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Ich, Emma Valentino, bin mit 14 Jahren ein fast normaler Teenager. Eigentlich wollte ich Steven, dem Jungen meiner Träume, nur eine Einladung zu meiner Kostümparty überreichen. Mutig habe ich mich hierzu von meiner Tante in einer Vollmondnacht zu seinem Haus fahren lassen, denn tagsüber wird der Mädchenschwarm der Schule ja ständig von der blöden Anastasia und ihren Freundinnen belagert.Doch dann kam alles ganz anders, und plötzlich saß ich in einer einsamen Waldhütte vor einem zotteligen Zwerg, der behauptete, Rumpelstilzchens Sohn zu sein. Rumpelstilzchen Junior war es nämlich leid, dass sein Vater als Bösewicht in die märchenhafte Geschichte der 'Menschlinge' eingegangen ist, und wollte endlich mit den Vorurteilen aufräumen. Im Gegenzug für das Interview hat er mir ein Date mit Steven versprochen.Das Märchen von Rumpelstilzchen, dem rachsüchtigen König, der gelangweilten Prinzessin, dem übermächtigen Riesen und dem gewieften Feenrich Jakob hielt allerdings mehr als nur eine Überraschung bereit.Und so purzelte ich statt in ein Date mit Steven in ein märchenhaftes Abenteuer.
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Seitenzahl: 475
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»Kein Traum ist zu groß und kein Träumer zu klein.«
›Turbo‹ Dreamworks Animation und 20th Century Fox
Die Einladung
Voll gelogen
Urschleim
Wie alles begann
Unterirdische Muckibude
Falsche Entscheidung
Der Fluch
Magische Barrieren
Ekliges Schlammwasser
Höflichkeit ist eine Zier
Der oder keiner
Unerquicklicher Besuch
Maskenzauber
Brennende Herzen
Die wahre Liebe
Verrat
Aufschub
Tödlicher Plan
Drei Versuche
Aussichtsloser Kampf
Alles eine Täuschung?
Holla, die Waldfee
Ich hatte keine Zeit darüber nachzudenken, weshalb ich so todesmutig gewesen war, mitten in der Nacht den Mädchenschwarm meiner Schule in der Pampa aufzusuchen. Aber am helllichten Tag fehlte mir als Mauerblümchen einfach der Mut dazu, Steven die Einladung zu meiner Kostümparty zu überreichen. Die Strafe meines nächtlichen Annäherungsversuches folgte mir allerdings rennenden Fußes.
Irgendetwas Haariges mit extrem gelben Augen und messerscharfen Zähnen war hinter mir her und hetzte mich über den halben Kontinent. Ich wusste, am Ort meiner Vorväter gab es die giftigsten und gefährlichsten Tiere, aber dieses Exemplar hier hatte ich noch in keinem Biologiebuch gesehen.
Und es jagte mir eine Heidenangst ein.
In meiner Panik hatte ich komplett die Orientierung verloren. Ich wusste nicht einmal mehr, wo meine Lieblingstante an diesem gottverlassenen Ort mit null Versteckmöglichkeiten ihr Auto geparkt hatte, um auf mich zu warten. Ihrem Hang zur Romantik war es zu verdanken, dass wir in der Vollmondnacht aufgebrochen waren.
Obwohl ich ein sportliches Ass war, waren meine Lungen bereits nach wenigen hundert Metern kurz vorm Zerbersten, während mein Herz so schnell schlagen musste, dass ich jedes EKG gesprengt hätte.
Die nächste Baumwurzel sollte jedoch meine Erlösung sein - zumindest körperlich, denn ich legte mich der Länge nach hin. Im ersten Moment fühlte ich tiefste Dankbarkeit, dass ich nicht in ein Nest von Bulldoggenameisen gefallen war, denn ihr Gift war in der Lage, einen Menschen zu töten. Und auch, wenn ich Blut aus Schokolade hatte, wäre das Gift sicherlich in der Lage gewesen, mich innerhalb von wenigen Minuten zu eliminieren.
Ich wollte mich gerade wieder aufrappeln, als mich die Kreatur einholte und wie ein Felsbrocken auf mir landete. »Uff!«, wurde mir aus den Lungen gepresst. Das war mein letztes Stündlein, schoss es mir durch den Kopf, als ich die Krallen in meinem Rücken spürte.
Während ich also in den letzten Sekunden meines Lebens auf die Reißzähne in meinem Fleisch wartete, rasten die süßesten Bilder von Steven an meinem inneren Auge vorbei. Er war der tollste Junge des ganzen Universums mit dem schönsten Lächeln der Welt. Wenn Steven lächelte, schmolz das Eis am Südpol. Er hatte einen dunklen Struwwelkopf und die außergewöhnlichsten Augen, die ich je gesehen hatte. An manchen Tagen waren sie blau wie ein Gletscher, dann wieder leuchteten sie fast so gelb wie eine Butterblume. Und Muskeln hatte er wie ein Bär, obwohl er, genauso wie ich, erst vierzehn Jahre alt war. Das einzige Problem an meinem Mitschüler war, dass er noch schüchterner war als ich. Mit ihm ein Gespräch anzufangen war in etwa so einfach, wie mit der Queen einen Tee zu trinken.
Und nun sollte ich im zarten Alter eines Teenagers sterben, obwohl ich noch nicht einmal meinen Traumjungen geküsst hatte?
Der Gedanke weckte meinen Kampfgeist.
Ich musste diesen Alptraum beenden.
Also mobilisierte ich meine letzten Kräfte und warf den Angreifer von mir herunter.
»Warte, Emma! Ich will doch nur mit dir reden«, krächzte mir seine männliche Stimme entgegen.
Ich stutzte.
Hatte das Vieh mit seiner Hässlingsschnauze gerade menschliche Sprache angewandt?
Und es kannte meinen Namen?
Ich scannte die Kreatur, die durch die Dunkelheit vermutlich hundertmal schlimmer aussah.
War das die Art und Weise, wie man jemanden zu einem Pläuschen bei Tee und Schokolade einlud?
»Reden?«, quetschte ich atemlos hervor.
Das Ding vor mir nickte heftig und schleuderte seine Riesenohren wie Gummiflieger herum. Das war so ziemlich das Letzte, was ich an diesem mondträchtigen Abend unter freiem Himmel vernahm, denn mein Kreislauf brach vollkommen überfordert zusammen.
Es war einmal…
…eine Müllerstochter, deren Vater vor dem König prahlte, seine Tochter könne Stroh zu Gold spinnen…
»So fängt das Märchen an, aber das ist voll gelogen. Ich muss das wissen«, sagte das bucklige Männchen vor mir mit seiner rauen Stimme und zog sich geräuschvoll die Nase hoch. »Das ist mir wirklich peinlich. Ich bin total aufgeregt, da läuft mir immer die Nase. Ich bitte um Entschuldigung!« Da sein Eiszapfenzinken fortwährend tropfte, nahm er sein Shirt und tupfte sich verstohlen die Reste seiner feuchten Nase trocken. »Mein Vater ist nämlich vor zig Jahren hier auf dem Planeten Erde gelandet und daher weiß ich ganz genau, was hier abgegangen ist.«
Ich angelte ein Taschentuch aus meinem Rucksack und reichte es ihm. Schniefnasen machten mich wahnsinnig - egal, ob beim Menschen oder bei…nun, was immer da gerade vor mir saß.
Das herauszufinden hatte ich mir fest vorgenommen, denn mein Gegenüber hatte mich - wie ein Jäger - zum Interview gebeten, um endlich mit den Vorurteilen gegen seinen Vater aufzuräumen.
Er hatte versprochen, mich gehen zu lassen, wenn ich alles aufgeschrieben hatte. Dabei war mir meine Freiheit gar nicht so wichtig. Viel aussichtsreicher war die Tatsache, dass er mir ein Date mit Steven versprochen hatte - wie auch immer er das anstellen wollte!
Sein mit extrem vielen Haaren besetztes Gesicht erhellte sich, als er das Stück Zellstoff erblickte. Dankbarkeit leuchtete aus seinen gelben Augen und machte ihn fast niedlich. »Sehr aufmerksam, Emma, vielen Dank!« Geräuschvoll putzte er sich die Nase.
Ich betrachtete den hässlichen Zwerg vor mir, wie er mit seinen knubbeligen Knien auf dem viel zu großen Sessel saß und sich gelegentlich verstohlen in der Nase popelte.
»Könnten Sie das ›Nasebohren‹ nicht vielleicht auf später verschieben?«, fragte ich zaghaft. Allein der Gedanke an die grünen Klebekugeln drückte mein Abendessen in Richtung Speiseröhre.
Überrascht zog der ausgewachsene Knirps vor mir das Fell über den Augen, welches wage an Augenbrauen erinnerte, hoch. »Wieso? Das regt meine Gedankengänge an.
Und du willst doch eine Menge von mir wissen, oder nicht?«
»Nun ja, eigentlich haben Sie sich an mich gewandt, weil Sie jemanden gesucht haben, der die Geschichte Ihres Vaters richtig aufschreibt«, erwiderte ich.
»Das stimmt. Also gut, ich höre auf damit, wenn es dich beruhigt. Aber meine Ohren darf ich zwischendurch mal kneten, oder? Sonst werde ich müde.«
»Geht klar.«
Seine Ohren waren der absolute Hammer!
Sie waren mindestens dreißig Zentimeter lang und sahen aus, als wenn der Erschaffer sie - aus Spaß oder weil er zu tief ins Glas geguckt hatte - verkehrt herum gedreht hatte.
