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"Ja, ich lebe jetzt mein Leben!" lautet der Titel des ersten Buches der Autorin Cornelia Kuppe. Es handelt sich hierbei um die Autobiographie einer Krebspatientin. Das Leben überraschte Cornelia Kuppe im Jahr 1999 mit der Diagnose Eierstockkrebs. Sie wählte zunächst mit allen Konsequenzen den schulmedizinischen Weg, bis ein Rückschlag sie zum Innehalten bewegte und für andere Wege öffnete. In ihrem Buch beschreibt Cornelia Kuppe ihre Erfahrungen und macht Zusammenhänge deutlich, wie sie sich ihren Krebs selbst erschaffen hat. Die Autorin motiviert den Leser, für sein Schicksal und sein eigenes Leben die Verantwortung selbst zu übernehmen. Mit der Veröffentlichung ihrer ganz persönlichen Geschichte macht sie Menschen Mut, sich und seine eigenen Bedürfnisse wichtig zu nehmen. www.CorneliaKuppe.de
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Seitenzahl: 211
Veröffentlichungsjahr: 2016
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In Liebe
widme ich dieses Buch
Jens und Maiko
Allen interessierten Lesern möchte ich sagen, dass ich mit meiner Lebensgeschichte – meine Wahrheit – schreibe. Ich allein trage für mein Leben und mein Schicksal die Verantwortung.
Ich empfinde gegenüber meinen Eltern tiefe Liebe und Dankbarkeit und habe genau die richtige Mutter und genau den richtigen Vater.
Allen Menschen, die mich auf meinem Weg begleitet und mit mir gearbeitet haben, sei es für ein paar Tage, Jahre oder sogar für Jahrzehnte, spreche ich an dieser Stelle meinen tiefen und herzlichen Dank aus. Durch sie konnte ich wachsen und lernen. Besonderer Dank geht an meinen inzwischen geschiedenen Ehemann (ich habe seinen Namen geändert und gebe ihm in meinem Buch das Pseudonym Ben). Die gemeinsamen 19 Jahre waren die lehrreichsten und ich bin davon überzeugt, dass er genau der richtige Partner war, um meinen Weg zu mir zu finden.
Meinem Lebensgefährten Peter danke ich aus tiefem Herzen für seine Liebe und für seine Bereitschaft, gemeinsam mit mir zu wachsen und durch Höhen und Tiefen zu gehen. Seine Liebe macht es mir heute leicht, mich in meinem Leben zu üben und zu erforschen. Eine tief beglückende Erfahrung und eine wunderbare Belohnung für die harte Arbeit, die der Weg zu mir war.
Dr. Walter Weber danke ich für seine spontane Zusage, ein Vorwort für mein Buch zu verfassen. Beim Lesen seiner Worte bekam ich Gänsehaut und mir wurde dabei deutlich, dass ich stolz und glücklich sein darf – stolz auf mich und darauf, meinen Weg zu gehen und endlich zu mir und meinen Bedürfnissen zu stehen – und glücklich darüber, ein eigenes Buch in den Händen zu halten.
Mit der Veröffentlichung meiner ganz persönlichen Geschichte möchte ich anderen Menschen Mut machen, sich und ihre eigenen Bedürfnisse wichtig zu nehmen. Denn der Preis, nicht für sich selbst einzustehen, ist hoch und wird zu häufig mit der Gesundheit bezahlt.
März 2007Cornelia Eggemann
Im September 2009 habe ich meinen Geburtsnamen Kuppe wieder angenommen und den Namen meines geschiedenen Ehemannes in Achtung und Dankbarkeit losgelassen. Das Vorwort von Dr. Walter Weber und den Buchtext habe ich diesbezüglich nicht verändert. Mit der überarbeiteten Neuauflage Januar 2016 habe ich in der Hauptsache das Cover neu gestaltet, deshalb ergibt sich auch eine neue ISBN-Nummer. Der Buchinhalt bleibt davon unberührt und in allen existierenden Ausgaben mit gleichem Titel identisch.
