4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 1,99 €
Sie ist ihm ausgeliefert – doch sein Herz gehört ihr: Die historische Romanze »In den Fesseln des Lords« von Connie Mason jetzt als eBook bei dotbooks. Burg Chirk, 1355. Die junge Lady Raven sucht verzweifelt nach einem Ausweg, um der Heirat mit einem Mann zu entkommen, der ihr zutiefst zuwider ist. Erst, als sie auf einem Ritterturnier Drake wiederbegegnet, dem sie einst ihr Herz schenkte, schöpft sie Hoffnung. Doch schon bald muss sie erkennen, dass der stürmische Lord nicht mehr der edle Ritter von früher ist. Als sie ihn um Hilfe anfleht, fordert Drake einen schockierenden Preis: Sie soll sich ihm hingeben und zum Spielball seiner dunklen Wünsche werden – denn er gibt Raven die Schuld an einer grausamen Intrige, die ihn alles gekostet hat: sein Erbe, seinen Stolz, sein Herz. Trotzdem ist Raven fest entschlossen, um Drake zu kämpfen … aber wird das gefährliche Spiel zwischen ihnen ihr eigenes Herz brechen? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der historische Liebesroman »In den Fesseln des Lords« von Romantik-Königin Connie Mason. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 502
Über dieses Buch:
Burg Chirk, 1355. Die junge Lady Raven sucht verzweifelt nach einem Ausweg, um der Heirat mit einem Mann zu entkommen, der ihr zutiefst zuwider ist. Erst, als sie auf einem Ritterturnier Drake wiederbegegnet, dem sie einst ihr Herz schenkte, schöpft sie Hoffnung. Doch schon bald muss sie erkennen, dass der stürmische Lord nicht mehr der edle Ritter von früher ist. Als sie ihn um Hilfe anfleht, fordert Drake einen schockierenden Preis: Sie soll sich ihm hingeben und zum Spielball seiner dunklen Wünsche werden – denn er gibt Raven die Schuld an einer grausamen Intrige, die ihn alles gekostet hat: sein Erbe, seinen Stolz, sein Herz. Trotzdem ist Raven fest entschlossen, um Drake zu kämpfen … aber wird das gefährliche Spiel zwischen ihnen ihr eigenes Herz brechen?
Über die Autorin:
Connie Mason hat früh ihre Leidenschaft für das Lesen und Schreiben entdeckt. 1984 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. Im Jahr 1990 wurde die Amerikanerin vom »Romantic Times Magazine« zur »Erzählerin des Jahres« gekürt. Die Bestsellerautorin hat bereits mehr als 50 historische Liebesromane erfolgreich veröffentlicht. Heute lebt Connie Mason mit ihrem Mann in Florida. Sie hat drei Kinder und neun Enkel.
Bei dotbooks veröffentlicht Connie Mason bereits »In den Armen des Lords«, »In den Armen des Marquis«, »Rebell meines Herzens«, »Die Liebe des Outlaws«, »Die Leidenschaft des Outlaws«, »Das Verlangen des Outlaws«, »In den Fängen des Wikingers«, »Die Gefangene des Ritters«, »In den Armen des Ritters«, »Die Gefangene des Lairds«, »Der Rebell und die Schöne«, »In den Armen des Rebellen« und »Ein unwiderstehlicher Rebell«.
Die letzten drei Romane sind auch im Sammelband »Die Liebe der Rebellen« erhältlich.
***
eBook-Neuausgabe November 2020
Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1999 unter dem Originaltitel »The Black Knight« bei Leisure Books, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2005 unter dem Titel »Sklave ihrer Leidenschaft« bei Lübbe. Unter dem Titel »Das Herz des schwarzen Ritters« erschien die Neuausgabe 2017 bei dotbooks.
Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1999 by Connie Mason
Copyright © der deutschen Erstausgabe 2005 Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach
Copyright © der Neuausgabe 2017 dotbooks GmbH, München
By arrangement with Natasha Kern Literary Agency.
Dieses Werk wurde vermittelt durch Interpill Media, Hamburg.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock / vishstudio / FX Quadro / Satyrenko / Kanea / Matt Gibson
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)
ISBN 978-3-96148-059-3
***
Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags
***
Sind Sie auf der Suche nach attraktiven Preisschnäppchen, spannenden Neuerscheinungen und Gewinnspielen, bei denen Sie sich auf kostenlose eBooks freuen können? Dann melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an: www.dotbooks.de/newsletter.html (Versand zweimal im Monat – unkomplizierte Kündigung-per-Klick jederzeit möglich.)
***
Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »In den Fesseln des Lords« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)
***
Besuchen Sie uns im Internet:
www.dotbooks.de
www.facebook.com/dotbooks
www.instagram.com/dotbooks
blog.dotbooks.de/
Connie Mason
In den Fesseln des Lords
Roman
Aus dem Amerikanischen von Irene Paetzold
dotbooks.
Ein Junge strebt nach der Ritterschaft.
Wales, 1336
Der große, stattliche Ritter schaute den kräftigen, zehnjährigen Jungen an, wobei seine kalten, grauen Augen keinerlei Gefühlsregung zeigten. »Weißt du, wer ich bin, Junge?«
Unerschrocken erwiderte der Knabe den kühlen, humorlosen Blick des fremden Ritters. »Nein, Sir.«
»Hat deine Mutter dir nie etwas über deinen Vater erzählt?«
»Sie sagte, er sei Engländer und hätte sie nicht haben wollen. Er hat sie geheiratet und dann verlassen. Ich hasse ihn!«, sagte der Bursche wütend. »Obwohl ich ihn noch nie in meinem Leben zu Gesicht bekommen habe, werde ich ihn immer hassen!«
»Hmmm«, meinte der stattliche Ritter und strich sich dabei über sein bartloses Kinn. »Erhalte dir deinen Hass, Junge. Nähre ihn. Du wirst ihn brauchen, um die nächsten Jahre zu überstehen. Die Welt hat wenig übrig für Bastarde.«
Die Haltung des Jungen straffte sich, energisch streckte er sein kantiges Kinn vor und verkündete: »Ich bin kein Bastard, Sir! Granny Nola sagte, dass mein Vater und meine Mutter von einem Priester in der Dorfkirche getraut worden sind und sie lügt nicht.«
»Du wirst große Schwierigkeiten haben, das zu beweisen, Junge«, sagte der Ritter barsch. »Es wäre besser, dir diese Spinnereien aus dem Kopf zu schlagen, wenn du überleben willst.«
»Was geht Euch das an?«, fragte der Junge herausfordernd. »Wer seid Ihr?«
»Wie ich hörte, hat deine Mutter dich Drake genannt«, sagte der Ritter, die Frage des Jungen ignorierend. »Sie hat eine gute Wahl getroffen. Es bedeutet Drache. Ist ein passender Name. Du tätest gut daran, dich an diese Bedeutung ständig zu erinnern und entsprechend zu leben.«
Drake blickte über seine Schulter zu der Hütte, in der er mit Granny Nola lebte. Er sah seine verängstigte Großmutter, die verzweifelt die Hände rang, in der Tür stehen. Würde der englische Ritter ihnen Schaden zufügen?
Der Ritter hielt seinen Blick unverändert auf Drake gerichtet, als sei er im Begriff, etwas sehr Wichtiges zu entscheiden.
»Warum starrt Ihr mich so an?«, fragte Drake kühn. »Wer seid Ihr? Was wollt Ihr von mir und Granny?«
»Ich bin Basil von Eyre, dein Vater.«
»Nein!«, rief der Junge aus und wich zurück. »Geht weg! Ich brauche Euch nicht! Ich hasse Euch!«
Basil griff nach Drakes Schulter. »Du trägst eine Menge Zorn in dir, Bursche, aber das ist nicht schlecht. Du wirst jeden Schritt deines Weges erkämpfen müssen, wenn du im Leben zurecht kommen willst. Verstehst du, was ich sage?«
Drake schüttelte den Kopf.
»Du wirst es erfahren«, sagte Basil. »Wie ist deine Mutter gestorben?«
»Was geht Euch das an?«
Basil gab ihm einen Klaps auf den Kopf. »So spricht man nicht mit mir. Wie ist Leta gestorben?«
»Das Fieber hat sie uns genommen. Wir waren alle krank, aber nur Mama ist gestorben. Sie war die Schwächste.«
Basils Gesichtsausdruck wurde für einen kurzen Moment weicher. »Schade«, murmelte er. Dann verhärteten sich seine Züge wieder. »Weißt du, warum ich hier bin?«
»Nein und das ist mir auch egal. Lasst mich und Granny zufrieden. Wir brauchen Euch nicht.«
»Ich denke, Lord Nyle wird dir ganz schnell beibringen, dich besser zu benehmen. Als ich deine Mutter kennen lernte, war ich gerade zu Besuch bei Nyle von Chirk, weißt du. Ich war damals erst achtzehn Jahre alt und hatte wenig anderes als die Jagd im Kopf. Nyles Ländereien liegen an der Grenze und wir überquerten sie nach Wales, um einen Bären zu verfolgen. Ich traf Leta, die im Wald Beeren pflückte. Aber das führt zu weit«, meinte er abweisend. »Du wirst jetzt deine Sachen zusammenpacken und mit mir kommen.«
Trotz seines Wagemutes, begann Drakes Kinn zu zittern. »Ich soll Granny verlassen? Auf keinen Fall, ich werde mit Euch nirgendwohin gehen. Egal, wer Ihr auch sein mögt.«
»Du wirst mitkommen«, beharrte Basil.