Das Fell, welches man eher oben vermuten würde, bedeckte die Unterseite der Ohren und der dünne Hautanteil waberte oben, als würde jemand mit dem Fön dagegen pusten.
Die längeren Kopfhaare, die aus seinem Fell hervorlugten, waren schütter - ob das am Alter lag, konnte ich nur schwer beurteilen, denn bisher war ich keinem Wesen begegnet, welches behauptet hatte, ein paar tausend Jahre alt zu sein.
Ich war bislang allerdings auch noch niemandem begegnet, der sich als Außerirdischer ausgegeben hatte, auch wenn mich Geschöpfe aus anderen Galaxien schon immer wie magisch angezogen hatten. Da war ich genau so eine verrückte Nudel wie meine Mom.
Während andere Mädchen in meiner Schulklasse eher von Prinzessinnen träumten, war ich schon immer total scharf gewesen auf monströse Bösewichte, je hässlicher, umso besser. Dabei sah ich gar nicht so aus, als wenn mich Prinzessinnen langweilten - im Gegenteil. Ich hatte selbst Haare wie ein Haflinger Pferd, Augen in der Farbe eines blauen Schmetterlings und ein absolutes Engelsgesicht.
Meine strenge Großmutter Ilse aus Deutschland treibe ich regelmäßig in den Wahnsinn, weil ich mich in kein Prinzessinnenkostüm quetschen lasse, nur damit sie ihre dämlichen Erinnerungsfotos bekommt.
Nein, ICH ging lieber als ›Wookie‹ zum Fasching - der Bekannteste dieses über und über mit Fell besetzten Völkchens ist übrigens ›Chewbacca‹ in der ›Star Wars‹-Reihe. Kinderfotos von mir zeigten mich stets mit Monsterkostüm, da ich zum Verkleiden nicht einmal die Faschingszeit brauchte. Zum Glück war meine Mom auch so ein Freak wie ich, darum liebte ich unsere Kostümpartys auch über alles.
Und exakt zu so einer Kostümparty hatte ich Steven einladen wollen. Ich hatte Bachblüten saufen müssen, um mir Mut anzutrinken. Mit meiner Lieblingstante habe ich alle Möglichkeiten durchgespielt, die mich bei der Frage nach einem Date überrumpeln konnten. Und wenn mich meine körperlichen ›Supernervositätsfunktionen‹ nicht so elendig im Stich gelassen hätten, wäre ich auch total entspannt gewesen. War ich aber nicht!
Meine Lieblingstante hatte drei Straßen entfernt vom Haus meines Schwarms geparkt und ich war mit zittrigen Knien in Richtung Weltuntergang marschiert.
Obertapfer hatte ich bei Steven geklingelt und tänzelnd auf der Veranda gewartet.
Bevor ich Steven jedoch die Karte hatte überreichen können, wurde ich von diesem komischen Etwas vor mir überrascht. Also hatte ich die Karte nur auf die Fußmatte rutschen lassen können, weil ich anschließend durch die nächtliche Gegend gejagt wurde.
Dann erinnerte ich mich nur noch an die zwei Reflektorenaugen. Aufgewacht bin ich erst wieder in dieser komischen Hütte im Beisein von dieser Kreatur, die behauptete, Rumpelstilzchens Sohn zu sein.
»Warum haben Sie eigentlich ausgerechnet mich gefragt?
Es gibt doch noch sieben Milliarden andere Menschen.«
»Du bist das einzige Märchenmädchen, das Bösewichte liebt, Emma. Und du vergötterst meinen Vater.«
Es stimmte, ich liebte Märchen über alles. Das hatte ich auch von meiner obercoolen Mom. Mein Kinderzimmer war bepflastert mit Bildern von Rumpelstilzchen, die früher meiner Mom gehört hatten. Sie hatte die Bilder von überall her: aus China, Japan, Deutschland, England…und natürlich selbstgemalt.
Ein riesiges Bild von Rumpelstilzchen prangte - zum Verdruss meiner deutschen Großmutter Ilse - im Wohnzimmer. Er war unser allergrößtes Idol und wir fieberten beide seit unserer Geburt danach, ihn endlich kennenzulernen.
Aber so von Angesicht zu Angesicht dem Spross des wahren Beelzebub gegenüber schlotterten mir doch ein wenig die Knie.
»Leider ist das Märchen grottenschlecht erzählt und absolut unlogisch«, warf ich ein. »Meine Mom hat mir die drei popligen Seiten immerzu vorgelesen. So oft schon habe ich mir gewünscht, es irgendwann einmal ausführlich niederzuschreiben. Ich hatte allerdings gehofft, dass ich den Helden persönlich treffen würde und nicht seinen Sohn.«
»Darum sitzen wir hier, Süßilein! Die Welt der ›Menschlinge‹ soll endlich die Wahrheit über Rumpelstilzchen erfahren, damit mein Vater nicht als Satanskerl in die Geschichte eingeht.«
Rumpelstilzchens Sohn war extrem gut gebaut und hatte erstaunlich durchtrainierte Muskeln. Ganz so, als würde er täglich tonnenschwere Gewichte stemmen. Seine Statur erinnerte mich an Stevens stählernen Körper, aber natürlich war mein Schwarm ein paar Köpfe größer als der Zwerg vor mir.
Fast schon kritisch durchbohrten mich seine Uhu-Augen.
»Ich weiß genau, was du denkst, Emma!« Er legte seinen Kopf schief und studierte meinen Hintern. »Aber wenn du schon meinen Körper analysierst, wollen wir doch deinen nicht übergehen, was?« Er kicherte leise. »Du bist wirklich erstaunlich hübsch, wenn man bedenkt, dass du hässliche Kreaturen liebst. Und obwohl du in der Schule das sportlichste Mädchen bist, könnte dein Unterteil glatt als Mini-Ufo-Landeplatz dienen. Das weißt du schon, oder?
Die Raumkapsel meines Vaters hätte darauf gut Platz gehabt.«
Ich verdrehte die Augen.
Mir war vollkommen bewusst, dass mein Hinterteil recht ausladend war. Die blöde Anastasia aus meiner Klasse, die wie ein Schießhund aufpasste, dass ich Steven nicht zu nahe kam, frotzelte immer, ich hätte eine ›Büffelhüfte‹.
»Ja«, sagte ich deshalb nur und warf einen Blick auf meine Notizen. »Aber jetzt sitzen wir hier zusammen, damit ich Sie interviewe und nicht, um über meine Ausmaße zu sprechen, oder?«
Neugierig beugte sich mein Gegenüber vor und starrte auf meinen Fragenzettel, den ich eilig niedergekritzelt hatte.
»Wer soll denn eigentlich diese Sauklaue da lesen können? So angelst du dir nie deinen Prinzen, Liebchen!« Er zog erneut geräuschvoll die Nase hoch.
Zum ersten Mal, seitdem ich auf den kleinen Außerirdischen getroffen war, lächelte ich. Ich spürte, wie die Nervosität langsam von mir wich. Er schien harmloser zu sein als sein Ruf - oder der seines Vaters.
Natürlich möchte ich nicht den Eindruck erwecken, als wenn ich ein Angsthase wäre. Aber einen Hauch von Furcht konnte auch ich in seiner Gegenwart nicht leugnen.
Zumal ich irgendwo im tiefsten Wald in einer einsamen Hütte ganz allein mit dem Sohn des Individuums war, welches die Menschen seit Jahrhunderten dem Teufel zuordneten.
»Meinen Sie denn, ich hätte eine Chance bei Steven?«, entgegnete ich. Mein Herz pochte so laut, dass es schon fast meine Härchen im Innenohr zu sprengen drohte.
Mein Gegenüber fing an zu grinsen und entblößte eine Reihe spitzer Stumpen, die gelblich glänzten und mit bräunlichen Stellen überzogen waren. Von Zahnpflege hielt er offenbar nix - DAS fiel mir sofort auf als Enkeltochter eines Zahnarztes.
»Du hast ihn dir zwar noch nicht geangelt, Süße, aber ich weiß von ihm, dass er heimlich für dich schwärmt.«
»Was? STEVEN SCHWÄRMT für MICH?«
Mir blieb fast das Herz stehen. Augenblicklich rauschte ein Armee von Glückshormonen durch meinen pubertären Körper und ließ mich hibbelig auf dem Sofa herumrutschen. Am liebsten hätte ich ihn bis aufs Mark über Steven ausgequetscht.
»Aber er geht mir immer aus dem Weg«, bemerkte ich.
»Weil er in dich verliebt ist, Emma! Das sagt man doch bei euch Menschlingen so, oder?«
»VERLIEBT? Woher wollen Sie das denn wissen?«, flüsterte ich fassungslos. In meinem Kopf sausten Trillionen Fragen herum. Mein Körper war kurz vor einer Hormonexplosion.
Er winkte ab. »Wir sind quasi seelenverwandt.«
Ich runzelte die Stirn.
MEIN Steven, der hübscheste Junge aller Zeiten, sollte ein ›Seelenverwandter‹ von dieser…Kreatur sein?
»Okay, wollen wir anfangen mit dem Interview?«, lenkte ich eilig ab. Je schneller ich alles aufgeschrieben hatte, umso schneller würde ich bei Steven sein und konnte ihn zur Rede stellen - falls ich den Mut dazu aufbrachte, was ich bezweifelte. Ich wäre vermutlich mutiger, wenn er so hässlich wäre wie Rumpelstilzchen - oder dessen Sohn.