Januar 2016Cornelia Kuppe
Danksagung
Vorwort von Dr. med. Walter Weber
Die Idee …
Wie alles begann
Diagnose Krebs
Ich nehme mein Schicksal an!
Jetzt wird alles anders
Erfolg bewusst trainieren
Brauchte ich meine Migräne?
Millennium
Schlechtes Gewissen
Verantwortung
„Es gelingt immer …
,
Operation
Heilung im Außen
1. Juli 2000 GESUND!?
Kinderwunsch
Existenzangst
Ich fühlte kein Lebensziel
Träume
Tarot
Tagebuch
Mallorca-Seminar
ICH als geistige Qualität
Suche nach dem eigenen Leben
Gefühl der Macht
Das brave Mädchen
Zu meinem ICH zurückgefunden
Angst vor Veränderung
„Ich bleibe bei mir!“
Es gibt für alles eine gute Lösung!
Energieleck
Depression
Ein ganz neues Lebensgefühl
Meine Chance
Voller Zuversicht
Ich bin da – einfach so
Ja, ich lebe jetzt mein Leben!
Yin und Yang
Nachwort
Erläuterungen
Literatur-Empfehlungen
Adressen
Cornelia Eggemann hat Mut!
Sie ist eine Pionierin auf dem Weg in eine neue Krebstherapie, eine Therapie, die das chinesische Sprichwort berücksichtigt:
Wenn du wirklich krank bist, dann mache dich auf zum Weg in dein Inneres, auf den Weg zu dir selbst.
Dieser Weg ist in der westlichen Medizin verbaut durch ein Dogma, das schon lange besteht und in der führenden medizinischen Zeitschrift 1995 veröffentlicht wurde:
Der Krebspatient ist krank, die Frage, ob dies etwas mit ihm zu tun habe, könnte dazu führen, dass er sich schuldig fühlt. Davor müsse man ihn bewahren. Außerdem könnte dieser Gedanke dazu führen, die richtige Medizin nicht machen zu lassen (z. B. Operation, Bestrahlung, Chemotherapie). Davor müsse man ihn bewahren. Und wenn er dann statt medizinischer Therapie mentale Therapien ohne Erfolg machen würde, könnte er sich als Versager fühlen. Davor müsse man ihn bewahren.
Dieses Dogma gilt heute noch und hält viele Ärzte und Patienten davon ab, zusätzliche Wege zu versuchen, ohne dabei die Schulmedizin außer Acht zu lassen. Hinzu kommt, dass bei Krebs fast zwanghaft und sofort behandelt wird. So können Spontanverläufe gar nicht mehr beobachtet werden.
Gerade heute war in meiner Sprechstunde eine Patientin, bei der vor 23 Jahren ein Brustkrebsknoten diagnostiziert wurde (natürlich feingeweblich), die sich nicht hat behandeln lassen und deren Knoten unverändert groß ist. Diese Patientin hatte Mut.
Cornelia Eggemann hatte ebenfalls Mut, im Jahre 2002 sich allem zu widersetzen, was an Therapieempfehlungen und negativen Prognosen auf sie einprasselte, als ihr Eierstockkrebs nach zwei Operationen und Chemotherapie wieder auftrat. In ihr wuchs die Gewissheit, dass es jetzt an der Zeit war:
Verantwortung zu übernehmen für sich und ihre Gesundheit
Selbst zu bestimmen, was gut ist für sie und was nicht
Sich aufzumachen auf den Weg in ihr Inneres, zu sich selbst,
Ihr Leben anzuschauen und Dinge zu ändern, die für sie nicht und nicht mehr stimmig sind,
Und sich die Frage zu stellen, was sie mit ihrer Krankheit und ihrer Lebenssituation selbst zu tun hat
und das gegen den Widerstand der Ärzte und vieler Menschen in ihrer Umwelt.
Aber sie fand auch die Helfer, die ihr auf diesem Weg beistanden. Sie fand auch Hilfe, die sie dringend brauchte bei dem nun folgenden körperlichen und seelischen Auf und Ab.
