Ins All - Im Eins - Rainar Nitzsche - E-Book

Ins All - Im Eins E-Book

Rainar Nitzsche

0,0

Beschreibung

Im 4. Band der PFAD-Romane reist Manfreds Seele durch die Welten des Sonnensystems, die Galaxis und Raumzeiten jenseits unserer Welt. Und auch seine Liebe Nairra, deren Seele ihm vorausging, sowie Moyo, die ihm zwei Kinder schenkte und ihm folgt, erkunden den Kosmos und werden zu Weltenschöpfern. Werden sich alle drei finden und zu einer Einheit verbinden? Und wer sind die anderen der Sieben, die sich immer wieder mit erhobenen Schwertern begegnen? Werden sie alle vollkommen erleuchtet im TAO aufgehen, dem Namenlosen, der Leere in allen Dingen - in UNS, dem EINEN, das alles ist und vieles zugleich, das zahlreiche Namen trägt: BRAHMAN, JAHWE, GOTT, ALLAH? Und der Leser fragt sich: "Geschieht dies alles wirklich oder träumt da nur irgendwer, dass es geschähe?" Denn ein kleiner Junge, der bald ein Baby sein wird und einst ein alter Mann war, erzählt uns von all diesen Abenteuern seines Lebens. Und dann ist da noch Er Dort Oben. Und irgendwo über allem schnurrt eine geheimnisvolle Katze. Und jenseits von ihr ... Wird alles geklärt? So sollte es sein in diesem letzten Band der PFAD-Romane. Mit ausführlichem Anhang der Wesen und Begriffe und Erklärung der sieben Ebenen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 346

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Rainar Nitzsche

Ins All - Im Eins

Band 4 der Reise durch acht fantastische Welten: WELTEN ÜBER WELTEN

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Ach ja, die Liebe!

Eine Katze

Ein zehnjähriger Junge

Welten über Welten

Kleine Götter im weiten All

Reise durchs Sonnensystem

Galaxis

Universum

Wir im Multiversum

Drei und ES

Schwärze im WEISS

Acht im Wir

Einmal noch die Erde schauen

WEISS

Ein Junge von drei Jahren

Er Dort Oben

Mau

Epilog

P. S. oder: Was sind denn Arachnoiden?

Sieben Ebenen

Wichtige Personen, Lebewesen und Begriffe

Worte und Erinnerungen

Nachwort

Der Autor

Die Pfadwelten

Impressum neobooks

Ach ja, die Liebe!

Allen kommenden Träumern

und nicht nur den Spinnen

unter den Spinnern.

Es werde Licht!

So

werden

Welten – Welteninseln - Universen

geboren.

Und nach all dem, was du gelesen und mit ihnen erlebt hast, glaubst du, liebe(r) LeserIn, noch immer, Manfred, Nairra und Moyo wären gewöhnliche Menschen, nun ja, Menschen mit übermenschlichen und nichtmenschlichen Eigenschaften, aber letztendlich doch nur Menschen wie du und ich? Glaubst du das wirklich?

Dann hätte auch ihre Liebe auf Erden nur einen Augenblick (Stunden, Tage, Jahre) gewährt, wäre entstanden, gewesen und wieder vergangen, nicht mehr.

Das denkst du und hast Recht und irrst dich zugleich gewaltig. Denn die Liebe der Kleinen Götter währt länger als Menschenleben - durch alle Zeiten, durch alle Gestalten und Körper hinweg. Also endet nichts, geht alles über den Tod hinaus, weiter und immer weiter im Kreislauf von Geburt, Leben, Tod und Wiedergeburt.

Eine Katze

Wir erinnern uns: Manfred der Magier ist der Gute, der sich mit all seinen Kräften redlich müht und doch nicht verhindern kann, dass auch er wie alle Wesen der Erde und aller anderen Welten, wie alle Planeten und Sonnen, wie alle ... immer älter und schwächer wird, der keine Chance gegen die dunkle Seite, seinen Gegenspieler hat, den er einst in der Umkehrung seines eigenen Namens Drefman nannte, der aber viel mächtiger als er war und ist und immer sein wird, größer gar als die gesamte Menschheit, und der zugleich nur der männliche Teil, also ER von ES von T-her ist. Und wäre Manfred erst IHR begegnet, ach herrje ...

Also gab es kein Happyend, weder im ersten noch im zweiten noch im dritten Roman. Also mussten so viele Lebewesen sterben, müssen es, auf dass andere leben können, so wie es immer wieder im Kreislauf der Dinge und Wesen geschieht. Also opferten sich Manfreds Samurai für ihren Herrn und Meister. Doch alle Mühe war umsonst, denn ER tötete Nairra, Manfreds große Liebe. Und schließlich musste im letzten Kampf Manfred durch SEINE Hand sterben. Manfreds Seele ging, und sein Körper wurde Staub. Nur Moyo und ihre Kinder Ra und Rani überlebten, jedoch auf einer parallelen Erde. Geboren werden, voller Freud und Leid existieren, sterben und wiedergeboren werden, das ist Leben und Wiederleben und ...

Was aber bedeutet überhaupt dieses Schnurren, das der aufmerksame Leser von Zeit zu Zeit vernehmen kann? Was macht denn eine Katze in dieser Menschenmagierwelt, in der auch andere Katzenwesen und Moyo leben, die als Leopardenmensch Frau und Schwarze Pantherin in einer Person ist? Wo existiert diese Katze überhaupt, dass sie immer wieder plötzlich wie aus heiterem Himmel erscheint? Wo und wann, wieso ist da eine Katze, die lächelnd - können Katzen lächeln? - alles hört und sieht und riecht - oder aber einfach nur so still den Tag durchträumt, wie es Katzen nun einmal zu tun scheinen?

Ein zehnjähriger Junge

schaut dir in deine tränenüberströmten Augen. Und wäre er eine Frau, nähme er dich in seine Arme und drückte dich an seine Brüste, um dir Trost zu spenden. Dann spricht er mit seiner hellen Kinderstimme, doch seine Worte, seine Gedanken sind die eines erwachsenen Mannes, der sich an alles erinnert: „Ja, so starb Manfred der Magier, so starb ich im Alter von achtzig Jahren in den höchsten Bergen der Erde.“

Und er fährt nach einer kurzen Pause fort: „So überlebte Moyo, sie und unsere Kinder Rani und Ra. So kehrte ES wieder in SEINE Heimat T-her zurück. Doch ich wurde wiedergeboren - als alter Mann, als der ich starb, um dir alles zu erzählen - von meinem Leben, meiner Liebe und IHM. Ich lebe, auch wenn ich immer jünger und bald von der Erde verschwunden sein werde.

