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#Jetzt aber Eine Sammlung. Quer durch den Garten, transversal durch den Kopf. Aus allen Richtungen das Leben betrachtet. Humoriges, Nachdenkliches Sarkastisches und Politisches.
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Seitenzahl: 36
Vorwort
Dosenobst
Möglich, vielleicht
Ich bin der
Moral
Ich ging in mir
Das schwarze Loch
Wenn
Wenn wir einst
Mein Meister
Man lernt eben nie aus
Lauer Furz
Schönes Land, in dem ich lebe
Die Welt ist schön
Vögel
Verloren
Deutschland, heimlich Vaterland
Spaziergang
Stumm
Umlenken
Waldorf, nicht Walddorf
Stückweise
Blut und Hoden
Das Rennen
Der eine Tag
Herr V.
Stacheldraht
Ziellos
Herr V. und das Nein
Der Ruck
Ein Mann
Herr V. und die Vergangenheit
Tierbäuche
Zum Schluss noch eine Frage
Liebe Leser/innen,
herzlich willkommen in meinem neuen Buch! Ich bin in einer Zeit groß geworden, in der noch Schallplatten und Kassettenrecorder existierten und es keine Möglichkeit gab, sich einzelne Songs bei YouTube runterzuladen.
Wenn man also seinen Lieblingssong aus dem Radio zu Hause hören wollte, blieb einem oft nichts anderes übrig, als eben das volle Programm, die ganze LP zu kaufen.
Genau so geht es einem, als Leser ja nun auch bei Büchern.
Da hat der Lieblingsautor mal wieder ein Buch auf den Markt geworfen, hochbejubelt von der Presse und man kauft es sich und liest es mit eventuell relativer Begeisterung und im schlimmsten Fall mit wachsender Enttäuschung.
Dennoch, verbirgt sich in diesem Buch vielleicht der eine Satz, der einen selbst auf eine neue Fährte bringt, einen positiven Anstoß.
Und so hoffe ich, dass, wenn in diesem Buch nicht alles gefällt, jedenfalls der eine Satz dabei ist, der zum Lachen verführt und im besten Falle eben auf einen neuen Gedanken bringt. Viel Spaß beim Lesen,
Chris Jacobsen
Dosenobst
Gottfried Plümmer saß in seiner blaugekachelten Küche und schaute aus dem Fenster.
Sein Blick streifte im unteren Bereich sämtliche Konservendosen, die vor ihm aufgereiht, auf dem weißen Polyvinylchloridküchentisch standen. Das spärliche Sonnenlicht, das sich durch die hellgraue Wolkendecke kämpfte, reflektierte, so gut es das eben konnte von den blankpolierten Deckeln seiner Dosenauslese.
Aufgereiht wie Zinnsoldaten standen sie vor ihm, die Etiketten in eine Richtung und offensichtlich bereit, jeden Befehl entgegenzunehmen.
Er schloss langsam die Augen, streckte die offene Hand aus, umschloss mit seinen Fingern eine der Dosen und flüsterte leise, in tiefstem sächsisch, so gut es ihm eben möglich war: „Dosenobst.“
Er hatte, aus unerfindlichen Gründen, einige Zeit in den neuen Bundesländern verbracht.
Eine Periode in seinem Leben, die seine dialektischen Erfahrungen erweitert, ihn aber menschlich auf tiefste verstört hatten.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Ganz langsam und vorsichtig hob er sie an und hielt sie an sein Ohr.
Ein Sonnenstrahl, der durch die Wolken brach und durch sein geschlossenes Augenlid in sein Auge stach unterbrach seine Konzentration und diese fast intime Verbindung zur Blechdose ein leises: „Scheißsonne“ kam über seine schmalen Lippen, die wie immer trocken, spröde und aufgerissen waren.
Er fuhr sich mit seiner Zunge über seinen ausgetrockneten Mundrand und schenkte seine Aufmerksamkeit wieder dem blechernen Kumpan an seinem Ohr.
Gottfried begann die Dose vorsichtig, langsam und rhythmisch vor dem Eingang zu seinem Hörorgan zu schütteln und die leisen Geräusche aus dem Inneren, drangen durch Gehörgang, passierten Hammer, Amboss und Steigbügel, und sein Gehirn setzte es in Vermutungen um, was sich in dieser kleinen, verschlossenen Welt befinden könnte.
Doch statt eine Vermutung zu formulieren, schob er seinen Unterkiefer ein wenig nach vorne, bewegte ihn langsam von links nach rechts und ein leises und langsames: “Dosenobst“, verließ seine inzwischen trockene Kehle.
Er stand unter Druck und wusste, dass seine Zeit knapp war.
Man verließ sich auf ihn.
Es hingen Menschenleben von seinem Können ab.
Noch nie, war es ihm nicht gelungen, das Rätsel der Dose nicht zu durchschauen.
Immer war er als Sieger, aus diesem Kampf an der Lebensmittelausgabe hervorgegangen.
„Dosenobst“, kam es erneut und fast automatisch aus seiner Kehle.
Wie ein Mantraschriftzug, lief dieses Wort durch seine vordere Gehirnpartie, in großen, weißen Buchstaben, hinter seinen Augen vorbei.
Dosenobst, immer wieder nur Dosenobst.
Selbst wenn er diese Buchstaben einzeln las und zu einem Wort zusammenfügte, hatten sie immer einen sächsischen Akzent.
„Das Leben kann schon hart sein“, dachte Gottfried, doch jetzt waren seine Überlegungen auf Hochdeutsch.
Ein gedankliches Wirrwarr, ein Chaos und in diesem Zustand erwartete man von ihm, dass er Rätsel lösen sollte?