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Das vorliegende Werk thematisiert einerseits die programmpolitische - als auch ökonomische - Relevanz des globalen Formathandels für die zuschauerstärksten inländischen TV-Sender, zum anderen werden Faktoren und Strategien benannt, die für eine erfolgreiche Reproduktion von Fernsehformaten ausschlaggebend sind. Die Erarbeitung von Erfolgsfaktoren und Strategien erfolgt mithilfe einer genauen Betrachtung des globalen Fernsehformathandels (u. a. Bedeutung und Gegenstand des Lizenzgeschäfts, rechtliche Rahmenbedingungen, Kulturspezifika, wichtige Akteure und ihre Merkmale, Strategien und Strukturen), einer ausführlichen Programmanalyse der reichweitenstärksten einheimischen TV-Sender sowie eines konkreten Fallbeispiels - dem Formatimport "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!". Anhand der durchgeführten qualitativen Inhaltsanalyse des "Dschungelcamps" (britisches Original vs. deutsche Adaption) steht am Ende ein begründeter Kriterien- und Maßnahmenkatalog, den Fernsehsender bei der erfolgreichen Reproduktion von internationalen Formaten beachten sollten.
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Seitenzahl: 304
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Timmy Ehegötz
Internationaler Lizenzhandel mit Fernsehformaten
Die programmpolitische Relevanz des TV-Formathandels für deutsche Fernsehsender – analysiert an dem Formatimport „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“
© 2015 Timmy Ehegötz
Autor und Herausgeber: Timmy Ehegötz Cover/Illustration: Timmy Ehegötz. Dabei stammen die in den „Screens“ verwendeten Bilder der verschiedenen TV-Formate von den offiziellen Webseiten der jeweiligen Fernsehsender (Das Erste, ZDF, SAT.1, RTL und ProSieben).
Verlag: tredition GmbH, Hamburg 978-3-7323-2627-3 (Paperback) 978-3-7323-2628-0 (Hardcover) 978-3-7323-2629-7 (e-Book)
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsbestimmung
2.1 Fernsehen
2.2 Zielgruppe
2.3 Strategien und Erfolgsfaktoren
2.4 Intra- und intermedialer Wettbewerb sowie Marktposition
2.5 Rechte- und Lizenzhandel
2.6 (Fernseh-)Format und (Fernseh-) Formathandel
3. Fernsehmarkt in Deutschland
3.1 Überblick zur aktuellen Situation des Fernsehmarktes
3.2 (Werberelevante) Kernzielgruppen ausgewählter TV-Sender
3.3 Gegenwärtige Markttendenzen
3.4 Zusammenfassung
4. Internationaler Fernsehformathandel
4.1 Methoden der Programmbeschaffung
4.2 Bedeutung des TV-Formathandels
4.3 Entwicklung des internationalen Fernsehformathandels
4.4 Gegenstand des Handels
4.5 Die wichtigsten Akteure und ihre Merkmale
4.6 Strategien und Strukturen
4.7 Kulturspezifik
4.8 Rechtliche Rahmenbedingungen
4.9 Zusammenfassung
5. Programmanalyse ausgewählter deutscher Fernsehsender
5.1 Sparten und Internationalität im Programm ausgewählter deutscher Fernsehsender
5.2 Programmanalyse von Formaten im deutschen Fernsehen
5.3 Zusammenfassung
6. Fernsehformathandel am Beispiel des Imports „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“
6.1 Britisches Original
6.2 Deutsche Adaption
6.3 Unterschiede und Gemeinsamkeiten zw. dem britischen Original und der dt. Adaption
6.4 Zusammenfassung
7. Erfolgsfaktoren für eine Formatadaption
7.1 Entwicklung eines Katalogs von Erfolgsfaktoren für die Adaption von Fernsehformaten
7.2 Zusammenfassung
8. Fazit
8.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
8.2 Ausblick/Empfehlungen
Literatur- und Internetquellenverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Trotz der Internet- und multimedialen Endgeräte-Entwicklungen (z. B. Smartphone, Tablet) ist das Fernsehen immer noch das reichweitenstärkste Medium der Deutschen, wobei es je nach Altersgruppe große Unterschiede in der Nutzungsart gibt (vgl. die medienanstalten 2013a: 48f.). Während sich jüngere Mitmenschen, oft auch als „Digital Natives“ bezeichnet, zunehmend vom linearen Fernsehen abwenden, nutzen die Eltern der Nachkriegsgeneration und dessen Kinder, die in den 1960er Jahren das Fernsehen als Leitmedium betrachteten, deutlich häufiger das TV-Gerät (vgl. ebd.). Die durchschnittliche tägliche Fernsehdauer der Zuschauer ab drei Jahren betrug im Jahr 2013, nach Angaben der AGF in Zusammenarbeit mit der GfK Fernsehforschung, 221 Minuten (vgl. die medienanstalten 2014a: 56). Hierbei erreicht das Medium an einem durchschnittlichen Wochentag rund 70 % der Gesamtbevölkerung (vgl. HMR International 2014: 10).
Unter den Werbeträgern ist das Fernsehen mit Brutto-TV-Werbeumsätzen in Höhe von 12,0 Mrd. Euro (Stand: 2013) ebenfalls die Nummer eins (vgl. die mediananstalten 2014a: 66). Fernsehwerbung steht hierbei für 45 %1 der gesamten Brutto-Werbeinvestitionen in Deutschland (vgl. ebd.). Insgesamt wurden 2013 (ohne „sonstige Einnahmen“) 10,758 Mrd. Euro an TV-Erlösen erzielt. Diese setzen sich aus Netto-TV-Werbeerlösen in Höhe von 4,125 Mrd. Euro, Rundfunkbeiträgen von 4,722 Mrd. Euro sowie Pay-TV2-Umsätzen von 1,911 Mrd. Euro zusammen (vgl. ebd.: 68). Zusätzlich wurden durch „sonstige Einnahmen“3 (Stand: 2012)4 weitere 1,558 Mrd. Euro erwirtschaftet (vgl. die medienanstalten 2013b: 58). Die Produktionsunternehmen im Bereich „TV-Produktion“ generierten (Stand: 2011) zusätzliche 1,82 Mrd. EUR5 an Umsätzen (vgl. Goldhammer/Castendyk 2013: 4).
