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Dunkle Gefahren und starke Helden: Der Romantic-Mystery-Sammelband »In den Schatten der Nacht« von Corina Bomann jetzt als eBook bei dotbooks. Die Augen so stechend gelb wie Schwefel … Ein Albtraum lässt die junge Frau schweißgebadet aufwachen: Was hat die düstere Vision eines Dämons, der in einer nahegelegenen, verlassenen Kirche auf sie wartet, zu bedeuten? Am nächsten Morgen findet Cora die Leiche einer Kollegin. Gibt es womöglich einen schrecklichen Zusammenhang? Als sie gemeinsam mit dem attraktiven Polizisten Tom Ehrenfels immer tiefer in die Ermittlungen eintaucht, wird das Unvorstellbare plötzlich zur grausamen Wahrheit – und nur Tom scheint Cora noch vor der Dunkelheit retten zu können … Wenn Gänsehaut und Romantik sich zu einem fesselnden Lesevergnügen verweben: Sieben mutige Frauen führen in den Romantic-Mystery-Romanen von Bestseller-Autorin Corina Bomann den Kampf gegen die bösen Mächte an – und nur das Herzklopfen, das ihre männlichen Begleiter auslösen, ist stärker als ihre Angst vor dem Unaussprechlichen. Jetzt als eBook kaufen und genießen: die sieben Romantic-Mystery-Romane »Der Fluch der Gräfin«, »Elixier der Nacht«, »Das Verlangen des Dämons«, »Die Geliebte des Teufelsritters«, »Die Zärtlichkeit des Bösen«, »Das Flüstern der Verdammnis« und »Die Verlockungen der Dunkelheit« im Sammelband »In den Schatten der Nacht« von Bestseller-Autorin Corina Bomann. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 917
Über dieses Buch:
Die Augen so stechend gelb wie Schwefel … Ein Albtraum lässt die junge Frau schweißgebadet aufwachen: Was hat die düstere Vision eines Dämons, der in einer nahegelegenen, verlassenen Kirche auf sie wartet, zu bedeuten? Am nächsten Morgen findet Cora die Leiche einer Kollegin. Gibt es womöglich einen schrecklichen Zusammenhang? Als sie gemeinsam mit dem attraktiven Polizisten Tom Ehrenfels immer tiefer in die Ermittlungen eintaucht, wird das Unvorstellbare plötzlich zur grausamen Wahrheit – und nur Tom scheint Cora noch vor der Dunkelheit retten zu können …
Wenn Gänsehaut und Romantik sich zu einem fesselnden Lesevergnügen verweben: Sieben mutige Frauen führen in den Romantic-Mystery-Romanen von Bestseller-Autorin Corina Bomann den Kampf gegen die bösen Mächte an – und nur das Herzklopfen, das ihre männlichen Begleiter auslösen, ist stärker als ihre Angst vor dem Unaussprechlichen.
Über die Autorin:
Corina Bomann, geboren 1974, wuchs in Parchim auf, einem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern; heute lebt sie in Berlin. Sie schrieb bereits zahlreiche erfolgreich Jugendbücher und historische Romane; der ganz große Durchbruch gelang ihr mit dem Buch Die Schmetterlingsinsel, das wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste stand.
Die Website der Autorin: www.corina-bomann-buecher.de
Die Autorin im Internet: www.facebook.com/corina.bomann
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eBook-Sammelband-Originalausgabe Dezember 2018
Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2018 dotbooks GmbH, München
Copyright © sämtlicher Originalausgaben 2000 Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach
Copyright © sämtlicher überarbeiteter und mit einem Nachwort versehenen Neuausgaben 2016 dotbooks GmbH, München
Das Buch Der Fluch der Gräfin erschien ursprünglich unter dem Titel Im Bann der Geisterkirche, Elixier der Nacht unter dem Titel Das Elixier des Verderbens, Das Verlangen des Dämons unter dem Titel Die Rache des Blutdämons, Die Geliebte des Teufelsritters unter dem Titel Das Schwert des Teufelsritters, Die Zärtlichkeit des Bösen unter dem Titel Der Henker von Glewenburg, Das Flüstern der Verdammnis unter dem Titel Im Bann der Geisterkirche sowie Die Verlockungen der Dunkelheit unter dem Titel Das Ritual.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz unter Verwendung von shutterstock/Valodomyr Tverdohklib, Kanuman
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mm/ts)
ISBN 978-3-96148-708-0
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Corina Bomann
In den Schatten der Nacht
Sieben Romane in einem eBook
dotbooks.
Was verbirgt sich in den Schatten der Vergangenheit? 400 Jahre ist es her, seit die schöne Gräfin von Ahlsfeld unter mysteriösen Umständen zu Tode kam. Heute erinnert nur noch eine alte Schauergeschichte an sie, der niemand viel Beachtung schenkt – bis eine Gruppe Studentinnen in das Schloss der Familie kommt, um an einem Kunstwettbewerb teilzunehmen. Unter den jungen Frauen ist auch Lena, die noch nie an Übersinnliches geglaubt hat. Doch auf einmal hat sie merkwürdige Visionen, hört geisterhafte Stimmen – und findet sich in einem Albtraum wieder, der tödliche Realität zu werden droht!
»He, Leute, kennt ihr schon die Geschichte von dem Mord an der Gräfin von Ahlsfeld?«
Die laute Stimme des rothaarigen Mädchens, das im Bus hinter ihr saß, schreckte Lena Arden aus dem Schlaf. Die Kunststudentin war auf der schon drei Stunden dauernden Fahrt eingenickt, doch bei der Ankündigung der gruseligen Geschichte wurde sie sofort wach. Na, mal sehen, worum es da geht, dachte sich die junge Frau, die mit ihren Kommilitonen auf ebendiesem Schloss Ahlsfeld an einem Kunstwettbewerb teilnehmen würde. Und während sie durchs Fenster den bleichen Mond beobachtete, lauschte sie gespannt dem Vortrag.
»Es geschah in einer eisigen Winternacht«, begann die Rothaarige ihre Geschichte, und augenblicklich wurde es still im Bus. »Elena von Ahlsfeld war ganz allein in ihrem Schloss und wartete auf die Rückkehr ihres Mannes, der geschäftlich in der Stadt weilte. Sie stand am Fenster und schaute auf die feinen Eiskristalle, die wie Geisterfinger an die Scheiben klopften …«
Plötzlich schienen die Worte zu verschwimmen. Lena Arden hörte sie nur noch aus weiter Ferne und wurde von einem Schwindel erfasst. O mein Gott, was ist das bloß?, dachte sie. Als sie eine leichte Übelkeit überkam, schloss sie die Augen. Es war, als gleite sie in einen reißenden Strudel, der sie aus dem Bus heraus an einen anderen Ort und in eine andere Zeit zog. Und als das Gefühl, dass sich alles um sie herum drehte, endlich nachließ, tauchte plötzlich ein Bild vor ihr auf: Es war die Nacht, in der Elena von Ahlsfeld ihr Leben verlor …
Sie hörte den Wind um das Schloss heulen und sah eine blonde Frau an einem Fenster stehen. Arglos schaute sie durch die mit Eisblumen bedeckte Scheibe, in die sie ein kleines Sichtloch gerieben hatte. Sie ahnte nicht, wie nahe sie dem Tod war. Und als die Standuhr zwölf schlug, tauchte er hinter ihr auf …
Ein Mann betrat den Raum. Sie hörte ihn nicht, das metallische Geräusch des Uhrwerks verschluckte seine Schritte. Erst als er ihr ganz nahe war, hörte die Gräfin eine Diele hinter sich knarren. Erschrocken wandte sie sich um und erkannte ihren Ehemann. Doch er war nicht mehr der Mann, den sie gekannt und geliebt hatte: Er war zu einer mordlustigen Bestie geworden. In einer Hand hielt er einen langen Dolch, in der anderen eine Laterne, in der seltsamerweise keine weiße, sondern eine grüne Flamme brannte. Das Licht strahlte etwas abgrundtief Böses aus, eine teuflische Macht, die den Mann völlig beherrschte. Es gab für ihn nur ein Ziel: seine Frau zu töten! Er riss den Dolch hoch, die Klinge blitzte auf im grünen Schein der Lampe… und dann stach er zu!
»Nein!«, schrie Lena entsetzt. Plötzlich verschwand die Vision, und sie fand sich im Bus wieder. Mit weit aufgerissenen Augen schaute sie sich um und bemerkte, dass die anderen sie irritiert anstarrten.
