Intuitiv essen - Elyse Resch - E-Book

Intuitiv essen E-Book

Elyse Resch

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Beschreibung

Die Anti-Diät: intuitiv zu natürlichem Essverhalten finden. Die überarbeitete Neuausgabe des Bestsellers!

Schluss mit dem Diätwahn und zurück zu einem natürlichen Körpergefühl und Essgenuss ohne schlechtes Gewissen – diese Botschaft vermitteln die beiden Autorinnen in ihrem Buch »Intuitiv essen«. Denn wer bewusst und ohne Schuldgefühle isst und auf seinen Körper hört, der wird lernen, seinen Körper zu akzeptieren. So fällt es ganz leicht, stressfrei und auf natürliche Weise zu einem gesunden Gewicht zu finden und, was am wichtigsten ist, sich beim Essen endlich wohlzufühlen!

Die Autorinnen haben Ihren Bestseller für diese Ausgabe aktualisiert und ergänzt. Das Buch erschien ursprünglich unter dem Titel »Intuitiv abnehmen« im Goldmann Verlag.

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Seitenzahl: 498

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Buch

Endlich Schluss mit dem Diätwahn! Wer bewusst und ohne Schuldgefühle isst und auf seinen Körper hört, der wird lernen, seinen Körper zu akzeptieren. So fällt es ganz leicht, stressfrei und auf natürliche Weise zu einem gesunden Gewicht zu finden und, was am wichtigsten ist, sich beim Essen endlich wohlzufühlen!

Die Autorinnen haben Ihren Bestseller für diese Ausgabe aktualisiert und ergänzt.

Autorinnen

Evelyn Tribole ist Ernährungswissenschaftlerin mit eigener Praxis. Sie war Ernährungsexpertin bei »Good Morning America« und nationale Sprecherin der American Dietetic Association. Sie lebt in Newport Beach, Kalifornien.

Elyse Resch ist seit 30 Jahren als Ernährungstherapeutin mit eigener Praxis tätig. Ihr Spezialgebiet sind Essstörungen, intuitives Essen und präventive Ernährung. Sie lebt in Beverly Hills, Kalifornien.

Außerdem von Evelyn Tribole und Elyse Resch im Programm

Intuitiv essen – das Workbook

auch als E-Book erhältlich

EVELYN TRIBOLE ELYSE RESCH

Schluss mit dem Diätwahn:

Genuss ohne schlechtes Gewissen

Aus dem Amerikanischen von Gabriele Lichtner

Die überarbeitete amerikanische Originalausgabe erschien 2020 unter dem Titel »Intuitive Eating« bei St. Martin’s Essentials, St. Martin’s Publishing, New York. Das Buch ist ursprünglich unter dem Titel »Intuitiv abnehmen« im Goldmann Verlag erschienen.Alle Ratschläge in diesem Buch wurden von den Autorinnen und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorinnen beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber ausfindig zu machen, verlagsüblich zu nennen und zu honorieren. Sollte uns dies im Einzelfall aufgrund der schlechten Quellenlage bedauerlicherweise einmal nicht möglich gewesen sein, werden wir begründete Ansprüche selbstverständlich erfüllen.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Deutsche Erstausgabe Dezember 2024

Copyright © 1995, 2003, 2012, 2020 der Originalausgabe: Evelyn Tribole, MS, RDN, CEDRD-S and Elyse Resch, MS, RDN, CEDRD-S, FAND. Published by arrangement with St. Martin’s Press, LLC. All rights reserved.

Copyright © 2024 der deutschsprachigen Ausgabe: Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Andrea Kalbe

Dieses Buch wurde im Auftrag von St. Martin’s Press LLC durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen, vermittelt.

Umschlag: Uno Werbeagentur, München

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

CH ∙ MW

ISBN 978-3-641-32081-2V001

www.goldmann-verlag.de

Wir widmen dieses Buch unseren ehemaligen und gegenwärtigen Klientinnen und zukünftigen intuitiven Esserinnen und den für dieses Ziel arbeitenden Gesundheitsexpertinnen und -experten:Mögen Ihnen Würde, Gesundheit und Glück beschieden sein – unabhängig von Körpermaßen oder Körperform.Mögen Sie niemals an Ihrer inneren Weisheit und Ihren Erfahrungen zweifeln.

Inhalt

Vorwort

Einleitung

1. Wissenschaftliche Untersuchungen zu intuitivem Essen

Breites Interesse nach Medienberichten

Wissenschaftliche Definition und Messung

Studienergebnisse zu Vorteilen und Merkmalen

Was intuitives Essen fördert oder behindert

Akzeptanz und Körperwertschätzung

Behandlung und Prävention von Essstörungen

2. Nie wieder Diät!

Symptome des Diät-Rückschlags

Das Diät-Paradoxon

Diäten können nicht gegen die Natur ankommen

Diätkultur

3. Welcher Esstyp sind Sie?

Die Esspersönlichkeiten

Wenn Ihre Esspersönlichkeit gegen Sie arbeitet

Vorstellung des intuitiven Essers

Wie der intuitive Esser in Ihnen verschüttet wurde

4. Die Prinzipien intuitiven Essens: Überblick

5. Den intuitiven Esser wecken: Stufen

Sie können es schaffen!

6. Prinzip 1: Legen Sie die Diätmentalität ab

Die Diätlücke

Die »Eine letzte Diät«-Falle

Pseudo-Diäthalten

Wie Sie die Diätmentalität ablegen

7. Prinzip 2: Honorieren Sie Ihren Hunger

Mechanismen, die Hunger auslösen

Die Powerhouse-Zelltheorie

Grundlegende Essenstherapie: Honorieren Sie Ihren Hunger

Wenn der Hunger schweigt

Wie Sie Ihren biologischen Hunger honorieren

8. Prinzip 3: Schließen Sie Frieden mit dem Essen

Grundregeln der Entbehrung

Wieso kann man überhaupt Diäten machen?

Der Schlüssel: bedingungslose Erlaubnis zum Essen

9. Prinzip 4: Sagen Sie der Essenspolizei den Kampf an

Essensgeschwätz

Wer spricht da?

Selbstbotschaften: Waffenarsenal im Kampf gegen die Essenspolizei

Negative Selbst-Beobachtungen (und was Sie dagegen tun können)

10. Prinzip 5: Entdecken Sie den Genussfaktor

Haben Sie keine Angst davor, Ihr Essen zu genießen

Wie Sie den Genuss am Essen zurückgewinnen

Es muss nicht immer alles perfekt sein

Holen Sie sich Ihr Recht auf genussvolles Essen wieder

11. Prinzip 6: Spüren Sie Ihre Sättigung

Angenehme Sättigung erkennen

Wie Sie Ihre Sättigung respektieren

Die Sättigungsfaktoren

Wenn man nicht aufhören kann zu essen

12. Prinzip 7: Bewältigen Sie Ihre Gefühle mit Freundlichkeit

Das Spektrum emotionalen Essens

Emotionale Auslöser

Umgang mit emotionalem Essen

Ihre Bedürfnisse mit Freundlichkeit befriedigen

Wie emotionales Überessen schadet undhilft

Wenn das Essen seine Wichtigkeit verliert

Ein sonderbares Geschenk

13. Prinzip 8: Respektieren Sie Ihren Körper

Körperbild

Warum »Respekt«?

Ihr natürliches Körpergewicht

Gewichtsstigmatisierung

Verabschieden Sie sich von der Fantasie

14. Prinzip 9: Bewegung – fühlen Sie den Unterschied

Barrieren gegen Sport durchbrechen

Körperliche Aktivität ist der »Stressdämpfer« überhaupt

Der Anfang eines lebenslangen Engagements

Kann man zu viel Sport machen?

Ruhepausen sind hilfreich

15. Prinzip 10: Erhalten Sie Ihre Gesundheit mit sanfter Ernährung

Essenssorgen

Ernährung nach Zahlen?

Frieden mit der Ernährung schließen: Gesundheit erreichen

16. Einen intuitiven Esser großziehen: Kinder und Teenager

Baby Led Weaning/feste Nahrung

Familienerfahrungen

Vorbildfunktion

Wie können Sie die angeborene Beziehung Ihres Kindes zum Essen unterstützen?

Die Macht der Einschränkung und Entbehrung

Das intuitive Esserlebnis Ihres Kindes bestärken

Wenn die Beziehung zum Essen schon geschädigt ist

Wenn Ihnen gesagt wird, dass Ihr Kind »übergewichtig« ist

Wenn Ihr Kind untergewichtig ist oder nicht essen will

Jugendliche

Zehn Schritte, um intuitives Essen bei Jugendlichen zu fördern

Bewegung

17. Der Weg zur Heilung von Essstörungen

Die Einbindung von intuitivem Essen in die Behandlung von Essstörungen

Die Behandlung von Anorexie mit intuitivem Essen

Die Behandlung von Bulimie und Binge Eating mit intuitivem Essen

Schlüsselmomente

Bereitschaft zum intuitiven Essen

Schlusswort

Anhang A Häufige Fragen und Antworten

Anhang B Schritt-für-Schritt-Anleitung

Dank

Quellen

Weiterführende Informationen

Über die Autorinnen

Register

Vorwort

Intuitiv essen erschien in englischer Sprache unter dem Titel Intuitive Eating zum ersten Mal im Jahr 1995. Im Laufe der Jahre haben Hunderttausende Menschen dieses Buch gelesen. Während des Lesens hatten sie im Innersten das Gefühl, genau zu verstehen, was wir meinten. Wir haben viele Briefe und E-Mails bekommen, in denen stand: »Sie schreiben über mich« oder »Woher wissen Sie, dass ich mich so fühle« oder »Endlich versteht es jemand«. Aber während viele das Buch verstanden haben, gibt es andere, die fragten, was intuitives Abnehmen wirklich bedeutet. Werden wir von unserem Instinkt geleitet? Wissen wir einfach, was und wie viel und wann wir essen sollen? Bei der Vorstellung dieser vierten Ausgabe möchten wir daher die Gelegenheit ergreifen und so klar wie möglich beantworten, was intuitives Essen wirklich ist.

Um zu verstehen, warum wir mit all der für einen intuitiven Esser nötigen Weisheit geboren wurden, sind ein paar Grundkenntnisse über das menschliche Gehirn hilfreich. Wir können uns dann besser vorstellen, wie wir das Leben eines intuitiven Essers führen können, obwohl wir täglich mit schier unendlichen Wahlmöglichkeiten natürlicher und verarbeiteter Nahrungsmittel bombardiert werden – und mit den unerbittlichen Diätbotschaften, von denen es nur so wimmelt.