»Wie habt Ihr das mit Mama herausgefunden? Wer hat Euch gesagt, dass sie gestorben ist?«
»Schon vor Jahren habe ich Nyle von Chirk gebeten, mich über dein Wohlergehen zu informieren. Seine Spione haben ihn regelmäßig auf dem Laufenden gehalten. Sie berichteten ihm vom Tod deiner Mutter und Nyle gab daraufhin mir Bescheid.«
In Drakes silbergrauen Augen, die denen seines Vaters so sehr ähnelten, zeigte sich unverhohlener Hass. »Warum? Ihr habt uns doch nie gewollt?«
»Die ganze Geschichte ist sehr kompliziert«, erklärte Basil. »Mein Vater hatte mich bereits mit Elise von Leister verlobt und erlaubte mir nicht, dieses Gelöbnis zu brechen. Ich habe eine Frau und einen Sohn, der einige Monate jünger ist als du. Mehr brauchst du nicht zu wissen. Jetzt geh und pack deine Sachen.«
»Wohin bringt Ihr mich?«
»Zur Burg Chirk. Waldo, mein Sohn und Erbe, wächst bei Nyle von Chirk auf. In einigen Jahren wird er zum Ritter geschlagen und du wirst zu seinem Knappen ausgebildet.«
Drake schüttelte energisch den Kopf. »Ich will kein Knappe, sondern auch Ritter sein!«
»Bastarde werden keine Ritter.«
»Ich werde später ein Ritter sein!«, erklärte der Junge mit einer für einen Zehnjährigen ungewöhnlichen Entschlossenheit.
»Erhalte dir deine Hartnäckigkeit, Junge, du wirst sie brauchen!«
Die Liebe verleiht einem Ritter Mut.
Burg Chirk, 1343
Raven von Chirk stellte sich ihm in einer Nische am Ende des Rittersaales in den Weg. Sie hatte ihn um ein Treffen nach dem Essen gebeten, um etwas sehr Wichtiges mit ihm zu besprechen. Den siebzehnjährigen Drake No Name, wie sein Halbbruder Waldo ihn taktlos getauft hatte, traf Ravens überraschende Bitte vollkommen unvorbereitet.
»Küss mich, Drake!«
Drake hielt sich Nyles ungestüme, zwölfjährige Tochter lächelnd vom Leib.
»Du weißt, dass ich das nicht tun kann. Du bist mit Aric von Flint verlobt«, erinnerte Drake sie. »Sei nicht so ungezogen, Raven.«
»Ich werde Aric nicht heiraten!«, rief Raven lauthals aus. »Ich will dich heiraten. Magst du mich nicht wenigstens ein bisschen, Drake?«
»Natürlich mag ich dich, Raven. Aber du weißt doch, dass ich deine Schwester liebe. Daria bedeutet mir alles.«
»Daria ist Waldo versprochen«, wandte Raven ein.
Drake senkte seine Stimme. »Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?« Raven nickte, ihre grünen Augen vor Neugier weit aufgerissen.
»Daria und ich werden zusammen weglaufen«, vertraute er ihr an.
»O nein! Das darfst du nicht«, rief Raven entsetzt. »Daria spielt nur mit dir. Sie würde niemals einen Mann heiraten, der weder Land noch Reichtümer besitzt. Sie ist erst vierzehn und wankelmütig. Sie liebt dich nicht so wie ich!«
Ein zorniger Schimmer verdunkelte Drakes silbergraue Augen. »Du bist erst zwölf und hast eine blühende Fantasie, wenn du glaubst, ich würde dich heiraten.«
Sie stampfte mit dem Fuß auf. »Ich habe keine blühende Fantasie. Daria ist nicht die Richtige für dich.«
»Mit welchem Recht erklärst du mir, wer für mich die Richtige ist?«
»Vater würde es niemals erlauben. Du bist nichts weiter als ein Knappe in der Ausbildung. Waldo wird sich schon bald seine Sporen verdienen und ist der Erbe einer Grafschaft.«
»Du musst mich nicht extra daran erinnern, dass ich nur ein Bastard bin«, sagte Drake zornig. »Seitdem ich auf Burg Chirk angekommen bin, hat mir Waldo jeden einzelnen Tag meine niedere Geburt und meinen Stand vor Augen geführt. Wir haben zwar denselben Vater, aber das ist auch schon unsere einzige Gemeinsamkeit. Daria beurteilt mich zumindest nicht nach meiner Herkunft.«
»Ich bitte dich, denke genau darüber nach, was du vorhast«, riet ihm Raven. »Daria ist verliebt in die Liebe. Vielleicht spielt sie wirklich mit dem Gedanken, mit dir wegzulaufen, aber für sie wird es nichts weiter als ein großes Abenteuer sein. Glaube mir, wenn ich dir sage, dass sie ganz erleichtert sein wird, wenn Vater sie finden und nach Hause bringen wird. Du wirst derjenige sein, den man bestraft.«
Mit seinen siebzehn Jahren war Drake ein unabhängiger junger Mann, eigentlich schon seit dem Augenblick, als er auf Burg Chirk angekommen war. Unter den anderen Burschen, die zu Knappen ausgebildet wurden, hatte er nur wenige Freunde und diejenigen, die für die Ritterschaft vorgesehen waren, hatten keine Zeit für Drake No Name. Er wurde von Waldo und Duff von Chirk, dem Sohn von Lord Nyle sowie ihren Freunden gnadenlos verspottet, sodass er schon in sehr jungen Jahren gelernt hatte, sich gegen Tyrannen zu verteidigen.
Mit fünfzehn hatte sich Drake hoffnungslos in Daria von Chirk verliebt und sie schien seine Gefühle zu erwidern.
»Du täuscht dich in Daria, Raven«, erwiderte Drake schroff. »Sie liebt mich. Waldo kann sich eine andere Frau suchen.«
Raven seufzte unglücklich. Drake war derjenige, der sich in Daria täuschte. Es war zwar möglich, dass sie sich von Drake küssen ließ, ihm sogar Hoffnung machte, dass sie mit ihm durchbrennen wollte, aber sie würde ihn niemals im Leben gegen den Willen ihres Vaters heiraten. Raven hingegen würde sich mit dem Teufel anlegen, um Drakes Liebe zu gewinnen. Sie kannte ihre Schwester gut. Drake war ein attraktiver Bursche. Daria genoss seine Aufmerksamkeiten, würde ihn aber niemals heiraten. Sie war dazu ausersehen, eines Tages Gräfin zu werden und würde nichts unternehmen, um ihre Verlobung mit Waldo zu gefährden. Warum erkannte Drake das nicht?
In diesem Augenblick erschienen Waldo und Duff in der Nische, in der Raven und Drake standen.
»Was macht ihr zwei hier?«, fragte Duff argwöhnisch. »Versuchst du, meine Schwester zu verführen, Drake No Name?«
»Sir Bastard versucht immer das zu kriegen, was er nicht haben kann«, sagte Waldo mit höhnischem Lächeln.
Anders als Drake, der ein Ebenbild seines Vaters war, hatte Waldo keinerlei Ähnlichkeit mit Basil. Er war groß für seine sechzehn Jahre, und hatte eine massige Statur, die erahnen ließ, dass er später Fett ansetzen würde. Im Gegensatz zu dem dunkelhaarigen Drake war er blond und hatte blassblaue Augen, während die seines Halbbruders von einer faszinierend silbergrauen Farbe waren. Waldo war nicht unattraktiv, aber irgendetwas an ihm ließ ihn abstoßend wirken. Vom ersten Tag an, als sie sich vor sieben Jahren trafen, war Drake für Waldo ein Hassobjekt gewesen.
»Ich habe Drake gebeten, mich hier zu treffen«, gab Raven offen zu. »Wir haben uns nur unterhalten. Drake ist mein Freund.«
»Das nächste Mal unterhaltet euch dort, wo euch jeder sehen kann«, empfahl Duff. »Sollte mein Vater auch nur vermuten, dass Drake versucht, seine Tochter zu verführen, würde er ihn von Burg Chirk verbannen, wenn er ihm nicht sogar auf der Stelle Schlimmeres antut.«
»Ich sagte doch …«
Drake stieß Raven zur Seite. »Ich verführe keine Kinder. Und ebenso wenig brauche ich deine Hilfe, Raven. Ich bin durchaus in der Lage, mich selbst zu verteidigen.«
Waldo trat einen Schritt nach vorne, sein kräftiges Gesicht war noch stärker gerötet als sonst. Man konnte deutlich erkennen, dass er beim Abendessen reichlich Bier getrunken hatte.
Er schob seinen Kopf vor, bis er sich Nase an Nase mit Drake befand. »Hör mir gut zu, Sir Bastard«, sagte er, wobei Drake seine Bierfahne entgegenschlug. »Du bist hier nichts weiter als ein Knappe in der Ausbildung. Mit deiner Respektlosigkeit gegenüber Leuten, die über dir stehen, wirst du dir den Zorn von Lord Nyle einhandeln. Du bist ein Bastard, vergiss das niemals.«
Drakes Miene versteinerte sich und ließ die Bitterkeit erahnen, die tief in ihm verborgen war. »Du wirst schon dafür sorgen, dass ich es nicht vergesse«, stieß er hervor. »Höre mir jetzt gut zu, Waldo von Eyre – eines Tages wird Drake No Name einen Namen haben und beweisen, wer er ist.«
»Als Knappe?«, forderte Duff ihn heraus.