Deutschland ist – gemessen an seinen Erlösen und der Anzahl der TV-Haushalte (38 Mio. im Jahr 2012) – der größte Fernsehmarkt Europas (vgl. HMR International 2014: 6).6 „Nach den USA zählt er zu den erlösträchtigsten TV-Märkten der Welt. Rund 22 Prozent aller Einnahmen der europäischen und fast fünf Prozent aller Einnahmen der weltweiten TV-Industrie werden in Deutschland erzielt.“ (ebd.: 10) Außerdem wird der einheimische Markt laut einer Studie von „Digital TV Research“ im Jahr 2014 (nach Umsatz) der zweitgrößte Pay-TV-Markt Europas sein (vgl. Schulze 2014). Hierbei ist die Sky Deutschland AG mit 72,5 % des gesamten Bezahlfernsehumsatzes (Stand: 2012) unangefochtener Marktführer (vgl. HMR International 2014: 6).
Bei deutschen Fernsehsendern (ohne bundesweite Teleshopping-Kanäle) sind insgesamt etwa 44.000 feste und freie Mitarbeiter beschäftigt, hinzu kommen ca. 16.000 bei TV-Produktionsunternehmen (vgl. Goldhammer/Castendyk 2013: 12). Diese gesamten wirtschaftlichen Kennzahlen verdeutlichen bereits die starke Relevanz des inländischen TV-Marktes – der eine elementare Säule der Kultur- und Kreativwirtschaft darstellt. Die einheimische Fernseh Wirtschaft besitzt, neben ihrem gesellschaftlichen Stellenwert, eine große volkswirtschaftliche Bedeutung.
Bei einer intensiven Betrachtung der TV-Sender wird deutlich, dass im Mittelpunkt eines jeden Anbieters sein Programm7 steht. 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr, müssen die Veranstalter – allen voran die Vollprogramme und fünf größten deutschen Anbieter (ZDF, Das Erste, RTL Television, SAT.1 und ProSieben) – ihre Programmplätze mit Inhalten versehen. Daraus resultieren 8.760 Stunden bzw. 525.600 Minuten notwendiges Sendematerial für jeden Kanal – jedes Jahr und immer wieder aufs Neue.8 „Das Programm ist der Ausweis, das Aushängeschild, das Erzeugnis, es ist das Produkt eines Fernsehsenders.“ (Eick 2007: 25) Kurzum: Der Content definiert einen Sender. Hierbei sind es Formate, die uns im alltäglichen Fernsehkonsum besonders häufig begegnen.
Insgesamt ist die Programmausrichtung der großen deutschen TV-Anbieter recht unterschiedlich. Dies liegt unter anderem an der finanziellen Ausstattung des jeweiligen Senders begründet. Während die öffentlich-rechtlichen Programme überwiegend beitragsfinanziert sind und damit eine starke Sicherheit aufweisen, sind die privaten Anbieter vor allem von (unsicheren) Werbeerlösen abhängig. Sender(-gruppen) wie RTL oder ProSieben richten ihre Inhalte daher hauptsächlich auf massenattraktive Unterhaltung aus, denn für diese Anbieter sind die Einschaltquoten die entscheidende Währung. Während sich die ARD und das ZDF laut § 11 RStV vor allem an ihrem staatlichen Grundversorgungsauftrag (Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung) orientieren (vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland 2012: 11), der summa summarum eine größere Vielfalt im Programm ermöglicht.
Die monetären Gegebenheiten sind entscheidend, denn sie bestimmen die Möglichkeiten von Programmeinkauf und Eigen-, Ko- oder Auftragsproduktionen. Hierbei spielt in der Programmpolitik der TV-Anbieter der Fernsehformathandel eine besondere Rolle. Denn dieser ermöglicht es Inhalte für die Ausstrahlung zu generieren bzw. beim Verkauf von Formaten zusätzliche Erlöse zu erzielen.
Das vorliegende Werk – eine ehemalige Masterarbeit, deren Abgabe am 30.09.2014 an der HTWK Leipzig erfolgte – mit dem Titel „Internationaler Lizenzhandel mit Fernsehformaten“ wird die Relevanz des globalen Formathandels für die größten inländischen TV-Sender ausführlich aufzeigen. Hierbei liegt der hauptsächliche Zweck dieser Ausarbeitung darin, Faktoren und Strategien zu identifizieren, die für ein erfolgreiches Remake von TV-Formaten ausschlaggebend sind. Die forschungsleitende Fragestellung lautet: „Welche Erfolgsfaktoren und Strategien sind bei der Adaption internationaler TV-Formate entscheidend, damit deutsche Fernsehsender im intra- und intermedialen Wettbewerb ihre Marktposition sichern und neue Zielgruppen erschließen können?“
Zunächst werden in Kapitel 2 die wichtigsten Begriffe (Fernsehen, Zielgruppe, Erfolgsfaktoren und Strategien, intra- und intermedialer Wettbewerb sowie Marktposition, Rechte- und Lizenzhandel und Format/Formathandel) definiert. Der anschließende dritte Abschnitt skizziert die aktuelle Situation des deutschen Fernsehmarktes überblicksartig. Dabei wird deutlich, dass das einheimische Angebot aus einer Vielzahl an Programmen besteht und durch immer mehr Spartensender zunehmend kleinteiliger wird. Zusätzlich werden (werberelevante) Kernzielgruppen von ausgewählten Sendern vorgestellt und gegenwärtige Markttendenzen (u. a. der stetig ansteigende Wettbewerbsdruck, der nicht nur intramedial, sondern auch immer häufiger intermedial stattfindet, die zunehmende Zielgruppenfragmentierung sowie die Konsumentenüberforderung durch steigende Programm- und Sendervielfalt) aufgezeigt. Das vierte Kapitel thematisiert den internationalen Fernsehformathandel und konzentriert sich dabei unter anderem auf dessen Bedeutung, seiner Entwicklung und dem Gegenstand des Handels (Lizenzvertrag und dessen Inhalte), seiner wichtigsten Akteure und Merkmale, Strategien und Strukturen, den kulturspezifischen Aspekten sowie den rechtlichen Rahmenbedingungen. Der darauffolgende Abschnitt 5 beschäftigt sich mit einer Programmanalyse von ausgewählten deutschen TV-Anbietern und fokussiert sich auf Sparten und die Internationalität im Programm (sowie Programmprofile/-schwerpunkte) und einer bereits existierenden Analyse von Formaten im deutschen Fernsehen der Autorin Andrea Esser. Einen besonderen Schwerpunkt bilden anschließend das sechste und siebte Kapitel. Abschnitt 6 verdeutlicht den Formathandel an dem Importbeispiel „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ (im Folgenden des Öfteren auch als „Dschungelcamp“ bezeichnet). Hierbei wird das britische Original mit der deutschen Adaption verglichen und dessen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zusammengetragen. Kapitel 7 konzentriert sich anschließend – vor allem aufgrund der Ergebnisse der vorangegangenen Fallanalyse – auf die Entwicklung und Zusammentragung eines Erfolgsfaktorenkatalogs für die Adaption von Fernsehformaten. Abgerundet wird die Arbeit in Kapitel 8 mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse sowie einem Ausblick und Empfehlungen.9
1 Für mich als Autor erschließt sich die Angabe von 45 % durch die Medienanstalten allerdings nicht. Beim Vergleich mit dem für das Jahr 2013 von der ZAW angegebenen Gesamt-Bruttowerbeinvestitionen von 25,03 Mrd. Euro (vgl. ZAW.online 2014) mit den durch TV-Werbung (Brutto) generierten 12,0 Mrd. Euro (vgl. die mediananstalten 2014a: 66) müsste die Quote 47,9 % betragen.