Cornelia Eggemann hat viel über sich erfahren: Sie musste unangenehme Dinge konfrontieren sowohl im Inneren wie auch im Äußeren. Es stand oft auf Messers Schneide, ob sie diesen neuen Weg durchhält.
Und sie hat sich die Mühe gemacht, ihre Erlebnisse in ein Tagebuch aufzuschreiben und dies nun umzusetzen in dieses lesenswerte Buch.
Cornelia Eggemann hat Mut und ihr Beispiel soll und wird anderen Mut machen!
Sie ist eine Pionierin auf dem Weg in eine neue, selbstbestimmte Krebstherapie. Sie hat gelernt, dass innere Stimmigkeit im Denken, Fühlen und Handeln der Schlüssel zur Gesundheit ist und natürlich zu Glück und Zufriedenheit.
Cornelia Eggemann macht den Menschen ein unschätzbares Geschenk mit diesem Buch über ihren Weg zu sich selbst!
Ich freue mich, sie auf Etappen ihres Weges begleitet zu haben.
März 2007Dr. med. Walter Weber
... ein Buch zu schreiben schlummerte schon lange in mir – bereits im Sommer 2002, in Grömitz an der Ostsee, sah ich mich schreibend in der Sonne sitzen.
Am 5. Januar 2004 war es soweit. Ich wachte um Uhr 4.30 auf und mir kam der Buchtitel in den Sinn. Eine halbe Stunde grübelte ich, konnte nicht mehr schlafen, stand auf, kochte Kaffee und begann:
Ich dachte immer, ich lebe mein Leben. Nach außen hin sah es so aus. Ich schien selbstbewusst zu sein, hatte Durchsetzungsvermögen, mein Lachen war mein Markenzeichen und positives Denken gehörte einfach zu mir.
Meine optimistische Einstellung hatte ich schon immer. Für einige galt ich als Träumerin, da ich mich noch nie für Politik interessierte, d. h. nicht, dass weltliches Geschehen mich kalt ließ, dennoch hatte ich schon seit jungen Jahren die Einstellung: „Wenn alle Menschen mit der Aufmerksamkeit bei sich bleiben und in ihrem eigenen kleinen Universum Ordnung schaffen, so zieht dieses seine Kreise in der großen weiten Welt, im großen Universum. Also fange ich bei mir an und nicht andersherum.“
Dieses war meine Intuition, wie weit ich aber dennoch von mir entfernt war, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht.
Es gab einige Situationen in meinem Leben, in denen ich spürte, dass etwas nicht stimmte, aber ich dachte, es müsse so sein und änderte nichts.
„Probleme“, so las ich einmal, „gibt es eigentlich nicht, wenn man die Schwierigkeiten in seinem Leben als Übungsgelegenheiten sieht.“ „Klingt gut!“, dachte ich und so übte ich fleißig.
Irgendetwas machte ich wohl nicht richtig, denn das Gefühl des tiefen Versagens überkam mich, als ich, wie aus heiterem Himmel, die …
… erhielt. Es war Montag, der 13. Dezember 1999, als ich endlich zum praktischen Arzt ging. Seit Wochen hatte ich Schmerzen im Rücken und im Bauch, hatte an Umfang zugenommen, obwohl mein Gewicht etwas anderes anzeigte. Nun muss ich sagen, dass ich immer mit meinem Gewicht auf Kriegsfuß stand. Seit ich denken kann, kämpfte ich mit meinen Pfunden. Es waren zwischen fünf und zehn Kilo, die ich ständig zu und wieder abnahm. Es gab trotz Dauermitgliedschaft bei meiner berühmten Abnehmgruppe keine vier Wochen, in denen ich mein Gewicht halten konnte. Drei Kleidergrößen füllten meinen Schrank, damit ich für jede Gelegenheit etwas anzuziehen hatte. Es sollte ja nicht an den Klamotten liegen, dass ich mich nicht wohl fühlte.
