Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
"Die Sprache ist der Schlüssel zur Welt." (Wilhelm von Humboldt) Wer die Völker der Welt verstehen will, wird erkennen, dass dies nur über die Sprache geht. Nur mit ihr erschließen sich Denkweise, Kultur und Lebensweise eines Volkes. So erleben wir, dass es bestimmte Ausdrücke in einer Sprache gar nicht gibt, dagegen andere Wörter gleich in vielen Variationen vorhanden sind. Allein diese Tatsache lässt uns erkennen, wie wichtig bestimmte Dinge in einer Kultur sind. Im vorliegenden Buch führen die Autoren in die wichtigsten indigenen Sprachen Nordamerikas ein und zeigen deren Unterschiede auf. Sie listen auf, welche Sprachen akut vom Aussterben bedroht sind und wie viele Sprecher es noch gibt – Auswirkungen der Boarding Schools und Residential Schools, in denen Indianerkindern das Sprechen ihrer Sprache verboten wurde. Zur Verdeutlichung haben die Autoren für viele indigene Sprachen einen kleinen Dialog erstellt, der dem Leser anschaulich beweist, wie unterschiedlich die einzelnen Sprachen sind. "Indianisch" gibt es also nicht! Eine spannende Einführung, die auch über Klischees und indianische Etikette aufklärt.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 125
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Ein kleiner Sprachführer durch die wichtigstenIndianersprachen in den USA und Kanada
Martin KruegerRobert Götzenberger
Impressum
Indigene Sprachen Nordamerikas,
Martin Krueger, Robert Götzenberger
TraumFänger Verlag Hohenthann, 2022
1. Auflage eBook März 2022
eBook ISBN 978-3-948878-27-6
Lektorat: Michael Krämer
Satz und Layout: Janis Sonnberger, merkMal Verlag
Datenkonvertierung: Bookwire
Titelbild: Adobe Stock
Illustrationen von Marion Großer
Copyright by TraumFänger Verlag GmbH & Co.
Buchhandels KG, Hohenthann
Danksagung
Wir, die Autoren, möchten uns bei folgenden Personen für ihre Hilfe und Unterstützung bei der Recherche zu diesem Buch recht herzlich bedanken:
Jim Rementer (Delaware Tribe of Indians, Oklahoma)Director Lenape Language Preservation ProjectRoy Small Canyon (Diné Nation)Wade Fernandez (Menominee Nation)Mitch Walking Elk (Cheyenne Arapaho Nation)Prof. John Boyle, California State University, FresnoFrau Dr. Rebecca Netzel, Universität HeidelbergHartmut FelberMartina Rohde (Ahnenforschung, Berlin)
Vorwort
InternatsschulenDie Vernichtung indianischer Sprachen durch die aggressive Assimilationspolitik der US-Regierung
Die Indianersprachen Nordamerikas Eine einführende Betrachtung
Die Algonkinsprachen
Die Sprachfamilie der Athabasken
Die Irokesen-Sprachfamilie
Die Muskogee-Sprachen
Die siouanische Sprachfamilie
Die uto-aztekische Sprachfamilie
Streifzug durch kleinere Indianersprachen
Achtung: Die falsche Aussprache kann die Bedeutung von Wörtern verändern
Die Gebärdensprache der Prärie-Indianer – Pan-indianische Zeichensprache
Die Code Talker im Ersten und Zweiten Weltkrieg
American Indian English (Indianer-Englisch)
Linguisten und Sprachforscher, die sich mit nordamerikanischen Indianersprachen befassten
Anhang
Filme, in denen indianische Sprachen gesprochen werden
Wie Indianersprachen die deutsche Sprache bereichert haben
Begriffe, die indigene Stämme von Europäern übernommen haben
Bekannte Städtenamen und Namen von Bundesstaaten und Provinzen indianischen Ursprungs in den USA und Kanada
„Deutscher“ in verschiedenen Indianersprachen
„Ich liebe Dich“ auf „Indianisch“
Sprichwörter bei den unterschiedlichen Indianerstämmen
Andere Völker – andere Sitten
Allgemeine linguistische Begriffe
Literaturliste
Kurzbiografien der Autoren
Als Linguist (Sprachforscher), der sich seit über 40 Jahren mit diversen Fremdsprachen – insbesondere mit nordamerikanischen Indianersprachen – befasst hat, werde ich oft gefragt: „Was heißt denn dieses oder jenes in der Sprache der Indianer?“
Sehr zur Verwirrung meiner Gesprächspartner antworte ich dann meist mit einer Gegenfrage: „Wie heißt denn dieses oder jenes auf Europäisch?“
Fakt ist – wenn man von der stammesübergreifenden indianischen Gebärdensprache einmal absieht: Es gab und gibt sie nicht, die Sprache der Indianer. Es ist gibt nur eine große Anzahl unterschiedlicher Sprachen und Dialekte – und weit mehr als in Europa.