2 Als Pay-TV (Pay Television) wird das sogenannte Bezahlfernsehen bezeichnet. Dies bedeutet, dass die von den Zuschauern konsumierten Sendungen nicht durch Werbung oder Rundfunkbeiträge finanziert werden, sondern durch zusätzliche (und direkte) Zahlungen der Rezipienten (vgl. Monaco 2000: 127).
3 Was allerdings genau unter „sonstige Einnahmen“ zu verstehen ist, wurde vom Herausgeber nicht angegeben (vgl. die medienanstalten 2013b: 58).
4 Für das Jahr 2013 wurden keine „sonstigen Einnahmen“ extra ausgewiesen. Deshalb wurde an dieser Stelle auf die Angabe aus der Vorgängerpublikation (für das Jahr 2012) zurückgegriffen (vgl. die medienanstalten 2013b: 58).
5 In der Produzentenstudie gibt es keine näheren Angaben zu Brutto oder Netto. Es ist aber wahrscheinlich dass sich die 1,82 Mrd. Euro auf die Brutto-Umsätze beziehen.
6 Wobei der „Eighth Annual International Communications Market Report“ der britischen Medienaufsicht OFCOM Deutschland für das Jahr 2012 hinter Großbritannien auf Platz zwei in Europa führt (vgl. VPRT 2013). In diesem Report weicht die OFCOM jedoch erstmals selbst von ihren früheren ermittelten und publizierten Werten ab.
7 Unter Programm wird „die planvolle und zeitlich geordnete Folge von Darbietungen eines Veranstalters [verstanden], die über eine im voraus bestimmte Frequenz oder über einen im voraus bestimmten Kanal verbreitet werden“ (Heinrich 1994: 115).
8 Wobei hierunter die Bruttosendezeit (inkl. Werbung und Ähnlichem) zu verstehen ist. Die Nettosendezeiten (ohne Werbung, Sponsoring, Teleshopping, Promotion und Sonstiges) der acht größten TV-Anbieter (ZDF, Das Erste, RTL, SAT.1, ProSieben, VOX, RTL II und kabel eins) lagen im Jahr 2012 bei insgesamt 59.000 Stunden (vgl. HMR International 2014: 7). Zum Vergleich: Sky sendete im selben Zeitraum, mit seinen über 70 Sendern, ca. 460.000 Programmstunden (vgl. ebd.).
9Hinweis für die gesamte Arbeit: Auf geschlechtsneutrale Formulierungen wird aus Gründen der Leserlichkeit in aller Regel verzichtet. Es sind in der gesamten Ausarbeitung stets beiderlei Geschlechter gemeint.
2. Begriffsbestimmung
In diesem Abschnitt werden im Folgenden die zentralen Begriffe dieser Ausarbeitung definiert. Es handelt sich dabei um die Bezeichnungen „Fernsehen“, „Zielgruppe“, „Strategien und Erfolgsfaktoren“, „Intra- und intermedialer Wettbewerb sowie Marktposition“, „Rechte- und Lizenzhandel“ wie auch „(Fernseh-)Format und (Fernseh-)Formathandel“.
2.1 Fernsehen
Das Fernsehen gehört nach Harry Pross zu den tertiären Medien. Das bedeutet, dass sowohl Sender (für die Herstellung/Übertragung), als auch Empfänger (für den Konsum/Empfang) ein technisches Gerät benötigen (vgl. Pross 1972: 128f.; 224). Hierbei findet der heutige Fernsehkonsum in Deutschland vor allem durch die digitalen Übertragungswege Kabel (DVB-C), Satellit (DVB-S), Terrestrik (DVB-T) oder via Internet (IPTV) statt (vgl. KEK online 2012). Zum Jahresende 2013 betrug die Digitalisierungsquote 81,7 % (vgl. die medienanstalten 2014a: 22). Das TV ist darüber hinaus ein audiovisueller Teil des Rundfunks10 (Oberbegriff für Hörfunk und Fernsehen), dient der gesellschaftlichen Kommunikation und befriedigt die vielfältigsten Bedürfnisse (vgl. Wirtz 2011: 176). Nach Denis McQuail (vgl. 1983: 82f.; 1994: 73) existieren vier Motive für die Medien- und damit auch TV-Nutzung: 1. das Informationsbedürfnis, 2. das Unterhaltungsbedürfnis, 3. das Bedürfnis nach Identität sowie 4. das Bedürfnis nach Integration und sozialer Interaktion.
Das Fernsehen – als Teil der Massenmedien11 – vermittelt seine Inhalte „öffentlich durch technische Verbreitungsmittel indirekt und einseitig an ein disperses Publikum“ (Maletzke 1963: 32). Es ist somit keine personell definierte Rezipientenschaft existent – und diese wird auch nicht begrenzt. Unter indirekt versteht der Autor die räumliche und/oder zeitliche Distanz zwischen den Kommunikationspartnern. Wobei das (heterogene) Publikum räumlich weit verstreut ist und damit kein Anwesenheitspublikum darstellt (vgl. ebd.).