Auch jetzt dachte ich noch, meine Beschwerden liegen an meiner Ernährung, dachte, wenn ich erstmal eine Fastenwoche einlege, wird’s schon wieder besser. So begann ich an diesem Montag damit und musste bereits mittags abbrechen, weil ich nichts trinken konnte. Mein Bauch fühlte sich wie ein mit Wasser gefüllter Luftballon an, wenn ich meinen Oberkörper drehte, gluckerte und schwappte es. Ich machte mich darüber lustig und erkannte nicht den Ernst der Lage.
Von meinem Hausarzt wurde ich dann für den nächsten Tag bestellt. „Okay“, dachte ich, „er nimmt mich ernst und ich möchte ja auch, dass diese Schmerzen aufhören.“
Immer noch alles schöndenkend, mit einem leicht mulmigen Gefühl, konsultierte ich am Dienstag meinen Hausarzt.
Als dieser mit finsterer Miene beim Ultraschall sagte: „Frau Eggemann, Sie müssen ins Krankenhaus!“, dachte ich: „Das kann doch nicht sein!“
Meine Stimmung sank rapide auf den Nullpunkt, ich hatte Tränen in den Augen und dachte nur: „Ich? – Nein, das geht nicht! – Ich muss mit dem Hund gehen, der ist sonst allein. Ich kann nicht weg – ich muss waschen – bügeln – ich muss, ich muss, ich muss …!“ Es fielen mir immer mehr Dinge ein, die einen Krankenhausaufenthalt unpassend machten.
Völlig neben mir, ging ich nach Hause, rief meinen Ehemann Ben an und machte einen Termin beim Gynäkologen. Ben eilte von der Arbeit nach Hause, war sichtlich erschrocken und begleitete mich.
Vom Gynäkologen wurde ich dann direkt an das Krankenhaus überwiesen. Die Untersuchung ergab, dass ich einige Liter Wasser im Bauchraum hatte, bedingt durch einen Tumor am Eierstock. Boahh! – das saß – aber ich musste ja noch bügeln und so handelte ich mit dem Chefarzt einen Termin in zwei Tagen aus. Wir fuhren wieder heim. Ben nahm sich für den Freitag frei, die kommende Woche war sowieso frei, denn es war ja Weihnachten. Alles schien geregelt. Ich machte mich an den Haushalt, wusch und bügelte alles weg, es sollte ja schließlich alles picobello sein, wenn ich ein paar Tage außer Haus war. Unserem Hund Bosley verpasste ich noch eine gründliche Bürstung und war zufrieden.
Ich hatte rundum alles in Ordnung – nur in mir tobte das Chaos.
Als ich am Freitag in die Klinik fuhr, richtete ich mir das Zimmer schön ein. Ich liebte es, zu dekorieren und so hatte ich Seidentücher, Duftlämpchen und eine Sonne aus Window-Colour mitgebracht, verschönerte das Zimmer und war glücklich, ein Einzelzimmer bekommen zu haben. Die Station war nicht belegt. „Mein Glück!“, dachte ich. Es konnte losgehen.
Als ich aus der Narkose erwachte, ich war noch ganz benommen, teilte mir der Chefarzt mit, dass er mir acht Liter Bauchwasser „abgezapft“ habe, die die Schmerzen verursachten. Und ohne mich zu fragen, warf er mir etwas von Chemotherapie an den Kopf. Ich weiß noch, wie ich dachte: „Stopp, du kannst denken und sagen was du willst. Ich bin ich. Warte da erst einmal die Biopsie ab, bevor du solche Prognosen gibst.“ Ich schaltete meine Ohren auf Durchzug und schlief wieder ein.