»Als Ritter!«, erwiderte Drake mit Bestimmtheit.
»Ich glaube ihm«, unterstützte Raven ihn.
»Geh ins Bett, Schwester«, befahl Duff ihr. »Du bist ein unverschämtes Frauenzimmer und benimmst dich unmöglich, was sich absolut nicht gehört. Was würde Aric of Flint sagen, wenn er wüsste, dass du hinter seinem Rücken flirtest?«
Duff, der einzige Sohn von Nyles, war ein vierschrötiger junger Mann mit einem stämmigen Körper und schlichtem Geist. Er war ein Gefolgsmann, kein Anführer. Obwohl er drei Jahre älter als Waldo war, folgte er ihm wie ein Hund. Als er erkannte, wie sehr Waldo seinen Halbbruder verachtete, behandelte auch er Drake auf abscheuliche Weise.
Nyle von Chirk war die meiste Zeit unterwegs, zog für König Edward in den Krieg, und wenn er sich zu Hause aufhielt, unternahm er nichts, um Waldo und Duff davon abzuhalten, Drake mit Worten und Taten zu misshandeln. Tatsächlich bemerkte er es nicht einmal. Seine beiden hübschen Töchter dagegen schenkten Drake ihre volle Aufmerksamkeit.
Im Alter von siebzehn Jahren war Drake ein wohlproportionierter, junger Mann mit einem muskulösen, wenn auch noch etwas schlaksigen Körperbau. Zudem hatte er ein ausgesprochen hübsches Gesicht, in dem besonders die Augen auffielen, deren silbergraue Farbe so ungewöhnlich war. Er hatte die Pubertät schnell hinter sich gelassen und sich zu einer Augenweide für jedes junge Mädchen, das seinen Weg kreuzte, entwickelt. Aber Drake interessierte sich nur für Daria, die Frau, die er heiraten wollte. Wenn auch Raven durchaus hübsch war, obwohl ihr Darias zarte Schönheit fehlte, benahm sie sich viel zu forsch und unverblümt für Drakes Geschmack. Außerdem war er der festen Überzeugung, dass Waldo Daria nicht verdienen würde.
Raven warf Duff einen vernichtenden Blick zu. »Ist mir ganz egal, was Vater sagt; ich werde Aric nicht heiraten.« Dann stolzierte sie davon, wobei ihr kastanienbraunes Haar, das eigentlich von einem Schleier und Reif hätte zusammengehalten werden sollen, über ihren Hintern wippte.
»Ich beneide Aric nicht«, sagte Waldo, wobei seine Augen die Worte Lügen straften, als er Raven mit erkennbarer Lust hinterher starrte. »Raven zu zähmen wird keine leichte Aufgabe sein.«
»Du hast mit Daria eine kluge Wahl getroffen«, stimmte Duff ihm zu. »Sie ist süß und fügsam.«
»Trotzdem«, meinte Waldo nachdenklich, Raven weiterhin beobachtend, »schadet ein bisschen Temperament einer Frau eigentlich nicht. Würde Raven mir gehören, würde ich ihr schon zeigen, wo es lang geht. Es wäre mir geradezu ein großes Vergnügen, sie zu bändigen.«
»Du bist erst sechzehn«, spottete Drake. »Was weißt du schon darüber, wie man eine Frau zähmt? Oder ihr Vergnügen bereitet?«
»Mehr als du, Sir Bastard.«
Drake verzog seinen Mund. Er hasste diesen Namen. Von dem Tag an, als er auf Burg Chirk erschienen war und kühn verkündet hatte, dass er einmal ein Ritter sein würde, hatte Waldo ihn Sir Bastard getauft. Seitdem wurde er von Waldo und Duff nur noch so oder Drake No Name genannt.
»Hast du gar nichts zu sagen, Sir Bastard? Hast du schon mal eine Frau gehabt? Oder hindert dich dein Ehrenkodex daran, den Körper einer Frau zu genießen?«
»Ich werde auf die Frau warten, die ich heirate«, antwortete Drake, dachte dabei an Daria und wie gerne er sie küsste. Aber mehr hatte er sich nicht gestattet.
»Nur Narren halten sich an einen so strengen Ehrenkodex«, spottete Waldo. »Frauen sind dazu da, dass man sie genießt. Einige Priester sagen sogar, dass sie keine Seele haben. Es heißt, wenn eine Frau sich weigert, sich dem Willen des Mannes zu beugen, sollte sie zum Gehorsam geprügelt werden. Ich bin zwar erst sechzehn, aber ich habe bereits gelernt, mit Frauen den Spaß zu haben, für den Gott sie vorgesehen hat. Wenn sie mich verärgern, bereuen sie es auf der Stelle. Bist du meiner Meinung, Duff?«
Duff schluckte sichtlich. »Nun, ja, aber ich möchte nicht, dass meine Schwestern schlecht behandelt werden.«
»Ich werde den Mann umbringen, der Daria verletzt«, drohte Drake und starrte dabei in Waldos blasse Augen.
Waldo lachte, wich aber dennoch einen Schritt zurück. »Du bist wohl auf Daria scharf«, sagte er. »Lass meine Verlobte in Ruhe, Sir Bastard. Ich werde derjenige sein, der ihr in unserer Hochzeitsnacht die Jungfräulichkeit nimmt. Vergiss das nicht.«
»Es gibt vieles, das ich nicht vergessen werde«, gab Drake heftig zurück.
»Komm, Duff, im Dorf warten zwei hübsche Weibsbilder auf uns. Vielleicht finden wir einen Heuhaufen, um sie darin zu wälzen.«
Drake beobachtete, wie die beiden sich entfernten. Seine Augen verengten sich vor Hass. Er konnte es einfach nicht zulassen, dass Daria Waldo heiraten würde. Waldo richtete sich nicht nach dem ritterlichen Kodex. Er missachtete alle Frauen. Als Kind war Waldo schon ein Rüpel gewesen, aber mit zunehmendem Alter wurde seine Boshaftigkeit immer ausgeprägter. Drake war zwar kein Ritter, aber er hielt sich an den ritterlichen Kodex. Er zweifelte daran, dass Waldo jemals ein Ritter im wahren Sinne des Wortes sein würde.
Ein wahrer Ritter ehrte die Frauen.
Eine Woche später beobachtete Drake, wie Daria alleine zu den Stallungen ging und folgte ihr, um mit ihr zu sprechen. Drake hatte den ganzen Tag Lanzenstechen zu Pferde trainiert, war erhitzt und müde, aber als er bemerkte, wohin Daria unterwegs war, ging er ihr schnell nach.
Mit verhaltener Stimme rief er ihren Namen.
Daria drehte sich herum und lächelte, als sie Drake sah. »Ich habe dich auf dem Übungsplatz gesehen und hoffte, dass du mir folgen würdest«, sagte sie kokett, während sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um ihm einen zarten Kuss auf die Lippen geben zu können. »Ich wollte gerade nach meinem Lieblingsfalken sehen. Er ist gestern von einem Habicht verletzt worden.«
Drake interessierte sich nicht für den Falken. Er verspürte den Wunsch, Daria in seine Arme zu ziehen und ihren Körper gegen seinen zu pressen, aber er hielt sich zurück. Obwohl er mit seinen siebzehn Jahren häufig den Wunsch nach körperlicher Liebe verspürte, kam für ihn, um diesen zu befriedigen, keine andere Frau außer Daria in Frage und er wollte sie nicht entehren. »Dein Vater ist heute zurückgekehrt«, sagte er.
»Stimmt. Es ist geplant, mich bald mit Waldo zu vermählen. Ich bin fast fünfzehn und Waldo drängt meinen Vater, einen Termin festzusetzen.«
»Und willst du es selber auch?«
Sie zuckte mit den Achseln und senkte den Blick. »Ich muss Vater gehorchen.«
Drake umfasste ihre schmalen Schultern. »Aber du kannst Waldo nicht heiraten. Du weißt gar nicht, wie er wirklich ist.«
In Darias braunen Augen blitzte der Schalk auf, was Drake hätte bemerken müssen, wäre er nicht so blind vor Liebe zu ihr gewesen.
»Es gibt nichts, was ich dagegen tun kann«, sagte Daria seufzend.
Drake zog sie zu sich heran, wobei er tunlichst darauf achtete, sich nicht von ihr an dieser angespannten Stelle seines Körpers berühren zu lassen, die ihm so arg zu schaffen machte. »Wir können durchbrennen«, schlug er ernsthaft vor. »Wir haben doch schon darüber gesprochen. Wenn wir dann verheiratet sind, werde ich dich mit meinem Leben beschützen.« Als er bemerkte, wie sie ihre Augen aufriss, fügte er hinzu: »Schau mich nicht so schockiert an, viele Paare vor uns haben ihre Familien verlassen, um zu heiraten.«
»Ich weiß, aber … nun, ich hätte niemals gedacht, dass es dir wirklich ernst damit ist.«
»Ich liebe dich, Daria. Das solltest du inzwischen wissen. Du bist vierzehn, fast fünfzehn, alt genug, um zu heiraten und ich bin siebzehn, alt genug, um dich zu beschützen.«
»Vorsicht, ich höre etwas«, warnte Daria und schaute sich um.