Als Fernsehstandard der elektronischen Farbübertragung galt „in Westeuropa (außer Frankreich)“ (Monaco 2000: 63) – für das existierende analoge Fernsehen – lange Zeit das PAL-System (vgl. ebd.; Schmidt 2009: 12). Bei der Zeilen- und Bildfrequenz existieren zahlreiche Ausprägungen und somit sehr unterschiedliche Normen. In Deutschland arbeitet PAL in der Regel mit einem Videoformat von 625 Zeilen pro Bild (Brutto) sowie einer Bildübertragungsrate von 25 Bildern pro Sekunde, die allerdings nur halbbildweise übertragen werden (vgl. Monaco 2000: 63; 79; Schmidt 2009: 35; 51f.). Seit der Einführung des digitalen Fernsehens (DVB), auf den unterschiedlichsten Verbreitungswegen, etablierte sich HDTV – eine Sammelbegriffsbezeichnung für den heutigen TV-Standard, der wiederum verschiedene Fernsehnormen bezeichnet. Bei High Definition Television wird eine höhere Bildqualität, bspw. durch 1125 Zeilen brutto pro Bild und einer Bildformaterweiterung von 4:3 auf 16:912, erreicht (vgl. Monaco 2000: 79). HDTV gibt es dabei in zahlreichen digitalen Varianten: „Es sind unterschiedlich viele Zeilen bei der horizontalen Auflösung möglich, Scanning kann entweder <<progressiv>> oder <<interlaced>> sein.“ (ebd.: 79; Herv. im Original)
Das hochauflösende Fernsehen setzte sich vor allem deswegen durch, weil es bspw. eine Auflösung von 1280 x 720 (720p/50 bzw. 720p/60)13 bzw. 1920 x 1080 (1080p/50 bzw. 1080p/60)14 Pixeln ermöglicht – während der gängige PAL-Auflösungsstandard meist maximal 720 x 576 Bildpunkte15 (SDTV) besaß (vgl. Schmidt 2009: 35f.; 103). Durch HDTV ist die Bildqualität deutlich detailreicher und schärfer, die Farben „satter“ und dank Dolby Digital erreicht der Ton Kinoqualität. Grundvoraussetzung für den Empfang ist ein HD-fähiger Monitor sowie ein HD-Receiver (wenn dieser nicht bereits im TV-Gerät integriert ist).16
In der Vergangenheit war das Fernsehen, klassisch betrachtet, in erster Linie linear. Jedoch nimmt bereits seit Jahren, z. B. durch Web-TV-Angebote wie Mediatheken (die bspw. auch durch immer mehr HbbTV-Portale zur Verfügung stehen), auch der nicht-lineare Fernsehkonsum stetig zu.
Zusammenfassend lautet eine aktuelle Begriffsdefinition für Fernsehen nach Wirtz (2011: 176): „Audiovisueller Teil des → Rundfunks; → Massenmedium zur Vermittlung von Information und Unterhaltung […] mit Ton und bewegten Bildern an ein breites Publikum über weite Strecken.“
2.2 Zielgruppe
„Um eine Strategie im Rahmen der Kommunikationspolitik möglichst prägnant zu gestalten und diese gezielt ausrichten zu können, bedarf es eines Segmentbezuges. Es sollten also Zielgruppen gebildet werden, die ‚homogener‘ auf entsprechende kommunikationspolitische Maßnahmen reagieren als der Gesamtmarkt.“ (Olbrich 2009: 178; Herv. im Original)
Bei einer Zielgruppe handelt es sich demnach um Personengruppen (Adressaten, Marktteilnehmer) mit identischen oder vergleichbaren Merkmalen, die mithilfe von Marketingaktivitäten explizit auf ein Produkt bzw. eine Leistung angesprochen werden (sollen). Der Hintergrund dabei ist, dass Zielgruppen mit ähnlichen Merkmalen in der Regel einheitlicher reagieren als die Gesamtheit/Gesamtbevölkerung. Die spezifische Einteilung von Personengruppen ist deshalb so bedeutsam, weil es notwendig ist eine Vorstellung davon zu besitzen was die Marktteilnehmer gerne konsumieren. Dabei ist es dem Sender selbst überlassen, welche Art von Anspruchsgruppen er definiert und nach welchen Merkmalen er diese auswählt (vgl. Olbrich 2009: 178). Einige Beispiele für mögliche Merkmale von Adressaten im Konsumgütermarkt sind (vgl. Böcker/Schneider 2013: 20):
• Demografische Merkmale wie Alter, Nationalität, Familienstand oder Geschlecht
• Sozioökonomische Merkmale wie Bildungsstand, Beruf, Einkommensverhältnisse oder Kaufkraft
• Geografische Merkmale wie Region, Wohnort bzw. Wohngebiet(-bezirk) oder Klima
• Psychografische Merkmale wie Persönlichkeit, Einstellungen, Motive, Meinungen, Interessen oder Werte
An dieser Stelle sei nur kurz darauf hingewiesen, dass im B2B-Bereich andere Zielgruppenmerkmale relevant sind. Dort spielen bspw. ökonomische Merkmale (wie Liquidität und Konkurrenz), Unternehmensmerkmale (wie Umsatzgröße, Mitarbeiteranzahl und Standort) sowie Branchenmerkmale (wie Größe und Art der Branche) eine wichtigere Rolle (vgl. ebd.: 22f.).
Ein Vorteil einer (detaillierten) Zielgruppenbildung ist die Tatsache, dass ein Sender sich auf eine bestimmte Gruppe von Personen (z. B. nur Frauen bzw. nur Männer oder Menschen in bestimmten Altersklassen) konzentrieren kann. Damit ist es möglich den Content wesentlich zielgerichteter und passgenauer auszurichten. Denn nur durch das konkrete Wissen über die Bedürfnisse der Zielgruppe kann ein Produkt/eine Leistung und das Marketing optimal ausgestaltet werden, z. B. hinsichtlich des Inhalts, Preisgestaltung, Distribution, Art der Kommunikation etc. Deshalb kommt es auch immer häufiger zu den sogenannten Spartenkanälen17. Mit diesen können die Sender ihre gewünschte Zielgruppe effektiver erreichen – allerdings sinken dabei auch die Quoten und Marktanteile von allen existierenden Sendern. Für die Werbetreibenden besitzt dies jedoch den Vorteil, dass die Streuverluste geringer ausfallen.
Andererseits ist eine möglichst große Zielgruppenpopulation für die TV-Anbieter wesentlich attraktiver. Je einheitlicher die Ansprüche an ein Programm sind, desto mehr Marktteilnehmer können die Sender mit einem Mal erreichen und damit wird auch der Aufwand verringert. Doch dies ist heutzutage deutlich schwieriger zu bewerkstelligen, weil jeder Mensch verschiedene Interessen besitzt und die Rezipienten eine immer individuellere Bedürfnisansprache verlangen (können), z. B. weil die Vielfalt der Angebote stetig zunimmt und die Konsumenten eine größere Auswahl als früher besitzen.