Die Sprache der Lakota (siouanische Sprachfamilie) unterscheidet sich in Wortschatz und Grammatik erheblich vom Apache (athapaskische Sprachfamilie) oder Comanche (uto-aztekische Sprachfamilie), genauso wie Türkisch, Polnisch und Spanisch vom Deutschen.
Ich habe dieses Buch geschrieben, weil mich die Unwissenheit – vor allem aber die Ignoranz vieler Menschen – sehr betroffen macht, die trotz umfangreicher Literatur und Filmangebote noch immer an dem Klischee festhalten, dass die Indianer ein Volk sind – mit einer einheitlichen Sprache, Kultur und Religion.
Welcher Forscher, der sich mit indianischen Kulturen beschäftigt, kennt es nicht – das gängige Karl-May-Klischee von einer einheitlichen indianischen Kultur: „Alle Indianer beten zum Großen Manitu und fahren in buntbemalten Kanus über den blauschimmernden Rio Pecos zum Pueblo der Apachen. Schon von Weitem sieht man die Tipis und die bunt bemalten „Marterpfähle“, an denen böse weiße Männer zu Tode gefoltert werden.“
Der „Große Manitu“ war niemals der Gott aller Indianer. Manitu war eine Gottheit, die von den Algonkinstämmen des östlichen Waldlandes verehrt wurde, und die Kanus, mit denen Winnetou und Old Shatterhand über den Silbersee paddeln, stammen ebenfalls aus dieser sehr wasserreichen Gegend. Sie haben in den Wüstengebieten New Mexicos und Arizonas, der Heimat der Apachen, nichts zu suchen. Die Tipis stammen aus den nördlichen und südlichen Plains (Präriegebiete), Winnetous mit Perlen besticktes Hemd von den Lakota (Sioux) und die als Marterpfähle bezeichneten Totempfähle von der nördlichen Pazifikküste. Einzig und allein die Pueblos kommen aus der Gegend, in der die Apachen lebten, aber die wurden von den sesshaften Hopi- und Zuni-Indianern bewohnt. Die Apachen selbst lebten als räuberisches Nomadenvolk vorwiegend in leichten aus Gestrüpp und Stroh gefertigten leichten Rundhütten, die man schnell aufbauen konnte und die Wickiups genannt wurden.
Selbst unter Leuten, die sich eingehender mit der einen oder anderen indianischen Kultur beschäftigen, hat sich das eine oder andere Klischee noch hartnäckig gehalten, wie z. B. der naive Spruch: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz.“
Am meisten aber stören mich Klischees, die mit indianischen Sprachen zu tun haben – und das betrifft nicht nur die ständige Behauptung, die Indianer hätten eine einzige gemeinsame Sprache, sondern auch zum Teil ziemlich rassistische Äußerungen, die diese Sprachen als primitiv bewerten. Auch ein Klischee, welches sowohl durch Karl-May-Filme als auch durch andere zeitgenössische Westernfilme verbreitet wurde.
Alle Indianer begrüßen sich mit „Hugh“ oder „Hau“, Verwunderung wird mit „Uff, Uff“ ausgedrückt und Indianer reden von sich selbst stets in der dritten Person Singular. Wenn der große Apachenhäuptling seinen Blutsbruder nach längerer Zeit wiedersieht, dann sagt er nicht ganz normal: „Ich freue mich, dich wiederzusehen“, sondern ganz poetisch: „Winnetous Herz freut sich, seinen Blutsbruder wiederzusehen.“
In den meisten Filmen der 50er und 60er Jahre wird die Sprachfähigkeit indianischer Menschen auf kurze Grunzlaute reduziert. Tatsache ist aber, dass alle indianischen Sprachen oft eine hoch komplizierte Grammatik aufweisen.
Viele indianische Sprachen besitzen z. B. zwei Wir-Formen im Plural: eine für das „ich und du“ (Dualform) und eine für das „wir“ mehrerer Personen. Weiterhin existieren in vielen indigenen Sprachen Infixe (ins Wort eingeschobene Silben für ich, du oder ich & du) während europäische Sprachen eher separate Worte oder Präfixe (Vorsilben) bzw. Suffixe (nachgestellte Silben) bevorzugen.