»Was ist mit dir?«, fragte ihre Studienkollegin Christin Maurer, die neben ihr saß. Lena fasste sich an die schweißüberzogene Stirn und schüttelte den Kopf. »Nichts«, antwortete sie, atmete tief durch und schaute sich dann zu der Erzählerin um, die sie ebenfalls erschrocken anstarrte. »Bitte entschuldige, wenn ich dich unterbrochen habe. Ich habe mir deine Geschichte so intensiv vorgestellt, dass ich … Ach, erzähl bitte weiter!«
»Schon gut.« Die Rothaarige nickte und fuhr dann fort: »Kaum hatte er die Bluttat vollbracht, wich die dämonische Besessenheit vom Grafen. Und als er sah, was er getan hatte, nahm er sich noch am selben Tag das Leben. Doch die Laterne des Teufels soll es noch immer geben. Und mit ihr den Dämon, der Besitz vom Grafen ergriffen und ihn zu einem mordenden Ungeheuer gemacht hat.«
Als die Geschichte zu Ende war, herrschte für einen Moment beklommene Stille im Bus. Doch nicht für lange. Ein Mädchen rief schließlich: »Wegen so einem Quatsch werde ich heute Nacht nicht schlafen können. Hättest Horrorautorin werden sollen.« Die Worte waren wie Wasser, das man auf ein loderndes Feuer goss. Augenblicklich fiel die Spannung, die sich durch die Geschichte aufgebaut hatte, in sich zusammen, und alle Reisenden schienen sie schnell zu vergessen. Bis auf Lena. Sie hoffte, dass niemand ein Gespräch mit ihr anfing, denn zu deutlich standen ihr die Bilder der Vision noch vor Augen. Die Laterne des Teufels soll es noch immer geben. Und mit ihr den Dämon, der Besitz vom Grafen ergriffen hat …
Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, wurde sie ruckartig zur Seite geworfen, ebenso wie ihre Sitznachbarin und alle anderen im Bus. Der Fahrer hatte plötzlich abgebremst und das Steuer herumgerissen. Zuerst dachte Lena, dass er einem über die Straße huschenden Wild hatte ausweichen wollen, dann erkannte sie, dass neben ihnen das alte Schloss aufgetaucht war. Und dass der Fahrer beinahe vergessen hatte abzubiegen.
»He, was ist denn nun los?«, fragte einer der männlichen Studenten und beschwerte sich, genauso wie einige andere, über den Fahrstil des Busfahrers. Auch Christin Maurer murrte, doch Lena hörte gar nicht hin.
Sicher hat auch er die Geschichte mitbekommen, und nun spukt sie ihm im Kopf herum, dachte sie, während sie es sich auf ihrem Platz noch mal gemütlich machte und aus dem Fenster schaute.
Inzwischen passierte der Bus die Toreinfahrt, die auf das Gelände des Schlosses führte. Das Gebäude selbst stand gut 300 Meter entfernt auf einer kleinen Anhöhe. Schon von weitem konnte man seine weißen, von Efeu umrankten Mauern sehen.
Fasziniert betrachtete Lena das Schloss. Laut der Beschreibung, die sie im Zuge des Kunstwettbewerbs erhalten hatte, befand es sich inmitten einer wildromantischen Parklandschaft. Davon war in der Dunkelheit leider nicht viel zu sehen. Doch schon beim Anblick der kahlen Bäume, in denen der Mond wie ein aufgespießtes Glühwürmchen hing, lief ihr ein angenehmer Schauer über den Rücken.
Die junge Malerin hatte eine Schwäche für verwunschene Szenerien, und dementsprechend beherrschten diese auch ihre Bilder. Vielleicht sollte ich meine Vision für die Wettbewerbsarbeit nutzen, überlegte sie. Das alte Schloss, der Park und dazu noch diese Gruselgeschichte bieten sich für ein Bild doch geradezu an.
In diese Gedanken hinein tönte eine Stimme durch den Bus, der inzwischen zum Stehen gekommen war. Diesmal war es Conny Beier, die Betreuerin der Studententruppe, eine Frau Mitte 30 mit brauner Kurzhaarfrisur und einem langen Kostüm, in dem sie wie eine Gouvernante aus dem vorigen Jahrhundert aussah. »So, meine Herrschaften, wir sind da«, rief sie unternehmungslustig und klatschte in die Hände, als müsse sie eine Horde kleiner Kinder zusammenrufen. »Wir treffen uns in fünf Minuten in der Eingangshalle. Dort bekommen Sie Ihre Zimmerschlüssel und erfahren auch gleich, mit wem Sie das Zimmer teilen.«
»Hoffentlich stecken die uns nicht mit der Märchentante hinter uns zusammen«, raunte Christin, erhob sich und holte ihr Gepäck hervor. »Noch ein paar von ihren Geschichten, und ich kriege tatsächlich noch Alpträume.«
»Meinst du, dass da was dran ist?«, fragte Lena, während sie ihre Reisetasche aus dem Gepäckfach nahm.
»An der Spukgeschichte?« Christin schüttelte den Kopf. »Nein. Hast du etwa Angst bekommen?«
»Ich? Nein, was denkst du von mir?«, wehrte Lena ab, doch die Geschichte bereitete ihr mehr Unbehagen, als sie zugeben wollte. Aber sie wollte vor ihrer Freundin nicht als Angsthase dastehen. Sie sagte nichts mehr zu dem Thema und folgte Christin aus dem Bus.
Kaum hatte sie den Schlosshof betreten, überkam sie ein merkwürdiges Gefühl. Eine eiskalte Hand schien sie zu berühren, und als sie zu dem hoch aufragenden Schloss aufschaute, sah sie in einem der unbeleuchteten Türme ein Licht. Ein ungesundes grünes Licht, das in den Turmfenstern umherwanderte.
Lena hielt für einen Moment den Atem an. Ist so etwas möglich?, fragte sie sich und spürte, wie ihr Puls hochschnellte. Vielleicht stimmte es ja, und der Dämon ging hier immer noch um. Sie kniff die Augen zusammen und schaute noch einmal nach oben. Jetzt war das Licht verschwunden. Sicher war es nur eine Spiegelung des Mondlichts gewesen. Aber ein merkwürdiges Gefühl in ihrer Magengegend sagte ihr, dass es etwas anderes war. Etwas, das mit der Geschichte zu tun hatte, die sie so sehr in den Bann geschlagen hatte.
Innerhalb weniger Minuten war die prachtvolle Eingangshalle des Schlosses erfüllt vom Geschnatter von etwa 20 jungen Frauen und Männern. Lena war eine der wenigen, die sich nicht an den Gesprächen beteiligte. Während sie sich noch fragte, was das für ein Licht da im Turm gewesen sein mochte, fiel ihr – neben der seltsamen, fast gespenstischen Atmosphäre der Halle – ein Bild auf, das neben der Treppe in die erste Etage hing.
Sie schaffte es nicht ganz, in seine Nähe zu kommen, deshalb betrachtete sie es von weitem. Das war aber auch ein grandioser Anblick. Er nahm die junge Malerin sofort gefangen, so dass sie auf nichts und niemanden sonst achtete.
Auf der mannshohen Leinwand war eine Frau abgebildet. Sie hatte langes, rötlich blondes Haar, ein schmales Gesicht, eine Stupsnase und blaue Augen.
Irgendwie kam sie Lena bekannt vor. Ja, genau, sie hatte große Ähnlichkeit mit ihrem eigenen Spiegelbild. Zwar unterschieden sie sich in ihrer Kleidung – die Abgebildete trug ein langes, leuchtend gelboranges Kleid unter einem kobaltblauen Mantel, Lena hingegen einen weinroten Ledermantel über einer schwarzen Hose. Auch war Lenas Haar kürzer, und statt blauer Augen hatte sie braune. Aber sonst …
Merkwürdig, dachte sie. Ich könnte wetten, dass das die Gräfin ist. War sie ihr wirklich so ähnlich gewesen? Plötzlich stockten ihre Gedanken, und ihr Blick fiel auf die Laterne, die die Abgebildete in der Hand trug. Eine Laterne wie die des Mörders aus der Vision … Nur dass die Flamme nicht grün war, sondern weiß.
Wieder kam ihr das seltsame Leuchten in den Sinn, das sie kurz zuvor gesehen hatte. Doch bevor sie sich weiter damit befassen konnte, spürte sie einen Ellbogen zwischen den Rippen. Natürlich war es Christin, die sie auf unsanfte Art aus ihren Gedanken fortholte.
»Christin, komm, hör auf, ich kriege blaue Flecken davon!«, zischte Lena ärgerlich und rieb sich die Seite.
»Einer muss dich Traumsuse doch wecken«, gab die schwarzhaarige Bildhauerin zurück. »Was gibt es denn dahinten zu sehen? Etwa ein paar süße Typen?«
»Nein, das nicht.« Lena schüttelte den Kopf. »Ich habe mir nur die Bilder angeschaut.«
»Wer’s glaubt, wird selig.« Christin grinste breit. »Ich habe da ein paar ganz schnuckelige Jungs gesehen. Wir sollten uns ranhalten, denn die Mädchen sind in der Überzahl.«
»Na, dann viel Glück«, gab Lena zurück. »Aber ich habe mir wirklich nur die Gemälde angeschaut. Einige sind bestimmt mehr als 200 Jahre alt.«
»Ach, wenn du keine anderen Interessen hast als die alten Schinken«, meinte die Bildhauerin abschätzig, denn sie hatte für die alten Meister nur wenig übrig. »Ich würde Depressionen kriegen, wenn ich so etwas in der Wohnung hängen hätte. Da ist mir ein gut gebauter Mann lieber.«
»Da hast du nicht ganz unrecht, aber die Bilder sind interessant.« Lena war froh, dass ihre Freundin nicht zum Gemälde mit der Gräfin schaute. So konnte sie sie mit der Ähnlichkeit auch gar nicht erst aufziehen.
»Hör zu, die Zimmer werden verteilt.« Christin wandte sich der Betreuerin zu.
Erst jetzt bemerkte Lena, dass die Frau in dem langen Kostüm schon seit geraumer Zeit eine kleine Rede über den bevorstehenden Wettbewerb und die Verhaltensregeln gehalten hatte. Zum Glück habe ich es verpasst, dachte sie, hörte jetzt allerdings hin, denn es interessierte sie schon, mit wem sie die nächsten zwei Wochen zusammenwohnen musste.
