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Fast jeder Mensch leidet irgendwann im Laufe seines Lebens unter Funktionsstörungen der Harnblase. Die Beschwerden reichen vom unkontrollierten Urinverlust oder häufigen Blasenentzündungen bei Frauen bis zu Problemen mit der Prostata bei Männern. Auch Blasenkrebs, von dem Männer dreimal so häufig betroffen sind wie Frauen,gehört in diesen Kontext. Dieser Ratgeber aus der Reihe "In der Sprechstunde" beantwortet die häufigsten Patientenfragen zum Harntrakt. Was kann ich gegen Inkontinenz tun? Wie behandle ich wiederkehrende Blasenentzündungen richtig? Wie gefährlich ist ein Blasenkarzinom? Kann ich mit einer künstlichen Harnblase ein normales Leben führen? Der bekannte Urologe Dr. Christoph Pies klärt auf: kompetent, direkt, praxisorientiert.
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Seitenzahl: 119
Veröffentlichungsjahr: 2022
Titel
Dr. med. christoph pies
In der
Sprechstunde:
Harnblase
verstehen
behandeln
HEILEN
Impressum
Bildnachweis
Mit 3 Illustrationen von Shutterstock (Seite 8, 10, 66).
Mit 3 Illustrationen von Lucy Pies (Seite 13, 47, 92).
Impressum
Umschlaggestaltung von Hanna Schindehütte nach einem Entwurf von Markus Haas.
Alle Angaben in diesem Buch erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen. Sorgfalt bei der Umsetzung ist indes dennoch geboten. Der Verlag und der Autor übernehmen keinerlei Haftung für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die aus der Anwendung der vorgestellten Materialien, Methoden oder Informationen entstehen könnten.
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Christoph Pies im Internet: www.doc-pies.de
© 2022, Herbig in der Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,
Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-96859–520-7
Projektleitung: Nicole Janke
Redaktion: Christine Gerstacker, München
Gestaltungskonzept, Gestaltung und Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart
Produktion: Hanna Schindehütte, Vanessa Frömmig
E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
Inhalt
Vorwort
1 Grundlagen
2 Diagnostik
3 Blasenentzündung
4 Urinverlust (Harninkontinenz)
5 Blasenkrebs (Harnblasenkarzinom)
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser!
Dies ist kein Buch ausschließlich für Frauen. Zwar sind diese häufiger von Problemen mit der Harnblase betroffen, aber auch Männer sollten sich unbedingt der Lektüre des Buches widmen: Falls Sie nämlich männlich und über 50 Jahre alt sind, so werden auch Sie sich in diesem Buch mit großer Sicherheit wiederfinden. Jeder zweite Mann bekommt in seinem Leben durch die Prostata bedingte Probleme beim Wasserlassen. Weitere Beschwerden durch die Blase wie Entzündungen, Urinverlust oder Blasenkrebs sind bei beiden Geschlechtern so weit verbreitet, dass sie zweifellos als Volkskrankheit gelten können. Und wer dort Probleme hat, dem stellen sich viele Fragen. 165 dieser Fragen habe ich genau so, wie sie mir tagtäglich in der Sprechstunde gestellt werden, in diesem Buch zusammengetragen. Ziel ist es, das Wissen zur Harnblase nach aktueller Studienlage und auf Basis medizinischer Leitlinien kompakt und in leicht verständlicher Frage-Antwort-Form wiederzugeben. Der Bogen spannt sich von den Ursachen und ersten Anzeichen über die Diagnose- und Therapieverfahren bis hin zu den Möglichkeiten, selbst vorbeugend aktiv zu werden. Denn gegen Blasenbeschwerden kann fast immer etwas getan werden. Nur ein informierter Patient, der sich seinen Beschwerden stellt, kann sich aktiv um eine erfolgreiche Behandlung kümmern. Und dabei möchte ich Ihnen helfen. Mein besonderer Dank geht an dieser Stelle an Frau Nicole Janke vom Herbig-Verlag für die Organisation und an Frau Christine Gerstacker für das Lektorat. Und nun, liebe Leserin und lieber Leser, wünsche ich Ihnen eine anregende und gewinnbringende Lektüre.