»Schließlich sind Sie extra aus der Unterwelt gekommen, um ENDLICH Licht in unsere Märchenwelt zu bringen«, fügte ich zaghaft lächelnd hinzu.
Lächeln war immer gut - damit öffnete man Türen, behauptete meine italienische Großmamma stets.
Und die hatte IMMER Recht.
Mein Gegenüber lachte, und die Ohren, die kurzfristig schlaff auf seinen starken Schultern gelegen hatten, richteten sich nun auf wie bei einer Fledermaus. »Na, klar!
Was willste wissen?«
Ich räusperte mich. »Wie lautet der richtige Name Ihres Vaters?«
Verdutzt schaute mich der Junior an. »Im Ernst? DAS ist deine erste Frage? Nicht ›Woher stammen eure sagenhaften Muskeln‹ oder ›Wie viele Heldentaten hat dein Vater schon vollbracht‹? Einfach nur ›Wie lautet der richtige Name deines Vaters‹? Ich dachte, es sei bekannt, wie er heißt, nachdem die Märchenonkel dieser Welt alles ausgeplaudert haben.«
»Nun, ich ging davon aus, dass ›Rumpelstilzchen‹ nicht sein richtiger Name sei. Ich dachte, dass er eher ein gemeiner Ausdruck für sein«, ich räusperte mich, »außergewöhnliches Aussehen ist. Sagten Sie nicht, er kommt von einem anderen Planeten? Was hat man dort für eine Sprache gesprochen? Was hatten die Bewohner für Namen? Doch bestimmt nicht Hinnerk, Horst und Co., oder?«, versuchte ich meine Frage zu präzisieren.
Ich lachte leise über meinen Witz, aber mein Gegenüber blickte mich kritisch an. »Ja, wir kommen von einem anderen Planeten, Schätzchen. Aber deshalb leben wir nicht hinterm Mond. Nun, zumindest nicht ganz. Und natürlich ist ›Rumpelstilzchen‹ nicht sein richtiger Name. Sonst säße ich nicht hier.« Er schniefte geräuschvoll. »Der erste Oberhorst - so ein aggressiver Soldat, der ihn auslöschen wollte - hatte sich gedacht, der kleinen Hässlette dichten wir doch mal einen grauslichen Namen an. Benennungen können Menschlinge glauben lassen, dass jemand Übeltaten begeht. Aber damit ist jetzt Schluss! Ich will aufräumen mit den Vorurteilen gegen seine Person.« Stolz verschränkte er die Arme vor der üppig behaarten Brust. Er trug nur ein loses Hemd, so dass mir sein starker Haarwuchs am Oberkörper nicht verborgen blieb.
»Wenn er nicht Rumpelstilzchen heißt, wie lautet dann sein richtiger Name?«, wiederholte ich meine Frage, schwer bemüht um Geduld. Das würde ein steiniger Weg zu einem Date mit Steven werden!
Mein Gegenüber grinste von einem Ohr zum anderen.
»Alle Bewohner auf Violentia trugen nur Nummern. Darum lieben Violentianer Spitznamen. Und meinem Vater gefiel der Name ›Rumpelstilzchen‹.«
»Und wie spreche ich Sie an? Rumpelstilzchen Junior?«
»Alle Menschlinge haben einen Vor- und einen Nachnamen. Also heißt es ›Herr Stilzchen‹, bitte sehr! Und sobald wir gemeinsam Sumpfwasser gesoffen haben, darfst du mich ›Rumpel‹ nennen, Schätzchen.«
»Natürlich. Ich notiere also ›Rumpel‹ als Vornamen und ›Stilzchen‹ als Nachnamen.«
»Emma, das war ein Witz! Ich bin einfach nur Rumpelstilzchen. Ohne Junior oder so ein Firlefanz.«
»Gut.« Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Da hatte ich ja einen tollen Komiker erwischt, der überhaupt nicht lustig aussah. »Als was wurden Sie denn geboren?«
»Als Violentianer natürlich.«
Ich lächelte verlegen. »Ich habe mich wohl missverständlich ausgedrückt, Herr Stilzchen, ähm, Rumpelstilzchen.
Ich meinte, mit welchem Namen wurden Sie und Ihr Vater nach der Geburt gesegnet?« Ich stockte. »Oder vielmehr mit welcher Nummer?«
Rumpelstilzchen Junior schnalzte verächtlich mit der Zunge. »Süße, glaubst du, es ist ein ›Segen‹, wenn man ›Prinz 14-002‹ heißt? Oder ›Prinz 13-003 von Violentia‹ wie mein Vater? Meiner Großmutter war es zu verdanken, dass wir Menschlingsnamen bekommen haben. Sie liebte alles, was vom Planeten der Menschlinge kam. Meinen Vater nannte sie liebevoll ›Prinz Hinnerk‹. Und da mein Vater die Tradition fortführen wollte, hat er mich ›Prinz
Gotthorst‹ getauft.«
Wollte er mich verarschen?
Ungläubig starrte ich ihn an.
Wollte er mir gerade weismachen, dass er und sein Vater ernsthaft ›Hinnerk‹ und ›Gotthorst‹ genannt wurden? Gab es nicht noch eine Million andere, und vor allem schönere Jungsnamen auf dem Globus, die man als Spitznamen hätte wählen können?
Ich täuschte ein Lächeln an - um die Tür offen zu halten.
»Interessante Namen. Haben Sie noch Geschwister?«
»Ja, Samira, eigentlich Prinzessin 14-003 und Kyra, Prinzessin 14-001. Ich und meine Geschwister stehen uns sehr nahe, auch wenn Kyra seit Ewigkeiten versucht, dieses Interview zu verhindern. Aber diese Woche ist sie schwer beschäftigt, darum müssen wir die knappe Zeit nutzen.«
»Warum will sie nicht, dass wir miteinander reden?«
»Sie hat Angst, dass die Menschlinge uns in Laboren sezieren und zu Tode foltern.«
»›Verstehe! Es heißt übrigens ›meine Geschwister und
ich‹«, verbesserte ich ihn. Augenblicklich fühlte ich mich wie meine oberbelehrende Großmutter Ilse. Die korrigierte mich auch ständig, wenn sie zu Besuch war. »Der Esel nennt sich stets zuletzt«, erklärte ich, weil er mich fast schon dümmlich anschaute.
»Ich bin kein Esel, warum sollte ich mich dann zuletzt nennen?«
»Das sagt man auch nur so bei den ›Menschlingen‹.«
»Ich bin ein Prinz. Prinz 14-002, und auch wenn ich einen äußerst starken Haarwuchs habe, so bin ich doch kein Tier«, fügte er ein wenig pikiert hinzu. Er deutete auf meine Notizen. »Aber es muss ja nicht jeder gleich wissen, dass ich ein Prinz bin. Kannste also auch weglassen!«
»Aber als Prinz sind Sie doch adlig! ›Menschlinge‹ lieben den Adel.«
»Ich bin doch nicht ›adlig‹! Ich stamme aus einer Königsfamilie. Oder sehe ich etwa aus, als würde ich von einem Adler abstammen? Erst soll ich ein Esel sein und nun auch noch ein Adlerkind? Tsss! Ich habe weder einen Schnabel, noch habe ich Fänge.« Er hob seine Füße, die so irrwitzig verformt waren, dass sie keinem mir bekannten Lebewesen ähnelten, geschweige denn irgendwie biologisch zuzuordnen waren - oder gar in ein ordentliches Paar Schuhe passten.
Mein Gegenüber schüttelte den Kopf, so dass seine flattrigen Langohren bedrohlich wackelten. Er sah meinen erschreckten Blick und winkte ab. »Schätzchen, keine Sorge, die Ohren sind festgewachsen, auch wenn sie aussehen wie umgedrehte Papiersegler!«
Er deutete mit seinen fast zwanzig Zentimeter langen Fingern auf seine Füße. »Und DIE«, er machte eine bedeutungsschwangere Pause, »sehen auch nicht aus wie deine Füße, das ist mir schon klar. Ihr Menschlinge habt wirklich komische Gliedmaßen. Viel zu kurze Finger, mit denen man in fast keine Körperöffnung kommt…«, er schnalzte verächtlich mit der Zunge, »und eure Füße sehen nicht annähernd so stabil aus wie unsere. Ich könnte ein Baum sein, weil sie so schön verwurzelt sind. ICH falle NICHT um!«
Ich räusperte mich. »Nun, ich falle auch nicht um…«
»DAS ist jawohl voll gelogen, Emma!«
Erschrocken hielt ich inne.
Rumpelstilzchen Junior grinste vielsagend. »Als du bei unserem Schulausflug vor unsere Tür gepinkelt hast, bist du sehr wohl umgekippt, weil du dachtest, das kleine Teufelchen holt dich nun in seine Unterwelt. Also soooo stabil können deine merkwürdigen Füße auch nicht sein.«
Ich errötete - im Übrigen eine meiner leichtesten Übungen.
Mich brauchte nur jemand anzusehen und ich bekam rote Bäckchen.
Die Sache mit dem Ausflug war ein oberpeinlicher Anfall meiner viel zu ausgeprägten Phantasie gewesen.
Eigentlich war meine Mom schuld!
Wenn sie mir nicht erzählt hätte, dass Rumpelstilzchen seinen Unterweltseingang im Wald hatte und man niemals vor seine Tür pinkeln durfte, hätte ich auch nicht das halbe Ausgrabungscamp zusammengeschrien, als die blöde Anastasia eine Nebelkugel ›mit lieben Grüßen von Steven‹ vor meine Füße geworfen hatte.