»… und Zimmer sieben im rechten Flügel werden sich Frau Arden, Frau Berger und Frau Maurer teilen«, verkündete Conny Beier und faltete das Blatt Papier, von dem sie abgelesen hatte, zusammen. »Ich wünsche Ihnen allen eine gute Nacht. Morgen früh um acht treffen wir uns hier in der Schlosshalle, wo Sie dann den Ablauf der kommenden Tage erfahren werden.«
Sie wandte sich um und mischte sich unter die Studenten, die sich inzwischen zu kleinen Grüppchen formiert hatten.
»Also doch die Märchentante«, raunte Christin und verdrehte die Augen.
»Wieso?«, fragte Lena erstaunt. »Wer ist denn diese sogenannte Märchentante?«
»Na, die im Bus hinter uns gesessen hat. Ihr Name ist Sonja Berger. Hättest du nicht geschlafen, hättest du es mitbekommen. Dann werden wir ja heitere Nächte haben.«
»Och, ich weiß gar nicht, was du gegen sie hast«, entgegnete Lena. »Sie erzählt wirklich gut. Vor allem ziemlich realistisch.«
»Das hat man ja gesehen«, gab Christin spöttisch zurück. »Ich habe dich noch nie so schreien gehört. Es war ja so, als hättest du in einen ganzen Sack voller Vogelspinnen gegriffen.«
»Ach, das war nur …«
Weiter kam sie nicht, denn im nächsten Moment stieß das rothaarige Mädchen zu ihnen. »Ist doch toll, dass wir zusammenwohnen«, behauptete sie auch gleich. »Dann kann ich euch ja noch ein paar spannende Geschichten vom Schloss erzählen. Glaubt mir, den anderen entgeht was.«
Lena sah Christin an, dass sie darüber überhaupt nicht erbaut war. Doch bevor sie etwas sagen konnte, hakte die junge Malerin sie unter und meinte: »Dann schauen wir uns doch mal unser Reich an. Zimmer sieben im rechten Flügel.«
Das Zimmer befand sich am Ende eines langen Gangs und mochte früher so etwas wie ein Salon gewesen sein. Es war im Gegensatz zu allen anderen Räumen rund, und gut die Hälfte der Wandfläche wurde von hohen Sprossenfenstern durchbrochen.
»Bloß gut, dass man die Fenster zuziehen kann«, meinte Sonja und begann sofort, mit beinahe hektischen Bewegungen die langen beigefarbenen Vorhänge zu schließen. »Bei dem Gedanken, dass da draußen ein Spanner herumschleicht, kriege ich eine Gänsehaut. Wir sitzen ja hier drin wie in einem Terrarium.«
»Gönn ihm doch den Spaß«, entgegnete Lena lächelnd und warf ihre Tasche auf das Bett in der Mitte. »Solange er nicht reinkommt.«
»Vielleicht geht da draußen ja auch die Gräfin um«, bemerkte Christin. »Im weißen Gewand, den Kopf unter dem Arm …«
»Das ist gut möglich«, meinte Sonja. »Man sagt, dass die Gräfin seit ihrer Ermordung hier umgeht und nach der Laterne des Dämons sucht.«
»Das ist doch alles Unsinn!« Christin schüttelte den Kopf. »Wer glaubt schon an so etwas?«
Eigentlich niemand, dachte Lena. Doch was war das für ein Licht gewesen? Und was hatte diese Vision zu bedeuten? Hatte sie sich das alles nur eingebildet?
Nein, sagte eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. Es hat alles eine Bedeutung. Und fest steht, dass es an diesem Ort irgendwie nicht geheuer ist.
»Was hat es eigentlich mit dieser seltsamen Laterne auf sich?«, fragte sie, ungeachtet dessen, dass ihre Freundin genervt die Augen verdrehte.
»Es ist die Laterne des Teufels«, gab Sonja zurück. »Und in ihr soll ein Dämon leben. Ein besonders boshafter Dämon, der Seelen für den Teufel sammelt. Derjenige, der sich von ihm verführen lässt, verliert seine Seele an den Höllenfürsten.«
»Ja, und wenn ihr so weitermacht, wird euch heute Nacht der Dämon besuchen«, murrte Christin und ging mit ihrer Waschtasche zur Tür. Laut den Angaben der Betreuerin befand sich das Bad am anderen Ende des Gangs. »Ich gehe mich duschen, derweil könnt ihr euch ja noch ein paar Geschichten erzählen.« Und schon war sie verschwunden.
»Deine Freundin hat wohl nichts für Gespenstergeschichten übrig«, murmelte Sonja und schaute zu Lena, die gerade dabei war, ihre Sachen in den Schrank zu räumen.
»Nein, überhaupt nicht«, gab sie zurück. »Aber sonst ist sie ziemlich in Ordnung für eine Bildhauerin.«
»Bildhauerin«, echote Sonja, während sie in ihrer Tasche wühlte. »Und was machst du?«
»Malerei«, antwortete Lena.
»Super! Ich male nämlich auch. Hast du schon eine Idee, was du für den Wettbewerb machen willst?«
»Ich überlege noch. Vielleicht etwas mit dem Park oder dem Schloss.«
»Also so einen Schinken, wie er da über deinem Bett hängt?«, fragte Sonja und deutete auf das Gemälde, das eine neblige Lichtung in der Morgendämmerung zeigte. »Da weiß ich aber was Besseres. Etwas, das zu dem Schloss und seiner gruseligen Geschichte passt.«
»Und was soll das sein?«, fragte Lena, betrachtete das Landschaftsbild und fand es gar nicht so schlecht. Vor allem hatte es so eine merkwürdige Atmosphäre. Sie hatte das Gefühl, dass sie nur einen Schritt zu machen brauchte, um mitten in diesem Szenario zu stehen.
»Ein paar hundert Meter vom Schloss entfernt gibt es einen Friedhof«, sagte Sonja geheimnisvoll. »Dort soll sich das Grab der Gräfin befinden.«
»Der Friedhof, wo die Gräfin begraben ist?« Lena spürte ein merkwürdiges Kribbeln im Nacken, das sie immer dann überfiel, wenn sie Interesse für etwas hatte. »Woher weißt du das? Bist du aus dieser Gegend?«
»Meine Großeltern haben in der Stadt gewohnt. In den Ferien war ich meist bei ihnen. Hier kannst du gehen, wohin du willst, überall tischen sie dir die Geschichten vom Schloss auf. Und es ist schon eine Mutprobe, einmal hierherzugehen und den Friedhof zu besuchen. Vielleicht triffst du ja dort die tote Gräfin, und sie erzählt dir etwas über den Dämon aus der Lampe.« Sonja zwinkerte ihr zu und machte sich dann ebenfalls daran, ihre Sachen in den Schrank zu legen. »Allerdings ist das nicht mein Thema. Ich werde mich mit Porträts beschäftigen. Und mal bei den Jungs anfragen, ob mir einer als Aktmodell dienen will. Wir werden uns also zumindest bei der Motivsuche nicht ins Gehege kommen.«
»Na dann, möge die Bessere gewinnen«, sagte Lena und nahm sich vor, gleich morgen nach dem Friedhof zu schauen. »Vielleicht schaffen wir beide es ja unter die ersten drei. Die Konkurrenz soll ziemlich stark sein, habe ich gehört.«
»Was, die und stark?« Sonja schüttelte den Kopf. »Angeber sind das. Als du und deine Freundin zugestiegen seid, hatten wir bereits drei Stunden Fahrt hinter uns. Soweit ich weiß, sind noch sechs Maler dabei. Du hättest mal hören sollen, wie manche von denen aufgeschnitten haben – von wegen neuer Techniken und so.«
»Na ja, wir werden sehen«, sagte Lena optimistisch und machte sich auf den Weg ins Bad. »Und wenn wir nicht gewinnen, haben wir wenigstens mal in einem Geisterschloss gewohnt.«
***
Lena nahm sich Zeit für die Dusche, denn sie wollte sich nachher noch mal das Gemälde in der Eingangshalle anschauen. Allein. Die anderen sollten nicht mitbekommen, dass sie sich für das Bild interessierte. Anscheinend war noch niemandem ihre Ähnlichkeit mit der Gräfin aufgefallen, und so sollte es auch bleiben. Sie wollte nicht die nächsten zwei Wochen ständig darauf angesprochen werden. Also wartete sie, bis alle anderen aus dem Bad verschwunden waren.
Schließlich war es so weit. »Schwimm nicht so weit hinaus!«, rief Christin lachend und klopfte an ihre Duschkabine.
»Nein, nein, keine Sorge«, erwiderte Lena und hörte, wie die anderen Mädchen das Bad verließen. Jetzt stellte auch sie die Dusche ab, trat aus der Kabine, trocknete sich ab und zog sich das Nachthemd über. Dann rollte sie ihre Sachen in das Badetuch ein und ging auf den Gang. So leise, wie sie nur konnte, schlich sie über den roten Teppichboden, an den anderen Zimmern vorbei, bis sie die Treppe zur Eingangshalle erreichte.
Hier brannte zwar noch Licht, doch nicht mehr in voller Stärke. Nur noch zwei Lampen waren eingeschaltet, wahrscheinlich für den Fall, dass sich einer der Gäste aus Versehen hierher verirrte. So wie sie gerade.