Ihr Dr. med. Christoph Pies
harnblase:
grundlagen
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Wie ist der Harntrakt aufgebaut?
Der Harntrakt besteht aus den beiden Nieren mit den Nierenbecken, den Harnleitern, der Harnblase und der Harnröhre. Zusammengefasst werden diese Strukturen »die ableitenden Harnwege« genannt.
Harntrakt (frontal), Frau
Die gut faustgroßen und bohnenförmigen Nieren liegen im hinteren Bauchraum, dem Retroperitoneum, links und rechts neben der Wirbelsäule. Diese Regionen unter den Rippen und oberhalb des Beckenkamms werden auch als Nierenlager bezeichnet. Die Nieren produzieren kontinuierlich Urin und geben diesen über die Nierenkelche in die trichterförmigen Nierenbecken ab. Über die 25–30 cm langen Harnleiter erfolgt der Weitertransport des Urins in die Harnblase. Dies geschieht durch eine rhythmische wellenförmige Pumpbewegung der Muskeln in der Harnleiterwand. Bei Eintritt in die Harnblase verlaufen die Harnleiter schräg durch die Blasenmuskulatur und münden über zwei schlitzförmige Öffnungen in den hinteren unteren Bereich der Harnblase ein. Durch den schrägen Durchtritt wird ein Rückfluss von Urin in die Harnleiter verhindert, da die Harnleiter bei zunehmender Blasenfüllung von innen abgedrückt werden. Die Blase speichert den Urin und sorgt dafür, dass er später willentlich ausgeschieden werden kann. Die Entleerung erfolgt über die Harnröhre, die von der Blase nach außen führt.
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Welche anatomischen Unterschiede gibt es zwischen Mann und Frau?
Beckenboden, Schließmuskelapparat und Harnröhre sind bei Frauen und Männern sehr unterschiedlich angelegt. Der Beckenboden ist eine Muskelplatte, die den Bauchraum nach unten hin abschließt und auf der im Stehen der gesamte Druck des Bauchraumes lastet. Bei Frauen ist das Becken im Durchmesser deutlich breiter als das des Mannes und somit eher den Einflüssen der Schwerkraft ausgesetzt. Der Beckenboden der Frau hat zudem drei eng beieinanderliegende Durchtrittsstellen (und somit Schwachstellen) für Harnröhre, Scheide und Enddarm, während beim Mann nur vorne die Harnröhre und hinten der Enddarm durchtritt.
Die Harnröhre ist bei Frauen nur 3–5 cm lang und mündet im Scheidenvorhof in einer kleinen Öffnung zwischen dem Kitzler (Klitoris) und dem Scheideneingang. Bei Männern hingegen ist die Harnröhre deutlich länger (20–25 cm). Sie verläuft durch den Penis bis zur Eichel und weist mehrere Krümmungen und Engstellen auf, was Probleme mit Urinverlust unwahrscheinlicher macht. Unterhalb der Blase wird die Harnröhre des Mannes von der Prostata umschlossen. Diese kann bei einer Vergrößerung die Entleerung der Blase erschweren. Im Bereich der Prostata münden auch die Gänge von Samenblasen und Samenleiter in die Harnröhre. Bei beiden Geschlechtern ist die vordere Harnröhre naturgemäß mit Bakterien besiedelt. Durch die Nähe der Harnröhrenmündung zum Darmausgang sind Frauen anfälliger für Harnwegsinfektionen als Männer.
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Welche Funktionen haben die Nieren?