Für mich kam zu diesem Zeitpunkt nicht in Frage, mich einer Chemotherapie auszusetzen. Meine Gedanken waren sofort bei meiner Mutter. Ich hatte es alles schon einmal miterlebt. „Nein danke“, dachte ich, „nicht mit mir.“ Meine Mutter erhielt im Februar 1996 die Diagnose Eierstockkrebs und war nach einer Operation und einem halben Jahr Chemotherapie entlassen worden. Im Sommer 1997 war dann alles zu spät. Sie litt qualvoll und die letzten Monate wurden ihr mit Morphium erleichtert, bis sie dann am 12. September 1997 für immer einschlief. Das hatte mich geprägt; ich beschäftigte mich in dieser Zeit ausgiebig mit dem Thema Krebs und fasste den Entschluss:
„Wenn es mich mal treffen würde, entscheide ich mich gegen eine Chemotherapie. Ich mache es anders. Ich wähle nicht erst den Krebs, lasse es gar nicht erst soweit kommen!“ – Woher nahm ich damals diese Sicherheit?
Samstag und Sonntag erholte ich mich in meinem schön dekorierten Krankenzimmer und war dann für Montag auf alles vorbereitet. Da kam sie – die Diagnose Ovarialkarzinom, in einem nicht operablen Stadium – Chemotherapie: sofort! – sechs Zyklen, um dann, nach einer Remission, eine OP durchführen zu können.
Ich saß mit Ben dem Chefarzt gegenüber, spürte bei den Worten des Arztes Bens Betroffenheit und dachte immer wieder: „Der Doc kann viel erzählen! – Er ist nicht der liebe Gott! – Ich bin ich und ich bestimme, was mit mir geschieht!“ Alles Gesagte ging irgendwie an mir vorbei, ich ging meinen eigenen Gedanken nach.
Mein positives Denken konnte ich jetzt einsetzen. Ich sah die Diagnose als Herausforderung – resignierte nicht bei dem Gedanken, Krebs zu haben, sondern hatte plötzlich Visionen – eine Vision war ganz klar:
„Ich schaffe es und werde an ein Potenzial kommen, von dem mir heute noch nicht die Spur bekannt ist, werde mehr Energie haben, als ich je in meinem Leben hatte – ich bin bereit …
Ich genoss die Tage zu Hause, denn ich hatte keine Schmerzen mehr, es ging mir super gut, hatte einen flachen Bauch wie nie zuvor und meine Waage zeigte mein Traumgewicht an.
Nur die Umstände waren natürlich nicht so toll, aber ich konnte allem etwas Positives abgewinnen. Meine Garderobe mit kleinster Größe passte nun locker.
Der Termin für die erste Chemo war auf den 27.12.99 festgelegt.
Da mir mitgeteilt wurde, dass meine Haare sicher schnell ausfallen würden, entschied ich mich zu handeln und ging noch vorher zum Friseur. Ich wollte schon lange mal wieder den Mut haben, sie ganz kurz zu tragen.
Im Laufe der Jahre waren sie immer länger geworden. Ich half mit blonden Strähnchen nach, den Ergrauungsprozess aufzuhalten und eine Dauerwelle zierte meine kräftigen Haare, die sonst kaum zu bändigen waren. Ben bevorzugte lange Haare und somit traute ich mich nicht zu einer Kurzhaarfrisur. Jetzt durfte ich. Ich ließ meine Haarpracht los. Allerdings sagte meine Friseurin bei meinem Frisurenwunsch: „Das mach’ ich nicht, das sieht scheiße aus!“ Ich dachte: „Wie kann sie so etwas sagen?“, ließ sie gewähren und war mit einer Zwischenlänge einverstanden. Warum? Warum setzte ich mich nicht durch? Ich wusste, dass es vielleicht für zwei Wochen war, denn dann trug ich sowieso eine Perücke.
Ich, die nach außen hin so selbstbewusst zu sein schien? Es waren meine Haare, es war mein Leben und ich schaffte es nicht, meine Meinung durchzusetzen. Ja! – Das war ich! – Das war damals!