Wir Menschen funktionieren über das dynamische Zusammenspiel von Instinkt, Fühlen und Denken, zwischen denen das Gehirn der Vermittler ist und die zusammenarbeiten, um unser Leben zu dirigieren. Der Psychiater und Achtsamkeitsexperte Daniel Siegel nennt diesen Prozess »Mindsight« (innere Sicht). Es gibt drei Gehirnregionen, die für diese machtvolle Integration verantwortlich sind:

Die erste Region, der Hirnstamm, wird auch Reptilienhirn genannt, denn als die frühen Reptilien die Erde bevölkerten, agierten und reagierten sie ausschließlich nach ihrem Instinkt, der von diesem Teil gesteuert wird. Sie überlegten nicht und fühlten nicht – sie agierten einfach. Im Verlauf der Evolution entwickelte sich mit der Entstehung der Säugetiere auch eine andere Ebene der Hirnfunktion, das limbische System. Es ist verantwortlich für die Emotionen und soziales Verhalten. Die hier entstehenden Gefühle überlagern die instinktiven Reaktionen des Reptilienhirns. Die Instinkte, die im Stammhirn entstehen, werden zum limbischen System gesandt, wodurch die Wahrnehmung erweitert wird (Levine 1997). Schließlich entwickelte sich die dritte Hauptregion des Gehirns, das rationale Gehirn oder der Cortex. Das rationale Gehirn führt die Instinkte und Gefühle der anderen beiden Gehirnregionen zusammen, kontrolliert diese aber nicht, sondern nimmt die instinktiven und gefühlsmäßigen Teile unseres Wesens wahr und wägt sie ab. Im rationalen Gehirn entstehen Gedanken und Sprache.

Intuitives Essen umfasst alle drei Teile des menschlichen Gehirns. Bis zum Kleinkindalter folgen wir diesem Prozess der Ernährung unwillkürlich. Wenn wir älter werden, entscheiden wir häufiger auch aufgrund von Gedanken und Gefühlen, was und wie wir essen. Unseren Klientinnen und Klienten erklären wir oft, dass wir nicht nur aus Zunge und Magen, sondern auch aus unserem Geist bestehen – unserem Verstand und unserer Psyche. Häufig hören wir: »Ich dachte, dass ich als intuitiver Esser alles essen könnte, was ich will. Also esse ich jetzt, was ich möchte und so viel wie ich möchte, wann immer ich mich danach fühle!« Diese Auffassung verzerrt den Grundsatz des intuitiven Essens. Es stimmt schon: Schließen Sie Frieden mit dem Essen und essen Sie, was Ihrem Gaumen gefällt. Geben Sie sich die Freiheit, ohne Bedingungen zu essen, und essen Sie so viel, wie Sie brauchen, um Ihren Körper zufriedenzustellen. Aber immer zu essen, wenn Sie gerade Lust dazu haben, ohne auf Ihren Hunger oder auf Ihr Sättigungsgefühl zu achten, wäre sicher keine sehr befriedigende Erfahrung und könnte Ihnen körperliches Unwohlsein bereiten. Sich auf die Sättigungshinweise Ihres Körpers einzustellen, ist ein wichtiger Teil des intuitiven Essens.

Als intuitiver Esser vertrauen Sie Ihrem Gehirn, denn es ist Teil Ihres Körpers. Während Sie die Prinzipien des intuitiven Essens anwenden, legen Sie Informationen in den Gedächtnis-»Ordnern« ab, die in Ihrem Gehirn gelagert sind. Wenn Sie Hunger haben, müssen Sie für die Entscheidung, was Sie essen, einige dieser Ordner hervorholen. Sie werden einschätzen, wie hungrig Sie sind, und dann überlegen, welche Nahrungsmittel Ihren Hunger und Ihre Geschmacksknospen zufriedenstellen können. Vielleicht stellen Sie sich auch verschiedene Nahrungsmittel bildlich vor, ihren Geschmack, ihre Konsistenz, ihre Temperatur. Vielleicht öffnen Sie ebenfalls den Ordner, in dem vergangene Essenserfahrungen abgelegt sind, und fragen sich, ob das, was Sie gerade wählen wollen, ein anderes Mal gut für Sie war. Hat das Essen lange vorgehalten? Hat es Ihren Blutzucker hochgepusht, nur damit Sie bald darauf schon wieder Hunger bekamen? Hatten Sie nachher Verdauungsprobleme? Oder haben Sie dieses Essen voll und ganz genossen und wollen Sie es nun wieder haben? Auch Ihre Gefühle können ins Spiel kommen, wenn Sie Lust haben zu essen. Sind Sie vielleicht emotional aufgewühlt und wollen essen, um sich zu trösten und zu beruhigen? Oder haben Sie Langeweile und denken an bestimmte Nahrungsmittel, um sich zu zerstreuen? All dies könnte Ihre Entscheidung beeinflussen, was Sie essen und ob Sie überhaupt essen.

Am Anfang Ihrer Reise mit dem Ziel, wieder ein intuitiver Esser zu werden, werden Ihnen Hunger, Sättigung, Zufriedenheit, Gedanken und Gefühle rund ums Essen wahrscheinlich in extremem Maß bewusst sein. Ihr Gehirn muss dauernd mit Zunge und Magen in Einklang gebracht werden. Aber während Sie geübter darin werden, Ihre inneren Signale wahrzunehmen, übernehmen die Instinkte und Ihre intuitive Weisheit nach und nach eine größere Rolle im Essensprozess. Beim intuitiven Essen geht es also darum, dass Sie darauf zurückkommen, die für Sie nötigen Informationen abzurufen – Ihre Reptilien-Instinkte, Ihre Emotionen und Ihre rationalen Gedanken.

Wir können kaum glauben, dass es schon fünfundzwanzig Jahre her ist, dass Intuitiv essen zum ersten Mal erschien. Auch wenn diese Zeit schnell vergangen ist, war sie angefüllt mit vielen wichtigen Erfahrungen. Wir haben unzählige Anrufe, E-Mails, Social-Media-Messages und Briefe von Menschen aus allen Teilen der USA und aus der ganzen Welt erhalten. Dadurch sind wir in Kontakt mit Menschen gekommen, die wir ohne dieses Buch niemals kennengelernt hätten. Wir haben viele Geschichten darüber gehört, wie Intuitiv essen Leben verändert und Beziehungen zum Essen und zum Körper geheilt hat. Wir haben mit Menschen gesprochen, die am Anfang ihrer Reise waren und sich an uns wandten, weil sie einen stärker auf sie zugeschnittenen Prozess brauchten – in persönlichem, telefonischem oder virtuellem Kontakt. Viele haben uns ihren Dank ausgedrückt, für die das Buch der Einstieg zur Heilung war, mit dem sie den Prozess erfolgreich allein durchführen konnten.

Nicht selten wurden wir gefragt, ob wir in anderen Landesteilen Ernährungstherapeuten empfehlen können, die mit intuitivem Essen vertraut sind. Um unsere Botschaft zu verbreiten, haben wir weltweit mehr als tausend Experten als zertifizierte professionelle Berater und als zertifizierte Laienberater für intuitives Essen ausgebildet. Wir haben Vorträge gehalten, sind im Fernsehen aufgetreten und wurden im Hörfunk und für Podcasts interviewt. In Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln und im Internet sind wir zitiert worden. Außerdem haben uns Kollegen um Erlaubnis gebeten, Intuitiv essen zur Grundlage von College-Vorlesungen, Workshops und Seminaren zu machen.

Diese Erfahrungen waren für uns sehr wichtig. Wir konnten unsere Arbeit, die wir vorher nur in unseren Praxen, übers Telefon oder virtuell durchgeführt hatten, ausweiten. Wir konnten die Philosophie von Intuitiv essen an diejenigen weitergeben, die wir nie erreicht hätten, wenn es das Buch nicht gegeben hätte.

Es hat uns sehr berührt zu erfahren, dass Intuitiv essen das Leben so vieler Menschen verändert hat. Nicht wenige waren nach Jahren gescheiterter Diäten verzweifelt und schöpften nach dem Lesen von Intuitiv essen zum ersten Mal wieder Hoffnung. Manche erzählten uns, dass sie ihren Kopf von den strafenden und obsessiven Gedanken über ihr Essverhalten und ihre Körperwahrnehmung befreien konnten und dass diese Klärung Platz für positives Denken und den Entschluss schuf, tiefgreifende Veränderungen in ihrem Leben anzugehen. Viele berichteten von einem neuen, starken Gefühl der Selbstachtung, weil die Arbeit an einem Prozess, der den Wert ihrer inneren Stimme anerkennt, ihnen Stärke verlieh. Durch Intuitiv essen haben sie gelernt, der Weisheit zu vertrauen, die immer in ihnen vorhanden, aber durch Jahre des Selbstzweifels verschüttet worden war. Der Zweifel an den ihnen angeborenen Essenssignalen hatte dazu geführt, dass sie auch an ihren Einstellungen zu vielen anderen Aspekten ihres Lebens gezweifelt hatten.

Wir haben Geschichten von Menschen gehört, die sich aus von Missbrauch geprägten Beziehungen lösten, von Menschen, die sich mit ihnen Nahestehenden, mit denen sie zerstritten waren, wieder versöhnten, und von Menschen, die bedeutende berufliche Veränderungen in Angriff genommen haben, nachdem sie ihren ständigen Kampf mit dem Essen und ihrem Körper nicht mehr zu führen brauchten. Uns wurde auch von Liebesbeziehungen berichtet, die für einige nicht möglich gewesen wären, solange sie mit Sorgen um ihren Körper und dem neuesten, zum Scheitern verurteilten Diätversuch beschäftigt waren. Intuitiv essen hat all diesen Menschen die Freiheit gegeben, mit ihrem eigentlichen Leben fortzufahren, weil sie Selbstzweifel und Verzweiflung hinter sich lassen konnten. (Es muss jedoch bedacht werden, dass Menschen mit einem höheren Gewicht wahrscheinlich weiterhin Diskriminierungen ausgesetzt sein werden, auch wenn sie intuitive Esser geworden sind.)

Intuitiv essen hat auch das Leben vieler unserer Berufskolleginnen und -kollegen verändert. Bei jeder Konferenz, an der wir teilnehmen, hören wir von Ernährungstherapeuten und Psychotherapeuten, wie dankbar sie sind, dieses Buch zu haben, um es an ihre Patienten weiterzugeben. Auch wir selbst haben festgestellt, wie hilfreich es ist, ein Buch zur Hand zu haben, das wir unseren Patienten mit nach Hause geben können, damit sie jederzeit darin nachschlagen können. Manche haben uns sogar gesagt, dass es ihnen hilft, sozusagen einen Teil von uns mit sich nehmen zu können, falls sie Unterstützung brauchen!