Habe ich Angst?

Ich weiß es nicht. Ich sehe die Leere.

Irgendwann werde ich plötzlich zehn Jahre jünger sein, also geboren werden.

Doch wo werde ich vor dem Tag meiner Geburt sein?

Im Bauch meiner Mutter?

Na klar, wo sonst?

Und neun Monate weiter zurück nur ein befruchtetes Ei und dann?

Das alles wird geschehen, doch jetzt bin ich zehn und will dir von den Dingen berichten, die ich dort oben (er zeigt mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand in den Himmel) nach meinem Tod auf Erden erlebte. Folge mir ins Sonnensystem und weiter, immer weiter hinaus! So viele Welten warteten dort auf mich, liegen dort noch immer für uns Menschen verborgen und harren der Entdeckung, so viele Dinge und so viele Wesen - so viele Abenteuer und Erfahrungen ... Nun aber schließe deinen staunenden Mund - sei still! Schließe auch deine Augen, Ohren und Nase, damit du riechen, hören und sehen kannst, und erfahre alles in dir - JETZT!“

Welten über Welten

Es zieht vorbei der Wanderer

auf seinem weiten Weg

ins Nichts.

Unterwegs

Du erwachst.

Nein, du hast nicht geschlafen.

Du erwachst aus den Träumen deiner Tage.

Wo bin ich?

Was tue ich hier?

Wer bin ich, der da fragt?

Aus den Spiegeln vor dir und ringsherum

schauen dich zitternd fremde Wesen an.

Erinnerungen

Lächelnd

durch Wände gehen,

durch Raum und Zeit.

Bewegung im Verharren.

Sein werden.

Sein sein.

Jenseits aller Illusionen.

Lächelnd

Kleine Götter im weiten All

Mit aufgerichtetem Haupt

blicke ich

über das Himmelsgewölbe hinweg.

Ich habe mein Menschsein überwunden.

Lu Hsiang-Chan

Aus den Himmeln geworfen, gesandt aus WEISS

in eine expandierende Welt

voller Chaos, Lug und Trug,

nicht nur unter den Menschen,

sondern auch bei Pflanzen und Tieren.

In eine der Höllenwelten mit Menschennamen Universum

wurde der geboren,

den wir Manfred den Magier nennen.

Gefallen

Im Weltraum reisen, heißt:

Entweder die Erde mitnehmen – Körper und Technik,

oder loslassen - körperlos sein im All,

sich neue Körper schaffen auf anderen Welten

und in ihnen wohnen.

Nur so, nicht anders,

dachte körperlos wiedergeboren

Manfreds Seele.

Im Weltraum

Reise durchs Sonnensystem

Im Orbit

Öffne die Au...

Da sind keine Augen und kein Kopf - kein Menschentierpflanzenkörper. Und doch ist er da, für Menschenaugen unsichtbar. Er sieht, hört, riecht, schmeckt und fühlt mit all den Sinnen der Erdenwesen, die er einst war, mit den Sinnen der Menschen, ihrer Vorfahren und all der anderen Säuger, aber auch mit denen vor ihnen: Reptilien, Amphibien, Fische und mit denen, die sich parallel zu ihnen entwickelten und sich im Federkleid als Vögel erhoben. So ist er weder Mensch, Androide noch K. I. (Künstliche Intelligenz), sondern ähnelt mehr einem Vertreter der neuen Art, die morgen schon zwischen den Sternen im kalten All, in bläulicher Schwärze mit Funken von Licht, existieren wird.

Wer?

„Der, der einst Manfred der Magier war“.

Welch langer Name für einen Toten! Nennen wir ihn der Einfachheit halber weiterhin „Manfred“.

Manfred ist nun wie Horus der Falke, wie der in der Ferne, der alles sieht. So schaut er sich zunächst einmal in der Umgebung um und erblickt ein sonnensegelbestücktes Gerät, das nicht das erste seiner Art ist, aber nun schon seit siebzehn Jahren im Erdorbit schwebt.

Gewaltig ragt es vor mir auf, der ich nicht viel mehr als ein Staubkorn bin und zudem auch noch fast materielos. Erinnere mich. Einst sah und hörte ich die Meldungen, las ich in Büchern und im Internet seinen Namen: Hubble-Welt­raum­teleskop. Acht Jahre, bevor meine Reise begann, 1990 wurde es mit einem Space Shuttle, einer Welt­raumfähre namens Disco­very, in den Erdorbit gebracht. Doch die ersten Fotos von den Sternen, die ohne störende Erdatmosphäre alles bis dahin Gewesene in den Schatten stellen sollten, enttäuschten. Erst drei Jahre später gab es mit korrigiertem Spiegelsystem jetzt scharfe, im infraroten, sichtbaren und ultravioletten Bereich aufgenommene Bilder von den Sternen. Und auch ich bin nun nicht mehr an Menschenaugen gebunden, kann jetzt über das gesamte Spektrum hinweg die Sterne sehen, wenn ich es will. Doch noch bin ich wohl sehr erdgebunden, schaue Hubble an, erinnere mich daran, dass es in 590 Kilometer Höhe die gute alte Mutter Erde umkreist. Aha, da weiß ich ja nun, wo ich bin. Gab es da nicht einmal eine Zeit in meinem Leben, wo ich hoch hinaus wollte? 590 Kilometer ist doch schon was - für den Anfang.

Dann hänge ich mich mal an Hubble dran - gar nicht so einfach, fast substanzlos Halt zu finden - und kreise in anderthalb Stunden einmal um die Erde. Das hat doch was und wäre was fürs Guinnessbuch, wenn denn eine lebende Seele davon erführe: die erste Hubble-Toten-Erdumkreisung. Andererseits, woher weiß ich mit Sicherheit, dass ich der Erste bin? Könnten ja in den letzten Jahren noch andere verstorbene Magier hier oben gewesen sein, vielleicht auch menschliche Seelen von Nichtmagiern. Andererseits hat jedes Wesen seine speziellen Gelüste, und über Geschmäcker lässt sich bekanntlich nicht streiten. So bin ich vielleicht doch die erste körperlose Seele hier.