„So, alles ist soweit erledigt und nun kann Weihnachten kommen!“, dachte ich, denn für mich bedeutete Planung alles. Damals erkannte ich allerdings noch nicht, dass durch meine ständige Planung kein Raum für Spontanes blieb, mich warf das geringste Vorkommnis, welches nicht in meinem Plan stand, aus der Bahn. Auch Freude konnte ich nicht empfinden. Ich dachte immer, ich freute mich, aber Freude empfand ich nicht wirklich. So war es mit allen Gefühlen. Es gab da ja noch mehr als nur die Freude. Die Freude war für mich planbar, denn ich konnte sie mir selber schaffen. Es kam nicht selten vor, dass ich mir selbst eine Freude bereitete, in dem ich z.B. die Wohnung umdekorierte, Möbel umstellte, ja – und meiner Lieblingsbeschäftigung nachging – Möbel und Deko kaufte. Diese Freuden waren immer nur von kurzer Dauer. Ich verstand nicht, warum das so war. Nun stand Weihnachten vor der Tür und ich dachte, die Freude kann kommen. Es könnte mal anders sein als in den vergangenen Jahren. Seit dem Tod meiner Mutter ist vieles anders gewesen. Früher feierten wir Weihnachten mit der Familie, auch das war immer geplant. Meine Eltern kochten was Leckeres und mein Bruder kam mit Frau und Kindern. Das war schön, dachte ich, aber war es das wirklich? Nein, in meinen Vorstellungen lief es anders ab. Ich sehnte mich nach einem Fest der Liebe, jeder sollte glücklich sein und Freude leben und es sollte Harmonie pur sein. Es war fast jedes Mal irgendwie anstrengend und mit Hochspannung geladen. Heute ist mir klar, dass jeder andere Vorstellungen und Wünsche hatte, aber alles wurde unter dem Deckmantel eines harmonischen Weihnachtsfestes erstickt.
Ich übernahm die Rolle des Weihnachtsmannes, lebte meine Kinderträume, wollte, dass meine Neffen Jens und Maiko das erlebten, was ich früher so schön fand, aber es war alles mit Zwang; denn ich wollte es und ich merkte nicht einmal meinen Energieaufwand, der nötig war, um das zu bekommen, was ich mir wünschte.
… dachte ich, „jetzt habe ich die Diagnose Krebs und es wird so, wie ich es möchte!“ – Das dachte ich tatsächlich und ich glaubte, was ich dachte. Die Enttäuschung war vorprogrammiert.
Da Ben und ich keine Kinder hatten (der Wunsch wurde nicht erfüllt; zu gern hätte ich eigene Kinder gehabt und vieles anders gemacht), hoffte ich auf ein Weihnachten in harmonischer Zweisamkeit. Wie in meinen Träumen sollte es sein: nur Ben und ich – romantische Stunden bei Kerzenschein – schöne Gespräche – Austausch von Zärtlichkeiten – leckeres Essen, gemeinsam zubereitet – festlich gekleidet machen wir es uns rundherum so richtig schön.
Ja – und nun war er da – der Heilige Abend. Mittags ging Ben zum Frühschoppen, wie immer seit siebzehn Jahren. So viele Weihnachten gab es schon gemeinsam. Wären es nur siebzehn Frühschoppen, könnte ich ja schmunzeln, aber dazu kamen die wöchentlichen, die, seit wir in Grömitz wohnten, zu seiner festen Planung gehörten, da durfte ohne Vorankündigung nichts dazwischen kommen. Aber das wusste ich von Anfang an; Ben eröffnete mir bereits kurz nach unserem Kennenlernen, dass er immer Kellner sein werde, immer rauchen würde und auch nicht meinetwegen auf sein Bier verzichten wollte. Klare Worte, ich wusste also woran ich war, akzeptierte es und traute mich nicht, etwas einzuwenden. Insgeheim hoffte ich aber immer, dass er sein Trinkverhalten eines Tages ändern würde, denn seinen Beruf hatte Ben inzwischen geändert und das Rauchen hatte er auch von allein aufgegeben. Aber nun war es wieder soweit: Ich blieb fein zu Hause, schmückte die Wohnung und den Baum und machte es mir mit Weihnachtsmusik romantisch. Ben brachte wie geplant nachmittags die frischen Forellen mit, die wir dann gemeinsam in die Pfanne warfen. Aber da lief es schon anders, als ich geplant hatte. Der Haussegen hing nicht da, wo ich ihn mir wünschte. Es war eine angespannte Atmosphäre. Ich beobachtete Ben und kontrollierte jede seiner Bewegungen. Natürlich verstärkte das sein Unwohlsein, aber das begriff ich längst nicht. Wir aßen die Forelle nicht wie in meinen Vorstellungen, sondern ganz realistisch. Ich beobachtete, wie Ben die Gabel hielt, starrte ihm jeden Bissen in den Mund, nur um letztendlich Recht zu haben, dass er nicht mehr ganz nüchtern war. Was für ein Weihnachtsfest!? Dachte ich wirklich, allein mit meiner Diagnose Krebs würde über Nacht alles anders werden? Ja! Ich glaubte es und merkte nicht, dass ich mich auf dem Holzweg befand.