»Aus welcher Familie stammen Sie denn nun?«, versuchte ich den Gedanken zu verdrängen.
Sein Gesicht verdunkelte sich. »Ich bin der jüngste Enkelsohn der königlichen Familie Ozra von Violentia - einem feigen Haufen Taugenichtse! Tatenlos hat mein Herr Großvater, König 10-001 von Violentia, bis zur letzten Stunde zugeschaut, wie der Planet ausgelöscht wurde, ohne ihn wenigstens zu evakuieren.«
»Sie sind wohl nicht sonderlich gut auf Ihre Familie zu sprechen?«
»Nee.«
»Warum nicht? Ich meine, wenn ein Planet explodiert, wird wohl kaum ein König etwas dagegen unternehmen können, oder?«
»Meine Großeltern haben Violentia zu einem Partyplaneten verkommen lassen und als ein Krieg mit dem Nachbarplaneten anstand, haben sie ihn einfach explodieren lassen. Bumm!« Geräuschvoll schnäuzte er sich die Nase.
Ein ganzer Partyplanet klang für mich irgendwie verlockend!
Mann, was hätte man da alles anstellen können!
Wahnsinn!
»Wo lag Violentia denn in etwa?«, fragte ich so einfühlsam wie möglich. Er schien mir gerade sehr aufgeregt zu sein. »Ich muss gestehen, ich habe noch nie von diesem Ort gehört.«
»Das ist auch kein Wunder, Emma! Ihr Menschlinge nutzt ja auch nur zehn Prozent eurer Hirnmasse. Wie sollt ihr da wissen, dass es googolquadrillionen Planeten, Sterne und Lebewesen außerhalb eures miniklitzekleinen Sonnensystems gibt?«
»Also, mein Großvater sagt immer, das ist ein Mythos.
Wir Menschen benutzen fast das ganze Gehirn, weil wir sonst niemals überlebt hätten«, widersprach ich.
Mein Gegenüber winkte ab. »Wie dem auch sei, Süße!
Auch wenn du dir das nicht merken musst, gebe ich dir mal eine kleine Wegbeschreibung. Also«, er holte tief Luft, wobei sein Kopf eine lila Färbung annahm, die fast schon bedrohlich aussah.
Ängstlich wich ich zurück.
Rumpelstilzchen Junior bohrte sich den längsten Finger in die Wange und ließ die Lippen vibrieren. Dabei verfärbte sich sein Gesicht grün und wurde schließlich wieder roséfarben. »Verzeihung! Ich bin immer etwas nervös, wenn ich von meiner Familie spreche! Also, Violentia ist der Planet der Langfinger«, er deutete auf seine überlangen Finger, »und liegt etwa nordöstlich von eurem Mond.
Aber«, er hob eine Hand, »du fährst nicht einfach nur geradeaus. Nein, wenn du vom Planeten meiner Vorväter auf die Erde fliegen willst, musst du an der blauen Milchstraße vorbei, kreuzt die grüne Sonne und musst an der Steinstraße ein BISSCHEN aufpassen.«
»Ist die Steinstraße denn gefährlich? Die klingt so harmlos.«
Das hätte ich besser nicht fragen sollen!
Mein Gegenüber verschluckte sich fürchterlich. Während er hustete, spuckten seine Haarwurzeln nach wenigen Sekunden tatsächlich kleine Goldfäden aus.
Meine Augen standen denen eines Koboldmaki - diesen Affen mit den Riesenglubschaugen - in nichts nach.
Rumpelstilzchens Spezies konnte GAR KEIN STROH ZU GOLD SPINNEN?
Sie SPUCKTEN es aus wie ein lavaspeiender Vulkan!
Wie genial war das denn!
Fast hätte ich laut aufgelacht, konnte mir aber gerade noch rechtzeitig auf die Zunge beißen.
Er war das reinste Goldmonsterchen!
Als er sich wieder beruhigt hatte, sagte er trocken: »Elendiges Gold. Muss ich nachher gleich entsorgen. Oder willst du das mitnehmen? Ihr Menschlinge seid doch ganz scharf auf das Zeug!«
»Wenn Sie nichts dagegen haben, entsorge ich Ihr Gold gerne«, schlug ich vor.
Und zwar mitten in mein Sparschwein!
Wahnsinn!
Mein nächster Schokoladenkaufrausch war gerettet.
Ach, was sagte ich: die ganze Welt konnte ich mir kaufen!
Ich sah bereits jetzt meinen eigenen Fernseher im Zimmer flimmern, daneben ein fettes Tablet liegen, und mein Kleiderschrank war gefüllt mit Designerklamotten. Und natürlich hatte ich das beste Handy der Welt.
Anastasia und ihre Kühe würden vor Neid erblassen!
Rumpelstilzchen Junior nickte. »Emma, ich sehe schon, du bist noch nie durchs All geflogen. Wie kann man nur fragen, ob die Steinstraße gefährlich ist?« Er hustete noch einmal und spuckte noch mehr Gold aus, welches in kleinen Spaghettis vor meine Füße fiel. Bevor er die Goldfäden wegkicken konnte, hob ich sie auf und verstaute sie in meinem Rucksack.
»Nee«, entgegnete ich viel zu laut, »wie hätte ich denn auch durchs All fliegen sollen, so ohne Raumschiff?«
Rumpelstilzchen Junior rümpfte die Nase. »Dann kann das Haus deiner Eltern nicht fliegen? Es sieht zumindest aus wie ein Raumschiff.«
Ich schüttelte bedauernd den Kopf. Mein Papa hatte für meine Mom als Liebeserklärung ein Holzhaus in Form der ›Enterprise‹ gebaut, aber das war fest im Boden verankert. Und das war auch gut so. Ich war mir nämlich nicht sicher, ob ich damit wirklich durchs leicht abgekühlte Weltall fliegen wollen würde. Ich schätze, von meinem Engelsgesicht würde nicht viel übrig bleiben.
»Leider ist es nur ein Haus.«
»Das kann ich ändern. Soll ich es verzaubern?«, bot Goldmonsterchen Junior großzügig an.
Vor Schreck verschluckte ich mich nun an meiner Spucke.
Geduldig beobachtete er mich, bis ich wieder Luft kriegte.
»Erstaunlich, dass ihr Menschlinge kein Gold ausspuckt, wenn ihr hustet!«
»Apropos Gold, Ihr Vater konnte wohl gar kein Stroh zu Gold spinnen?«, wagte ich mich vor.
Rumpelstilzchen Junior lachte hämisch auf. »Sehen wir aus wie Hausmütterchen am Spinnrad?«
War die Frage eine Falle?
Unsicher blickte ich ihn an. »Äh, nein.«
»Kein Violentianer kann STROH in Gold umwandeln!
Bei uns gab es nicht einmal Stroh, weil wir die Getreidepflanzen aufgefressen haben, BEVOR sie reif waren.«
»Sie können also kein Gold spinnen, wie es im Märchen behauptet wird?«
»Nee, oder sehe ich aus wie ein Alchimist?«
»Äh, nein«, war alles, was mir dazu einfiel. »Alchimisten können wohl Stroh zu Gold spinnen?«
Rumpelstilzchen Junior winkte ab. »Nee, wo denkst du hin? Das hätten sie gerne. Aber soweit ich informiert bin, müssen Menschlinge Gold aus der Natur klauen.«
»Menschen klauen das Gold? Ich dachte immer, Gold findet man und darf es auch behalten.«
»Emma, du glaubst auch noch an den Osterhasen, oder?
Ich habe neulich erst mit dem Weihnachtsmann gesprochen. Der hat sich auch darüber schlapp gelacht, dass die kleinen Menschlingskinder ernsthaft glauben, dass Hasen Schokoladeneier legen und in großen Körben austragen können. Sehen Hasen etwa aus wie lastentragende Schokohühner?«
»Eher nicht«, sagte ich wage.
»Siehst du! Der Osterhase als Schokoladenlieferant ist eine Erfindung der Menschlinge.«
Ich blickte auf meine Notizen. »Ihr Vater ist also der letzte Spross des königlichen Geschlechts der Violentianer, der die Gefahren der Steinstraße auf sich genommen hat?«
»So weit waren wir schon, Süße!«
»Gut. Aber wie kommt es, dass Ihr Vater seinen Planeten mutterseelenallein verlassen hat? Wäre es nicht sinnvoller gewesen, er hätte ein paar Bewohner gerettet, statt sich alleine ins nächste Raumschiff zu schwingen und zur Erde zu gurken? So stirbt Ihre Gattung doch aus.«
Ich war mir nicht sicher, ob es klug war, die Frage gestellt zu haben, denn nun fing sein ganzer Körper an zu beben.
Wie ein stotternder Motor hob er mehrere Zentimeter vom Sessel ab, und ehe ich mich versah, hatte er einen Riesenhaufen Gold AUSGEKACKT.
Wahnsinn!
Der Typ war der reinste Goldesel!
Starr vor Staunen blickte ich auf das glänzende Metall.
»Nun nimm es schon! Ist alles echt«, sagte Rumpelstilzchen Junior ungeduldig und deutete auf den Berg Gold, der ein gutes Pfund wiegen durfte.
»Kam das etwa gerade aus Ihrem Unterteil?«, fragte ich verblüfft.