Des Weiteren haben viele Indianersprachen oft sehr präzise Beschreibungen von Gegenständen, für die Europäer oft allgemeine Bezeichnungen benutzen. So mancher Indianer bevorzugt eher die Aussage „Dort auf der Eiche sitzt ein Buntspecht“, statt – wie in Europa üblich – „Dort auf dem Baum sitzt ein Vogel“ zu sagen.
Die Genauigkeit, mit der indianische Völker die uns umgebende Natur beschreiben, fiel schon dem Sprachforscher und Missionar David Zeisberger (1721 - 1808) auf, der zuerst bei den Mohawk lebte und ihre Sprache erlernte. Später lebte er eine Zeit lang bei den Delawaren, um sie zum Christentum zu bekehren. Um die Botschaft des Evangeliums besser verbreiten zu können, war er – wie viele Missionare – der Meinung, es könnte besser gelingen, wenn man die Sprachen der Eingeborenen erlernte. So besorgte er sich von einem Englisch sprechenden Delawaren den Satz „Wie nennt ihr das in eurer Sprache?“, stellte viele Fragen und trug die Antworten in sein Vokabelheft ein. Allerdings bemerkte er zu seinem Erstaunen, dass die Anwendung der erlernten Vokabeln bei seinen indianischen Gesprächspartnern oft Heiterkeit auslöste. Auch war er verwundert über die vielen unterschiedlichen Worte für Vogel, Fisch, Baum usw. Irgendwann erkannte er, dass er, wenn er auf einen Fisch im Wasser deutete, statt der allgemeinen Bezeichnung für Fisch die Vokabel für Forelle, Lachs oder Hecht genannt bekam. Wenn er auf einen Vogel wies, erhielt er die Vokabeln für Specht, Meise, Amsel statt Vogel. Solche Beispiele lassen sich bei sämtlichen Indianerstämmen Nordamerikas (wahrscheinlich auch Südamerikas) finden. Ich denke damit ist die Primitivität und Ausdrucksarmut von Indianersprachen ausreichend widerlegt.
Ich möchte mit meinem Buch über die Vielfalt nordamerikanischer Indianersprachen informieren, Falschinformationen und Klischees korrigieren und den Lesern klarmachen, dass es weder eine einheitliche Indianersprache noch eine einheitliche Kultur oder Religion gibt.
Martin Krueger
Mai 2021
Nach der endgültigen militärischen Niederlage der verschiedenen indianischen Nationen begann die US Regierung mit der kulturellen Umerziehung der von ihnen besiegten Völker.
Die traditionelle Lebensweise vieler indigener Völker – insbesondere der nördlichen und südlichen Plainsstämme, die ihren Lebenserwerb hauptsächlich durch die Büffeljagd betrieben – und anderer nichtsesshafter Völker stand dem Befriedungsprozess und dem Expansionsdrang des weißen Amerika im Wege. Aus heidnischen Jägern und Sammlern sollten sesshafte, vor allem aber christliche Viehzüchter und Farmer werden. Dies versuchte man am besten dadurch zu erreichen, indem man die Kinder nach und nach dem „schädlichen“ Einfluss ihrer heidnischen Eltern entzog und sie in christlichen Internaten, den sogenannten Boarding Schools unterbrachte, wo sie Monate, oft Jahre lang vom Elternhaus getrennt, den Weg des „Weißen Mannes“ erlernen mussten. Hier waren sie oft den Schikanen strenggläubiger Priester und Nonnen ausgesetzt, die sich nicht scheuten, psychische und physische Gewalt einzusetzen, um die „heidnischen“ Seelen der ihnen anvertrauten Kinder zu retten.
Obwohl die Kinder zu Beginn der Ausbildung oft kein Wort Englisch sprachen, war ihnen der Gebrauch ihrer Muttersprache vom ersten Tag an strengstens verboten. Ehemalige Schüler dieser Internate berichteten von Schlägen und davon, dass ihnen der Mund mit Seife ausgewaschen wurde, wenn sie dabei erwischt wurden, in ihrer Stammessprache zu sprechen. Aus fröhlichen Kindern wurden schweigsame, introvertierte Marionetten, die alles taten, was man von ihnen verlangte. Wenn diese Kinder dann in den Ferien nach Hause kamen, sprachen sie ihre eigene Sprache schlecht, konnten ihre Eltern und Großeltern kaum noch verstehen und waren ihren Verwandten und Stammesgenossen fremd geworden.