Für die Ewigkeit ist Hubble nicht gemacht, fällt mir ein, soll irgendwann in den Ozean fallen. 2013 soll es durch das neue „James Webb Teleskop“ ersetzt werden. Schöne Aussichten im wahrsten Sinne des Wortes, wenn auch nur in Infrarot, für alle Menschen die jetzt dort unten leben und bis dahin geboren werden. Wo aber und vielleicht auch was mag ich dann sein?

Ach ja, die Lebenden, all die vielen Milliarden dort unten mit ihren vielen alltäglichen Sorgen, was kümmern sie mich eigentlich noch! Ich bin ja tot, gestorben und begraben. Loslassen heißt jetzt also die Devise, die Erde verlassen, hinfort schweben.

Oder aber wiedergeboren werden, eingehen ins Licht?

Das sehe ich nicht - noch nicht oder nie, das ist hier die Frage - oder ist sie es nicht?

Wie auch immer, ich löse mich von diesem Menschenwerk, das in tiefste Weiten, also älteste Zeiten sieht und uns Menschen lehrte, wie sich Galaxien entwickeln, Supernovae ausdehnen, und das Schwarze Löcher in den Kernregionen naher Galaxien fand.

Menschen?

Keine Magierseelen, doch einige wenige Menschen aus Fleisch und Blut müssten eigentlich für kurze Zeit hier oben gewesen sein?

Nein, im Hubble wohnen sie nicht, das holten Astronauten zwecks Reparatur in die Ladebucht ihres Shuttles.

Aber da war doch was. War da nicht einst einmal eine, waren es gar mehrere?, da gibt es doch hier in der Nähe wieder eine große ... So ein Ding, dessen Name mir einfach nicht einfallen will.

Unter mir strahlt herrlich blau und unvergesslich meine Menschenheimat Erde: blau, blau, blau. Und weiße Wolken wehen darüber hin. Ein wenig rot und braun, das ist Afrika, der Norden, die große, wachsende Wüste, Sahara, Sahel. Moyo, ich denke an dich, dort lebst du noch immer und lebst du doch nicht, sondern auf einer parallelen Erde, du und unsere Kinder Rani und Ra. Wolken verdecken Afrikas Zentrum. Das ist dein Ursprung, Moyo, und der der Menschheit, das einst so fruchtbare, damals vertrocknende Land. Und darunter der Süden, heute ist er trocken und klar zu erkennen. Wie war er gestern - wann? Wie wird er morgen sein? Erde, das ist zwei Drittel Meer mit Wolken darüber und hellem Wüstenland. Wer sie einmal sah, vergisst sie nie wieder bei all dem Gelb, Rot, Grau und Schwarz der anderen Planeten und Monde, die noch auf mich warten. Ob sie wirklich so sein werden, wie ich sie während meines Lebens dort unten auf Erden nur auf Fotos sah?

Manfred bewegt sich, schwebt, ein wenig leuchtend, mit silhouettenhaftem Menschenkörper, fast materielos, im Orbit lautlos dahin, gestorben und doch voller Energie. Dann hat er die andere, die dunkle Seite, die Erdennacht erreicht.

In der Ferne leuchten Sterne. Nah und klar, gigantisch groß strahlt hell die Volle Mondin, nicht weiter als einen Katzenmagiertotensprung entfernt. Erinnern: Fantastisch klar war der Himmel einst dort unten nur in den Wüsten und über den Wolken in den Höchsten Bergen der Erde. Dort aber funkelten die Sterne hinter der Atmosphäre. So scharf und klar wie jetzt sah ich sie mit Menschentieraugen nie. Denn hier oben sind weder Smog, Wolken noch Atmosphäre. Auch sehe ich hier die Volle Mondin in allen Farben und Spektren, ich sehe sie groß und nah und winzig klein zugleich. So ist mein optischer Sinn mehr als die Summe aller Teile der Wesen, die ich war, die vor mir waren, die neben mir dort unten lebten.

Noch einmal schaue ich zurück. Tausende Lichter flackern dort unten. In einer von diesen, ach nein, es waren ja mehrere, lebte einst auch ich. Hatten sie alle unterschiedliche Namen? Erinnere mich nur noch an ein Wort für all diese Lichtermeere. Ja, ein Name ist es, der für all diese Welten steht, in die ich geboren wurde, wo ich aufwuchs und vieles lernte, die ich einst verließ, ganz zu Beginn meiner großen Reise mit Namen „Leuchtender Pfad“, der mich führte, dem ich durch Wald und Nebel-Land, über Steppen hinweg bis zu den Höchsten Bergen folgte, wo ich schließlich starb, dieser Name lautet Stadt. Nun lausche ich von hier oben den Stimmen der Städte, ja, das ist der Plural von Stadt, ich erinnere mich. Alle sind sie so verschieden, wie die Menschen, die sie schufen. Keine Stadt ist wie die andere. Alle zusammen aber bilden sie einen Chor, der dort unter mir pulsiert und singt.

Noch andere Dinge entdecke ich nicht so fern nun unter mir. Weit nach oben schießen „Kobolde“ empor. Rot leuchten diese fantastischen Gestalten, auch wenn es „nur“ Blitze sind, über blauen Gewitterwolken.

Das alles geschieht - jetzt, in diesem Augenblick.

Dann aber sehe ich IHN in mir. ER, der Nairra fand und tötete, ER, mit dem ich meinen letzten Kampf auf Erden focht und der mir mein Leben nahm. Dann sehe ich IHN in den Nordlichtern weilen. Äonen lang wohnte ER, der aus den Wassern des Meeres kam, in den Wolken, zog bei Nacht im Mondinlicht über die Erde dahin. So viele Wesen höre ich vor Angst und Furcht, vor Schmerz und Pein unter SEINEM Schatten schreien. So viele Augen erblickten SEIN Wetterleuchten, wenn ER sich als Blitz in der Wolke entlud, sahen IHN von Wolke zu Wolke springen. Die meisten Wesen aber wussten nicht, wer ER war, doch spürten sie die Gefahr, versuchten zu fliehen und entkamen IHM nicht. Menschen gab es damals noch nicht. Eines Nachts sprang ER wieder hinab, so wie ER hinaufgelangt war. Als Blitz zwischen Wolken und Erde spaltete ER den großen Baum im Norden Australiens. Dann blieb ER dort unten und durchquerte in vielerlei Gestalt die Kontinente der Welt, die wir Menschen Erde nennen.

Das alles geschah, das alles war, das ist vergangen.

Das alles existiert für immer und ewig - noch immer unerreichbar für den Menschengeist, nicht aber verschlossen für mich.

Ich sehe es in mir.