»Da ist nichts«, wehrte Drake ab. »Hör mir zu, meine Geliebte. Treff dich mit mir heute Nacht am hinteren Tor. Ich hole zwei Pferde aus dem Stall, die uns forttragen werden. Bring nur ein paar Kleidungsstücke zum Wechseln mit.«
»Durchbrennen?«, vergewisserte sich Daria mit übermütiger Stimme. »Aber ich meinte doch nicht … Das heißt … Bist du sicher, dass es der richtige Weg ist?«
»Liebst du mich, Daria?«
»O ja, wie könnte ich nicht? Du bist so hübsch und tapfer, und so ritterlich.«
»Dann treff mich heute nach dem Abendessen am hinteren Tor. Lass mich nicht warten.« Dann küsste er sie und eilte davon.
Mit bestürztem Gesichtsausdruck starrte Daria ihm nach. Der Flirt mit Drake hatte Spaß gemacht und war auch ein bisschen dreist gewesen, aber Daria hatte dabei nie vergessen, dass sie einmal Gräfin werden sollte. Waldo entsprach sicher nicht ihrer Vorstellung von einem perfekten Ehemann, aber er besaß alles, was sie sich vom Leben wünschte. Obwohl Drake sehr gut aussah und zudem tapfer und ritterlich war, war er doch unehelich geboren und besaß weder Landgüter noch Reichtum.
Dennoch wäre es sicher ein Abenteuer, mit Drake durchzubrennen, dachte sie verträumt. Sie war sich sicher, dass ihr Vater und Waldo sie ziemlich schnell aufspüren würden, warum sollte sie also nicht noch ein bisschen Spaß haben, bevor sie sich ins eheliche Joch begeben musste.
Natürlich würde sie ihre Jungfräulichkeit nicht an Drake verlieren, die gehörte ihrem zukünftigen Ehemann. Und sie wusste, dass Drake sie nicht anrühren würde, wenn sie es nicht wünschte. Lächelnd verließ sie die Stallungen und ihr romantisches Herz schlug wild.
Raven wartete, bis Daria zur Burg zurückgekehrt war, bevor sie hinter einem Fass hervortrat, hinter dem sie sich versteckt hatte. Loyalität ihrer Schwester gegenüber und das Wissen um deren blühende Fantasie kämpften miteinander. Tief in ihrem Herzen wusste sie, dass Daria nicht die Richtige für Drake war. Daria würde Drake niemals heiraten und damit die Chance aufgeben, Gräfin zu werden. Sie fragte sich, ob sie ihren Vater über Drakes und Darias Plan informieren sollte. Oder wäre es besser, so zu tun, als hätte sie die Unterhaltung der beiden nicht belauscht? Schließlich entschied sie sich dafür, Daria mit ihrem Wissen zu konfrontieren.
»Du hast gelauscht!«, fauchte Daria Raven an, als diese ihr erklärte, was sie von dem Plan, mit Drake durchbrennen zu wollen, hielt.
»Na ja, ich …« Raven nagte an ihrer Unterlippe. Sie konnte Daria nicht anlügen. »Nun ja, ich bin Drake zu den Stallungen gefolgt.«
»Du willst ihn für dich haben«, beschuldigte Daria sie. »Das spielt keine Rolle. Drake will ja nur dich.«
»Er sagte, dass er mich liebt«, bestätigte Daria stolz.
»Ich kann einfach nicht glauben, dass du wirklich mit ihm durchbrennen willst. Das sieht dir gar nicht ähnlich, Daria. Mir scheint, du spielst nur mit dem armen Jungen.«
»Und wenn das so wäre? Hätte Drake einen Titel und Ländereien, würde ich mit ihm im Handumdrehen verschwinden. Er sieht besser aus als Waldo und ist viel netter. Aber leider hat Drake No Name außer einem hübschen Gesicht und einem attraktiven Körper nichts vorzuweisen.«
»Dann brennst du also nicht durch?«, fragte Raven erleichtert. »Hast du es Drake schon erzählt?«
»Nein, ich werde es ihm heute Abend sagen, wenn ich ihn am hinteren Tor treffe. Vielleicht behandelt mich Waldo ja auch ein wenig ritterlicher, wenn er erfährt, dass ich vorhabe, mit Drake durchzubrennen.«
Ravens grüne Augen verengten sich. »Wie soll Waldo das herausbekommen?«
»Er wird es schon erfahren«, verkündete Daria verschwörerisch.
»Aber … wie?«
»Ich habe noch was zu erledigen«, wehrte Daria ab. »Wir sprechen später darüber.«
Wütend über die Gefühllosigkeit ihrer Schwester gegenüber Drake, entschloss sich Raven, ihn zu suchen und ihm zu erzählen, dass Daria nicht beabsichtigte, mit ihm durchzubrennen. Nach dem Abendessen gelang es ihr, ihn abzupassen, um alleine mit ihm sprechen zu können.
»Drake«, rief sie verhalten, nachdem sie ihm nach draußen gefolgt war.
Drake blieb stehen, starrte in die Dunkelheit und erkannte Raven im Schatten des Bergfrieds. »Raven, bist du es?«, vergewisserte er sich trotzdem.
»Ja, ich muss mit dir sprechen, bitte, Drake.«
»Na gut, aber beeil dich. Ich habe Vorbereitungen zu treffen.«
»Gerade darüber möchte ich mit dir reden. Ich weiß, dass du vorhast, heute Nacht mit Daria durchzubrennen. Du machst einen großen Fehler, Drake. Daria hat gar nicht vor, wirklich fortzugehen!«
Drakes jugendliches Gesicht nahm einen harten Ausdruck an und in seinen silbergrauen Augen zeigte sich ein unheilverkündender Glanz, der erahnen ließ, welche Düsterkeit in ihm schlummerte.
»Versuch gar nicht erst, mich von meinem Vorhaben abzubringen, Raven. Außerdem passt es nicht zu dir, so schamlos zu lügen.«
»Es ist wahr. Ich sage es dir. Daria benutzt dich nur, um Waldo eifersüchtig zu machen. Treff dich heute Nacht nicht mit ihr. Die Sache könnte schlimm ausgehen.«
»Lass mich in Ruhe, Raven. Deine Besorgnis ist wirklich fehl am Platz.«
»Dann sage ich es Vater!«, stieß Raven hervor.
Drake machte einen bedrohlichen Schritt auf sie zu und Raven erschauerte. Nie zuvor hatte sie Drake in einer derartigen Verfassung gesehen. Er hatte die Fäuste geballt und sein Kinn angriffslustig vorgeschoben. Sein Gesichtsausdruck war hart, erbittert. Seine ganze Feindseligkeit richtete sich gegen sie und zum ersten Mal, seitdem sie ihn kannte, hatte sie Angst vor ihm.
Sie wartete nicht ab, was er als nächstes tun würde, sondern drehte sich um und floh. Einen solchen Drake kannte Raven nicht. War ihm denn nicht klar, dass sie ihn niemals verraten würde? Sie wollte ihn doch nur warnen, ihn wissen lassen, dass er sich in Gefahr begab. Sie liebte ihre Schwester von Herzen, aber sie wusste, dass Daria ihre Ziele weit höher gesteckt hatte, als bei einem mittellosen Bastard zu bleiben. Sie hat ihren Flirt mit Drake sicher genossen, aber Waldo war derjenige, den sie heiraten würde. Ungeachtet der harten Worte von Drake, hatte Raven vor, sich in der Nacht am hinteren Tor zu verstecken und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um diesen Wahnsinn zu stoppen.
Drake schritt ungeduldig an dem mit Wein bewachsenen hinteren Tor auf und ab. Daria war spät. Die Pferde, die er aus dem Stall geholt hatte, waren in einem Waldstück außerhalb der Burgmauern angebunden. Er war dabei äußerst vorsichtig vorgegangen, um seine Aktion geheim zu halten. Er hörte eine Stimme und seine Sinne schärften sich. Dann drehte er sich herum und sie stand plötzlich neben ihm. Impulsiv zog er sie in seine Arme und küsste sie.
»Ich habe schon befürchtet, du hättest deine Meinung geändert«, flüsterte er. »Bist du bereit? Wo ist dein Reisebündel?«
Daria warf einen unsicheren Blick über ihre Schulter. »Ich … nun. Ich … habe es vergessen.«
»Macht nichts. Ich habe einige Male bei Turnieren gewonnen und konnte deshalb etwas sparen. Wir können dir kaufen, was du brauchst.« Er griff nach ihrer Hand. »Komm, wir müssen los!«
Plötzlich war das Geräusch sich nähernder Schritte zu hören. Drake wirbelte herum und sah zu seinem Erstaunen, dass Männer mit Fackeln auf sie zukamen. In einer spontanen Reaktion umklammerte er Darias Hand und versuchte, sie durch das Tor zu ziehen. Dann befahl ihm jemand stehen zu bleiben. Es war Lord Nyle höchstpersönlich.
Wenig später war er von Nyle, Waldo, Duff und einigen anderen bewaffneten Männern umzingelt. Aus den Augenwinkeln sah Drake, wie Raven aus dem Schatten trat und wusste sofort, was passiert war. Raven hatte es ihrem Vater erzählt.
Blanker, nackter Hass keimte in ihm auf. Verraten von einer eifersüchtigen Frau. Nein, von einem rachsüchtigen Kind, das sich für eine Frau hielt. Er hatte seine Lektion gelernt. Eine, die er niemals vergessen und die er schon gar nicht vergeben würde. Bis zum Tage seines Todes würde er sich daran erinnern, dass Raven von Chirk ihn verraten hatte. Regungslos beobachtete er, wie Waldo Daria, seine große Liebe, aus seinen Armen zerrte und sie zu ihrem Bruder hinüberstieß.