In dieser vierten Ausgabe von Intuitiv essen haben wir einige Teile hinzugefügt, durch die wir hoffen, eine breitere Leserschaft zu erreichen und allen noch mehr Werkzeuge zur Verfügung zu stellen. Wir haben im Kapitel zum Thema intuitives Essen bei Kindern und Jugendlichen einen Abschnitt mit aufgenommen, in dem wir babygesteuerte Beikosteinführung/feste Nahrung behandeln. Damit wollen wir Eltern helfen, die angeborene innere Essensweisheit ihrer Kinder zu bewahren. Und wir möchten Eltern dabei helfen, eine schwierige Beziehung wieder zu heilen, die sich vielleicht bei ihren Kindern rund ums Essen entwickelt hat. Wie schön wäre es, wenn alle Kinder das ihnen angeborene intuitive Essen ihr ganzes Leben lang beibehalten könnten!

Außerdem haben wir das Kapitel über die Forschung, die sich mit der Wirkung von intuitivem Essen beschäftigt, erweitert. Als wir das Konzept des intuitiven Essens entwickelten, haben wir Hunderte Untersuchungen durchgesehen, die zusammen mit unserer klinischen Erfahrung die Grundlage für die Prinzipien des intuitiven Essens bildeten. Auch wenn unser Konzept auf Annahmen beruht, die durch Untersuchungen abgesichert sind (oder genauer gesagt davon angeregt sind), ist das nicht dasselbe, als wenn wir sagen: »Untersuchungen zeigen, dass intuitives Essen tatsächlich wirkt.« Nun können wir das.

Als Intuitiv essen zum ersten Mal erschien, hatten wir keine Ahnung, dass unser Konzept so viele Untersuchungen anregen würde. Heute gibt es bereits mehr als 125 allein zum intuitiven Essen, und darüber hinaus werden zurzeit einige weitere durchgeführt. In dieser Neuausgabe erörtern wir die spannende Forschung zur interozeptiven Wahrnehmung, auf der das intuitive Essen beruht. Bei der interozeptiven Wahrnehmung handelt es sich um unsere Fähigkeit, Vorgänge im Körperinnern wahrzunehmen. Dazu gehören zum Beispiel körperliche Zustände wie eine volle Blase oder Herzrasen sowie Sättigungs- und Hungeranzeichen. Jedes Signal entspricht einem empfundenen Gefühl im Körper, das einzigartig ist, vergleichbar mit einem Fingerabdruck. Wenn wir mittels interozeptiver Wahrnehmung auf unseren Körper hören, haben wir eine Fundgrube an Informationen, um unsere biologischen und psychologischen Bedürfnisse zu befriedigen! In anderen Worten, unsere Wünsche, Bedürfnisse und Emotionen sind stark an die direkte Erfahrung von Wahrnehmungen im Körper im gegenwärtigen Moment gebunden. Die Prinzipien intuitiven Essens wirken entweder indem die interozeptive Wahrnehmung verstärkt wird oder indem die Hindernisse für die Nutzung dieser »Superkraft« beseitigt werden. Diese Hindernisse entstehen normalerweise im Kopf in Form von Regeln, Glaubenssätzen und Gedanken.

Den Schwerpunkt dieses Buches bildet auch weiterhin das Thema Zufriedenheit als treibende Kraft beim intuitiven Essen. Sie werden sehen, wie tiefgreifend die durchs Essen zu erlangende Zufriedenheit durch alle anderen Prinzipien in diesem Buch beeinflusst wird. Darüber hinaus haben wir im ganzen Buch an vielen Stellen Aktualisierungen vorgenommen. Zum Beispiel sind wir im Laufe der Jahre sensibel dafür geworden, welche Wirkung die Erwähnung von Zahlen auf unsere Leser hat. Ob sich diese auf ihr Körpergewicht, ihre Körpergröße oder auf Portionsgrößen beziehen, diese Zahlen können zu Vergleichen und negativen Gefühlen führen. Daher haben wir so weit wie möglich auf die Angabe von Zahlen verzichtet. Darüber hinaus haben wir die meisten auf das Gewicht bezogenen Feststellungen entfernt, weil wir glauben, dass jede Konzentration auf das Gewicht nur das in unserer Kultur existierende toxische Gewichtsstigma aufrechterhält. Dieses Problem ist so allgegenwärtig, dass wir Abschnitte über Diätkultur und Gewichtsstigma angefügt haben, damit Sie leicht verstehen können, wie es Sie beeinflusst, auch wenn Sie nicht bewusst eine Diät machen!

Im aktualisierten Anhang finden Sie wichtige Adressen und Informationen. Die »Schritt-für-Schritt-Anleitung« im Anhang haben wir beibehalten. Diese Übersicht ist eine Wohltat für alte und neue Leser auf ihrer Reise zum intuitiven Essen. Wenn Sie das Buch zum ersten Mal in der Hand haben, können Sie wählen: Vielleicht möchten Sie zunächst das ganze Buch lesen und dann die Übersicht, um sich den Prozess zusammengefasst in Erinnerung zu rufen. Leser, die mit dem Prozess des intuitiven Essens bereits vertraut sind, können diesen Abschnitt nutzen, um das Konzept im Schnellcheck zu wiederholen und zu überprüfen. Oder Sie lesen ein Prinzip nach dem anderen und nutzen gleich anschließend die Übersicht, um zu sehen, ob Sie auf dem richtigen Weg sind. Noch ein Wort zur Reihenfolge der Prinzipien: Manche fühlen sich vielleicht zu einem bestimmten Prinzip hingezogen und möchten es unabhängig von der Reihenfolge lesen. Es gibt keine »richtige Art und Weise«, um intuitives Essen zu verstehen – folgen Sie einfach Ihrem Bauchgefühl, wenn Sie dieses Buch lesen. Welche Herangehensweise Sie auch wählen, wir hoffen, dass die Schritt-für-Schritt-Anleitung ein hilfreiches Werkzeug für Sie ist.

Schließlich möchten wir den vielen Menschen danken, die wir im Laufe der Jahre kennenlernen und mit denen wir arbeiten durften – sie waren unsere Lehrer und Inspiration. Danke!

Einleitung

Wenn man für jede Diät wie bei einem Vielfliegerprogramm Punkte bekäme, hätte sich manch einer schon eine Reise zum Mond und zurück verdient. Die globale Abnehmindustrie hat bis zum Jahr 2023 fast 280 Milliarden Dollar verdient und könnte davon diese Reise für mehrere Generationen finanzieren (Bacon und Aphramor 2011). Wir scheinen unsere Autos mehr zu respektieren als unseren Körper. Stellen Sie sich vor, Sie bringen Ihr Auto regelmäßig zum Mechaniker, damit dieser es neu einstellt; doch nachdem Sie viel Geld und Zeit investiert haben, funktioniert es immer noch nicht. Dafür würden Sie sich ganz sicher nicht selbst verantwortlich machen.* Doch trotz der Tatsache, dass 90 bis 95 Prozent aller Diäten erfolglos sind, machen die meisten Menschen sich selbst dafür verantwortlich, nicht jedoch die Diät! Ist es nicht merkwürdig, dass wir bei einer so hohen Misserfolgsrate von Diäten nicht das Verfahren an sich in Frage stellen?

Aber was heißt eigentlich Misserfolg? Traditionell bezieht dieser sich darauf, dass die Mehrheit der Menschen, die eine Diät machen und Gewicht verlieren, dieses wieder zunehmen, wobei die Mehrheit sogar mehr Gewicht wieder zunimmt. (Studien zeigen, dass bis zu zwei Drittel der Diäthaltenden mehr Gewicht zunehmen, als sie verloren haben!) Sich für die Definition von Misserfolg auf das Abnehmen zu fokussieren, negiert die Wurzel des Problems: Warum sind die Menschen so darauf fixiert, abnehmen zu wollen? Warum schätzt man dünnere Körper mehr als dickere? Warum bewerten Menschen sich selbst aufgrund einer Zahl auf der Waage? Diäten beruhen auf einem grundsätzlichen Fehler: Sie fördern das Gewichtsstigma und erkennen nicht an, dass es Menschen in allen Formen und Größen gibt und jedes einzelne Individuum wertvoll ist. In diesem Buch möchten wir Sie mit Informationen versorgen, die Ihnen helfen, nicht weiter sich selbst und Ihrem Körper Vorwürfe zu machen. Wir werden einige neue Ideen vorstellen, die Ihnen helfen werden, Ihre Individualität und alles, was Ihr authentisches Selbst ausmacht, wertzuschätzen.

Als wir beide uns selbstständig gemacht und begonnen haben, als Ernährungsberaterinnen zu arbeiten, kannten wir uns noch nicht. Doch wir haben unabhängig voneinander erstaunlich ähnliche Beratungserfahrungen gemacht, die uns unsere Arbeit überdenken ließen. Das brachte uns dazu, unsere Arbeitsweise grundlegend anders zu gestalten, und war Jahre später der Auslöser für dieses Buch.

Obwohl wir unabhängig voneinander praktizierten, schworen wir uns beide das Gleiche: Wir wollten nicht mehr mit Gewichtskontrolle arbeiten, was wir als Falle ansahen. Aber während wir versuchten, die Beratung zur Gewichtsabnahme zu vermeiden, bekamen wir von Ärzten weiterhin Patienten überwiesen. Normalerweise hatten sie zu hohen Blutdruck und einen zu hohen Cholesterinspiegel. Was auch immer ihre medizinischen Probleme waren, Gewichtsabnahme wurde als Schlüssel zu ihrer Behandlung angesehen. Wir aber wollten es anders machen. Unsere Patienten sollten erfolgreich sein, sie sollten zu der kleinen Gruppe von fünf Prozent gehören, die tatsächlich abnehmen. Ganz offensichtlich war unser Bewusstsein noch nicht so weit geschärft, um den auf dem Gewicht liegenden Fokus auch nur zu hinterfragen, der in einem großen Teil der Gesellschaft vorherrscht. Auch gab es damals noch nicht die große Menge an Forschung, die wir heute haben und die bedrückende Misserfolgsraten und durch Diäten hervorgerufene Schäden belegt.