Prinz 14-002 von Violentia blickte mich an. »Natürlich, was denkst du denn?«
»Ich dachte, das Gold kommt aus Ihrem Kopf.«
Rumpelstilzchen Junior musterte mich ungläubig. »Vielleicht solltest du anfangen und mehr als zehn Prozent deiner Hirnmasse nutzen, Süße! Es sollte dir nicht entgangen sein, dass nur feine Goldfäden aus meinem Kopf kommen, wenn ich huste. Wie soll denn bitte auch so ein großer Haufen aus meinen zarten Haarwurzeln kommen? Anatomisch wohl schlecht möglich!«
Er deutete auf seinen Kopf.
Ich beugte mich vor, um seinen Haarwurzelansatz höflich zu begutachten. »Stimmt, das wäre kaum möglich.«
»Siehste! Ich sehe, wir verstehen uns langsam.«
»Und wann kacken Sie das Gold aus?«
»Ich KACKE nicht«, erwiderte Rumpelstilzchen Junior gekränkt.
»Verzeihung!«
»Bitte«, sagte er gnädig. »Ich ›separiere‹ das Gold.«
»Sie ›separieren‹ es? So, so. Darf ich fragen, was Sie essen, dass Sie echtes Gold ›separieren‹?«
Laut meines Chemielehrers brauchte man zum Umwandeln in Gold mindestens einen Kernreaktor. Der dürfte wohl kaum in seinen Bauch eingearbeitet sein, oder?
Die Frage verkniff ich mir allerdings lieber, nicht dass er das Interview noch abbrach, weil er mich für zu dumm hielt.
»Fragen darfste ‘ne Menge, Emma. Dafür sitzen wir hier.
Am liebsten esse ich saftiges Gras wie alle Violentianer.
Dazu ein schwarz gegrilltes Rindersteak garniert mit Steinen aus mindestens einhundert Metern Tiefe. Und zum Nachtisch Ostereier.«
»Aus Schokolade?«
»Ja, hast du vielleicht welche dabei?«
»Sie essen wohl gerne Schokolade? Da haben wir etwas gemeinsam«, sagte ich lächelnd. Schweigend reichte ich ihm eine Tafel Schokolade, die er innerhalb von einer Millisekunde verspeist hatte.
Offenbar brauchte sein Goldofen Nachschub.
»Wo waren wir stehengeblieben?« Seufzend schaute ich auf meine Notizen. »Ja, genau, wann separieren Sie das Gold aus dem Po?«
»Po?« Fragend blickte Rumpelstilzchen Junior mich an.
»Ja, das Ding, auf dem Sie sitzen«, präzisierte ich.
Mein Gegenüber winkte ab. »Ach so, du redest von meinem Schokoladenpolster! Das Ding, welches du als ›Goldofen‹ bezeichnet hast.«
Hatte ich?
»Den Po nennen Sie also ›Schokoladenpolster‹?«, hakte ich nach, um sicher zu gehen, dass ich ihn richtig verstanden hatte.
»Ja, das Ding, was du ›Po‹ nennst, ist mein Schokoladenpolster. Da drinnen bunkere ich Schokolade.«
»Die Sie dann in Gold umwandeln.«
Die Miene von Rumpelstilzchen Junior erhellte sich und machte ihn fast zu einem ansehnlichen Wesen. »Ich sehe langsam, du benutzt mehr als zehn Prozent Nudelmasse in deinem Kopf. Sehr gut, Emma!«
Das nahm ich jetzt mal als Kompliment, auch wenn es nicht wie eines klang.
Boah, wie geil war das denn bitte!
Also, wenn ICH all die Schokolade in Gold umwandeln würde, die ich so verdrückte, wäre ich Billiardärin!
»Wenn ich aufgewühlt bin, gibt es Goldfäden. Ansonsten wandelt mein Schokoladenpolster alles, was ich esse, in Gold um. Und weil das Zeug so elendig schwer ist, separiere ich es von Zeit zu Zeit. Bei Aufregung marschiert es etwas schneller durch«, erklärte Rumpelstilzchen Junior verschämt. »Gold ist ja auch nur Abfall!«
In seiner Welt vielleicht, aber bei uns Menschen war Gold unbezahlbar.
»Sagen Sie das besser nicht zu laut, sonst entführt man Sie noch«, gab ich zum Besten. »Bei den Menschen ist Gold alles andere als Abfall.«
»Tsss! Du glaubst, ich habe Angst vor einem Menschling?
Emma, niemand kann mir was anhaben. Ich bin unsterblicher als unsterblich.«
»Dann haben Sie keine Schwächen?«
»Doch, die habe ich.«
»Verraten Sie sie mir?«
»Niemals. Aber vielleicht erzähle ich dir eines Tages von ihnen. Bei einem Kelch Sumpfwasser oder wenn ich den Pakt des Lichts mit dir abschließen sollte.«
Ja, darauf freute ich mich jetzt schon!
Vermutlich würde ich nach der Brühe schweinische Lieder trällern und ihn anflehen, auch gleich noch den Pakt zu schließen - wofür auch immer der gut sein sollte. Meine Mom würde ihm anschließend vermutlich die Ohren noch länger ziehen und mir die Leviten lesen - inklusive Handy-Entzug!
»Apropos, erzählen! Sie wollten mir ja die wahre Geschichte vom Rumpelstilzchen erzählen. Hat die Müllerstochter Ihren Vater damals so sehr ›aufgewühlt‹, dass er Gold für das arme Mädchen ausgehustet hat?«, versuchte ich mich vorsichtig an das Märchen heranzutasten. »Laut der offiziellen Märchenfassung ist Ihr Vater ja einfach aus dem Nichts bei der weinenden Müllerstochter aufgetaucht.
Und weil er so ein netter Gnom war, hat er Stroh zu Gold gesponnen, damit sie nicht vom König getötet wird. Als Lohn gab sie ihm ein Halsband, einen Ring und dann das Versprechen, ihm das erstgeborene Kind zu überlassen, welches sie nach der Heirat mit dem König kriegen würde. Und da Ihr Vater so ein gutmütiger Kerl war, hat er der Königin das Kind dann doch nicht weggenommen, weil sie seinen Namen beim dritten Versuch erraten hat.«
Der knuffige Hässling vor mir grunzte verächtlich. »Ich möchte mal wissen, warum die ganze Menschlingswelt davon ausgeht, dass mein Vater einer ›Müllerstochter‹ geholfen hat, damit sie ihren dämlichen König kriegt! Aus reiner Nächstenliebe! So blöd können auch echt nur Menschlinge sein! Das ist totaler Humbug. Und mal im Ernst«, er beugte sich vor, »wieso sollte mein Vater einen Ring und eine Halskette haben wollen, wenn er den Abfall selbst separieren kann?«
»Stimmt, das wäre Quatsch! Dann geht es in der Geschichte also nicht um ein Mädchen?«
»Oh doch, und ob es das tut!« Seine Augen leuchteten.
»Es geht aber nicht um die Müllerstochter, sondern um ein anderes Mädchen?«, versuchte ich, Licht ins Dunkel zu bringen.
Rumpelstilzchen Junior lachte. »In Wahrheit geht es um Saphira Rosina von Violentioni. Und der Menschling, für den mein Vater das Gold separiert hat, war ein Müllerssohn, keine Tochter. Nur zur Info, Schätzchen!«
»Eine Liebesgeschichte?« Ich seufzte theatralisch. »Wie romantisch! Erzählen Sie! Vielleicht erfahre ich dann, wer Saphira war«, drängte ich.
Prinz 14-002 mit dem irdischen Spitznamen ›Gotthorst‹ lächelte verträumt. Er deutete auf ein Bild, welches an der Wand hing. Es zeigte ein Pärchen, wobei das weibliche Wesen weniger Fell und ganz andere Ohren hatte. Ihre Haut erinnerte an Reptilien.
»Ist das Ihr Vater mit Saphira?«
»Ja. Sind sie nicht bezaubernd?«
In seinen Augen waren sie vermutlich unsagbar gutaussehend, für mich sah das Mädel eher aus wie eine aufreizend weibliche Variante kleiner Felltiere, die man versehentlich mit Schlangen gekreuzt hatte.
»Ja, hinreißend«, log ich, wurde dabei jedoch prompt rot.
»Legen Sie los«, lenkte ich schnell ab.
»Haste denn so viel Zeit, Süße? Die Geschichte meines Vaters dauert bestimmt hundert Menschlingsjahre!«
Ich schluckte. »Echt jetzt?«
Gott, bis dahin war ich steinalt, ergraut und hatte eine Million Falten - keine guten Voraussetzungen für den Mädchenschwarm der ganzen Schule, der bis dahin vermutlich dreimal verheiratet und fünfmal geschieden war, zehn Kinder hatte und nicht mehr alle Zähne im Kiefer.
»Geht das nicht ETWAS schneller? In hundert Jahren geht Steven bestimmt nicht mehr mit mir aus!«
»War nur ein Scherz. Aber vier Tage kannste mal gepflegt einplanen. Und mindestens fünf Kilo Schokolade.«
»Ich habe aber nur zwei Kilo dabei. Sollte ich für die Party meiner Mom besorgen.« Ich wühlte die aller-aller-allerletzten Notfallschokoladentafeln aus meinem Rucksack und reichte sie ihm. Mit einem Happs war die erste Tafel verschwunden, und zwar mitsamt Papier. Eigentlich hatte ich noch eine Einkaufstüte im Rucksack gehabt, aber die musste ich verloren haben.
»Saphira war die Braut meines Vaters, mit der er den Bund der Ewigkeit geschlossen hatte. Einer seiner größten Fehler, wenn du mich fragst.«
»Ein Fehler? Klingt für mich wie eine harmlose Hochzeit.«
»Schätzchen, den Bund der Ewigkeit sollte man nur schließen, wenn man sich hundertprozentig sicher ist, dass man qualvoll sterben will.«
Ich schluckte.