»Du hast mein Vertrauen missbraucht, Drake No Name«, beschuldigte ihn Lord Nyle. »Ich könnte dich für die Entehrung meiner Tochter töten oder zumindest auspeitschen lassen. Aber aufgrund meiner Freundschaft zu deinem Vater werde ich nachsichtig sein.«
»Er verdient keine Nachsicht!«, schrie Waldo.
Drake sah, wie sich Raven näherte und warf ihr einen feindseligen Blick zu. Er spürte eine zornige Befriedigung, als er bemerkte, dass sie zusammenzuckte. Wenn er mehr Bewegungsfreiheit gehabt hätte, wäre es ihr schlecht ergangen, dachte er kalt. Es bereitete ihm großes Vergnügen, sie sich auf der Folterbank vorzustellen, um Gnade bettelnd, die er ihr natürlich verweigern würde.
Er wandte seine Gedanken von der verräterischen Raven ab und konzentrierte sich auf die Worte von Lord Nyle.
»Zur Strafe wirst du von Chirk verbannt. Du bist siebzehn, weder ein Ritter noch ein Knappe. Es wird nicht einfach sein, deinen Lebensweg ohne meinen Schutz zu gehen, aber ich kann es dir nicht vergeben, dass du dich an meiner Tochter vergriffen hast. Daria ist mit Waldo von Eyre verlobt, falls er sie noch haben will.«
Drakes große, schlanke Gestalt straffte sich vor Stolz. »Ich habe mich nicht an Eurer Tochter vergriffen, Lord Nyle. Wir taten nichts weiter, als einen oder zwei flüchtige Küsse auszutauschen. Ich würde sie niemals entehren.«
»Starke Worte, Drake, aber sie ändern nichts. Du bist weder in meinem Haus noch auf meinem Land länger willkommen. Geh jetzt, bevor ich meine Meinung ändere und dich bis an dein Lebensende in den Kerker werfen lasse.«
»Du sollst wissen, dass ich Daria immer noch haben will«, reizte ihn Waldo. »Du hattest niemals einen Anspruch auf sie. Sie wird in meinem Bett liegen und meine Kinder zur Welt bringen. Nimm dieses Wissen mit, Sir Bastard.«
Nachdem er sein Urteil gefällt hatte, griff Lord Nyle nach Darias Arm und zog sie fort. Alle anderen folgten ihm. Das ist der trostloseste Augenblick meines Lebens, dachte Drake, als er allein in der Dunkelheit zurückblieb. Er hatte nicht nur sein Zuhause verloren, sondern auch die Liebe seines Lebens. Und das alles nur wegen eines eifersüchtigen Mädchens. Ravens Verrat hatte ihm alles genommen.
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, löste sich Raven aus dem Schatten. »Ich habe dich nicht verraten, Drake, ehrlich nicht«, sagte sie sanft. »Ich könnte deinen Hass für einen solchen Verrat nicht ertragen.«
»Du wirst ihn bis zum Tage deines Todes ertragen müssen«, schwor Drake. »Ich werde dir niemals vergeben, Raven von Chirk. Warum hast du das getan? Ich dachte, wir wären Freunde.«
»Aber wir sind Freunde! Ich bitte dich inständig, hör mich an, Drake. Ich würde dich niemals verletzen. Ich liebe dich!«
Drake antwortete mit einem verächtlichen Schnauben. Aber er brauchte auch gar nicht zu sprechen, sein hasserfüllter Blick sagte mehr als Worte. Er würde ihr niemals glauben, ganz gleich, wie leidenschaftlich sie ihre Unschuld beteuerte. Er öffnete das Tor und trat hinaus.
»Wohin gehst du?«
»Ist das von Bedeutung?«
»Werde ich dich jemals wiedersehen?«
»Nicht, wenn ich es verhindern kann.«
Dann war er fort. Eins geworden mit der Dunkelheit, bis auch sein Schatten nicht mehr zu sehen war. Raven schloss das Tor und schluchzte, wie es nur ein zwölfjähriges Mädchen mit gebrochenem Herzen tun konnte.
Drakes Stimmung hellte sich etwas auf, als er sah, dass sich die Pferde, die er im Wald versteckt hatte, immer noch dort befanden. Das eine war das Pferd, das ihm sein Vater gegeben hatte und das andere ein edles Tier aus Lord Nyles Besitz. Drake verspürte kein schlechtes Gewissen, die wertvolle Stute genommen zu haben. In der Tat war er ganz zufrieden mit sich, dass er die Weitsicht gehabt hatte, genau dieses Tier aus dem Stall entwendet zu haben. Neben den Pferden besaß er noch Nahrung für mehrere Tage, einige Münzen, die er bei Wettkämpfen mit anderen Knappen gewonnen hatte und seine Kleidung. Er würde das Reservepferd verkaufen und sein Glück versuchen. So manch einer hatte mit weniger überlebt.
Hätte er nicht die Frau verloren, die er liebte, hätte sich Drake glücklich schätzen können. Er war jung, gesund und stärker als alle anderen Knappen in der Ausbildung. Er könnte alleine schon durch seinen Hass überleben, wenn er das müsste.
Eines Tages, das schwor er sich, würde Drake No Name einen Namen und Ländereien haben. Und was Frauen anbelangte, würde er vielleicht sogar Waldo nacheifern. Er würde sich Frauen nur noch für sein Vergnügen suchen, für nichts anderes. Ja, genau so werde ich es machen, schwor er sich. Er hatte seine Lektion gut gelernt. Liebe tut weh und er sollte sie um jeden Preis meiden. Nie wieder würde er sich erlauben, sich so verwundbar zu machen. Von jetzt an würde er seinem Kopf statt seinem Herzen folgen und Frauen wie Raven von Chirk meiden.
Ein Ritter kämpft, um Ländereien und Titel zu erwerben.
Burg Chirk, 1355
Er durchquerte den Außenhof auf seinem schwarzen Schlachtross. Raven beobachtete ihn vom Fenster ihres Schlafgemachs aus. Ein Knappe trug sein Banner, ein roter Drache, der sich stolz von einem schwarzen Hintergrund abhob.
Der Schwarze Ritter.
Er ist so prachtvoll und gleichzeitig doch so Furcht erregend, dachte Raven und lehnte sich über die Brüstung, damit sie mehr von ihm sehen konnte. Von seinem schimmernden Helm bis zu den Zehenspitzen in schwarz gekleidet, ritt er einer Schar von Rittern und bewaffneten Männern, die in seinen Diensten standen, voraus.
Barden und Minnesänger, die Chirk besuchten, um den Lord und seinen Hofstaat zu unterhalten, berichteten von den Heldentaten des Schwarzen Ritters. Sie erzählten, wie er das Leben des Schwarzen Prinzen gerettet hatte und noch auf dem Schlachtfeld vom König zum Ritter geschlagen worden war. Sie priesen seinen Mut, seine Stärke und seine Liebesabenteuer. Sollte er einen Namen haben, so erinnerte sich niemand daran, denn seit der Zeit, als er Kämpe des Schwarzen Prinzen wurde, und wie dieser ganz in schwarz gekleidet auf dem Schlachtfeld erschien, nannte man ihn nur noch den Schwarzen Ritter.
Raven von Chirk war stark beeindruckt von der Statur und dem Auftreten des Schwarzen Ritters. Stolz, fast hochmütig, saß er auf seinem Ross, als er durch das Fallgatter in den Innenhof ritt. Raven erschrak, als er den Kopf hob und zu ihrem Fenster schaute. Geschwind wich sie zurück, behielt ihn jedoch weiterhin im Blick. Hatte er sie gesehen? Es würde nichts ausmachen. Soweit sie wusste, hatte sie den legendären Schwarzen Ritter nie zuvor getroffen.
Raven hatte soviel über diesen geheimnisvollen Mann gehört, dass sie schon jetzt sehr beeindruckt war. Jedoch war es nicht der geeignete Moment, Fremde zu bewundern.
Nach dem Ende des Turniers sollte sie Waldo, den Earl von Eyre, heiraten. Sie hatte nur noch vier kurze Tage Zeit, diesem makaberen Ereignis zu entkommen. Obwohl sie geweint und gefleht hatte, wollte sich Duff nicht erweichen lassen. Einige Jahre zuvor hatte sie Mutter und Vater durch ein bösartiges Fieber verloren, das Tod und Verderben über das ganze Land gebracht hatte. Raven wusste, dass ihre Eltern, würden sie noch leben, sie niemals gezwungen hätten, Waldo zu heiraten, vor allen Dingen nach dem, was ihrer armen Schwester zugestoßen war.
Nur wenige Monate nach ihrer Hochzeit war Daria mit sechzehn Jahren an einer geheimnisvollen Magenerkrankung gestorben. Es ereignete sich kurz nachdem Lord Basil von Wilderem getötet worden war. Raven wurde das Gefühl nicht los, dass Waldo für Darias frühen Tod verantwortlich gewesen war. Dann zogen Duff, Waldo und Aric nach Frankreich, um dort in der Armee des Königs zu kämpfen. Unglücklicherweise fiel Aric in der Schlacht bei Crécy.
Als Waldo aus Frankreich zurückkehrte, erbat er Duffs Erlaubnis, Raven heiraten zu dürfen. Duff gab seine Zustimmung, aber nur unter der Voraussetzung, dass er eine Ausnahmebewilligung vom Papst erhielt, da es als Blutschande betrachtet wurde, seine Schwägerin zu heiraten.
