten.«
»Vorschlag? Warum solltet Ihr Euch für meine Zukunft interessieren? Ich bin keine –« Sie schluckte und brachte es nicht über sich, das Wort zu sagen. »Das, was Ihr denkt.« An Jacks Art, mit ihr zu reden, konnte sie erkennen, dass er sie für ein leichtes Mädchen hielt.
»Es spielt absolut keine Rolle, wer oder was Sie sind, Miss O’Toole. Und was Ihre Zukunft angeht, so sagte ich Ihnen doch bereits, dass ich mich wegen des Unfalls für sie verantwortlich fühle. Ich möchte nur ein begangenes Unrecht wiedergutmachen. Es ist nichts Verwerfliches an meinem Vorschlag, also lehnen Sie nicht etwas ab, das von enormem Vorteil für Sie sein könnte. Hören Sie mich an, und lassen Sie mich ausreden.«
Was bleibt mir anderes übrig?, dachte Moira. Verletzt und hilflos lag sie hier in einem fremden Bett, in einem fremden Haus, mit nicht mehr bekleidet als mit ihrem dünnen Hemd. Sie hatte kein Geld, keine Unterkunft und niemanden, den sie um Hilfe hätte bitten können. Bisher hatte Sir Jack Graystoke noch nichts von ihr verlangt ... tatsächlich hatte er sogar die volle Schuld für ihren »Unfall« auf sich genommen und versprochen, alles wiedergutzumachen. Das Mindeste, was sie da tun konnte, war, ihm unvoreingenommen Gehör zu schenken.
»Also gut, Sir Graystoke, worum geht es denn bei diesem Plan, den Ihr und Lord Fenwick Euch für mich ausgedacht habt?«
»Lassen Sie mich Ihnen zuerst etwas erklären. Spence ist der Nächste in der Erbfolge eines Herzogtums und wird nichts tun, was seinen Ruf schädigen könnte. Er ist ein Marquis aus eigenem Recht. Zum Glück strebe ich nicht nach einer so hohen Stellung. Mein junger Cousin, Ailesbury, kann den Titel gerne haben.«
»Nun mach schon, Jack«, drängte Spence. »Ich bin mir sicher, dass Miss O’Toole weder Interesse an unserem Familienstammbaum noch an deinen nicht vorhandenen Titeln hat.«
»Tut mir leid. Ich wollte Miss O’Toole nur noch einmal klar vor Augen führen, dass wir ihr nichts Böses wollen.« Er wandte sich nun Moira zu und schien sie mit seinen eindringlichen grauen Augen förmlich zu durchbohren. »Da Sie als Arbeitskraft derzeit vollkommen ungeeignet sind, Miss O’Toole, und in naher Zukunft auch keine Stellung in Aussicht haben, haben Spence und ich uns eine Lösung für Ihr Problem ausgedacht.«
Moiras zweifelnder Blick irritierte Jack und ließ ihn sich entschieden unbehaglich fühlen. »Ich lasse mich nicht für verwerfliche Zwecke benutzen. Das haben schon andere versucht, und es ist ihnen nicht gelungen.«
Jack starrte sie aus schmalen Augen an. Was, zum Teufel, meinte sie mit der Bemerkung? Auf was für verwerfliche Zwecke bezog sie sich? »Meine liebe Miss O’Toole, Spence und ich haben nicht die Absicht, Ihnen nachzustellen«, erklärte er ein wenig steif. »Von uns haben Sie absolut nichts zu befürchten.«
Moira schien noch immer skeptisch, wenn auch nicht mehr ganz so abgeneigt, ihm zuzuhören. »Sprecht weiter, Sir, ich höre.«
»Wenn Sie der kleinen Eskapade zustimmen, die Spence und ich Ihnen nun vorschlagen werden, kann ich Ihnen ein grandioses Abenteuer versprechen. Und falls alles so läuft, wie wir es erwarten, werden Sie sich auch nie wieder um Geld sorgen müssen. Sie werden nicht nur Ihr eigenes Los verbessern, sondern zudem auch noch den Unterhalt Ihrer Angehörigen sichern können.«
Moiras Augen weiteten sich ungläubig. »Und wie gedenkt Ihr all das zu erreichen?«
Jack hockte sich auf die Bettkante und betrachtete sie mit einem amüsierten Lächeln. »Haben Sie sich noch nie gefragt, wie es wohl wäre, eine Dame zu sein? Zum Adel zu gehören?«
Moira versteifte sich vor Entrüstung, weil sie seine Worte als Beleidigung empfand. »Ich bin eine Dame! Ich mag zwar keine Adelige sein, aber das macht mich nicht weniger zu einer Dame!«
Jacks Mundwinkel verzogen sich zu einem zufriedenen Grinsen. Jetzt hatte er sie! »Na gut. Dann beweisen Sie es mir. Lassen Sie mich sehen, ob Sie das haben, was es braucht, um von der Londoner Gesellschaft akzeptiert zu werden.«
Moira vergaß, dass sie nur mit einem dünnen Hemd bekleidet war, fuhr auf und zuckte dann vor Schmerz zusammen, als ihr verletzter Arm sich über den jähen Ruck beschwerte. »Seid Ihr von allen guten Geistern verlassen, Sir? Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ich von der Gesellschaft akzeptiert oder gar für eine Adelige gehalten würde.«
Jack grinste nur und schüttelte den Kopf. »Spence und ich werden Ihnen das Gegenteil beweisen. Man wird Sie akzeptieren, Miss O’Toole. Wir schulen Sie in Etikette, und wenn der richtige Moment gekommen ist, führen wir Sie als mein Mündel, als eine entfernte irische Verwandte, in die Londoner Gesellschaft ein. Wir machen Ihren Vater zu einem Baron, was Sie wiederum zu einer Lady macht. Lady Moira. Na, wie klingt das?«
»Unerhört!«
»Spence und ich werden unser Bestes tun, um Sie mit einem aufrechten Mitglied der Londoner Gesellschaft zu verheiraten, mit einem Mann, der reich genug ist, um Ihnen ein Leben in großem Stil bieten zu können, und der zudem auch noch die Familie Ihres Bruders unterstützen wird. Und sollte dies alles noch nicht genügend Anreiz sein, so bedenken Sie doch bitte, wie viele vergnügliche Stunden Spence und ich aus diesem kleinen Schabernack beziehen werden.«