Sie ging die Treppe hinunter, stellte sich vor das mannshohe Gemälde und hob den Kopf zum Gesicht der Gräfin. Erst jetzt fielen ihr auch andere Details auf, die sie aus der Ferne nicht wahrgenommen hatte.
Zum einen war da der Hintergrund, vor dem die leuchtende Gestalt stand. Durch den Firnis, der mit der Zeit ziemlich stark nachgedunkelt war, konnte man ihn erst erkennen, wenn man direkt vor dem Bild stand. Er zeigte eine finstere Nacht, doch von irgendwoher fiel Licht auf die Szenerie. Mondlicht, war Lenas erster Gedanke, als sie an der Gräfin vorbei auf die alte Mauer schaute. Wahrscheinlich eine Ruine. Und dahinten, sind das nicht…?
Ihre Augen weiteten sich. Nach längerem Hinschauen erkannte sie Grabsteine, deren gespenstische Schatten lang auf den grauen Boden fielen. Die Gräfin ist auf dem Weg zum Friedhof. Vielleicht hat sie deshalb diesen angstvollen Blick? Oder es verfolgt sie jemand. Vielleicht der Mörder?
Sie sah ganz deutlich, dass es Angst war, die in den schönen blauen Augen der Gräfin stand. Sie schaute nach vorn, während sie mit der Laterne in der Hand die Dunkelheit zu durchdringen versuchte. Aber vielleicht hatte gerade das Licht ihr etwas Furchtbares offenbart.
Warum hat sie sich in so einer Pose malen lassen?, fragte sich Lena und trat näher. Sie suchte nach der Signatur des Künstlers. Am linken Bildrand fand sie schließlich einen Namenszug, doch der war so sehr nachgedunkelt, dass sie nur noch ein R als Anfangsbuchstaben des Vornamens und ein S für den Nachnamen erkennen konnte. Aber die Jahreszahl war noch sehr deutlich zu erkennen: 1799.
Sonja hatte erzählt, dass die Gräfin vor über 200 Jahren ermordet worden war. Sie streckte die Hand nach dem Bild aus. Es musste kurz vor ihrem Tod gemalt worden sein. Oder kurz danach. Aber laut der Geschichte hatte sich der Graf doch umgebracht … Wer sollte das Bild dann in Auftrag gegeben haben?
Während sie so nachdachte, ließ sie die Finger über die alte Leinwand gleiten. Sie spürte den brüchigen Firnis und die Struktur der Farbe. Und da war es plötzlich wieder, das Gefühl, dass sich alles um sie herum drehte. Ein Luftzug umwehte sie, und ähnlich wie in der Vision im Bus glitt sie aus der Wirklichkeit heraus …
… und fand sich plötzlich in dem Bild wieder!
Die Dunkelheit umfing sie wie ein Mantel. Lena spürte den Wind, der das lange Haar der Gräfin zerzauste, und sah, wie das Licht in ihrer Hand hilflos flackerte und beinahe zu verlöschen drohte. Das allein reichte schon aus, ihre Glieder erzittern zu lassen, doch plötzlich wandte die Frau den Kopf. Ihr Blick bohrte sich flehend in Lenas Augen, während sich die zarten, von der Kälte blassen Lippen zu bewegen begannen. »Hilf mir und brich diesen Fluch, damit ich endlich erlöst werde«, wisperte die Gräfin mit angsterfüllter Stimme. »Finde die Laterne und vernichte den Dämon, der in ihr wohnt.«
»Aber wo soll ich sie suchen?«, hörte sich Lena fragen, mit einer Stimme, die klang wie die einer Betrunkenen.
»Sie ist hier«, antwortete die Gräfin.
Dann verschwamm die Vision. Während die Worte noch durch ihren Verstand hallten, fand sich Lena in der Schlosshalle wieder. Und wurde gewahr, dass sie sich die ganze Zeit nicht einen Zentimeter weit bewegt hatte.
Was hat das zu bedeuten?, fragte sie sich mit rasendem Herzen. Unwillkürlich wich sie vor dem Bild zurück. Plötzlich erschien es ihr unheimlich. Zuerst diese Vision im Bus und jetzt … Sie war doch wohl nicht verrückt? Sie starrte weiter auf das Bild, doch die Abgebildete regte sich nicht. Alles, was blieb, war der furchtsame Ausdruck auf ihrem Gesicht. Und die Worte, die in Lenas Kopf nachhallten. Finde die Laterne und vernichte den Dämon, der in ihr wohnt… Damit konnte nur die Teufelslaterne gemeint sein, von der Sonja erzählt hatte.
»Es ist ein faszinierendes Bild, nicht wahr?«, sagte da eine Männerstimme und ließ sie zusammenzucken. Gefesselt vom Anblick des Bildes, hatte sie nicht gehört, dass jemand hinter sie getreten war. Sie wirbelte mit einem leichten Aufschrei herum und sah einen Mann im dunkelblauen Morgenrock hinter sich stehen. Er war schon ein älteres Semester mit kurzgeschnittenem, silberfarbenem Haar.
»Oh, verzeihen Sie, wenn ich Sie erschreckt habe«, sagte er. »Ich dachte, Sie hätten mich bemerkt.«
»Nein, das habe ich nicht.« Lena legte eine Hand auf ihre Brust und atmete tief durch. »Ich war so versunken in das Bild, dass ich nichts um mich herum wahrgenommen habe.«
»Ja, das Gemälde kann einen schon in seinen Bann schlagen«, sagte der Mann und lächelte sie merkwürdig an. »Fast jeder, der das Schloss betritt und für einen Moment allein ist, geht zu diesem Bild und betrachtet es. Ich denke, es ist die ungewöhnliche Komposition, die den Betrachter fesselt. Eine Frau, die in die Nacht flieht …« Er hielt inne, schaute zu dem Bild auf und dann wieder auf sie. Lena ahnte bereits den Grund.
»Ist Ihnen schon aufgefallen, dass Sie der Frau auf dem Bild sehr ähnlich sehen?«, sagte er. »Als wären Sie eine Zwillingsschwester von ihr. Was für ein Zufall.«
Die Art, wie er dieses Wort aussprach und sie dabei ansah, jagte Lena einen eiskalten Schauer über den Rücken. Etwas Bedrohliches ging von ihm aus. Eine finstere Aura, die ihr wie das Licht eines Scheinwerfers entgegenstrahlte.
Sie wich zurück. »Wie … wie meinen Sie das?«, fragte sie und unterdrückte ein Zittern. Als der Mann das bemerkte, wich der seltsame Ausdruck aus seinen Augen.
»Oh, ich wollte Sie nicht beunruhigen. Ich meinte nur, dass es doch ein ziemlicher Zufall ist, wenn jemand mein Haus besucht, der der Dame auf dem Bild so ähnlich sieht. Sie sind sicher eine von den Teilnehmerinnen am Kunstwettbewerb, nicht wahr?«
»Ja«, antwortete Lena, doch sie hielt es für besser, Distanz zu dem Mann zu wahren. Er bemerkte das und versuchte auch gar nicht, ihr die Hand zu reichen, als er sich vorstellte.
»Mein Name ist Friedrich von Ahlsfeld, ich bin der Eigentümer des Schlosses. Und die Dame, der Sie so ähnlich sehen, ist eine meiner Vorfahrinnen. Elena von Ahlsfeld … Wie ist Ihr Name?«
»Mein Name?« Lena sah den Mann, der eigentlich nichts Ungewöhnliches von ihr wissen wollte, entgeistert an. Vielleicht ist es besser, ich sage es ihm nicht, dachte sie, doch dann rief sie sich selbst zur Ordnung. Er musste denken, sie hätte den Verstand verloren. Nun sag ihm schon deinen Namen, es ist doch nichts dabei.
»Arden«, sagte sie schließlich. »Mein Name ist Lena Arden.«
»Lena Arden«, wiederholte der Schlossherr und versank in Nachdenklichkeit. »Lena wie Elena«, murmelte er leise vor sich hin und sagte dann: »Nun, vielleicht sind Sie ja mit meiner Familie verwandt.«
»Nein«, antwortete Lena wie aus der Pistole geschossen. Das musste ja kommen! So würde wohl jeder denken, der sie und das Bild nebeneinander sah. Sie sollte wohl in Zukunft vermeiden, vor dem Gemälde angetroffen zu werden.
»Sind Sie sicher?« Von Ahlsfeld betrachtete sie zweifelnd.
»Ganz sicher«, gab Lena zurück, hatte dabei aber ein ziemlich komisches Gefühl. Konnte sie einfach so behaupten, nicht mit dem Schlossherrn verwandt zu sein? Was wusste sie denn schon über ihre Familie?
Viel jedenfalls nicht. Großeltern hatte sie keine mehr, und ihre Mutter, mit der sie seit der Scheidung ihrer Eltern zusammengelebt hatte, hatte nie viele Worte über ihre Vorfahren verloren. Vielleicht stimmt es ja sogar, dachte sie. Vielleicht bin ich irgendwie doch eine Nachfahrin dieser Gräfin.