Diese Ausnahmebewilligung traf erst vier lange Jahre später ein und Duff hatte sie mit Waldo verlobt. Während dieser vier Jahre hatte Raven wenig von Waldo gesehen. Sie hatte eine friedliche Zeit in scheinbarer Freiheit genossen, war mit ihrer Lieblingsstute über Hügel und durch Moore geritten oder hatte sich um die Belange der Bewohner der Burg und des Dorfes gekümmert. Nun aber stand die Hochzeit unmittelbar bevor.
Raven stieg die steinerne Wendeltreppe zur Halle hinunter und durchquerte den Innenhof zur Küche. Als Herrin der Burg gehörte es zu ihren Pflichten, die Vorbereitungen für das Bankett, das am Abend stattfinden sollte, zu überwachen. Es wurde zur Begrüßung der Ritter gegeben, die angereist waren, um an den Turnieren teilzunehmen, die Duff als einen Teil der Hochzeitsfestlichkeiten geplant hatte. Aus allen Teilen des Königreiches waren Ritter nach Chirk gekommen, um sich in den Wettkämpfen zu messen und sich an den reichhaltigen Speisen und Getränken zu laben, die der Burgherr ihnen anbot. Nach den Turnieren waren alle eingeladen, die Eheschließung von Raven von Chirk und Waldo von Eyre zu feiern.
Raven würde schon bald eine Gräfin sein. Diesen Titel hatte sie nie angestrebt. Sie hasste Waldo und fragte sich, wie sie ihren Körper einem Mann überlassen sollte, den sie verabscheute.
»Rauen, wartet!«
Raven blieb stehen, damit sich ihre Zofe zu ihr gesellen konnte.
»Seid Ihr gar nicht aufgeregt? Ich kann es kaum erwarten, einen Blick auf den Schwarzen Ritter zu werfen.«
»Ich habe ihn schon gesehen, als er ankam, Thelma«, vertraute Raven ihr an. »Er ist auch nur ein Mann, der nach Ruhm strebt.«
»Oh, den hat er doch längst«, schwärmte Thelma. »Man sagt, dass er noch auf dem Schlachtfeld von König Edward selbst zum Ritter geschlagen worden sei, weil er das Leben des Schwarzen Prinzen beschützt hat. Als er den Prinzen ein zweites Mal gerettet hat, gab ihm der König einen Titel und Grundbesitz.«
»Das habe ich auch gehört. Er ist jetzt der Earl von Windhurst. Wie ich erfahren habe, besteht sein Besitz aus einer zerfallenen Festung, die auf einem kahlen Felsen an der Südküste weit weg in Wessex liegt. Sie ist schon länger unbewohnt, als ich auf der Welt bin. Ich bezweifele, dass der verarmte Ritter es sich leisten kann, das morsche Gemäuer in Stand setzen zu lassen, noch wird er die Mittel haben, um Männer anzuheuern, die es verteidigen.«
»Woher wisst Ihr, dass er verarmt ist?«, wollte Thelma wissen.
»Ich weiß es nicht wirklich, ich vermute es nur.«
»Oh, Lord Waldo kommt. Er wird wahrscheinlich vor dem Bankett heute Abend ein Wort unter vier Augen mit Euch wechseln wollen«, sagte Thelma und eilte davon, um sich einer Gruppe von Bediensteten anzuschließen, die sich am Brunnen versammelt hatten.
Ravens Abneigung war an ihrer Miene deutlich abzulesen, als sie auf Waldo wartete. Er war ein plumper Bär von einem Mann, mit einem mächtigen Brustkorb und kurzen, kräftigen Beinen. Er war weder besonders groß, noch übermäßig dick, aber seine stämmige Gestalt strahlte Stärke und Autorität aus.
»Du möchtet mich sprechen, Waldo?«
»Ja«, bestätigte Waldo. »Seit ich nach Chirk für die Turniere und die Hochzeitsfeierlichkeiten zurückgekehrt bin, haben wir wenig Zeit für ein Gespräch gefunden. Schon bald wirst du die Meine sein, Raven von Chirk. Ich habe lange auf dich gewartet. Daria habe ich geheiratet, um dem Wunsch deines Vaters zu entsprechen und weil mich die Mitgift lockte, aber du bist es, die ich schon immer wollte, die ich begehrt habe. Ich war erfreut, als Aric von Flint starb und du somit für mich frei wurdest. Ich habe Duff überredet, dich mit niemandem anderen in den Jahren zu verloben, die vergingen, bis der Papst die Ausnahmegenehmigung erteilte, die mir erlaubte, dich zu heiraten. Du musst zugeben, ich war geduldiger als manch anderer Mann, Raven.«
Ravens Haltung versteifte sich. »Du weißt, dass diese Heirat nicht nach meinem Geschmack ist. Es ist nicht Recht. Es ist Blutschande, die Schwester deiner verstorbenen Frau zu heiraten.«
»Ich habe viele Jahre auf das Einverständnis des Papstes gewartet«, entgegnete Waldo barsch. »Du bist weit über das Alter hinaus, in dem die meisten Mädchen heiraten, aber ich finde dich immer noch begehrenswert. Ich werde mich nicht zurückweisen lassen, Raven von Chirk.«
Raven zuckte zusammen, als er nach einer Strähne ihres kastanienbraunen Haares griff und sie durch seine Finger gleiten ließ. »Dein Haar ist wie loderndes Feuer, genau wie du, Raven. Nicht bleich und leblos wie Daria. Du wirst nicht mit einem leidenden Gesichtsausdruck wie ein Holzklotz unter mir liegen. Selbst wenn du mich nicht magst, wirst du sicher lebhafter sein als Daria.« Er warf ihr einen boshaften Blick zu. »Vielleicht ist es ganz gut, dass du mich nicht leiden kannst. Ein bisschen Temperament hat noch keiner Frau geschadet.«
Ravens Gesicht verzog sich zornig. »Wie kannst du es wagen, derart beleidigend von Daria zu sprechen! Meine Schwester ist tot; sie hatte wahrlich Besseres verdient als dich.«
»Vielleicht würdest du einen Mann wie den Schwarzen Ritter bevorzugen.«
»Vielleicht würde ich das«, antwortete Raven wütend. »Jeder wäre besser als du!«
Waldo grinste. »Dein Feuer, dein Temperament – genau das mag ich besonders an dir, Raven. Dich zu zähmen wird mir große Freude bereiten. Den Schwarzen Ritter schlag dir aus dem Kopf. Er verachtet Frauen. Man sagt, dass er sich ihrer entledigt, sobald er sein Vergnügen mit ihnen gehabt hat.«
Ravens Interesse war umgehend geweckt. »Woher weißt du das?«
»Wir haben beide bei Crécy gekämpft, obwohl wir keine Gelegenheit hatten, uns zu treffen. Er war der Günstling des Schwarzen Prinzen und zu seinem persönlichen Schutz abgestellt. Duff und ich waren nur Ritter, die in der Armee des Königs kämpften. Aber die Geschichten seiner Heldentaten bei den Ladies sind in ganz Frankreich und England bekannt.«
»Hast du ihn jemals ohne seinen Helm gesehen?«
»Nein, aber ich kannte Mädchen, die ihn gesehen haben und meinten, dass er sehr attraktiv sei, auf eine gefährliche Art und Weise.« Seine Augen verengten sich und er warf ihr einen misstrauischen Blick zu. »Warum fragst du? Es gehört sich nicht für eine Braut, an einen anderen Mann als ihren Verlobten zu denken.«
»Alle Bediensteten sprechen über den Schwarzen Ritter und ich war neugierig. Hat er keinen Namen?«
»Das weiß ich nicht.« Seine Gesichtszüge verzerrten sich zu einer hässlichen Fratze. »Vergiss den Schwarzen Ritter. Sollte er alle seine Gegner während des Turniers vom Pferd holen, wird er immer noch mich besiegen müssen, um die Prämie zu erhalten, die Duff dem Gewinner versprochen hat. Und mich hat bisher niemand aus dem Sattel gestoßen«, brüstete sich Waldo. »Die Prämie wird mir gehören.«
Raven ging wortlos davon. Aber tief in ihrem Herzen betete sie, dass der Schwarze Ritter den Grafen Waldo von Eyre ordentlich verprügeln würde.
Der Schwarze Ritter war selbstsicher in den Innenhof geritten, bis er ganz zufällig zum Turmfenster hinaufschaute. Er erblickte eine Frau mit kastanienbraunem Haarschopf und wusste, dass sie ihn beobachtete. Sein Gesichtszüge verhärteten sich und er verzog seine Lippen verächtlich.
Raven von Chirk.
Allein der Gedanke an sie weckte schmerzliche Erinnerungen, die selbst die vielen Kriegsjahre und Turnierkämpfe, die er bestritten hatte, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, nicht hatten auslöschen können.
Erst bei seiner Ankunft hatte er erfahren, dass das Turnier Teil der Feierlichkeiten anlässlich der Hochzeit von Raven von Chirk und Graf Waldo of Eyre, seinem Halbbruder, war. Nur die beträchtliche Prämie, die Duff dem Gewinner aushändigen würde, hatte ihn nach Chirk zurückgeführt, an den Ort seiner verlorenen Liebe.
Raven von Chirk.