Weil ich tot bin und mein Menschsein hinter mir gelassen habe?

Weil ich ein Magier war und bin?

Weil ER und ich für immer verbunden sind?

Oder aber weil Er Dort Oben über mir es so will?

Dort Oben kann ich nicht hin. Also schaue ich nun nicht mehr zurück, nicht mehr hinauf in andere Dimensionen, schaue ich mich weiter in meiner Umgebung um. Überall schwirren Satelliten herum, die militärischen, GPS – Ortsbestimmung und Navigation auch für zivile Verkehrsmittel, die Fernsehsatelliten, die Hunderte von Programmen ausstrahlen und von den kleinen Satellitenschüsseln auf den Häusern und den großen fürs Kabel-TV empfangen werden. Viele Erdendinge aus dem beginnenden 21. Jahrhunderts, die für die Menschen dort unten, die Lebenden, ungeheuer wichtig sein mögen, haben für mich, der ich hier oben über all diesen Dingen körperlos schwebe, keine Bedeutung mehr.

Halt, eine Sache fällt mir noch ein: Der erste deutsche Satellit zur Oberflächenerfassung schwebt hier irgendwo. „Deutsche, Deutscher“? Ja, das war ich ja einmal, so heißen die Menschen in einem kleinen Land, das mitten in Europa liegt, also im Westteil des großen Kontinents Eurasien. Einst soll es sogar zwei Deutschlands gegeben haben, sehr eigenartig, kaum zu glauben. Und davor ein Deutsches Reich. Und Jahrhunderte früher viele kleine Fürstentümer, die sich alle eifrig bekriegten. Das müssen ja irre Zeiten dort unten gewesen sein. So viel Leid, Zerstörung und Tod, überall und immer wieder.

Und erst die vielen Trümmer, Raketenteile hier oben - Weltraumschrott. Es führt kein Weg daran vorbei: Irgendwann muss hier einmal gewaltig aufgeräumt werden, muss die Menschheit daran gehen, ihren Müll mit automatischen Systemen einzusammeln und zu recyclen. Es muss geschehen, um zukünftige Katastrophen zu verhindern. Und wäre es bereits getan worden, hätten Astronauten in diesem Jahr keine Schutzschilde an der neuen Weltraumstation anbringen müssen.

Ach ja, „Weltraumstation“, das war das Wort, was mir vorhin nicht einfallen wollte. Als Frischverstorbener vergisst man wohl doch ziemlich viel vom Leben vor dem Tod.

In der Station müssten Menschen leben. Da schaue ich doch mal schnell vorbei.

Kaum daran gedacht, da taucht sie auch schon unter mir auf: die noch immer unvollendete, erste internationale Raumstation der Menschheit, die den Namen ISS trägt. Allein schwebt sie dort über der Erde, so wie einst eine andere mit Namen MIR (Frieden).

„Nach fünfzehn Jahren und 16 000 Experimenten im Orbit kehrte diese 2001 in den Schoß von Mutter Erde zurück, verglühte, Restteile stürzten in den Südpazifik“, flüstert die Stimme in mir.

Dann prasseln Informationen zur ISS, die mich gar nicht interessieren, auf mich ein, wie etwa: „Andere Namen trug sie einst: Alpha, Isis und Freedom. Seit 1998 gibt es sie hier oben, zunächst war da nur das Fracht- und Kontrollmodul Sarja.“

Welch seltsamer Zufall. Das war ja das Jahr, als ich von einem Stammtisch in der kleinen Stadt Kaiserslautern aufbrach und meinem Leuchtenden Pfad folgte, der mich immer weiter nach Osten in den Himalaja und über meinen Tod hinaus schließlich hierhin führte. Aber wenn das so war, woher weiß ich dann Dinge, die dort unten auf Erden in den folgenden Jahren in den Städten verkündet wurden, so zum Beispiel die Sache mit den neuen Schutzschilden für die ISS? Ach ja, Er Dort Oben wusste es und flüsterte es mir ein, wer sonst. So muss es gewesen sein.

Und wieder spricht seine Stimme in mir: „Langsam nur schreitet der Bau der Raumstation voran, denn die amerikanischen Shuttles fielen für viele Jahre aus. Hauptsächlich scheint sie aus Solarsegeln, 4500 m² trapezförmigen Platten, die der Energiegewinnung dienen, zu bestehen. Dabei sind doch die zylindrischen, rechtwinklig montierten Module, Knoten und Andockstationen im Zentrum das Wesentliche.“

Und wie vor kurzem mit Hubble, so kreise ich nun auch mit der ISS mit 29 000 km/h alle 90 Minuten einmal um die Erde. Allerdings bin ich ihr wieder nähergekommen. Lächerliche 360 km trennen mich von ihr.

Jetzt flüstert die Stimme mir wieder Namen zu, die irgendetwas auf Erden bedeuten mögen: „ESA, Japan, Kanada, NASA, Russland.“

Begeistert denke ich: „Das ist ja das größte zivile internationale Projekt der Geschichte, - bisher natürlich und nicht das größte aller Zeiten, wie es, soweit ich mich erinnere, da unten jedes Jahr aufs Neue heißt.

Dann aber frage ich mich, wo denn die anderen Nationen sind, denn da waren doch noch viele mehr. Warum sind denn sie nicht mit dabei? Sind sie etwa zu arm? Gibt es da unten auf Erden nicht so etwas wie eine Organisation der Vereinten Nationen, UNO heißt die wohl? Wieso baut sie, bauen alle Menschen der Erde nicht an diesem großen Werk mit?

Doch meine Gedanken interessieren die Stimme in mir wohl nicht. Denn sie spricht einfach weiter: „Zwischen November 2000 und April 2003 lebten hier permanent drei Menschen, die nach fünf bis sieben Monaten von anderen abgelöst wurden. Nach dem Unglück der Raumfähre Columbia wurde die Besatzung auf zwei Personen reduziert und der weitere Ausbau erst einmal gestoppt. Lediglich die Versorgung der Station wurde durch russische Versorgungsschiffe sichergestellt. In ihrem Endausbau wird die ISS mit 80 Metern Länge die größte Raumstation sein, die jemals gebaut wurde. Bereits jetzt ist sie das größte und das leuchtstärkste künstliche Objekt im Erdorbit. Neben der eigentlichen Raumstation werden zu dem Komplex noch ein Personentransportsystem, ein europäisches Raumschiff und mehrere Rettungsfahrzeuge gehören.“

Doch nun ... sieh an, da kommt ja gerade eine amerikanische Raumfähre, ein Space Shuttle, geflogen.