Wir entwarfen Essenspläne, angepasst an die Vorlieben und Abneigungen, den Lebensstil und die besonderen Notwendigkeiten unserer Patienten. Diese Pläne beruhten auf dem weithin anerkannten »Austauschsystem«, das von vielen für diabetische Essensplanung und Gewichtskontrolle benutzt wird. Wir sagten unseren Patienten, dass es sich nicht um eine Diät handelte, denn auch damals wussten wir schon, dass Diäten nicht funktionieren. Wir machten uns mit scheinbar vernünftigen Argumenten selbst vor, dass diese Essenspläne keine Diäten waren; schließlich konnten unsere Klienten zwischen Huhn, Pute, Fisch oder magerem Fleisch wählen. Sie konnten einen Bagel oder einen Muffin oder ein Toastbrot essen. Wenn sie unbedingt einen Keks wollten, konnten sie einen haben (nicht fünf!). Sie mussten sich niemals hungrig fühlen. Wenn sie ein unstillbares Verlangen nach einem bestimmten Nahrungsmittel hatten, dann sollten sie es ohne Schuldgefühl essen. Zugleich sagten wir ihnen sanft, aber bestimmt, dass es beim Erreichen ihres Ziels hilfreich sei, sich an ihre Pläne zu halten. Jede Woche wurde gewogen (was wir heute nicht mehr tun würden!) und schließlich erreichten sie ihr Zielgewicht.

Doch nach einiger Zeit riefen uns dieselben Patientinnen und Patienten an und baten erneut um Hilfe. Sie hatten wieder zugenommen. Sie entschuldigten sich dafür, aber aus irgendeinem Grund könnten sie sich nicht mehr an den für sie ausgearbeiteten Plan halten. Vielleicht bräuchten sie jemanden, der sie überwachte? Sie fühlten sich schuldig und demoralisiert.

Obwohl es unser Plan war, der nicht funktioniert hatte, nahmen unsere Patienten alle Verantwortung für das Scheitern auf sich. Sie vertrauten uns – wir waren die »großen Ernährungsexpertinnen«, die ihnen geholfen hatten abzunehmen. Daher hatten sie etwas falsch gemacht, nicht wir. Mit der Zeit wurde klar, dass irgendetwas mit unserem Ansatz nicht stimmte. All unsere guten Absichten verstärkten nur einige sehr negative, minderwertige Vorstellungen, die unsere Patienten von sich selbst hegten – dass sie nicht genügend Selbstdisziplin hätten, dass sie es nicht schaffen könnten und daher schlecht wären. Das führte zu einer Anhäufung neuerlicher Schuldgefühle.

Das war ein Wendepunkt. Wie konnten wir es moralisch vertreten, unseren Patienten Dinge beizubringen, die ernährungstechnisch und logisch betrachtet gesund zu sein schienen, aber gleichzeitig einen so emotionalen Aufruhr verursachten? Andererseits – wie konnten wir etwas unberücksichtigt lassen, das eine so tiefgreifende Wirkung auf die zukünftige Gesundheit der Patienten hatte? (Diese Art zu denken war uns jedenfalls beigebracht worden.)

Während wir uns mit diesen Fragen herumschlugen, arbeiteten wir uns durch populärwissenschaftliche Literatur und wissenschaftliche Studien, die eine völlige Abkehr von Diäten empfahlen (auch von solchen, die von Ernährungswissenschaftlern empfohlen wurden). Dort wurde eine Art zu essen vorgeschlagen, bei der die Wahl völlig freigestellt wurde, ohne Rücksicht darauf, welche Nährwerte man zu sich nahm. Zunächst waren wir sehr skeptisch, wenn nicht sogar ablehnend. Wie konnten wir als Ernährungswissenschaftlerinnen (offiziell registrierte Diätberaterinnen), die den Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit studiert hatten, eine Art zu essen gutheißen, die die Grundlage unseres Wissens zu negieren schien?

Allerdings: Bei den »gesunden« Essensplänen blieben die Menschen an – nicht selten mit Verzweiflung einhergehende – Diäten gebunden, aber das Essen nach Wunsch, wie es in den populärpsychologischen Büchern der späten 1960er und in den 1980er Jahren beschrieben wurde, schien auch nicht zu funktionieren.

Schließlich lösten wir den Konflikt, indem wir das Konzept des intuitiven Essens mit seinen zehn Prinzipien entwickelten. Eine Anmerkung für Angehörige der Gesundheitsberufe: Wir haben erkannt, dass dieser Konflikt, oder diese kognitive Dissonanz, eine häufige Erfahrung für diejenigen ist, die in einem Gesundheitsbereich ausgebildet wurden, der den Fokus auf das Gewicht legt – dass das Gewicht einer Person deren Gesundheit bestimmt. Doch zur Gesundheit gehört viel mehr als das, was man isst – die Beziehung zum Essen, psychische Gesundheit, soziale Determinanten, um nur einige zu nennen. Außerdem ist das Körpergewicht keine Verhaltensweise. Es wird zu einer Reise großen Umlernens und fühlt sich anfangs unangenehm an. Sie sollten nur wissen, dass Sie dabei nicht allein sind.

Unser Buch wurde zu einer Brücke zwischen der wachsenden Anti-Diät-Bewegung und der Gesundheitsgemeinde. Wie kann man gleichzeitig eine Versöhnung mit verbotenen Themen rund ums Essen herbeiführen und gesund essen, ohne jedoch eine Diät zu machen? In diesem Buch sagen wir Ihnen, wie es geht.

Die meisten unserer Klientinnen und Klienten fühlen sich in ihrem Körper nicht wohl, wissen aber nicht, wie sie das ändern sollen. Intuitiv essen bietet Ihnen eine neue Art zu essen, bei der Sie nicht kämpfen müssen und die gesund für Körper und Geist ist. Es handelt sich um eine Vorgehensweise, die Sie von den Fesseln einer Diät befreit (die nur zu Entbehrung, Rebellion und neuerlicher Gewichtszunahme führen). Es bedeutet, dass Sie zurück zu Ihren Wurzeln gehen und Ihrem Körper und seinen Signalen vertrauen. Intuitiv essen wird nicht nur Ihre Beziehung zum Essen verändern, es wird Ihr Leben verändern. Viele der in diesem Buch erwähnten Klientinnen kamen nur zu uns, um abzunehmen. Doch auch wenn sie sich in ihrem Körper physisch oder psychisch vielleicht unwohl fühlten und glaubten, dass sie nicht gut genug wären, bis sie abgenommen hätten, lernten sie schließlich, sich im »Hier und Jetzt« wohlzufühlen und Dankbarkeit zu empfinden.

Wir verurteilen niemanden für den Wunsch abzunehmen – das ist eine Folge der allgegenwärtigen und problematischen Diätkultur. Dabei handelt es sich um ein gesellschaftliches System von Überzeugungen, Botschaften und Verhaltensweisen, die Wert auf das Gewicht und die äußere Erscheinung einer Person legen, anstatt auf deren Wohlbefinden, was leider ganz üblich und normal geworden ist. Die Diätkultur setzt Dünnsein mit Gesundheit und moralischer Tugend gleich, während sie einige Nahrungsmittel verteufelt und andere in den Himmel hebt. Kaum ein Tag vergeht, an dem man nicht Gespräche hört, Werbung sieht oder durch Social-Media-Posts scrollt, in denen es um schrumpfende Körper geht. Auch im Gesundheitswesen Beschäftigte sind nicht immun gegen die Diätkultur, denn einige setzen Patienten auf Diäten, die Kalorien oder auch ganze Nahrungsmittelgruppen einschränken; dabei gibt es bis heute nicht eine einzige Studie, die zeigt, dass dies nachhaltig oder auf Dauer wirkungsvoll oder unschädlich ist. Traurigerweise weist die Forschung darauf hin, dass Beschäftigte in Gesundheitsberufen die hauptsächlichen Verursacher des Gewichtsstigmas sind.

Das Problem ist, dass jede Konzentration auf die Gewichtsabnahme Ihre Fähigkeit sabotiert, sich wieder mit den intuitiven Essenssignalen Ihres Körpers zu verbinden. Wenn Sie sich auf das Gewicht konzentrieren, richtet sich Ihre Aufmerksamkeit auf äußere Maßstäbe fürs Essen – zum Beispiel die Portionsgrößen oder die Makros der Nahrungsmittel –, anstatt sich mit Ihren inneren Hinweisen zu verbinden. (Daher sagen wir gerne, dass intuitives Essen ein Insider-Job ist.) Wenn Sie sich stattdessen auf Ihren täglichen Fortschritt konzentrieren – zum Beispiel mehr Zufriedenheit aus Ihren Mahlzeiten zu gewinnen und beim Essen und im Leben präsenter zu sein –, wird Ihnen das ein Gefühl der Verbundenheit geben, das zu einem Zustand der Freude und des Wohlbefindens führen kann.

Doch bevor wir fortfahren, möchten wir eine Einschränkung erwähnen. Dieses Buch wurde von zwei weißen Cis-Frauen geschrieben, die dünn sind und dankbar für die vielen Privilegien. Wir haben beide keine Ernährungsunsicherheiten oder Gewichtsstigmata erfahren, die wahrscheinlich viele erlebt haben, die jetzt dieses Buch lesen.

Es ist wichtig, mit einem Experten zu arbeiten, der sowohl in intuitivem Essen ausgebildet ist als auch berufliche Erfahrung mit dem speziellen Problem hat, von dem Sie betroffen sind, zum Beispiel einem Trauma, medizinischer Ernährungstherapie, einer Essstörung oder einer psychischen Krankheit. Hinzu kommt, dass viele Menschen keinen Zugang zu den Ressourcen haben, die sie zum Erlernen dieses Prozesses brauchen und die unbedingt nötig sind. Wir kennen nicht einmal all die Gründe, die vielleicht verhindern, dass Menschen Zugang zu diesen Ressourcen haben. Intuitives Essen ist ein Privileg.

Wir wünschten, dass das Leiden, das so viele in dieser Welt erfahren, nicht existieren würde. Wir werden weiter daran arbeiten, diese Welt zu einer besseren zu machen – zu einer, in der alle Zugang zu intuitivem Essen haben. Intuitives Essen ist ein Werkzeug, und wir lernen kontinuierlich hinzu und streben umfassende Inklusivität an.

Intuitives Essen ist ein mitfühlendes, selbstfürsorgendes Konzept, bei dem alle Körper mit Würde und Respekt behandelt werden.

Die Beziehung, die Sie zu Ihrem Körper haben, und die Beziehung, die sich vielleicht zwischen uns als Autorinnen und Ihnen als Leser bildet, ist uns sehr wichtig. Wir sind demütig offen für Feedback hinsichtlich Verbesserungen.