Er hasste sie immer noch, selbst nach all diesen Jahren. Ihr Verrat hatte ihn zu dem gemacht, der er heute war. Fast über Nacht war er von einem ritterlichen Jugendlichen, der davon geträumt hatte, ein Edelmann zu werden und die Ehre seiner Herzensdame zu verteidigen, zu einem gefühllosen Ritter geworden, der sich sein Ansehen mit dem Schwert erkämpft hatte. Nachdem er von Chirk verbannt worden war, hatte man den König scheinbar auf seine Qualitäten aufmerksam gemacht, woraufhin dieser ihn als Knappen in seine Dienste nahm. Drakes selbstloser Einsatz für den Schwarzen Prinzen war großzügig belohnt worden.
Schon kurz nachdem man ihn zum Ritter geschlagen hatte, war er dem Beispiel des Prinzen gefolgt und hatte eine schwarze Rüstung angelegt. Damit begann die Existenz des Schwarzen Ritters. Das war ein weitaus besserer Name als Drake No Name oder Sir Bastard.
Als die Kämpfe in Frankreich heftiger wurden, fiel der Schwarze Ritter auf dem Schlachtfeld immer wieder durch seinen Mut auf. Als der Zufall es wollte, dass er das Leben des Prinzen ein zweites Mal retten konnte, wurde ihm für seine Tat ein Grafentitel verliehen. Er erhielt das Anrecht auf Windhurst und seine ausgedehnten Ländereien. Nach dem Sieg bei Crécy kehrte der Schwarze Ritter nach England zurück und erntete weiteren Ruhm durch seine Teilnahme an Turnieren, bei denen er jeden Gegner, der gegen ihn antrat, problemlos besiegte. Er hatte mittlerweile so viel Reichtum und Ansehen erworben, dass das Turnier auf Chirk sein Letztes sein sollte. Mit der ausgesetzten Prämie würde er genug Geld haben, um Windhurst wiederaufbauen und verteidigen zu können.
Hätte Drake gewusst, dass der Anblick von Raven nach all den Jahren Gefühle weckte, von denen er geglaubt hatte, dass sie lange überwunden seien, wäre er nicht gekommen. Er wusste, dass Daria tot war. Die traurige Nachricht war schnell bis zu ihm vorgedrungen und ihr Tod hatte ihm schrecklich zugesetzt. Das Leben einer zarten Rose war erloschen, noch bevor sie voll erblüht war. Hätte Raven ihn nicht verraten, davon war Drake überzeugt, wären er und Daria glücklich verheiratet und sie immer noch am Leben. Obwohl er keinen handfesten Beweis hatte, wurde er das Gefühl nicht los, dass Waldo etwas mit Darias plötzlichem Tod zu tun hatte.
An dem Tag, als Drake vom Tod seiner großen Liebe erfahren hatte, war auch etwas in ihm gestorben. Ehrgeiz hatte seine unerwiderte Liebe ersetzt. Das Streben nach Ruhm und Reichtum war zu seinem Lebensinhalt geworden. Je angesehener er wurde, desto unbarmherziger und hochmütiger wurde er gegenüber seinen Mitmenschen. Er, der die Frauen einst verehrt hatte, betrachtete sie jetzt nur noch als Geschöpfe, die einzig auf Erden weilten, um die Lust der Männer zu befriedigen. Nur in einer Sache war er sich treu geblieben: in seinem unstillbaren Hass auf Waldo von Eyre und Raven von Chirk.
Der Schwarze Ritter riss sich von seinen Gedanken an die Vergangenheit los, um Sir Melvin, Chirks Verwalter, zu begrüßen.
»Guten Tag, Sir. Ich bin Sir Melvin, Lord Duffs Verwalter. Seid willkommen auf Burg Chirk.«
Der Schwarze Ritter bedachte Sir Melvin mit einem Nicken und wartete darauf, dass er in seiner Rede fortfuhr.
»Die Ritter, die gekommen sind, um an den Turnieren teilzunehmen, lagern mit ihren Bediensteten und Gefolgsleuten außerhalb der Burgmauern. Dort sind Zelte für sie aufgebaut und alle sind eingeladen, am Abendessen im Rittersaal teilzunehmen. Entspricht das Euren Wünschen, Mylord?«
»Ich bedanke mich für Eure Gastfreundschaft. Meine Männer und ich werden gerne den Tisch mit Euch teilen.«
Nachdem die Formalitäten geklärt waren, wandte sich Sir Melvin ab, um eine andere Gruppe von Rittern zu begrüßen, die gerade in den Hof geritten kamen. Nachdem sich der Verwalter entfernt hatte, gesellte sich ein Ritter, der in Drakes Diensten stand, zu ihm. Sir John of Marlowe schob sein Visier zurück und schaute Drake misstrauisch an. »Sollen wir unser Lager außerhalb der Mauern errichten, Drake?«
»Ja, John. Da sind Zelte für uns bereitgestellt. Sieh zu, dass du einen Lagerplatz neben einem Brunnen erwischst. Ich werde mich dir und den Männern gleich anschließen. Vorher muss ich noch etwas erledigen.«
Sorgenfalten zeigten sich auf Sir Johns attraktivem jungen Gesicht. »Ich weiß, du magst deinen Halbbruder nicht, aber ich flehe dich an, mache keine Dummheiten.« Dann gab er seinem Pferd die Sporen und überließ Drake seinen verdrießlichen Gedanken.
Drake klappte sein Visier hoch und starrte auf die Burg, von der er zwölf Jahre zuvor verbannt worden war. Hier hatte sich in der ganzen Zeit nicht viel verändert. Waldo hatte er, seitdem er weggegangen war, nicht mehr gesehen und auch jetzt verspürte er keine große Lust, in das Gesicht seines Bruders zu blicken. Der einzige Grund, warum er Waldo suchen wollte, war, ihn wissen zu lassen, welcher Mann ihn beim Turnier besiegen und die Prämie gewinnen würde.
Drakes Schlachtross tänzelte unter ihm und er beschwichtigte es mit leisen Worten. »Ganz ruhig, Zeus, morgen wirst du genug Zeit haben, um dich aufzuregen.« Er nahm seinen Helm ab und stieg vom Pferd. Ein Bursche kam gelaufen und übernahm die Zügel. Alles war noch so, wie Drake es in Erinnerung hatte. Es wimmelte überall von Menschen – Frauen mit Bündeln unter den Armen, Kinder, die Schweine hüteten, Zimmerleute, die ihren Lehrlingen Standpauken hielten, Bedienstete, Stallknechte und Knappen, die ihren Pflichten nachgingen. Einige bewaffnete Männer lungerten vor der Kaserne herum und beobachteten eine hübsche Magd, die Wasser aus dem Brunnen holte. Etwa ein Dutzend Gebäude drängte sich an den Hauptwall: Neben den Geschäften diverser Handwerker und einer großen Schmiede befanden sich hier ebenso die Stallungen und die Speisekammern. Drake erspähte Waldo, der einen mit Weinfässern beladenen Ochsenkarren umrundete und mit eiligen Schritten in seine Richtung kam.
Zuerst streifte ihn Waldos Blick nur, einen Moment später blieben seine Augen jedoch schon an Drakes Gesicht hängen. Dieser lächelte grimmig, als er sah, wie sämtliche Farbe aus Waldos Gesicht wich.
»Guter Gott! Du bist’s! Ich dachte … wir alle dachten, du wärest tot.«
Drakes Augen verengten sich. »Wie kommt ihr denn darauf?«
»Ich … du …« Schweißperlen bildeten sich auf Waldos Stirn. »Wir haben so viele Jahre nichts von dir gehört.«
»Vielleicht wolltet ihr gar nichts von mir hören. Wie du siehst«, sagte Drake kühl, »bin ich sehr lebendig.«
Waldo begutachtete Drakes eindrucksvolle schwarze Rüstung. Sein Blick verharrte auf dem schwarzen Helm, den er unter seinem Arm trug.
Er wich zurück. »O nein! Das kann nicht sein! Nicht du! Du kannst doch nicht der berühmte Schwarze Ritter sein, der Mann, über den man im ganzen Land Lobeshymnen singt. Warum habe ich das nicht gewusst?«
»Vielleicht wollte ich nicht, dass du es erfährst.«
»Aber wie ist dir das gelungen? Wie konntest du solche Heldentaten vollbringen?«
»Hast du den Barden und Minnesängern denn nicht zugehört?«
Waldo starrte ihn an. »Als du von hier fortgingst, hattest du nichts als deine Kleider am Leib. Und jetzt bist du …«
»Ein Graf mit eigenen Ländereien und Rittern in meinen Diensten.«
»Windhurst«, sagte Waldo verächtlich. »Das ist doch nur eine Ruine auf einer öden, windigen Klippe.«
»Trotzdem gehört sie mir, wie auch der Titel.«
»Warum bist du hier? Daria ist tot. Ich sehe keinen Grund für deine Rückkehr nach Chirk.«
Drakes silbergraue Augen glitzerten unheilverkündend. »Wie ist Daria gestorben? Ihr ward vor ihrem Tod doch erst wenige Monate verheiratet.«
»Das ist Schnee von gestern, Sir Bastard«, spottete Waldo. »Daria ist tot und ich werde Raven heiraten.«
Drake machte einen bedrohlichen Schritt auf ihn zu. »Wie hast du mich gerade genannt?«
»Du wirst immer ein Bastard bleiben, ganz egal wie viele Titel Edward dir auch verleihen mag.«
»Ich bin nicht länger ein blauäugiger Knabe mit großen Träumen«, warnte Drake. »Meinen Namen und meinen Ruf habe ich mir hart erarbeitet. Ich bin der Schwarze Ritter, Earl von Windhurst von Königs Gnaden. Solltest du mich jemals wieder Sir Bastard oder Drake No Name nennen, so wird es dir sehr Leid tun. Ich fürchte niemanden, Waldo of Eyre. Dich schon gar nicht.«
»Bist du gekommen, um die Hochzeit zu verhindern?«
Drake lächelte humorlos. »O nein, nichts liegt mir ferner. Raven ist so hinterhältig wie du. Ich wünsche dir viel Vergnügen mit ihr. Ihr beiden verdient einander. Der Grund meiner Anwesenheit ist ein anderer. Ich beabsichtige lediglich, das Turnier und die Prämie zu gewinnen.«
Waldos blasse Augen verengten sich. »Nur über meine Leiche.«
Drake zuckte mit den Achseln. »Das lässt sich problemlos einrichten.«
Waldo Entsetzen, seinen älteren Halbbruder lebend zu sehen, war wesentlich größer, als er sich anmerken ließ. Er hatte Dinge, schreckliche Dinge getan, um sich den Grafentitel zu sichern und er betete, dass Drake niemals dahinterkommen würde.