Die werden wohl jemanden bringen und andere zur Erde zurück mitnehmen. Auch Nachschub haben sie sicherlich an Bord. Ach ja, dort unten feiern die Christen der römisch katholischen Kirche und auch die Protestanten, alle Christen der ehemaligen Westkirche heute am 24.12. Weihnachten, die Geburt von Jesus Christus, ihrem Erlöser und Gottes Sohn. Erinnere mich oder ist es die Stimme in mir, die es mir zugeflüstert hat?, Weihnachtsmänner aus Schokolade von der Erde bekommen die russischen Kosmonauten geschenkt, die jetzt fotogen schöne rote Mützen tragen, auch wenn die orthodoxe Kirche erst Anfang Januar Weihnachten feiert und unter ihnen auch Atheisten sein mögen. Doch was spielt das hier oben schon für eine Rolle!.

Da ich nun so vieles weiß, schenke ich es mir, bei den Kosmonauten, Astronauten oder wie auch immer sie sich nennen mögen - Taikonauten soll es ja auch noch geben - Namen, nichts als Schall und Rauch, in der ISS zu erscheinen.

Dann frage ich mich aus welchen Gründen auch immer noch, ob die ISS wirklich jemals vollendet sein wird.

Ja, ich nehme es an, wenn auch wohl Jahre später als geplant. Auch menschliche Weltraumkolonien auf dem Mond, dem Mars und andernorts gibt es ja noch nicht, obwohl sie nach früheren Vorstellungen längst existieren sollten. Muss wohl an den Kriegen liegen, die irre Führer großer Nationen dort unten noch immer gegen kleine Länder und Guerillas führen.

„Ja“, meint die Stimme in mir, „das freut die Rüstungsindustrie, führt zum Staatsbankerott und der Weltraumforschung fehlen die Mittel.“

Werden andere Weltraumstationen anderer Staaten, Konzerne oder gar der UNO dieser derzeit einzigen folgen?

Wie viele und wann?

Werden sie und die anderen eines Tages Stationen im Orbit einer geeinten multikulturellen Erde ohne Nationalstaaten sein?

Oder werden die Kriege und Rivalitäten heutiger Staaten dann durch die der multinationalen Konzerne ersetzt, wie wir es aus Science Fiction-Romanen und -Filmen kennen?

Ich lasse die ISS hinter mir, spiele nicht Geist für die Menschen, die dort für kurze Zeit mit all ihren zum Überleben ihrer Körper nötigen Maschinen wohnen, auf dass sie sich nicht noch zu Tode erschrecken.

Sie leben.

Ich aber ...

Der Gedankenstrom verebbt.

Stille kehrt ein.

Ein Abschied von den Menschen.

Ein Abschied von der Erde, die mich gebar, auf der ich lebte und - starb.

Dort unten sind meine sterblichen Körperreste zerfallen und begraben.

Dort unten bin ich in den Kreislauf der Stoffe eingegangen.

Dort unten bin ich tot.

Hier oben habe ich mich nun von der Erde verabschiedet. Hier beginnt meine Reise zu den Sternen: durchs Sonnensystem, unsere Galaxis und den „leeren“ Raum hin zu fernen Welteninseln. Weiter und immer weiter durch so viele Universen in diesem Multiversum und ..., denkt träumend meine Seele, die alles ist, was blieb, mit der ich mir als ehemaliger Menschenmagier Körper bilden kann, so viele und wann immer ich will.

Eine unsichtbare Träne weine ich aus materielosem Auge, denn wo kein Körper ist, sind weder Wasser noch Salz.

Dann springe ich lachend davon, dem hellen runden Licht entgegen, das dort nicht allzu weit entfernt seit Jahrmilliarden Jahren leuchtet.

Mondin

Du schaust empor

Schwärze - dunkle Linien siehst du

im gelben Licht der leuchtenden Scheibe.

Die Mondin schreit in deinen Augen.

Du schaust empor - noch immer gebannt.

Ewig wirst du hier stehen - ewig und starr,

während die Wölfe sich sammeln.

Geschah es nicht einst einmal? Sah ich nicht immer wieder in all den Nächten staunend mit offenem Mund und weinender Seele zu ihr hinauf? Waren da wirklich Wölfe, die sie dort oben anheulten?

Achtzig Jahre lebte ich unten auf Erden und wandelte bei Nacht unter ihrem Licht dahin. Jetzt nach meinem Tod gibt es nur noch den einen Gedanken: endlich hin zu ihr.

Kaum gedacht ist’s schon geschehen. Ich bin dort, umkreise sie - noch schüchtern und zaghaft in gewisser Distanz. Jetzt bin ich ein Satellit, ihr nah wie nie zuvor. Schaue mir zunächst von oben die Krater an. Das hat schon was, so ganz allein hier zu sein.

Dann lande ich auf der Mondin bei den ersten Menschendingen.

„Mare tranquilitas - Meer der Ruhe“, flüstert die Stimme in mir.

Doch nicht nur hier ist’s auf der Mondin still, der eine Atmosphäre fehlt.

Aha, das also ist der erste Landeplatz, an dem ein Adler, der kein Adler war, eine Landefähre namens Eagle niederging. Erinnern: 21.07.69. Neil Armstrong war der erste Mensch hier oben - von dem wir wissen. Vielleicht brachten Aliens vor Zeiten andere Menschen her. Mag auch sein, dass es einst uralte irdische Kulturen gab, die noch zu entdecken sind, die die Raumfahrt beherrschten und uns vorausgingen - in Ruhm und Untergang. Auch Amerika wurde nicht von Kolumbus entdeckt. Wie auch immer, was auch immer einst geschehen sein mag, Armstrong blieb zwölf Stunden, sammelte Gestein, stellte einen Seismografen zur Bebenmessung auf und einen Laserreflektor, mit dem der genaue Abstand Erde - Mondin gemessen wurde. Ja, ja, pro Jahr entfernt sie sich um drei Zentimeter von der Erde. Das wissen wir nun. 1972 waren die letzten Menschen hier. Wann aber werden die Siedler kommen?

Ach ja, die werden ein paar Dinge zu lösen haben: Keine Luft, viel Strahlung, und dann ist da noch der Muskelschwund, ein großes Problem für an die irdische Schwerkraft angepasste Körper - für Lebende, aber nicht für Tote, für lebende Seelen wie mich.