Wir hoffen, dass Ihr Leben durch intuitives Essen eine positive Wendung nimmt – bei unseren Klientinnen hatte es diese Wirkung.

»Sagen Sie Ihren Leserinnen auf jeden Fall Folgendes: Wenn sie einen Essanfall haben, kann sich das als eine großartige Erfahrung herausstellen, weil sie in der Folge dieses Anfalls viel über ihre Gedanken und Gefühle lernen.« »Wenn Sie eine Zeit lang abwarten, um herauszufinden, ob Sie wirklich Hunger haben, heißt das nicht, dass Sie nicht essen dürfen, wenn Sie merken, dass Sie keinen Hunger haben. Es ist nur eine Pause, um sicherzugehen, dass Sie nicht automatisch essen. Wenn Sie trotzdem essen wollen, können Sie das tun!« »Wenn ich zu einer Beratungsstunde komme, fühle ich mich, als ob ich zum Beichten zu einem Priester gehe. Das kommt von all den Malen, die ich zu einem Diätberater gegangen bin und ihm nach dem Wiegen sagen musste, dass ich gesündigt hatte. Das Gefühl hat nichts mit Ihnen zu tun, es kommt von der inneren Essenspolizei.« »Ich fühle mich, als wäre ich aus dem Gefängnis entlassen worden. Ich bin frei und denke nicht mehr die ganze Zeit nur ans Essen.« »Manchmal ärgere ich mich, weil das Essen seine Magie verloren hat. Nichts ist mehr so reizvoll wie vorher, als es verboten war. Ich suche nach dem alten Nervenkitzel, der durch Essen bei mir ausgelöst wurde, aber mir ist klar, dass die aufregenden Momente in meinem Leben nicht mehr vom Essen herrühren.« »Mit der Erlaubnis kommt die Wahl. Und es ist ein ungeheuer starkes Gefühl, etwas danach auswählen zu können, was ich selbst möchte, und nicht danach, was mir irgendjemand vorschreibt.« »Nachdem ich meine Essanfälle aufgegeben hatte, fühlte ich mich manchmal ziemlich niedergeschlagen und manchmal sogar voller Wut. Ich merkte, dass das Essen meine schlechten Gefühle überdeckt hatte. Aber es hatte auch meine guten Gefühle überdeckt. Und lieber habe ich gute und schlechte Gefühle, als dass ich gar nichts fühle!« »Als ich merkte, wie sehr ich Essen und Diäten benutzte, um mit meinem Leben klarzukommen, wurde mir plötzlich bewusst: Ich muss meine belastende Lebenssituation verändern, wenn ich jemals aufhören will, Essen als Bewältigungsstrategie einzusetzen.«

Anmerkung: Wir erkennen an, dass es sich bei der Geschlechtsidentität (beim Gender) um eine ganze Bandbreite handelt, und in dieser Version von Intuitiv essen schreiben wir geschlechtsinklusiv, indem wir genderneutrale Sprache und Pronomen verwenden, es sei denn, wir beziehen uns auf eine spezielle Person, die ihr Pronomen klargestellt hat.

* Der Wirtschaftsbericht umfasst Adipositas-Chirurgie, Nahrungsmittel, Fitnessgeräte und Fitnessstudios, Abnehmprodukte und -programme. https://tinyurl.com/Global-stats

1. Wissenschaftliche Untersuchungen zu intuitivem Essen

Als wir am Anfang unseres Projekts zusammentrugen, was intuitives Essen ausmacht, sichteten wir Hunderte von Studien, die zusammen mit unserer klinischen Erfahrung schließlich die Grundlage für die zehn Prinzipien des intuitiven Essens bildeten. Heute ist die Forschung zum intuitiven Essen belastbarer; mehr als 125 Studien zeigen die Vorteile auf. Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass intuitives Essen ein erlernbarer Essensstil ist, der das psychische und körperliche Wohlbefinden positiv beeinflusst. In diesem Kapitel werden wir einige Studien ausführlicher vorstellen, die den Prozess, die Vorteile und die Merkmale intuitiven Essens bestätigen, um Ihnen einen Eindruck von den Veränderungen zu geben, die in Ihrem Leben geschehen können, wenn Sie Ihren inneren intuitiven Esser wiederentdecken.

Eine komplette Liste finden Sie im Quellenverzeichnis.

Breites Interesse nach Medienberichten

Obwohl unser Buch bereits 1995 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, erwachte erst zehn Jahre später ein breites Interesse der Forschung und Öffentlichkeit an unserer Arbeit. Ausgelöst wurde es von der Veröffentlichung zweier Studien zum intuitiven Essen, deren Ergebnisse globale Aufmerksamkeit in den Medien fanden.

Steven Hawks, Professor für Gesundheitswissenschaft an der Brigham Young University in Provo (Utah) und seine Kollegen veröffentlichten 2005 eine der ersten Untersuchungen, die den Zusammenhang von intuitivem Essen und Gesundheit bei College-Studentinnen erforschte (Hawks et al. 2005). Für diese relativ kleine Studie entwickelten Hawks und Kollegen eine Skala, um intuitive Esser zu definieren (2004), und es zeigte sich, dass diejenigen Frauen, die auf der Skala oben angesiedelt waren, niedrigere Blutfettwerte und ein geringeres Herzerkrankungsrisiko hatten als diejenigen Studentinnen, die auf der Skala unten angesiedelt waren. Es gab also einen deutlichen Zusammenhang zwischen intuitivem Essen und positiven Gesundheitsindikatoren.

Schon kurz darauf traten Dr. Hawks und ich (ET) in der Today Show auf und sprachen über intuitives Essen. Dr. Hawks gab noch einige Interviews, darunter CNN, MSNBC und der Washington Post.

Wissenschaftliche Definition und Messung

Im Jahr 2006 veröffentlichte Dr. Tracy Tylka von der Ohio State University eine große Untersuchung mit fast 1100 College-Studentinnen, die sich auf drei Hauptmerkmale intuitiven Essens stützte (Tylka 2006):

bedingungslose Erlaubnis zu essen, wenn man Hunger hat, und das zu essen, was man möchte,Essen aus körperlichen Gründen und nicht aus emotionalen,Verlass auf innere Hunger- und Sättigungssignale, die Zeit und Menge des Essens bestimmen.

Tylkas Untersuchung war ein umfangreiches Unternehmen, denn um die Hauptkriterien intuitiven Essens festzulegen und zu überprüfen, wurde eine Reihe von vier Studien durchgeführt. Im ersten Teil wurde die »Intuitive Eating Scale (IES)« (Skala intuitiven Essens) aufgestellt und überprüft, um damit intuitive Esser messen und identifizieren zu können.

Als Nächstes füllten die Studentinnen die Skala intuitiven Essens zusammen mit einer Reihe anderer Tests aus, um auf dieser Grundlage den Zusammenhang zwischen intuitivem Essen und mehreren Indikatoren zu überprüfen, die die geistige Gesundheit, das Körperbewusstsein und Essstörungssymptome widerspiegeln.

Frauen, die auf der Skala hoch angesiedelt waren, wurden als intuitive Esser identifiziert. Verglichen mit denjenigen Frauen, die auf der Skala niedrig angesiedelt waren, waren die intuitiven Esserinnen zufriedener mit ihrem Körper, ohne das Ideal von Magerkeit zu verinnerlichen, was darauf hinweist, dass das Selbstwertgefühl intuitiver Esser mit geringerer Wahrscheinlichkeit darauf beruht, dünn zu sein. Personen, die alle Punkte auf der Skala erreichten, hatten ein hohes Selbstwertgefühl, waren mit ihrem Leben zufrieden, zeigten Optimismus und lösungsorientierte Bewältigungsmechanismen.

Im Jahr 2013 aktualisierte Tylka die Skala intuitiven Essens, indem sie eine noch größere Studie mit 1405 Frauen und 1195 Männern durchführte. Diese Studie überprüfte ein viertes Merkmal intuitiver Esser – die Body-Food Choice Congruence (Übereinstimmung von Essenswahl und Körperbedürfnissen). Sie entspricht dem Prinzip der sanften Ernährung und dem Gefühl, das Essen im Körper auslöst (Tylka und Kroon Van Diest 2013). Dies war das erste Mal, dass die Skala auch bei Männern überprüft wurde.

Tylka und Hawks entwickelten unabhängig voneinander verschiedene Werkzeuge, um die Merkmale intuitiven Essens zu erfassen. Hawks’ Skala intuitiven Essens (2004) umfasst vier Komponenten:

Intrinsisches Essen (Essen aufgrund innerer Signale) Extrinsisches Essen (Essen aufgrund äußerer Einflüsse wie Stimmung, Gemeinschaft und Essenszugänglichkeit) Anti-Diät-Verhalten (Essen nicht aufgrund von Diäten, Kalorienzählen oder dem Wunsch abzunehmen) Selbstfürsorge (Körperakzeptanz, sich unabhängig von der Körperform um seinen Körper kümmern)

Heute werden bei der Forschung zu intuitivem Essen hauptsächlich Tylkas Skalen verwendet. Bedeutsamerweise ergaben beide dieser Skalen, dass intuitive Esser ein größeres interozeptives Bewusstsein haben. Dieses Konzept ist sehr wichtig, denn es ist Teil der wissenschaftlichen Grundlage für den Prozess intuitiven Essens. Betrachten wir es also näher.

Interozeptives Bewusstsein ist Ihre Superpower: Die Grundlage für intuitives Essen

Interozeptives Bewusstsein. Interozeptives Bewusstsein ist die Fähigkeit, Gefühle im Körperinneren wahrzunehmen. Es geht dabei um eine direkte Erfahrung, die Wahrnehmung eines Gefühls, das im gegenwärtigen Moment existiert – es geht nicht um die Vergangenheit oder die Zukunft. Zum interozeptiven Bewusstsein gehören zum Beispiel grundlegende Zustände wie das Gefühl einer erweiterten Blase, Hunger- und Sättigungsanzeichen und das Spüren aller Emotionen. Jede Emotion löst im Körper ein einzigartiges physisches Gefühl aus. Das Wahrnehmen von Gefühlen liefert wichtige Informationen für die Erfüllung psychischer und biologischer Bedürfnisse. Immer mehr Forschungen zeigen, dass interozeptive Wahrnehmung eng verbunden mit körperlichem und geistigem Wohlbefinden ist (Quadt et al. 2018).