Beispiele für unterschiedliche Zielgruppenausrichtungen sind drei Sender der P7S1-Gruppe: So setzt ProSieben auf eine Zielgruppe im Alter von 14 bis 39 Jahren, ProSieben MAXX konzentriert sich auf Männer zwischen 30 und 59 Jahren und sixx legt seinen Schwerpunkt auf Frauen im Alter von 14 bis 39 Jahren (vgl. hierzu auch Kapitel 3.2).18 Allerdings dürfen Zielgruppen nicht als starr angesehen werden, denn diese können sich im Laufe der Zeit verändern bzw. erweitern.
Im Fernsehmarkt existieren vor allem zwei relevante Anspruchsgruppen: die Werbetreibenden und die Rezipienten. „Bei der Ansprache mehrerer Zielgruppen ist auf eventuelle Zielkonflikte zu achten.“ (Olbrich 2009: 178) Dabei ist das höchste Gut in der Fernsehbranche die Quote, die die entscheidende Währung darstellt.19 Die Zuschauerzahlen dienen „als Erfolgskontrolle, als Grundlage für die langfristige Programmplanung, und nicht zuletzt zur Festlegung der Werbepreise und zur Eigenwerbung“ (Meyen 2004: 95). Je mehr Rezipienten demnach einen Sender bzw. ein Programm konsumieren, desto höher die Quote/der Marktanteil und umso größer ist das Verkaufsargument für Werbung im Umfeld eines Programms. Dabei gelten beim Rating20 alle Personen als Zuschauer, „die ein Programm wenigstens eine Minute ununterbrochen eingeschaltet haben.“ (ebd.: 96) Eine zusammenfassende Begriffsdefinition lautet wie folgt:
„Zielgruppe, durch Marketingmaßnahmen – insbesondere durch → Werbung – anzusprechendes Marktsegment. Die Zielgruppenbildung kann nach einer Vielzahl von Merkmalen erfolgen. Gebräuchlich sind soziodemografische Merkmale, psychografische Merkmale und – in jüngerer Zeit – Persönlichkeitsmerkmale und Lebensstile. Ziel ist die Bildung möglichst homogener Käufergruppen, die gezielt und mit möglichst geringen → Streuverlusten angesprochen werden können.“ (Sjurts 2011: 695; Herv. im Original)
2.3 Strategien und Erfolgsfaktoren
Jedes Unternehmen handelt in der Praxis „unter Zuhilfenahme von Strategien“ (Lantzsch 2008: 41). Doch vor der Entwicklung von Strategien stehen in der Regel zunächst eine Vision sowie ein Leitbild. Von diesen ausgehend werden anschließend Vorgehensweisen erarbeitet und festgelegt, die es der Unternehmung dann wiederum erlauben verschiedene strategische und operative Ziele abzuleiten. Dabei ist es häufig notwendig, besonders bei sehr unterschiedlichen Geschäftsbereichen, spezifische (individuelle) Strategien festzulegen. Unter Strategie wird laut dem Duden hierbei ein exakter „Plan des eigenen Vorgehens [verstanden], der dazu dient, ein […] Ziel zu erreichen, u. in dem man diejenigen Faktoren, die in die eigene Aktion hineinspielen könnten, von vornherein einzukalkulieren versucht“ (Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion 2000: 1277). Die in der Definition angesprochenen Ziele können z. B. politischer, psychologischer, militärischer oder ökonomischer Natur sein (vgl. ebd.). Die Erreichung von bestimmten Einschaltquoten oder die Senkung von Personalkosten sind dabei nur zwei mögliche Beispiele für wirtschaftliche Ziele.
In der wissenschaftlichen Literatur existiert allerdings eine sehr heterogene Auffassung bezüglich des Strategiebegriffs. In dieser Ausarbeitung gilt für den Terminus folgende Definition:
„Eine Strategie ist ein geplantes Bündel an Maßnahmen zur Positionierung im Wettbewerb und zur Gestaltung der dazu erforderlichen Ressourcenbasis. Auf diese Weise sollen Wettbewerbsvorteile erzielt werden, durch die neue Erfolgspotenziale geschaffen bzw. bestehende Erfolgspotenziale weiterentwickelt werden.“ (Dillerup/Stoi 2013: 170; Herv. im Original)
Hierbei verstehen die Autoren unter Wettbewerbsvorteil „ein aus Sicht des Kunden wahrgenommenes Leistungsmerkmal, das von der Konkurrenz nicht geboten wird und für das der Kunde bereit ist, etwas zu bezahlen“ (ebd.: 174). Erfolgspotenziale für den künftigen Unternehmenserfolg sind darüber hinaus sämtliche technologische, markt- und produktspezifische sowie qualifikatorische Voraussetzungen (vgl. ebd.: 175).21
Das Hauptziel einer strategischen Unternehmensführung sollte es somit stets sein, ökonomisch betrachtet, einen Wettbewerbsvorteil in dem jeweils anvisierten Markt zu erzielen und Gewinne zu erwirtschaften. Denn nur so kann der dauerhafte Erhalt eines Unternehmens gesichert werden.22 Um diese ökonomischen Ziele zu erreichen (die wichtigsten beiden bilden für TV-Anbieter die Werbeerlöse und Einschaltquoten – die wiederum eng zusammenhängen), existieren sogenannte Erfolgsfaktoren. „Erfolgsfaktoren sind alle Faktoren, die den Erfolg oder Misserfolg einer Unternehmung direkt beeinflussen.“ (ebd.: 178) Der Autor Grimm (1983: 26) fasst den Fachausdruck noch etwas umfangreicher zusammen:
„Als strategische Faktoren werden diejenigen Elemente, Determinanten oder Bedingungen bezeichnet, die den Erfolg oder Mißerfolg unternehmerischen Handelns […] entscheidend beeinflussen. Strategische Faktoren heißen die Elemente, Determinanten oder Bedingungen, die in der Umwelt des Unternehmens, aber auch im Unternehmen selbst wirksam sind.“
Besonders häufig werden in der Literatur die PIMS-Studien – die empirische Stichprobenansätze darstellen – zitiert, da diese Schlüsselfaktoren auflisten, welche besonders zum Erfolg der untersuchten Unternehmen beigetragen haben (vgl. Dillerup/Stoi 2013: 180). Aus dem anfänglichen internen Projekt von General Electric, welches dann von der Harvard Business School auf andere Firmen ausgeweitet wurde, ist 1975 eine eigenständige Non-Profit-Unternehmung entstanden (das „Strategic Planning Institute“), welche diesen Ansatz fortführt bzw. die Daten aus den Studien zusammenträgt und publiziert (vgl. ebd.).23 Allerdings ernteten die PIMS-Studien durch die Vernachlässigung jedweder Branchen-, Sektor- und Größenunterschiede harsche Kritik (vgl. ebd.). Insgesamt gesehen fehlt es der Erfolgsfaktorenforschung bis heute an einem einheitlich verwendeten Ansatz sowie identischen Maßstäben.