Also schaue ich mich in Ruhe mit meinen neu geschaffenen, mit dunkler Nickhautblende überwölbten Menschenaugen um. Als Toter habe ich ja Muße, „unendlich“ viel Zeit. Kein ER ist hinter mir mehr her. Das hat doch was!

Und was haben wir denn da? Müll oder wertvolle Antiquität?, das ist hier die Frage. Nun ja, auf jeden Fall kein Souvenir für mich. Da ist zunächst einmal eine Flagge, die im Erdenwind wehen soll. Wie niedlich! Und wie die aussieht: ein lustiges Fähnchen mit Streifen und Sternchen drauf, kitschig blaurotbunt, die wohl irgendwas irgendwo auf Erden bedeuten mag. Ach ja, Seismometer und Laserreflektor sind auch noch da. Und da ist ja das Landegestell, das die erste Mondfähre hier bei ihrem Rückstart zur im Orbit kreisenden Kapsel zurücklassen musste. Wieder eine Menge Müll, der eigentlich hier nicht hingehört, könnten zukünftige Umweltschützer sagen.

Andererseits war ja der erste Schritt auf einen anderen Himmelskörper ein Meilenstein für die Menschheit. Ich sehe die Zwölf vor mit, mit ihren Körpern in dicken Schutzanzügen. Ja, zwölf Lebende gingen mir voraus - der Seele eines Toten. Millionen Menschen werden folgen. Stille und Reglosigkeit waren ihre ersten Eindrücke - und die totale Schwärze jenseits der hellen Wüstenoberfläche. Die Gesteinsbrocken, die sie einsammelten und hinunter zur Erde brachten, waren 4,5 Milliarden Jahre alt und identisch mit denen der Erde. Und so entstand ein neues Bild unserer fernsten Vergangenheit. Hier landeten die ersten Menschen. Also werden hier ein Denkmal, ein Museum und Souvenirshops entstehen. Scharen von Touristen werden mit Shuttles hierhergekarrt werden und staunend alles betrachten, zumindest die, die Körper tragen und sich noch fortbewegen. Ich höre den Androiden, der die Touris führt, sprechen: „Meine Damen, meine Herren, liebe Kinder. Stellt euch vor, drei Tage dauerte damals die Reise der ersten Menschen hierher. Apollo hieß das Programm nach dem lateinischen Namen für den griechischen Gott Apollon, der aus Kleinasien stammte, als Kind den Python tötete und die Delfine so liebte wie wir alle. Ganze zwölf Menschen schafften es Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, mit viel Aufwand ihre Körper hierher zu bringen. Ich nenne Ihnen die unvergesslichen Namen, die Sie vermutlich längst schon kennen, in der Reihenfolge, in der sie die Mondin betraten: Neil A. Armstrong, Edwin E. „Buzz“ Aldrin, Charles P. Conrad, Alan L. Bean, Alan B. Shepard, Edgar D. Mitchell, David R. Scott, James Irwin, John W. Young, Charles Duke, Eu­gene A. Cernan und Harrison H. Schmitt. Und was fällt Ihnen bei all diesen Namen auf? Richtig. Sie klingen alle englisch. Es waren Amerikaner, Nordamerikaner, Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika, kurz USA. Ja, und alle waren Männer. Doch diese Zeiten sind ja bekanntlich vorbei. Es gibt keine Staaten mehr. Hier und auf Erden sind Männer längst in der Minderheit, angesichts all der Frauen, Kinder, Hunde und Androiden. Selbst Insekten und Spinnen leben nun hier in den Kolonien.“

„Und Katzen!!!“, schnurrt es empört und gewaltig von oben und unten und außen und innen zugleich. Das Universum erzittert.

Das weckt mich aus meinen Träumen. Bin wieder ganz im Jetzt und Hier. Alles ist öde und leer bis auf die Relikte der ersten Landung. All diese größeren Dinge und ... Da war doch noch was. Las ich nicht einst von einem goldenen Lorbeerblatt als Friedenszeichen, das hier zurückgelassen wurde? Was hatte denn das für einen Sinn auf einer öden Welt?

Ich schwebe davon, suche mir unberührte Natur und lege mich mit meinem transparenten Körper hin, fließe in den Sand, verschließe alle Sinne, stelle alles Denken ein.

Und die bekannte Stimme in mir singt mir träumend ganz außer sich zu: „Mondin, Schwester der Erde, kleiner Teil, der um den großen kreist, der unser aller Mutter ist. Durch dich, Manfred, bin ich ihr nun so nah wie nie zuvor, ihr, die ich einst auf Erden in den Nächten nur winzig klein am Himmel sah. Jetzt endlich liege ich in ihrem Schoß.“

Und dieses Lied lässt mich Mondin werden. Ich stehe auf und schaffe mir einen festen Mondinkörper.

Und das geht nicht, indem Manfreds Seele sich einfach so in Materie umwandelt, denn aus dem bisschen Seelenenergie lässt sich nicht viel Form, Gestalt, Körper bilden. Wie wir alle wissen, ist es ja gerade umgekehrt, dass im winzigsten Atom Unmengen von Energie stecken (E=mc²). Der Trick ist der: Manfred sammelt aus der Umgebung Materie, saugt sie ein, saugt sie auf, formt daraus einen neuen Körper und haucht ihm eine, seine Seele ein. Also ist er Schöpfer und Kreatur zugleich, schafft sich selbst nach seinem Ebenbild.

Zu einem Riesen von sechsfacher Menschengröße bin ich nun geworden. Zwerge wären menschliche Astro-, Kosmo-, Taikonauten und wie auch immer sie sich nennen mögen, wären sie jetzt hier bei mir. Ich schaue in den klaren Sternenhimmel empor und sähe mit Menschenmondinaugen keinen einzigen Stern, sondern nur Schwärze über weißer Landschaft - kein Himmelsblau wie auf Erden, denn hier gibt es fast keine Atmosphäre, keine Farben außer der einen in der Landschaft, denn hier fehlen Meere und Seen, Pflanzen und Tiere. Weiß und Schwarz sehe ich. Doch ich sehe mehr als Schwarz dort oben, denn meine Seele ist in keinem Menschenkörper mehr gefangen. Also sehe ich die Sternenmeere, die noch so fern und schon bald mir so nah sein werden. Staunend schaue ich auf. Lange verharre ich so in Schweigen.

Abrupt werde ich aus meinen Träumen gerissen. Die Mondin bebt.