Die bekannteste dieser zahlreichen Internatsschulen war wohl die Carlisle Indian School in Pennsylvania. Sie wurde 1879 von Captain Richard Henry Pratt (1840 - 1924), einem Bürgerkriegsveteran und ehemaligen Indianerkämpfer, mit Unterstützung der US-Regierung gegründet. Pratt war, im Gegensatz zu vielen anderen Armeeangehörigen, nicht der Meinung, dass die Indianer physisch als Menschen vernichtet werden sollten. Er wollte sie zu „anständigen, zivilisierten“ Menschen umerziehen und prägte den berühmten Satz „Kill the Indian, save the Man“ (Tötet den Indianer, aber rettet den Menschen“.
Seine puritanischen, strengen Erziehungsmethoden waren der Auslöser für viele Suizide und Suizidversuche der ihm anvertrauten Indianerkinder, die von ihren indianischen Eltern meist ohne Schläge und körperliche und psychische Gewalt erzogen worden waren. In vielen anderen Internatsschulen wurden die Kinder auch oft von den Priestern und Nonnen sexuell missbraucht, was erst zum Ende des letzten Jahrhunderts aufgedeckt wurde.
1
Die Nachkommen solcher in den Internatsschulen erzogenen Indianerkinder teilten das Schicksal ihrer Eltern. Um ihren Kindern ihren eigenen Leidensweg zu ersparen und ihnen das Leben in den Internatsschulen erträglicher zu machen, verzichteten viele indianische Eltern darauf, ihren Kindern die eigene Sprache beizubringen, und unterhielten sich mit ihnen nur noch auf Englisch. Dass auf diese Weise viele indianische Sprachen ausgestorben bzw. vom Aussterben bedroht sind, ist nicht verwunderlich.
Von den ehemals 500 - 600 Indianersprachen in Nordamerika sind noch etwa 150 übrig geblieben; ein Drittel davon ist akut vom Aussterben bedroht. Laut einer Studie des Oglala Lakota College aus dem Jahre 1996 gehört die Sioux-Sprache mit all ihren Dialekten zu den vom Aussterben bedrohten Sprachen.
Das untere Diagramm zeigt die prognostizierte Abnahme von Lakotasprechern auf der Pine Ridge Reservation.
Einige Sprachen mit einer sehr hohen Bevölkerungszahl und einer großen Anzahl an Muttersprachlern haben eine Chance, dass ihre Sprachen überleben. Es handelt sich meist um sesshafte Stämme, die neben gelegentlicher Jagd auch Ackerbau und Viehzucht betrieben, wie z. B. die Navaho in ihrem großen Reservat in der nordwestlichen Ecke des US-Staates Arizona, und die Algonkin sprechenden Stämme der Cree und der Ojibwa, die sowohl in den USA als auch hauptsächlich in Kanada leben. Auch zwei Sprachen der Irokesen – Mohawk und Cherokee – haben eine Chance.
Seit dem 1990 erlassenen Native American Languages Act (ein Gesetz zum Schutz und zur Förderung von indigenen Sprachen) fördert die US-Regierung den Erhalt der Indianersprachen mit Bundeszuschüssen. Es soll eine Wiedergutmachung dafür sein, dass man den indianischen Schulkindern den Gebrauch ihrer traditionellen Sprachen lange Zeit mit Zwang austreiben wollte.
Durch teils von der Regierung gesponserte intensive Schulungsprogramme und Wiederbelebungsprojekte unter den Stämmen, hat sich die Lage bei einigen Stämmen wieder leicht verbessert. Dennoch ist die gegenwärtige Situation indianischer Sprachen in Nordamerika alarmierend bedrohlich. Meist sind die Personen, die noch mit ihrer indigenen Muttersprache aufgewachsen sind, hochbetagt. Oft folgen ihnen eine oder zwei Generationen ohne gute oder gar ganz ohne Sprachkenntnisse, die zum Beispiel infolge des Boardingschoolsystems in den USA und auch in Kanada mit der englischen Sprache aufwuchsen und der Sprache und Kultur ihrer Vorfahren entfremdet wurden. Somit kommen für Stämme mit einer geringeren Bevölkerungszahl diese Projekte leider zu spät.