Am zweiten Weihnachtstag bekam ich dann den ersten Heulanfall nach der Diagnose. Ben wollte wieder los, denn es war ja so Usus, dass sich alle seine Kumpels in der Stammkneipe trafen, mit Frauen verstand sich. Mir war gar nicht danach, aber ich fing mich schnell wieder, denn es war ja Weihnachten und ich wollte die Harmonie nicht verderben. Ben ging wie immer schon mal vor und ich folgte nach ein bis zwei Stunden, damit mir die Zeit nicht zu lang wurde.
Ich saß vor unserem Weihnachtsbaum und besann mich, ließ die vergangenen Tage noch einmal in meinem Gedächtnis vorüberziehen. Siedend heiß wurde mir, als ich an meine Freundin Martina dachte. Sie war die Einzige meiner Freundinnen, die noch nichts von meiner Diagnose wusste. Martina war mit ihrem Mann und ihren Kindern nach Österreich gefahren und ich wollte sie nicht aus der Urlaubs- und Weihnachtsstimmung reißen, wollte ihr das Fest mit meinen Neuigkeiten nicht vermiesen.
Als ich mir nun vorstellte, wie Martina sich wohl fühlen würde, wenn ich ihr von meiner Diagnose berichten würde, durchflutete mich ein Gefühl von Traurigkeit. Mir schossen die Tränen in die Augen. Was war das? Ich dachte an die Gefühle, die Martina wohl haben würde, wenn sie erfahren würde, dass ihre Freundin Conny Krebs hat und musste weinen? Ich weinte nicht, als ich meine Diagnose erhielt, aber jetzt, bei diesem Gedanken? Komisch, aber richtig klar war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ich meine Gefühle überhaupt nicht lebte, nicht spürte, sondern immer nur dachte, dass ich fühlte.
Ziemlich schnell verdrängte ich diese traurigen Gedanken, denn die wollte ich nicht haben, ich, die ja stark war und ihre Herausforderung annahm.
Weihnachten war geschafft, Gefühle der Enttäuschung kamen zu den Akten und die Hoffnung wurde wieder rausgeholt. Der 27.12. konnte kommen, ich war wieder vorbereitet.
Gut gelaunt und frohen Mutes erschien ich in der Klinik zu meiner ersten Chemotherapie.
Ich sah – wie immer – alles positiv. Ich bekam wieder das Einzelzimmer und meine Window-Colour-Sonne, die noch an dem großen Fenster klebte, lachte mich an. Dann erhielt ich die Infusionen Carboplatin Taxol und war auf alles gefasst.
Ich klemmte mir meine Kopfhörer auf, hörte meine Kassetten mit geführten Meditationen und positiven Affirmationen.
Dieses integrierte ich nun schon seit ein paar Tagen in meinen Tagesablauf. Denn ich wusste, dass mich die gesprochenen Worte der Kassetten im Unterbewusstsein erreichten und wirkten. Vor neun Jahren, es war 1990, hatte ich den ersten Kontakt mit dieser Art Denken.
Ich nahm an einem Seminar teil, welches sicher sehr hilfreich und wegweisend für mich war.