So baut sie all ihre Spannungen ab, denke ich, ja, so ist es, so und nicht anders. Ich stehe auf, drehe mich um und sehe - die Erde nun zum ersten Mal in meinem Leben über der Mondin stehen. Viel größer als die Volle Mondin von Erden aus, ja, und doch so fern und klein scheint sie mir nun zu sein, blau mit Weiß, wolkenbedeckt sehe ich nur die obere Hälfte von ihr.

„Neuerde“, wispert es in meiner Seele, die hier niemals auf- noch untergeht. Und doch gibt es hier eine Vierzehntagenacht, und doch gibt es hier auf der Vorderseite der Mondin eine totale Sonnenfinsternis, wenn der Sonn hinter der schwarzen Erde verschwindet“

Mutter Erde, Heimat, denke ich, werde ich dich jemals wieder­sehen?

Und die Stimme in mir flüstert ergriffen nur den einen Satz: „wir ... menschen der erde lautete der Name meines ersten Buches.“

Das sagt mir gar nichts, müssen wohl Seine Erinnerungen sein, die von Ihm Dort Oben, meine jedenfalls sind es nicht.

Erde war. Sie und alles, was dort geschah, sind Vergangenheit für mich. Mondin ist die einzige und wahre Realität ringsum, die zählt. Und doch ist alles mit allem verbunden.

Ich steige von der Oberfläche auf, schaue weit über der Mondin schwebend hinab und sehe in mir rasend schnell - geraffte Zeit -, was einst geschah, sehe den marsgroßen Himmelskörper mit der Erde kollidieren, schaue die aus der Erdkruste und dem Mantel des Meteoriten in die Erdumlaufbahn geschleuderte Materie, sehe sie sich zusammenballen und die Mondin aus sich formen. Sie schmilzt, ein Ozean aus Magma bedeckt ihre Oberfläche. Er kühlt sich ab, die leichten Minerale bleiben oben und bilden die Oberfläche, die schweren sinken nach unten. Dann folgen Einschläge durch die Kruste, Krater bilden sich, Lava quillt empor, Maria entstehen. Menschen stellten sie sich einst als Meere vor, die dunklen Tiefebenen, die aus über drei Milliarden Jahre alten Basalten bestehen. Terrae heißen noch heute die Hochländer, die einst als Kontinente inmitten der Mondmeere galten. Sie sind mehr als vier Milliarden Jahre alt. Trockener, aschgrauer Mondinstaub, dieser besondere Sand aus zersplittertem Gestein und Kügelchen aus Glas mit Namen Regolith, bedeckt nun die gesamte Oberfläche, die großen Magmaebenen, Gräben, Rillen und Kettengebirge. Ich schaue zurück und sehe die Mondin sich abkühlen und schrumpfen und Faltengebirge sich bis in 10 Kilometer Höhe aufwölben. Mondrillen durchziehen die Oberfläche, gerade, gebogen und in Mäandern. Lava sehe ich in ihnen unter längst eingestürzten Decken fließen. Überall aber trägt die Mondin wie Pocken in allen Größen Krater auf ihrem Körper. Dann sehe ich einen winzigen Augenblick lang Astronauten mit Schutzanzügen, ihre Atemluft in sich tragen. Denn niemals entstand hier eine so dichte Atmosphäre wie auf Erden. Teilchen des Sonnenwindes umgeben mich. Kosmische Strahlung, die bis einen Meter Tiefe unter die Oberfläche reicht, durchdringt meinen Seelenkörper. Helium 3, fällt mir ein, wäre der Stoff für die Kernfusion der Zukunft, wenn es die denn gibt. Trocken ist die Mondin seit Beginn, auch wenn da Wassereisreste aus Kometen in Kratern an den Polen lagern, die niemals vom Sonn beschienen werden.

Ich schwebe wieder hinab. Seltsame Gedanken steigen zugleich in mir auf. So ist also alles, hier und da und überall, ein ständiges Auf und Ab, und gestern und morgen im Heute vermischt. Sah ich nicht einst auf Erden einen Regenbogen bei Nacht, aus Mondinlicht und Regentropfen gemacht? Betrachtete ich damals nicht auch im eisigen Winterdunkel den grüngelben Hof der Mondin? So war es doch!? Oder war es ganz anders? Ich weiß es nicht mehr. Sind es meine Erinnerungen oder die Seinen?

Was auch immer auf Erden geschehen sein mag oder auch nicht, eine im wahrsten Sinne des Wortes naheliegende Frage lautet doch: Werden hier oben auf der Mondin Städte entstehen?

Ich denke, ja. Und nicht nur auf der erdzugewandten Seite, sondern über die ganze Oberfläche und unter der Oberfläche verteilt, also auch dort, wo ich jetzt träumend im Sonnenlicht badend liege: auf der „dunklen Seite“, die der Erde niemals zugewandt ist.

Irgendwann erhebe ich mich wieder, steige auf, schwebe über der Rückseite dahin und nehme mit Menschen- und Nichtmenschensinnen alles dort unten wahr und in mich auf: Unmengen von Kratern, Hochländern und auch das gewaltige Aitken-Südpolbecken, kilometertief, gigantisch in seinen Dimensionen.

Was schlug hier wann wohl ein?

Dort liegt der große Krater namens Bailey mit einem Durchmesser von 295 Kilometern und 4000 Meter Tiefe, der sie sicherlich nicht erwartet, die eines Tages auf ihm herumtrampeln werden: die ersten Bergsteiger und Touristen.

Und da ist noch etwas anderes. Oh ja, ich kenne es ein wenig. Es ist ein Teil von dem, das auf dem Grund des Erdenmeeres liegt. Es ist von ES und ist es doch nicht. Es schlummert und träumt von Dingen, die kein Mensch, weder Geist noch Seele, jemals verstehen kann. Es träumt von seiner schwarzen Heimat T-her.

Und mir wird einiges klar, was ich niemals sah und was doch geschah. Ich sehe die Bilder von damals, von den Donnerpferden der Prärie, von den großen Knochen, die die Krieger fanden und andere später Dinosaurier nannten. Ich sehe IHN dort in der Nacht mit erhobenem Schwert stehen. Ich sehe in mir, was einst fern von hier auf Erden geschah: ER hält SEIN Schwert mit Namen MO empor. Nun glüht es auf, färbt sich rot in der heraufziehenden Nacht. Rote Flammenzungen züngeln ringsum, darin, aus IHM heraus. Sonst geschieht nichts.

So bleibt es lange Zeit.

Dann schießt ein Feuerstrahl aus der Klingenspitze in die schwarzen Wolken dort oben, die nun im Rot des noch immer untergehenden Sonn brennen.