Davon schien der Schlossherr überzeugt zu sein, das verriet ihr sein Blick. Und eine Gänsehaut überlief sie, als er plötzlich fragte: »Wissen Sie, was für ein grausiges Schicksal Elena von Ahlsfeld erlitten hat?«
Lena nickte unsicher und antwortete dann stockend: »Ja, sie … sie wurde ermordet, nicht wahr?«
Er nickte. »Ja, sie wurde ermordet. Manche Leute meinen sogar, von ihrem eigenen Mann. In einer Winternacht soll er sie erstochen haben.« Während er sprach, zog sich ein fast schon wahnsinnig anmutendes Lächeln über sein Gesicht, das aber verschwand, als er sah, dass Lena ängstlich die Augen weitete.
»Nun ja, es ist nur eine Geschichte«, sagte er, betrachtete das Bild noch einen Moment lang und fragte dann: »In welcher Sparte werden Sie am Wettbewerb teilnehmen?«
Lena hatte gar keine Lust mehr, sich mit dem Grafen zu unterhalten. »Malerei«, antwortete sie deshalb nur knapp und umklammerte die Handtuchrolle unter ihrem Arm so fest, als hinge ihr Leben davon ab.
»Da wünsche ich Ihnen viel Glück«, gab er zurück und wandte sich um. Doch bevor er die Halle verließ, blieb er stehen und fügte hinzu: »Den Friedhof, den Sie da auf dem Bild sehen, gibt es wirklich. Vielleicht sollten Sie sich mal das Grab der Gräfin anschauen, es ist sehr malerisch.«
»Danke, werde ich machen«, gab Lena zurück, und als von Ahlsfeld gegangen war, floh auch sie aus der Eingangshalle, die ihr plötzlich wie ein Grab vorkam.
In den folgenden Stunden lag Lena wach und starrte durch die Dunkelheit an die weiße Stuckdecke, deren Verzierungen bizarre Schatten im Mondlicht warfen. Obwohl sie hundemüde war, brachte sie es nicht über sich, die Augen zu schließen und einfach einzuschlafen. Dazu beschäftigten sie das merkwürdige Gespräch mit dem Grafen und die seltsamen Visionen, von denen sie heimgesucht worden war, viel zu sehr. Immer wieder sah sie das Bild der Frau vor sich, einmal auf dem Gemälde, dann wieder in dem Moment, als der Mörder zu ihr gekommen war. Und sie hörte auch wieder die Stimme. Finde die Laterne und vernichte den Dämon, der in ihr wohnt… Doch wo sollte sie suchen? Was war das für ein Dämon, und wie sollte sie ihn vernichten?
In Erinnerung an das bösartige Leuchten kroch ihr ein eisiger Schauer über den Rücken. Und er wurde noch stärker, wenn sie an das grüne Leuchten in dem Schlossturm dachte. Es hatte so ausgesehen, als hätte jemand mit dieser Laterne am Fenster gestanden. Sie wickelte sich bis zum Hals in die Bettdecke ein, trotzdem zitterte sie. Der Stoff erschien ihr plötzlich klamm und kalt wie ein Leichentuch.
Vielleicht hat er uns vom Turm aus beobachtet. Vielleicht ist er auf der Suche nach neuen Opfern.
Ach, Unsinn, rede dir nichts ein! Doch im nächsten Moment erschrak sie. Ein leises Klopfen hallte durch den Raum. Lena erstarrte und versuchte gleichzeitig zu lokalisieren, woher das Geräusch kam. Von der Tür? Nein, es hörte sich nicht so an, als klopfe jemand gegen Holz. Es war auch kein Klopfen an der Wand, vielmehr kam es von draußen. Ein heller Ton, der sich anhörte wie …
Ja, genau so, als klopfe jemand gegen Glas! Die Fensterscheibe!
Vorsichtig richtete sich Lena auf und starrte mit weit aufgerissenen Augen zu den Fenstern. Eines nach dem anderen betrachtete sie – und erschrak. Draußen vor dem mittleren zeichnete sich ein Schatten hinter dem Vorhang ab. Eine Gestalt in einem Mantel, der sämtliche Konturen verbarg.
Erlaubt sich da einer einen Scherz mit uns? Sie erhob sich aus dem Bett und ging, während die anderen friedlich weiterschlummerten, zum Fenster. Die Gestalt rührte sich noch immer nicht, klopfte aber weiter ans Fenster.
Wenn das einer von den Jungs ist, kann er was erleben. Lena streckte die Hand nach dem Vorhang aus. Ihr Herz raste vor Angst, denn sie wusste ja nicht, wen sie zu Gesicht bekommen würde. Trotzdem ergriff sie den Stoff und zog ihn ruckartig beiseite.
Was sie da sah, ließ ihren Atem stocken. Im fahlen Licht des Mondes erkannte sie eine Frau. Nicht irgendeine von den Studentinnen, sondern die Frau vom Gemälde. Die tote Gräfin! Sie trug ein weißes Leichenhemd, und in ihrer rechten Hand schaukelte eine Laterne. Die Laterne von dem Bild. Der Lichtschein war nur schwach und durchscheinend, wie der Rest ihres Körpers.
Um Himmels willen, ein Geist!, schoss es Lena durch den Kopf. Sie war zu entsetzt, um zu schreien. Mit großen Augen starrte sie auf die Frau. Die schien zufrieden, sie am Fenster zu sehen, denn sie lächelte ihr zu. Und zog sich dann wieder zurück.
O mein Gott, dann stimmt es wirklich. Lena schnappte nach Luft. Die Gräfin ging um. Und sicher hatte sie ihr auch die Visionen geschickt. Wer weiß, was noch alles kommt…
Sie wollte gerade vom Fenster zurücktreten und in ihr Bett fliehen, als plötzlich ein lautes Krachen ertönte. Es hörte sich an, als würde jemand gegen die Tür treten.
Augenblicklich stürzte sich Lena auf den Lichtschalter. Das Deckenlicht flammte auf – doch es war nicht die Tür, gegen die jemand geschlagen hatte. Während die anderen beiden Mädchen in ihren Betten hochschnellten und verschlafen blinzelten, starrte Lena auf ihr Bett – auf das das Gemälde mit dem geisterhaften Wald gekracht war!
Das schwere Bild lag genau dort, wo sich ihr Kopf und ihr Oberkörper befunden hatten. Hätte sie dort gelegen, wäre sie erschlagen worden.
Lena wurde plötzlich übel. Wie eine Faust bohrte sich die Erkenntnis in ihren Magen: Der Geist der Gräfin hatte sie vor dem Tod bewahrt! Deshalb war sie am Fenster erschienen und hatte geklopft. Um sie aus dem Bett zu locken und vor dem herabstürzenden Bild zu bewahren.
»He, was ist denn hier los?«, fragte Christin, die sich als Erste von dem Schreck erholt hatte.
»Ich, ich weiß auch nicht, das Bild …«, stammelte Lena und starrte wie gebannt auf das Gemälde, das mit der Bildseite nach unten auf Bettdecke und Kopfkissen lag. »Ich bin kurz aufgestanden, weil ich etwas am Fenster gehört habe. Und dann ist das Bild von der Wand gefallen.«
»Was hast du am Fenster gehört?«, fragte Sonja mit weit aufgerissenen Augen.
»Ein Klopfen«, antwortete Lena nach einigem Zögern. Sie wusste, dass die anderen sie für verrückt halten würden, wenn sie ihnen von der Geisterfrau erzählte. Deshalb sagte sie: »Ich weiß nicht, was es war, vielleicht der Wind oder ein Insekt. Ich bin zum Fenster gelaufen – und da plötzlich …«
»… ist das Bild von der Wand gefallen«, beendete Sonja ihren Satz. »Das ist ein Omen.«
»Ach Quatsch, Omen!«, rief Christin ärgerlich, erhob sich und kletterte auf Lenas Bett, um den Nagel an der Wand zu prüfen. »Ein Omen holt kein Bild von der Wand. Na also, der Nagel hat sich selbständig gemacht.« Sie zog den verbogenen Metallstift aus der Wand und hielt ihn Lena hin. »Ich frage mich ja nur, wer so ein schweres Bild an so einem kleinen Nagel aufhängt. Vielleicht war es ja der Geist der Gräfin.«
»Vielleicht hat sie Lena aber auch gewarnt«, konterte Sonja.
Lena spürte, wie ihr Herz zu rasen begann. Ja, es war die Gräfin gewesen, die sie davor bewahrt hatte, erschlagen zu werden. Doch irgendetwas hinderte sie daran, Sonja zuzustimmen. Stattdessen ging sie zum Bett und versuchte, das Gemälde von der Bettdecke zu schieben.
»Kommt, streitet euch nicht«, sagte sie, während sie sich mit dem schweren Bild abmühte. »Helft mir lieber, das Teil aus meinem Bett zu kriegen. Ich würde gern noch ein paar Stunden schlafen. Es ist jetzt …« Sie schaute auf ihre Uhr. »Viertel nach drei. In fünf Stunden will uns die Gouvernante in der Halle sehen.«
»Jaja, schon gut«, sagte Christin und fasste am anderen Ende des Rahmens an. Gemeinsam schafften sie das Bild vom Bett und stellten es neben dem Kleiderschrank ab. Dann knipste Lena das Licht aus und kehrte ins Bett zurück. Mit einem Mal war sie hundemüde. Sie kroch zurück unter die kalte Bettdecke, doch ihre Glieder waren plötzlich so schwer, dass ihr der klamme Stoff egal war. Als wäre durch das Bild, das nun nicht mehr über ihrem Kopf hing, all die Anspannung von ihr abgefallen, ließ sie los und glitt in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Der Morgen kam viel zu früh. Als Lena aus dem Schlaf schreckte, fühlte sie sich, als hätte man ihr zentnerschwere Gewichte an die Glieder gehängt.