Vielleicht steckte hinter dem Bund doch mehr als nur eine simple Trauung!
»Kommt Saphira auch vom Planeten Ihrer Vorväter oder ist sie ein verzauberter Mensch? Sie sieht irgendwie anders aus«, sagte ich.
Rumpelstilzchen Junior lachte.
Er schnipste mit den Fingern und schon hielt er das Bild, welches bis eben an der Wand gehangen hatte, in den Händen. »Emma, wie kommst du bloß darauf, dass sie ein verzauberter Menschling sein könnte?«
»War nur so eine Vermutung. Wo sind Saphira und Ihr Vater jetzt?« Neugierig blickte ich mich um.
Rumpelstilzchen Junior schniefte und wischte sich eine Träne aus dem Auge. »Dazu kommen wir später«, sagte er mit todernster Miene. »Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Das ist doch euer Motto, oder nicht?«
»Für manche Menschen sicher«, sagte ich naserümpfend.
Für mich nicht.
Mich frass Neugier regelrecht auf.
»Saphira stammte vom Nachbarplaneten Violentioni. Sie entsprang der Königsfamilie der Mesos«, erklärte er.
»Mein Vater ist ihr als Kind bei einem Kongress der Könige der schwarzen Galaxie begegnet und war im Moment ihres Zusammentreffens sofort in sie verliebt. Er wusste, kein anderes Wesen würde je seinen Herzschlag derart beschleunigen wie sie, auch wenn es auf den Planeten der schwarzen Galaxie verboten war, dass sich die Völker vereinten.«
Wie romantisch war das denn!
Verbotene Liebe auf den ersten Blick!
Ich seufzte leise.
»Er war ihr Held«, wisperte Rumpelstilzchen Junior.
»Aber da meine Großeltern etwas gegen ihre Verbindung hatten, ist mein Vater mit Saphira kurz vor dem ersten Mondjahr geflüchtet.« Er schnipste erneut und ließ das Bild zurück an die Wand fliegen.
»Mondjahr?«, hakte ich nach.
»Ja. Wann hast du denn Geburtstag?«, wandte sich Rumpelstilzchen Junior an mich.
»Ich bin am 26. Juni geboren worden, und zwar im Jahr des Hahns«, entgegnete ich höflich. »In der westlichen Welt habe ich das Sternzeichen Krebs.«
»So siehst du manchmal auch aus, Emma«, stellte Rumpelstilzchen Junior fest.
Was immer er mir damit sagen wollte - DAS war auf jeden Fall KEIN Kompliment!
Er klopfte sich gegen die Wange - falls das bei ihm so hieß. »Die sind bei dir auch ständig gerötet, oder?«
»Ja. Ich habe halt auch meine Schwächen«, gab ich zu.
»Wann sind Sie denn geboren worden?«, fragte ich.
»Am ersten Blaumond der Muskatnussblüte«, sagte Rumpelstilzchen Junior stolz und klopfte sich auf die Brust.
»Was man mir wohl auch ansieht, oder? Ich bin als Held geboren worden. Darum wird es auch Zeit, dass die Welt von den Heldentaten meines Vaters und mir erfährt und nicht immer nur ›Superman‹ gelobhudelt wird.«
»›Superman‹? Den gibt es doch gar nicht in echt. Das ist eine Comicfigur!«
»Bist du sicher, Schnucki?« Er wackelte aufreizend mit dem Augenfell und brachte mich zum Grinsen.
Er wäre zwar nicht mein Typ, aber irgendwie hatte er etwas Niedliches an sich.
»Ich weiß, was du denkst, Schätzchen! Und ich finde dich auch atemberaubend - als Menschling.«
Verlegen biss ich mir auf die Zunge.
Der Typ konnte doch nicht etwa Gedanken lesen, oder?
»Sie und Ihr Vater sind also die wahren Helden der ›Menschlinge‹?«, fragte ich schnell, um davon abzulenken, dass ich noch tiefer errötete.
»Ja, das sind wir.«
»Dann schießen Sie doch mal los!«, forderte ich mein Gegenüber auf.
»Wie bitte?« Erschrocken guckte er mich an.
»Ähm, erzählen Sie doch mal, wie sich die Geschichte vom Rumpelstilzchen tatsächlich zugetragen hat!« Ich lächelte erwartungsvoll.
»Gut. Aber ich beginne beim Urschleim. Sonst verstehst du die Zusammenhänge nicht. Und wir wollen ja, dass du das richtig aufschreibst, damit die Menschlinge das wahre Märchen erfahren.«
»Bitte, ich bin ganz Ohr.«
Kritisch musterte Rumpelstilzchen Junior meine Hörmuscheln.
»Wenn ICH das sagen würde, würde das Sinn ergeben, Schätzchen! Aber DU? Nun gut, ich gehe mal davon aus, dass deine Zwergenlauscher trotzdem als Hörgeräte funktionieren.«
»Natürlich tun sie das.«
Mein Gegenüber war skeptisch, dennoch holte er tief Luft und fing an zu erzählen.
»Eure Hoheit, Eurer Gemahlin geht es schlecht«, sagte der Hofarzt mit bedrückter Miene.
König Laurentz Paulinus von Lichtenwald horchte auf. »Schlecht? Was genau bedeutet das?« Die Sorge ließ sein Gesicht fast wie eine Steinfigur wirken.
Der Hofarzt sprach mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Sie hat bei der Geburt Eurer Tochter viel Blut verloren. Sie wird sie nicht einmal versorgen können, so sehr ist sie geschwächt. Wir brauchen dringend Medizin, um ihre Blutungen zu stoppen.«
»Warum gebt Ihr ihr keine Medizin?«, fragte der König ungehalten.
»Mir ist das Rapunzel ausgegangen, Eure Majestät!«
»Dann besorgt welches!«, befahl der König.
Er liebte seine Frau über alles. Und auch wenn sie ihm endlich ein lang ersehntes Königskind geschenkt hatte, so wollte er doch nicht, dass sie an den Folgen der Geburt starb.
Der Hofarzt verbeugte sich untertänig. »Ganz Lichtenwald wurde bereits abgeernet, Eure Majestät. Rapunzel wächst nur noch im Feenwald.«
»Dann nehmt ein paar Soldaten mit. Und verständigt Horatio, damit er uns die Riesen vom Leib hält, die sein Reich besetzt haben«, sagte der König und fuhr sich nervös durch die Haare.
»Eure Majestät, die Lage hat sich sehr zugespitzt. Ich bin mir nicht sicher, ob ein paar Gefolgsleute ausreichen.«
»Dann nehmt das halbe Heer mit und schickt einen Boten zu Horatio!«
»Wir können keinen Kontakt mehr zum Feenkönig herstellen. Wir sind auf uns gestellt, Eure Majestät. Horatio kann sich auch nicht an unseren Kämpfen beteiligen. Maximus hat ihn mit einem Bann versehen, der ihn kampf- und flugunfähig macht«, erklärte der Hofarzt.
König Laurentz verdrehte die Augen. »Dieser dumme Riese macht mich wahnsinnig! Wie kann eine Kreatur allein so verbohrt und rachsüchtig sein? Jeder hatte sein Reich. Wir alle lebten in Frieden. Wir waren sogar beste Kumpanen. Warum musste sich Maximus ausgerechnet in dieselbe Frau verlieben wie ich? Maria ist ein Mensch! Was soll ein Mensch mit einem Riesen anfangen? Gut, sei es drum! Wir brauchen Rapunzel, sonst wird meine Frau die morgige Sonne nicht mehr erleben.« Der König trommelte die Hälfte seiner Streitkräfte zusammen und schickte sie gemeinsam mit dem Assistenten des Hofarztes auf die gefährliche Reise in die Anderswelt, um Rapunzel zu besorgen.
Doch in den frühen Morgenstunden kehrte nur ein einziger Mann zurück: der Assistent des Hofarztes, und zwar mit leeren Händen.
»Der Herrscher der Riesen war unbezwingbar, Eure Majestät. Wir hatten keine Chance, in den Feenwald zu gelangen, um Rapunzel zu pflücken. Vielmehr noch tötete Maximus Eure ganze Gefolgschaft. Ich war der einzige, der überlebte, weil ich mich in einer Dornenhecke verheddert hatte. Tatenlos musste ich mit ansehen, wie alle ihr Leben lassen mussten. Danach bezwang der Herrscher der Riesen die Lichtwesen und verschloss für immer das Portal zur Anderswelt«, berichtete der junge Mann atemlos.
Starr vor Schreck stand der König in der Eingangshalle seines riesigen Schlosses und fand keine Worte für die Gräueltat des dunklen Herrschers. Hunderte von Männer hatten ihr Leben lassen müssen, die Feen waren gefangen genommen worden und das Portal sollte zeitlebens versiegelt sein?
»Maximus brüllte, dass sich kein Mensch je wieder an die Lichtwesen erinnern könne. Und er sagte noch etwas«, deutete der junge Assistent des Hofarztes an.
»Was?«
»Er sagte, wenn Ihr, Eure Majestät, es jemals wagen würdet, das Portal zu öffnen, um die Lichtwesen in der Anderswelt zu befreien, würde er Euch Eure Tochter Anna auch noch nehmen. So würde er den Tod Eurer Gattin als Warnung belassen.«
Der König nickte nur.