In seinem wegweisenden Buch How Do You Feel: An Interoceptive Moment with Your Neurobiological Self (Wie fühlen Sie sich: Ein interozeptiver Moment mit Ihrem neurobiologischen Selbst) beschreibt der Wissenschaftler A. D. Craig den Moment des gespürten Gefühls als »umfassenden emotionalen Moment«; das ist der momentane Zustand aller Gefühle, die das empfindende Selbst repräsentieren. Wir glauben, das ist einer der Gründe, warum Menschen intuitives Essen als lebensverändernd beschreiben – sie werden auf einer sehr tiefen Ebene wieder mit ihrem fühlenden Selbst verbunden.

Intuitives Essen ist also der persönliche Prozess, seine Gesundheit zu respektieren, indem man den direkten Botschaften des Körpers zuhört und ihnen antwortet, um dessen Bedürfnisse zu befriedigen. Die Prinzipien intuitiven Essens wirken entweder, indem das interozeptive Bewusstsein gestärkt wird oder indem die Hindernisse für die Wahrnehmung und Beantwortung der im Körper empfundenen Gefühle entfernt werden. Diese Hindernisse entstehen meist im Kopf in Form von Regeln, Glaubenssätzen und Gedanken (siehe Tabelle).

Das Problem mit der heutigen Ernährungsweise besteht darin, dass viele Menschen ihre Körpergefühle nicht respektieren, geschweige denn ihnen vertrauen. Stattdessen essen sie aufgrund externer Faktoren – nach Regeln und Ernährungsplänen, die letztlich Verwirrung zwischen dem Kopf und dem Körper hervorrufen. Interozeptives Bewusstsein beruht auf inneren Gefühlen, es geht um einen »Inside Job«. Deswegen ist das Essen aufgrund äußerer Faktoren wie dem Zählen von Makros, Kalorien oder Punkten nicht hilfreich, um eine Verbindung zu seinem Körper herzustellen.

Interozeptive Sensitivität. Eine ausgezeichnete Studie aus Deutschland stellte eine wichtige Frage: Woher wissen wir, ob jemand fähig ist, intuitiv zu essen (Herbert et al. 2013)? Da interozeptives Bewusstsein der Schlüsselmechanismus intuitiven Essens ist, verwendeten die Forscher den Goldstandard, um interozeptive Empfindungsfähigkeit zu messen, nämlich den Test zur Wahrnehmung des Herzschlags. Das Schlüsselwort hier ist »Wahrnehmung«. Die Forscher schlossen die Versuchspersonen an Elektroden an, die den Herzschlag jeweils einer Person maßen. Derweil wurden die Versuchspersonen instruiert, ihren Herzschlag zu zählen, indem sie ihn nur wahrnahmen (ohne ihre Finger auf den Puls zu legen). Tatsächlich hatten diejenigen, die mehr Punkte auf der Skala zu intuitivem Essen hatten, eine größere Genauigkeit bei der Wahrnehmung ihres Herzschlags. Für diejenigen, die mehr darüber lesen wollen, haben wir in unserem Arbeitsbuch Intuitiv essen – das Workbook eine wahrgenommene Herzschlagaktivität aufgenommen. (Eine wichtige Warnung: Wenn Sie ein Trauma erlebt haben und/oder eine dissoziative Störung hatten, braucht es mehr, um solche Wahrnehmungen wiederherzustellen. Je nach Ihrer speziellen Situation könnte es nötig sein, mit einem Traumaspezialisten oder einer Expertin für intuitives Essen zu arbeiten.)

Interozeptive Reaktionsfähigkeit. Körperbewusstsein selbst ist nur ein Teil des Prozesses, ein intuitiver Esser zu werden. Die Art und Weise, wie ein Individuum diese innerkörperlichen Gefühle würdigt und darauf antwortet, wird als interozeptive Reaktionsfähigkeit bezeichnet. Stellen Sie sich vor, Ihre beste Freundin klopft an Ihre Tür, um hilfreiche Neuigkeiten zu überbringen. Obwohl Sie das Klopfen hören, lassen Sie sie nicht herein. Hier geht es um Reaktionsfähigkeit. Eine Studie aus dem Jahr 2017 ergab, dass intuitive Esser ihrem Körper mehr Respekt zollten und eine größere interozeptive Reaktionsfähigkeit hatten. Es hängt alles zusammen. Die Menschen, die ihren Körper respektierten, reagierten auch auf seine Botschaften. Das kulturell verursachte Problem ist jedoch, dass das Gewichtsstigma in Kombination mit dem Einfluss des Patriarchats und der Gesundheitspolizei uns darauf konditioniert hat, unserem Körper und seinen Signalen zu misstrauen.

Wenn Beschäftigte in Gesundheitsberufen oder Wissenschaftler mit unserer Arbeit (oder der Forschung) nicht vertraut sind, finden wir es hilfreich, zuerst das interozeptive Bewusstsein zu erklären. Dies scheint ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, woraufhin sie die Verbindung zu intuitivem Essen und dessen Gültigkeit erkennen.

Die Prinzipien intuitiven Essens und interozeptives Bewusstsein

Verbessert das interozeptive Bewusstsein

Entfernt Hindernisse für das interozeptive Bewusstsein

Honorieren Sie Ihren Hunger.

Legen Sie die Diätmentalität ab.

Respektieren Sie Ihre Sättigung.

Schließen Sie Frieden mit dem Essen.

Entdecken Sie den Sättigungsfaktor.

Sagen Sie der Essenspolizei den Kampf an.

Bewegung – fühlen Sie den Unterschied.

Bewältigen Sie Ihre Gefühle mit Freundlichkeit.

Respektieren Sie Ihren Körper.

Erhalten Sie Ihre Gesundheit mit sanfter Ernährung.

Studienergebnisse zu Vorteilen und Merkmalen

Allgemeine Vorteile intuitiven Essens

Eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse von 24 zwischen 2006 und 2015 durchgeführten Studien ergab, dass intuitives Essen in Zusammenhang mit folgenden Vorteilen steht (Ricciardelli 2016):

Höhere Körperanerkennung und -zufriedenheitPositive EmotionalitätHöhere LebenszufriedenheitBedingungslose Selbstachtung und OptimismusPsychologische WiderstandsfähigkeitHöhere Motivation, sich zu bewegen, wenn der Fokus eher auf Spaß liegt als auf Schuldgefühlen und äußerer Erscheinung

Darüber hinaus stand intuitives Essen in keinem Zusammenhang mit gestörtem Essverhalten, Diäten, schlechtem interozeptiven Bewusstsein und der Verinnerlichung des Ideals, dünn zu sein.

Jugendliche

Sally Dockendorff und Kollegen (2012) wandten Tylkas Skala für intuitives Essen (2006) auf mehr als 500 Mittelschuljugendliche an. Dockendorff identifizierte eine zusätzliche Hauptkomponente intuitiven Essens, und zwar Vertrauen – die Fähigkeit, den angeborenen Hunger- und Sättigungssignalen des Körpers zu vertrauen. Das heißt, intuitiven Essern dieser Altersgruppe reichte es nicht, sich ihrer Hunger- und Sättigungsanzeichen bewusst zu sein, für die Jugendlichen war es auch wichtig, dass sie diesen Signalen genügend vertrauten, um sich nach ihnen zu richten. Wenn man die wachsende Essensfeindlichkeit und Gewichtsstigmatisierung bedenkt, könnte diese Art Vertrauen ein unerlässliches Merkmal aller intuitiven Esser sein, unabhängig von deren Alter.

Dockendorffs Ergebnisse für diese Gruppe von Jugendlichen stimmten mit denen Tylkas bei College-Studentinnen (2006) überein. Jugendliche, die auf Dockendorffs Skala intuitiven Essens weit oben angesiedelt waren, hatten im Vergleich zur Kontrollgruppe kulturelle Schlankheitsideale weniger verinnerlicht, waren weniger unzufrieden mit ihrem Körper und hatten weniger Stimmungsprobleme. Intuitive Esser waren insgesamt zufriedener mit ihrem Leben und erlebten sich selbst häufiger als gut gelaunt. Dies ist besonders bemerkenswert, weil Jugendliche stark von Hormonschwankungen beeinflusst und außerdem einem hohen Anpassungsdruck in der Peergroup ausgesetzt sind, was ihre Stimmung und ihre Zufriedenheit mit dem Leben beeinflussen kann.

Wie gesund ist die Essensauswahl intuitiver Esser?

Eine Hauptsorge von Kritikern intuitiven Essens gilt einer der wichtigsten Komponenten dieses Essstils – der bedingungslosen Erlaubnis zu essen, was man möchte und immer wenn man Hunger hat. Die Kritiker befürchten, dass die »Erlaubnis« zu essen, was man möchte, zu ungesunder Ernährung und Gewichtszunahme führen würde. Diese Annahme war der Ausgangspunkt einer Studie von Smith und Hawks (2006), die bei einer Gruppe von fast 350 College-Studentinnen und -Studenten untersuchte, welchen Zusammenhang es zwischen den gesundheitlichen Folgen der Essensauswahl und intuitivem Essen gibt. Entgegen den Erwartungen der Kritiker war die Ernährung derjenigen, die hoch auf der Skala angesiedelt waren, vielfältiger als die der Kontrollgruppe. Auch der BMI der intuitiven Esser war niedriger. Darüber hinaus gab es keinen Zusammenhang zwischen der Menge an Junkfood innerhalb der Gesamternährung. Die intuitiven Esser ernährten sich also nicht ungesund. Intuitive Esser berichteten auch von mehr Genuss beim Essen. Interessanterweise wurden mehr Männer als Frauen als intuitive Esser identifiziert (173 Studenten und 124 Studentinnen). Eine wissenschaftliche Überprüfung evaluierte den Zusammenhang zwischen intuitivem Essen und Gesundheitsindikatoren. Sie ergab, dass intuitives Essen mit verbessertem Blutdruck, besseren Blutlipiden und einer besseren Essensaufnahme korreliert (Van Dyke und Drinkwater 2014).

Eine Anmerkung zum Body-Mass-Index (BMI): Der BMI ist sehr problematisch, weil er den Gesundheitsstatus nicht genau widerspiegelt – er ist sogar eine schlechte Bestimmungsgröße für die Gesundheit (wir beschreiben dies genauer ab hier).