Für einen trügerischen Moment war die Welt noch in Ordnung. Bis ihr wieder einfiel, was in der vergangenen Nacht geschehen war. Erst die Visionen, dann die Begegnung mit dem Grafen und zuletzt die Erscheinung der Gräfin, die sie davor bewahrt hatte, von dem Gemälde erschlagen zu werden.
Das Unwohlsein kehrte zurück. Wenn die alten Geschichten nun stimmten? Wenn der Dämon noch immer in dem Schloss hauste und ihr nach dem Leben trachtete? Waren sie hier alle in Gefahr?
Zeit, darüber nachzudenken, hatte sie vorerst nicht. Zusammen mit den anderen beiden rannte sie ins Bad. Da sie spät dran waren, fielen Dusche und Frühstück etwas kürzer aus. Als sie in der Schlosshalle ankamen, waren alle anderen dort schon versammelt. Ein Tuscheln ging durch die Sitzreihen, als die drei Nachzügler die letzten freien Plätze einnahmen.
Natürlich motivierte das Conny Beier zu einer Bemerkung. »Da die Damen von Zimmer sieben nun auch eingetroffen sind, können wir ja beginnen«, sagte sie, ordnete umständlich ihre Blätter auf dem Rednerpult und wartete, bis Ruhe im Saal eingekehrt war.
»Die hätte heute Nacht mal der Dämon besuchen sollen«, zischte Christin durch die Zähne. »Die wäre bestimmt von dem Bild erschlagen worden.«
»Man soll niemandem etwas Schlechtes wünschen. Außerdem ist mir das Bild ja nicht auf den Kopf gefallen«, entgegnete Lena, legte sich ihre Digitalkamera in den Schoß und fügte in Gedanken hinzu: Dank der Geistergräfin. Nach der Begrüßung würde sie gleich zu ihrem Grab gehen und Fotos machen. Ob sie dabei vielleicht auch jene Szenerie finden würde, die dem Gemälde an der Treppe als Hintergrund gedient hatte?
Während sich die beiden anderen Mädchen spöttische Bemerkungen über die Betreuerin zuflüsterten, wanderte Lenas Blick zu dem hohen, goldgerahmten Bild, in das sie vergangene Nacht förmlich eingesaugt worden war. Die Gräfin hatte sie gebeten, die Laterne des Teufels zu finden. Und den Dämon zu vernichten. Doch was war das für ein Dämon?
Die Stimme der Betreuerin klang durch den Raum und löschte zunächst jeden Gedanken aus. »Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zum diesjährigen Endausscheid des Wettbewerbs für bildende Kunst. Dank unseres Schirmherrn, des Grafen von Ahlsfeld, ist es auch diesmal möglich, den drei besten Teilnehmern ein zweijähriges Stipendium zu gewähren.«
Als Lena nach vorn zum Rednerpult schaute, sah sie neben der Frau im langen Kostüm drei Männer. Einen flotten Mittdreißiger, einen älteren Mann mit fast weißem Schnurrbart und besagten Grafen, dem sie des Nachts in der Halle begegnet war.
Schon im Morgenrock war er eine unheimliche Erscheinung gewesen, doch jetzt, im Maßanzug, wirkte er fast schon dämonisch.
Er schaut, als suche er jemanden, dachte sie und machte sich instinktiv ein wenig kleiner auf dem Stuhl. Sicher mich… Nach dem Gespräch vergangene Nacht hatte sie keine Lust, ihm so schnell wieder unter die Augen zu treten. Doch damit er sie nicht sehen konnte, hätte sie schon unter den Stuhl kriechen müssen. Als sie noch den Hals einzog und versuchte, sich hinter ihrem Vordermann zu verstecken, bemerkte er sie und lächelte ihr zu. Am liebsten hätte sie getan, als hätte sie es nicht bemerkt, doch das ging nicht mehr. Also lächelte sie unsicher zurück und wandte sich »interessiert« den Ausführungen der Betreuerin zu.
Diese stellte gerade die beiden anderen Männer vor. »Das hier ist Professor Westermann, er ist der Vorsitzende der Jury, die Ihre Werke bewerten wird«, sagte sie zu dem Mann mit dem weißen Bart und deutete dann auf den jüngeren zu ihrer Rechten. »Und das ist Herr Mevius, Dozent an der Kunsthochschule Berlin. Zusammen mit dem Grafen werden sie bei der Abschlussveranstaltung zugegen sein, mit der wir in 14 Tagen die besten Arbeiten küren.«
Der Graf war auch Mitglied der Jury? Lena spürte, wie sich das Unbehagen wie eine kalte Hand auf ihren Nacken legte. Das würde ja heißen, dass er ihnen beim Arbeiten zuschauen durfte. Unter seinem Blick würde sie keinen Finger rühren können,
»Die Ateliers sind ausgeschildert, dort finden Sie auch Ihre jeweiligen Teilnehmerunterlagen«, drängte sich Conny Beiers Stimme wieder in Lenas Gedanken. »Wenn Sie zusätzliches Material für Ihre Arbeiten benötigen, melden Sie sich bitte bei mir auf Zimmer neun im ersten Stockwerk. Dann bleibt mir nur noch, Ihnen alles Gute zu wünschen.«
Es ertönte ein verhaltenes Pochen auf die Stuhllehnen, und Conny Beier trat zusammen mit dem Professor und dem Dozenten ab. Ihnen folgten die ersten Studenten und Studentinnen. In einer immer größer werdenden Traube strebten sie den Ateliers zu. Auch Lenas Zimmergenossinnen erhoben sich.
»Damit wäre das große Hauen, Stechen und Pinseln eröffnet«, sagte Christin zu Lena. »Ich muss Euch jetzt verlassen, teure Freundin, der Stein ruft nach mir.«
»Gut, gut, geh du nur, ich werde auf den Friedhof marschieren und mich inspirieren lassen«, antwortete sie und schaltete ihre Kamera ein.
»Mit der Kamera?«, fragte Sonja ein wenig verwundert.
»Ja, ich fotografiere meine Motive vorher. Das schützt mich vor überraschenden Wetterumschwüngen und Veränderungen der Szenen.«
»Eigentlich eine gute Idee«, gab Sonja zu. »Doch willst du dir denn nicht vorher unser Atelier anschauen?«
»Das wird mir nicht weglaufen«, erwiderte Lena. »Aber der schöne Novembermorgen schon. Außerdem ist es jetzt da draußen noch ruhig, weil alle in den Ateliers sind. Wenn erst mal die Motivsucher unterwegs sind, kann ich keine ungestörten Aufnahmen mehr machen.«
»Na gut, ich werde dir einen Platz frei halten«, sagte Sonja und schloss sich einer Gruppe an, von der sie meinte, dies seien die Malereistudenten.
»Das nennt man erschwerte Wettbewerbsbedingungen«, flüsterte Christin, als Sonja weg war. »Sie wird dir noch ein paar schöne Geschichten erzählen. Von der Geisterfrau …«
»Na, wenn schon«, entgegnete Lena lächelnd und klopfte ihrer Freundin auf die Schulter. »Inspiration ist immer gut. Mach’s gut, Christin, und lass deine Meißel heil.«
»Und du verbiege deine Pinsel nicht.« Die schwarzhaarige Bildhauerin verschwand in der Menschenmenge. Lena blieb noch eine Weile stehen, überprüfte die Kamera und schaute dann unbewusst zu dem hohen Gemälde mit der Gräfin.
Doch das verging ihr augenblicklich, als sie bemerkte, dass Graf von Ahlsfeld davorstand und sie anschaute. Fast so, als hätte er darauf gewartet, dass sie das Bild betrachtete. Lena wandte sich der Tür zu. Aber den Gefallen werde ich ihm nicht tun, zumindest nicht, wenn er zusieht.
Sie ging zur Tür und verließ, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen, die Halle.
***
Es war wirklich ein wunderbarer Novembermorgen. Das Licht der aufgehenden Sonne fing sich in den dichten Nebelschwaden und färbte sie schwefelgelb. An den kahlen Zweigen der Bäume hing der Tau wie kleine Kristalle; auch in den Spinnweben hatten sich die klaren Tropfen gefangen und aus ihnen kleine Kunstwerke gemacht.
Als Lena über die Allee in Richtung Schlosspark ging, fühlte sie sich wie in einem verwunschenen Märchenwald. Die Bäume ragten wie schwarze Gespenster in den schwefelgelben Himmel, und auf dem durchgeweichten Boden lag abgestorbenes Laub. Rote, braune und gelbe Farbflecken, die aussahen wie ein plattgewalzter Teppich.
Auf diesem Teppich blieb sie stehen und holte die Kamera hervor. Ein leises Summen ertönte, und schon hatte sie das erste Foto im Kasten. Das Bild des Dickichts, durch das man in den Park gelangte. Zufrieden betrachtete sie die Aufnahme auf dem kleinen Bildschirm und ging weiter. Sie kämpfte sich durch das Gestrüpp, ging durch das kleine Wäldchen und erreichte schließlich ein altes Stück Mauer, das über dem abgestorbenen Gras aufragte. Irgendwie kam es ihr bekannt vor.