Den Schock, den die Nachricht in ihm auslöste, versuchte er zu verbergen.
»Am Ort des Verbrechens fand ich noch eine Nachricht vom Feenkönig, Eure Majestät! Horatio schreibt, dass Maximus Euch einen Fluch auf den Hals gehetzt hat«, sagte der junge Assistent des Hofarztes zitternd.
Der König horchte auf. »Was für ein Fluch?«
»Die Zauberkräfte, die Horatio Euch geschenkt hat, könnt Ihr nur so lange ausüben, solange Eure Tochter unverheiratet ist und kein Kind geboren hat. Maximus’ Fluch könnt Ihr nur aufheben, wenn Ihr die richtige Zauberformel für die Portalöffnung findet und ihn eliminiert, bevor er die königliche Feenfamilie töten kann.«
»Er will die königliche Feenfamilie töten?«
»In der ersten Vollmondnacht nach dem achtzehnten Geburtstag Eurer Tochter, Eure Hoheit!«
»Dann wird meine Tochter fortan eingesperrt und mit dem Fluch der Täuschung belegt. Jeder heiratsfähige Mann, der sich ihr nähert, wird ihr wahres Gesicht nicht erkennen können. Stattdessen wird ihr Gesicht hässlich entstellt sein, damit sich niemand in sie verliebt. Und um sie nicht in Versuchung zu führen, den Turm zu verlassen, belege ich sie noch mit dem Bann der Unsichtbarkeit.«
Der Assistent des Hofarztes verneigte sich, bis seine Nase fast die Füße berührte, und machte auf dem Absatz kehrt.
Schweigend ging der König ins Schlafgemach seiner Frau und hielt ihre Hand, bis sie friedlich eingeschlafen war.
Als er sie einen Tag später zu Grabe trug, schwor er Rache. »Ich werde die Lichtwesen und meine Frau rächen. Maximus Grobian, du wirst dir wünschen, nie geboren worden zu sein! Ich werde einen Weg finden, die beiden Welten wieder zu vereinen und dann werde ich dich vernichten. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue!«
Er verließ die Grabstätte und sperrte seine Tochter, Prinzessin Anna, in den höchsten Turm des Schlosses, den man nicht über eine Treppe erreichen konnte. Er belegte sie mit dem ›Fluch der Täuschung‹ und dem ›Bann der Unsichtbarkeit‹. Beides sollte sich nur durch seinen eigenen Tod oder ihre Eheschließung auflösen.
Er, der König, musste um jeden Preis verhindern, dass sich ein Mann in sie verliebte, bevor er das Portal zur Anderswelt
öffnen und Maximus töten konnte.
»Was für ein grausamer Vater«, platzte ich dazwischen. Mann, war ich froh, dass mein Papa so cool drauf war! Ich hatte ein Handy, schnelles Internet und bekam immer die tollsten Klamotten. Mein Paps trug mich auf Händen - allerdings war er auch kein böser Zauberer, für den ich eine Bedrohung darstellte.
Rumpelstilzchen Junior schnitt eine Grimasse. »Ja, der König war von blindem Hass getrieben. Er hatte nur ein Ziel vor Augen, und nichts und niemand sollte ihn davon abbringen.«
Ich schluckte.
»Soll ich fortfahren?«, fragte Rumpelstilzchen Junior.
Schweigend nickte ich.
»Ich langweile mich, Vater«, sagte Prinzessin Anna und verdrehte die Augen. Sie hatte bereits alle Freizeitaktivitäten ausgeschöpft, die man in dem großzügig geschnitten Turmzimmer ausüben konnte. Die Wände waren durch die vielen Farbschichten dicker als je zuvor, in einer Ecke stapelten sich gestrickte Bettdecken und ihr Lieblingskartenspiel ›Schwarzer Grobian‹ war bereits so abgegriffen, dass man die Feenpaare und den dunklen Herrscher Maximus Grobian kaum noch erkennen konnte.
»Ich bin letzte Woche achtzehn Jahre alt geworden, Vater.
Findet Ihr nicht, dass es Zeit wird, dass ich mal unter die Menschen gehe? Es wird schon kein Riese auftauchen und mich entführen«, redete die Prinzessin wiederholt auf ihren Vater ein, obwohl sie wusste, dass Jammern und Betteln zwecklos war.
König Laurentz lächelte gequält. »Meine liebe Anna, ich will nichts riskieren. Du weißt, dass du hier im Turm am sichersten aufgehoben bist.«
Die Prinzessin schnalzte mit der Zunge. »Was ist das bitte für ein Leben, Vater? Glaubt Ihr wirklich, Maximus wäre nicht groß genug, um sich einfach vor diesen Turm zu stellen, mit der Hand hinein zu greifen und mich heraus zu holen?«
Sie lachte verbittert. Sie war es leid, in Gefangenschaft zu leben, immer auf der Hut vor dem Riesen, der seit achtzehn Jahren nicht mehr in der Welt der Menschen gesichtet worden war.
Ihr Vater lachte nicht. Bierernst blickte er sie an. »Würdest du bitte diese Art der Scherze unterlassen! Das ist nicht witzig!«
Unten klopfte es laut, dass es im ganzen Hof nur so hallte.
Einmal, zweimal, dreimal.
Die Prinzessin wusste, dass es nun Zeit war für ihren Vater zu gehen. Traurig blickte sie ihn an. »Müsst Ihr wirklich schon gehen, Vater? Können wir nicht noch eine Runde Karten spielen? Immerzu versteckt Ihr Euch in Eurer Magierwerkstatt und tüftelt an dem blöden Zauber herum. Und was ist mit mir?«
Der König erhob sich, umrundete den Tisch und gab ihr einen Kuss aufs goldene Haar. »Meine geliebte Anna, ich habe Pflichten. Ich muss dieses Land regieren. Und ich stehe so kurz«, er hob die Hand und hielt Zeige- und Mittelfinger etwa zwei Zentimeter auseinander, »vor der Entdeckung der Zauberformel, um das Portal zur Anderswelt dauerhaft zu öffnen. So kurz davor, Mutters Tod endlich zu rächen.«
»Ach, Vater! Rache ist zwar süß, aber sie macht krank. Seht Euch nur an, was Eure Besessenheit, den Riesen zu töten, aus Euch gemacht hat! Ihr seid einsam, dabei liegt Euch mit Eurer attraktiven Erscheinung die gesamte Damenwelt des Königreiches zu Füßen. Ihr bräuchtet nur mit dem Finger zu schnipsen und zehn Weibsbilder würden Euch auf der Stelle ehelichen.«
Der König starrte aus dem Fenster. »Keine Frau kommt an deine Mutter heran, Liebes. Und keine wäre in der Lage, mein Herz mit Liebe zu erfüllen.«
»Ihr habt es nicht einmal versucht, Vater! Euer einziger Lebensinhalt besteht nur noch darin, zu regieren und an dem Zauber zu arbeiten. Wollt Ihr denn keine Gesellschaft haben?
Sehnt Ihr Euch denn nicht nach Liebe?«
»Nein.«
»Ich schon. Lasst mich aus dem Turm heraus und einen gediegenen Spaziergang durch die Stadt machen! Ich will Menschen sehen, echte Menschen und nicht nur Zeichnungen in Büchern. Ich will mich mit den Bürgern sämtlicher Königreiche unterhalten und nicht nur mit meiner Zofe, meiner Lehrerin oder mit Euch. Ich will einen Mann kennenlernen, mich verlieben. Ich bin eine junge Frau, ich brauche Romantik.«
Nachdenklich ging der König zum Turmfenster. »Es geht mir längst nicht mehr nur um Rache, geliebtes Kind!«
Seine Tochter lehnte ihr zartes Gesicht gegen seinen starken Rücken. »Worum geht es Euch dann, Vater?«
»Maximus legt mir einmal pro Mondphase eine von ihm eigenhändig getötete Fee auf den Felsen. Hierzu öffnet er das Portal kurzzeitig, um seine Macht zu demonstrieren. Das Morden der Feen muss endlich ein Ende haben. Die nächste Mondphase naht heran und dieser zurückgebliebene Gigant wird als nächstes die königliche Feenfamilie töten. Das
Feenvolk würde ohne ihren König sterben.«
»Dann tüftelt eben an dem Zauber herum, wenn es denn hilft«, stöhnte die Prinzessin. »Aber bitte, Vater, gewährt mir nur diesen einen Wunsch und lasst mich einen Mann aussuchen! Ihr könntet einen Ball für mich ausrichten, damit ich einen Mann finden kann. Das hat bei Prinz Theoford im Pfauenland auch geklappt, als er eine Braut suchte. Ihr wollt doch sicherlich Enkelkinder haben, oder nicht?«
Der König atmete sorgenvoll ein. Die letzte Geburt hatte ihm das Kostbarste genommen, was er besessen hatte: seine Frau. Er verspürte wenig Lust, seine Tochter auch noch zu verlieren. Außerdem musste er um jeden Preis verhindern, dass sie heiratete, bevor er den richtigen Zauber gefunden hatte. Wenn er erst beide Welten wieder vereint und Maximus getötet hatte, konnte sie seinetwegen heiraten und Kinder kriegen. Aber vorher musste sie hier im Turm verweilen, sonst würde ihn Maximus’ Fluch treffen und achtzehn Jahre durchtüftelte Nächte wären umsonst gewesen.