Generell gehen die verschiedenen Erfolgsfaktorenkonzepte davon aus, dass nur wenige zentrale Faktoren existieren, die entscheidende Wirkung auf den Unternehmenserfolg24 besitzen. Sie werden daher auch oft als kritische (oder strategische) Erfolgsfaktoren bezeichnet. Beispiele für essenzielle Erfolgsfaktoren können (je nach theoretischer Sichtweise und Ansatz) Kundennähe, Organisation, Kommunikation, Preis, Distribution, Kostenstruktur, Technologiestand, Unternehmenskultur, Marktattraktivität, Marktanteil, Marktdurchdringung, Unternehmensgröße, Konzentrationsgrad, Investitionsintensität, Contentqualität, Service oder die eigenen Mitarbeiter sein. Außerdem ist es möglich Einflussfaktoren, aufgrund ihrer Wirkungsweise und -intensität, auf mehreren Ebenen zu unterscheiden: z. B. allgemeine (branchenübergreifende), branchenspezifische, unternehmensspezifische, abteilungsspezifische oder persönliche Erfolgsfaktoren.
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren und Strategien, die bei der Adaption internationaler TV-Formate entscheidend sind, damit (deutsche) Fernsehsender im intra- und intermedialen Wettbewerb ihre Marktposition sichern und neue Zielgruppen erschließen können, werden in den folgenden Kapiteln konkreter benannt. Dabei gilt es zu beachten, dass Erfolgsfaktoren hochkomplex und oftmals sehr eng miteinander verwoben sind sowie in der Regel aus empirischen Studien resultieren, die vergangenheitsbezogen sind. Es wäre unzulässig davon auszugehen, dass die später aufgelisteten Faktoren stets zum Erfolg beitragen. Vielmehr können die Ergebnisse dieser Arbeit lediglich eine Orientierung bieten. Das liegt auch darin begründet, dass zahlreiche endo- wie auch exogene Einflussfaktoren existent sind, die sich in einem stetigen Wandel befinden (auch wenn diese in der Regel über einen langen Zeitraum wirksam sind) und die durch das Management nicht immer bzw. eingeschränkt beeinflussbar sind.
Nichtsdestotrotz existieren Faktoren, die maßgeblich und über einen längeren Zeitraum (nachhaltig) den Unternehmenserfolg beeinflussen, und somit zur Erreichung der Ziele (hauptsächlich sind dies Reichweite/Marktanteil und Werbebuchungen, aber auch Image25, Programmauftrag oder rechtliche Verpflichtungen) beitragen (vgl. Zabel 2009: 85). Die Identifikation von Erfolgsfaktoren für die Adaption eines Formates stellt einen dominanten Prozess in der Strategieplanung dar. Denn das Wissen über das Vorhandensein von Einflussgrößen dient letztlich als Grundlage für Entscheidungen bzw. Maßnahmen. Daher liegt der besondere Schwerpunkt dieser Arbeit in der Herausarbeitung und Zusammentragung (vgl. hierzu Kapitel 7) dieser relevanten Faktoren.
2.4 Intra- und intermedialer Wettbewerb sowie Marktposition
Im Sinne einer gänzlichen Konkurrenz stehen alle existierenden Medien um die Aufmerksamkeit der potenziellen Kunden zueinander im Wettstreit (vgl. Brack 2003: 71) – aber auch nonmediale Gestaltungsmöglichkeiten, wie bspw. das Verreisen, kommen hierbei in Betracht. Wobei in einem engeren Sinn ausschließlich Angebote als Konkurrenz anzusehen sind, sobald sie identische bzw. ähnliche Bedürfnisse befriedigen. „Unterschiedliche Medien dienen unterschiedlichen Bedürfnissen und werden unterschiedlich genutzt, daher ist die Substitutionskonkurrenz nur partiell.“ (ebd.) Allerdings ist der heutige (und zukünftige) Wettstreit im Medienmarkt sehr vielfältig und lässt sich nach Gläser (vgl. 2011: 172) deshalb am besten in intra-, inter- sowie extramedialen Wettbewerb unterscheiden. Die zentralen Ebenen der Konkurrenz im Medienbereich stellt Abb. 1 überblicksartig dar.
Abb. 1:Die Ebenen der Konkurrenz im Medienbereich (nach Gläser)
Die intramediale Konkurrenz besteht für TV-Anbieter im Wettbewerb mit allen anderen existierenden Sendern, die ebenfalls im deutschen Fernsehmarkt aktiv sind – also der gesamten Konkurrenz innerhalb eines Mediums (vgl. ebd.). Hierzu zählen sowohl die ö.-r. als auch die privaten Anbieter mit ihren zahlreichen Voll-, diversen Regional- und vielfältigen Spartenprogrammen sowie das umfangreiche Pay-TV-Angebot (vgl. hierzu auch Kap. 3.1). Besonders stark ist der Wettbewerb hierbei bei Sendern mit identischer bzw. ähnlicher thematischer Ausrichtung und/oder Zielgruppe (z. B. SUPER RTL und KiKA). Dabei konkurrieren die Unternehmen stets in zwei relevanten Absatzmärkten miteinander: dem Rezipienten- sowie dem Werbemarkt.26 „Der intramediäre Wettbewerb ist tendenziell höher und damit auch die Substitutionsgefahr, da zwischen unterschiedlichen Medien vor allem auch Komplementärbeziehungen bestehen.“ (Brack 2003: 71)
Doch der Wettbewerb existiert nicht nur innerhalb der eigenen Branche, sondern auch durch inter- und extramediale Konkurrenz. Zur intermedialen Konkurrenz (Wettbewerb zwischen verschiedenen Mediengattungen) gehören bspw. Hörfunk, Kino, Internet, Zeitschrift oder Zeitung (vgl. Brack 2003: 71).