Vorläufige Studien weisen darauf hin, dass intuitives Essen mit Gewichtsstabilität zusammenhängt (Tylka et al. 2013), was eine wichtige Determinante für die Gesundheit sein kann. Gewichtsschwankungen (wiederholte Zu- und Abnahme) können dagegen das Risiko für Herzkrankheiten oder Diabetes Typ 2 steigern (Bacon und Aphramor 2011). Bei einigen Menschen kann als Nebeneffekt des intuitiven Essens eine Gewichtsabnahme auftreten, vor allem wenn das intuitive Essen ihnen geholfen hat, ihre Bedürfnisse der Selbstfürsorge zu befriedigen. Es wäre aber ein Fehler, intuitives Essen zum Abnehmen zu empfehlen, denn intuitives Essen beruht auf einem inneren Prozess, während der Fokus auf dem Körpergewicht auf äußeren Faktoren beruht. Es würde außerdem das Gewichtsstigma verstärken und das philosophische Prinzip HAES (Health at Every Size, etwa: Gesundheit bei allen Körpermaßen) konterkarieren, das wir ab hier ausführlicher besprechen. Eine kürzlich durchgeführte dreijährige zukunftsweisende Studie illustriert dieses Problem. Frauen, die versuchten abzunehmen, verzeichneten im Vergleich zu ihrer Ausgangspunktzahl im dritten Jahr eine Abnahme ihrer Punkte auf der Skala (Leong et al. 2016). Darüber hinaus nahm bei diesen Frauen das Binge Eating zu, was mit der Forschung übereinstimmt, die einen Zusammenhang zwischen Diäten und Binge Eating feststellt.

Der Hauptzweck intuitiven Essens ist der Aufbau einer gesunden Beziehung zum Essen, zum Geist und zum Körper. Es handelt sich um ein gewichtsneutrales Modell, was bedeutet, dass der Fokus nicht auf den Körpermaßen liegt, sondern auf der Heilung Ihrer Beziehung zum Essen.

Gesundheit und Wohlbefinden

Positive Gesundheitspsychologie stellt die angenehme Seite emotionaler Zustände dar. Dazu gehören Optimismus, Glück, Genussfähigkeit – alles Eigenschaften, von denen mehrere Studien gezeigt haben, dass sie Indikatoren für den zukünftigen Grad an Gesundheit und Wohlbefinden sind. Darüber hinaus verstärken und verbinden sich deren Auswirkungen im Laufe der Zeit, sodass die Betroffenen gesünder werden, besser sozial integriert und widerstandsfähiger sind. Auch körperliche Gesundheitsvorteile resultieren nachgewiesenermaßen aus diesen psychischen Zuständen, zum Beispiel ein niedrigerer Spiegel des Stresshormons Cortisol und weniger Entzündungen. Eine Studie von Tylka und Wilcox (2006) mit 340 College-Studentinnen zeigte, dass zwei Hauptmerkmale intuitiven Essens (1. Essen aus körperlichem Grund anstatt aus emotionalen Gründen und 2. Verlass auf innere Hunger- und Sättigungssignale bei der Entscheidung, wann und wie viel gegessen wird) sehr zum psychischen Wohlbefinden beitrugen: Studentinnen mit diesen beiden Merkmalen zeigten mehr Optimismus, psychische Widerstandsfähigkeit, bedingungslose Selbstachtung, positive Emotionen, lösungsorientierte Bewältigungsmechanismen und soziale Problemlösefähigkeit.

Die Ergebnisse dieser Studie betonen einmal mehr, wie wichtig es ist, die eigenen Gefühle wahrzunehmen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen und ebenso seine biologischen Hinweise auf Hunger und Sättigung zu respektieren. Diese Ergebnisse bestätigen viele Prinzipien intuitiven Essens (Honorieren Sie Ihren Hunger; Respektieren Sie Ihre Sättigung;Bewältigen Sie Ihre Gefühle mit Freundlichkeit; Legen Sie die Diätmentalität ab).

Essstörungen. Eine Studie aus Deutschland untersuchte den Zusammenhang zwischen intuitivem Essen und Essstörungen (Van Dyck et al. 2016). Sie lieferte den ersten Beweis für niedrigere Punkte auf der Skala intuitiven Essens bei Menschen mit Essstörungen und regte an, dass die Skala für intuitives Essen ein nützliches Werkzeug bei der Beobachtung des Erholungsprozesses sein könnte. Das stimmt mit weiterer Forschung überein, die positive Auswirkung verspricht, wenn intuitives Essen bei der Prävention und der Behandlung von Essstörungen eingesetzt wird. Ebenso zeigt eine Studie mit Sportlern im Ruhestand, dass intuitives Essen helfen könnte, gestörtes Essverhalten zu reduzieren, und dass Sportler wieder lernen, ihren Körpersignalen in Bezug auf Hunger und Sättigung zu vertrauen, wenn sie ihren Sport nicht mehr ausüben (Plateau, C. R., Petrie, T. A. und Papathomas, A., 2017).

Die bis heute vielversprechendste Studie fragte: Können Patienten mit Essstörungen lernen, intuitiv zu essen? (Richards et al. 2017) Das Ergebnis der Studie war ein deutliches Ja. Die zweijährige Pilotstudie ergab, dass die Prinzipien intuitiven Essens in einer stationären Behandlungsumgebung wirksam vermittelt werden können. Verbesserung wurden übergreifend bei Anorexie, Bulimie und anderen nicht näher bestimmten Essstörungen festgestellt. Es soll jedoch angemerkt werden, dass unterernährte Gehirne Schwierigkeiten im Fühlen von Hungersignalen haben können und eine verlangsamte Magenleerung, die zu einem beständigen Sättigungsgefühl führen kann, keinen genauen Endpunkt für das Essen liefert. Mit wieder aufgenommener Ernährung werden diese Signale verlässlicher und wahrnehmbarer.

Eine von einem Team europäischer Forscher durchgeführte Studie aus dem Jahr 2019 untersuchte 86 Probanden – 44 mit Anorexie und eine Kontrollgruppe von 42 Gesunden, um die Beziehung zwischen intuitivem Essen, Essstörungsgenesung und interozeptivem Bewusstsein zu überprüfen. (Letzteres wurde gemessen, indem man beide Gruppen ihren Herzschlag wahrnehmen ließ, so wie weiter oben in diesem Kapitel beschrieben.) Diese Studie hatte mehrere wichtige Ergebnisse:

Die gesunde Kontrollgruppe, die auf der Skala intuitiven Essens weiter oben rangierte, hatte ein stärkeres interozeptives Bewusstsein (nicht überraschend, aber eine gute Bestätigung).Während die Heilung der Anorexie-Patienten voranschritt, was durch eine bessere Gewichtswiederherstellung mit zunehmender Aufenthaltsdauer in der Klinik nachgewiesen wurde, verbesserte sich sowohl ihre interozeptive Sensitivität als auch ihre Einordnung auf der Skala intuitiven Essens.In beiden Gruppen bedeutete eine stärkere interozeptive Sensitivität eine höhere Eingruppierung auf der intuitiven Essensskala.

Dies ist eine vielversprechende Studie für die Gesundung von Menschen mit Essstörungen!

Diabetes. Jüngere Forschungen weisen darauf hin, dass intuitives Essen ein wertvolles Instrument sein kann, um den Blutzucker zu kontrollieren (Wheeler et al. 2016; Willig et al. 2014). Bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1 ergab sich ein umgekehrter Zusammenhang zwischen Hämoglobin A1c und den Punkten auf der Skala intuitiven Essens. Intuitives Essen könnte sogar eine stärkere Wirkung beim Management von Diabetes haben, weil Menschen mit Diabetes gefährdeter sind, Essstörungen zu entwickeln, und intuitives Essen mit einer Abnahme des Risikos problematischen Essverhaltens verbunden ist.

Interventionsstudien

Im Jahr 2017 war ich (E. T.) Gast bei Christy Harrisons Podcast Food Psych und erzählte dort, dass ich das Arbeitsbuch Intuitiv essen – das Workbook unter anderem deshalb geschrieben hatte, um Forschern eine standardisierte Methode für ihre Interventionsstudien an die Hand zu geben. Blair Burnette von der Virginia Commonwealth University hörte das Interview und kontaktierte mich mit einer Forschungsidee, bei der das Arbeitsbuch verwendet werden sollte. Zwei Jahre später beendete sie die Studie, bei der die Testpersonen College-Studentinnen waren, die sowohl als Einzelpersonen als auch in Gruppen untersucht wurden. Die Studie hatte einige spannende Ergebnisse:

weniger Körperunzufriedenheit, Diätverhalten, Binge Eating und unkontrollierte Essensanfälle sowie geringere Verinnerlichung von Gewichtsvorurteilen,Zunahme von Körperwertschätzung, Wertschätzung der Funktionsfähigkeit des Körpers, von intuitivem Essen insgesamt, von intuitiver Bewegung und der Lebenszufriedenheit!

Eine aktuelle Kurzzeitstudie verwendete eine Kombination aus intuitivem Essen sowie Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) (Boucher et al. 2016). ACT ist eine anerkannte Therapieform, bei der es um psychische Flexibilität durch Achtsamkeit geht und die auf dem Wertesystem einer Person beruht. Frauen, die die dreimonatige Intervention vollendet hatten, zeigten Verbesserungen in folgenden Bereichen: Binge Eating, allgemeine mentale Gesundheit, psychologische Flexibilität und intuitives Essen.

Ein zehnwöchiges Wellness-Interventionsprogramm am Arbeitsplatz kombinierte intuitives Essen und Achtsamkeit, um problematisches Essverhalten anzugehen, das eine nicht beabsichtigte Folge vieler traditioneller Arbeitsplatz-Wellnessprogramme ist, weil diese den Fokus auf Gewichtsverlust legen (Bush et al. 2014). Bei der Interventionsgruppe zeigten sich im Vergleich zur Kontrollgruppe Verbesserungen in Körperwertschätzung, intuitivem Essen und problematischem Essverhalten. Gewicht und BMI wurden nicht als Merkmal für Erfolg verwendet, weil der Fokus auf dem Gewicht problematisches Essverhalten auslösen kann.

Was intuitives Essen fördert oder behindert

Studien zeigen, dass viele Faktoren einen Einfluss auf intuitives Essen haben, zum Beispiel Kommentare und Ernährungsstile der Eltern oder anderer Fürsorgepersonen, selbst auferlegtes Schweigen über Gedanken und Gefühle, Körperakzeptanz und -wertschätzung sowie kulturelle Einflüsse. Diese Studien werden im folgenden Abschnitt näher beleuchtet.