»Wir haben kein Rapunzel mehr. Es wächst nur noch im Feenwald. Du kannst unmöglich heiraten und dich dann auf das gefährliche Abenteuer des Kinderkriegens einlassen. Ich habe schon deine Mutter verloren«, sagte er. »Du musst warten, bis ich das Portal zur Anderswelt öffnen konnte.«
»Wozu brauchen wir das Kraut? Mir wird schon nicht dasselbe Schicksal wie Mutter ereilen. Ich langweile mich. Ich brauche Gesellschaft. Ich möchte mich verlieben.«
»Das Leben außerhalb des Turms ist für dich zu gefährlich, Anna! Daher befehle ich dir, gehorsam zu sein!«
Die Prinzessin schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter.
»Und wenn ich mich entgegen deiner Anweisung aus dem Turm schleiche und nach einem Mann Ausschau halte?«
»Unsichtbar?« Der König lachte höhnisch. Abrupt hörte er auf zu lachen und funkelte seine Tochter an. »Wenn du es auch nur versuchst, wird dein hübscher Körper durch die magischen Sperren an der Außenmauer des Turms zerfetzt und von Feuerkäfern aufgefressen werden. Ich werde die Barrieren noch erhöhen, damit du meine Anweisung nicht umgehst.«
»Bitte Vater, dann ladet wenigstens die Männer unseres Landes zu einem Ball ein! Wir haben schon meinen achtzehnten Geburtstag hier oben in meinem Turm gefeiert.
Das ist öde! Wozu bin ich eine Prinzessin?«
»Also gut«, ließ sich der König schließlich zum Schein erweichen, »ich schicke die Boten aus, sobald mir die Portalöffnung gelungen ist. Sie sollen alle starken Mannsbilder zum Ball einladen, damit du dir einen akzeptablen Ehemann aussuchen kannst.«
Die Prinzessin, die ihrem Vater nicht genau zugehört hatte, fiel ihm dankbar um den Hals. »Ihr seid der Beste, Vater!«
König Laurentz lächelte zaghaft. Seine Tochter war die einzige, die ihm noch ein aufrichtiges Lächeln entlocken konnte. »Schatz, lass dein Haar herab! Ich werde jetzt wieder meinen Dienst als König antreten.«
Gehorsam wickelte die Prinzessin ihren langen Zopf vom Kopf und ließ ihr Haar an der Turmwand herunter, damit ihr Vater den Turm verlassen konnte.
Beschwingt tanzte sie durch den Raum. »Ich werde mir ein Kleid schneidern für den Ball, Vater. Bitte lasst mir noch etwas Stoff zukommen«, rief sie aus dem Fenster.
»Natürlich, mein Kind.« König Laurentz winkte kurz und verschwand schnellen Schrittes in seiner Magierwerkstatt.
Die Zeit drängte.
Die nächste, unheilvolle Vollmondnacht sollte in sieben Tagen ihre Drohung wahrmachen. Bis dahin musste er das Portal geöffnet und Maximus vernichtet haben. Bis zu diesem Zeitpunkt durfte kein Mann der Welt in die Gemächer seiner Tochter eindringen können, ohne elendig zu verglühen. Er war zu kurz vorm Ziel, um jetzt noch irgendetwas zu riskieren.
»Nur zu meinem Verständnis…«
»Bitte, nutzen wir die anderen neunzig Prozent«, erwiderte Rumpelstilzchen Junior lächelnd.
»…wollen Sie mir gerade weismachen, dass das Märchen, welches wir Menschen als ›Rumpelstilzchen‹ kennen, in Wahrheit eine Geschichte ist, in der es ein ›Rapunzel‹ gibt? Oder bringen Sie hier vielleicht etwas durcheinander?«
»Bevor ich das beantworte, frage ich dich, Emma-Süße, was sind Märchen?« Rumpelstilzchen Junior wartete geduldig.
»An Ihnen ist kein Held, sondern ein Lehrer verloren gegangen«, sagte ich verstimmt.
Mein Gegenüber lächelte vielsagend. »Ja, ich liebe die Schule. Darum gehe ich auch so gerne hin.«
Verwirrt kramte ich in meinem Hirn herum, welches zur nächtlichen Stunde nach einem Berg Schokolade schrie.
Was tat ich nicht alles für ein Date mit Steven!
»Ich glaube, man unterteilt sie in zwei Kategorien«, wagte ich mich vor.
Rumpelstilzchen Junior legte sich den leicht behaarten Finger auf die schmalen Lippen. Dann ließ er seine kleinen Stumpen aufblitzen. »Richtig. Und weiter?«
Ich kam mir vor, als säße ich vor meiner alten, verbiesterten Deutschlehrerin. Sie hatte ungefähr genauso viele Haare am Kinn - und vermutlich auch auf ihrem Körper.
»Die mündlich überlieferten Geschichten, deren Herkunft anonym ist, also für die es keinen Autor gibt, nennt man ›Volksmärchen‹. Wundersame Erzählungen, deren Autor bekannt ist, werden als ›Märchen‹ abgestempelt«, kramte ich aus meinem Gedächtnis hervor.
»Was ist denn charakteristisch für ein Märchen?«, bohrte Rumpelstilzchen Junior weiter. »Zumindest bei den Geschichten, die sich die Menschlinge seit Jahrhunderten erzählen und als Märchen ausgeben«, fügte er hinzu.
Ich verdrehte innerlich die Augen.
Das war ja ätzender als in der Schule. Nur dass diese Situation hundertmal schlimmer war, denn es gab keine anderen Schüler, die mir aus der Patsche helfen konnten.
Leise räusperte ich mich. »Im Märchen gibt es sprechende Tiere, Hexen, Zauberer, Zwerge und Fabeltiere wie Drachen oder Einhörner.«
»Genau, also sind Märchen voll gelogen, denn Einhörner gibt es nicht.«
»Vielleicht eher ›frei erfunden‹?«, versuchte ich seine Aussage abzuschwächen.
»Nun gut, wenn dich das glücklich macht. Und weiter?«
»Die Geschichten haben immer eine Botschaft, manchmal sogar eine Warnung. Vielleicht erhoffen sich die Erzähler, die Kinder auf die Gefahren der Welt hinweisen zu können.«
Rumpelstilzchen Junior grinste breit. Er legte seine langen Klauen aneinander und nickte auffällig. »Exakt, Emma!
Und wer weiß, ob die Gebrüder Grimm nicht eine einzige Geschichte in viele kleine aufgeteilt haben, um etwas mehr zu erzählen zu haben. Und so wurde aus dem Märchen ›Rumpelstilzchen‹ ein weiteres namens ›Rapunzel‹ geboren.«
Sein Bauch knurrte plötzlich so gewaltig, dass ich erschrocken einen Satz nach hinten machte.
Ängstlich blickte ich mich um. Im ersten Moment hatte es wie ein hungriger Wolf geklungen.
»Verzeihung, aber hast du zufälligerweise noch etwas Nervennahrung dabei? Die alte Geschichte macht mich immer so hungrig und melancholisch. Da schreien meine Zellen nach Schokolade«, sagte Rumpelstilzchen Junior verschämt. »Außerdem wühlt es mich auf, wenn ich daran denke, wie Saphira von einem schwarzen Zauber getroffen wurde.«
Ich lächelte zaghaft, wohlwissend, dass mein Blut ebenfalls Nachschub der klebrig-süßen Schokomasse benötigte.
»Meine Mom wird nicht begeistert sein, wenn wir ihre Partyvorräte aufessen. Aber es ist ja ein Notfall.« Ich holte meine aller-aller-aller-allerletzte Tafel hervor.
»Ist das alles?«
»Ich hatte noch eine ganze Tüte voll mit Schokolade im Rucksack. Aber die muss ich wohl verloren haben, als ich vor Ihnen geflüchtet bin.«
Rumpelstilzchen Junior machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ich glaube, so eine Tüte liegt noch draußen vor der Hütte. Die war so schwer, als ich dich trug, dass sie aus dem Rucksack gerutscht ist.«
»Soll ich sie holen?«, fragte ich höflich nach.
Mein Gegenüber nickte. »Super Idee! Ich koche uns eben noch einen Tee.«
Exakt dreihundert Sekunden später klopfte ich mit den Partyvorräten meiner Mutter an die Hüttentür. Die Tüte hatte tatsächlich unberührt vor der Waldhütte gelegen.
Leicht außer Atem trat ich von einem Bein aufs andere.
Die Tür, so hatte es zumindest Rumpelstilzchens Sohn erklärt, war magisch verriegelt. Es war quasi unmöglich, sie aufzubrechen. Und jeder, der ungefragt hindurchmarschierte, würde allerschlimmste Verbrennungen davontragen.
Ich war mir zwar nicht sicher, ob er tatsächlich über derartige magische Fähigkeiten verfügte, wollte das jedoch in Anbetracht meiner mir heiligen Haut - und meines bevorstehenden Dates mit Steven - nicht ausprobieren.
»Wer da?«, ertönte eine heisere Stimme.
»Emma Valentino«, rief ich gedämpft.
Ich blickte mich um.
Es war stockfinster.
Wolken hatten sich vor den Vollmond geschoben.
Ich kannte die Gegend überhaupt nicht, war noch nie hier gewesen. Meine Lieblingstante machte sich vermutlich ins Hemd, weil ich nicht wieder auftauchte - wo auch immer sie auf mich wartete!
Ich checkte meine Hosentaschen.
Mein Handy war weg.
Ich musste es beim Weglaufen verloren haben.
Mist!
Nun konnte ich ihr nicht einmal eine Nachricht schicken.
Hoffentlich rief sie nicht die Polizei, um nach mir zu su