Raven hatte gerade die Küche verlassen, als sie sah, dass sich der Schwarze Ritter mit Waldo unterhielt. Er hatte seinen Helm abgenommen und stand mit dem Rücken zu ihr. Sie verrenkte sich den Hals, um ihn besser sehen zu können, aber mehr als einen Blick auf sein dichtes, schwarzes Haar, das er schulterlang trug, wie es Mode war, konnte sie nicht erhaschen. Getrieben von großer Neugier endlich herauszufinden, wer der geheimnisvolle Schwarzen Ritter war, schlich sie um einen Weinkarren herum, damit sie ihm ins Gesicht schauen konnte.
Ihr stockte der Atem, als sie die ihr so vertrauten Züge erblickte, so dass sie um Luft ringen musste und das Gefühl hatte, ihre Lungen stünden in Flammen. Sie hatte dieses Gesicht hundert, nein tausend Mal in ihren Träumen gesehen. Und jedes Mal starrten seine silbergrauen Augen sie hasserfüllt an.
Drake.
Unzählige Male hatte sie sich gewünscht, er möge kommen, damit sie ihm erklären konnte, dass es Daria selbst gewesen war, die dafür gesorgt hatte, dass ihr Vater von der geplanten Flucht erfuhr, um diese zu verhindern. Raven hatte erfahren, dass Daria ihrer Zofe davon erzählt hatte, sehr wohl wissend, dass das Mädchen mit den Neuigkeiten sofort zu Lord Nyle laufen würde.
Jetzt war er hier. Dennoch war er nicht mehr der Drake, an den sie sich aus ihrer Jugendzeit erinnerte. Er war der Schwarze Ritter, der Mann, der berühmt für seinen Mut und seine Stärke, seine Eroberungen von Frauen und seine Unbarmherzigkeit im Kampf war.
Der Mann, der sie hasste.
Sie glaubte, dass Drake sie gesehen hatte, da sich seine Haltung straffte. Dann trafen sich ihre Blicke trafen. Die einst funkelnden silbergrauen Augen waren jetzt kalt und hart wie die Steinplatten, auf denen sie stand. Sie wollte wegsehen, aber es gelang ihr nicht. Er hielt sie gefangen mit der mächtigen Kraft seiner Feindschaft.
»Drake!« Ihre Stimme zitterte. »Bist du wirklich der Schwarze Ritter?«
»Ist das so schwer zu glauben?«, fragte Drake barsch.
»Ja … nein … Ich weiß es nicht. Du hast dich verändert.«
Sein freudloses Lachen ließ sie erschaudern. »Tja, ich bin nicht mehr der idealistische junge Träumer, den du einmal gekannt hast. Ich habe Krieg und Gemetzel gesehen, Raven und das verändert einen Mann.«
Sein stählerner Blick wanderte zu Waldo hinüber, kehrte dann aber mit fast beleidigender Intensität zu Raven zurück.
»Ich denke, ich sollte euch beglückwünschen. Allerdings bin ich überrascht, dass du und Waldo heiraten dürft. Blutschande ist ein ernstes Vergehen.«
»Ich habe viele Jahre auf die Ausnahmegenehmigung des Papstes gewartet«, mischte sich Waldo ein. »Jetzt ist es höchste Zeit, meine Ansprüche auf meine Braut geltend zu machen.«
Drake starrte Raven an, als hätte er sie niemals zuvor gesehen. Und tatsächlich hatte er das auch nicht, jedenfalls nicht diese Raven. Die Raven, an die er sich erinnerte, war halb Frau, halb Kind gewesen, mit langen, schlaksigen Armen und Beinen und Sommersprossen auf der Nase.
Die Frau, die jetzt vor ihm stand, hatte einen makellosen Teint. Er war weiß wie Sahne, mit einem Hauch Sonnenbräune auf den Wangen. Sie trug ein helles Unterkleid mit engen langen Ärmeln aus Leinen, darüber eine smaragd-grüne Tunika, deren Borte in Gold gefasst war. Ihr wunderschönes kastanienbraunes Haar lugte unter einem Seidenschleier hervor, der von einem goldenen Reif gehalten wurde. Ihre Augen, eingerahmt von dichten, schwarzen Wimpern, waren so grün wie die Tunika. Sie hatte rosige Lippen, wobei die Unterlippe etwas voller war, was ihr ein heißblütiges Aussehen verlieh, das Leidenschaft erahnen ließ. Drake fragte sich, ob Waldo der erste Mann sein würde, der sie entfachen durfte.
»Bist du hier, um an den Ritterspielen teilzunehmen?«, fragte Raven Drake, als die Stille unerträglich wurde.
»Ja. Damit verdiene ich meinen Lebensunterhalt. Nach dem Krieg habe ich dringend Mittel benötigt, um Windhurst zu restaurieren und der beste Weg, meinen Besitz zu erhalten, war die Teilnahme an Turnieren.«
»Die Lobpreisungen des Schwarzen Ritters erklingen überall im Lande«, sagte Raven mit leiser Stimme. »Du bist zu einer Legende geworden, Drake.«
Drake konnte sich nicht überwinden, die Frau, die ihn viele Jahre zuvor verraten hatte, anzulächeln. Vielleicht hätte er ihr vergeben, wenn nicht Daria unter so geheimnisvollen Umständen gestorben wäre. Sie war zwar nur noch eine schwindende Erinnerung, aber Drake hatte niemals vergessen, wer ihren Tod im Grunde verursacht hatte. Hätte Raven nicht ihren Vater alarmiert, wären er und Daria in jener Nacht verschwunden und Waldo hätte Drakes große Liebe niemals in die Hände bekommen.
»Legende oder nicht, wir werden sehen, wer bei den Ritterspielen triumphiert«, verkündete Waldo. Er warf Raven einen strengen Blick zu. »Ich denke, du hast noch genug in der Burg zu tun.«
Raven verzog missbilligend das Gesicht, sagte jedoch nichts, als sie sich abwandte und davonging.
»Ich werde sie zähmen müssen«, murmelte Waldo, merklich gereizt von ihrer aufsässigen Art. »Raven und ich hätten schon vor Jahren geheiratet, aber wir mussten auf diese verfluchte Ausnahmegenehmigung des Papstes warten. Duff hätte es sonst nicht gestattet.« Ein kaltes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht, als er hinzufügte: »Es gibt reichlich Möglichkeiten, eine Frau zu lehren, ihrem Herrn und Meister zu gehorchen und ich kenne sie alle.«
Drakes Haltung straffte sich, sein Mund verzog sich zu einem schmalen Strich. »Hast du diese Methoden auch bei Daria angewendet?«
Einen Augenblick lang sah Waldo verwirrt aus. »Daria? Sie starb vor vielen Jahren. Daria war fügsam genug, bis …«
Drake fixierte ihn mit seinen silbergrauen Augen. »Bis …« bohrte er nach.
Waldo musste gemerkt haben, dass er sich in Gefahr begab, denn er versuchte, sich herauszuwinden. »Nichts, nichts. Ich schwöre, ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Unsere Ehe war nur von sehr kurzer Dauer, wir hatten kaum Zeit, uns richtig kennen zu lernen. Wusstest du, dass unser Vater starb? Es war, kurz bevor Daria krank wurde. Er wurde von Wilderern ermordet.«
»Das habe ich gehört.«
Waldos Augen entzogen sich Drakes durchdringendem Blick. »Ah, ich sehe gerade Duff im Gespräch mit Sir Melvin. Ich muss auch noch einige Vorbereitungen für das Turnier mit unserem Gastgeber erörtern.«
Drake lächelte grimmig, als er beobachtete, wie Waldo davoneilte. Sein Halbbruder hatte sich in den vergangenen Jahren wenig verändert, dachte er bei sich. Obwohl auch Waldo bei Crécy gekämpft hatte, waren sie sich nie begegnet.
Drake hatte es jetzt eilig, zu seinen Männern zurückzukehren und machte sich auf den Weg. Die Leute drehten sich nach ihm um, einige bekreuzigten sich, als er an ihnen vorbeikam. In seiner eindrucksvollen schwarzen Rüstung sah er todbringend und unheilvoll aus, genauso gefährlich, wie es sein Name vermuten ließ.
Als Drake über die Zugbrücke zum Lagerplatz ritt, den Sir John ausgesucht hatte, verspürte er eine düstere Vorahnung, dass er besser niemals zur Burg Chirk hätte zurückkehren sollen. Er hatte nicht erwartet, dass Raven eine so schöne Frau geworden war.