Die Nieren filtern das Blut. Dies geschieht durch winzige Poren in den kleinsten Blutgefäßen. Diese winzigen Öffnungen lassen kleine Moleküle passieren und halten größere Eiweiße und Blutzellen zurück. Nach der Filtration entziehen die Nieren dem Urin wieder 99 % der Flüssigkeit und gewinnen so wichtige lösliche Blutbestandteile erneut zurück. Im Gegenzug können sie auch aktiv Stoffe ausscheiden und ihre Hauptaufgabe, die Entfernung von Giftstoffen und Abbauprodukten des Stoffwechsels aus dem Körper, ausüben. Zudem regulieren sie den Säuregehalt des Blutes, den pH-Wert sowie den Wasser- und Elektrolythaushalt, indem sie die Urinproduktion an die Trinkmenge anpassen. In den Nieren werden wichtige Botenstoffe (Hormone) gebildet: Über das Hormon Renin können sie den Blutdruck erhöhen oder senken. Sie produzieren Erythropoetin, das die Bildung der roten Blutkörperchen im Knochenmark anregt. Ein weiteres Hormon, das in der Niere entsteht, ist die aktive Form von Vitamin D3, das Calcitriol, das wichtige Funktionen für den Knochenstoffwechsel und die Immunabwehr hat.
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Wie viel Urin wird am Tag produziert, und wie ist er zusammengesetzt?
Die Nieren produzieren täglich zwischen 700 und 3000 ml Urin. Die Menge ist sehr variabel und abhängig von der Flüssigkeitszufuhr, der aufgenommenen Nahrung, der Schweißproduktion durch Umgebungstemperatur und körperliche Aktivität sowie von Begleiterkrankungen wie beispielsweise einer Zuckerkrankheit. Etwa 80 % des Urins werden tagsüber produziert, nachts wird die Urinproduktion gedrosselt. Der Urin besteht zu 95 % aus Wasser. Die restlichen 5 % bestehen aus Blutsalzen – also Elektrolyten wie Kalium, Natrium, Calcium oder Chlorid – sowie aus gelösten Abfallprodukten der Körperzellen. Diese sind:
Harnstoff aus dem Abbau von EiweißenKreatinin aus dem Abbau von Phosphat in den Muskeln Harnsäure aus dem Abbau der Bausteine der Erbinformation DNA (der Nukleinsäuren)Weiterhin finden sich im Urin Fettsäuren und Fremdstoffe, wie zum Beispiel Substanzen aus Medikamenten.
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Wo liegt die Harnblase, und wie ist sie aufgebaut?
Die Harnblase liegt ganz unten im Bauchraum dem Beckenboden auf. Sie ist am Blasendach von Bauchfell überzogen und dadurch vom Darm getrennt. Vor der Blase befindet sich das knöcherne Schambein, und hinter der Blase ist bei Frauen die Scheide und bei Männern der Enddarm. Sie ist ein kugeliges Hohlorgan aus korbgeflechtartig angeordneten glatten Muskelfasern. Durch diese Anordnung der Muskelfasern kann die Blase sich koordiniert zusammenziehen und den Urin herauspressen. Der Blasenmuskel wird daher auch Detrusor, übersetzt »Austreiber«, genannt. Die Blase ist stark dehnbar und vergrößert sich je nach Füllung. Das Fassungsvermögen beträgt bei Frauen 350–550 ml und bei Männern 550–750 ml. Innen hat die Blase eine Schleimhaut, das sogenannte Urothel, außen ist sie über Bindegewebe in die umliegenden Gewebestrukturen eingebettet. Zwei Schließmuskeln sorgen dafür, dass in der Füllungsphase kein Urin abgehen kann.
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Wie ist die Blasenschleimhaut aufgebaut?
Nicht nur die Harnblase, sondern die gesamten Harnwege sind innen mit der gleichen Schleimhaut ausgekleidet, die auch Übergangsepithel oder Urothel genannt wird. Die einzelnen Zellen sind in mehreren Schichten so angeordnet, dass sie sich wie ein Regenschirm sehr stark ausspannen, aber auch wieder zusammenziehen können. Sie werden daher auch als Schirmzellen bezeichnet. Zudem ist die Schleimhaut innen noch mit einer Schutzschicht, der sogenannten Glykosaminoglykan (GAG)-Schicht, überzogen. Sie dichtet die Blase gegen Flüssigkeitsaustritt, Gifte und Krankheitserreger ab, ist aber trotzdem noch für bestimmte Stoffe durchlässig. Unter der Schleimhaut liegt eine dünne Bindegewebsschicht, die eine wichtige Trennschicht zu der darunterliegenden dreischichtigen Muskulatur darstellt.