Es hieß:
EBT-Seminar,
EBT stand für die Anfangsbuchstaben von …
Eigentlich nahm ich daran teil, weil ich mir noch mehr Zielstrebigkeit und Erfolg im Beruf erhoffte. Damals arbeitete ich in der Tischlerei meines Vaters, einem Familienunternehmen mit Tradition. Mein Vater übernahm die Tischlerei von seinem Vater. Mein Uropa hatte sie mit einer Drechslerei gegründet. Ich habe großen Respekt vor dem, was mein Vater in seinem Leben erarbeitet hat. Mein Wunsch war es, dieses in seinem Sinne weiter zu führen, aber es kam anders.
Als ich nach der mittleren Reife eine Lehre zum Bankkaufmann machte, damals hieß es noch Bankkaufmann und nicht Bankkauffrau, tat ich es nicht aus Überzeugung, sondern weil meine Eltern es für das Beste für mich hielten. Ich hatte mal den Wunsch geäußert, Kindergärtnerin zu werden, denn als Kind hatte ich den Traum, verheiratet zu sein und fünf Kinder zu haben. Dieser Gedanke, Kindergärtnerin zu werden, wurde irgendwie im Keim erstickt. Gar nicht richtig wahrgenommen. Hatte ich ihn überhaupt richtig wahrgenommen? Nein! – Ich wünschte mir sicher unbewusst, dass meine Eltern es merken und für mich richtig entscheiden würden, denn es war doch auch nicht zu übersehen, dass ich sehr lange mit Puppen spielte.
Mit neun Jahren wünschte ich mir noch eine Puppenkarre zum Geburtstag. Meine Eltern fanden das gar nicht mehr passend. Meinem Wunsch, eine Karre mit gefederten Rädern und entsprechend hoch in seiner Ausführung zu kaufen, kamen sie nicht nach. Meine Schulfreundin Birgit hatte so eine, und Birgit war einen Kopf kleiner als ich. Jetzt bekam ich mit neun Jahren eine Puppenkarre geschenkt, zu der ich mich fast hinunterbeugen musste. Ich war enttäuscht, wieso wurde ich nicht verstanden? Warum wurde mein Herzenswunsch nicht wahrgenommen?
Wirtschaftliche Gründe! – Sicher, es war ja völlig unwirtschaftlich für diese Zeit des Spielens, die ja abzusehen war, eine Luxusausführung zu wählen.
Recht hatten meine Eltern bestimmt, dem Kopf nach, aber nach dem Herzen fragte keiner. Es wurde vernachlässigt, nicht erhört.
Nachdem ich die Bankkaufmannslehre abgeschlossen hatte stand für mich fest, dass es nicht meine Welt war. Jeden Tag musste ich den Wirtschaftsteil der Zeitung studieren, der mich überhaupt nicht interessierte. Abends saß ich mit meinem Vater vor der Tagesschau und zog mir die Nachrichten rein. Hinterher fragte mein Vater mich nach dem Gesehenen und Gehörten. Ich hatte nichts von alledem mitbekommen, war mit meinen Gedanken ganz woanders. Ich verstand nicht, warum es mir so schwer fiel zuzuhören. Als die Wetterkarte kam, wachte ich regelmäßig aus meinen Gedanken auf und mir war plötzlich klar, dass ich völlig weggesunken war.
Nach dem Ende der Ausbildung beschloss ich: „Das hier ist nichts für mich. Büroarbeit ja, aber nicht ständig dieses Lesen müssen und ständig diese Leute an den Schaltern!“ Am liebsten arbeitete ich für mich allein und schaffte so richtig was weg. Diese Gedanken vermittelte ich meinen Eltern und schlug vor, die Büroarbeit für die Tischlerei zu übernehmen. Mein Vater gab sofort zu verstehen, dass dazu eine Tischlerlehre Bedingung wäre, denn er fand nichts widerlicher, als dass man in einem Handwerksbetrieb anrief und die Frau am Telefon nicht vom Fach war. Das sollte also bei uns anders sein.
Okay! Kein Problem! Nicht für mich! Ich machte meine zweite Lehre – zu Hause – gut behütet – und zog mich zurück ins Nest.