Ja, richtig! Es war dieselbe Mauer, die auf dem Gemälde in der Eingangshalle zu sehen war. Zu den Zeiten der Gräfin hatte sie zu einem Turm gehört, jetzt war nur noch ein kleiner, vom Zahn der Zeit abgenagter Rest übrig. Doch Lena erkannte ihn. Und sie wusste jetzt auch, dass die Gräfin hier irgendwo in der Nähe gemalt worden war. Demnach muss sich hier auch der Friedhof befinden. Sie ging um die Turmruine herum.
Schließlich wurde sie fündig. Von den Grabsteinen, die auf dem Gemälde abgebildet waren, war nicht mehr viel übrig. Aber es gab ein Grab, das nicht auf dem Bild war.
Das musste die Grabstelle der Gräfin sein. Mit freudig erregtem Herzen lief sie darauf zu. Das Grab war als einziges noch unversehrt. Es handelte sich um zwei völlig zugewucherte Efeuhügel, zwischen denen ein riesiger Engel stand. Die weiße Marmorstatue hatte ihre Schwingen fast schon beschützend über dem Grab ausgebreitet und hielt den Grabstein in der einen und eine gusseiserne Laterne in der anderen Hand.
Ehrfürchtig blieb Lena vor dem Grabmal stehen. Nachdem sie einige Augenblicke schweigend davor verharrt hatte, trat sie näher an die schwarze Granitplatte heran, aus der die Goldschrift fast vollständig ausgewaschen war, und las:
Mögen euch die Engel auf ihren Schwingen ins Paradies geleiten
Elena Maria von Ahlsfeld14.7.1769 – 15.11.1799
Friedrich von Ahlsfeld26.1.1740 – 15.11.1799
Es war tatsächlich das Grab des Grafen und der Gräfin von Ahlsfeld.
Vorsichtig berührte Lena den kalten Stein, strich über die Konturen der Buchstaben und Zahlen und erhob sich dann, um das Grab zu fotografieren. Morgen haben sie ihren 216. Todestag. Dem könnte ich doch das Bild widmen, dachte Lena und machte die Kamera startklar. Vielleicht werde ich mein Gemälde so arrangieren, dass die Gräfin an den Grabengel gelehnt steht und ihren Blick in die Ferne richtet.
Sie schaute noch einmal zu dem Gesicht des Engels auf. Er hielt den Kopf gesenkt wie ein Trauernder, das lange Haar hing wirr über seine nackten Alabasterschultern, und es verschlug Lena fast den Atem, als sie erkannte, dass der Engel das Gesicht der Gräfin trug. Fasziniert betrachtete sie die Statue noch eine Weile, dann richtete sie das Objektiv der Kamera darauf und drückte ab. Wieder ertönte ein leises Summen, und das Bild erschien auf dem Kontrollbildschirm.
Doch was war das? Der Engel fehlte! Die Grabhügel waren erkennbar, auch der Grabstein und die Laterne, doch sie schwebten in der Luft. Keine Spur von der Statue.
Erschrocken blickte Lena auf. Nein, der Engel hatte sich keinen Zentimeter bewegt. Warum war er dann nicht auf dem Foto?
Sie probierte es noch einmal, nahm den Engel ins Visier, machte das Foto. Und hätte am liebsten laut aufgeschrien, als sie das Kontrollbild sah. Der Engel war auch diesmal nicht drauf.
Ein eiskalter Schauer strich ihr über den Nacken. Wie der Hauch des Todes fühlte er sich an. In plötzlicher Angst, wäre sie am liebsten weggelaufen, doch dazu war es jetzt zu spät. Eine seltsame Lähmung befiel ihre Gliedmaßen und machte es ihr unmöglich, sich zu bewegen. Ihr Blut raste durch die wie zum Zerreißen gespannten Adern, und ihr Atem wurde schneller. Was hatte das zu bedeuten? Glitt sie erneut in eine dieser seltsamen Visionen?
Ja, so war es. Zwar veränderte sich der Ort, an dem sie sich befand, nicht, dafür aber der Grabengel. Die Statue, die nicht auf ihrem Foto erschienen war. Sie reckte die steinernen Schwingen, legte sie dann an, und während sie von ihrem Podest stieg, hob sie den Kopf. Das weiße Marmorgesicht schaute Lena jetzt direkt an. Und die Laterne in der Hand des Engels schaukelte sacht hin und her. Genauso wie bei der Geistergräfin letzte Nacht …
Panik erfasste Lena, doch sie konnte sich nicht regen. Und ebenso nicht dem entfliehen, was sich jetzt vor ihren Augen abspielte. Selbst ihre Lider gehorchten ihr nicht mehr. Sie musste den Engel anschauen, ob sie wollte oder nicht. Und ihm zuhören. Denn schon im nächsten Augenblick begann er zu sprechen.
»Es ist schön, dich zu sehen, Lena«, sagte eine sanfte Frauenstimme. Jene Stimme, die sie vergangene Nacht vor ihrem Fenster gehört hatte.
»Wer … wer sind Sie?«, fragte sie und hatte dabei das Gefühl, als hätte sie etwas furchtbar Klebriges im Mund, das ihr das Sprechen erschwerte. Trotzdem schien die Statue sie zu verstehen, denn sie antwortete ihr: »Ich bin Elena von Ahlsfeld. Meine Seele ist in diesen Stein eingeschlossen, so lange, bis jemand kommt und mich erlöst.«
»Sie erlösen? Aber wie?«, fragte Lena. »Und warum gerade ich?«
»Weil du so aussiehst wie ich«, antwortete die Statue. »Ich habe schon so lange auf jemanden gewartet, der mich erlöst, und jetzt hat dich der Zufall zu mir geführt. Allein du kannst meine Seele aus diesem kalten Stein befreien. Finde die Laterne, die meinen Gemahl einst zum Mörder werden ließ. Und dann vernichte den darin wohnenden Dämon. Damit ich Ruhe finden kann.«
»Aber was ist das für ein Dämon?«
»Einer, der seinem Herrn jeden Wunsch erfüllt und als Bezahlung Seelen verlangt. Sein Name ist Amaroth.«
Amaroth? Diesen Namen hatte Lena noch nie gehört.
»Amaroth, der für jeden seiner Dienste eine Seele fordert«, fuhr der Grabengel fort und schaute Lena mit weißen Steinaugen an. »Wenn ihn niemand zerstört, wird das Morden weitergehen. Und die Seelen der Opfer werden genauso verdammt sein, wie es die meine ist.«
»Wer hat den Dämon ins Schloss geholt?«
Auf diese Frage senkte der Engel in einer ungeahnt menschlichen Geste den Kopf. »Es war mein Mann selbst. Ich hatte ihn gewarnt, sich nicht mit dem Dämon einzulassen. Doch er hat nicht auf mich gehört. Und kaum hatte er ihn gerufen, geriet er auch schon in seinen Bann. Zunächst ließ Amaroth ihn für Reichtum morden. Und dann für einen Wunsch, den ich nicht kenne, dem ich allerdings zum Opfer fiel. Du musst mir helfen, Lena.«
Doch bevor sie darauf antworten konnte, kehrte die Statue auf ihren Platz zurück. Sie legte die Hand auf den Grabstein, senkte den Kopf und breitete die Flügel aus. Binnen weniger Sekunden stand der Engel wieder an seinem Platz, als hätte er sich nie bewegt.
Nachdem die Vision verschwunden war, konnte sich auch Lena wieder rühren. Erst jetzt spürte sie, wie ihr Herz raste. Beinahe schon schmerzhaft presste es das Blut durch ihre Adern. Ich sollte vielleicht besser abreisen, dachte sie und wich vor dem Grab zurück. Wettbewerb hin oder her, wenn das so weitergeht, verliere ich noch den Verstand. Wenn das nicht schon geschehen ist.
Plötzlich ertönte eine Männerstimme hinter ihr. »Ich sehe, Sie haben gefunden, was Sie gesucht haben«, sagte sie, worauf Lena erschrocken herumwirbelte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf die Gestalt, die einige Meter von ihr entfernt stand. Es war Friedrich von Ahlsfeld, der Schlossherr.
Friedrich von Ahlsfeld?, schoss es ihr im nächsten Moment durch den Kopf. Hatte der Ehemann der Gräfin nicht auch so geheißen?
Sie drehte sich noch einmal zum Grabstein um. Ja, es stimmte. Der Graf, der Selbstmord begangen hatte, hieß genauso wie der jetzige Schlossbesitzer. War das Zufall oder etwa ein unheilvolles Omen? Sie hieß so ähnlich wie die Gräfin und sah dazu auch noch so aus. Was, wenn sich die Geschichte wiederholte? Immerhin wäre sie gestern beinahe von einem Bild erschlagen worden.
Ach was, komm zur Vernunft!, mahnte sie sich selbst. Wenn alles gutging, war sie in zwei Wochen wieder auf dem Heimweg und hatte das hier längst vergessen.
Hoffentlich, sagte eine leise Stimme in ihrem Hinterkopf, als sie bemerkte, dass der Graf näher kam.