Aufbau der Blasenwand und Schleimhaut
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Wie funktioniert der Schließmuskel?
Wenn man von »dem Schließmuskel« spricht, so meint man damit eigentlich zwei sehr unterschiedliche Organe und Mechanismen, die dazu beitragen, dass in der Speicherphase kein Urin verloren geht. Dies ist zum einen der innere Schließmuskel aus glatter Muskulatur, auf den wir keinen direkten willentlichen Einfluss haben und der daher auch als »unwillkürlich« bezeichnet wird. Dieser liegt beim Mann am Übergang von der Blase in die Prostata und bei der Frau am Blasenhals. Er wird vom sogenannten »vegetativen« oder »autonomen« Nervensystem gesteuert. Zum anderen gibt es den willkürlichen äußeren Schließmuskel, der aus quergestreifter Muskulatur besteht und in die Muskelplatte des Beckenbodens integriert ist. Das ist jener Muskel, den wir spüren, wenn wir den Beckenboden anspannen. Er wird vom somatischen Nervensystem versorgt, das wir bewusst steuern können. Der Beckenboden gibt der Harnblase und der Harnröhre wie eine Hängematte elastischen Halt. Die Blase ist gegenüber der Harnröhre leicht nach vorne gekippt, sodass Druck aus dem Bauchraum sich nicht direkt nach unten auf den Schließmuskelapparat auswirken kann. Weitere Faktoren, die zur Vermeidung von Urinverlust beitragen, sind die innere Auspolsterung der Harnröhre durch Venengeflechte und eine gesunde, hoch aufgebaute Harnröhrenschleimhaut.
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Wie funktioniert die Nervenversorgung der Blase?
Der Füllungszustand der Harnblase wird über Rezeptoren gemeldet, die die Spannung der Blasenwand messen und Signale an Nervenzentren im Rückenmark und Gehirn senden. Die übergeordnete Kontrollinstanz liegt dabei im Vorderhirn (Frontallappen). Hier kommen die Informationen an, wenn man etwa ab halber Blasenfüllung einen ersten bewussten Harndrang wahrnimmt. Vorher werden die Signale in untergeordneten Zentren im Hirnstamm abgefangen. Die Schwelle dieses »Abfangmechanismus« ist aber durchaus variabel und von äußeren Faktoren wie Kälte und Nässe abhängig. Ab einer Füllung von etwa zwei Drittel der maximalen Kapazität tritt ein verstärkter Harndrang auf. In der Füllungsphase sind der innere und äußere Schließmuskel angespannt und somit geschlossen, der Blasenmuskel selbst ist entspannt. Dann ist der Teil des vegetativen Nervensystems aktiv, den man Sympathikus nennt. Der Sympathikus stellt die Funktionen des Körpers auf Kampfbereitschaft oder Flucht ein (»fight and flight«) und fährt zu diesem Zweck Aktivitäten innerer Organe wie der Harnblase herunter. Der Gegenspieler im vegetativen Nervensystem heißt Parasympathikus, der in den Erholungs- und Verdauungsphasen (»rest and digest«) die Oberhand behält. Die Nervenfasern zur Versorgung der Beckenorgane entspringen aus dem unteren Kreuzbein. Wenn man also über das Frontalhirn das Wasserlassen willentlich einleitet, kommt es zu einer Umschaltung vom Sympathikus auf den Parasympathikus. Dann zieht sich der Blasenmuskel unwillkürlich zusammen, und der Schließmuskelapparat öffnet sich.
harnblase:
Diagnostik
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Was beinhaltet die Befragung durch den Arzt, die sogenannte Anamnese?