„Beispiel: Zuschauer sehen gelegentlich deswegen kein RTL, weil sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt generell vom Fernsehprogramm abwenden und lieber ein Buch lesen oder Radio hören. Die Konkurrenzverhältnisse verkomplizieren sich, wenn ein Medienunternehmen auf mehreren Medienmärkten unterschiedlichen Typs tätig ist, wodurch es zu crossmedialen Aktivitäten kommt.“ (Gläser 2011: 172)
Zur extramedialen Konkurrenz zählen unter anderem Arbeit, Hobbys oder Reisen. Hierunter fallen alle Angebote und Aktivitäten (bzw. Möglichkeiten), die dafür Sorgen, dass der Konsument nicht fernsieht, z. B. weil er sich mit Freunden im Park trifft oder arbeitet. Dabei weisen extramediale Angebote „den Charakter von mediennahen Dienstleistungen oder Produkten“ (ebd.) auf.27
In der eingangs formulierten Forschungsfrage wird außerdem der Begriff „Marktposition“ verwendet. Daher wird dieser Terminus im Folgenden ebenfalls kurz definiert. Die Bezeichnung setzt sich aus zwei Wörtern (Markt und Position) zusammen. „Ein Markt besteht aus potenziellen Kunden mit Bedürfnissen oder Wünschen, die willens und fähig sind, durch einen Austauschprozess die Bedürfnisse oder die Wünsche zu befriedigen.“ (Kotler/Keller/Bliemel 2007: 16; Herv. im Original) Unter Position wird die Stellung oder Lage (auch Situation) verstanden, die jemand im Verhältnis zu einem oder mehreren anderen einnimmt (vgl. Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion 2000: 1068). Somit ist unter Marktposition die Stellung gemeint, welche ein Unternehmen im Markt innehat. Allerdings kann sich diese Position auch auf ein einzelnes Produkt oder eine einzelne Dienstleistung beziehen. Eine zusammenfassende Definition lautet:
„Marktposition kennzeichnet die Stellung der Unternehmen in ihrem relevanten Markt. Sie wird quantitativ erfasst im Marktanteil, der sich aus dem Umsatzvolumen des Unternehmens im Verhältnis zum gesamten Marktvolumen errechnet. Es kann als absolute Größe oder relativ im Vergleich zu den Konkurrenten ermittelt werden. In qualitativer Hinsicht zeigt sich die Marktposition im Image des Unternehmens bei seinen Marktpartnern, Kunden, Lieferanten und Konkurrenten.“ (Gebler 2005: 78; Herv. im Original)
2.5 Rechte- und Lizenzhandel
Rechte sind generell betrachtet Ansprüche eines einzelnen Subjekts gegenüber anderen Subjekten bzw. der Gemeinschaft oder dem Staat. Diese Berechtigungen werden in Verfassungen, in Gesetzen oder in Verträgen (z. B. dem Formatlizenzvertrag) festgeschrieben. Rechtmäßig sind allerdings auch nicht schriftliche (mündliche), einvernehmliche Agreements.
Der Lizenzgeber ist der Inhaber eines geschützten Rechts (Eigentümer) und überträgt mithilfe eines Kontrakts die eindeutig definierten (Nutzungs-)Rechte auf einen Lizenznehmer. Damit wird es dem Lizenznehmer unter vorgegebenen Bedingungen erlaubt, mit dem Vertragsgegenstand zu handeln. Der Lizenz28-Begriff wird immer wieder sehr unterschiedlich definiert und gebraucht. Eine mögliche Begriffsbestimmung lautet: „Überlassung eines geistigen Eigentums […] für einen gewissen Zeitraum, ohne dass es in den vollen Besitz des Lizenznehmers übergeht.“ (Monaco 2000: 100) In der praktischen Anwendung wird die Bezeichnung aber „für nahezu jede Rechteeinräumung benutzt, z. B. die Einräumung einfacher und ausschließlicher Nutzungsrechte vom Urheber auf den Nutzungsberechtigten“ (Homann 2009: 299). Wird ein Nutzungsrecht auf einen Lizenznehmer übertragen, so wird dies als Lizenz bezeichnet. Lizenzen sind somit abgeleitete Genehmigungen (Rechte) und werden, in Form eines Lizenzvertrages, durch gesetzliche Rahmenbedingungen geschützt. Das Urheberrecht verwendet den Terminus Nutzungsrecht, meint jedoch damit dasselbe wie der Lizenz-Begriff.
Ausschließliche (exklusive) Rechte beinhalten für den Lizenznehmer das alleinige Nutzungsrecht, z. B. für ein bestimmtes Gebiet/einen bestimmten Sprachraum oder eine festdefinierte Gebrauchsart. Lediglich bei dieser Rechteeinräumung besitzt der Lizenznehmer das ausschließliche Herstellungs- und Verwertungsrecht an dem Vertragsgegenstand. In der Regel beinhaltet der Kontrakt stets räumliche, zeitliche und/oder inhaltliche Einschränkungen. Einfache (nicht-ausschließliche) Nutzungsrechte gestatten es dem Lizenznehmer ebenfalls den Vertragsgegenstand (auf die ihm erlaubte Art) zu nutzen – allerdings kann der Lizenzgeber die gleichen Rechte/Befugnisse auch an andere Lizenznehmer vergeben/übertragen. Auch bei dieser Form der Rechteeinräumung existieren, je nach Vereinbarungen, in aller Regel räumliche, zeitliche und/oder inhaltliche Begrenzungen.
2.6 (Fernseh-)Format und (Fernseh-)Formathandel
„Ausländische Ideen verbreiten sich überall in der Welt, wenn Programme mit Hilfe von Untertiteln, Synchronisation und sogar Editieren lokalisiert und nationalisiert werden […]. Formate gehen noch einen Schritt weiter und lokalisieren den ganzen Prozess der Programmproduktion. Die internationale Formatindustrie wächst schnell und Formate werden immer populärer wegen ihrem [sic!] kostengünstigen und schnellen Produktionsprozess [sic!].“ (Likitalo 2009: 1)
Beim Kauf und/oder Verkauf von Lizenzen wird mit Fernsehformaten29 gehandelt, wobei für den Terminus zahlreiche Begriffsbestimmungen existent sind. Nach Park (2004: 57) ist ein Format „ein Sendekonzept, das sowohl den Inhalt und die Binnenstruktur als auch die Präsentation sowie den Programmplatz auf ein klar definiertes Zuschauersegment hin ausrichtet und mit dessen Hilfe das Programm auf eine konsistente Art und Weise gestaltet, präsentiert und beworben wird.“ Schmitt versteht unter dem Begriff „Handelsprodukte“ und definiert diesen wie folgt: „A television format is a programme or programme concept, with distinct elements that can be exported and licensed to production companies or broadcasters outside its country of origin for local adaption“ (Schmitt 2005, zitiert in Lantzsch 2008: 123). Dabei setzt sich das Format als Handelsprodukt aus vier Elementen/Bestandteilen zusammen:
„Zum einen der eigentlichen Idee, die juristisch nicht schützbar ist, dem ‚paper format’ – eine Konzeptbeschreibung –, dem ‚TV programme format’ – der eigentlichen Sendung – und dem ‚TV format package’, das das Wissen für die Reproduktion und Adaption enthält und damit […] in der Praxis des Formathandels gängigen Verständnis von einem Format entspricht.“ (Lantzsch 2008: 124)
Die Hauptleistungen des „TV format package“ besteht darin, dass vermarktungsfähige Ideen, Konzepte und Materialien für die Reproduktion (also eine Art Know-how-Transfer des Basisprodukts, dessen Herstellung und Distribution) verkauft werden. Damit bildet das „know-how package“ die wesentliche Basis des Lizenzgeschäfts (vgl. ebd.: 223). Das vorhandene Wissen kann sich hierbei immer weiter vergrößern, je häufiger das Produkt in einem anderen Land adaptiert wird (vgl. ebd.). In dem Fall wird von sogenannten Lern- und Erfahrungskurveneffekten gesprochen, die letztlich auch dem Lizenzgeber wieder zugutekommen.