»Er ist ein Kunstwerk, dieser Grabengel, finden Sie nicht?«, fragte er. Sie hatte auch jetzt noch keine Lust, sich mit ihm zu unterhalten. Durch sein plötzliches Auftauchen wurde er ihr immer unheimlicher. Erst recht an diesem Ort, an dem sie gerade wieder eine Vision gehabt hatte. Doch da es sich nicht vermeiden ließ, antwortete sie: »Ja, aber er ist eher etwas für die Bildhauer.«
Sie versuchte, dabei so uninteressiert wie möglich zu klingen.
»Es ist die Gestalt der Elena von Ahlsfeld, die hier verewigt wurde«, sagte er. »Haben Sie das schon bemerkt?«
Und nicht nur die Gestalt, auch die Seele, dachte Lena. Doch wenn sie erzählen würde, dass der Engel sie gebeten hatte, den Mörder der Gräfin zu finden, würde er sie wohl für verrückt halten. »Nein, habe ich nicht«, log sie deshalb, um weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen. Aber der Graf schien ihr das nicht abzunehmen. Obwohl er die Antwort nicht in Frage stellte, sah sie ihm an, dass er etwas anderes vermutete. Hatte er etwa auch gesehen, wie der Engel lebendig wurde? Hitze- und Kältewellen durchzogen gleichzeitig ihren Körper. Hatte er vielleicht gehört, wie sie zu ihm gesprochen hatte?
»Nun, dann schauen Sie hin«, sagte der Graf und deutete auf den Engel. »Er trägt Ihre Gesichtszüge, genauso wie das Bild in der Halle. Es ist schon eine seltsame Laune der Natur, dass sie die Gestalt eines Menschen nach so vielen Jahren wieder nachformt. Ganz so, als sei die Tote von damals wiedergeboren worden.«
Diese Worte beunruhigten Lena erneut. Mit großen Augen starrte sie Friedrich von Ahlsfeld an, der ihr plötzlich wie ein Verrückter erschien. Wie ein gefährlicher Verrückter, aus dessen Nähe sie unbedingt verschwinden musste, und zwar sofort!
»Ach, ähm …«, sagte sie und ging nicht weiter auf seine Worte ein.
»Wissen Sie, ob es in der Nähe eine Bibliothek gibt? Vielleicht unten in der Stadt?«
»Natürlich gibt es eine Bibliothek im Ort«, antwortete er. »Was suchen Sie denn?«
Was sage ich jetzt bloß?, dachte sie. Sie konnte ihm doch nicht antworten, dass sie Material über einen Dämon suchte, der in seinem Schloss hauste. »Ähm, ich suche noch etwas Material für meine Wettbewerbsarbeit«, antwortete sie schließlich.
»Und was haben Sie vor?«
»Das verrate ich erst, wenn ich es fertig habe«, gab sie mit einem unsicheren Lächeln zurück. »Sie können ja vielleicht mal im Atelier vorbeischauen, wenn Sie Lust haben. Bis dann.« Ohne eine Antwort abzuwarten, kehrte sie dem Grab und dem Grafen den Rücken. Sie spürte seinen Blick unangenehm im Nacken, tauchte, ohne sich noch einmal umzuschauen, in das Dickicht ein und ging zurück zum Schloss.
Dort angekommen, betrachtete sie das hoch aufragende Gebäude für einen Moment. Es erhob sich vor der Kulisse des noch immer nebelverhangenen Waldes und erschien ihr mit seinen schmutzig weißen Wänden wie ein richtiges Geisterschloss.
Und das war es auch. Wenn sie den Visionen glauben durfte, hauste irgendwo in dem Haus ein blutrünstiger Dämon, der für jede ihm dargebrachte Seele einen Wunsch erfüllte.
Lena erinnerte sich an das Licht, das sie vergangene Nacht in einem der Türme gesehen hatte. Dann habe ich mich also doch nicht getäuscht, dachte sie. Der Dämon musste irgendwo da oben gewesen sein. In diesem seltsamen grünen Licht …
Ein eisiger Schauer strich ihr über den Nacken. Obwohl die Luft nicht besonders kalt war, begann sie, mit den Zähnen zu klappern.
Nun gut, sie würde herausfinden, was man gegen diesen Amaroth tun konnte. Und diese blöde Laterne finden, und zwar noch bevor erneut ein Unglück geschah. Sie betrat das Schloss, um sich ihre Papiere, ihr Handy und etwas Geld zu holen. Irgendwo musste es doch so etwas wie eine Bushaltestelle geben. Und wenn nicht, lief sie eben in die Stadt. Die war ja nicht weit.
***
500 Meter vom Schloss entfernt entdeckte Lena tatsächlich eine Bushaltestelle. Sie bestand aus einem kleinen Holzhäuschen, vor dem eine Eisenstange stand, an der das gelbe Schild mit dem großen blauen H angebracht war und auch die Abfahrtszeiten der Busse.
Sie hatte Glück. In Kürze würde hier ein Bus halten, der in die Stadt fuhr. Lena schaute auf ihre Armbanduhr. Viertel vor elf. Sie könnte schon am Nachmittag wieder zurück sein. Vielleicht sogar mit Material über den Dämon in der Teufelslaterne.
Sie ließ sich auf der Sitzbank im Wartehäuschen nieder, und ihr fielen die Schriftzüge ins Auge, mit denen die ehemals weißen Wände verziert waren. Da bat ein gewisser Martin eine Katja um ein Rendezvous, und einem Philipp wurde unterstellt, eine Sabine zu lieben, was dieser wahrscheinlich selbst mit dem Satz: »Sabine ist doof« dementiert hatte. Fast hätte sie aufgelacht, doch wie eine kalte Hand legte sich ihr der Gedanke an den Dämon wieder aufs Gemüt.
Amaroth ist sein Name, und aus einer Lampe kommt er. Sie schüttelte den Kopf. Wenn sie das jemandem erzählte, würde er sie entweder auslachen oder für eine Vollidiotin halten. Aber vor allem: Wo sollte sie suchen? Eine Bibliothek war groß. Und wenn sie im Themenkatalog nachschaute, würde dort bei »Geist in der Lampe« sicher Aladin und die Wunderlampe stehen.
Bevor sie weitergrübeln konnte, rollte der Bus an. Linie acht stand groß auf einem Schild am oberen Rand der Fensterscheibe. Es war ein schon etwas älteres Modell mit Falttüren und einem seltsamen Ledergeruch im Inneren. Lena stieg ein, bezahlte und setzte sich auf einen Sitz in der Mitte des Gefährts.
Um diese Zeit hatte der Bus nur wenige Passagiere. Ein paar ältere Damen, die in der Stadt Einkäufe tätigen wollten, eine Frau, die einen Säugling im Arm hielt, und ein Mann, der im Bus wohl seinen Rausch ausschlief. Nachdem sie sie alle gemustert hatte, lehnte sie sich zurück. Und während sie aus dem Fenster starrte und die noch immer dunstige Landschaft betrachtete, in die auch das Schloss eingebettet war, versuchte sie, irgendeine plausible Erklärung für ihr Interesse an Amaroth und der Laterne des Teufels zu finden, eine Erklärung, die sie dem Bibliothekar liefern konnte, damit der sie nicht für verrückt hielt.
Die Stadt war klein und glich eher einem großen Dorf. Es gab zwar zahlreiche moderne Eigenheime am Stadtrand, doch im Stadtkern überwogen verwinkelte Gassen und alte Fachwerkhäuser. Dass man hier die alten Geschichten am Leben erhielt, konnte Lena gut verstehen. Die Stadt selbst war lebendige Geschichte. Und wenn Sonja recht hatte, dürften die Leute zumindest mit der Geschichte vom Mord an der Gräfin etwas anfangen können. Das würde dann vielleicht auch für den Bibliothekar gelten.
Bevor sie aus dem Bus stieg, blieb sie vor dem Fahrer stehen. »Ach, ähm, entschuldigen Sie«, sprach sie den ziemlich dürr geratenen Mann an, der gerade seine Zeitung aufschlug. Anscheinend hatte er jetzt eine kurze Pause, und die wollte er sich nicht mit irgendwelchen Fragen der Fahrgäste verderben. Jedenfalls erweckte er diesen Anschein, als er zu Lena aufschaute. Die ließ sich dadurch aber nicht abschrecken.
»Können Sie mir bitte sagen, wo ich die Bibliothek finde?« Sie setzte ihr freundlichstes Lächeln auf. Der Mann starrte sie an, als hätte sie ihn nach dem achten Weltwunder gefragt. Doch nach einigen Augenblicken hob er die Hand und zeigte durch die Scheibe hindurch auf ein kleines Haus, das gegenüber der Haltestelle stand.
»Die Nummer 14 ist es«, sagte er und wandte sich dann ohne ein weiteres Wort wieder seiner Lektüre zu.
»Danke«, sagte Lena und stieg aus dem Bus. Als sie auf dem Gehweg stand, schlossen sich die Türen hinter ihr. Sie überquerte den kleinen Marktplatz und strebte dem Haus zu, in dem sich die Bibliothek befinden sollte.
Es war ebenfalls ein Fachwerkhaus. Allerdings unterschied es sich von den anderen darin, dass es anstelle von roten aus gelben Ziegeln gebaut worden war. Die Außenwände wirkten, als würde trotz des dunstigen Wetters die Sonne darauf scheinen. Ein freundliches Haus, das zum Eintreten geradezu einlud. Es schien nicht der Ort zu sein, an dem man Informationen über Dämonen vermutete. Lena öffnete die blaue Eingangstür und trat ein.