Dies geschieht. Mehr passiert nicht.

Wieder vergeht Zeit.

Der Sonn ist längst versunken. Es ist Nacht. Noch immer steht ER dort still, zur Säule erstarrt. Von tiefstem und reinstem Schwarz ist SEIN Körper, und schwarz ist MO. Schwarz ist der Himmel - sternenlos, dort, wo SEIN Körper ihn verdeckt. SEINE Augen strahlen rot - glühende Sonnen in der Nacht. Hell scheint die Volle Mondin dort über IHM. ER und MO, längst schon eins, schimmern in mildblauem Schein. Dann und wann springt ein Blitz vom Schwert zur Mondin empor. Und auch von oben zu IHM hinab?

Jetzt verstehe ich. Kommunikation. ER schickte Signale aus. Zu wem?

Hier nun, fast eins mit der Mondin geworden, weiß ich, dass sie es nicht war, mit der ER damals sprach, sondern mit jemandem auf oder tief in ihr. Mittels der Blitze aus SEINEM Schwert sprach ER einst mit SEINER Schwester hier oben auf der „dunklen“ Seite der Mondin, mit IHR, die Millionen von Jahren älter war als ER. Wie aber gelangten die Blitze auf diese erdabgewandte Seite? Gingen sie durch sie hindurch, in dem sie sich in Schall verwandelten, die Mondin erbeben ließen und die Empfängerin erreichten? Nein. Sie bildeten einen Ring aus der gewaltigen Energie, die irdische Blitze in sich tragen, einen um die Mondin rotierenden Ring, der SIE suchte und hier an dieser Stelle, wo ich nun schwebe, fand und schwarze Feuerpulse zu IHR hinunter sandte. Und schwarze Blitze schickte SIE IHM auf dem gleichen Weg zurück, die kein Mensch sah und kein Erdenwesen außer ES und SEINEN Kindern wahrnehmen konnte.

SIE ist es, die ich dort unten spüre. Nein, SIE ist nicht mehr da. Dort lag SIE und schlief und träumte. Jahrmillionen ist es her, dass SIE die Erde verließ und sich hier zur Ruhe legte. So war es bis zu der Nacht, in der sie alle, ER und SIE in ES, nach T-her heimkehrten. Das aber ist noch gar nicht lange her.

Ich denke an den Tod, denn ER und SIE, beide gingen in ES auf. Ich denke an den Tod und weine. Wie oft tat ich es, als ich noch lebte! Nun bin ich selber tot, körperlos lebe ich doch und weine noch immer. Ach ja, da ist ein Unterschied. Damals waren da noch Tränen aus Wasser und Salz, die beide Wangen meines Menschengesichts hinabliefen. Jetzt weint „nur“ meine Seele.

Ich kehre auf die erdzugewandte Seite der Mondin zurück, doch lande ich nicht mehr, bin einfach nur da, schwebe über allen Dingen, und meine Seele atmet die Stille, die nirgends auf Erden mehr ist, seit es dort eine Atmosphäre gibt.

Ach ja, fällt mir ein: Die Schwerkraft, von der wir immer reden und die es gar nicht gibt, denn es ist ja die Raumkrümmung der Massen, die die Dinge an sich zieht, diese sogenannte Schwerkraft beträgt auf der Mondin bekanntlich nur ein Sechstel so groß wie auf Erden. Ich sehe die ersten Astronauten vor mir: Einer unter ihnen schlug hier einst einen Golfball 200 Meter weit. Ein anderer entdeckte, dass die Fortbewegung durch Kängurusprünge, wie es auch Menschenkinder gerne tun, hier einfacher als Laufen ist. Also hüpften hier einst Astronauten in ihren weißen, klobigen Anzügen über den Sand. Ich fand ja ihre Spuren. Ein kleiner Schritt für einen Menschen und ein großer Sprung für die Menschheit. So soll es doch ganz spontan einer gesagt haben?

Wie auch immer, auch ich könnte ja hier ein Zeugnis für meinen Besuch hinterlassen. Einen Körper besitze ich nicht mehr, doch alles ist nur eine Sache der Konzentration, von Gelassenheit, Stille. So lasse ich Steine sich schärfen, ha, die Steinzeit hat jetzt hier begonnen. Und mit einem Faustkeil, der eigentlich gar kein Faustkeil ist, denn ich bilde keinen Körper, also auch keine Hand, und forme keine Faust, mit ihm schreibe ich in den Stein:

FÜR ALLE MENSCHEN NACH MIR

Grüße von einem Toten,

der ewig lebt in allen Dingen.

Kommt in Frieden - Werdet endlich eins – Menschen!

Manfred

Ich schwebe zurück und schaue mir meine Worte an, die gewiss auch bald auf Erden bekannt sein und heftige Spekulationen über Aliens auslösen werden.

Werden?

Werden hier irgendwann zwölf Meter große, grazile Wesen leben, deren ferne Ahnen Menschen waren, die längst Kinder der Mondin sind, deren Körper nicht mehr für die Erde taugen?

Ich schwebe davon.

Noch einmal schaue ich zurück.

Wie seltsam dreigeteilt und verzerrt sie mir nun erscheint, die ich nie mehr im Le..., im Tode betreten werde.

Ich drehe mich um und sehe einen Wirbel vor mir, der immer größer wird.

Also komme ich näher. Oder nähert er sich mir?, frage ich mich noch.

Schwärze.

Nairras Tod und Wiedergeburt

Du hältst Manfred fest umschlungen. Denn er ist die Liebe deines Lebens, die erste, einzige - und letzte. Dich gebe ich nie wieder her, denkst du so glücklich. Du könntest die ganze Welt umarmen. Ach, jetzt halten wir uns gar an den Händen wie Hänsel und Gretel im dunklen Wald. Doch da ... Er lächelt dir zu. Das letzte Bild, das du ewig von ihm in dir trägst, als etwas von unten ... Schreist du noch vor Schmerzen auf? Ist da was? Was ist da in dich eingedrungen? Da ist doch wer in dir. Du ...

Nairras Körper fällt, denn SEIN Schwarzes Schwert mit Namen MO hat sie von unten nach oben, durch Geschlecht, Bauch, Brust, Hals und Kopf, in zwei Teile gespalten. Lautlos fallen ihre Körperhälften zu Boden. Kein Urin, kein Kot, kein Blut, denn alles verbrannte und versiegelte MO. Nairras Seele steigt auf.