Formate sind in erster Linie wirtschaftliche (immaterielle) Güter, welche auf dem weltweiten Markt als Ware gehandelt werden und sich auf seriell, massenattraktiv produzierte Programminhalte beziehen und den Lizenzgeber darüber unterrichten, wie eine Sendung finanziert, produziert (sowie auf den einheimischen Markt übertragen), vertrieben und optimal vermarktet wird (vgl. Moran/Malbon 2006: 25). Das Format wird hierbei von Anfang an marktoptimiert gestaltet und auf eine fest definierte Zuschauerschaft ausgerichtet, und ist zugleich gekennzeichnet durch wiederkehrende und markante Elemente (wie z. B. Logo, Musik, Studioausstattung, Akteure, Abläufe etc.) – die damit einen verbindlichen Rahmen vorgeben, um einen hohen Wiedererkennungseffekt zu gewährleisten. Typologisch betrachtet gehören zu Fernsehformaten bspw. Talkshows (z. B. „Günter Jauch“), Doku-Soaps (z. B. „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“), Gameshows (z. B. „Wer wird Millionär?“), Daily-Soaps (z. B. „GZSZ“30), Castingshows (z. B. „Rising Star“), Comedyshows (z. B. „Schillerstraße“) oder Mitmach-Fernsehen (z. B. der Social-Sender „joiz“).
„Zusammengefasst kann ein Fernsehformat im Rahmen des internationalen Formathandels demzufolge als ein auf Basis eines fertigen Programms entstandenes Leistungsbündel aus Idee, Konzept, Materialien und Know-how definiert werden, das als Kombination von Handelsware und damit verbundenen Dienstleistungen auf dem Inhaltemarkt handelbar ist.“ (Lantzsch 2008: 225)
An dieser Stelle sei kurz darauf hingewiesen, dass in der Praxis und in der Wissenschaft unter Fernsehformate bspw. auch fertigproduzierte Serien verstanden und die Begriffe Format/Formathandel häufig unscharf (und unterschiedlich) verwendet werden. So listet Statista (2013a) z. B. in einer Abbildung mit dem Titel „Fernsehformate mit den meisten Ausstrahlungen im deutschen TV von August 2011 bis Juli 2012“ auch eingekaufte Serien wie „How I Met Your Mother“, „Two and a half Man“ oder „The Big Bang Theory“ auf. Diese abweichende Verwendung liegt an den unterschiedlich existierenden Begriffsbestimmungen. In dieser Ausarbeitung fallen indessen fertige Filme, Serien und Dokumentationen bzw. alle Sendungen, die lediglich eine Untertitelung und/oder Synchronisation erhalten, unter den Programmimport, welcher oft auch als „finished made-for-TV programme“ (Lantzsch 2008: 14) bezeichnet wird.
Beim Handel mit TV-Formaten (Fernsehformathandel) erwirbt bspw. ein Sender (Lizenznehmer) via Lizenzvertrag vom Rechteinhaber (Lizenzgeber) die Nutzungsrechte an einem Format, welches in der Regel in anderen Ländern bereits erfolgreich publiziert wurde (vgl. ebd.: 125). „Der Formatimport ist global gesehen eine Form der Imitation, bei der fertige Programmideen und damit verbundenes Know-how gekauft und adaptiert werden.“ (ebd.: 124) Nachdem bspw. ein Sender eine Lizenz vom Rechteinhaber erworben hat, produziert er eine eigene Version dieses Konzepts. Es findet also eine Art Reproduktion statt, die sich an den jeweiligen gesellschaftlichen Besonderheiten des Landes bzw. kulturellen Gegebenheiten orientiert. Der Handel mit Formaten ist damit eine Kombination des Imports eines Programmes (Formatimport) und einer im Anschluss folgenden Eigen-, Ko- oder Auftragsproduktion. Das bedeutet zugleich, dass der internationale Fernsehformathandel stets eine Imitationsstrategie darstellt. Dabei findet der Handel (Verkauf und/oder Kauf von Lizenzen) – bei dem „in aller Regel auch die Ausstrahlung des originalen Programms im Ausgangsland“ (ebd.: 226) Voraussetzung ist – überwiegend mit internationalen Akteuren statt und bezieht sich vorrangig auf Unterhaltungsformate.
Nachdem auf den zurückliegenden Seiten die relevanten Begriffe dieser Abschlussarbeit umfassend definiert wurden, folgt im anschließenden dritten Kapitel eine Darstellung des inländischen Fernsehmarktes. Hierzu gehören ein Überblick zur aktuellen Situation (Stand: 2014) des TV-Marktes in Deutschland, die Auflistung von Zielgruppen ausgewählter Fernsehveranstalter sowie das Aufzeigen gegenwärtiger Markttendenzen.
10 Rundfunk ist laut § 2 Absatz 1 des RStV „ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen“ (Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland 2012: 5). Allerdings gehören nach § 2 Absatz 3 Angebote, die „weniger als 500 potenziellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden“ (ebd.: 7) und/oder „aus Sendungen bestehen, die jeweils gegen Einzelentgelt freigeschaltet werden“ (ebd.) nicht zum Rundfunk.
11 Als Massenmedium werden bspw. die Medien Zeitung, Zeitschrift, Film, Hörfunk oder Fernsehen bezeichnet, da diese „ein großes Publikum erreichen“ (Monaco 2000: 103). Der Begriff kennzeichnet darüber hinaus den „Unterschied zwischen Populärkultur und Hoher Kunst“ (ebd.).
12 Wobei das Bildformat 16:9 nicht grundsätzlich mit HDTV verbunden sein muss und bereits durch die 1994 einge führte Weiterentwicklung PALplus Breitwandfernsehen (16:9) möglich war (vgl. Monaco 2000: 124).
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