Wenn Sie wegen Problemen mit Ihrer Harnblase einen Arzt aufsuchen, wird dieser Ihnen eine Reihe von Standardfragen stellen. Geschlecht und Alter gehen aus Ihren Anmeldedaten hervor. Aber auch jede Art von Vorerkrankungen, Operationen und Medikamenteneinnahmen sind relevant. Natürlich müssen Sie Art, Dauer, Stärke und Verlauf der aktuellen Beschwerden möglichst detailliert beschreiben. Angaben zum Sexualleben können eine Rolle spielen, und Frauen werden nach der Verhütungsmethode und dem Hormonstatus befragt. Bereiten Sie sich daher schon vor dem Arztbesuch gut auf diese Fragen vor. Oft ist es nützlich, den Schweregrad der Symptome und die Lebensqualität in validierten Fragebögen zu erfassen, um den Therapieverlauf besser dokumentieren zu können. Solche Fragebögen sind:
IPSS (international prostate symptom score)ACSS (acute cystitis symptom score)ICIQ (international consultation of incontinence modular questionnaire)10
Wie gebe ich eine Urinprobe richtig ab (Mittelstrahlurin)?
In der Regel ist der erste Untersuchungsschritt die Beurteilung einer Urinprobe. So können häufig schon wegweisende Befunde erhoben werden. Wichtig ist dabei die korrekte Abgabe der Probe als sogenannter Mittelstrahlurin, also das Auffangen der mittleren Urinportion, da in der ersten Portion Beimengungen aus dem Mündungsbereich von Harnröhre und Scheide sein können. Hier eine Anleitung:
Waschen Sie sich die Hände.Spreizen Sie mit einer Hand die Schamlippen bzw. ziehen Sie die Vorhaut zurück.Waschen Sie den Bereich der Harnröhrenmündung mit Wasser ohne Seife und trocknen ihn mit einem sauberen Tuch wieder ab.Lassen Sie die erste Urinportion (ca. 3 Sekunden) in die Toilette laufen.Fangen Sie den zweiten Urin im bereitgestellten Uringefäß auf, ohne den Harnstrahl zu unterbrechen (circa 20–30 ml).Lassen Sie den Rest des Urins wieder in die Toilette laufen.11
Was ist ein Katheter-Urin, und warum ist das notwendig?
Sollte die Mittelstrahl-Urinprobe mehrfach auffällig sein, also beispielsweise ein Nachweis von Entzündungszellen oder Bakterien erbracht werden, ohne dass entsprechende Beschwerden wie Brennen beim Wasserlassen oder Unterbauchschmerzen bestehen, dann wird Ihnen womöglich die Entnahme des Urins direkt aus der Blase über einen Katheter empfohlen. Dabei wird durch den Arzt oder eine medizinische Fachkraft ein sehr dünner Einmalkatheter mit Gleitgel über die Harnröhre in die Harnblase vorgeschoben und so der Urin direkt aus der Harnblase entnommen.
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Wie wird der Urin untersucht?
Die einfachste und schnellste Untersuchung des Urins, die man theoretisch auch selbst durchführen kann, ist die Beurteilung mittels eines Teststreifens, der für eine Sekunde in den frischen Mittelstrahlurin eingetaucht und nach circa einer Minute abgelesen wird. Durch im Urin enthaltene Bestandteile oder Inhaltsstoffe kommt es zu einer chemischen Farbreaktion auf verschiedenen Testfeldern des Streifens. Die Färbung der Felder wird dann mit einer beiliegenden Farbskala verglichen. Untersucht wird standardmäßig auf rote Blutzellen (Erythrozyten), weiße Abwehrzellen (Leukozyten), Eiweiß und Zucker. Auch weitere wichtige Parameter wie beispielsweise Nitrit (ein Stoffwechselprodukt von Bakterien) können bestimmt werden. Leider sind die Ergebnisse nicht immer sehr zuverlässig. Falsche Ergebnisse sind in einem Drittel der Fälle zu verzeichnen, insbesondere bei älteren und falsch gelagerten Teststreifen.
Viel genauer zur Beurteilung fester Bestandteile wie Zellen, Bakterien oder Kristallen ist die mikroskopische Betrachtung der Urinprobe durch Fachpersonal. Hierzu wird der Urin zuerst zentrifugiert, dann werden die am Boden des Reagenzglases sedimentierten nicht-löslichen Bestandteile untersucht. Daher stammt auch der Name Urinsediment.