Ernährungspraktiken und Essensbotschaften von Eltern/Fürsorgepersonen

Elterliche Ernährungsmethoden. Galloway und Kollegen (2010) untersuchten den Einfluss elterlicher Ernährungsweisen auf intuitives Essen und den Body-Mass-Index mit einem neuen Untersuchungsmodell. Fast einhundert College-Studentinnen und -Studenten und deren Eltern füllten einen Fragebogen aus, der sich auf die Ernährungsgewohnheiten der Eltern während der Kindheit der Studenten und Studentinnen bezog. Fragen waren zum Beispiel: Passten Ihre Eltern auf, wie viele

Süßigkeiten (Bonbons, Eiscreme, Kuchen und Gebäck) Sie aßen? Knabbereien (wie z. B. Kartoffelchips) Sie aßen?Nahrungsmittel mit hohem Fettgehalt Sie aßen?

Als Nächstes maßen die Forscher den Grad an intuitivem Essen aufgrund von Tylkas Skala intuitiven Essens. Die Ergebnisse zeigten, dass das Überwachen der Eltern und ihre Einschränkung bei der Essensaufnahme einen signifikanten Einfluss auf das emotionale Essen und die Punkte auf der Skala intuitiven Essens der Studentinnen und Studenten hatten.

Eltern, die das Essen ihrer Töchter überwachten und einschränkten, hatten Töchter, die a) von signifikant mehr emotionalem Essen berichteten und b) weniger dazu tendierten, aufgrund von körperlichen Hunger- und Sättigungssignalen zu essen. Bei männlichen Studenten war der Zusammenhang etwas anders. Eltern, die sich erinnerten, die Essensaufnahme ihres Sohnes eingeschränkt zu haben, berichteten nicht von mehr emotionalem Essen.

Das könnte daran liegen, dass der soziale Druck, dem Ideal des Dünnseins zu entsprechen, bei Frauen größer ist. Die Forscher folgerten, dass kontrollierende Ernährungspraktiken von Eltern potenziell langfristige Folgen haben und zur Entwicklung emotionalen Essens beitragen können.

Einfluss von Essensbotschaften von Eltern/Fürsorgepersonen. Kroon Van Diest und Tylka (2013) kamen in einer Studie mit College-Studentinnen und -Studenten zu ähnlichen Ergebnissen. Sie entwickelten einen Fragebogen, in dem die Probanden bewerten sollten, in welchem Maß in ihrer Kindheit ihre Eltern/Fürsorgepersonen die folgenden Verhaltensweisen zeigten:

Sie sagten ihnen, dass sie bestimmte Nahrungsmittel nicht essen sollten, weil sie sie »fett machen würden«. Sie redeten über Diäten oder das Einschränken bestimmter hochkalorischer Nahrungsmittel. Sie ermahnten, dass sie zu viel aßen.

Die Forscherinnen fanden heraus, dass ein hohes Maß an kritischen und einschränkenden Essensbotschaften von Fürsorgepersonen in Zusammenhang stand mit niedrigen Werten auf der Skala intuitiven Essens und höheren Body-Mass-Index-Zahlen.

Diese Studien zum Ernährungsverhalten von Eltern bestätigen die Forschungsarbeiten von Leann L. Birch, die zeigen, dass der Versuch von Eltern, das Essen ihrer Kinder einzuschränken, sich als Bumerang erweist, weil er eine Entfremdung der Kinder von ihren natürlichen Hunger- und Sättigungssignalen bewirkt und schließlich genau die Probleme herbeiführt, die vermieden werden sollten. Die Untersuchungsergebnisse stützen auch viele Prinzipien intuitiven Essens, zum Beispiel Sagen Sie der Essenspolizei den Kampf an; Honorieren Sie Ihren Hunger; Spüren Sie Ihre Sättigung und Schließen Sie Frieden mit dem Essen.

Selbst auferlegtes Schweigen.Selbst auferlegtes Schweigen (Self-Silencing) ist das Unterdrücken eigener Gedanken, Gefühle oder Bedürfnisse. Es handelt sich hier um ein Problem von Frauen, das deren psychische Gesundheit beeinflusst. Auch wenn es keine Studien mit homosexuellen Männern und Menschen anderswo auf dem Gender-Spektrum gibt, glauben wir, dass es dort vielleicht ähnlich aussieht und unser Verständnis für dieses Problem von weiterer Forschung profitieren würde. Es wird angenommen, dass der Prozess des selbst auferlegten Schweigens in der Jugend beginnt, einer verletzlichen Zeit, in der die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und sozialer Druck entstehen. Wenn sie ihre eigene Stimme zum Verstummen bringen, beginnen junge Frauen, körperliche oder Hungerhinweise zu ignorieren oder zu unterdrücken, sobald sie mit gesellschaftlichen Vorstellungen von Magerkeit nicht zusammenpassen. Das Ausdrücken von Gedanken, Gefühlen oder Bedürfnissen scheint jedoch ein wesentlicher Aspekt gesunden Essverhaltens zu sein. In einer Studie, die nur Frauen berücksichtigte und keine anderen Menschen auf dem Gender-Spektrum, untersuchten Shouse und Nilsson (2011) die Beziehung zwischen gestörtem Essverhalten, intuitivem Essen und selbst auferlegtem Schweigen und fanden heraus, dass intuitives Essen maximiert wird, wenn eine Frau ein hohes Maß an emotionalem Bewusstsein und ein niedriges Maß an selbst auferlegtem Schweigen aufweist.

War das hohe emotionale Bewusstsein jedoch mit stärkerem selbst auferlegtem Schweigen verbunden, wiesen die Testpersonen mehr gestörtes Essverhalten und weniger intuitives Essen auf. Die Forscherinnen vermuten, dass bei einer bei den Frauen vorhandenen Klarheit über ihre Gedanken und Gefühle und gleichzeitiger Unterdrückung ihrer Stimme die Essenssignale einer Verwirrung unterliegen, welche das Vertrauen in innere Hunger- und Sättigungssignale verringert. Die intuitivsten und am wenigsten essgestörten Frauen der Studie wiesen ein hohes emotionales Bewusstsein und kaum selbst auferlegtes Schweigen auf. Die Ergebnisse dieser Studie stützen die Prinzipien Sagen Sie der Essenspolizei den Kampf an und Bewältigen Sie Ihre Gefühle mit Freundlichkeit. (Anmerkung: Weitere Forschung ist nötig bei Menschen des ganzen Gender-Spektrums.)

Akzeptanz und Körperwertschätzung

Während die Fähigkeit zum intuitiven Essen angeboren ist, wird das Beibehalten intuitiven Essens von der Umgebung beeinflusst, zu der auch die Familie, Freunde sowie Gewichtsstigma und Diätkultur gehören. Wird intuitives Essen von der Umgebung nicht akzeptiert und/oder es werden rigide Regeln fürs Essen aufgestellt, die die inneren Erlebnisse einer Person ignorieren (wie Hunger oder Zufriedenheit), kann das natürliche Essverhalten darunter leiden. Wenn darüber hinaus die Kritik am eigenen Körper von anderen bestärkt wird, kann das dazu führen, in einer vom eigenen Innern abgelösten Art zu essen, um dadurch die äußere Erscheinung zu beeinflussen. Außerdem trägt auch der Druck von Familienmitgliedern, Freunden, in der Gesundheitsfürsorge Tätigen und der Gesellschaftskultur dazu bei, durch das Essen die Körperform beeinflussen zu wollen. Viele Menschen sind überrascht, wenn sie erfahren, dass sogar Komplimente eine Art sein können, eine Person aufgrund ihrer äußeren Erscheinung zu beurteilen. Hinterfragen Sie einmal Komplimente wie »Du siehst toll aus – hast du abgenommen?« oder »Ich wünschte, ich hätte so einen Körper wie du«.

Akzeptanzmodell intuitiven Essens

Eine Reihe von Untersuchungen von Tracy Tylka und Kollegen (Avalos, Tylka und Wood-Barcalow 2005), Augustus-Horvath und Tylka 2011) mit fast sechshundert College-Studentinnen beziehungsweise achthundert Frauen im Alter von achtzehn bis fünfundsechzig Jahren ergab, dass eine Betonung von Körperfunktionen und Körperwertschätzung wirksame Methoden sind, um Körperakzeptanz und intuitives Essverhalten umzusetzen. Wenn Frauen die Funktionalität ihres Körpers über dessen Äußeres stellen, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie entsprechend ihren biologischen Körpersignalen essen. Darüber hinaus ergaben die Studien, dass eine Haltung, die den eigenen Körper achtete, intuitives Essen wahrscheinlicher machte. Bei einer positiven Haltung dem eigenen Körper gegenüber ist ein höheres Bewusstsein der Körpersignale vorhanden und gleichzeitig auch eine stärkere Tendenz, auf sie einzugehen. So weisen diese Studien darauf hin, dass es wichtig ist, eine positive Einstellung dem eigenen Körper gegenüber zu fördern, die den Schwerpunkt auf dessen Wertschätzung und Funktionalität legt und nicht auf seine äußere Erscheinung.

Tylka und Kollegen fanden heraus, dass es in allen Altersgruppen einen Zusammenhang zwischen Körperwertschätzung und intuitivem Essen gibt. Sie bestimmten vier Hauptmerkmale für Körperwertschätzung:

eine positive Meinung vom eigenen Körper haben, unabhängig von den Körpermaßen und vermeintlichen Unvollkommenheiten, sich der Bedürfnisse des Körpers bewusst sein und sich um sie kümmern,sich auf gesunde Weise verhalten, um für den Körper zu sorgen, den Körper schützen, indem unrealistische Körperideale der Medien zurückgewiesen werden.

Tylka und Kollegen halten es für wichtig, Magerkeit als ideales Körperbild in der westlichen Welt in Frage zu stellen und stattdessen die Akzeptanz einer Vielfalt unterschiedlicher Körperformen und -größen zu fördern.

Vergegenständlichung

In einer Kultur zu leben, in der soziale Medien uneingeschränkt herrschen, bedeutet, dass es einfacher denn je ist, die Körper miteinander zu vergleichen und zu kritisieren. Dies ist eine Form der Vergegenständlichung, bei der der Selbstwert eines Menschen mit dessen äußerer Erscheinung in Zusammenhang gebracht wird. Das ist ein Problem, weil es in direktem Zusammenhang mit gestörtem Essverhalten, Essstörungen, Körperbildbeeinträchtigung und weniger intuitivem Essen steht. Eine faszinierende Studie chinesischer Forscher mit mehr als 1100 jugendlichen Mädchen zeigte, dass eine stärkere Nutzung dieser Art sozialer Medien mit weniger intuitivem Essen korreliert (Luo et al. 2019).