Laut der indianischen Zeitung Indian Country Today vom 20. April 2009 sind seit 1997 mehr als 20 indigene Sprachen verschwunden, was darauf zurückzuführen ist, dass mehr als die Hälfte aller Muttersprachler das 70ste Lebensjahr bereits überschritten haben. Nur noch 20 Sprachen werden noch routinemäßig mit Kindern gesprochen.
„Von den sieben irokesischen Sprachen sind bis auf zwei – Mohawk und Cherokee – alle vom Aussterben bedroht und werden nur noch von wenigen Alten gesprochen. Das ist häufig sogar der Fall, wenn die Stämme – wie im Falle der Cayuga, Seneca und Oneida noch viele tausend Mitglieder haben.
Die Irokesensprachen sind auch ein gutes Beispiel für die Probleme, denen die Indianersprachen jenseits des demografischen Schwunds und des Drucks der englischsprachigen Mainstreamkultur ausgesetzt sind. Geschrieben werden können sie nur im lateinischen Alphabet, das aber für die Indianersprachen, die sich von europäischen Sprachen oft erheblich unterscheiden, äußerst ungeeignet ist. Ergänzende Sonderzeichen, die zur Darstellung bestimmter Laute der Irokesensprachen notwendig sind, lassen sich jedoch auf vielen Computern gar nicht darstellen – gar nicht zu reden von Smartphones, die auch von den jungen Indianern genutzt werden. Von dieser Seite droht den Sprachen trotz aller Wiederbelebungsversuche in Schulen und kulturellen Zentren eine neue Gefahr.“2
1Bildquelle: Archiv der Carlisle Indian School
2Quelle: Bedrohte Sprachen, Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Märzausgabe 2010. unter https://www.gfbv.de/fileadmin/redaktion/Report_Memoranden/2010/MR-Report_Nr.63.-Bedrohte Sprachen
Quelle: Artikel von Matthias Heine in der Zeitung Die Welt vom 13.2.14
Auf der ganzen Welt gibt es ungefähr 6000 Sprachen, die noch gesprochen werden. Diese Zahl muss man mit plus/minus 10 % ansehen, je nachdem, ob Wissenschaftler diverse Dialekte, wie z. B. das Lakota, als eigenständige Sprache betrachten. Von den heute noch existierenden Sprachen der Welt machen die verbliebenen nordamerikanischen Indianersprachen ca. 3 % aus.
Es ist unmöglich genau zu bestimmen, wie viele Menschen und demzufolge auch Sprachen es vor dem Eintreffen der Europäer in Nordamerika gab. Die meisten Sprachforscher vermuten, dass es vor der Ankunft des Columbus ungefähr 300 verschiedene Indianersprachen nördlich der mexikanischen Grenze gab; einige Schätzungen sprechen sogar von 500.
3
Aufgrund der europäischen Eroberung und Besiedlung Amerikas, welche bekanntlich die Vertreibung, Dezimierung und in vielen Fällen sogar vollständige Vernichtung vieler Indianerstämme zur Folge hatte, sind auch viele Sprachen verschwunden. Einige Wissenschaftler schreiben, dass bereits die Hälfte aller Indianersprachen Nordamerikas ausgestorben wären. Von den überlebenden Sprachen werden mehr als die Hälfte von weniger als 1000 Sprechern pro Sprache noch fließend beherrscht. Die meisten davon sind zweisprachig.
Nur wenige Indianer-Nationen – wie z. B. die Navaho (auch Navajo genannt), Ojibwa (auch Chippewa genannt), die Sioux, Choctaw, Apache und Cherokee – kommen auf über 10 000 Sprecher. Die Navaho im Südwesten der USA stellen mit fast 150 000 Sprechern die größte Gruppe von Sprechern einer nordamerikanischen Indianersprache dar, gefolgt von den Ojibwa mit 43 000 Sprechern und den Sioux (Dakota/Lakota) mit ca. 26 000 Sprechern.
Die Zukunft der noch verbliebenen nordamerikanischen Indianersprachen sieht nicht gut aus. Viele stehen mit einer Anzahl von 1 - 50 Sprechern kurz vor dem Aussterben. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass bis zum Jahre 2050 von den ca. 150 verbliebenen nordamerikanischen Indianersprachen nur etwa 20 überleben werden.
Der Sprachwissenschaftler und Direktor des Alaska Native Language Center an der Universität von Alaska, Dr. Michael Kraus, teilte die nordamerikanischen Indianersprachen prozentual in Kategorien von A - E ein.